Hollywood-Stars in einem Star Wars-Film? Das sollte eigentlich niemanden überraschen. Immerhin reden wir von einem der langlebigsten und erfolgreichsten Franchises überhaupt. Auf die Nachricht, dass Ryan Gosling möglicherweise einen neuen Teil der Saga anführt, war trotzdem niemand vorbereitet. Denn solche Hollywood-Stars tauchen selten in der weit entfernten Galaxis auf – und wenn, dann nur in Nebenrollen.
Ryan Gosling ist das, was man in der Traumfabrik als A-Lister bezeichnet, also die populärste Kategorie an Schauspieler. Sein Name ist bei der breiten Masse bekannt und sorgt für Aufsehen, sobald er auf dem Callsheet steht. Obwohl Gosling seine Box-Office-Power noch nicht allzu verlässlich beweisen konnte, posiert er regelmäßig auf den Covern internationaler Magazine. Gosling ist jemand, über den geredet wird.
Eine Erschütterung der Macht: A-Lister wie Ryan Gosling spielen in Star Wars-Filmen nie die Hauptrolle
Während er in einem Franchise wie dem Marvel Cinematic Universe jederzeit willkommen wäre (Gosling wurde in der Vergangenheit mit Doctor Strange und Ghost Rider in Verbindung gebracht), macht sich Star Wars kaum etwas aus dieser Sorte Star. A-Lister sucht man in den Archiven des Jedi-Tempels meist vergebens, angefangen bei Krieg der Sterne, der 1977 auf relativ unbekannte Gesichter in den Hauptrollen setzte.
Mark Hamill und Carrie Fisher feierten als Luke und Leia ihren Durchbruch. Harrison Ford brachte etwas mehr Erfahrung mit, wurde aber auch erst durch Han Solo und später Indiana Jones zum Weltstar. George Lucas' größter Casting-Coup war Alec Guinness, der seit den 1940er Jahren vor der Kamera stand. Mit Obi-Wan Kenobi spielte er jedoch nur eine Nebenrolle, die noch vor dem dritten Akt aus dem Film ausscheidet.
Star Wars brachte mit bahnbrechenden Spezialeffekten und ikonischen Kostümen das Star-Kino ins Wanken. Eine Filmwelt voller grenzenloser Möglichkeiten, die von Figuren wie Darth Vader, C-3PO und R2-D2 bevölkert wird? Das stellt die Notwendigkeit von Mega-Stars infrage, auch wenn mit zunehmender Popularität der Marke ebenfalls die damit verbundenen Talente namhafter wurden, etwa bei den Prequels.
Liam Neeson, der kurz vor seinem Star Wars-Casting den Oscar für Schindlers Liste gewann, markiert eine der seltenen Ausnahmen, in denen ein gefragter Hollywood-Star die Hauptrolle in einem Star Wars-Film übernahm. Sein Qui-Gon Jinn passt sich schlussendlich trotzdem dem Profil von Alec Guinness' Obi-Wan an – nach einem Film verlässt er die Prequels und die Nachwuchsstars übernehmen.
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Helme, Rüstungen und Droiden: Star Wars hat sich seine Stars abseits von Hollywood-Größen geschaffen
Ewan McGregor, Natalie Portman und Hayden Christensen sind das goldene Trio der Prequels, obwohl George Lucas auch Leonardo DiCaprio nach seinem Titanic-Erfolg hätte casten können. Die Sequels brachten Daisy Ridley und John Boyega ins Rampenlicht und installierten Oscar Isaac als Harrison Ford der neuen Trilogie. Das Muster ist eindeutig. Ryan Gosling könnte es nun in seinen Grundfesten erschüttern.
Dass Lucasfilm ausgerechnet jetzt die Fühler nach einem A-Lister ausstreckt, dürfte kein Zufall sein. Man hätte auch im Zuge der Sequels ohne Probleme Mitglieder des Hollywood-Olymps anlocken können. Star Wars ist allerdings bewusst bei seiner Casting-Tradition von relativ unverbrauchten Namen in den Hauptrollen geblieben – mit den Original-Stars Hamill, Fisher und Ford als reizvoller Nostalgie-Bonus für viele Fans.
Auf diesen Bonus kann Star Wars nicht länger bauen. Fisher ist 2016 verstorben, Ford hat sich zweimal aus dem Franchise verabschiedet und Hamill schaut nur noch digital verjüngt für Cameos vorbei. Wer sind die neuen Gesichter, die die Saga auf der großen Leinwand tragen? Es ist kein Geheimnis, dass Star Wars im Kino in der Krise steckt, während die Serien bei Disney+ das Verständnis von Stars in Star Wars verzerren.
Theoretisch steht mit Pedro Pascal einer der aktuell gefragtesten Schauspieler an erster Stelle im Abspann einer jeden Folge von The Mandalorian. Unter der Maske stecken bei den Dreharbeiten die meiste Zeit über aber zwei Doubles, Brendan Wayne und Lateef Crowder. Ob Rüstungen und Helme immer noch für den Erfolg von Star Wars im Kino reichen, muss nächstes Jahr The Mandalorian & Grogu beweisen.
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Star Wars hat seinen eigenen Fundus erschöpft und droht, seinen Eventcharakter im Kino zu verlieren
Star Wars verlässt sich momentan vor allem auf bekannte Figuren als Stars. Ewig kann aus diesem Fass allerdings nicht geschöpft werden, zumal Lucasfilm die meisten Poster-Boys und -Girls der Saga zurückgebracht hat – von Obi-Wan Kenobi, Anakin Skywalker und Boba Fett bis zu Ahsoka und allen weiteren Live-Action-Übersetzungen aus dem Animationsbereich rund um The Clone Wars und Star Wars Rebels.
Doch wie sieht die Saga abseits davon aus? Um sich als dominierendes Franchise im Blockbuster-Kino behaupten zu können, darf Star Wars seinen Eventcharakter nicht verlieren. Nach über Jahren, in denen der Sternenkrieg nur bei Disney+ stattgefunden hat, ist dieser Eventcharakter in Gefahr. Ganz zu schweigen davon, dass Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers, der bis dato letzte Film, an den Kinokassen schwächelte.
Eine Milliarde US-Dollar Einspiel ist natürlich immer noch eine unglaubliche Summer, im Verhältnis zu den vorherigen Episoden aber ein deutlicher Rückgang – gerade im Hinblick darauf, dass der Film als Abschluss der Skywalker-Saga vermarktet wurde. Das Marvel Cinematic Universe landete mit dem Finale der Infinity-Saga seinen bis heute größten Triumph: Avengers: Endgame. Genau hier kommt Gosling ins Spiel.
Das Casting von A-Listern bringt Star Wars auf einem anderen Level ins Gespräch. Es geht nicht um irgendeine Figur, die nur Fans aus der 4. Folge der 3. Staffel einer Serie erkennen, von deren Existenz das Mainstream-Publikum keine Ahnung hat. Gosling war in den vergangenen Jahren dagegen mehrmals Gesprächsthema Nummer eins, etwa als Ken im Barbie-Film, der sich in ein popkulturelles Phänomen verwandelt hat.
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Veränderung liegt in der Luft: Ryan Goslings Star Wars-Casting wäre ein zweischneidiges Schwert
Mit anderen Worten: Jemand wie Ryan Gosling könnte Star Wars den notwendigen Boost verleihen, um die Saga unter größtmöglicher Aufmerksamkeit zurück ins Kino zu bringen. Sollte der Plan funktionieren, ebnet Gosling damit weiteren A-Listern den Weg nach Tatooine und Co. Gleichzeitig entsteht die Gefahr, dass wir am Ende nur noch Ken auf Coruscant sehen, weil die Star-Power die Filmwelt überschattet.
Gosling ist gleich ein Extremfall, da er ein unheimlich geschärftes Profil mitbringt. Der talentierte, charmante, gutaussehende Hollywood-Star, dessen Ausstrahlung man im Bruchteil einer Sekunde bedingungslos verfallen kann. Wer denkt an Todessternpläne und Lichtschwerter, wenn die Aura eines solchen Schauspielers die Mythologie eines fast 50 Jahre alten Universums aus Filmen, Serien und mehr überschattet?
Star Wars könnte Gefahr laufen, zu einem dieser Franchises zu werden, die willkürlich Stars einsammeln. Als abschreckendes Beispiel kommen die jüngeren Fast & Furious-Filme in den Sinn. Denn dort dreht sich inzwischen alles um Namen, für die das Erzählte so verbogen wird, dass ein aufgeblasener Flickenteppich aus Blockbuster-Bombast entsteht, ohne greifbare Figuren, die uns in die Filme führen.
Goslings Casting, sollte es tatsächlich passieren, könnte sich als zweischneidiges Schwert für Star Wars entpuppen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir noch viel zu weit von konkreten Plänen entfernt, um darüber zu urteilen. Veränderung liegt aber definitiv in der Luft. Ein ernstzunehmendes Casting-Gerücht von diesem Kaliber war seit Jahren nicht mehr im Star Wars-Kontext zu vernehmen. Hier befindet sich etwas in Bewegung.
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Ein Blick in Goslings Filmografie lässt zumindest optimistisch in die Zukunft blicken. In Blade Runner 2049, seinem einzigen Franchise-Film vor Barbie, hat er sich so nahtlos eingefügt, als wäre er schon immer ein Teil davon gewesen. Und das, obwohl wir die Blade Runner-Umgebung eine ganz spezielle ist, aus der ein allzu vertrautes Gesicht eigentlich herausstechen müsste. Vielleicht geht Gosling in Star Wars genauso auf.