Der Fluch der Videospieladaptionen

22.11.2011 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
This Ain't No Game, It's a Live-Action Thrill Ride!
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Erwähnen wir die Worte Videospiel und Adaption gemeinsam, bekommen sowohl Gamer als auch Filmfreunde oft Zuckungen im Auge. Warum das so ist und was Hollywood dagegen tun könnte, betrachten wir heute mal genauer.

Über die Verfilmung von Videospielen haben wir auf moviepilot schon oft gesprochen und gestritten, denn die Meinungen sind ziemlich gegensätzlich. Während einige noch auf die Adaption ihrer Lieblingsspiele hoffen, haben andere schon völlig resigniert. Wenn wir uns die Vergangenheit der Videospieladaptionen so ansehen, dann lässt sich nicht leugnen, dass sich der Standpunkt der Verächter gut nachvollziehen lässt. Von Wing Commander über Alone in the Dark bis hin zu Max Payne treffen wir auf grottenschlechte bis fragwürdige Umsetzungen guter Spiele. Doch woran liegt es eigentlich, dass gerade diese Adaptionen so oft scheitern? Und was braucht es, damit das eben nicht geschieht?

Wozu brauche ich eine Geschichte?
Ein Hauptproblem vieler Verfilmungen ist die Handlung oder eher deren Abwesenheit. Es gibt Spiele, die bestechen nicht gerade durch eine ausgeklügelte Story, sondern funktionieren hauptsächlich durch spaßiges Gameplay. Niemand würde behaupten, dass die Handlung von Street Fighter sonderlich ausgeklügelt ist, trotzdem macht das Spiel Spaß. Als Film ist Street Fighter: The Legend of Chun-Li eine eher verzichtbare Erfahrung. Die Geschichte ist zu dürr, um an ihr Freude zu finden und zum passiven Konsum ungeeignet. Während es Spaß macht, bei Street Fighter selbst Hand anzulegen und die überzogene Darstellung auf der Konsole amüsiert, sorgt es in der Verfilmung mit Jean-Claude Van Damme eher für Ratlosigkeit. Auch die Idee, dass ein Klempner die Welt rettet, erfreut seit über 25 Jahren weltweit Gamer. Auf Super Mario Bros. hätten wir trotzdem verzichten können. Tekken, Tomb Raider, House of the Dead, Doom – Der Film, BloodRayne, … die Liste an Beispielen ist lang und bitter. Nur, weil etwas in einem Medium funktioniert, bedeutet das nicht, dass es ein franchisefähiger Titel ist. Aber das ist wohl etwas, das Hollywood noch lernen muss.

Zuviel des Guten?
Natürlich können wir nicht bei jedem Titel von einem Mangel an Story sprechen. Es gibt genug Games, die durch eine gut durchdachte, aber viel zu umfangreiche Handlung überzeugen, die sich jedoch nicht in ein Filmformat pressen lassen möchte. Aus einem 40-Stunden-Spiel einen 2-Stunden-Film zu machen, erfordert jede Menge Kürzungen, die Fans nicht sehen wollen. Reine Spielzeit beinhaltet zwar nicht nur Handlung, sondern auch reines Gameplay, aber ebenso Hintergrundinformationen zu Charakteren, Schauplätzen und Ereignissen. Das Rollenspiel Mass Effect beispielsweise bietet Spielern nicht nur eine interessante Geschichte, sondern auch die Möglichkeit Entscheidungen zu treffen, die den gesamten Spielverlauf ändern und ebenso den Ausgang, was einen großen Reiz des Spiels ausmacht. Es wundert also niemanden, dass Legendary Pictures sich entschlossen hat, für Mass Effect eine neue Geschichte im Universum der Reihe zu entwickeln.

Dieses Konzept ist ein zweischneidiges Schwert. Ein Regisseur muss den Balanceakt schaffen, den Fans des Basismaterials das zu geben, was sie erwarten und der Quelle treu bleiben, aber genug Eigeninnovation einbringen, dass das Unterfangen gelingt. Paul W.S. Anderson versuchte das mit seinen Resident Evil -Filmen. So schuf er jedoch eine seltsame Art Hybrid zwischen Basistreue und Innovation, indem er die Grundidee nahm, sie bis zur Unkenntlichkeit abwandelte und dann sinnfrei Namen aus den Spielen einwarf, die jedoch nichts mehr mit ihrem Ursprung gemein haben. Immerhin der finanzielle Erfolg scheint ihm Recht zu geben, denn Resident Evil 5: Retribution ist gerade in Arbeit.

Wie, ich muss etwas kennen, um darüber einen Film machen zu können?
Ein großes Problem ist, dass viele Filmemacher das Basismaterial, das sie umsetzen wollen, nicht kennen. Mike Newell, wurde in einem Interview sehr laut, was seine Meinung gegenüber Gamern und Games angeht, die er als emotionslos und langweilig umschrieb, da offenbar alle nur aus Töten bestehen. Was also bringt einen Mann, der einer Industrie so viel Verachtung entgegenbringt, auf die Idee, der Richtige für eine Adaption von Prince of Persia: Der Sand der Zeit zu sein? Sollte es ihn dann wirklich wundern, dass sein Film beim Publikum nicht gut ankommt und nur einen Bruchteil seines 200 Millionen Dollar Budgets wieder einspielt?

Zukunftsmusik
Nicht nur für Fans, sondern auch für die Gamingindustrie ist die Situation frustrierend. Daher ziehen immer mehr Entwicklerstudios und Publisher die Konsequenz und gründen eigene Filmstudios, wie zuletzt Rockstar Films und Ubisoft Motion Pictures. Letztere machten vor einiger Zeit der Filmindustrie das Leben schwer, indem sie auf das kreative letzte Wort pochten, was eine Umsetzung von Assassin’s Creed angeht. Viele passten deshalb, bis sich letztlich Sony fand, die wohl nicht nur das beliebte Franchise selbst ansprechen dürfte, sondern auch die Tatsache, dass Ubisoft einen Großteil der Kosten übernimmt.

Vor einiger Zeit gab es ein Medium, von dem ebenfalls viele prophezeiten, dass wohl nie (wieder) gute Filme daraus entstehen würden. Über Jahre hinweg wurden wir mit einer mäßigen Comic-Adaption nach der anderen gequält. Wenn wir uns dieses Jahr oder das nächste ansehen, dann dürfte deutlich werden, wie weit wir uns von diesem Punkt entfernt haben. Einer der erfolgreichsten Filme aller Zeiten ist eine Comicadaption und einige der größten Filme des nächsten Jahres ebenfalls. Vielleicht kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem wir auf all die schlechten oder mäßigen Videospielverfilmungen zurückblicken und lachen können, weil wir seitdem ein großartiges Uncharted gesehen haben, Bioshock uns aus den Socken gehauen hat und Tomb Raider aus den Kinocharts nicht mehr wegzudenken ist. Wer weiß. Wunder geschehen schließlich immer wieder.

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