lieber_tee - Kommentare

Alle Kommentare von lieber_tee

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    Französischer Sciencefiction-Animationsfilm, der seine Themen Künstliche Intelligenz und ob Roboter menschlich sein können in eine Noir-Detektivgeschichte verpackt. Er erfindet dabei das Genre nicht neu, zitiert seine Referenzen ( z.B. Moebius, Blade Runner, Nier: Automata) elegant, mischt die Genre-Elemente geschmackvoll zu einem nihilistischen Cyberpunk-Film, lebt von seinem detailreich-liebevoll gestalten Worldbuilding und seiner unterkühlten Stimmung.
    Feines Animationskino.

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    • 4 .5
      lieber_tee 23.09.2024, 23:35 Geändert 23.09.2024, 23:53

      Die Krähe ist zurück, aber so richtig hebt sie nicht ab.
      Für einen Film über Seelenverwandte wirkt er seelenlos. Dieses selbsternste Düsternisfest ist eher ein „John Wick goes Gothic“.„The Crow 2.0“ stellt die übergroße Liebesgeschichte zwischen Eric und Shelly als emotionalen Motor in den Mittelpunkt, aber das ist eher eine Behauptung. Im Film wirkt sie mehr als ob ein nerdiger Junge mit ganz vielen Tattoos auf eine rebellische Cheerleaderin beim Nachsitzen trifft. Regisseur Sanders versucht zwar Trauer und Rache über den Verlust einer idealisierten Liebe in Schmerz und Verletzlichkeit zu kanalisieren, die Wut gegen Autoritäten als gequältes, opernhaftes Blutvergießen darzustellen, aber das Ganze wird keine Einheit. Die cartoonhafte Ultragewalt und das düstere, super-ernste Schauspiel als Akt höchster Aufopferung, eingebettet in okkultem Blödsinn, funktioniert nicht. Hier wird Gewalt zu Selbstzweck, weil der emotionale Impact fehlt. Das wirkt alles so distanziert und nicht mitfühlend. Schmalziger Pathos trifft auf einen zeitgemäßen TikTok-Rachefilm der (spätestens) am Ende (für eine mögliche Fortsetzung) auf seine eigene holperige Mythologie scheißt. Kein nervöser Teenager wird diesen Film cool finden, kein Old-School-Fan wird fröhliche Nostalgiegefühle daraus ziehen. Er vermittelt nur ein Gefühl von Gewöhnlichkeit.
      4,5 mal Joy Division hören.

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      • 7

        „Network“ als Pulp-Horrorfilm.
        „Late“ greift bekannte Grusel-Motive auf, die der Kenner schon einmal gesehen hat, hier im Kontext einer Talkshow aus den 1970er und setzt sie gekonnt in etwas Originelles um, ohne seine eigene Identität zu verlieren. Der clevere, eigenwillige Ansatz macht den Film nicht zu einem weiteren Möchtegern-Exorzisten, ist eine eindringliche Auseinandersetzung über den Preis des Erfolgs. Starker Genre-Vertreter, auch wenn das Ende ein wenig aus dem Ruder läuft.
        7 mal die Einschaltquoten steigern.

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        • 7
          lieber_tee 19.09.2024, 23:17 Geändert 19.09.2024, 23:47
          über Cuckoo

          Herrlich idiotischer Film.
          Die energetisch-exzentrische Fusion aus stylischer Atmosphäre und altmodischen Reproduktionshorror nimmt sich wenig ernst und lebt seine charmant-alberne Seite, nahe des Unsinns, aus. Zwischen Science-Fiction, Body Horror und gemütlichem Alpen-Noir, zwischen Fortpflanzung, Identität und Familie ist „Cuckoo“nicht ganz die Summe seiner Teile, ist alles andere als perfekt. Die Story ist ein bizarrer Flickenteppich aus Genre-Motiven und kruder Mythologie, wird immer wirrer, je mehr er sich selbst erklärt. Egal, seine Verrücktheit, seine inszenatorische Verspieltheit und einige starke Horror-Sequenzen gleichen das Chaos aus, machen den Film sehenswert.
          7 mal Brutparasitismus nachschlagen.

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          • 7

            Rosmans Film ist ein schlankes, kompakte Debüt, dass mit seinem geerdetem Ansatz einem etablierten Genre neues Leben einhaucht. Der charakterbasierte, mitfühlende Horrorthriller über zwei kollidierende Überlebensgeschichten wirft einen intimen Blick auf Sterblichkeit aus unterschiedlichen und doch ähnlichen Blickwinkeln. Er zeigt, dass man mit ein wenig Einfallsreichtum, trotzt abgedroschenen Erzählmustern, weit kommen kann. „New Life“ wirkt frisch und innovativ, funktioniert so gut, dass es mich wundert, dass niemand zuvor etwas Ähnliches versucht hat.

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              lieber_tee 16.09.2024, 23:28 Geändert 20.09.2024, 00:13

              Mal wieder ein #MeToo-Thriller ...
              „Blink Twice“ ist ein Film über Machtmissbrauch, über die Gefahren von Frauen in einer Männerwelt und über die Bedeutung weiblicher Solidarität. Verpackt in einen visuell ambitionierten Thriller, dessen stilvolle Fahrdramaturgie ein deutlich höheres Niveau hat als sein inhaltliches Konzept. Plump anprangernd wird mal wieder das überstrapazierte Narrativ der finsteren Fähigkeiten reicher weißer Männer bedient (siehe Epstein – Skandal). Die Figuren sind eindimensional, die Story erzählerisch schlecht getaktet. Der Film ruht sich auf sein feministisches Statement aus, bleibt in der zaghaften und x-mal gesehenen Darstellung von Slasher-Motiven stecken. Seine Vorhersehbarkeit langweilte mich, er sieht aber hübsch aus. Für ein Debüt ok.
              5 Final Girls auf Inselurlaub.

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                lieber_tee 16.09.2024, 01:10 Geändert 16.09.2024, 04:29

                Rambo des denkenden Mannes.
                Die Idee einen Actionfilm ohne Action zu drehen, die Erwartung der Zuschauer zu unterlaufen und stattdessen den Ansatz zu verfolgen Gewalt mit deeskalierenden Mitteln zu lösen ist eigenwillig, fast schon subversiv. Stattdessen gibt es ein brodelndes Pulverfass, das droht zu explodieren, was es aber nicht tut. Leider trägt diese Idee den Film nur bedingt, denn der Konflikt und die beteiligten Figuren sind eher konventionell und stereotyp geworden und mit über 2 Stunden Länge dreht sich der Film oftmals im Kreis (besonders im Mittelteil). Die stimmungsvollen Bilder können die Trägheit, das Vor-sich-hin-plätschern nur bedingt verhindern. Am Ende sitzt der Film zwischen allen Stühlen, ein bisschen Action muss es dann doch geben. Interessant gescheitert.
                6 Taschen mit Bargeld beschlagnahmen.

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                  lieber_tee 15.09.2024, 01:49 Geändert 15.09.2024, 01:56

                  Lobotomie des Action-Genres.
                  Dieser finanzielle Flop will eine Mischung aus John Wick, Deadpool und Kill Bill sein. Will frech, brutal und lustig sein. Aber warum wirkt diese ständig nach Übertreibung schreiende Übertreibung auf die Dauer so ermüdend, so nervig, so aufdringlich? Weil sie mehr Wert auf stilistische Kämpfe, Ballerreien und pubertären Comic-Humor legt als auf eine sinnvolle Story. Ohne Frage ist die (Drohnen-) Kameraführung wild und extrem gut gemacht. Die auf Hochtouren laufende Achterbahnfahrt hat manch originell-bösartige Idee. Aber hier steht immer der penetrierende Stil im Vordergrund und so was hat halt nicht Substanz, ist geisttötend repetitiv. Der Film scheint von einem 12-Jährigen geschrieben worden zu sein, für die Handlungslücken, muss der Zuschauer schon freiwillig sein Gehirn in den Arsch stecken und die Arschtritte darauf genießen. Sein infantiler Humor, seine popkulturellen Gamer-Reverenzen, Tribute an Panem und digital verseuchte Ultragewalt schaffen es nicht die unterentwickelte Erzählung auszugleichen. Der „Boy“ weiß einfach nie wann was zu viel ist. Zum Ende hin erblödetet er sich sogar seinen lächerlichen Blödsinn ernst zu nehmen. Mit blutrünstigen Unsinn den Zuschauer gnadenlos zu verprügeln ist für mich kein Filmkonzept. Ich habe nur noch gedacht, Alter, schalte mal ein oder zwei Gänge zurück.
                  Mit 4 Käsereiben die Achseln zerfetzen.

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                    lieber_tee 20.08.2024, 16:50 Geändert 20.08.2024, 19:53

                    So hohl wie die Hohlwelt.
                    Das Problem bei „The New Empire“ ist das gleiche wie bei so vielen dieser Franchise-Filme. Es gibt nur seelenlose Extravaganzen, bei denen CGI die Charakterentwicklung, ein gutes Drehbuch und emotionale Verbindungen ersetzt. Wingard hat hier im Grunde ein Remake seines eigenen Vorgängers abgeliefert, lediglich ein paar Versatzstücke etwas anders arrangiert. Dem symbolischen Subtext der originalen Filme beraubt, gibt es wieder einmal riesige Kreaturen, die Wrestling-Kämpfe auf Kindergarten-Niveau machen, in einer reinen Spezialeffekt-Arena. Hier mehr in einer Hohlwelt für Affen, mit Godzilla als Nebenfigur. Jede einzelne Szene wird von den „Menschen“, wie in einem Schülerreferat, für den Zuschauer erklärt. An einer Stelle legt sich Godzilla, müde von all dem Herumtrampeln, mitten im Kolosseum von Rom hin, um ein wohlverdientes Nickerchen zu machen. Es ist der nachvollziehbarste Moment im Film.
                    5 mal Strahlung absorbieren.

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                    • 6

                      Mit olympischem Elan gemacht.
                      Wer einen intelligenten, glaubwürdigen Hai-Thriller mit subtiler Öko-Warnung sucht ist hier komplett fehl am Platze. Der Film nimmt seinen albern-blutigen Unsinn mit grimmigen Ernst ernst, ist aber 1000 mal besser inszeniert als die z.B. Sharknado-Vertreter. Kompetent gefilmt und geschnitten, oft spannend und manchmal sogar beängstigend. Mit anderen Worten, er erfüllt seinen Zweck Katastrophenfilm mit Tier-Horror-B-Movie zu kombinieren. Nicht mehr, nicht weniger.
                      6 Öko-Aktivisten fressen.

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                        lieber_tee 18.08.2024, 19:54 Geändert 19.08.2024, 17:34
                        über Abigail

                        TikTok-Horror im Stil von „Ready or Not“.
                        „Abigail“ setzt die Serie von Universal fort, mit ihren Monstercharakteren einfallsreiche neue Geschichten zu erzählen (hier diente „Draculas Tochter“ aus dem Jahre 1936 als Vorbild). Entstanden ist ein typisch zeit-aktueller Horrorfilm, fett mit post-postmodernen Humor überzogen. Das Drehbuch fühlt sich an, als ob es seit Ende der 1990er Jahre irgendwo in einer Schreibtischschublade herumlag, entstaubt und hastig nur mit den nervigsten zeitgenössischen Horrortrends aktualisiert wurde. Dem anfänglichen Spaß der ersten dreißig Minuten geht schnell die Puste aus, Spannung auf engstem Raum wird mit Quatsch, Splatter und Hektik verwechselt. Dan Stevens ist auf der Leinwand allerdings weiterhin eine wahre Freude.
                        4 fiese Vampire im Tutu.

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                          Animal Farm mit Affen.
                          In „New Kingdom“ sieht alles toll aus. Die exquisite Motion-Capture-Arbeit und das dystopische Produktionsdesign ist klasse. Ein Spektakel. Die Geschichte protzt zwar nicht mit den pathetischen Shakespeare-Höhen und Kriegsphantasien der von Matt Reeves inszenierten Vorgängern, bietet allerdings auch wenig interessante Ideen. Neue Erkenntnisse zu der etablierten Prämisse der Reboot-Reihe gibt es nicht, auch sind weder Noa noch Mae besonders spannende und komplizierte Charaktere. Die nächsten Teile könnten aber mit der angedeuteten moralischen Komplexität (am Ende) arbeiten und daraus ein faszinierendes soziales Gedankenexperiment machen.
                          6 Dechiffrierungsschlüssel.

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                            John le Carré trifft auf David Lynch.
                            „Pacifiction“ vermischt typische Elemente des Thriller-Genres mit Surrealismus und postkolonialer Ausbeutung. Er versetzt den Zuschauer in einen hypnotischen Fiebertraum aus Paranoia und Angst. Mit seinem gemächlichen Tempo, seiner halluzinatorischen Kinematographie und einer Laufzeit von fast drei Stunden ist diese Studie über einem Machtmenschen, der allmählich überflüssig wird, eine echte Belastungsprobe für das Anschauen, ein nahezu einschüchterndes Erlebnis. Das ist abwechselnd schwerfällig und fesselnd, nicht frei von Redundanzen und Sackgassen, aber, wenn einem der Stil gefällt, ungemein faszinierend.
                            7 blaue Sonnenbrillengläser.

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                              lieber_tee 14.08.2024, 14:22 Geändert 14.08.2024, 14:25

                              Kompendium komischer Grausamkeiten.
                              „Kinds of Kindness“ ist Lanthimos der alten Schule. Misanthropisch und kafkaesk analysiert er das Konzept des freien Willens, das auf giftige Machtverhältnisse trifft. Etwas wirklich tiefsinniges wird hier zwar nicht erzählt, aber dieser Treib-Sandkasten aus absurden Nebel, seine abgedrehte Seltsamkeit und absichtliche Künstlichkeit, hat mich fasziniert. Auch wenn sich die fast 3 Stunden manchmal mühselig anfühlen.
                              7 Selbstamputationen.

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                              • 4 .5

                                Shyamalan 2.0
                                Ishana Shyamalans Debutfilm ist leider nur eine blasse Imitation des prätentiösen Stils ihres Vaters geworden. Sie reproduziert all seine Mängel, von gestelzten Dialogen über unecht wirkende Menschen und verkackt das Ende. Zumindest in den ersten 45 Minuten zeigt sie Potential in der Bildregie und Neugierde wecken zu können. Im letzten Akt verliert sich der Film in seinen übermäßigen Erklärung der Geschichte der Kreaturen, was dem Mysterium schadet. Thematisch flirtet die Handlung mit spannenden Ideen über Identität, Perspektive und die Urangst davor beobachtet zu werden. Diese Themen bleiben jedoch weitgehend unerforscht, werden eher erzählt als gezeigt. Am Ende bleibt ein leicht nerviger, generischer Folk-Thriller, der auf rein formaler Ebene manchmal etwas zu bieten hat.
                                4,5 mal doof vor dem Fenster herumstehen.

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                                • 5 .5

                                  Katzen gehen immer...
                                  Als Prequel bietet der Film keine nennenswerte neue Informationen. Eine geschäftige und laute Stadt wie New York zum Schweigen zu bringen ist allerdings eine nette Idee. Der Film folgt dabei den bekannten Mustern von Alien-Invasion- und Katastrophenfilmen. Anders als bei den vorherigen „Quiet Place“-Filmen hatte ich allerdings zu keinem Zeitpunkt Angst weil Michael Sarnoski zwar hübsche Bilder aber nicht Horror kann... Die Handlung ist dabei grenzwertig idiotisch, Lupita Nyong'o spielt hier ein Opferarchetyp als ob sie in einem Oscar-Film ist. Statt Grusel gibt es viel menschliches Drama, mit rührseligsten Krebskitsch garniert.
                                  5 mal das Dosenfutter öffnen.

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                                    lieber_tee 12.08.2024, 22:53 Geändert 13.08.2024, 00:55

                                    „Body Double“ trifft auf das Niveau von „50 Shades of Grey“.
                                    Für Fans von Sydney Sweeny definitiv einen geilen Blick wert. „The Voyeurs“ gibt sich als heißer, frecher und packender Thriller, ganz den muffig-stylischen 90er Jahre Erotik-Krimis verordnet. Das frivol Unmoralische, das Abgründige, wird zunehmend moralisiert, je mehr der Film in toxische Machtverhältnisse, weibliche Selbstbestimmung und Sehnsuchtszielen eintaucht. Der voyeuristische Wahnsinn hat unzählig albern-konstruierte Wendungen, endet dann in einen bräsigen Twist, der alles Vorhergesehene komplett der Lächerlichkeit preisgibt. Letztlich ist der Film nur eine aufgehübschte Schweinerei.
                                    5 tote Vögel.

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                                    • 5 .5
                                      lieber_tee 11.08.2024, 22:54 Geändert 11.08.2024, 23:05

                                      Vetternwirtschaftsprojekt.
                                      Zwischen Klugheit und Dummheit liegt bekanntlich oftmals eine schmale Grenze. M. Night Shyamalans- Filme bewegen sich gerne in diesem Bereich. So auch „Trap“. Die offensichtlich absurde Katz und Maus-Prämisse wird in ein Hitchcock-artiges Szenario gepackt, strapaziert dabei gerne die Glaubwürdigkeit, hat aber in der Arena, wo Raum und Zeit geschlossen sind, genug Nervenkitzel und beißende Ironie, um ihre Unlogik auszugleichen. Die erste Stunde ist ein Film für Shyamalans Tochter, die Musikerin Saleka, verpackt in einen Thriller, der durch eine überzeugende Leistung von Josh Hartnett über Wasser gehalten wird. Hier spielt der Filmemacher mit den Grenzen zwischen Künstler und Fan, zwischen Konzert-Zuschauer und Film-Betrachter. Im letzten Akt fällt dieser Unsinn aber komplett auseinander, wird Patchwork von dösigen (Genre-) Ideen, findet einfach kein Ende, zieht sich. Es offenbart sich, das Shayamalan (mal wieder) eine tolle Ausgangsidee hatte, aber nicht weiß wie und wann er diese beenden sollte. Er hat (mal wieder) seinen eigenen Witz nicht verstanden...
                                      5,5 Fan-T-Shirts.

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                                        lieber_tee 11.08.2024, 02:13 Geändert 14.08.2024, 13:55
                                        über Sting

                                        Ohne viel Biss.
                                        Der letzte wirklich gelungene Spinnenfilm war „Arachnophobia“ aus dem Jahr 1990. Das Sub-Genre muss dringend wiederbelebt werden. Dieser Film schafft dass nicht. „Sting“ ist im Grunde wie „E.T.“ – nur das hier sich ein weiblicher Elliott mit einem giftigen Weltrauminsekt anfreundet, dass dann Drew Barrymore fressen will. Mit einer Mischung aus B-Movie-Kitsch und Spielberg-Vibe feiert Regisseurin Kiah Roache-Turner eine Horrorkomödie im Retro-Stil ab und zeigt, das sie fleißig viele Genrefilme und Klassiker vorher gesehen hat. Der Film ist ein zu 100 % nach Schema F gedrehter Monsterfilm, ohne furchteinflößendes Monster, stattdessen gibt es Familiendrama. Allerdings beim Herunterschrauben von Erwartungen macht das Endergebnis durchaus Spaß, ist optisch und handwerklich gekonnt und in seiner Oberflächlichkeit sympathisch.
                                        6 / 10 Killerspinnen aus dem Weltall.

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                                          Rosemary's Baby in Blut ertränkt.
                                          „Immaculate“ ist ein Horrorstück über körperliche Autonomie, eine grimmige Satire auf den Umgang der katholischen Kirche mit Frauen und trägt stolz seinen reißerischen Nunsploitation-Wahnsinn zur Schau. Sweeneys glaubwürdige Darstellung von einer staunenden Reinheit zu einem handelnden Wutwesen grundiert diesen Irrsinn und das blutige, mutige und verrückte Ende bleibt definitiv in Erinnerung.
                                          7 drohende Kaiserschnitte.

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                                            lieber_tee 10.08.2024, 01:16 Geändert 10.08.2024, 01:40

                                            Nur Sahne, aber kein Kuchen.
                                            Toxische Familiendynamik trifft auf „Das Schweigen der Lämmer“. „Longlegs“ soll der schrecklichste Film des Jahres 2024 sein, will sich wie ein vergessener Albtraum in das Gehirn seiner Zuschauer einschleichen. Trocken (manchmal auch etwas zäh) erzählt, mal beherzt Genre-Kino bedienend, dann in Kunstkino ersaufend, von okkulter Bösartigkeit geprägt, mit einigen creepy Sequenzen garniert, beschwört Oz Perkins eine Atmosphäre der Angst herauf, wo das Vertraute fremd und das Fremde vertraut wirkt. Nur stolpert der Film zunehmend über seine Ziellinie, weil er kaum Geheimnisse übrig lässt, er überlistet sich selbst in seiner überraschend leeren Auflösung. So unter die Haut, wie der Hype und der Filmemacher es glauben machen will, ist er mir nicht gegangen.
                                            6 mal mit dem Kopf auf dem Tisch schlagen.

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                                              Film als Themenpark-Spektakel.
                                              Das Heilmittel gegen Superheldenmüdigkeit soll wohl das maßlose darüber sich lustig zu machen sein. „Deadpool & Wolverine“ rast wie ein anarchisches Durcheinander vorbei und wirkt wie eine Firmenfusionsbesprechung zwischen Selbstbeweihräucherung, Selbstüberschätzung und Selbstzweifel. So ganz immun gegen den Charme dieses Ansatzes bin ich nicht, bei einigen infantil-frechen Gags musste ich schon lachen. Aber letztlich ist der Film dann doch nur ein mäßig kreatives Produkt unter dem Deckmantel der Subversivität. Schlampig, repetitiv werden Meta-Comic-Insiderwitze, Fan- und Nostalgieservice, schmerzfreie Ironie über die Konzernmacht von Disney und nie endende Cameos serviert. Diese stolz-vulgäre Multiversum-Buddy-Actionkomödie erstickt an seinem übersättigten Marvel-Menü. Die Drama-Elemente wirken aufgesetzt, der Liebesbrief an 20th Century Fox ist eine Trauerfeier. Über all das mieft der Gestank der Verzweiflung des Minimaus-Konzerns irgendwie die Haltbarkeit des MCU zu verlängern. Dieser Karneval der Insiderwitze, Selbstreferenzen und Realitätsbrüche ist (mal wieder) von der seelenlose Leere der Geldmacherei geprägt und hat sich wie 4 Stunden angefühlt, ich war froh als er vorbei war.
                                              4 zerstörte Logos von 20th Century Fox.

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                                                über Schock

                                                Entzündete Zähne ziehen.
                                                Ein Arzt ohne Approbation, der sein Eid ohne Fragen ernst nimmt und damit einen Pakt mit dem Teufel eingeht. Seine düstere Abwehrspirale führt, je mehr er helfen will, in seinen Abgrund. Diese intensive Neo-Noir-Gangstergeschichte erinnert an die Filme der Safdie Brothers und an die Pusher-Trilogie. Die Kameraführung ist dabei immer nah an den Figuren, der finstere Look von Köln spiegelt die Seenlandschaft seiner Figuren. Erlösung gibt es nicht, nur zerstörte Körper. Das ist starkes Genrekino Made in Germany, auf den Punkt gebracht.
                                                7 Corona-Schutzimpfungen an illegale Arbeitskräfte.

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                                                  lieber_tee 26.07.2024, 23:32 Geändert 26.07.2024, 23:41

                                                  Tiefe Bisswunden.
                                                  Das unerbittlich-düstere Krimidrama „Calm with Horses“ bietet kaum etwas, was nicht schon in anderen Filmen über problematische junge Männer erzählt wurde, die in einem Teufelskreis der Gewalt gefangen sind. Vieles davon ist bekannt (z.B. Pferde als Symbole der Hoffnung), aber der Film ist mit so viel Selbstvertrauen gedreht und gespielt, das er den Zuschauer direkt in die Denkweise seines gequälten Protagonisten hineinzieht. Die hypermaskuline Kleinstadt-Welt, die verzweifelte Suche nach Erlösung und Menschlichkeit, das eindringliche Spiel von Cosmo Jarvis sind dabei nie protzig. Starker Debüt-Kinofilm.
                                                  7 blutige Knöchel.

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                                                    lieber_tee 25.07.2024, 23:37 Geändert 27.07.2024, 01:34

                                                    Coole Typen erschießen Nazis.
                                                    „The Ministry of Ungentlemanly Warfare“ passt perfekt in das Repertoire von Guy Ritchie. Kantige, draufgängerische (Anti-) Helden üben zynisch-sportlich Gewalt für eine gerechte Sache aus und sind dabei gekleidet, als wären sie auf dem Weg zu einem Fotoshooting für ein Modemagazin. Um so überraschender ist, das sein Film so seltsam lethargisch, wie mit Handbremse inszeniert wirkt. Ritchie wollte wohl irgendwas zwischen Nazisploitation, Tarantino und „Die Seewölfe kommen“ machen, auf dem Weg dahin bleibt aber nur ein solider, esprit-loser Film übrig, der stolz Krieg als Abenteuer feiert.
                                                    5 Kopfschüsse in Til Schweiger.

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