Louie - Eine Sitcom, die gar keine ist

23.08.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Louie
FX Network
Louie
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Das Leben ist eine Tragödie, wenn man es aus der Nähe betrachtet; aber eine Komödie aus der Distanz. Recht hatte Charlie Chaplin mit diesem Ausspruch. Genau diese Balance von Komik und Tragik macht Louie zu einer so grandiosen Serie und ich schenke ihr mein Herz

Louis C.K. steht auf Rang fünf der best verdienenden Comedians weltweit. Kein Wunder; er füllt die größten Hallen der USA und beweist oben drein noch unglaubliches unternehmerisches Geschick. Indem er auf Mittelsmänner verzichtete, konnte er ein exklusiv online vertriebenes Comedy-Special für fünf Dollar anbieten, was ihm im Endeffekt mehr Geld einbrachte, als wenn er den Vertrieb über Externe geregelt hätten.

Bei so viel Erfolg war es nur logisch, dass er irgendwann seine eigene Serie bekam. Nachdem Louis C.K.s erster Sitcom-Versuch mit Lucky Louie scheiterte (HBO setzte die Serie nach der ersten Staffel ab), nahm er noch einmal Anlauf und kreierte im Jahr 2010 die Single-Camera-Sitcom Louie. Larry David und Jerry Seinfeld haben die Serienwelt um zwei absolute Kultserien bereichert (Lass es, Larry!, Seinfeld), in deren Fahrwasser auch Louie irgendwo schwimmt. Ich schenke Louie mein Herz für Serie, weil sie eine der ungewöhnlichsten Sitcoms ist, die ich kenne. Sie hat mich gerührt, schockiert und trotzdem oft amüsiert.

Louie, Louie, Louie, Louie
In Louie spielt Louis C.K. sein weniger erfolgreiches, frustriertes Alter Ego. Am Anfang fast jeder Folge sehen wir ihn in seinem Stamm-Club, The Comedy Cellar in New York, wie er eine Stand-Up Nummer zum Besten gibt. Er ist Mitte 40, geschiedenen und hat zwei Kinder. Die Serie erzählt mal kleinere, mal größere Episoden aus seinem Leben, die manchmal absurd und surreal sind und an andren Stellen mit ungeschönter Ehrlichkeit punkten. Die Serie profitiert von Louis C.K.s Humor, der selbstironisch, derb aber vor allem augenöffnend und entlarvend in seiner treffenden Beobachtung der Welt ist. Louis C.K. schreibt jede Folge selbst, führt Regie und spielt gleichzeitig die Hauptrolle. Und nach drei Staffeln hat er sich das Privileg verdient einfach eine kreative Pause von anderthalb Jahren zu machen, um im Frühjahr 2014 mit der 4. Staffel wiederzukommen. Ungewöhnlich im von Termindruck geprägten Serien-Geschäft.

“Life is a tragedy when seen in close-up, but a comedy in long-shot.”
Louie ist nicht direkt subversiv, dehnt aber die Genre-Grenzen immer mal wieder ein Stück weit. So kommen viele Folgen ohne einen Lacher aus, sind aber mitnichten schlechter als andere. Diese schockierenden, entlarvenden und teils unangenehm ehrlichen Passagen sind das Salz in der Suppe, das Louie über den Durchschnitt hebt. So balanciert die Folge “Eddie” aus der zweiten Staffel perfekt zwischen feinem Humor und bitterem Ernst. Eddie ist ein alter Freund von Louie, der zusammen mit ihm vor Jahren seine Komiker-Karriere begann. Nach Jahren sehen sich die beiden wieder und es wird offensichtlich, dass sie sich an komplett unterschiedlichen Punkten in ihrem Leben befinden. Die erste Hälfte begleitet Louie und Eddie durch die Straßen New Yorks. Sie besuchen eine lächerlich schlechte Open Mike Show und reden über früher. Doch irgendetwas brodelt unter der Oberfläche. Die zweite Hälfte besteht dann fast komplett aus einem Monolog Eddies, der Louie eröffnet, er wolle sich umbringen. Spätestens da ist nichts mehr Komisch. Die Ehrlichkeit schmerzt, und Louie C.K. sowie Doug Stanhope tragen die Szene durch ihre Performances.

“Fuck you, man! … If you wanna tap out ’cause your life is shit-you know what? It’s not your life. It’s life … Life isn’t something you possess. It’s something you take part in, and you witness.”, sagt Louie, der selbst oft genug die Peitschenhiebe des Lebens spürt. Und so wird “Eddie” aus einem Überfluss an Nähe zu einer der traurigsten Folgen in einer als Comedy deklarierten Serie.

“Do I know you?”
Louie ist vollgepackt mit namenhaften Gast-Stars. Robin Williams, Ricky Gervais, Susan Sarandon, Jerry Seinfeld, Sarah Silverman – die Liste könnte noch eine Weile so weitergehen. Er ist ein Vertrauensbeweis, dass sie bereit sind, sich für Louie gewissermaßen zu entblößen und eine selbstironische Version ihrer selbst zu spielen. Denn es gibt immer wieder Querverweise und Kommentare auf Louie C.K.s echtes Leben und die Probleme, die er mit Comedians wie Marc Maron oder Dane Cook hatte. Manche dieser Stars sind diesseits des Atlantiks vielleicht nicht so bekannt, aber wer sich ein wenig in der us-amerikanischen Comedy-Szene auskennt, wird sicher Spaß an ihren Auftritten haben.Spoiler Einen kleinen Höhepunkt erlebt die Serie während des drei-Folgen umspannenden Handlungsbogens mit David Lynch als Gast-Star. Lynch spielt ausnahmsweise nicht sich selbst, sondern einen Fernsehproduzenten namens Jack Dahl (Doll?), der Louie auf die Übernahme von David Lettermans Late Night Show vorbereiten soll. Obwohl David Lynch nur als Schauspieler agiert, haben alle Szenen mit ihm einen vertrauten Lynch-Vibe, der sich von seiner Darstellung über Set-Ausstattung bis zu Louis C.K.s Drehbuch durchzieht.Spoiler

Und wie ich schreibe, merke ich, dass ich eigentlich jede der insgesamt 39 Folgen lobpreisen und auseinandernehmen möchte. Louie überrascht immer wieder von Folge zu Folge, Staffel zu Staffel. Mal spannt sich eine Geschichte über drei Folgen und mal passen zwei Geschichten in eine. Louie richtet sich nach keiner Formel und lässt sich nicht auf ein Genre festlegen. Niemals.

Guckt ihr Louie? Was ist eure Lieblingsfolge?

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