Ratso Rizzo - Kommentare

Alle Kommentare von Ratso Rizzo

  • 5 .5

    Dank des (hoffentlich alljährigen) MP-Schrottwichtelns fiel mir dieses curiosity piece in die Hände. Beim ersten Blick auf das unsägliche DVD-Cover, das zwei idiotisch dreinblickende Männer zeigt, die vor einem schlecht per Photoshop hineinkopiertem Polizeiauto davonlaufen, dachte ich tatsächlich zunächst, dass es sich um den größten Schrott überhaupt handelt. Aber halt, die beiden Idiotenvisagen gehören doch tatsächlich Nicolas Cage und Samuel L. Jackson! Und ich war der Meinung, dass es neben Bangkok Dangerous und Corellis Mandoline keinen Nicolas-Cage-Film gäbe, vor dem ich mich erfolgreich gedrückt habe. Da ich mich durchaus als Fan der beiden Stars zähle, war mein Interesse also mehr als geweckt.
    Und Amos & Andrew ist irgendwie wirklich ein interessanter Film. Die Gauner-Buddy-Rassen-Komödie/Farce/Satire-Genremischung weiß nicht so recht, was sie sein will, was zwar einerseits bereits ihre Schwächen deutlich macht, andererseits sie aber auch zu einem skurril-unterhaltsamen Sehvergnügen werden lässt. Die Story-Beschreibung ist wahrscheinlich am besten geeignet, um den Reiz von Amos & Andrew deutlich zu machen: Andrew (Sam Jackson), seines Zeichens Pulitzerpreisträger und verbissener Verfechter der Rechte der Schwarzen, bezieht gerade sein neu erstandenes Sommerhaus, als ihn ein nach außen hin biederes, im Schlafzimmer aber SM verrücktes Paar dabei zusieht, wie Andrew seine Stereoanlage aufstellt. Das kann natürlich nur eins bedeuten – der bad motherfucker raubt das Sommerdomizil aus! Schnell wird der lokale Polizeichef gerufen, der sich aufgrund seiner Kandidatur bei den anstehenden Bezirkswahlen nach einer kriminalistischen Großtat sehnt. Blöderweise gibt dessen dümmlicher Hilfssheriff mehrere Salven auf den Bürgerrechtler ab, eh er realisiert, dass sich der Bürgerrechtler Andrew doch tatsächlich legal in dem Haus aufhält. Um bei der bald eintreffenden Presse nicht als Vollpfosten dazustehen, engagiert der Polizeichef den Kleinkriminellen Amos (Nicolas Cage), um Andrew als Geisel zu nehmen, um anschließend heldenhaft das Geiseldrama selbst aufzulösen. Natürlich geht der Plan schief, da Amos nicht als Sündenbock dastehen will, woraufhin die gesamte ansässige Bürgerrechtsbewegung bald mit Fackeln vor der Villa steht, ein Hund namens Rommel auftaucht und andere absurde Geschehnisse ihren Lauf nehmen.
    Die Story eignet sich in ihrer Skurrilität perfekt, um eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten für Seitenhiebe auf alles und jeden herzustellen. So bekommen Weiße, Schwarze, die weiße Bourgeoisie, die an der weißen Bourgeoisie angepassten Schwarzen, die Presse und die Polizei ihr Fett weg. Dabei bietet die Geschichte eine Menge Gelegenheiten für wirkliche komödiantische Sternstunden… nur nutzt der Film keine davon. Ich kann an einer Hand abzählen, wie oft ich wirklich gelacht habe. Das wäre für andere so genannte Komödien schon eine Meisterleistung, allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass das Drehbuch nicht wirklich ausgereift ist und einfach mehr drin gewesen wäre.
    Dabei machen die beiden Hauptdarsteller ihre Sache gut. Samuel Jackson darf durchweg angenehm ernst agieren und lässt zu jeder Zeit seine Wut auf das weiße Amerika, aber auch seine Unzufriedenheit mit seiner eigenen ethnischen Identität durchblicken. Auch Nicolas Cage übertrieb es 1993 noch nicht mit dem Overacting, hat aber auch ein paar schöne Momente der creepiness, wenn er mit einer Minderjährigen flirtet. Seine beste Szene ist sicherlich die, in der er von seiner enttäuschenden Erfahrung mit den Urzeitkrebsen aus den Yps-Heften erzählt. Da kommen doch gleich Kindheitserinnerungen hoch. Doch Michael Lerner (bekannt als New Yorker Bürgermeister in der Hollywoodversion von Godzilla, in dem er auch gleichzeitig als Roland Emmerichs Seitenhieb auf Roger Ebert fungiert) stiehlt den beiden Stars als Spießer, dessen latenter Rassismus und Sadomasoaffinität schnell zum Vorschein kommen, die Show.
    Insgesamt sieht Amos & Andrews leider auch relativ schlecht produziert aus. Das mag allerdings auch an der Schrott-DVD liegen, die wahrscheinlich an einem Tag zusammengekloppt wurde. Die Höhe ist das Sprach- und Untertitelmenu, das als einzige Option in großen Comicschrift-Lettern „Deutsch (Stereo)“ anbietet.
    In jedem Fall geht ein großes Danke an Sonse und den unbekannten Schrottwichtelspender, ohne die ich auf dieses Frühwerk zweier meiner Lieblingsschauspieler nie gestoßen wäre!

    6