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Alle Kommentare von Cameron
bin geschockt, der beste Film, Sweet and Lowdown, steht nicht zur Auswahl!
Farhadis "About Elly" steht nicht nur in Nichts seinem bekannteren Nachfolger "Nadar und Simin" nach (übertrifft ihn für mich sogar noch), sondern ist wohl einer der besten Filme der letzten Jahre (ich weiss, das wird oft gesagt.).
Was wir hier sehen, ist einerseits ein schier unglaublich spannendes Drama, von selten gesehener Intensität - die Spucke bleibt stellenweise wirklich weg. Andererseits liefert es, auf "höherer" Ebene, ein Portrait einer Gesellschaftsschicht, deren Wertvorstellungen und stellt dem Zuschauer unbequeme Moralfragen.
Ein einschneidendes Ereignis wird so genial inszeniert - von den Schnitten, Kameraeinstellung, etc. - dass dieser iranische Film grossformatige, teure Hollywood-Produktionen locker in den Schatten stellt. In einer perfekten Welt wäre "About Elly" ein Crowdpleaser. Ich bin beeindruckt.
Ein einfallsreich und sehr knackig, ja überkandidelt inszenierter Film aus Israel, der sich seine Bilder mit Bedacht auswählt. Sein hintergründiger Humor scheint von Anfang bis Ende durch, wobei einem das Lachen manchmal im Halse steckenbleibt, wenn es intensiv wird. Interessant, dass mehrere Nebenstränge nur kurz angerissen werden, danach aber nicht weiter vorkommen. So wird es dem geneigten Zuschauer überlassen, sich ein grosses Ganzes zusammenzustellen.
Mein meisterwarteter Film momentan.
Der gesuchte Film enthält keinen Ferris und keine Büchse, was bleibt also übrig? Und hier BRECHE ich bereits AB mit der Beschreibung, obwohl wir für den gesuchten Film das Gegenteil benötigen.
OUT 1 ist ein Mythos. Der längste Spielfilm der Geschichte, fast 13 Stunden. 1971 wurde er einmal in einer unfertigen Version gezeigt, dann erst wieder in den 90er Jahren im Fernsehen, überarbeitet und fertiggestellt. Seither nur an einigen wenigen Retrospektiven und Festivals gezeigt. Und nun endlich, eine Veröffentlichung auf DVD, erst noch mit deutschen Untertiteln.
Zu Beginn hatte ich etwas Bedenken. Von Rivette kannte ich noch nichts, und 13 Stunden Film, die einem nicht zusagen, können sehr hart sein.
Nun habe ich drei Tage mit OUT 1 verbracht, und es waren drei fantastische Tage. Die Bedenken verflogen bereits mit den ersten Minuten.
Wir verfolgen vier Handlungsstränge, zwei Theatergruppen und zwei Einzelpersonen. Man könnte also auch von einer Theatergruppe und einer Einzelperson sprechen, die jeweils gespiegelt werden; und Spiegel sind überhaupt ein wichtiges Motiv in OUT 1; so gibt es immer wieder sehr, sehr lange Einstellungen, die auf Spiegel gerichtet sind, wobei wir manchmal erst im Laufe der Einstellung bemerken, dass wir einen Spiegel sehen.
Im Laufe dieser 13 Stunden - aufgeteilt in 8 Episoden - verstricken sich diese anfangs völlig getrennten vier Handlungsstränge, und es ist eine Freude, zuzusehen, wie sie sich ganz langsam, beinahe unmerklich, überlappen; wie nach und nach weitere Charaktere enthüllt werden, einige bekommen wir im Laufe des Films zu sehen, von anderen wird nur viel gesprochen und wir machen uns selbst ein Bild von ihnen. Auch Intrigen, Motive, Beziehungen kommen peu à peu zum Vorschein. "Motor" des ganzen Films ist übrigens die "Geschichte der 13", eine Art Geheimbund, von Balzac beschrieben, und nun in die heutige Zeit übertragen. Dennoch stehen diese "13" nicht wirklich im Zentrum des Films, vielmehr sind sie dazu da, um alle Personen anzutreiben, um alles in Bewegung zu bringen (Gewissermassen ein "McGuffin").
OUT 1 ist grösstenteils improvisiert. Das merkt man ihm an, denn das Schauspiel ist... anders als gewohnt. Viel natürlicher. So nimmt der Film dokumentarische Ausmasse an; wenn die Personen auf den Strassen Paris` agieren, dann sind Passanten, die ungläubig in die Kamera oder auf die Schauspieler starren, keine Seltenheit. Und in ausgedehnten Sequenzen wird gezeigt, wie die Theatergruppen improvisieren zu improvisieren (die Gruppen verbringen den Grossteil ihrer Proben damit, sich durch improvisatorische Übungen einen spielerischen Zugang zu Stücken [z. Bsp. Prometheus] zu verschaffen). Aber selbst bei Gesprächen mit zwei involvierten Personen schafft dieses spezielle Schauspiel eine aussergewöhnlich intime, zwanglose Atmosphäre, die speziell gegen Ende zu extrem intensiven Szenen führt. Intensiv vor allem in der Art, WIE Dinge ausgesprochen werden, wie die Personen sich leicht berühren, oder nicht berühren.
Und so fühlen sich 13 Stunden am Schluss noch nach zuwenig an. Was sind schon 13 Stunden? Aber glücklicherweise lebt OUT 1 in der Erinnerung weiter.
Über kaum einen Film hat sich meine Einstellung so sehr geändert wie über Days of Heaven.
Als ich ihn vor ein paar Wochen zum ersten Mal sah, gab ich ihm etwa 6 Punkte. Denn ich war ziemlich verärgert, und fühlte mich gleichzeitig überfordert und gelangweilt. Überfordert, weil ich vor allem zu Beginn viele Einstellungen überhaupt nicht verstand, und, wenn Personen nur aus der Ferne gezeigt wurden, sie nicht auseinander halten konnte. Verärgert, weil Szenen meistens nicht bis zu ihrem natürlichen Ende gezeigt wurden, sondern unvermittelt abbrachen. Gelangweilt, weil die Geschichte so simpel ist, und vorhersehbar. Irgendwie hatte ich mit einem 2-3-stündigen Filmepos gerechnet und war extrem überrascht, bereits nach 90 Minuten die Credits rollen zu sehen.
Also begann ich, sobald der Abspann zu Ende war, nochmal von Neuem. Und plötzlich begann sich der Film mir zu öffnen. Ich war vorbereitet, schätze die spezielle, zerfahrene Inszenierweise, und war beeindruckt, wie die Natur so gekonnt eingebunden wurde in die Dreiecksgeschichte, wie sie ebenfalls zum Hauptdarsteller wurde. Wahnsinnig eindrücklich, wie die Heuschrecken-Plage inszeniert ist, wie Bilder auf eine Landschaft in Aufruhr sich mit Menschen in Aufruhr abwechseln, wie die Natur den Gemütszustand der Menschen reflektiert.
Und dann, in den folgenden Wochen, gingen mir gewisse Augenblicke einfach nicht mehr aus dem Kopf, und der Film begann in mir noch weiter zu wachsen, mich noch weiter zu erfüllen. Die Vogelscheuche in der Dämmerung, der Fluss und das Kornfeld, über die der Wind streicht. Das Verlangen, den Film erneut zu sehen, wurde sehr gross.
Mit der dritten Sichtung wurde es noch besser. Da ich nun die Charaktere schon genau kannte, konnte ich ihre vielen Blicke interpretieren. Ich konnte genau vermuten, was in jeder Einstellung in ihnen vorging. Denn es gibt so viele vielsagende Blicke, die melancholisch, misstrauisch, ärgerlich, neu verliebt, mitleidsvoll, eifersüchtig, was auch immer sind. Days of Heaven würde wohl auch vollständig ohne Dialoge funktionieren.
Ich glaube, was den Einstieg so schwierig macht, ist, dass keine konventionelle (charakterliche) Exposition vorangestellt wird. Die Charaktere werden uns nicht vorgestellt, mit ihren Stärken und Schwächen, sondern wir müssen alles selbst herausarbeiten. Dies macht dafür mehrmaliges Ansehen umso schöner und gehaltvoller.
Ein völlig zu Unrecht harsch kritisierter Film, der mir irgendwie eher wie eine Oper vorkam - nur, dass nicht gesungen wird. Die Beschränkung auf sehr wenige, immer wiederkehrende (und optisch schlichtweg atemberaubende) Schauplätze; die schlicht gehaltene, klassische, grosse Gefühle erweckende Geschichte, die mit nötiger Zeit ausgesponnen wird (aber zu lang ist hier nichts!); oder typische, durchaus stereotype Charaktere wie der "Dorftrottel" oder der "Pfarrer", die keine Charakterentwicklung durchmachen und "über der ganzen Geschichte stehen", die ausserdem den Film sowohl eröffnen als auch beenden - all dies sind Merkmale einer klassischen Oper (oder eines Theaters), die hier aber perfekt in filmische Gestalt gebracht worden sind, resp. um filmische Aspekte bereichert werden; so werden vielsagende Blicke ausgetauscht und manchmal assoziative Bilderketten gesponnen. Wäre der Film zwei Jahrzehnte früher herausgekommen (und während der in der aufstrebenden New-Hollywood-Phase), würde heute womöglich jeder von einem Meisterwerk sprechen.
"Life is beautiful. Really it is. Full of beauty and allusions. Life is gret. Without it, you`d be dead."
Das Regiedebüt des damals 24-jährigen Harmony Korine ist ein extrem beeindruckendes Stück Kino. Heute offenbar etwas in Vergessenheit geraten, besitzt GUMMO eine so spezielle, eigenartige Atmosphäre wie kaum ein anderer Film, angesiedelt irgendwo zwischen traumähnlicher Collage und beinhartem Realismus. Was resultiert, sind Szenen, so skurril, absurd, aber trotzdem so echt, ungekünstelt wie nirgendwo sonst. Korine entwirft mit seiner wilden Mischung aus kurzen, extrem grobkörnigem Homevideo-Clips, Slowmotion-Shots und "normal" gefilmten Sequenzen ein dichtes, düsteres, apokalyptisches Bild einer Kleinstadt, die von einem Tornado heimgesucht worden ist. Korine präsentiert uns dabei ausschliesslich Personen, die nicht gerade dem Typus des "Durchschnittsbürgers" entsprechen (sei es vom Aussehen oder vom Verhalten), und die in anderen Filmen entweder nicht vorkommen oder deren Schicksal sentimentalisiert wird. Hier aber entlockt Korine allen Gesichtern eine seltsame Schönheit und schafft durch einige pointierte Musik-Untermalungen Gänsehaut-Momente. Ausserdem hat er ein grandioses Finale in petto; die letzten 3, 4 Minuten sind magisch!
Holy Motors - ein Film über - was? Über das Wesen des Schauspielers, über die Zukunft des Kinos, über die ins Nichts verlaufende Grenze zwischen Realität und "Nachahmung", zwischen Spiel und Wahrheit. Nach dem Filmende wissen wir gar nichts mehr; und obwohl man schon ziemlich zu Beginn ahnt, dass hier fast alles offen für Interpretation ist, legt Carax mit jeder Episode noch einen drauf, alles wird noch unklarer, noch wirrer, noch wahnwitziger. Das Ganze ist ein Erlebnis, ein Film, in dem man sich sprichwörtlich verliert, in dem nie irgendetwas sicher, aber stets alles möglich ist.
ab hier SPOILER (!!!!!) - einige Gedanken/Fragen:
- Wenn Monsieur Oscar seine diversen Rollen spielt, interagiert er jeweils mit verschiedenen Menschen. Während nun zum Schluss einer Szene (der sterbende Onkel) sich seine Gesprächspartnerin ebenfalls als "Schauspielerin" outet (und ihren richtigen Namen verrät), handeln bei anderen Szenen (z. Bsp. Monsieur Merde) die anderen Personen völlig spontan. Oder ist diese Spontaneität ebenfalls nur gespielt? Sind dann aber nicht alle Menschen Schauspieler? Wenn aber alle Menschen Schauspieler wären, müssten ja alle den ganzen Tag in einer Stretchlimousine umherfahren, um sich umzuziehen - während dem ganzen Tag begegnet M. Oscar aber nur einer einzigen anderen Limousine.
- Wenn am Ende alle Limousinen "heimkehren", ist ihr Gebäude grell erleuchtet und keineswegs getarnt, d.h. die "Holy Motors" sind nicht etwa ein geheimdienstähnlicher Verband (wie ich zu Beginn annahm), sondern führen ihre Aufträge ganz offiziell aus, und müssen im Bewusstsein der Bevölkerung verankert sein.
Was ich an den Coens so schätze, ist, dass alle ihre Filme bei erneutem Ansehen merklich dazugewinnen. Dies mag natürlich für viele anerkannte Regisseure gelten und auch ein allgemeines Merkmal von guten Filmen mit Kunstanspruch sein; so ausgeprägt wie bei den Coens ist dieses Phänomen dennoch selten.
Nach der dritten Sichtung von "A Serious Man" komme ich nun nicht umhin, die Höchstpunktzahl zu vergeben. Von vielen als "netter kleiner, persönliche Fingerübung nach ihrem Oscarwerk No Country" verschrien, halte ich es nicht nur für klar das beste Coen-Werk, sondern auch für eine der intelligentesten Komödien (wenn auch diese Bezneichnung nicht ganz zutreffend ist), die ich bisher gesehen habe.
Was "Serious Man" aussergewöhnlich macht ist ein besonders, unkonventionelles Gespür fürs Timing; eine jegliche Erwartungen unterlaufende Szenenfolge, was zwar für die Coens typisch ist, hier aber auf die Spitze getrieben wird. Die Gebrüder geben so konsequent Gegensteuer zur immer wieder die selben Muster herunterleiernden 0815-Tragikomödie, dass wir zunächst wohl nicht ganz schlau daraus werden, bei mehreren Sichtungen aber den Mehrwert nicht übersehen können und begeistert einsehen müssen, konventionelle Erwartungen über Bord zu werfen und uns mitreissen zu lassen von diesem Unglücksstrudel, aus dem es kein Entrinnen gibt. Deshalb gilt das dem Film vorangestellte Motto "Accept with simplicity everything that happens to you" nicht nur für den Protagonisten, sondern ist gleichermassen ein Ratschlag an die Zuschauer.
Larry Gopniks vielfältigen privaten, beruflichen, allumfassenden Probleme bringen viele Geschichten mit sich: die seines Sohnes, seiner Tochter, seines Nachbars, seiner Nachbarin, seines Rabbiners, seines Zahnarztes, seines Schülers... und Gopnik vermischt diese in sich geschlossenen, grundverschiedenen Probleme in seinem Kopf; bisweilen fachsimpelt der alte neue verstorbene Freund seiner Frau mit ihm über Physik; bisweilen mischt sich sein Nachbar in seine Affäre mit der Nachbarin ein...
Was wir am Schluss haben ist eine Vielzahl von Puzzlestücken, die man zwar beliebig zusammensetzen kann, aber stets ins Unglück führen. Dabei ist "A Serious Man" keineswegs düster sondern im Gegenteil, heiter und erheiternd. Denn Puzzle ist, trotz allem, ein Spiel, mag das entstehende Bild noch so düster sein.
"Wenn wir was Gutes tun, daran denkt keiner; aber wenn wir was Schlechtes tun, das vergisst niemand!"
Zu Beginn dachte ich: Dieser Film wird schwierig zu bewerten, nun aber finde ich es ziemlich einfach. AUCH ZWERGE HABEN KLEIN ANGEFANGEN, eines von Herzogs unbekannteren Werken, hat ein höchst positive Bewertung verdient. Bereits jetzt würde ich den Film am liebsten gleich nochmals von vorne beginnen.
Was ich gerade über 90 min gesehen habe, ist schwer zu beschreiben - auf jeden Fall ist es absolut einzigartig. Ein Stück Film, schwer einzuordnen, schwer zu verdauen, und zu Beginn schwer, sich darin zurechtzufinden.
Bereits die skurrile Grundidee - Kleinwüchsige, die dank Abwesenheit des Direktors einmalige Freiheit geniessen und über die Stränge schlagen - fasziniert. Dabei lernen wir verschiedenste "Zwerge" kennen, die alle irrsinnige Macken haben, sich mal clever, mal übertrieben naiv aufführen und ein ständiges Lachen nicht unterdrücken können.
Mit einiger Laufzeit beginnt man aber zu begreifen, dass hier mehr gezeigt wird, als bloss schrullige Zwerge, die irgendwelche Absurditäten aufführen. Dass das Gezeigte anwendbar ist auf unsere Welt; eine Allegorie auf eine Freiheitsvision, die ausser Kontrolle gerät, resp. auf Umgang mit Dingen, die "zu gross" für uns sind.
Bemerkenswert ist zudem die Mischung aus Surrealismus und "Realismus"; gewisse Verhaltensweisen der Zwerge sind nämlich sehr exakt an realen Menschen beobachtet und werden nun karikiert, sodass gewisse Szenen an Sketches von Loriot (!) erinnern. Die oft entfesselte Kamera trägt ebenfalls viel zum Gelingen bei und zeigt in manchen Momenten eine irre Schönheit in den Gesichtern der Zwerge, welche im Übrigen mit Tieraufnahmen konterkariert werden.
AUCH ZWERGE HABEN KLEIN ANGEFANGEN ist auf jeden Fall trotz seiner gewöhnungsbedürftigen Prämisse und seines ungewohnten Stils in jeder Sekunde interessant anzusehen und in gewisser Weise auch augenöffnend.
Barry Lyndon ist mehr als ein Film.
Wie bei kaum einem anderen Film hatte ich hier das Gefühl, ich läse ein Buch. Kubrick hat die Originalvorlage zwar umgebaut, aber dennoch einen sehr literarischen Ansatz für seine Verfilmung ausgewählt. Hiermit meine ich nicht nur die oft eingesetzte Erzählerstimme, sondern auch die Art, wie Figuren gezeigt werden. Denn jede Figur spricht (durch Bilder), jede Figur wird uns verständlich gemacht, nachvollziehbar. Dies hat im besonderen bei der Hauptfigur eine besondere Wirkung; nachdem sie zu Beginn eine sehr grosse Identifikationsfläche bietet, müssen wir uns in der zweiten Hälfte mit Grauen ansehen, welche üblen und - wie wir bereits wissen - verhängnisvolle Taten sie vollbringt; oder, so scheint es beinhahe, gezwungen ist, zu vollbringen. Barry erscheint niemals als verachtenswertes Monster, da er einfach machtlos ist gegenüber dem schrecklichen Lauf der Geschichte, in den er hinengerät.
Neben einem Buch ist Barry Lyndon auch, wie schon oft erwähnt, ein Gemälde, aus dem oft hinein- und herausgezoomt wird, da sonst die Fülle an Information nicht zu verarbeiten wäre.
Bereits von Beginn hängt über jeder Szene eine bleierne Schwere, die suggeriert, dass es sich im folgenden nicht um eine beliebige Episode jener Zeit handelt, sondern um ein episches Sittengemälde, welches um Aufstieg und Fall eines bedauernswerten Mannes herum gezeichnet wird. Die teilweise sehr ironische Erzählerstimme macht oft von Vorausdeutungen Gebrauch, und ebendies macht Barry Lyndon beizeiten unerträglich anzusehen, was das beste ist, was ein Film leisten kann. Denn durch den Wissensvorsprung wissen wir zwar, WAS geschehen wird, aber nicht WIE, und vor allem nicht WANN. Wir wissen, dass das Unglück zu jeder Szene hereinbrechen kann. Wir wissen schon bald, dass all die Errungenschaften unseres Helden ihm später nichts nützen werden oder gar zu seinem Verderben beitragen; ein unerträgliches Gefühl. In diesem Sinne war für mich beispielsweise die intensivste, geladenste, traurigste, bitterste Szene NICHT die Sterbeszene des Kindes, sondern jene Minuten davor: als das Kind verspricht, das Pferd niemals alleine und nicht vor seinem Geburtstag zu reiten, und wir dennoch wissen, dieses Versprechen wird nicht gehalten werden. Wir müssen uns mitansehen, wie Barry seinem Kind sein Versprechen glaubt, was herzzerreissend bitter ist. Wenn das Kind dann im Sterben liegt, bin ich beinahe schon froh, da das Unglück nun endlich eingetreten ist (aber weitere werden folgen...).
Ich habe leider auch heute noch ziemlich viele negative Kritiken über Barry Lyndon gesehen. Schade, denn zweifellos ist dies eines der herausragendsten Filme seiner Art. Läuft der Abspann, liegt einem ein Stein im Herzen, man fühlt sich schwer, hat soviel durchgemacht und mitgelitten. Denn am Schluss sind sämtliche Figuren Verlierer, und die Welt ist zu Ende.
Habe gerade wieder einmal die Sight&Sound Directors Poll durchforstet, und gesehen: Er hat seinen eigenen Film "Goodbye, Dragon Inn" auf seine Liste genommen! Ist ja mutig, der Mann...
Spoiler.
Das Irrlicht ist in vielerlei Hinsicht ein bemerkenswerter Film. Ich möchte allerdings anmerken, dass ich mich, wie schon derDude_, noch zu jung fühle, um abschliessend darüber urteilen zu können.
In gewisser Weise ist das Irrlicht ein Enthüllungsdrama. Wir steigen ein am vorletzten Tag des Lebens vom tragischen Helden Alain Leroy, und erhalten sehr langsam nach und nach Informationen über unseren Protagonisten. Dabei ist es meisterhaft, wie anhand kleiner Details Versatzstücke über sein früheres Leben zutage gebracht werden. In jeder Episode, in die der Film durch den Besuch verschiedener Freunde geteilt ist, erfahren wir mehr, wer Leroy früher war (oder glaubte zu sein), weshalb sein Leben in die Brüche gegangen ist und weshalb für ihn nur Selbstmord die einzige Lösung sein kann.
Garniert ist dies - zwangsläufig - mit allerlei philosophischen Gedankengängen, die eben überhaupt nicht aufgesetzt wirken, sondern völlig natürlich eingebunden sind in diese Geschichte über eine Suche nach Erlösung.
Nie wird mit dem Hammer auf die Tränendrüse gedrückt, so dass alles sehr ehrlich erscheint, und die Bilder sowie das umwerfende Schauspiel für sich sprechen können.
Besonders herauszuheben ist noch der Look des Films, die Schwarzweissbilder sind so schön wie kaum je sonst; bereits die Eröffnungszene ist ein Augenschmaus.
Das Irrlicht scheint relativ unbekannt zu sein; sollte es aber irgendwo auf einer Bestenliste auftauchen, darf sich niemand wundern, da dieser Film ohne Frage ein Meisterstück ist.
Spoiler.
Selten gab es für mich einen so symphatischen Charakter auf der Leinwand wie Barry Egan. Den gesamten, surrealistischen Film interpretiere ich als Traum Barrys. Ein Traum, in dem er, der eigentlich nicht fähig ist, zurechtzukommen in seinem Umfeld, dank einer märchenhaften Liebe, welche plötzlich in sein Leben schneit, jene Kräfte erlangt, die er benötigen würde, um eben zurechtzukommen.
Was man dem Film als Kritikpunkt ankreiden könnte, nämlich, dass er in den letzten Minuten in eine Art Autopilot-Modus verfällt und sich alles vorhersehbar zum Guten wendet, ist also andererseits auch Konsequenz; das Märchen wird als Märchen behandelt.
Vor allem in der ersten Hälfte des Films hatte ich dauernd das Bedürfnis, dem Film zuzuklatschen, wegen soviel Grandiosität, soviel Witz und Charme, der versprüht wird. Beispielsweise die "Party"- Szene mit den sieben Schwestern - unglaublich, wie diese Szene extrem witzig und zugleich tragisch ist!
"Lola" des philippinischen Regiesseurs Brillante Mendoza ist ein grandioser Film. Dank der souverän geführten Handkamera verfolgen wir gebannt - und unmittelbar nah dran am geschehen - eine Alltagsgeschichte: Zwei Grossmütter, die im Dschungel der philippinischen Hauptstadt versuchen, zurechtzukommen; die selbstlos handeln und sich stets um andere kümmern. Erschwert wird ihre Situation dabei von einem gewissen Vorfall, bei dem die jeweiligen Enkel involviert sind...
"Lola" ist so realistisch wie ein Film nur sein kann. Wir lernen dabei die Stadt kennen, und tauchen völlig ein in das gesamte Milieu. Dabei nimmt sich der Film an den richtigen Momenten nötige Zeit, und schafft es dadurch, eine faszinierende Atmosphäre zu kreieren. Den Regen, der den gesamtem Film begleitet, spüren wir auf unserer eigenen Haut. Das Leben wird genauso gezeigt, wie es ist, ohne dass irgendein Aspekt besonders heraussticht, ohne dass dem Zuschauer irgendetwas auf die Nase gebunden wird. Ganz toll!
Zum zweiten Mal gesehen, und wieder völlig hingerissen. Mir scheint, A BOUT DE SOUFFLE kann unzählige Male gesehen werden, ohne irgendetwas einzubüssen an seiner Faszination. Zu verdanken ist dies einerseits der für damalige wie heutige Verhältnisse unkonventionellen Dramaturgie, welche viel "lebensähnlicher" als die üblichen Storylines. Andererseits versprüht dieser Film zu jedem Zeitpunkt einen unglaublichen Charme; die Szenen, Dialoge, Bilder, Charaktermerkmale etc. sind durchdrungen von Leichtigkeit und Schwermut, von Liebe und Bitterkeit, von Wichtigem und Trivialem...
Daraus ergibt sich ein filmisches Mosaik, ein (im positiven Sinne) zerfahrener Film. Belmondos Figur finden einige sehr unsympathisch; dem kann ich überhaupt nicht zustimmen. Natürlich hat sein Charakter Ecken und Kanten, aber diese machen ihn unvergesslich, und in seine Art, mit dem Leben umzugehen, kann man sich sehr gut einfühlen. Die "Chemie" zwischen ihm und Seberg ist ausserdem einfach perfekt.
Ich bin etwas enttäuscht; HIGH AND LOW ist mein zweiter Kurosawa nach RASHOMON und kann letzterem (der unglaublich grandios ist) nicht wirklich das Wasser reichen.
Dies ist ein vielfältiger Film. Will heissen: erstens erscheinen mehrere "Hauptpersonen", deren Motive alle gekonnt ausgeleuchtet werden; zweitens ändert der Film nach der Hälfte seine Gangart; von einem differenzierten Kammerspiel in einem Raum (evtl. plus Zug) wird er zum rasanten Polizeiverfolgungsfilm.
Der erste Teil ist wirklich sehr stark; neben dem Suspense nagen moralische Fragen an den Protagonisten und den Zuschauern. Der zweite Teil jedoch fällt ab, ist um einiges uninteressanter, da es sich um eine doch sehr konventionelle Verfolgungsgeschichte durch verschiedene Milieus der Stadt Yokohama handelt. Diesem Teil fehlt - bis auf die allerletzte Szene - jener Subtext, welcher den Anfang so bemerkenswert erscheinen lässt.
Natürlich trotzdem mehr als sehenswert, nur schon aufgrund einiger sehr witziger Szenen.
Ohne die unvollständig Angeschauten macht das 2.7 Filme pro Tag... 0_o
Wie...wie geht das?
Ich bin gespalten. Ich hätte diesen Film so gerne gemocht, zumal auch viele Elemente eines "Meisterwerks" hier enthalten sind. Nur leider ist "Deer Hunter" für mich extrem uneben; vor allem im ersten Teil reihen sich grossartige Szenen und Bilder an unglaublich belanglose. Wunderbar ist z. Bsp. der erste Jagdausflug, das Gespräch über die Stiefel etc.; und während auch einige Einstellungen der Hochzeit wichtig und enthüllend sind, so scheinen andere Einstellungen derselben Hochzeit einfach überflüssig. Der Schnitt ist, auch während dem Rest des Films, wirklich holprig; und obwohl unkonventioneller Schnitt nicht "schlecht" bedeutet, so werden hier spannende Szenen, welche ich gerne noch weiterverfolgt hätte, überraschend, und, für mich "zum falschen Zeitpunkt", abgebrochen, während belanglose, weniger interessante Szenen ewig andauern. Dies macht es schwer, die Motivationen der Figuren für gewisse Handlungen zu begreifen, und so stehe ich noch bei vielen Szenen vor Rätseln; es leuchtet mir nicht ein, weshalb diese Figuren so gehandelt haben.
Kurz: mit einer etwas anderen "Mischung" aus dem Schneideraum wäre ich wohl zufriedener gewesen, aber da der Film für so viele gut funktioniert, werde ich ihn sicherlich noch einmal anschauen, um mehr mitzunehmen.
Kaum eine Rezension von Andersons Magnolia unterlässt es, darauf hinzuweisen, dass Short Cuts das grosse Vorbild, der Bruder des Films war. So war ich denn äusserst gespannt darauf, dieses Vorbild endlich zu sehen.
Und klar; auf den ersten Blick teilen die beiden Filme viele Dinge: Episoden aus dem Leben mehrerer Personen in LA, die Laufzeit, ein apokalyptisches Ende, immer wieder auftauchende Fernseher, etc. Aber spannender ist wohl die Frage, was unterschiedlich ist. Und die Herangehensweise, die Art des Erzählens, ist stark unterschiedlich, denn wo bei Magnolia die Emotionen im Vordergrund stehen, das grosse Mitfühlen des Zuschauers mit den Charakteren, sowie Themen, die alle Protagonisten gleich betreffen, wählt Altman bewusst einen sachlich-nüchternen Zugriff auf seine Saga. Dies hat zur Folge, dass der Zuschauer zwar Beobachter ist, aber niemals derart mitfühlt, mitleidet wie in Magnolia. Man könnte dieses Mitleiden Letzterem vielleicht als over-the-top-Melodramatik ankreiden, und genau dem entzieht sich Short Cuts vollkommen. Es gibt hier auch überhaupt keine Spannungsbögen im klassischen Sinne; Altman konzentriert sich darauf, das reine Leben, so wie es ist, zu zeigen, und fügt dem nichts hinzu. Möglicherweise wirkt dadurch der gesamte Film etwas steril, und manche Figuren scheinen nicht sonderlich interessant. Altman meinte, das Konzept dieses Filmes war es, jeweils ein "Dach zu entfernen", einen Blick in das Haus zu werfen, um dann immer zum nächsten Haus weiterzuziehen.
Das Interessante an Short Cuts ist eher, wie hier tatsächlich 22 "Hauptpersonen" zu einem einzigen, sehr stimmigen Bild zusammengefügt werden, und wie dies ein subtiles, unaufdringliches, aber vollkommenes Portrait einer bestimmten Stadt zu einer bestimmten Zeit ergibt. Dem Zuschauer wird im Laufe der drei Stunden nach und nach enthüllt, wie alle Personen miteinander zusammenhängen und welche Auswirkungen bestimmte Taten auf andere Personen haben. Dies mitzuverfolgen, macht den Reiz von Short Cuts aus.
Ein weiteres (letztes) Mal gelingt Kubrick Film in Perfektion.
Der eigenartigen Faszination von Eyes Wide Shut kann man sich wohl kaum entziehen, und lange noch nach der (perfekten) letzten Szene, nach dem Abspann bleibt der Film im Gedächtnis haften. Ich musste am Tag darauf deswegen sogar verzichten, einen anderen Film zu schauen, da ich die starken Eindrücke nicht verwischen wollte, resp. da diese es nicht möglich machten, unvoreingenommen an etwas Neues heranzugehen. Eyes Wide Shut ist ein Trip, eine psychedelische Reise, aus der alle - die Protagonisten, der Zuschauer - irgendwie wieder heil herauskommen; allerdings mit einem blauen Auge und einer gehörigen Anzahl Ängste. Das Ganze ist nicht unähnlich Lynchs Blue Velvet.
Jede Szene ist mir noch klar im Gedächtnis. Und jede Szene gibt so unglaublich viel her.
SPOILER
Interessant auch die Struktur des Films. Ähnlich wie z. Bsp. in Vertigo liegt ein doppelter Aufbau vor; alles, was vor der "Mitte" (der Orgie, der "Kern") vorkommt, findet seine Entsprechung nach der Mitte. Entsprechung, aber nicht Wiederholung. Die Spannung im zweiten Teil ist unbeschreiblich; jeder Blick, jede Bewegung, jagt einem Angst ein. (Die zwei Abblenden unterteilen den Film jedoch in drei Akte, nicht zwei.)
SPOILER ENDE
Und Cruise. Fantastisch. Sein Gesicht wirkt zuweilen auch ohne Maske wie eine Maske, aber es sagt so unheimlich viel aus. Wie kann man hier nur ernsthaft an seinem Schauspieltalent zweifeln?!
Ich verfolge Cannes seit einigen Jahren sehr genau. La Vie d' Adele war vom allerersten Screening an Favorit. Eine überwältigende Mehrheit von Kritikern gab dem Film herausragende Bewertungen; und für fast alle war es das einzige wirkliche Meisterwerk im Wettbewerb. Der Film führte alle Kritikerspiegel, die ja immer für Festivals geführt werden, überaus deutlich an, und bekam so hohe Durchschnittswertungen wie kaum ein Film in Cannes zuvor. Es war das Wow-Erlebnis von Cannes 2013. Das alles hat nicht im Geringsten irgendetwas mit der politischen Situation zu tun. Dass die deutschsprachigen Zeitungen nun alles zu einer politischen Entscheidung hochstilisieren, ist verwerflich und schade für den Film.
Sehr schön. Heat muss noch dazu!