Wenn Trailer uns die Filme verderben

15.10.2011 - 08:50 Uhr
Dream House & der Spoiler-Trailer
Universal Pictures/moviepilot
Dream House & der Spoiler-Trailer
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Filme mit überraschender Wendung machen Spaß, zumindest dann, wenn wir den Twist nicht schon kennen. Leider werden wir oft gespoilert, in letzter Zeit gehäuft von Trailern. Was tun? Logo, sich aufregen!

Verrat wurde schon zu jeder Zeit hart bestraft, meist mit dem Tode. So weit würde wohl keiner von uns gehen, wenn er gespoilert wird, aber die Faust in der Hosentasche wird gerne mal geballt. Im persönlichen Kontakt besteht ja durchaus noch die Möglichkeit, mit Worten darauf hinzuweisen, dass es ziemlich fies ist, einem einen Film zu vermiesen. Was aber machen, wenn ein Trailer einem schon beinahe alles verrät? Kotzen wäre in diesem Fall eine echte Alternative.

Im Aufreger der Woche übernehme ich stellvertretend die Aufgabe, mich über die Flitzpiepen auszulassen, die unfähig sind, einen Trailer so zu schneiden, dass er nicht den ganzen Film vorwegnimmt.

Grassierende Seuche
Diese Woche erst wurde bekannt, dass Regisseur Jim Sheridan nicht mehr mit seinem Film Dream House in Verbindung gebracht werden möchte. Kein Wunder, er kennt ja den Trailer, der so ziemlich alles verrät. Und da den Kinobesuchern, die zuvor nur einen kleinen Eindruck des Films mit Daniel Craig, Rachel Weisz und Naomi Watts gewinnen wollten, das ganze Vergnügen genommen wurde und der Grusler, der von seinen Überraschungsmomenten lebt, durch den Trailer von Grunde auf zerstört wurde, wollte Jim Sheridan wohl nicht dafür gerade stehen und beantragte, dass stattdessen der Kunstname Alan Smithee genutzt wird. Recht hat er, nur bringt es denjenigen, die sich den Trailer schon angeschaut haben, leider nichts, wenn der Regisseur erkennt, dass die Marketingverantwortlichen kein Talent besitzen. Vor allem scheint es sich seit ein paar Jahren zur flächendeckenden Unart auszuweiten, in Trailern zu spoilern.

Spoilerzwang
Beispiele gibt es reichlich: Der Teaser-Trailer für Marvel’s The Avengers verriet fröhlich das Ende von Captain America – The First Avenger, Wall Street 2: Geld schläft nicht hatte ebenso einen Spoiler-Trailer im Angebot, auch Terminator: Die Erlösung, Inglourious Basterds oder Final Destination 5. Damit wurden jetzt Beispiele für die letzten paar Jahre genannt, es gibt aber noch zahlreiche Spoiler-Trailer, alleine 2011 könnten wir alle wohl zig Stück nennen. Das Gemeine ist, dass wir uns dagegen oftmals nicht wehren können. Wenn wir im Kino sitzen, um uns einen Film anzugucken, könnten wir uns während der Trailer zu den bald erscheinenden Filmen die Augen zuhalten und laut singen, aber bleiben wir ehrlich: Wir sähen dabei aus wie Geisteskranke. Also müssen wir das Risiko eingehen, dass uns ein Film verdorben wird, da es irgendein Marketinggenie für einen brillanten Einfall hielt, Spoiler einzubauen.

Sind Spoiler wirklich so schlimm?
Natürlich könnte jetzt eingewendet werden, dass es eine Studie gibt, die besagt, dass Spoiler gar nicht so schlimm sind. Für diejenigen, die davon noch nichts gehört haben: Forscher an der University of California in San Diego haben herausgefunden, dass vorab gespoilerte Texte (der Versuch wurde mit Kurzgeschichten durchgeführt) das Lesevergnügen nicht schmälern, sondern sogar steigern. Wichtig ist offenbar jedoch, dass der Verrat schon von Anfang an besteht und nicht mitten in der Geschichte stattfindet. Erklärungen für das Ergebnis sind die geringere kognitive Anstrengung, die der Rezipient leisten muss, da er sich nur noch auf diejenigen Hinweise konzentrieren muss, die zum erwarteten Ende führen, sowie die Überbewertung des Plots. Anders ausgedrückt: Die Leser strengen sich viel lieber weniger an und sind, zumindest laut der Deutungen der Forscher, am Stil mehr interessiert als an der eigentlichen Story.

Können diese Erkenntnisse ohne Weiteres auf Filme bzw. Trailer übertragen werden? Womöglich. Es gibt zahlreiche Werke, die wir uns wieder und wieder angucken, auch wenn wir schon wissen, wie sie ausgehen. In diesem Fall treffen die Erklärungen des Rezipientenverhaltens wohl zu. Es mag auch etliche Menschen geben, denen es nichts ausmacht, wenn ein Trailer ihnen (zu) viel verrät. Aber, und das ist das Entscheidende, die Wahl muss doch jeder für sich selbst treffen können. Uns werden nicht selten Spoiler-Trailer aufgezwungen, ohne dass wir etwas dagegen unternehmen können. Und wenn wir zur Gattung der Spoiler-Verachter gehören, sind wir die Gelackmeierten. Wer vorab schon alles über einen Film wissen möchte, der kann sich in Zeiten des Internets sämtliche Infos besorgen. Alle anderen sollten aber zumindest die Möglichkeit haben, sich von ärgerlichen Spoilern fernhalten zu können, damit die Wut über den großen Verrat nicht stets und ständig ein Aufreger der Woche ist.

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