blue1 - Kommentare

Alle Kommentare von blue1

  • 8
    über Blaze

    “He’s only gone crazy once. Decided to stay.” Townes van Zandt über Blaze Foley

    Ethan Hawk komponierte mit "Blaze" ein einnehmendes Drama, dass in seiner Poesie dem Werk Blaze Foleys gerecht wird.
    Herzzerreissend ist seine Sehnsucht, einen heilen Platz zu finden, um zu bleiben. Das Haus im Wald, dass er mit seiner Freundin Sybil belebt, wird es nicht: zu gross ist sein Drang, mit der Welt in Kontakt zu treten und Sybil ermutigt ihn, diesen Weg zu gehen, um der Welt seine Gedichte zu schenken.

    "I almost felt you touching me just now
    I wish I knew which way to turn and go
    I feel so good, and then I feel so bad
    I wonder what I ought to do

    If I could only fly, if I could only fly
    I'd bid this place goodbye to come and be with you
    But I can hardly stand, I got nowhere to run
    Another sinking sun, another lonely night

    The wind keeps blowing somewhere everyday
    Tell me things get better, somewhere up the way
    Just dismal thinking on a dismal day
    Sad songs for us to bear"

    Der Film ist als Interview aufgebaut: Ethan Hawk spricht als Radiomoderator mit Blazes Freund Townes van Zandt, eine ähnliche talentierte und nicht minder tragische Figur dieser Zeit, verkörpert von Charlie Sexton, Bob Dylans Gitarrist. unterbrochen wird das Gespräch von nüchternen Bildern verschiedener, symptomatischer Landschaften. Diese begleiten den Zuschauer über seine Selbstzerstörung bis hin zu Blazes vollständiger Ich-Werdung: Der Geburt einer Legende, die seiner Ambivalenz entspricht:

    "I'm going down to the greyhound station
    Gonna get a ticket to ride
    Gonna find that lady with 2 or 3 kids
    And sit down by her side
    And ride until the sun comes up and down around me about 2 or 3 times
    Smoking cigarettes in the last seat
    Trying to hide my sorrow from the people I meet
    And get along with it all
    Go down where people say y'all
    Sing a song with a friend
    Change the shape that I'm in
    And get back in the game
    And start playing again"

    2
    • 8
      über Atlanta

      Dicht oszillierend zwischen Tragödie und Komödie zeichnet "Atlanta" einen möglich wirkenden Mikrokosmos aus Sehnsüchten, Ängsten und Lethargie in der Spätadoleszenz.
      Der Feuilleton-Star Donald Glover aka Childish Gambino schafft es irgendwie, ein erfolgreicherTeil der Popkultur zu sein, die Regeln dieser permanent zu missachten, ohne zynisch zu werden. Er zeigt seinen unbetrübten Blick auf seine graue Welt in Farben, die nur ein Kaleidoskop vor einem weinenden Auge erzeugen können und das Ganze wirkt schlussendlich leicht, erhaben und intensiv. Ich freue mich auf mehr.

      3
      • Niveaulosigkeit, die sich als Niveau verkauft und den Anscheinmacht, Niveaulosigkeiten als eben solche zu enttarnen, denunzieren.

        Kulturkritik ohne Schaffensabsicht in pseudointellektueller Manier ist aber heute anscheinend das, was der, der sich des Fernsehens als, als Informationsbeschaffung getarnte Unterhaltung, aussetzt, will.
        Feuerbach wusst aber schon, dass "du bist, was du isst". Information und Unterhaltung sind Nahrung für den Intellekt, so also kann man dieses Maxim getrost auch auf nicht biologischen Konsum übertragen und jener, der sich der Fernseh-Kultur hingibt, eben zum Beispiel im Artikel genannten "Jesus", wird eben zu diesem autodestruktiven Hegemon, der nicht etwas auf darwinschem Lebensbaum die Entwicklungsstufe, die er kritisiert, überschritten hat, sondern auf selbem selbstgefälligen, anscheinend unendlich elastischen, Ast sitzt, den er, mit Zynismus, wie Russel es nennt "...Verbindung von Bequemlichkeit mit Machtlosigkeit", abzusägen versucht.

        Was ich sagen will: Diese gesamte Pseudokultur unserer Zeit, geschaffen von Medienmogulen und gesteuert von monetären, verdummenden Interessen, ist nur soweit ein Kulturzweig, wie die Leute diesen Folgen.
        Es gibt genug Wege, sich seine Unterhaltung selbst zusammenzustellen und dieser Selbstvernichtungsmaschinierie zu entkommen.
        "Früher gab es öffentlich Hinrichtungen, heute gibt es das Fernsehen" (Martin Scorsese)

        Nehmt doch einfach mal ein Buch in die Hand oder schaut einen guten Film. Das Leben ist nicht lang genug, um sich der Verblödung auszusetzen und jede Minute machts schlimmer.

        5
        • 8 .5

          Was ist Kunst?
          "Im Werk der Kunst hat sich die Wahrheit des Seienden ins Werk gesetzt.“, meint Heidegger.

          Kunst kann somit keine Dienstleistung sein, Kunst die sich verkaufen will, kann nicht wahr sein, Wahrheit kriegt keinen Applaus.

          "Look at this people... they love this shit, they love blood, they love action, not this talky, depressing philosophical bullshit"
          Der Kampf beginnt, Künstler gegen Zweifel fürs Werk. Boarderliner zwischen Selbstüberschätzung und Selbstzweifel.

          Flieg verdammt!
          Diese verdammten Zweifel können nicht fliegen!
          "there you go you motherfucker, gravity doesnt even apply to you"
          Was sind schon lächerliche physikalische Gesetze gegen DIE Wahrheit?! "Fucking Labels".

          -"Is this for real or you shooting a film?"
          -“Ich spiele nicht, ich bin das… verstehen Sie? Und deswegen bin ich nichts.” (Kinski)

          Applaus gibts erst wenn die Persönlichkeit hinter der Kunst zerstört ist, wenn Künstler und Kunstwerk eins werden. Auch wenn dafür ein Ohr oder eine Nase geopfert werden will.

          4
          • 8 .5

            Eine Idee, ein Raum, ein Parkplatz, acht Schauspieler, drei Statisten, eine Kamera, wenig Budget.
            Ohne irgendwie in einer Selbstinszenierung des eigenen Backgrounds in anthropologischen und Philosophischen Fragen abzudriften, wird hier ein Werk geschaffen, dass in 90 dichten Minuten ohne einen Hänger irgendeiner Art, einmal unsere Kulturgeschichte auf den Kopf stellt und das noch irgendwie schlüssig. Vieles ist nicht einmal so absurd, wie es sich im ersten Moment vielleicht anhört. Die Geschichte rund um den Tod Jesu, die vielleicht bei vielen, wie bei der bibeltreuen Teilnehmerin der Gesprächsrunde, sauer aufstösst, ja verstört, ist relativ nahe an den zeitgemässen essäischen Überlieferungen. Ebenso die religionstheoretischen Aspekte des Buddhismus im Christentum haben durchaus eine Berechtigung.
            Ich hoffte ständig, dass noch mehr kommt. Noch mehr Details, mehr Geschichten, tiefer weiter, Verknüpfungen. Es hätte ruhig noch ein wenig abstrusser und mutiger werden können, dann wäre dieser Streifen womöglich rasch ein Klassiker geworden. Aber wer weiss, was nicht ist kann ja noch werden. Die Grundzüge würden eine Forsetzung (in 10 Jahren) durchaus erlauben, ohne das Potential zu überschöpfen.

            6
            • 8 .5

              Wunderbares romantisches, sozialkritisches Werk Fassbinders mit dem wohl besten deutschen Filmtitel überhaupt.

              3
              • 10
                über Stalker

                Dass kann Film also auch sein.
                Antworten auf nicht gestellte Fragen. Ultimativ überfordernd.

                4
                • 8 .5

                  Und nun noch der 3. Teil, als angeblich stärkster Teil beschrien.
                  Schauspielerisch ist dies meiner Meinung nach auch der Fall und man merkt auch, dass Refn mittlerweile schon einiges an Erfahrung gesammelt hat.
                  Diesmal ist das Scheinwerferlicht auf Milo gerichtet, der in den beiden andern Teilen komplett unsympatisch war.
                  Schnell aber schafft es Refn dies zu drehen.
                  Milo ist der alternde Pate mit Herz und Schwächen. Diese werden auch deutlich gezeigt und er ist sich diesen bewusst. Durch das gewinnt er natürlich einiges an Sympathie.

                  2
                  • 8 .5

                    Lange habe ich die Pusher-Filme vor mich her geschoben, da ich als Refn-Fan ein wenig Angst hatte, enttäuscht zu werden.
                    Gestern jedoch habe ich mich "überwunden" und mit dem ersten Teil begonnen und ich wurde eines besseren belehrt.

                    Beim zweiten Teil erwartete ich vorallem bezüglich Stimmung starke Parallelen zum Ersten. Dies war der nächste Trugschluss.
                    Tonny, dessen Charakter sich im ersten Teil noch nicht richtig zeigte und der eigentlich vorallem durch seine stupide Art auffiel, wird hier ins Rampenlicht gerückt.
                    Daraus entsteht vielmehr eine Charakter- den eine Millieustudie.
                    Es wird mit ähnlicher Härte, Tempo und Umgebung wie beim Vorgänger die Ängste und Sehnsüchte von Tonny dem Versager gezeigt.
                    Ein mehr als würdiger Nachfolger, der mich nochmals mehr gepackt hat als der erste Teil.

                    3
                    • 8
                      über Pusher

                      Packende Milieustudie die teilweise unerträglich authentisch wirkt.
                      Die Nervösität und die Überforderung Bodnias gepaart mit dem immensen Tempo packen einem und lassen einem über die gesamte Filmdauer nicht los.
                      Dieses Abtauchen wird auch von der anfangs etwas gewöhnungsbedürftige, freien Kameraführung generiert. Über die Leistung der Darsteller braucht man gar nicht viel zu sagen.

                      Refn hat hier in Sachen Realistik und Nüchternheit eine Messlatte gesetzt, die schwer zu erreichen ist.

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                      • Hätte ihn zwar "Dreilochstute" genannt, ist aber auch iO.

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