"Sch--- auf den Grammy": Matthias Schweighöfer über Girl You Know It's True, Oppenheimer und was Zack Snyder bei einem Bier erzählt

20.12.2023 - 18:00 UhrVor 4 Monaten aktualisiert
Matthias Schweighöfer in Girl You Know It's True
Leonine
Matthias Schweighöfer in Girl You Know It's True
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Matthias Schweighöfer bewegt sich spielerisch zwischen Oppenheimer, Zack Snyders Netflix-Imperium und der deutschen Provinz. Im Interview spricht er über Girl You Know It's True, Hollywood und Emily Blunts Humor.

Matthias Schweighöfer ist die moderne Marilyn Monroe: Jeder will ein Stück von ihm. Bei Army of the Dead freundete er sich mit Star-Regisseur Zack Snyder so gut an, dass er gleich das Spin-off Army of Thieves für Netflix inszenierte. In Oppenheimer war er als deutscher Physiker zu sehen. Und jetzt rollt er mit Girl You Know It's True den vielleicht größten Skandal der deutschen Musikgeschichte auf.

Nach Zack Snyder und Oppenheimer zu Girl You Know It's True: Matthias Schweighöfer im Interview

Girl You Know It's True dreht sich um die Karriere des Duos Milli Vanilli. Ende der 1980er wurden Fab Morvan (Elan Ben Ali) und Rob Pilatus (Tijan Njie) unter der Führung von Produzenten-Legende Frank Farian (gespielt von Schweighöfer) zu internationalen Superstars, die sogar einen Grammy gewannen. Als kurz darauf herauskam, dass sie ihre Songs gar nicht selbst sangen, endete ihr Erfolg in einem Gewitter aus öffentlichem Spott, enttäuschten Fans und Gerichtsprozessen.

Schaut euch hier den Trailer zu Girl You Know It's True an:

Girl you know it's true - Trailer (Deutsch) HD
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Der Film startet am 21. Dezember in deutschen Kinos. Im Moviepilot-Interview spricht Schweighöfer darüber, warum der Skandal heute ganz anders laufen würde, was Hollywood so anders als Deutschland macht und warum er sehr lachen musste, als er Schauspielerin Emily Blunt traf.

Moviepilot: Zur Zeit des Milli Vanilli-Skandals warst du neun Jahre alt. Hast du das damals als Kind mitbekommen?

Matthias Schweighöfer: Im Osten gab es Milli Vanilli in dieser Dimension nicht, das kam erst später. Als ich neun Jahre alt war, fiel die Mauer. Der Westen rollte einfach kurz mal über den Osten und die Wiedervereinigung war Thema Nummer Eins. Aber als ich älter war, mit 14 oder 15, habe ich mich damit beschäftigt. Da habe ich mich gefragt: Was haben die damals eigentlich abgezogen? Die Mucke ist ja eigentlich richtig gut.

Du machst selbst Musik. Wie hättest du an Rob und Fabs Stelle reagiert? Hättest du alles aufgedeckt und den Hass der Fans geerntet oder lieber eine bequeme und gefährliche Lüge gelebt?

Frank Farian hat ein Produkt entwickelt, das unglaublich gut war. Aber ich hätte mich gar nicht erst in diese Lage gebracht, so stark von jemandem abhängig sein zu müssen. Jeder schreibt seine Geschichte. Ich habe zum Glück immer Leute getroffen, die mir die Möglichkeit gegeben haben, in meinem Beruf unabhängig zu sein.

Matthias Schweighöfer und Bella Dayne in Girl You Know It's True

Farian ist eine umstrittene Figur: für manche ein Betrüger, für andere ein Musikgenie. Kannst du ihn verstehen?

Ich kann sie alle verstehen. Für Rob und Fab war es furchtbar, immer wieder sagen zu müssen: “Wir wollen unser eigenes Ding machen, wir wollen wir sein.” Aber es gab die ganzen Leute, die sich dachten: “Was ist das Extremste an Vermarktung, was wir machen können, um damit ein erfolgreiches Produkt zu schaffen?” Niemand entwickelt etwas, um damit dann nicht erfolgreich zu werden. Es ist wahrscheinlich daran gescheitert, dass nicht alle an einem Tisch saßen und gemeinsam entschieden haben, was das Ziel sein soll. Was wäre gewesen, wenn sie gesagt hätten: “Wir haben hier ein Produkt, aber die beiden singen nicht wirklich. Aber die Musik ist irre gut. Und genauso verkaufen wir es auch”? Heute hat jemand 100 Millionen Follower auf TikTok, der die ganze Zeit Videos synchronisiert und nicht die eigene Person darstellt, sondern einer Stimme das Gesicht leiht. Aber da weißt du das eben von Anfang an.

Du rastest in einigen Szenen richtig aus. Hat dir das Spaß gemacht?

Letzte Woche habe ich Emily Blunt getroffen. Da musste ich sehr lachen, denn du siehst sie und du weißt sofort genau, wie sie auf einen Witz eingeht. Du merkst, wie schnell sie ist. Du spielst einen Ball und du kriegst ihn sofort zurück. Michael Mertens, mein Partner in der Szene, ist da auch extrem gut. Du ballerst etwas raus, schreist, nimmst dir Raum und schaust sofort, wie dein Kollege damit umgeht. Vielleicht hängt er ein bisschen, während du weißt, dass du sofort in den Hochstatus springen könntest. Du denkst dir: “Ich kitzle den mal noch mehr. Wann wird er hinterherziehen?” Oder er ist schon auf dem Hochstatus und man selbst befindet sich im Tiefstatus. Wenn so eine Energie herrscht und ich die Figur auch mal aggressiv angehen kann, ist es total gut.

Was ist für dich als Schauspieler und Sänger dein liebstes Biopic über einen Musiker?

Ich mache gar nicht mehr so viel Musik. Musik war für mich interessant in einer Phase, in der ich mich gefragt habe, wofür mein Herz noch so schlägt. Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt, mit Musik Menschen zu bewegen. Wie funktioniert ein Live-Abend musikalisch? Das war interessant, weil Film manchmal etwas sehr Anonymes ist oder in so einer kleinen Blase passiert, dass es mit der richtigen Welt nichts mehr zu tun hat. Aber ich war nie ein großer Fan von Musik-Biopics.

Elan Ben Ali und Tijan Njie in Girl You Know It's True

Hast du dir trotzdem Filme wie Rocketman oder Bohemian Rhapsody angeschaut, um dich auf die Rolle vorzubereiten?

Ich habe mich erstmal über den Dialekt an Frank Farian herangetastet. Dazu habe ich viel Zeit mit einem Coach verbracht. Ich habe Frank auch mal gefragt, wie akribisch er gearbeitet hat. Es gibt diese Szene, in der er den richtigen Sound für eine Snare [eine kleine Trommel] finden will. Er hat Hunderte von Snares durchprobiert, um zu schauen, ob das für den Song sitzt. Bohemian Rhapsody oder Rocketman habe ich mir aber nicht angeschaut, weil die Budgets dieser Filme so riesig waren. So oft in meinem Leben habe ich solche Filme gesehen und eine Erwartung aufgebaut, wie mein Film aussehen muss, um dann auf die Fresse zu fallen, weil er nicht so aussah. Also habe ich mir gedacht: Ich habe einfach gar keine Erwartungen und lasse Simon Verhoeven einfach machen. Ich schaue mir auch keine Gegenbeispiele an, damit ich keinen Vergleich vor Augen habe. Wir haben in einem Häuschen in der Pampa gedreht, in dem auch die Musik entstanden ist. Ich war sehr gespannt, wie der Film am Ende aussieht.

Du hast in letzter Zeit sehr viel international gedreht und dich bei den Arbeiten an Army of the Dead und Army of Thieves mit Zack Snyder angefreundet. Was erzählt einem Zack Snyder bei einem Bier?

Bei einem Bier würden wir über Kindererziehung reden. Darüber, wie es ist, gesehen zu werden. Oder auch über gute Linsen für Leica-Kameras aus den 1960ern und wo man sie umbaut. Wir haben viel über dieses Thema gesprochen, weil Zack sehr visuell denkt. Wie sich herausstellt, kommt er über Architektur auf bestimmte Looks. Dann hat er mich gefragt, was mich beim Spielen fasziniert, und für mich ist es rhythmische Choreografie. Timings zu treffen wie ein Schlagzeuger. Das habe ich bei etwa bei Army of Thieves immer versucht herauszufinden: Fünf Leute in einem Raum, ist das ein Viervierteltakt? Wo spielst du offbeat? Wo bringst du wieder alle zusammen?

Matthias Schweighöfer in Army of Thieves

Ich habe ein Schlagzeugerherz und mit Zack kommen solche Dinge an die Oberfläche. Es ist egal, wie man ihn findet. Was Zack entwickelt, wie seine Ideen zu einem Film aussehen, da fragt man sich: “Wie kommt man auf solche Bilder?” Ich habe mit meiner Freundin Ruby [O. Fee] neulich auch überlegt, wie Army of Thieves 2 aussehen könnte. Dann haben wir angefangen, mit Zacks Stunt-Leuten Choreografien zu erarbeiten. Was wir da gefilmt haben, war völlig verrückt.

Was ist anders an den großen Filmsets?

Bei solchen Filmen gilt: Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Es gibt einfach kein “Nein”. Wenn du fragst “Können wir das so und so machen?”, ist die Antwort “Ja!”. Auch die Arbeit mit Chris[topher Nolan] war unglaublich. In Deutschland hast du oft ein Limit und bist es gar nicht gewohnt, dich in so eine große Welt zu begeben. Dir wird oft gesagt: “Mach sie kleiner, sie ist sonst nicht greifbar genug.” Das liegt auch daran, dass wir anders erzogen sind. Da drüben wirst du in eine Welt eingeladen, für die du dich richtig anstrengen musst, weil du sie noch größer machen sollst.

Um noch einmal auf Girl You Know It’s True zurückzukommen: Wenn man es anders verkauft und die Frage “Is it true?” klar beantwortet hätte? Dann hätten die Menschen vielleicht gesagt: “Das Produkt ist fett, die Musik ist cool, wir wissen, dass es nicht ganz echt ist, aber es macht unglaublichen Spaß! Scheiß auf den Grammy und die Auszeichnungen, die Welt feiert es trotzdem.

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