Was haben Freddy Kruger, Jason Voorhees, Optimus Prime und die Turtles gemeinsam? Sie alle finden sich in der zweifelhaften Selbsthilfegruppe der von Michael Bay geschändeten Ikonen der 80er-Jahre wieder. Bay hat das Jahrzehnt der verschwitzten Stirnbänder und ratternden Walkmans als sein persönliches Tokio entdeckt, wo er nach Herzenslust wüten und all unsere Nostalgie dem Erdboden gleichmachen kann. Der Erfolg scheint ihm recht zu geben. Der Frust der Generation Y, die ihre lieb gewonnenen Erinnerungen mit Füßen getreten sieht, weniger. Wer nun aber ein Bay-Bashing erwartet, wird enttäuscht.
Ein Genre ist nicht genug
Es war 2001, als Michael Bay mit zwei anderen Produzenten Platinum Dunes gründete. Ein Studio, das sich in der darauf folgende Dekade mit Remakes von Horrorklassikern einen Namen machte. Michael Bay's Texas Chainsaw Massacre, Freitag der 13., Amityville Horror - Eine wahre Geschichte und nicht zu vergessen A Nightmare on Elm Street wurden die erhofften Kinoerfolge, die stets ein vielfaches ihrer (ohnehin geringen) Kosten einspielten. Doch so erfolgreich sie waren, so katastrophal schnitten sie bei Kritikern und Publikum ab. Wen wundert's, bei fragwürdigen Regisseuren wie Marcus Nispel oder Jonathan Liebesman. Mit Teenage Mutant Ninja Turtles wagte sich das Unternehmen nun erstmals in neue Genregefilde und vor allem stemmte es zum ersten Mal ein Budget von jenseits der 125 Millionen Dollar. Das 20-fache von dem, was normalerweise in die Filme gesteckt wird. Sehr zur Sorge der Fans, wir erinnern uns an den ersten Aufschrei als Bay sein Turtles Vorhaben bekannt gab. An die Alienorigin-Debatte und nicht zu vergessen das erste Footage der neuen Schildkröten (siehe Newsübersicht).
Dabei geht es gar nicht um die Tatsache, dass Michael Bay nach Transformers nun erneut Hand an eine von mir angebetete Zeichentrickserie legte - die mich ein Jahrzehnt lang in allen Farben und Formen begleitete (Comics, Spielzeug, Serien) - und meine fröhlichen und knallbunten Kindheitserinnerungen in tristes, hyperrealistisches Brachialkino verwandelte. Wenn nicht Bay, wäre es irgendein anderer Filmemacher gewesen. Was schmerzt ist Bays Unfähigkeit, auch nur die geringste Sensibilität für solche Drittstoffe zu entwickeln. Jede Geschichte birgt unzählige unterschiedliche Erzählweisen in sich und wenn wir etwas aus dem nicht enden wollenden Remake/Reboot-Wahnsinn Hollywoods lernen können, dann jenes, dass mit einer guten Idee, den richtigen Leuten und etwas Glück Filme wie die The Dark Knight Trilogie, Die Fliege, Eiskalte Engel oder Das Ding aus einer anderen Welt entstehen können. Filme, die sich von dem Original abheben, sich zu distanzieren wissen und dennoch den Ursprungsgeist in sich tragen. Um so etwas zu ermöglichen braucht es Produzenten, die nicht nur das Business verstehen, sondern Menschenkenntnis besitzen, Teams zusammen stellen können, erkennen, welcher Stoff zu welchem Regisseur passt und umgekehrt. Die Zwangsheirat zwischen Blender Jonathan Liebesman und den Turtles gehört dabei aber nicht in diese Kategorie.
Produzent will gelernt sein
Die Leidenschaft anderer zu der eigenen machen, sollte ebenfalls zu den unerlässlichen Fähigkeiten eines Produzenten gehören. Eine Eigenschaft, die ich Michael Bay aufgrund seiner bisherigen Produzententätigkeiten gänzlich abspreche. Es geht hier nicht um seine Befähigung als Regisseur, diese steht außer Frage. Als handwerklich begnadeter Actionfachmann, Bildästhet und Szenenchoreograf bildet er mit wenigen anderen Regisseuren die Spitze von Hollywoods Blockbustergarde. Stattdessen besitzt der Sunnyboy aus LA eine beispiellose Gleichgültigkeit und Unflexibilität gegenüber Fandoms gepaart mit einem ausgeprägten Drang, sich als Produzent in kreative Entscheidungsprozesse einzumischen. Natürlich, ein von Michael Bay produzierter Film soll auch das gewisse Bay'sche Etwas in sich tragen. Schließlich wurde sein Name längst zur lukrativen Marke. Das freut die Investoren und lässt erahnen, warum Platinum Dunes nur stillose Holzpfosten als Regisseure verpflichtet.
Lange Rede kurzer Sinn. Michael, tu uns einen Gefallen und höre auf so zu tun, als hättest du Ahnung von dem, was du da produzierst. Dazu gehört mehr als nur Investor's Darling zu sein. Saul Zaentz Jerry Bruckheimer, Kevin Feige, das waren und sind Produzenten ihrer Zeit. Produzenten mit Visionen, die sich auch mit Themen befassen, die sie privat weniger interessieren, sich aber trotzdem damit tiefergehend auseinandersetzen können. Produzenten, die Weichen stellen, den Nährboden bilden, auf dem die Kreativität anderer wachsen kann. Oder bei falscher Handhabung alle Möglichkeiten und Chancen im Keim ersticken. Aus einem - wie ich behaupte - zeitlosem Comic wie den Turtles ließe sich ein moderner Film mit Charakter formen. Aber nicht von dir. Nicht von deinem Team. Nicht mit deiner Engstirnigkeit. Du bist Regisseur und ein fähiger noch dazu (was deine Platinum Dunes-Kollegen nicht von sich behaupten können...). Pain & Gain war seit Die Insel der erste Bay, der wieder ohne Bauchschmerzen vollends Spaß machte. Bleib dabei. Bitte. Und Finger weg von Critters - Sie sind da!, House - Das Horrorhaus, Saber Rider und die Star Sheriffs und He-Man - Tal der Macht!