Deciuscaecilius - Kommentare
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Alle Kommentare von Deciuscaecilius
Jim Jarmuschs Only Lovers Left Alive ist kein gewöhnlicher Vampirfilm. Es ist ein poetisches, atmosphärisches Werk, kultiviert, langsam, wunderschön, erzählt mit Humor und Ironie. Der Film entzieht sich gängigen Erzählkonventionen und verzichtet auf eine klassische Handlung. Stattdessen bietet er eine ästhetische Vision, ein Sinnbild, eine tiefgehende Reflexion über das Leben oder vielmehr das Weiterleben in einer Welt, die sich in Zyklen zu wiederholen scheint.
Im Zentrum stehen zwei Vampire: Eve (Tilda Swinton) und Adam (Tom Hiddleston). Sie sind mehr als Blutsauger, sie sind Symbole für eine intellektuelle, künstlerisch durchdrungene Existenz, die über Jahrhunderte hinweg Bestand hatte. Adam lebt zurückgezogen in einem verlassen wirkenden Detroit, umgeben von Instrumenten und Tonbändern, tief versunken in Musik und Wissenschaft, leidend an Weltschmerz, Müdigkeit, fast einer Art Depression. Eve hingegen wohnt in Tanger, umgeben von Büchern, Wissen und gesegnet mit einer Gelassenheit. Sie konsumiert Kultur, während er sie erschafft. Yin und Yang, Schwarz und Weiß selbst ihre Kleidung betont diese Gegensätzlichkeit und doch ist es eine komplementäre Verbindung der beiden.
Der Film wirft einen faszinierenden Perspektivwechsel auf: Nicht mehr die Menschen sind der Maßstab, sondern Vampire, die die Menschheit mit distanzierter Ironie betrachten. „Zombies“ nennen sie uns Wesen, die ohne Seele, ohne Sinn, getrieben durch Konsum und Selbstzerstörung existieren. Ihre Kritik wirkt scharf und treffend: Wir bestreiten unser eigenes Wissen, machen immer wieder dieselben Fehler, vernichten unsere Umwelt, kämpfen um Öl, bald um Wasser. Doch der Vampir muss ebenso seinen eigenen Lebensstoff, das Blut, erhalten. Von wem wohl? Ein Gleichnis, das unsere eigene Abhängigkeit spiegelt.
Es ist ein Film über Unsterblichkeit und was sie mit einem Wesen macht. Was bringt jemanden nach tausend Jahren noch dazu, morgens aufzustehen? Die Liebe vielleicht? Die Kunst? Oder ist es einfach die Gewohnheit? Ist Unsterblichkeit nicht auch ein Fluch der Langeweile? Adam zweifelt, leidet, hadert. Eve hingegen lebt im Moment und konsumiert das Leben mit einer Art zeitloser Weisheit. Die Figur der Ava (Mia Wasikowska) bringt Unordnung in diese fragile Welt. Als impulsive, energiegeladene jüngere Schwester Eves repräsentiert sie Chaos, Egoismus, das Unkontrollierbare. Sie zerstört den intellektuellen Frieden der beiden Liebenden vielleicht als Mahnung, dass sich auch Vampire nicht ewig in ihrer Nische verstecken können, vielleicht als Warnung vor dem, nie zufrieden sein, dem immer mehr wollen. Ihre Rastlosigkeit offenbart, was ihr fehlt: Liebe, Verbundenheit, vielleicht Reife.
Ohne Zweifel ist das ein Film von Jim Jarmusch, er selbst wirkt wie eine Figur seines eigenen Films. Mit seiner intellektuellen Aura, seiner Liebe zur Musik und Kunst ist er fast eins mit Adam, dem melancholischen, empfindsamen Vampir. Die Welt, die er erschafft, ist kunstvoll und bis ins Detail gestaltet, manchmal fast künstlich, fast steif, aber stets durchdacht. Die vielen kulturellen Anspielungen von Schubert über Tesla bis zu Faust sind nicht subtil, sondern mit Absicht „on the nose“. Doch genau darin liegt der Reiz: Der Film weiß um seine Referenzdichte und begegnet ihr mit ironischer Distanz.
Detroit, die Stadt, in der Adam lebt, ist Symbol einer vergehenden Zivilisation. Zerfall und Leere bestimmen das Bild, aber auch ein Gefühl von zyklischer Wiederkehr. Wie die Stadt, so der Vampir: immer am Ende, immer vor einem neuen Anfang. Eve versteht das, Adam muss es lernen. Seine Müdigkeit ist Ausdruck einer schöpferischen Krise eines Künstlers, der vor dem Nichts steht, weil das Alte getan und das Neue noch nicht sichtbar ist. Eve aber weiß: Es geht weiter. Immer.
Letztlich ist Only Lovers Left Alive eine Geschichte über die Suche nach Sinn in einer sinnentleerten Welt. Es geht um Liebe, Kunst, die Sehnsucht nach Tiefe und die Ironie des Menschseins selbst für Unsterbliche. Denn so intellektuell, kultiviert und über allem schwebend sie auch wirken mögen, am Ende sind Adam und Eve doch Teil der Welt. Wenn Appetit zu Hunger wird, kommt das Animalische in ihnen durch und endet das Ätherische. Sie greifen zu, beißen zu, wie jeder andere. The human experience for immortal vampires.
Dark Shadows ist ein Tim Burton Film durch und durch, die Musik ist von Danny Elfman, die Hauptrolle spielt Johnny Depp und das alles hat seinen typischen Gothic Charme. Im Mittelpunkt steht eine wunderbar ausgestattet Villa, die das Herz jedes Gruftis höher schlagen lässt, darin wohnt eine dysfunktionale Patchworkfamilie, quirky bis auf die Knochen und zu Gast kommt ein komisch angezogener und aus der Zeit gefallener Ungezogener mit großem Unterhaltungspotenzial. Wem das bekannt vorkommt, ja, Dark Shadows ist ein bisschen Beetlejuice mit einem Vampir. Wem das gefällt, wird hier viel davon bekommen, inklusive des Gefühls, dass so etwas aus der Zeit gefallen ist.
Das erleben wir wunderbar ausgestattet, die Bilder sind etwas übersättigt, aber schön. Die Musik ist wunderbar und mit vielen Songs aus den 70ern angereichert. Der Humor wirkt aber patriarchal, hart am Rand des Sexismus, aber gleichzeitig wird viel Herzblut in seltsame Außenseiter gesetzt. Der Film ist nie böse, sondern nur gedankenlos, eine kleine Feier des Kapitalismus, in der auch ein Vampir erfolgreich sein kann, wenn er nur Geld mitbringt. Eine Geschichte, in der eigentlich alles wieder gut gemacht werden kann, mit wirtschaftlichem Erfolg. Es wimmelt von schönen Frauen, die alle Johnny Depp anbeten, jede auf ihre Weise aber konkurrenzlos, weil es keine andere männliche Hauptfigur gibt und grundlos, denn man weiß nie, was diesen Mann eigentlich so anziehend macht.
Der Film versucht, eine schmale Linie zu finden, aus einem echten Horrorfilm und reinem Spaß daran und so ganz funktioniert das nicht. Ganz im Gegenteil hat man das Gefühl, dass man einfach darauf setzt, dass uns bestimmte Morde Spaß machen. Wenn eine Gruppe Hippies dahingemetzelt wird, scheint der Film sagen zu wollen: Die sind selbst schuld, warum sind sie zu stoned, warum sind sie überhaupt dumme Hippies? Der Film propagiert familiäre Werte und differenziert hier knallhart zwischen innen und außen. Bist du drin und machst du mit, was primär bedeutet, dass du den Vampir-Patriarchen unterstützt, ist alles super und wenn nicht, endest du im Meer. Blut aus der Gesellschaft saugen darf ihr nur der alte Patriarch. Der Film setzt auf eine wohlige Nostalgie, als man denjenigen, der einen ausbeutet, noch von Angesicht zu Angesicht kannte.
Man kann das alles weggucken ohne große Gedanken daran zu verschwenden und vermutlich war das der Plan. Der Film selbst vergisst Dinge, seine weibliche Hauptfigur zum Beispiel verschwindet irgendwann, um erst am Ende mit großen Plot-Entwicklungen wieder aufzutauchen. Der Film hat eine Weile mehr Interesse an Eva Green als konkurrierende Hexe. Damit ist aber auch diese Liebesgeschichte eine Lüge, die keinen Eindruck hinterlassen kann. Das Finale ist super inszeniert aber da ist plötzlich ein Werwolf ohne das man wüsste wie das passiert ist und der Junge ist wieder wichtig, für den sich der Film mindestens eine Stunde lang nicht interessiert hatte. Das alles wirkt, als hätte man Burton-Dinge zusammengedreht, ohne zu wissen, was es werden soll, und irgendwann hat jemand gesagt: Eva Green ist es und der Rest, na ja, wird schon. Es ist ein bedenkliches und dann wieder harmloses Chaos, dem ein emotionaler Kern fehlt. Was Beetlejuice zusammengehalten hat, war die süße Liebe der Hauptfiguren, dieser Film verwechselt aber Liebe und sexuelles Begehren und daher fällt er flach auf sein Gesicht.
Das ist tonal misslungen, ein Film, der etwas wiederbeleben will, das nicht zusammenkommen mag. Die Hülle sieht immer noch nach Burton aus und das macht Spaß, aber man kann nicht verdrängen, dass es keine neuen Ideen gibt. Der Film ist wie seine böse Hexe, wenn man zu stark kratzt, platzt die glatte und schöne Hülle ab und dahinter ist nichts. Es ist ein Film, der eine alte Serie feiert, die davon lebte, einen bösen Vampir auf einen Weg zur Läuterung zu schicken, aber dafür hätte man hier ehrlich zu seinem Hauptcharakter sein müssen. Johnny Depp spielt sich aber wie immer nur selbst, da gibt es keine Selbstreflexion, keine Reue und auch keine Entwicklung. So viel Talent für so wenig Ergebnis zusammenzuziehen, das führt zu einer großen Enttäuschung.
"Wir sind die Nacht" ist ein deutscher Genrefilm, so etwas wie ein Pinguin in der Nordsee und schon deshalb muss man den sehen. Glücklicherweise hat der Film aber auch noch seine eigenen Stärken, zum Beispiel ist die Action ganz nett geworden. Man merkt die Grenzen des Budgets, hier wird auffällig oft abgeblendet, wenn es aufwändig werden würde, aber die eine oder andere Verfolgungsjagd hat Charme. Es ist schön, einmal nicht die USA, sondern Berlin zu sehen, wenn man sich gegenseitig verfolgt und blutige Morde im brandenburgischen Tropical Island machen was her. Die heftigen Morde erzeugen Spannung und sind aufregend, die Kamera ist manchmal ein bisschen zu nahe, aber das fasziniert auch mit seiner Nähe. Ich mag den Film, weil er anders ist und sich anders anfühlt. Diese Mischung aus Tatortermittlung und Vampiren ist einmalig.
Mich erinnert er immer ein bisschen an “Lost Boys” in seiner 80er Konsumsucht. Diese Frauen interpretieren ihr ewiges Dasein, als eine Art Konsumrausch, einen Hedonismus der Sex und Spaß feiert, um die ewige Einsamkeit zu überbrücken. Das Drama, das dieser Widerspruch bietet, ist gut ausgearbeitet. Stattdessen ist der ganze Kram zwischen Feminismus und Homosexualität merkwürdig unbalanciert. Dieses Trio ist lesbisch und doch hatte eine von ihnen Mann und Kinder und ist scheinbar gar nicht glücklich darüber das dieses Leben gewalttätig beendet wurde. Ist Neu Vampirin Lena lesbisch? Der Film zeigt es nicht und impliziert deutlich, dass sie es gerade nicht ist. Das bedeutet Louise reißt heterosexuelle Frauen aus ihrem Leben und erklärt das zur feministischen Befreiung, weil sie jetzt ohne Männer leben müssen? Ein merkwürdig unausgereifter Ansatz. Und ja, ich weiß, in Vampirfilmen ist das unterschwellige homoerotische Element, wie zwischen Louis und Lestat auch immer Teil der Geschichte, aber Lestat hat nie versucht, Louis die Zunge in den Hals zu stecken…
Der Film macht auch nichts daraus. Weder ist das so richtig ein Aufstand gegen diese dominante Vampirin, noch ein hedonistisch-lesbischer Gruppenspaß. Spaß ist hier immer nur Konsum, Drogen und Tanz aber alles andere scheint scheiße einsam zu sein. Zwischen all den Party- und Tanzszenen, die offenbar das Berliner Klischee schlechthin sind, erzählt der Film dann etwas wenig über diese Welt, die er da aufmacht. Wie überhaupt offen bleibt, was der Film denn überhaupt erzählen will, die Frauen behaupten, die besseren Vampire zu sein, zeigen tun sie das nicht, ganz im Gegenteil. Was Louises Plan ist, außer sich mit attraktiven Freundinnen zu umgeben, die sich nach Männern sehnen, kann ich nicht nachvollziehen. Warum Louise gerade heterosexuelle Frauen wandelt, wo sie eine Partnerin sucht, bleibt ein großes Rätsel.
Ich mag den Film trotzdem, aber die großartigen Kritiken kann ich nicht nachvollziehen. Man liest Vergleiche mit „Let The Right One In" und das ist wirklich zwei Lagen zu hoch. Der Film ist unterhaltsam wie eine Folge „Sex and the City“ und spannend wie ein “Tatort” aber mehr kann ich darin nicht finden. Die zentrale hetero Liebesgeschichte ist kurz und nicht besonders fesselnd und die Vampirinnen untereinander führen keine Beziehungen. Das ist nett gefilmt, hat eine guten Soundtrack aber nicht mehr als das. Ich war solide unterhalten, Meisterwerk würde ich da aber sicher nicht dran schreiben. So oder so, schon weil ein ganz lustiger Ansatz ist, kann man ruhig einen Blick riskieren....
Stake Land ist ein Low Budget Independent Film über eine postapokalyptische USA mit Vampiren, die ein bisschen Zombies ähneln, die Grenzen sind fließend. Am ehesten erinnert es an so etwas wie Computerspiele: „The Last of Us“ oder „Days Gone“. Das ist absolut solide gemacht für die Möglichkeiten, die hier zur Verfügung standen, am Ende ist es ein überdurchschnittliches B-Movie. Der Film bemüht sich sichtlich Atmosphäre aufzubauen und uns die Charaktere näher zu bringen. Immer wieder werden schöne Bilder amerikanischer Wälder, bei angenehmer Lichtstimmung gezeigt und nette Musik unterlegt. Man merkt die ganze Zeit, wie viel Liebe und Sorgfalt in dem Film steckt. Die Schauspieler machen, was sie können, wenn sie auch immer etwas steif und sehr bemüht wirken. Die Action ist solide, die Effekte praktisch und mit Kompetenz gemacht. Die Grenzen des Budgets bleiben aber immer sichtbar, richtiger Zauber entsteht nicht.
Leider hat mich das daher auch nicht abgeholt. So nett das alles ist, so sehr fühlt es sich nach einer Welt im Computerspiel an. Das ist nicht real, das ist keine Postapokalypse, das sind keine Vampire, das ist eine Mischung aus popkulturellen Referenzen. Sie sind mit viel Eifer zusammengestellt und gerade daher so sichtbar. Die Macher wollen auch sichtlich auf der richtigen Seite der Moral stehen, brav werden die einsamen Frauen gerettet, die christlichen Fundamentalisten bekämpft und sich für die Mitmenschen geopfert. Aber dem Film fehlen interessante Dialoge, Menschen die wirklich zueinander finden und sich nicht wie NPC-Begleiter aufsammeln lassen. Hier sagen alle ihr Schicksal auf, aber sie zeigen es nicht. Man soll bei ihrem Tod etwas fühlen, aber der Film selbst zeigt kaum Reaktionen darauf, dazu sind Schauspiel und Plot zu limitiert.
Wenn am Ende einfach das nächste einsame, aber super coole hübsche Mädchen auftaucht, ist das so entlarvend. Neues Gebiet und neue Quest. Nein, das war mir zu konstruiert, zu anbiedernd und zu glatt. Nettes Debüt aber kein tolles Filmerlebnis…
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Strigoi von Faye Jackson ist ein sehr seltsamer Film, gedreht in Rumänien mit rumänischen Darstellern, die aber englisch sprechen, was dem Film eine merkwürdig steife Atmosphäre verleiht. Die Handlung ist dann einfach: Vlad gespielt von Cătălin Paraschiv kommt nach einer unglücklichen Zeit als Hilfskraft in Italien in sein Heimatdorf in Rumänien zurück und stolpert dabei in seltsame Umstände in denen, sein Vater, seine Freunde, der Bürgermeister, der Pfarrer und die reichen Großgrundbesitzer im Dorf involviert sind. Es gibt einen toten armen Nachbarn und merkwürdig nachtzentrierte Aktionen der reichen Nachbarn.
Der Film ist eine wenig verklausuliertes Drama rund um das blutsaugerische Verhalten einer reichen Elite, die ungeachtet der diversen Gesellschaftsformen, die in Rumänien herrschen und herrschten die Dörfler aussaugt. Faschismus, Kommunismus oder Kapitalismus, es gibt immer die gleichen Gewinner und die gleichen Verlierer, Papiere werden gefälscht, Kirche und Polizei spielen seltsame Rollen und am Ende arbeiten alle auf einem Land, das ihnen nicht mehr gehört. Das heißt, die Macht des Eigentums kontrolliert die menschliche Energie, ihre Arbeitszeit und ihre Lebenskraft. Karl Marx hätte einen Vampirfilm kaum anders angelegt.
Der Film ist solide gefilmt und absolut naturalistisch bebildert, die Welt sieht dann entsprechend deprimierend aber glaubwürdig aus. Die schauspielerischen Leistungen sind leider etwas beeinflusst durch den Sprachwechsel und auch insgesamt seltsam entrückt. So ganz will das nicht passen. Die Handlung kommt etwas verwirrend und abgehackt daher, der Plot sollte aber sicher auch etwas desorientierend wirken. So ganz springt der Funke dabei aber nicht über, auch wenn das so am Rand von "Richtig gut” herumlungert. Die Idee ist wunderbar und da sind Szenen von großer Intensität drin, insbesondere wenn der Film mit einem gnadenlosen schwarzen Humor daherkommt. Es ist die Lakonie der Abgehängten, die immer wieder wirkt.
Ich wollte den Film wirklich lieben, weil das alles so sympathisch verschroben ist, von der Idee, über diesen Ort bis zu den real wirkenden Schauspielern, aber es hat mich nicht gepackt. Es schwankt etwas zu sehr zwischen Drama, Deadpan Humor und blutigem Horror, ist etwas steif und konfus. Für einen Low Budget Einstieg in die Welt des Films ist es aber eine beeindruckende Leistung von Faye Jackson. Wenn man das Setting interessant findet, kann man das sicher mal gucken.
Sinners von Ryan Coogler ist ein sehr ambitionierter Film. Er überhäuft sich mit Themen und Ideen, versucht alle stilistisch perfekt abzuarbeiten. Man könnte fast sagen: Naturgemäß muss das scheitern. Nun ist das Zauberhafte an dem Film, dass nicht alles scheitert, das viel zurückbleibt, das schön ist, elegant und spannend. Der Film erzählt von 1932 im Mississippi Delta über zwei schwarze Brüder, die mit Geld aus Chicago in die alte Heimat zu den alten Problemen zurückgekehrt sind, um einen Juke Joint zu gründen. Dazu suchen sie Jazz- und Soul-Musiker zusammen, organisieren Essen und haben die Einrichtung besorgt. Der Film spielt dann nur an einem Tag in ihrem Leben, dem Tag der großen Eröffnung.
Das ist ein fucking audiovisuelles Meisterwerk. Der Score von Ludwig Göransson ist der absolute Wahnsinn und die Cinematography von Autumn Durald Arkapaw steht dem in nichts nach. In der Mitte gibt es eine Szene, in der die Magie der Musik dargestellt wird, indem ein Blues-Song Stück für Stück in diversen Formen der Black Music verschmilzt. Moderne, traditionelle, afrikanische und amerikanische Einflüsse verschmelzen in Tanz und Musik. Es ist wahre Kinomagie und den ganzen Eintritt bereits wert. Alle Songs pulsieren von Energie, jede Szene hat die Stärken eines Musicals und treibt die Atmosphäre vor sich her. Dazu kommt eine spannender visueller Stil, der den amerikanischen Süden zum Leben erweckt. In jedem Bild über die Weiten der Baumwollfelder lebt es, jede abgeranzte Bude atmet 1932 und selbst kleine Szenen werden spannend gezeichnet. Wir verfolgen einmal in einer fast belanglos einfachen Szene eine junge Frau über eine Straße und ihre Mutter wieder zurück und doch wirkt das alles, als würde gleich die Welt explodieren. Man kann sich darin verlieren.
Michael B. Jordan spielt die Zwillinge und doch wirkt das fast nicht so. Hier agieren zwei unterschiedliche Menschen, sie agieren individuell, haben eigene Manierismen und tragen ihre Konflikte miteinander aus. Es ist seine beste Darstellung bisher, auch wenn ihm etwas die Lockerheit fehlt, die ich schön gefunden hätte. Er wirkt ab und zu etwas steif. Es ist dann zu viel, alle anderen aufzuzählen, aber der Film ist bis in jede Nebenrolle gut und effektiv besetzt. Es ist ein Fest, ihnen dabei zuzusehen, wie sie diese kleinen und großen Geschichten aus dem Delta auserzählen. Jeder hat hier sein Schicksal, wie erleben die Trauer um ein gestorbenes Kind, die Schwierigkeiten von Beziehungen zwischen Weißen und Schwarzen, die Probleme eines Sohns mit seinem tief gläubigen Vater, diverse Liebesgeschichten und das alles erweckt eine Welt zum Leben, die ansonsten zu selten erzählt wird.
Die primäre Botschaft des Films ist schwer herauszuarbeiten. Vermutlich ist es die kulturelle Vereinnahmung, der Vampir saugt hier nicht nur Blut und Seele des Menschen heraus, er nimmt ihnen ihre Kultur, verschmilzt sie und macht sie sich eigen. Der Druck, unter dem alle stehen, ihre Armut und der Alltagsrassismus macht sie anfällig dafür. Sie werden von allen Seiten bedroht und das was die anderen von diesen Menschen wollen, ist ihre Musik aber ohne die, die sie spielen. Dieser Teil ist eindringlich und intensiv erzählt und ist Teil einer Welt, die der Film mit großer Liebe darstellt. Leider hört es hier aber nicht auf.
Der Film lässt wenig aus, er erzählt zu allen seinen Protagonisten Geschichten und das hilft, wenn wir um sie Angst haben sollen, aber es frisst auch Zeit. Wir erleben einen Film mit drei oder vier Enden, einen Film, der zu jeder neuen Konfrontation sein gesamtes Ensemble befragen muss, einen Film der Rassismus erzählt, einen Film der Armut erzählt, der Trauer erzählt, der ein Drama ist, ein Horrorfilm, ein Musical und ein Period piece. Das ist ein Film mit diversen saftig erzählten sexuellen Erlebnissen und zarten Liebesgeschichten. Es ist ein Film, der manchmal regelrecht obszön ist. Wir sehen einen Film, der große Zweifel an der Religion zeigt, mag sein, dass er sogar zweifelt, ob diese Religion den Schwarzen des Südens Gutes tut, mit all ihrer Philosophie von bedingungsloser Hoffnung und ihren Dogmen. Man kann die Themen kaum alle aufzählen und der Film kann allen auch nicht gleichmäßig gerecht werden. Die Butter ist sehr dünn auf diesem Brot.
Was besonders leidet, ist die Effektivität als Horror- und Actionfilm. Das ist zu langsam, zu tragend und in den dramatischen Szenen dann auch plötzlich nicht mehr so kompetent, fast hektisch und unübersichtlich. Der Schnitt ist ansonsten eine der vielen technischen Stärken des Films aber hier hat er plötzlich Schwierigkeiten, Dramatik und Spannung aufrechtzuerhalten. Der Film ist fast so etwas wie eine Allegorie über Gewalt und scheitert immer dann, wenn er sie spannend erzählen soll. Das Pacing des Films ist kaputt, der Wechsel vom Period Piece zum Vampir Action Teil fühlt sich falsch an und funktioniert nie richtig. Ich habe oben eine Szene beschrieben in der zwei Menschen über eine Straße gehen und das spannend ist. Das Problem des Films ist, der Film baut ständig Spannung auf, aber er lässt nie los, er ist frustrierend überspannt, bis dann endlich die wirklichen Credits rollen, denn eine Post Credit Szene musste es eben auch noch sein. Der Film nimmt einfach nichts leicht
Vielleicht ist es das aber. Wie ist dein Leben als Schwarzer im Süden 1932, frustrierend überspannt möglicherweise? Der allgegenwärtige Druck, die Dramen des Lebens und die Momente im Zauber der Musik zerfließen hier in eine einzigartige Mischung. Moderne Filmtechnik ist dazu da genutzt zu werden, um alles besser zu machen, und der Film spielt damit, hat Ambitionen und Ideen und füllt damit den Film. Alles was hier schlecht ist, hat auch etwas Gutes, denn letztlich ist es unsere Forderung an das Kino: Komm aus deiner beschränkten Konsumwelt raus, verfickt noch mal mach Kunst! Dann hört das ein Filmemacher und stapelt hoch statt tief.
Der Film ist amerikanische Geschichte und daher auch etwas schwierig zu greifen. Wie sind wir daran gewöhnt, dass der amerikanische Film auch der Weltfilm ist, so sehr, dass diese Kultur mit der von allen anderen verschmolzen wirkt. Hier sehen wir einmal etwas Einzigartiges über eine Welt der wir normalerweise nur in ihrer angeeigneten Form begegnen. Es ist ein Film, der den Eintritt denen verweigert, die nur gekommen sind, um sich unterhalten zu lassen. Das ist nicht perfekt aber trotzdem genau richtig. Das muss man schon irgendwie gesehen haben, egal wie frustrierend es manchmal ist.
Thirst von Park Chan-wook ist vielleicht nicht sein bester Film, aber zweifellos ein faszinierender Beitrag zum Vampirgenre, originell, verstörend und emotional mitreißend. Der Film verbindet klassische Vampirmotive mit Émile Zolas Roman Thérèse Raquin (1867) und schafft so eine dichte, atmosphärische Erzählung, die sich zwischen Horror, Erotik, Tragödie und schwarzer Komödie bewegt.
Im Mittelpunkt steht der katholische Priester Sang-hyun, wie immer brillant gespielt von Song Kang-ho, der sich aus einem Akt des selbstlosen Opfers heraus mit einem mysteriösen Virus infiziert und dadurch zum Vampir wird. Die Prämisse selbst ist bereits ein Bruch mit traditionellen Vorstellungen: Vampirsein wird nicht als Fluch, sondern als eine Art Selbstermächtigung und spirituelle wie körperliche Befreiung dargestellt. Durch das Verlangen nach Blut, aber auch durch sexuelles Erwachen löst sich Sang-hyun zunehmend von den dogmatischen Zwängen seines Glaubens. Das wird immer wieder durch diesen seltsamen, ein bisschen albernen, quirky Humor unterbrochen, den ich so mag. Das ist als schwarze Komödie nie all in, aber Momente wie dieser “Dreier” mit Tae-jus, ähm, aufgedunsenen Ehemann, sind sicher nicht jedermanns cup of tea aber aus meiner Sicht großartig bizarr
Besonders interessant ist die Dynamik zwischen ihm und Tae-ju (Kim Ok-vin), einer Frau, die aus einer passiven und unterdrückten Rolle heraus in die aktive Position der Manipulation und des Machtmissbrauchs wechselt. Ihre Figur ist das emotionale und moralische Zentrum des Films: eine Mischung aus Verzweiflung, Lust und rachsüchtigem Lebenshunger. Kim Ok-vin liefert eine überzeugende, oft verstörende und insgesamt geradezu überragende Darstellung ab, und gleichzeitig ist sie dabei verführerisch sowohl als unterdrückte Frau, die unsere Rettungsinstinkte triggert, wie auch als Vamp voller Lustversprechen. Ihre Entwicklung zeigt, wie aus einem Opfer eine Täterin wird, die sämtliche gesellschaftlichen und moralischen Regeln übertritt, um sich absolute Freiheit zu erkämpfen.
Der Film wirft dabei existenzielle Fragen auf: Was ist Liebe, was ist bloße Lust? Wo verläuft die Grenze zwischen moralischem Handeln und egoistischer Gier? Diese Themen werden durch die leidenschaftliche, oft explizite Sexualität der Protagonisten unterstrichen, nicht nur selbstzweckhaft, sondern immer auch als Teil der psychologischen Tiefe der Figuren. Die erotischen Szenen sind dabei ebenso verstörend wie faszinierend, weil sie mit Tabus brechen, leidenschaftlich wirken, aber um ehrlich zu sein, weil sie auch einfach hot sind.
Park Chan-wooks visuelle Handschrift ist auch hier unverkennbar. Die elegante Bildsprache, fantasievolle Kameraperspektiven und das Spiel mit Farben, etwa der Kontrast zwischen kaltem Blau und warmen, lebendigen Tönen, erzeugen eine intensive Atmosphäre. Jede Einstellung scheint symbolisch aufgeladen. Auch der Score trägt zur düsteren, oft tragisch-schönen Stimmung des Films bei. Die CGI dagegen ist gerne mal auffällig clunky.
Nicht ganz überzeugt hat mich auch die Charakterentwicklung: Während die Motive der Figuren nachvollziehbar sind, wirken manche Wendungen zu abrupt. Der Film ist zudem etwas zu lang geraten, was dem Spannungsbogen gegen Ende hin schadet. Auch wenn das Finale sehr emotional ist, mir zumindest wird die letzte Szene im Gedächtnis bleiben, fehlt ein gewisser emotionaler Zugang, vielleicht weil am Ende alle moralischen Grenzen so radikal überschritten wurden, dass keine Identifikation mehr möglich ist. Gerade Sang-hyun hat eigentlich gar keine Wahl mehr, als zu handeln, wie er letztlich handelt. So richtig passt da Zolas ursprüngliches Liebesdrama nicht ganz zur Radikalität des Vampirs. Vielleicht hätte ich lieber das eine oder das andere von Park Chan-wook gesehen.
Trotzdem bleibt Thirst ein sehenswerter Film. Er ist stilistisch stark und bietet eine ungewöhnliche, tiefgründige Auseinandersetzung mit den doch allzu bekannten Motiven. Das ist kein perfekter Film, aber ein guter, eigenwilliger und erinnerungswürdiger.
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Knight and Day ist ein cooler und spaßiger Film und, ja, Gott, ich weiß, einfach kurz weiterlesen: Also nein, der Film war zurecht nicht für den Global Women’s Rights Awards nominiert und leider ja, im Kern kann man das als Entführungs- und Missbrauchsgeschichte lesen, bei der am Ende die Frau ein ausgeprägtes Stockholm Syndrom entwickelt und sich selbst dabei aufgibt. Das ist richtig und als Film natürlich falsch, man sollte bessere Ideen haben, um lockere spaßige Geschichten zu erzählen. Auch Fish out of the Water Agenten Stories sind schon deutlich intelligenter erzählt worden, ohne dabei gedankenlos über die Hauptfigur zu rumpeln.
Davon abgesehen wissen wir aber alle, was das hier sein soll, auch wenn es dabei ein bisschen tölpelhaft vorgeht. Der Film macht gerade, weil er so gnadenlos beschränkt ist, Spaß. Das Ganze ist sich nur einen Millimeter zu sicher, nur ein wenig mehr an der ein oder anderen Stelle und das wäre eine großartige Satire geworden. Man kann es kaum glauben, wie unreflektiert das alles ist, was dann immer wieder zu absurden Momenten zwischen den beiden Hauptdarstellern führt. Ich habe aber ehrlich gesagt jedes Mal meinen Spaß und fühle mich allerdings ein bisschen schuldig dabei. Das ist faktisch das Role Model für ein Guilty Pleasure.
Tom Cruise ist hier mehr James Bond, als der selbst es je war, und das macht Spaß. Sein Gesichtsausdruck bleibt zwar immer gleich, ob er liebt oder tötet, aber das macht für ihn vielleicht auch gar keinen Unterschied. Man kann ihn sich gut vorstellen als einen Mann, der auch mittem im Sex nochmal gern zum Spiegel blinzelt, um zu checken ob er auch wirklich cool dabei aussieht. Der Charme von Cameron Diaz funktioniert aber glücklicherweise in jeder Szene, sie lächelt jede Entführung weg und selten ist eine Frau in einem Film so oft entführt worden.
Die Action ist gut, für solch einen Flick sogar richtig gut. Starke Verfolgungsjagden an interessanten Locations, manchmal ein bisschen zu nahe dran mit der Kamera, auch oft ein, zwei Schnitte zu viel, aber im Mittel ist das hier eine großartige Arbeit. Man sieht die CGI aber so schlimm ist das dann gar nicht und der Spaß an den Szenen macht das wieder weg. Allein der plötzliche Wechsel in die Stierhatz von Pamplona ist sein Geld wert.
So ist es eine solide Action Comedy und ein völlig amoralischer und im Ton verrutschter Unsinn zugleich, der aber genau damit seine Punkte macht. Natürlich ist das kein Meisterwerk, nicht mal so wirklich OK, aber wenn man bereit ist, hier einfach zu behaupten, das wäre Satire, dann geht das ab. Hier kann man seinen Spaß haben…
„30 Days of Night“ hat eine interessante Prämisse: ein Vampir-Überfall während einer dreißig tägigen Polarnacht. Das allein, kombiniert mit der düsteren, arktischen Umgebung, die für sich genommen schon gruselig und leicht verstörend wirkt, hat durchaus Potenzial. Natürlich erfordert das Szenario ein gewisses Maß an Suspension of Disbelief, denn die Stadt ist auf auffällig absurde Weise isoliert: Offenbar kann man dort nicht mit dem Auto wegfahren, und niemand scheint sich zu wundern, dass sich für einen ganzen Monat niemand mehr meldet.Es gibt kein separates Satelitentelefon und warum kann man während einer Polarnacht eigentlich nicht mit dem Flugzeug landen? Hier bekommt man außerdem den Eindruck, der Autor habe das Konzept der Polarnacht nicht ganz verstanden. Im Film wirkt es so, als gäbe es vorher einen ganz normalen, sonnigen Acht-Stunden-Tag und dann plötzlich 30 Tage völlige Dunkelheit, bis abrupt wieder Normalität einkehrt. Diese Darstellung ohne Übergänge, Dämmerung oder Zwielicht wirkt etwas naiv und vereinfacht. Natürlich muss bei modernen Vampirfilmen nicht alles logisch sein, aber in realistischen Szenarien, in denen Vampire nicht mehr klar als magische Wesen inszeniert werden, fällt so etwas stärker ins Gewicht.
Der Film macht dann aber das Beste aus seiner Grundidee: Wir erleben eine unheimliche Menschenjagd durch mächtige und bedrohlich wirkende Vampire. Obervampir Marlow, gespielt von Danny Huston, ist ein beeindruckender Antagonist, seine Ausstrahlung und Blutlust hinterlassen bleibenden Eindruck. Generell sind diese animalischen, blutrünstigen Kreaturen das Highlight des Films. Wenn sie mit ihrer Beute spielen, funktioniert der Horror richtig gut. Auf der anderen Seite hilft Josh Hartnetts Charme über einige Längen hinweg, auch wenn ich die Liebesgeschichte mit seiner Ex nicht wirklich abgenommen habe. So ganz ist nicht klar, warum sie überhaupt in Scheidung sein sollen, daraus erwächst kein nennenswerter Konflikt und damit auch keine Entwicklung, es ist weder spannend noch interessant.
Beide können so auch nicht kaschieren, dass dem Film nach einer Weile die Puste ausgeht. Anfangs macht der Film ganz ordentlich Tempo und die Viecher sind neu und heftig. Die Aktion verpufft aber schnell und ein leidlich spannendes Versteckspiel beginnt. Daraus wachsen dann immer wieder kleinere Konfrontationen, die aber etwas unausgereift wirken. Die Vampire sind plötzlich nur noch so schnell und stark, wie es gerade zur Handlung passt, und das allmähliche Dahinscheiden der Überlebenden im „And Then There Were None“-Stil ist irgendwann einfach egal. Jede Figur erfüllt ihre Trope und stirbt entsprechend, das hat man leider schon zu oft so gesehen.
Am Ende wird es sogar ein wenig albern, und ich war letztlich unzufrieden. Die Nachtszenen, der Schnee und die Brände vor der weißen Kulisse sind zwar optisch reizvoll, aber inhaltlich bleibt es weitgehend bei gewöhnlicher Horrorkost. Trotzdem lasse ich das als solide durchgehen. Nichts ist wirklich schlecht, manches sogar gelungen, aber vermutlich hat man den Film zwei Tage später schon wieder vergessen. Fazit: Kann man aber gucken.
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Nobody ist etwas, das man als Action-Thriller bezeichnen würde, auch wenn das eigentlich in eine falsche Richtung weist. Besser wäre Action Comedy, denn spannend ist diese Art von Dad TV nicht wirklich. Man weiß, wie das laufen wird, wenn aus diesem gelangweilten Familienvater der Actionheld herausbricht. Was nicht bedeutet, dass das nicht genau in diesem Aufbau unterhaltsam ist. Ich mag solche Filme und Nobody ist ein besonders gutes Exemplar des Genres. Das erinnert an die großen Tage von Bruce Willis, auch wenn es nie so ausgearbeitet, geschickt und elegant konzipiert ist wie „Die Hard“. Das ist aber genau die Tradition, in der man diesen Film sehen muss.
Wenn man das mag, dann tickt das Ding alle Boxen, die man gerne hätte. Es gibt nett gebaute Fallen, einen übertriebenen Bösewicht, wieder auflebende Spannung zwischen Ehepartnern, überraschende Nebencharaktere und fröhlich lustige Ballereien über den ganzen Film verteilt. Die wuchtige Schlägerei im Bus ist aber trotzdem das Highlight des Films, einmal weil es so überraschend kommt und andererseits, weil sich das wirklich körperlich heftig anfühlt. Das ist alles solide zusammengeklöppelt und gerade emotional genug, damit es nicht zu blöde wird. Eine Warnung muss es aber geben: Mehr als das ist es nie. Es ist das Konzept Liam Neeson oder Jason Statham aber, zumindest meiner Meinung nach, sympathischer und interessanter umgesetzt als dort. Für mich jedenfalls reicht das, wie es ist.
Salems Lot von 2004 ist die zweite Miniserie zum Roman von Stephen King und es ist die etwas bessere. Diese Version ist genauso lang, wieder als Zweiteiler angelegt und hat weiterhin Längen, aber es wurde auch einiges gutes hinzugefügt. Die Stadt hat insgesamt eine größere Rolle, leider wurde sie aber in die Zweitausender verfrachtet, was den typischen Charme der 70er entfernt, aber dafür erfahren wir mehr, spielen die Bewohner eine größere Rolle. Dazu ist der Film zwar selten explizit, aber wenn, dann macht das schon was her. Die Vampire an der Decke und die zombiehaft herumstolpernde Dorfgemeinschaft ist schon gruselig. Rob Lowe als Hauptdarsteller fällt nicht unter Oscar-Kandidaten Verdacht, ist aber eine zumindest solide Besetzung. So ist die Mischung aus Horrorhaus, Vampiren und Kleinstadt Wahnsinn gut zu konsumieren.
Soweit so nett. Das Problem ist dann aber auch das klassische Stephen King Verfilmungsproblem. Der Miniserie gelingt es nicht wirklich, den Horror dieser düsteren Gemeinschaft zu transportieren. Der Film ist da zu zart, er hat seine Missbrauchsgeschichten, seine düsteren Geheimnisse, Andeutungen größeren Übels und alle anderen Niedlichkeiten amerikanischer Kleinstädte, aber so richtig hebt er dabei nicht ab. Das ist alles zu zahm, zu gezügelt, da knallt nichts oder schockt gar. Richtig gut und aufregend gefilmt oder inszeniert ist es auch nicht, so zieht sich auch diese Version etwas blutleer lang hin. Die Liebesgeschichte ist ein zartes Pflänzchen und die Vampire selten in Action. Es fehlt Aufregung, erinnerungswürdiges Drama oder beeindruckender Horror, das ist alles braves solides Fernsehen, aber nie mehr als das. Damit fällt es dann erneut als Verfilmung eher flach, nebenbei kann man das gucken, als Hauptattraktion ist es nicht stark genug. Ich fürchte auch hierzu lässt sich gut Wäsche aufhängen.
Zusammenfassend hätte es die Neuauflage meiner Meinung also nicht gebraucht, es war aber nicht so sehr Cringe wie die Version aus den 70ern. Wenn das irgendwo kostenlos läuft, wäre es eine nette Wahl für zwei Abende der Woche…
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Edge of Tomorrow ist insgesamt ein fantastischer Film, insbesondere in seiner ersten Stunde entfaltet er eine Brillanz, wie man sie im Science-Fiction-Genre selten sieht. Der Einstieg ist rasant, visuell beeindruckend und inhaltlich frisch: Die Idee einer Zeitschleife mitten in einer außerirdischen Invasion wird hier nicht nur spannend, sondern auch mit viel Witz erzählt. Die Effekte sind durchweg stark, die außerirdischen Gegner wirken bedrohlich, dynamisch und wirken interessant designt. Besonders die Anleihen an die Landung in der Normandie verleihen den Schlachtszenen eine gewisse historische Gravitas, das erinnert nicht zufällig an Der Soldat James Ryan, bevor der Film in seine eigentliche Prämisse die Zeitschleife eintritt.
Hier beginnt der Film, sein volles Potenzial auszuspielen. Die ständigen Neustarts bieten nicht nur Spannung, sondern auch gute Comedy, die durch Cruise gockelhafte Art und sein Talent für solch konfrontativ lustige Begegnungen getragen werden. Der Film spielt mit seiner Schauspieler Persona, indem er ihn zunächst als feigen PR-Mann präsentiert, eine schöne, selbstironische Brechung seines sonst so heldenhaften Images. Die Chemie zwischen Cruise und Emily Blunt funktioniert zudem wunderbar: Gerade die ruhigeren Szenen im Dorf mit ihr geben dem Film eine emotionale Tiefe. Die Liebesgeschichte zwischen den Beiden bleibt schlussendlich, aber leider seltsam unentschlossen.
Der Film insgesamt verliert gegen Ende aber eh seine Kraft. Die Zeitschleifen, das eigentliche Highlight des Films, treten zunehmend in den Hintergrund. Stattdessen setzt das Finale auf konventionelle Action, verliert seine Dynamik und wirkt beinahe mutlos. Die Kämpfe wiederholen sich in ihrer Inszenierung, die Gegner bleiben austauschbar, und die clevere Mechanik der Zeitschleife wird nicht konsequent zu Ende gespielt. So verpufft ein Großteil der anfänglichen Spannung.
Das Ende will bedeutungsvoll sein, doch die Auflösung fühlt sich weder verdient noch wirklich clever an, vielmehr wirkt sie aufgesetzt und zu sehr dem typischen Hollywood Schema verpflichtet. Besonders der letzte Akt im zu dunkel inszenierten Paris, in dem sich Kameraden opfern, über die wir zuvor kaum etwas erfahren hatten, zeigt den Wunsch des Films, ernster zu wirken, als es seiner eigentlichen Stärke entspricht. Denn Edge of Tomorrow ist immer dann brillant, wenn er überraschend, charmant und witzig ist, nicht wenn er mit heroischer Ernsthaftigkeit in blutleere Action abgleitet. Er schwankt zwischen Familienunterhaltung und düsterem Actionthriller und verpasst dabei die Chance, wirklich außergewöhnlich zu sein. Ich mag ihn, wie eigentlich alle diese Tom Cruise Science-Fiction Filme trotzdem, das ganze Genre hat eine Zeitung nur von seinen Bildern gelebt, aber je öfter man ihn sieht, desto mehr fehlt der Punch. So oder so: Immer und immer und immer wieder gut anzuschauen…
„Let Me In“ erzählt den schwedischen Film: „Let the Right One In“ nach. Er tut das fast Szene für Szene und Bild für Bild. Es werden ein paar Kleinigkeiten, die vielleicht zu explizit gewesen wären, gestrichen, ein paar Szenen verlegt und einige Abläufe und Hintergründe klarer formuliert, dem Film ein bisschen die Ambivalenz genommen. Hier wird zum Beispiel eine Selbstbeschreibung des Geschlechts eingefügt, die im schwedischen Film noch etwas unklarer bleibt. Die praktischen Effekte des schwedischen Originals werden durch sehr mittelmäßige CGI ersetzt, dafür ist die Action schneller und mehr an amerikanische Sehgewohnheiten angepasst. Greig Fraser versucht, die Cinematography von Hoyte van Hoytema zu übernehmen, setzt aber eher auf starke Kontraste denn auf komplett differenzierte Paletten, das Blut ist hier ebenfalls nicht so stark im Mittelpunkt. Insgesamt ist alles etwas gewöhnlicher, weniger experimentell inszeniert und schneller geschnitten.
Dabei ist ein guter Film entstanden, der vielleicht sogar ein bisschen zugänglicher ist als das Original. Ich frage mich aber trotzdem, ob eine solche Übernahme nötig und nützlich ist. Hier passiert nichts Neues, keine andere Idee wird zugefügt, nichts Spannendes erdacht. Es ist einfach nur eine amerikanische Kopie. Mein Gedanke dazu: Einfach das Original schauen!
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„Let the Right One In“ ist ein schwedischer Vampir-Horrorfilm von Tomas Alfredson. Die zugrunde liegende Idee ist simpel: Nebenan wohnt ein Vampirmädchen.
Let the right one in
Let the Old Dreams
Die
Let the wrong ones go
They cannot
They cannot
Oskar ist ein zwölfjähriger schwedischer Junge, der von seinen Bullis in der Schule gequält wird und der davon träumt, es ihnen heimzahlen, sich wehren zu können. Seine Eltern befinden sich in Trennung, die Mutter ist da, bemüht sich, aber ist mit sich selbst beschäftigt und der Vater erscheint liebevoll, ist aber dem Alkohol zugetan. Dann ist da plötzlich dieses barfüßige Mädchen auf dem zugeschneiten Spielplatz hinter ihm…
Der Film lebt von seiner Kamera, der Hoyte van Hoytema fast Stummfilm Anleihen verleiht. Sie erzählt mit Unschärfen, Entfernungen und um die Ecken der eigenen Welt eines Kindes, davon, wie fern die Eltern sich anfühlen, wie weit weg überhaupt Erwachsene sind, die keinen Blick in diese Welt haben. Sie scheinen immer gerade so weit vorbei zu sehen, wie nötig, wenn es für den Jungen traumatisch wird. Sie sind nicht böse sie sind gedankenlos. Seine Welt ist in kaltes Weiß getaucht, Schnee und Eis bilden die Winterwelt der Betonklotz-Vorstadt. Das Dunkle dagegen verspricht Wärme und Zuflucht. Oscars Faszination für das Böse resultiert in der Unfähigkeit, sich anders zu helfen, das flüssig dunkelrote Blut wird dann im Gegensatz zur Welt zu einer warmen Farbe. Nur wenn Blut fließt, ist Farbe in der Welt. Auf CGI wird dabei verzichtet, die Effekte sind so zeitlos und der Blick zwischen die schwedischen Birken auf ein in Blutrausch verfallenes kleines Wesen erschreckend.
Die beiden Kinder Kåre Hedebrant als Oskar und Lina Leandersson als Eli sind gut gewählt. Er zeigt Angst, Interesse und Entschlossenheit mit so wenigen Regungen, seine laufende Nase in der Kälte Schwedens ist das Einzige, was wir an ihm lesen können. Das ist eine berührende Verzweiflung, purer Ausdruck von Überforderung, Hilflosigkeit und unterdrückter Wut. Eli dagegen wird viel aktiver dargestellt, mit seltsamer Mischung aus Verletzlichkeit und brutaler Autorität. Sie wirkt undurchschaubar, älter als sie ist und ganz undurchsichtig zwischen Liebe und Kontrolle schwankend.
Der Film schwelgt in seiner Ambivalenz, wir können diese Beziehung in so vielen Formen und Ideen sehen und das macht den Reiz aus. Vielleicht ist das alles ein Missbrauch, Eli die alte Vampirin im Menschenkörper manipuliert hier einen armen hilfsbedürftigen Jungen in eine Abhängigkeit, in die Sklaverei unter ihrer Herrschaft. Es könnte der Origin Film zu Renfield sein. Vielleicht existiert sie aber auch gar nicht und wir sehen eine Fantasie, eine Ermächtigung. Sie ist eine Halluzination, die stellvertretende Gewalt anwendet, die Oscar ansonsten nicht alleine zustande bringt. Vielleicht ist es auch verzweifelte Liebe, für die eine gequälte Seele gefangen im Kinderkörper den Schutzschild fallen lässt, um sich in menschliche Nähe zu retten. Es könnte der Ausweg sein aus dem seltsam sich pädophil anfühlenden Verhältnis mit ihrem alten Familiar. Vielleicht ist auch Oscar der Böse, die Natur des Tötens scheint mehr sein Traum zu sein, als die schmerzhafte Notwendigkeit, die sie für Eli ist. Vielleicht ist er Futter für später, eine Fliege im Netz. Vielleicht ist es auch alles zusammen in einer Kombination aus schrecklichen Varianten, eine befremdlicher als die andere.
Es spielt keine Rolle. Wir bekommen hier einen verstörenden Einblick in eine kindliche Welt, eine Welt, die von Unsicherheit und Unklarheit geprägt ist. Der Horror kommt aus der Fremdheit, aus Unzuverlässigkeit kindlicher Emotionen. Spürt Eli die Gewalt nicht, weil sie ein Kind ist, wie funktioniert Moral für diese Zwölfjährige? Der Film springt immer wieder in diese Gewalt Momente, fetischisiert das Blut im weißen Schnee. Es ist ein Schrecken, der uns überkommt, weil die Gewalt so in das Normale, Langweilige hereinbricht. Es kommt von Orten, an denen wir es nicht gewohnt sind. Es ist eine heftige Vampirgeschichte, die brutalste Inkarnation des Mythos, obwohl doch viel weniger passiert als in vielen der Action Horrorfilme des Genres.
Der psychosexuelle Unterton ist dabei verstörend, ein unklares Alter und ein unklares Geschlecht treffen hier auf eine anrührende Liebesgeschichte, die dabei gefährlicher wirkt, als es Romeo und Julia je sein könnte. Bei letzterer Geschichte kennen wir das Ergebnis und das ist fast befreiend. Hier spielt dieser Junge mit einem Monster und dessen Bedrohlichkeit bleibt immer erhalten. Auch am Ende wird sich daran nichts ändern, die Zukunft ist mit allen Implikationen purer Horror. Dieser Film traut sich, über alle Grenzen hinweg an eine erwachsene Horrorgeschichte über die seltsame Welt eines einsamen Kindes zu erzählen. Das ist eiskalt, bedrückend und von purem Horror. Das ist ein fucking vampirisches Meisterwerk…
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Day Watch ist die Fortsetzung zu Night Watch und in vielen Punkten gereift. Der Film hat mehr Action, taucht noch mehr in seine Welt ab und bringt uns auch den Charakteren näher. Das ist aber an manchen Stellen noch verwirrender, weil es vieles aufeinander stapelt, der Film ein bisschen seiner Zeit vergeudet in Actionszenen, die nett sind, aber wenig beitragen und weil er etwas zu lang ist. Der Film hat wirklich gut gemachte Action, die sich aber oft ein bisschen wie ein Fremdkörper anfühlt, der Film ist ein Urban Fantasy Drama, er hätte Autoverfolgungsjagden nicht gebraucht. Die Stimmung der Düsternis, des Geheimnisvollen und der Verwirrung in den Plänen großer Verschwörer machen den Reiz aus. Immer noch ist das eines der seltsamsten Magiesysteme der Filmgeschichte, dunkel, gruselig und überraschend.
Das mag jetzt etwas plötzlich kommen aber ich finde, dass Day Watch ein kleines Meisterwerk ist. Es packt seine Themen dieses Mal noch verkopfter und noch düsterer an, hat ein paar interessante Gedanken zum Schicksal und gute Bilder dazu. Die Effekte sind ein echter Reißer und die Bilder von Zerstörung, Chaos und Gewalt wirken nach. Wirklich viel erklärt wird dann wiederum nicht, obwohl sich das hier jetzt langsam wie Absicht anfühlt. Der Film behandelt seine Zuschauer als Erwachsene, die schon klarkommen werden im Ideengewitter, es soll ja Menschen geben, die Gewitter mögen. Dann ist man im Land der Melancholie und des abgefuckten Humors ganz richtig. Dazu kommen eine paar Queer gecodete Szenen inklusive etwas Gender Bending Fun, da ist man dann schon überrascht bei einem russischen Mainstream Film. Das waren noch Zeiten des Aufbruchs in Russland.
Ich habe weiterhin ein kleines Problem mit Konstantin Khabensky, als Anton, der mir einfach immer noch zu passiv ist. Ja, er bekommt jetzt mehr zu tun, aber er macht das immer noch so unendlich langsam. Man ist gefühlt den halben Film damit beschäftigt, ihn zum Jagen zu tragen und oft ist er dabei ein unausstehlicher Sack. Der Rest ist dann aber gut drauf, Viktor Verzhbitsky als der böse Zavulon hat eine Menge Spaß bei der Sache. Hier darf einmal wirklich intrigiert werden und so ernst das rüberkommt, ist es immer auch ein großes Spiel zwischen den Mächten. So viel gemeine und sadistische Verspieltheit sieht man in Filmen selten. Man kann sich fragen, ob die „Bösen“ überhaupt gewinnen wollen oder ob nicht alle ganz glücklich damit sind, ein bisschen herum zu tänzeln. Ich finde, dass Galina Tyunina, als Olga einmal mehr allen die Show stiehlt, da ist mehr Chemie mit dem komischen Anton als sein nominelles Love Interest Svetlana, so oder so ist aber alles mit ihr eine große Freude.
Ich hatte die beiden Filme lange nicht gesehen und sie sind wirklich immer noch ein Spaß. Es ist schade, dass kein dritter Film zustande gekommen ist, aber glücklicherweise ist der zweite auch ein guter Abschluss der beiden Filme. Dass viel in diese zwei Filme gestopft werden musste, merkt man aber leider auch. Wenn man die Filme sieht, kann man spüren, dass wir hier für eine kurze Zeit Zugriff auf einen russischen Kulturschatz hatten, der auch die westliche Kultur kräftig hätte bereichern können, wenn es nicht eine so kurze Phase der Geschichte gewesen wäre. Nun müssen wir fast darauf hoffen, dass jemand dort die Kreide des Schicksals findet, um auch an die Wand des ehemaligen Kinderzimmers eines gewissen Wladimir Wladimirowitsch „нет“ zu schreiben…
Die Wächter Reihe ist ein hervorragender Zweiteiler….
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Night Watch ist der erste Teil einer Roman-Umsetzung, die sich grob orientiert an der „The Night Watch" -Reihe von Sergei Lukyanenko. Teil dieser russischen Urban Fantasy sind Vampire, allerdings ist der prominentere Konflikt ein ewiger Kampf der Mächte des Lichts und der Dunkelheit, die gezwungen sind, eine Art Waffenstillstand zu halten, um nicht die Welt zu zerstören. Das Worldbuilding vereint Elemente westlicher Fantasy, fügt aber auch eine Menge an russischer Folklore hinzu. Das ist dann überraschend schön anzusehen, orientiert sich ästhetisch an amerikanischen Produktionen, bewahrt aber immer einen eigenen Stil.
Hauptdarsteller Konstantin Khabensky als Anton ist dabei der typische „Fish out of the Water“ Held, der in eine Welt gezogen wird, die wir mit ihm kennenlernen und erleben. Das hat Vor- und Nachteile, weil Anton ein schwieriger Typ ist, der einem mit seiner Lahmarschigkeit mächtig auf den Kranz gehen kann. Gleichzeitig ist da auch ein russischer Charme, der so viel Einzigartigkeit mitbringt und sich von anderen Vorbildern absetzt, dass man ihn mögen muss. Er bleibt aber oft ein sehr reaktiver Held, der von Sache zu Sache stolpert und mehr durch seine Anwesenheit die Dinge ins Rollen bringt. Das, was dann aber ins Rollen kommt, fühlt sich innovativ, neu und aufregend an. Die Liebesgeschichte wirkt ungelenk und seltsam, ist eingegraben in Schuldkomplex und Weltschmerz, was eine merkwürdig anziehende Mischung bildet.
Ich mag das Worldbuilding sehr, es ist erfrischend etwas anderes zu sehen, etwas, das sich nicht schon hundertmal gesehen anfühlt. Das hat einen schrulligen Ton, es wird viel getrunken, merkwürdig an Mitmenschen vorbeigeredet und traurig geguckt. Das Klischee der russischen Melancholie durchzieht auch diesen Film als dauerhafter Unterton, während eine gewisse Albernheit die Lage darüber bildet. Das muss man in der Kombination nicht mögen, aber ich fand das so schön. Der Konflikt ist clever aufgebaut, er überrascht und hat ein gutes Pacing. Das ist ein interessanter Film, der dann auch mit einigen Effekten punkten kann, die gut gealtert sind und für einen frühen Zweitausender Film gut aussehen. Überhaupt dominieren schöne Kulissen, seltsame russische Wohnungen und viel Moskauer Kolorit. Die Action ist punktuell gesetzt, dann aber effektiv und auch hier ungewöhnlich.
Die Geschichte selbst ist dann aber etwas viel, was man sich hier auf das Brot schmiert, die ganze Story passt nicht in einen Film, vor allem weil so viel aufgebaut werden muss. Das ist dann aber auch eine Stärke des Ganzen, weil es den Zuschauer fordert und einiges der Fantasie überlassen bleibt. Vieles fühlt sich verrückt an, mysteriös und überwältigend und ist gerade deshalb cool. Es ist wie ein Indie-Film auf Speed, vereinigt Computerspiel Flair und ernste Literaturverfilmung in eins und macht dabei Spaß. Ich mag das Ding, es ist immer wieder ein Spaß das zu sehen. Das ist Fantasy, wie man sie ansonsten nicht bekommt.
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Solaris von Steven Soderbergh hat sich viel vorgenommen, die Umsetzung eines der besten Science-Fiction Romane und als Neuverfilmung eines der besten Filme aller Zeiten. Das ist dann aber nur solide geworden, etwas zu slick, kühl und glatt, mit einem Charaktergesicht im Mittelpunkt. Viel Neues hat der Film nicht zu bieten, aber man merkt schon, dass man versucht, die komplexe Geschichte einem westlichen Publikum nahezubringen. Die Ausstattung ist gut, das sieht wunderbar aus, Solaris als Planet ist beeindruckend und das Raumschiff hübsch modern. Nur zur Zukunft an sich ist nicht viel zu holen, es scheint viel zu regnen und Funktionsbekleidung hat sich durchgesetzt.
Wenn man George Clooney bestellt, bekommt man ihn auch, sein traurig verwirrter Blick, seine leichte Orientierungslosigkeit sind inbegriffen. Das Thema des Films allerdings verwehrt ihm diesen Smirk, der sein Markenzeichen ist und ich halte ihn hier für eine Fehlbesetzung. Bei Natascha McElhone passt es auf dem Papier besser, alleine diese großen Augen, in denen man sich völlig verlieren kann, geben der Rolle eine wunderbare Traurigkeit. Sie spielt das gut, aber ehrlich gesagt hat sie in der Inszenierung ein bisschen wenig zu tun. Ja, sie soll nur eine Projektion sein, aber sehr differenziert wirkt weder ihre Depression noch die Erkenntnis ihres Selbst.
Da sind wir dann schon am Problem. Soderbergh hat im Gegensatz zu Tarkowski einen sehr religiösen Ansatz gewählt. Das wirkt hier gar nicht nach Science-Fiction, die Konfrontation mit der Alienwelt fehlt. Das ist ein Film über Trauer, Verlust und über Erinnerungsbias. Sicher ist das auch im Roman angelegt, aber was genau hat der Film dazu zu sagen? Wir erleben primär Schuldgefühle und den Drang, sie wieder gut machen zu wollen. Rheya ist die Projektion an dem sich das abarbeiten soll und es wird zur Sucht das zu tun. Mit aller Macht soll hier jemand gerettet werden, der gar nicht existiert. Ein seltsam unreflektiertes Verhalten für einen Psychologen und dagegen ist der Grad, in dem hier ein Sehnsuchtsort dargestellt wird, schrecklich limitiert.
Bei Tarkowski steht die Frau auch für eine ganze Welt, eine Umwelt, einen Garten, ein Haus, einen ganzen Planeten, dort existiert ein Konflikt, mit den Eltern und Drang zurückzukehren, an einen Ort der Sehnsucht und Geborgenheit. Es vereint Großes und Kleines als Gesamtheit des menschlichen Erfahrungshorizonts. Es geht um den Menschen und seine Beschränktheit auf die Welt, in die wir alle geboren wurden und auf die sich unser Gehirn angepasst hat. Bei Soderbergh wirkt es eher wie eine Co-Depression, der Drang zu etwas Ungesundem zurückzukehren, psychotherapeutische Übertragung mit Krankenschwestern-Syndrom. Die Zukunft ist hier nur eine ganz trübe Vergangenheit.
Mich haben die Charaktere von Viola Davis und Jeremy Davies mehr interessiert. Was treibt diese beiden an, wie muss ich mir Viola Davis „Begleiter“ vorstellen und was will Davies in dieser Welt anfangen, was spürt er überhaupt von dieser Welt? Die beiden sind faszinierend, ihre Analysefähigkeit ist der des Psychologen weit überlegen. Dagegen erzählt sich der Film einfach und simpel an Rheyas Charakter aus, sie sagt uns einfach was passiert, erklärt ihrer Umgebung die Lösungen und wir sitzen daneben und sind gar nicht gefragt. Der Film traut dem Zuseher kein eigenes Sehen zu, er erklärt alles einfach und langweilig.
Was soll denn der Gott in dieser Welt, der Film hat überhaupt nichts zu erzählen über sein Konzept. Eine Frau zu lieben, die nur aus den eigenen Erinnerungen besteht, ist falsch, eine Lüge, die nicht besser wird, weil man sie nun aus einer Depression retten will. Ich kann den Drang nachvollziehen, die Vergangenheit zu ändern, um eine Zukunft, die aus Phantasie und Hoffnung gebaut ist, zu erreichen. Es sind Momente, in denen wir uns ausmalen, dass alles viel besser wäre, wenn wir nur an diesem Punkt oder jenem dies oder das anders gemacht hätten. Was aber ist der große Traum in diesem Film: es scheint ein zwei Zimmer Apartment in New York zu sein und eine Frau zu haben, der er ein Kind machen kann? Bemerkenswert, vereinfacht und fast beschränkt für eine Science Fiction Welt…
Ich verstehe seine Figur nicht, diese Liebe wirkt so einseitig, so leer. Man fragt sich, warum gerade dieser Mann zur Station kommen sollte, wo er doch nichts beizutragen hat. Seine Trauer und Sehnsucht werden behauptet, aber richtig spüren konnte ich sie nicht. Seltsam, was für eine dünne Auswahl man aus den großen Themen gezogen hat. Das ist alles so banal und klein.
Ich mochte den Film überhaupt nicht.
Underworld: Blood Wars ist der fünfte Teil der Reihe und man spürt es. Die Luft ist raus. Der Film ist erneut zu blau, zu dunkel, zu kalt. Die Action ist solide inszeniert, aber wirkt klein, gedrungen und erneut wird vor allem viel vorbeigeschossen. Es ist ein ernüchternder Rückschritt zu den Ansätzen des Vorgängers, in dem man sich immerhin bei Licht und Dynamik etwas Mühe gegeben hatte.
Als neuer Co-Hauptdarsteller darf Theo James in seiner Rolle als David mehr Raum einnehmen, aber leider bleibt er komplett von Charisma befreit. Man sagt uns, wie wichtig er ist, man zeigt es aber nie. Wieder einmal sind es die Nebendarsteller, allen voran Charles Dance, Lara Pulver und Tobias Menzies, die in ihren Szenen mühelos mehr Leben bringen, als die Hauptfiguren im ganzen Film. Das ist nett aber auch zu wenig für das Filmerlebnis insgesamt. Die Story ist wie immer bemüht. Ein neuer Elternkonflikt hier, eine weitere Enthüllung über eine Blutlinie da, und natürlich darf Selene mal wieder traurig gucken. Ihre Erschöpfung vom ewigen Kämpfen bleibt allerdings bloße Behauptung. Ein Paradebeispiel für „Tell, don’t show“. Sie bekommt gar nicht die Zeit, um zu zeigen, was sie so sehr belastet. Stattdessen hetzt sie wieder durch Kämpfe, ohne Ziel, ohne Wandel.
Und damit bin ich durch mit der Reihe. So richtig glücklich war ich nie damit, aber auch nie völlig genervt davon. Es ist seltsam: Diese Filme weigern sich, wirklich schlecht zu sein. Aber sie schaffen es auch nie, über die „Ist mir egal“ Grenze hinauszukommen. Sie schweben irgendwo im Niemandsland zwischen ambitionierten Trash und bleischwerem Kitsch. Die ewigen Romeo-und-Julia-Referenzen, die endlosen Daddy-Issues, die Besessenheit mit Blutlinien, all das wirkt konstruiert und künstlich, nie kann man das als Zuschauer wirklich fühlen. Bei aller Detailverliebtheit in die eigene Lore, über den ewigen, über Jahrhunderte andauernden Kampf zwischen Vampiren und Werwölfen fehlte der emotionale Kern. Die große, tragische Liebesgeschichte zwischen Selene und Michael zündete nie. Ironischerweise kam nur Teil drei, der das Paar austauschte, einer echten Tragik nahe.
Dramatik war ansonsten oft gleichbedeutend mit Erschöpfung. Und der angebliche Gothic-Charme blieb reine Oberfläche: Lack, Leder und blaues Licht machten eben noch keinen Stil oder erzeugen ein Gefühl. Sexy war das Ganze auch nie, eher frostig und ästhetisch steril. So künstlich, dass man sich fragte, ob in diesen Figuren überhaupt noch Blut fließt ...
Kate Beckinsale musste die Reihe tragen, bekam aber weder Raum noch Dialoge, um wirklich zu glänzen. Ihre Selene blieb distanziert und leer. Man weiß nach 5 Filmen immer noch nichts über sie. Wer ist sie, wenn sie nicht gerade Werwölfe erschießt? Hat sie Hobbys? Irgendwelche Werte? Nichts davon hatte je Relevanz. Und selbst wenn sie plötzlich eine Tochter bekommt, fehlt jeder emotionale Einschlag. Es wirkt, als würde man mit einer Actionfigur spielen, nicht mit einem Charakter.
Auch blieb immer unklar, warum man überhaupt für dieses Vampir-Imperium sein sollte. Die Werwölfe wirken häufig menschlicher, die Vampire herrisch, arrogant und wenig sympathisch. Vielleicht hätte die Reihe das irgendwann mal kritisch hinterfragen sollen. Der Versuch war wohl Softie David: But come on...
Ob es je noch einen sechsten Teil geben wird? Wer weiß. Ich bräuchte ihn nicht. Wenn doch, wäre es vielleicht klüger, alles zurückzuschrauben, weg von gottgleichen Unsterblichen im Sonnenlicht, hin zu einem kleineren, menschlicheren Szenario, mit Wesen um die es sich zu kämpfen lohnt. Denn irgendwann reicht’s einfach. Ich bin raus.
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Underworld: Awakening ist der vierte Teil der Reihe und wer die Kritiken kennt, rechnet mit dem Schlimmsten. Meine Begeisterung für die Underworld-Filme hält sich ohnehin in Grenzen, also war die Fallhöhe überschaubar. Überraschend: Diesmal wird gar nicht erst versucht, einen dramatischen Plot überzeugend zu erzählen. Stattdessen gibt’s Action und das funktioniert weitgehend.
Die Action ist tatsächlich das Highlight des Films. Sie ist ausnahmsweise hell ausgeleuchtet, sichtbar und überraschend uncuracao-blau, fast schon ästhetisch anmutend. Irgendwer hat sich hier getraut, gelborange Farbtöne ins Bild zu schmuggeln. Ob Michael Bay heimlich am Set war? Die Kämpfe haben Tempo, das CGI ist häufiger sichtbar eingesetzt als früher, aber immerhin solide. Alles wirkt wuchtiger, dynamischer, was ich zu schätzen weiß. Die Story dagegen ist nun endgültig nur noch Banane, ein Albtraum nach zu vielen Bloody Marys um drei Uhr morgens. Viel Hin und Her, wenig Substanz.
Bei der Charakterentwicklung ist auch völlige Fehlanzeige, dafür bleibt uns Michael erspart, samt seiner schmalzigen Beziehung zu Selene. Ich weiß, manche mögen dieses Pärchen. Für mich sind Beckinsale und Speedman eines der gruseligeren Filmduos der jüngeren Kinogeschichte. Jetzt, befreit von romantischem Ballast, metzelt Beckinsale erstaunlich brutal durch den Film. Sie tötet mehr Menschen mit deutlich weniger Skrupeln und wird dabei noch mehr zur Superheldin als in Teil eins und zwei. Man muss es nicht mögen, da es auch der ursprünglichen Idee der Reihe widerspricht, aber hey: unterhaltsam war’s.
Die zwei melancholischen Softys, Vampir David und Cop Sebastian, dürfen ihr dafür ihre traurigen Backstories aufsagen, obwohl niemand danach gefragt hat. Ich hatte schon große Befürchtungen, aber glücklicherweise starten sie wenigstens keine neue Beziehung mit Selene. Dafür sind Eve (India Eisley) und ihre Mommy Issues schnell abgehakt. Nur umbringen kann sie ihre Mutter natürlich nicht, damit entfällt aber auch die einzige Lösung des Konflikts, die die Reihe kennt. Womit das einfach im Sande verläuft. Neue Ansätze gibt es nicht.
Dafür haben natürlich David und Super Werwolf Quint einmal mehr Daddy Issues. Vampir David streitet daher bockig mit seinem Vater ergebnislos herum und den Rest übernehmen die bösen Werwölfe, wo sich der böse Wissenschaftler an der genetischen Veränderung seines Sohnes versucht, damit der die Species zu neuer Größe führen kann. Man könnte fast Mitleid mit dem Vater haben, denn wir wissen ja, wie die Vater Konflikte in der Reihe enden, blutig natürlich. Selene metzelt derweil so lang hin, spannend ist das nicht und sobald längere Dialoge auftauchen, hilft nur tiefes Durchatmen. Zum Glück fliegt aber bald wieder etwas in die Luft, ob David oder Sebastian nun fast, ganz oder gar nicht sterben, ist im Endeffekt egal. Dafür ist der Endkampf immerhin aufregend inszeniert.
Underworld: Awakening ist ein gedankenloser Film. Die Welt ist unlogisch und die Entdeckung von Werwölfen und Vampiren in der Gesellschaft wird komplett ignoriert. Aber hey: das hier ist purer Camp. Und wer 90 Minuten damit leben kann – go for it. Ich fand es überraschend spaßig. Tiefgang ist aber endgültig aus…
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Underworld: Rise of the Lycans wechselt das Genre: Statt düsteren Action Horror gibt es hier eine reine Fantasy-Vorgeschichte zum Kampf zwischen Werwölfen und Vampiren. Das bricht damit erstaunlich stark mit den beiden Teilen zuvor. In einem nicht näher benannten Land existieren Vampire und ihre Werwolf Sklaven. Einer davon ist Lucian, gespielt von Michael Sheen als unsere Hauptfigur. Er beginnt eine Art „Romeo und Julia“ Beziehung mit Sonja, der Tochter von Vampirfürst Viktor, der wieder großartig gespielt wird von Bill Nighy. Diese Beziehung stößt auf wenig Verständnis, Fraternisierung kommt bei Vampiren offensichtlich nicht gut an.
Im Film gibt es dann viel Drama, rund um diese zum Untergang bestimmte Liebe, bis regelmäßig weitere Action das Ganze auflockert. Die Geschichte hat aber viel mehr emotionale Tiefe als die ersten beiden Filme. Der Schmerz sitzt tiefer, das Leid der Sklaven ist spürbarer, wir kennen als Zuschauer schon das Ende, weil es in Rückblenden während des ersten Films erzählt wurde, das erzeugt eine tiefe Traurigkeit. Das bringt genau das Shakespeare-Gefühl, das der erste Film nur andeuten konnte. Hier gelingt es besser, weil hier wirklich Sklaven um ihre Freiheit kämpfen und weil das so ausweglos erscheint. Bemerkenswert ist, wie der Fantasy Film in nur 90 Minuten eine Art Spartakus Geschichte als Drama verdichtet. Zwar wirkt nicht alles rund, vieles bleibt oberflächlich und der Ton ist gelegentlich kitschig, aber es ist eine sehenswerte Abwechslung.
Vieles davon lebt von Sheens intensiver Darstellung. Zwischen ihm und Mitra gibt es echte Chemie, auch wenn sie wenig gemeinsame Screentime haben. Auch wenn Rhona Mitra als Sonja offensichtlich als Kate-Beckinsale Lookalike gecastet wurde, macht sie ihre Sache solide. Bill Nighy spielt dagegen Viktor als stolzen, grausamen, aber innerlich zerrissenen Herrscher. In seinen Blicken liegt Bedauern, wenn er behauptet, „aus politischen Gründen“ handeln zu müssen. Leider ist der ganze Vater-Tochter Konflikt aber exakt derselbe wie in beiden Teilen zuvor. Wieder Daddy Issues und wieder ein blutiges Ende ohne Ambivalenz oder etwas Nachdenkenswertes. Da hätte man sich ruhig etwas mehr überlegen können. Wenigstens erfahren wir etwas über den Vampirrat und den Umgang der Vampire mit Menschen und Werwölfen. Das hat nun deutlich mehr Sklavenhalter Anmutung und entfaltet deshalb Wirkung und Gewicht. Der Konflikt, der zwischen den Gruppen noch Jahrhunderte später tobt, ist nun besser nachvollziehbar.
Die Cinematography bleibt im typischen Blau, aber das verfallene Schloss und einige Kampfszenen sehen trotzdem gut aus. Die Kämpfe sind zwar teils zu hektisch geschnitten, wirken aber kraftvoll. Die Werwölfe sind wirklich brutal, Damn It! Das Schwertgefuchtel passt auch besser zur Epoche, und deshalb kann wenigstens nicht mehr ziellos herum geschossen werden. Leider sieht man aber in manchen Szenen im blaudunklen Matsch zu wenig. Trotzdem: das Mittelalter-Setting ist solide umgesetzt und passte für mich gut zur Story, besser als die nach Matrix anmutende Zukunft der anderen Teile.
Insgesamt fand ich den Film sympathisch. Die Geschichte ist stabil, die Darsteller gut, die Action brauchbar und das Horror-Element stimmig. Rise of the Lycans ist ein überraschend gut gealterter, solide gemachter Film. Wie alle Teile der Reihe wirkt er etwas konstruiert, gestelzt und zu simplifiziert in seinen Konflikten, doch das Ensemble gibt sein Bestes, das zu überspielen. Als Fan kann man das definitiv mögen. Meisterwerke der Filmkunst erwachsen aus der Underworld Reihe, aber sicher nicht mehr.
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Underworld: Evolution skaliert die Geschichte wieder herunter, der Plot konzentriert sich fast vollständig auf direkte Duelle mit Markus, dem letzten Altvampir, der den Auftakt der Reihe überlebt hatte. Dazu fliehen Selene und Michael etwas ziellos durchs Land, woraus sich dann eher zufällig eine größere Aufgabe entwickelt. Der Film macht das ganz effektiv, die Actionszenen sind besser inszeniert und durchaus aufregend. Die Entwicklung hin zu einem straffen, action orientierten Konzept hat seine Stärken. Mit einer kürzeren Laufzeit und weniger erzählerischem Ballast funktioniert Evolution eher wie ein konventioneller Actionfilm mit Horror-Elementen als ein ausuferndes Dark-Fantasy-Epos.
Schauspielerisch bringt Tony Curran als Markus etwas Energie in die Sache, Wut und Enttäuschung kann er und er strahlt glaubwürdig Bedrohlichkeit aus. Ich mochte auch Steven Mackintosh als Tanis, der in einer kleinen Nebengeschichte ein wenig Spaß in den ansonsten steifen Film bringt. Neben den beiden fehlen aber erinnerungswürdige Figuren, der Film trägt sich nicht allein durch seine beiden Hauptfiguren. Die Beziehung von Selene und Michael wird dabei mehr schlecht als recht ausgebaut, wir bekommen eine Liebesszene die vermutlich heiß sein soll und einen mini Subplot, indem Micheal kleine Anpassungsschwierigkeiten an das neue Leben als Blutabhängiger zeigt. Damit sind aber beide Punkte auch abgehandelt und wir kehren zur Mischung aus Action und Vampir vs. Werwolf Geschichte zurück. So richtig traut sich die Reihe nicht an existentielle Fragen heran. Die Daddy Issues hat dieses Mal Markus selbst und löst sie wie üblich in der Reihe…
Die Cinematografy hat sich leider auch nicht verbessert, im Gegenteil ist das, blau-weiß fast zu grau-weiß geworden, somit sieht das alles noch steriler und künstlicher aus. Dafür hat der Regen aufgehört und nun schneit es, Underworld verrinnt im Zeichen der Jahreszeiten. Die Welt wirkt immer noch künstlich und überproduziert, was das Gefühl der Entfremdung noch verstärkt. Wirklich schön fand ich es also wieder nicht.
So ist das alles weiterhin ganz unterhaltsam, aber nie wirklich beeindruckend. Ich kann damit leben, weil mir einige der Konfrontationen ganz gut gefallen haben und der Film sie nett anordnet. Insgesamt gesehen bleibt aber noch weniger hängen, weil einfach noch weniger da ist als beim Auftakt. Es ist ein Film, der sich nicht ganz entscheiden kann, ob er ein simples Cash Grab vom ersten oder der Auftakt einer konzipierten großen Reihe sein will. Es ist ein bisschen von beiden geworden, was unbefriedigend wirkt.
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Underworld ist der erste Teil einer Filmreihe in Blau-Weiß, die sich um den ewigen Konflikt zwischen Vampiren und Werwölfen dreht, der in einem Urban Fantasy Setting gesetzt wird. Hauptfigur der Reihe ist Selene dargestellt von Kate Beckinsale, die als Jägerin der Vampire arbeitet und Werwölfe tötet, indem sie lange und ausdauernd an ihnen vorbei schießt, um sie letztlich doch mit Hieb- oder Stichwaffen zu töten. Überhaupt besticht die Reihe durch den exzessiven, aber recht wirkungslosen Einsatz von Schusswaffen. Dazu kommen Fetischklamotten, eine sehr kalte Form von Sexyness und erstaunlich viel Lore, die uns die Charaktere im ersten Teil meist erzählen, während sie ganz unmetaphorisch im Regen stehen.
Der Film etabliert auch noch ein weiteres Thema, das die gesamte Reihe prägen wird: Der Konflikt mit dem Vater. Die Väter hier haben eine Agenda, ein dynastisches Vermächtnis, das die Kinder gefälligst fortzusetzen haben. Es geht um Machterhalt, das Besiegen der anderen oder wenigstens um eine Aufrechterhaltung des Status Quo. Diese Daddy Issues bilden große Teile aller persönlichen Konflikte der Reihe und sind seltsam ermüdend, weil sie nie gelöst werden, Daddy stirbt einfach immer irgendwann.
Oft wird Underworld als typischer „Style over Substance“-Film bezeichnet. Doch erstaunlich: Es wird tatsächlich sehr viel Geschichte erzählt. Komplexes Worldbuilding, Rückblenden in Träumen und Erinnerungen, pseudowissenschaftliche Erklärungen, die den Mythos in die Gegenwart holen wollen und ein Plotgeflecht aus Verrat, Betrug und Liebe, das sich eindeutig bei Romeo und Julia entlehnt. Sogar Klassenkampf ist eingewoben, bei dem die unterdrückten Werwölfe gegen ihre vampirischen Herren aufbegehren. Noch erstaunlicher ist allerdings, dass all das kaum Wirkung entfaltet. Die Geschichte kommt ohne Menschen aus und, streng genommen, auch ohne Vampire. Ja, sie heißen so. Aber: Es wird nie Tag, es gibt keinen Sonnenaufgang, keine Pfähle, keine Kreuze, nichts, was Vampire als solche kenntlich macht. Diese "Vampire" sind im Grunde Superhelden in Gothic-Outfits. Sie haben weder Weltschmerz noch Ambivalenz, nicht mal Blutlust, denn auch ihr Blut kommt aus dem Kühlschrank. Genauer betrachtet, könnte der Film auch Van Helsings Family vs. The Lycans heißen. Das nimmt dem Film viel vom gesamten Charme und macht alle größeren Themen dabei klein.
Auch Beckinsale und Scott Speedman, der ihren Love Interest Michael Corvin spielt, wirken in ihrer angeblichen Romeo-und-Julia-Beziehung eher wie Kylo Ren und Rey. Ihre Interaktionen strahlen vor allem Traurigkeit aus und keine Faszination oder Romantik. Und dann ist da noch Shane Brolly als intriganter Vampir Kraven. Nichts bereitet einen auf diese Performance vor. Das ist schlechtes Theater mit großem Erinnerungspotenzial. Jeder Satz von ihm ist ein Stich ins Herz des Cringe. Die alten Hasen Bill Nighy und Michael Sheen geben ihr Bestes und retten immerhin ihre Szenen. Trotzdem bleibt vom Film nicht viel hängen, wenn gerade nicht gekämpft oder geschossen wird. Leise Töne kann Underworld nicht.
Ich persönlich mag den Blaustich und die künstlich wirkende Cinematography nicht besonders, aber dafür gibt es sicher Fans. Die Action ist okay, allerdings oft zu hektisch und überhastet geschnitten. Kaum eine Szene bekommt genug Zeit, um wirklich Spannung aufzubauen. Man merkt aber, dass man sich Mühe gegeben hat, besonders bei den Effekten, die für einen Film der frühen 2000er wirklich gut sind. Nur dringt das alles nicht durch. "Nett gemacht" ist das Erste, was mir zu Underworld einfällt. Der Film will viel: eine große Geschichte mit Herz und Gewalt erzählen, die Vampire sind dabei sexy, die Werwölfe eklig, aber am Ende holt mich das trotzdem alles nicht ab. Man schaut mit großer Distanz zu, denn keine der Figuren wirkt lebendig. Underworld ist eine Konstruktion, keine gewachsene Vision. Nette Kost für zwischendurch aber nie mehr als das. Und es wirkt auch nicht, als wolle es mehr sein, auch wenn die Reihe noch einige Filme vor sich hat. Der Style hat am Ende erstaunlich viele Menschen genug fasziniert, um weiterzugucken…
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Steven Spielbergs War of the Worlds ist ein bemerkenswert düsteres und kraftvolles Science-Fiction-Spektakel, das in vielerlei Hinsicht an die klassischen Katastrophenfilme der 50er- und 60er-Jahre erinnert und doch fest im postmodernen heute verankert ist. Basierend auf dem gleichnamigen Roman von H.G. Wells verwebt Spielberg eine Geschichte über familiären Zusammenhalt, existenzielle Angst und das Erschrecken über die eigene Ohnmacht gegenüber einer überlegenen, fremdartigen Macht. Kurzum er inszeniert unseren Albtraum des Kontrollverlustes.
Optisch ist der Film ein echtes Highlight. Die Spezialeffekte sind auch Jahre nach dem Erscheinen noch beeindruckend: Die monumentalen Tripods, die in ihrem Design eine ästhetische Nähe zur Science-Fiction-Vision der 60er Jahre aufweisen, wirken inmitten der heutigen Welt umso bedrohlicher. Gerade diese Mischung aus Retro-Design und moderner Technik verstärkt das Gefühl, dass hier etwas völlig Fremdes auf eine Welt trifft, die sich ihrer eigenen Stabilität allzu sicher war. Von der ersten Attacke an fühlt man sich als Zuschauer mitten im Chaos. Städte versinken in Staub, Menschen fliehen in Panik, und zwischen all dem entwickelt sich ein Familiendrama als das eigentliche Herzstück des Films.
Tom Cruise spielt Ray, einen nicht gerade sympathischen, emotional unreifen Vater, der seine beiden Kinder eher unfreiwillig schützen muss. Es ist eine interessante Rollenwahl, weil Cruise hier bewusst gegen sein charismatisches Image besetzt ist. Doch gerade diese Schwächen machen seine Figur glaubwürdig: Man sieht einen Mann, der sich erst in der Krise bewähren muss. Dakota Fanning überzeugt mit einer eindrucksvollen Darstellung der kindlichen Angst und Sensibilität, und auch Justin Chatwin als Sohn bietet eine solide, wenn auch stellenweise überzeichnete Performance. Seine Figur wirkt, speziell in der Trennungsszene, während der Schlacht auf dem Hügel gnadenlos überzogen, was dem Drama hin und wieder die Balance nimmt.
Die Vorstellung, dass eine Macht seit langer Zeit unter uns schlummert, ist gruselig wie die Konfrontation mit dem hoffnungslos überlegenen Gegner. Das wirkt für eine ansonsten immer überlegene Nation wie die USA intensiv. Die Bedrohung geht dabei nicht nur von den Aliens aus, auch die Mitmenschen zeigen im Angesicht der Katastrophe ihr hässliches Gesicht. Der Film thematisiert Flucht, Angst, Entmenschlichung und die Gefahr, sich selbst zu verlieren, Themen, die universal bedrückend wirken.
Was dem Film jedoch etwas die Wucht nimmt, ist sein abruptes Ende. Der Spannungsbogen fällt gegen Ende etwas zu schnell in sich zusammen, und obwohl das Finale der Vorlage treu bleibt, wirkt es filmisch nicht ganz befriedigend. Zudem lässt sich anmerken, dass bei all der Wucht und Atmosphäre manche Themen zu kurz kommen, ich hätte mir hier und da etwas mehr Tiefgang gewünscht, besonders angesichts der Größe der Bedrohung. Das ist trotzdem ein beeindruckender Film, der vor allem durch seine Atmosphäre, seine Effekte und den Horror des plötzlichen Angriffs überzeugt. Ich mag ihn immer wieder gern sehen…
Wenn das Licht durch die Baumkronen dringt, wirft es diese sich überlappenden Schatten auf den Boden. Jeder Luftzug lässt sie zittern, miteinander verschmelzen und sich wieder auflösen. Sie scheinen zu pulsieren, fast zu leben, sind hypnotisch und sie beschäftigen das Gehirn. Es ist eine spannende Sache, in der Natur zu sitzen und die Stille auszuhalten. Die Natur ist lebendig und nicht böse, niemand würde einen Hirsch dafür tadeln, sich zur Wehr zu setzen, auch wenn es formal den falschen trifft. Ist der Mensch aber nicht auch ein Teil der Natur, was ist dann aber böse und was nur natürlich?
Hamaguchi inszeniert nach der Musik von Eiko Ishibashi einen Film, in dem uns die Natur zu beobachten scheint. Wobei mit uns natürlich diese leicht verschroben wirkenden Bewohner des abgelegenen japanischen Dorfes gemeint sind. Wir wechseln ständig in ihre Perspektive und wieder in die Sicht der Natur zurück, bewegen uns durch die Natur und laufen an ihr vorbei. Der Film spielt mit langen Einstellungen, meditative Takes lassen uns tief eintauchen in diese Welt. Die Wälder, Seen und Wiesen sind fantastisch eingefangen und der Film insgesamt atemberaubend schön. Man kann das Zusammenleben, den Respekt für das Äußere spüren, umso mehr trifft die Ankunft der Agentur, die ihre Tourismus Pläne durchdrücken will. Die Diskussion dazu ist fruchtlos und gerade daher so intensiv. Man kann diese Welt, in der irgendwann niemand mehr für etwas verantwortlich ist, kaum ertragen. Umso schlimmer ist es, dass die beiden Vertreter doch nur Menschen sind.
Der Film ist schön und hat doch eine seltsam verstörende Atmosphäre. Vom ersten Bild an ist da etwas Bedrohliches, etwas seltsam Unausgesprochenes. Vielleicht ist es Wut oder einfach nur Vorahnung, jedenfalls desorientiert der Film ganz bewusst. Die Kamera schleift uns hinter den Autos her, sie versteckt sich, sie ist distanziert und gerne weit weg und sie scheint gefährlich, obwohl gar nichts passiert. Der Film ist eine unendlich langsame Meditation über die Natur, eine Meditation, die in Ishibashis Klängen schwelgt und die fast kitschig daherkommt. Der Bruch mit dem Kitsch erfolgt dann wirklich überraschend und sehr spät, hat aber genau daher so einen zerschmetternden Effekt.
Mir kam dieser Effekt aber ein bisschen zu spät, dem Film fehlte etwas dazwischen, eine Brücke in diesen Nebel hinein. Man spürt die ganze Zeit etwas brodeln, aber so richtig hergeleitet fühlt es sich trotzdem nicht an. Die Augen Takumi dringen tief in alles ein, hinter seiner Kraft und seiner Methodik ist etwas Urwüchsiges, in das ich gerne etwas mehr Einblick gehabt hätte. Der Film ist kurz für Hamaguchis Verhältnisse, aber immer noch lang für einen Film, da ist meine Erwartung höher. Trotzdem beeindruckt der Film fraglos, die Kamera ist wie immer brillant eingesetzt und das Ende ist etwas, das nachwirkt. Ich mag, wie in japanischen Filmen die Natur etwas ist, das eine Seele hat. Die nicht dunkel und nicht hell ist, die aber wirkmächtig scheint. Konsequent ist es daher, diese Idee weiterzutragen und ihr einen Gedanken hinzuzufügen, den Gedanken, wie der Mensch in diese Rechnung passt. Das ist ein hervorragender Film, der aber für mich nicht ganz an „Drive my Car“ herankommt. Etwas hier ist zu wenig ausgearbeitet, lebt zu viel von einem Gefühl, einer Idee, aber ohne dass sie ausreichend konkret wird. Der Film ist mir zu viel Tapete und zu wenig solide Wand.
Trotzdem ist es ein Erlebnis, in diesem tapezierten Raum zu stehen, das hat ganz eigene Stärke. Vieles davon ist schwer zu beschreiben, weil es da ist und doch kaum fassbar. Wir tauchen tief ein in menschliche Sehnsüchte und in den Traum eines einfachen Lebens. Der Film lebt hier von fast instinktiven Bildern und dahinter verschwimmt zeitweise jeder Zweck. Kunst tritt hier so klar zutage wie man das in Filmen selten sieht. Wenn man mit so etwas umgehen kann, ist man hier richtig…
Marebito ist ein japanischer Horrorfilm vom Spezialisten Takashi Shimizu. Der Film handelt vom Kameramann Takuyoshi gespielt von Shinya Tsukamoto, der sein Leben hinter der Kamera und hinter den Bildschirmen verbringt. Er sieht die Welt primär durch diese Linse und kommt mit der Welt nicht klar. Sein Ziel scheint es zu sein sich so viel Angst zu machen, dass es ihn in den Tod treibt. Er setzt schließlich seine Medikamente ab und begibt sich auf die Suche nach dem Schrecken. In den Versuchen stolpert er in eine merkwürdige Welt unter Tokyo und bringt von dort ein bluttrinkendes Mädchen zurück.
Es ist ein Film der Art: It may or it may not. Takuyoshi driftet ab, er ist ein unzuverlässiger Erzähler, er beschreibt Dinge, aber wir können nicht sicher sein, dass sie stimmen. Es könnte alles erfunden sein, er könnte ein Serienmörder und Entführer sein, er könnte Missbrauch in der Familie begehen oder schreckliche Verbrechen tun, weil er liebt. Wir wissen es nicht und es ist vermutlich auch nicht wichtig. Der Film lebt von seiner Atmosphäre und den eigenen Gedanken darum, wie wir das Gesehene interpretieren. Figuren sind still, reden wenig oder sogar nicht, die ganze Welt ist seltsam entrückt. Die Musik des Filmes ist hypnotisch, dissonant, merkwürdig und was wir dazu sehen ist oft die Sicht eines Kamerabildes. Wir alle wissen, dass die Kamera lügt, aber was ist mit den Bildern, die uns als real präsentiert werden? Auch diese Welt ist eng, sie ist klaustrophobisch eingesperrt, der ständige Wechsel zwischen den beiden Perspektiven ist verstörend. Der finale Wechsel war dann befreiend für alle.
Natürlich erleben wir Einsamkeit und eine Art von psychischer Erkrankung, sie könnte sich Psychosen aus Filmen und Geschichten borgen. Wir sehen ihn, wie er in den tiefsten Löchern des Internets schreckliche Dinge sucht, findet und konsumiert, Blut und Lovecraft Welt verschwimmen zu seiner Realität. Die Vorstellung oder Ausführung von Missbrauch und Mord sind Ursache oder Wirkung der ständigen Halluzinationen. Wir erleben ihn obdachlos werden und gleichzeitig in einer Wohnung leben, alles zerstören und wiederaufbauen, das Mädchen liebevoll füttern und es gnadenlos gefangen halten, wir werden Teil eines Wahnsinns. Das hat Wirkung auf den Zuschauer, es ist eine langsam hereinkriechende Desorientierung, ein einsetzender Zweifel an der Realität. Es ist der Horror der Unsicherheit, der Unbestimmtheit, der fehlenden Zuversicht, Herr über die eigenen Erfahrungen zu sein.
Ich war trotzdem nicht ganz überzeugt, so wirkungsvoll das ist, so sehr wirft es Ideen an die Wand. Vieles, wie das Abtauchen in die Realität hinter der Kamera oder den unzuverlässigen Erzähler haben wir schon besser ausformuliert gesehen. Filme wie dieser können sich auch gerne dahinter verstecken, können alles anfangen und nichts vollenden. Das Innere des eigenen Kopfes ist der beste Horror, aber es ist auch ein bisschen einfach, es an den Zuseher weiterdelegieren. Der Film ist aber eine Sichtung wert, das ist gute und interessante Filmkunst. Der Film ist langsam und verstörend und wenn man das mag, ist man ganz richtig. Antworten darf man aber nicht erwarten, der Film ist eine Leinwand, auf die man auch ein bisschen selbst malen muss. Die Japaner mal wieder… puh…
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