Von Mondarbeitern und Serienkillern: eine erste Bestandsaufnahme

28.08.2009 - 18:23 Uhr
Herbe Enttäuschung: Dario Argentos "Giallo"
Hannibal Pictures
Herbe Enttäuschung: Dario Argentos "Giallo"
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Das Fantasy Filmfest hat seine ersten zwei Stationen hinter sich gebracht. Zeit, kurz innezuhalten und sich in der Netzwelt umzuhören, welche Filme besser und welche schlechter angekommen sind.

Am Mittwoch ging das Fantasy Filmfest in Berlin und Hamburg zu Ende und zieht nun weiter durch Köln (26. 08. bis 02. 09.), Frankfurt (26. 08. bis 02. 09.), Nürnberg (27. 08. bis 03. 09.), Stuttgart (02. bis 09. 09.) und München (01. bis 09. 09.).

Einige Online-Medien haben unermüdlich über das Festival berichtet – allen voran Stefan Höltgen auf Telepolis, Rochus Wolf auf seinem Blog Butt-Kicking Babes, Renington Steele auf Fünf Filmfreunde (mit gelegentlicher Unterstützung von moviepilot-Kollege Batzman) und natürlich nicht zu vergessen die eifrigen User des inoffiziellen Fantasy Filmfest Forums F3a.net. Ich will hier versuchen einen kleinen Überblick über den bisherigen Festivalverlauf zu geben – auch als Orientierungshilfe für alle, die das Festival noch besuchen wollen. Wie immer gilt: Kein Anspruch auf Vollständigkeit! Ein bisschen was sollt ihr ja noch selbst zu entdecken haben…

Surrealer Sci-Fi

Recht positiv aufgenommen wurde der hypnotische Science Fiction Moon von David Bowies Sohn Duncan Jones. Die User im F3-Forum sind im Ganzen sehr angetan – “Ein stiller Film irgendwie, und wirkt sehr nachhaltig”, “Der Film ist in sich völlig stimmig. Hervorragende Bilder, ein unaufdringlicher Soundtrack und gute Darstellung vereinen sich mit einer interessanten, sich Schritt für Schritt aufbauenden Story” – und auch Stefan Höltgen ist voll des Lobes: “Die Leichtigkeit der Inszenierung, die liebevollen Allusionen an berühmte Genrevertreter wie 2001: Odyssee im Weltraum und Dark Star und das großartige Doppel-Spiel Sam Rockwells machen aus Moon einen überaus sehenswerten Science-Fiction-Film.” Dennoch fand mancher seine hohen Erwartungen enttäuscht. “Die Story findet sich viel cleverer, als sie eigentlich ist und ohne das grandiose Schauspiel von Sam Rockwell und die visuell sehr ansprechende Inszenierung wäre Moon wenig mehr als eine mittelmäßig interessante Sci-Fi-Story” heißt es in einem der weniger wohlwollenden Beiträge im F3-Forum, und Batzman mäkelt: “Rockwell spielt toll und die Szenen in denen er doppelt auftritt sind wirklich gut getrickst. Aber das alles hilft nicht über derbe Logiklöcher hinweg und die Tatsache, dass weder im Innenleben noch in der moralischen (…) Menschlichkeitsfrage irgendwas wirklich interessantes oder relevantes herausgearbeitet wird.” Ich will nicht verschweigen, dass ich selbst auch eher der letzteren Fraktion angehöre.

Kleinstadtlynchmob

Großer Zustimmung kann sich auch der Däne Ole Bornedal (Nightwatch – Nachtwache) mit seinem Kleinstadtthriller Deliver Us from Evil erfreuen: “ziemlich brillant mit ein paar kleineren Makeln” findet ihn Renington Steele, und Stefan Höltgen schreibt auf Telepolis: “Bornedal gelingt es mit seinem einzigartig subtilen Humor aus Deliver us from Evil nicht ein Lehrstück im Stile Dogville s werden zu lassen, obwohl viel aus seinem Film daran erinnert. Anstelle dessen sorgt er dafür, dass wirklich niemand mit sauberen Händen aus der Geschichte hervorgeht und wir uns am Ende fragen müssen, wie und warum wir unsere Sympathien und Antipathien auf bestimmten Figuren verteilt haben.”

Kirmesboxer auf Abwegen

Das Verbrecher-Biopic Bronson spaltete schon vor Festivalbeginn die britischen Kritiker, und diese Tendenz setzt sich jetzt in Deutschland fort. Rochus Wolff lobt “die elegante Perfidie des Films”, die “offenbar an Stanley Kubrick geschult(e)” Bildsprache und Hauptdarsteller Tom Hardy. Er, so Wollf, “gibt Bronson seine wuchtige Gestalt, und in all der selbstdarstellerischen Sicherheit, mit der er durch den Film schreitet, wird zugleich immer deutlich, wie sehr dieser Mann verloren ist in und für die Außenwelt.” Den Hauptdarsteller lobt auch Renington Steele – auch in England waren die Kritiker sich in diesem Punkt einig – ansonsten jedoch ist Bronson in seinen Augen “ein schlechter Film, der sich nicht entscheiden kann, ob er nun arty-farty Arthouse, eine Gewaltstudie oder Slapstick sein will und da mäandert er munter zwischendrin rum und hinterlässt den Zuschauer ziemlich ratlos.”

Voll daneben

Als größte Enttäuschung des diesjährigen Festivals darf mit Sicherheit der Serienkillerkrimi Giallo vom hier und da immer noch als “Altmeister” betitelten Dario Argento gelten. Stefan Höltgen – schreibt von “‘Tatort’-Appeal” und findet Giallo “sehr unspektakulär, aber zum Glück nicht ärgerlich.” Filmfreund Renington Steele geht deutlich härter ins Gericht: “was Argento hier abliefert, kann man getrost als Publikumsverarschung bezeichnen. (…) ein Film zum Haareraufen und bislang der schlechteste Film des Festivals und zwar mit Abstand.” Auch die F3-Community kommt zu ähnlichem Ergebnissen: “Anfang bis Ende schlichtweg stümperhaft”, “Argento weiter auf dem Abstieg in untere Ligen”, “Die Geschichte ist Standard, die Charaktere nervig, das Ganze überraschend unblutig und vor allen Dingen die Dialoge unter aller Sau!”

Linguistenzombies

Ein überraschend entdecktes Kleinod hingegen war der kanadische Pontypool – Radio Zombie, der als klaustrophobischer Zombiethriller beginnt und zur abgehobenen Reflexion über Sprache mutiert. Stefan Höltgen zeigt sich sehr angetan von Pontypool, der “sicherlich kein einfacher Film (ist), aber auch keiner, den man einfach übergehen sollte”, und auch Reningtgon Steele und Batzman haben zwar ihre kleinen Schwierigkeiten mit dem Twist des Films in der zweiten Hälfte, loben jedoch “hypnotische Sogwirkung” (Steele) und die “insgesamt humorvolle Herangehensweise” (Batzman).

…und sonst

Ich selbst habe dieses Jahr keinen Film gesehen, der mich komplett vom Hocker gehauen hätte, kleine Highlights waren jedoch in meinen Augen die herrlich politisch unkorrekte Splatterkomödie Doghouse und die absurde spanische Teenie-Horror-Parodie Sexykiller, die auch Rochus Wolff zusagte: “alles andere als eine ernste Angelegenheit. Ohne je zu einem echten Metafilm werden zu wollen, wird hier in Anspielungen (es fängt gleich mit Scream an) und Kritik das Slasher/Serienkiller-Subgenre geplündert und gelegentlich erweitert”. Ebenfalls empfehlenswert fand ich den eigenwilligen und erstaunlich konsequent auf Old-School-B-Movie getrimmten Monsterfilm Pig Hunt – Dreck, Blut und Schweine, der allerdings im XXX-Treme Triple Feature läuft, das ansonsten nur ziemliche Grütze zu bieten hat. Also besser bei Gelegenheit die DVD leihen, wenn ihr auf liebevoll gemachten Trash steht.

…und, ach ja: Natürlich lieben (fast) alle District 9 – aber wer hätte da etwas anderes erwartet?

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