Game of Thrones: Eine überwältigende Blockbuster-Folge kurz vor dem Finale

13.05.2019 - 17:30 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
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Daenerys zerstört Königsmund in einer der besten Folgen von Game of Thrones, die trotzdem unter bekannten Problemen leidet. Lest hier, was die Folge so gut macht.

72 Folgen hat es gebraucht, bis Daenerys Targaryen (Emilia Clarke) in die Fußstapfen ihres Vaters trat. Die Tochter des wahnsinnigen Königs lässt in der 5. Episode der 8. Staffel von Game of Thrones Feuer auf Königsmund regnen. Tausende Unschuldige verbrennen unter ihren Augen. Daenerys, die Befreierin, die das Rad brechen wollte, überrollt eine ganze Stadt.

Wenn Arya (Maisie Williams) durch den Ascheregen davon reitet, endet eine überwältigende Blockbuster-Folge, welche die erzählerischen Probleme der letzten Staffeln von Game of Thrones mit Feuer und Tränen zu ersticken sucht.

Es gehört zur Tragik dieser Serie, dass Die Glocken (The Bells) das einzig logische Ende von Game of Thrones einläutet. Weil es in Staffel 8 von Game of Thrones keinen sauberen Ausweg geben kann - weder für die Figuren noch für die Autoren.

Die drei wichtigsten Erkenntnisse der Game of Thrones-Folge:

  • Hunderttausende hätten überlebt, hätte Jon - Augen zu und durch - seine Tante geküsst.
  • Tyrion verrät in dieser Folge einen seiner ältesten Freunde - und hintergeht seine Königin trotzdem.
  • Jaime Lannister ist und bleibt der dümmste Lannister.

Danerys Targaryen als entfesselter Drache von Game of Thrones

Am Anfang dieser Episode von Game of Thrones steht der offene Betrug durch Varys (Conleth Hill). Gnade kann er von seiner Königin nicht erwarten, die mit Augenringen und zerzausten Haaren neben dem Kartentisch von Drachenstein steht. Unter "Wahnsinn" findet ihr im Lexikon der TV- und Filmversatzstücke ein Foto von ihr.

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Die dunkle Enge der früheren Heimstatt von Stannis Baratheon bildet zudem die ideale Umgebung für Daenerys' psychischen Niedergang. Schon bald wird an der Küste wieder ein Mensch verbrannt.

Daenerys' Flug in den Wahnsinn kündigte sich seit der 1. Staffel von Game of Thrones an. Da beobachtete sie fast zufrieden, wie ihr Bruder mit heißem Gold übergossen wurde. Ihr Handlungsstrang schwankte stets zwischen einer Gnade, die oft betrogen wurde, und der grausamen Abrechnung dafür.

Nicht zufällig sammelte sie in den letzten Staffeln einen ganzen Harem von Vertrauten und Wächtern um sich: Jorah Mormont, Missandei und Barristan Selmy, Daario Naharis, Varys, Tyrion Lannister und schließlich Jon Schnee. Mittlerweile wirken sie wie die Ketten eines Drachen, die nach und nach abgenommen wurden.

Als Dany mit Drogon auf der Stadtmauer sitzt und hört, dass sich Königsmund ergeben will, steht diese Folge von Game of Thrones auf der Kippe. Trotz der Warnzeichen scheint alles in diesem Moment möglich zu sein.

Das verdankt sich gleichermaßen dem überstürzten Erzähltempo, das Danys Wandel über die Ziellinie hetzt, wie dem Kerngedanken dieses sechs Folgen langen Serienfinales: Ihr Vater, ihr Bruder, ihr Khal, die Aufständischen, die Feinde und Intriganten, keiner von ihnen entscheidet über die Zerstörung Königsmunds. Diese Wahl liegt bei ihr.

In Folge 5 der 8. Staffel wird Jon Schnee zum Nebendarsteller

Diese 8. Staffel von Game of Thrones knirscht und ächzt unter der Aufgabe, ein "würdiges" Serienfinale abzuliefern. Es bleibt eine (zwei Jahre) alte Leier, aber die Serie leidet unter der drängenden Zeit, deren Druckwellen wiederum die platteren Tendenzen der Autoren hervorpressen.

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Eurons (Pilou Asbæk) Kampf mit Jaime (Nikolaj Coster-Waldau) fällt in Die Glocken unter die Räder der Erzählmaschine, die Handlungsstränge auflöst wie Thanos das halbe Universum. Als Vorteil dieser Folge stellt sich jedoch ihre Schlacht heraus.

Während Die letzten der Starks die erzählerische Tür und Angel der 8. Staffel durch geballte Dummheit beisammen hielt, kann die 5. Folge für sich allein stehen. Und das gelingt den Machern. David Benioff und D.B. Weiss folgen dem Fantasy-Verständnis von George R.R. Martin, in dem sie sowohl dem "guten Krieg" als auch der reinen Retterfigur entsagen.

GoT-Snacks für Zwischendurch:

Stattdessen präsentieren sie mit Regisseur Miguel Sapochnik den nominellen Helden Jon Schnee (Kit Harington) wie schon in Die lange Nacht als Nebendarsteller, der diesmal zusehen muss, wie seine Gefolgsleute mordend und vergewaltigend durch die Gassen ziehen, und seine Geliebte Frauen und Kinder verbrennt.

Nach dem Krieg der Fünf Könige, der Eroberung der Sklavenbucht, dem Überfall auf Westeros und der langen Nacht öffnet sich zwischen den terrakottafarbenen Dächern des Südens ein Ventil. Heraus schießen Blut und Feuer, die zwischen Schuld und Unschuld nicht unterscheiden.

Diesen Eindruck vermittelt auch Daenerys kurz vor der verhängnisvollen Wahl. Die Zerstörung von Eurons Flotte und der Skorpione Cerseis (Lena Headey) konnte ihren Rachedurst nicht stillen. Es ging zu leicht (auch im Vergleich zum massiven Schaden aus der letzten Folge, aber das nur am Rande).

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Wie in einem Westernduell werden Cerseis und Danys Profile über Kilometer hinweg gegeneinander geschnitten. Eine Sogkraft des Hasses entfaltet sich hier in Bild und (Glocken-)Ton, der sich Daenerys entziehen kann, aber nicht will.

Game of Thrones erzählt eine Schlacht aus Sicht der kleinen Leute

Die Bilder des Krieges sehen wir in der letzten halben Stunde dieser Game of Thrones-Folge zusammen mit Arya Stark (Maisie Williams). Clever verschiebt sich die Perspektive, was bereits mit Varys' Hinrichtung beginnt. Da blicken wir mit der Spinne auf Drogons hungrige Schnauze, die über dem Kopf seiner Mutter ins Licht hineinschnuppert.

Nachdem Die letzten der Starks die Isolation von Daenerys durch ihre eigenen Augen zeigte, verwandelt sich die Drachenmutter im Finale der 5. Folge in eine gesichtslose Waffe. Die Konsequenzen ihrer Rache haben Vorrang.

Drogons Schatten legt sie wie in Brans Vision aus Staffel 4 über Königsmund, doch die Zerstörung entfaltet sich ohne sichere Distanz. Tod und Verderben am Boden werden verdichtet, als hätte jemand das geballte Leid der "kleinen Leute" seit dem Beginn des Krieges in Staffel 1 in ein Gemälde der Grausamkeit gefasst. Mittendrin Arya, die auf dem Weg zur Rache überraschend in einer Seitengasse hin zum Leben verschwindet

Die Sinnlosigkeit der Rache dominiert diese Game of Thrones-Folge

Als eines der vielen Details dieses Gemäldes der Zerstörung stellt sich der "Cleganebowl" heraus, die lang erwartete Abrechnung von Sandor "der Hund" Clegane (Rory McCann) mit seinem Bruder Gregor, dem "Berg" (Hafþór Júlíus Björnsson).

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Was zum anbiedernden Fan-Service (einer an Fan-Service reichen Staffel) hätte geraten können, verwandelt sich in einen Spiegel der Schlacht. Die Dächer von Cerseis Festung sind eingestürzt, Königsmund brennt und Sandor sticht immer noch auf seinen Bruder ein, ohne Wirkung.

Schließlich steht Der Berg mit einem Dolch im Schädel da, von Rauch umhüllt, als wäre nichts geschehen. Es ist ein starkes Bild für die Müßigkeit der Rache als Mittel, geschehenes Unrecht zu begleichen. Sandor kann seinen Durst einzig durch die Selbstzerstörung stillen. Das verbrannte Kind springt mit dem großen Bruder ins Feuer.

Game of Thrones bietet eine Überdosis fataler Wendungen

Erzählerisch wird in der 8. Staffel von Game of Thrones zu viel Butter auf zu wenig Brot verstrichen, um mal in Fantasy-Dialogen zu schreiben. Die Glocken wirkt in diesem Kontext wie eine Überdosis fatalistischer Game of Thrones-Wendungen.

So muss Dany vor dem Epilog in Folge 6 wahnsinnig werden, muss der Cleganebowl abgehandelt und Cerseis Schicksal besiegelt werden. Im Fall von Cersei und Jaimes Liebestod bleibt Game of Thrones sich immerhin treu.

Nur gut oder nur böse sind die wenigsten Figuren in der Serie. Das macht eine Figur wie Jaime aus, der sich läutern und doch nicht von seiner Liebe/Droge lassen kann. Das eine schließt das andere nicht aus. Ebenso wie das kalte Lächeln die Tränen nicht ausschließt, die später über Cerseis angsterfüllte Wangen rinnen. Wobei die Autoren sich bisweilen in den 50 Grauschattierungen von Jaime verirrt haben.

Dieses Hin und Her lieben wir aber auch an der Serie. Und so überzeugt Game of Thrones in seinen letzten Minuten vor dem Ende mit fantastischen Höhepunkten, die händeringend zusammengepresst werden. Ein echter moderner Blockbuster.

Zitat der Folge: "I don't have love here, I only have fear." (Daenerys)

Wie hat euch die 5. Folge der 8. Staffel gefallen?

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