Prequels - Hollywoods Patentrezept & unser Fluch?

08.08.2011 - 08:50 Uhr
Affen mögen Prequels
20th Century Fox
Affen mögen Prequels
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Prequels haben ein schlechtes Image, woran nicht nur George Lucas Schuld trägt. Doch haben die filmischen Vorgeschichten diese Schelte wirklich verdient? Immerhin gibt es ausgerechnet dieses Jahr Streifen, die das Gegenteil beweisen.

Es gibt kaum eine größere und leichter zu treffende Zielscheibe als die Studios in Hollywood. Gerade in diesem Sommer der Fortsetzungen liegt es nahe, schlecht gelaunt und pessimistisch auf die kommenden Filme aus der Traumfabrik zu warten. Meine montäglichen Ausblicke in die Zukunft des Kinos sind da keine Ausnahme. Bissig bis wütende Texte über die Ideenarmut und die Angst vor Wagnissen gehen äußerst leicht von der Hand. Wenn wir trotzdem ein paar Blockbuster genießen wollen, müssen wir uns bis zu einem gewissen Grad mit Hollywoods Maßnahmen gegen schrumpfende Einnahmequellen abfinden. Zu diesen Maßnahmen gehören Prequels.

Sieben Filme später stehen wir am Anfang
Diese Woche startet Planet der Affen: Prevolution in den deutschen Kinos. Wenn es einen Film gibt, der Hollywoods Funktionsmechanismen verkörpert, dann ist es das neue Affen-Abenteuer. 1968 begann die Saga mit dem allseits geliebten Planet der Affen. Innerhalb von fünf Jahren folgten vier Fortsetzungen, die sich u.a. auf die Ursprünge der Affenherrschaft konzentrierten. Irgendwann kam das Franchise an sein Ende. Das ist der Lauf der Dinge, außer man hat das Glück, ein britischer Geheimagent zu sein, der gerne Martinis schlürft.

Schon in den 80ern begannen die Wiederbelebungsmaßnahmen. Regisseure wie Adam Rifkin, Oliver Stone, Chris Columbus, Peter Jackson und Phillip Noyce waren hie und da involviert. Die Produktionshölle hatte die Affen fest in ihrem Griff. Dann übernahm Tim Burton die Regie beim Remake Planet der Affen, dessen verwirrendes Ende Platz für ein Sequel ließ. Das gibt es bis heute nicht. Stattdessen stehen wir jetzt, zehn Jahre später, vor Planet der Affen: Prevolution.

Der neue Eintrag in die unendliche Geschichte des Affen-Franchises wird als Prequel der Original-Filme vermarktet, ist aber ebenso ein Reboot. Nach dem Tim Burton-Desaster versucht Fox zum zweiten Mal, das Franchise dauerhaft ins neue Jahrtausend zu katapultieren. Den ersten Zahlen nach zu urteilen, scheint die Strategie aufzugehen. Überraschender noch: Sogar die Kritiker mögen das Prequel. Planet der Affen: Prevolution leistet damit X-Men: Erste Entscheidung Gesellschaft, ebenfalls ein aktuelles Prequel, das sowohl die Herzen der Kritiker, als auch der Zuschauer eroberte, ebenfalls ein Film von Fox und ebenfalls ein zweiter Versuch.

Zurück in die Zukunft
Prequels werden häufig als Ausdruck der Ideenlosigkeit abgetan. Der Schritt zurück in die Zeit vor einem bereits verfilmten Abenteuer, kommt dem Geständnis gleich, der Story nichts neues mehr hinzufügen zu können. Dann ist die Kindheit der Helden, der Eltern des Helden oder des Großonkels des Helden die letzte Zuflucht. Das ist zumindest der Makel, der das Image von Prequels noch stärker verunstaltet als jenes von normalen Fortsetzungen.

Aus wirtschaftlicher Sicht eignen sich Prequels ganz hervorragend, um billig Geld aus einer gestandenen Marke zu pressen. Denken wir zurück an die X-Men-Filme. Nach drei regulären Franchise-Einträgen entschied sich das Studio für die Reise in die Vergangenheit mit X-Men Origins: Wolverine, anstatt die Serie weiter zu führen. Denn ab einem bestimmten Punkt werden Franchises immer kostspieliger, was an der steigenden prozentualen Beteiligung der Stars liegt. X-Men Origins: Wolverine ging allerdings ein in die Filmgeschichte als absolutes Negativbeispiel für Prequels. Der zweite Versuch musste her und diesmal war Fox konsequenter.

Besetzt mit aufstrebenden, aber vergleichsweise billigen Darstellern (sicherlich billiger als Hugh Jackman), ist X-Men: Erste Entscheidung eine der wenigen Erfolgsgeschichten unter den filmischen Vorgeschichten. Wir können mit Sequels des Prequels rechnen, so lang die Darsteller bezahlbar bleiben und irgendwann ist dann wieder der Punkt erreicht, an dem es Zeit für ein Reboot ist. So ähnlich dürfte nach dem erfolgreichen ersten Wochenende in den Staaten die Zukunft des Planet der Affen-Franchises aussehen.

Manche Dinge bleiben besser unverfilmt
Von einem künstlerischen Standpunkt aus betrachtet, leiden viele Prequels unter einem einfachen Problem, das so leicht nicht abgeschüttelt werden kann: Wir alle wissen, dass Anakin am Ende Darth Vader wird, dass Wolverine überlebt, dass Professor Xavier und Magneto getrennte Wege gehen. Aus dem Wie generieren gelungene Prequels ihre Spannung, doch selbst diese kämpfen stets mit den Schatten künftiger Entwicklungen. Prequels wandeln daher auf einem schmalen Grat zwischen der Treue zum Kanon und der Notwendigkeit der Erneuerung.

So entlasten die Zeitreisen das Prequel Star Trek zumindest teilweise vom immensen Druck der Vorgänger (eigentlich: Nachfolger), wohingegen jede neue Information in den Star Wars-Prequels von George Lucas mit Argusaugen beäugt werden muss (ich sage nur: Die Macht). Im schlimmsten Falle, zerstören die Vorgeschichten ihren eigenen Mythos, wie es etwa bei Hannibal Rising – Wie alles begann der Fall ist. Klein Hannibal Lecter mag im Kopf von Autor Thomas Harris funktionieren, hätte allerdings ruhig dort bleiben können.

The Good, The Bad and The Prequel
Ein gutes Prequel in die Welt hinaus zu setzen, ist deswegen eine äußerst schwierige Angelegenheit. Selbst der oftmals als positives Beispiel herangezogene Der Pate 2 lebt von der Gegenüberstellung des Aufstiegs von Vito Corleone (Robert De Niro) mit dem seines Sohnes Michael (Al Pacino). Im Idealfall, wenn ein Prequel tatsächlich der Segen zu Teil wird, zu funktionieren, sich dramaturgisch von den anderen Werken zu emanzipieren, kann es eine ungeheure Bereicherung der Erzählwelt darstellen.

Infernal Affairs II – Abstieg in die achte Hölle, Prequel der Vorlage von Departed – Unter Feinden, gelang dies durch die Verlagerung der Erzählung auf faszinierende Nebenfiguren, ohne den Versuch zu unternehmen, die Thriller-Struktur des ersten Films zu imitieren. X-Men: Erste Entscheidung geht einen ähnlichen Weg. Das Setting in den 60er Jahren sorgt für eine erfrischende Abwechslung, die bekannten und weniger bekannten Figuren bekommen genügend Raum, um das notwendige Eigenleben zu entwickeln, das die Zuschauer bei Laune hält.

Doch die Studios in Hollywood sehen Prequels längst nicht mehr als einmaligen Ausflug in die guten alten Zeiten, als letzten Klaps auf das Hinterteil einer ausgedörrten Cash Cow. Stattdessen werden Prequels – und das Jahr 2011 ist der beste Beweis dafür – mehr und mehr zu verkappten Reboots. Die Vorgeschichte zu schildern, wie es in Planet der Affen: Prevolution und X-Men: Erste Entscheidung geschieht, ist nur der erste Schritt, um die eigentliche Geschichte neu zu erzählen und den Zyklus noch einmal von vorn zu starten. Der nächste Prequel-Reboot kommt im Oktober auf uns zu und heißt The Thing. Ist das Jahr 2011 ein verlässlicher Indikator, wird es nicht der letzte gewesen sein. Vielleicht ist das gar nicht so schlimm.

Was denkt ihr: Sind Prequels ein Sargnagel der Kreativität oder eine Chance, die genutzt werden sollte?

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