Wolfgang M. Schmitt jun. - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
Dept. QDept. Q ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 von Scott Frank mit Matthew Goode und Alexej Manvelov.+22 Kommentare
-
Star Wars: AndorScience Fiction-Serie von Tony Gilroy mit Diego Luna und Genevieve O'Reilly.+20 Kommentare
-
Das ReservatDas Reservat ist eine Drama aus dem Jahr 2025 von Ingeborg Topsøe mit Marie Bach Hansen und Danica Curcic.+18 Kommentare
-
MurderbotMurderbot ist eine Science Fiction-Serie aus dem Jahr 2025 mit Alexander Skarsgård und David Dastmalchian.+17 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
28 Years Later390 Vormerkungen
-
The Fantastic Four: First Steps93 Vormerkungen
-
Jurassic World 4: Die Wiedergeburt93 Vormerkungen
-
Weapons - Die Stunde des Verschwindens87 Vormerkungen
Alle Kommentare von Wolfgang M. Schmitt jun.
Durch die weitverzweigte Handlung von „Die Haut, in der ich wohne“ offenbart sich dem Zuschauer ein kaum zu entwirrendes Geflecht von Beziehungssträngen, deren Fasern aus Erotik, Obsession, Liebe und Perversion bestehen. Almodóvar zeigt uns Bilder und dann die Geschichten hinter der Oberfläche. Betrachten wir die Grundkonstellation des Films: Ein Mann erschafft sich eine Frau. Wir sollten hier schnell einen Ausflug in die Antike unternehmen, denn Almodóvar bezieht sich natürlich auf den Pygmalion-Mythos. Der Künstler Pygmalion hat eine wunderschöne Frau aus Elfenbein geformt, sich unsterblich in sie verliebt und sie dann zum Leben erweckt. Der Mythos spielt in der Filmgeschichte eine wichtige Rolle: Denken wir an das Musical „My Fair Lady“ oder an Woody Allens „Whatever works“. Doch das direkte Vorbild für Almodóvar ist Alfred Hichtcocks „Vertigo“. Darin kreiert sich James Stewart eine Frau nach dem Abbild einer Toten. Hitchocks Geniestreich über Identität und Begehren ist die Grundlage fast aller Almodóvar-Filme. „Fessle mich“, „La mala Educacion“, „Alles über meine Mutter“, „Zerrissene Umarmungen“, sie alle stellen Fragen wie: Lieben wir wirklich einen Menschen für das, was er ist? Wen oder was begehren wir, wenn wir begehren? Ist alles nur Phantasterei und leerer Wahn? Wie wichtig ist das Geschlecht des anderen für unser Verlangen? Sind wir in Wirklichkeit alle wie Pygmalion? In erster Linie reflektiert Almodóvar dabei seine Position als Regisseur. Wie Pygmalion macht er schließlich nichts anderes, als aus seiner Phantasie heraus Menschen zum Leben zu erwecken. In vielen seiner Filme tauchen deshalb Regisseure auf, auch die Figur Antonio Banderas ist gewissermaßen ein Regisseur, denn er beobachtet seine Patientin permanent mit Hilfe von Kameras, die die makellose Haut heranzoomen. Dabei ist er nicht der einzige Voyeur.
Der andere Voyeur ist zweifellos der Zuschauer. „Die Haut, in der ich wohne“ führt uns unseren Voyeurismus vor, der nie unschuldig ist. Almodóvars Filme immer sind Changements über die Schuld und Unschuld des Zuschauers. Eine Einordnung des Films in Almodóvars Gesamtwerk gibt es in meinem Videoblog „Die Filmanalyse“.
Die Twilight-Saga nähert sich dem Ende: Edward (Robert Pattinson), der mit seinen 109 Jahren noch ein gutes Jahr älter ist als Johannes Heesters und Bella (Kristen Stewart) haben endlich Sex und Jacob (Taylor Lautner) ist immer noch eifersüchtig. Doch für die Zuschauer kommt alles anders als gedacht. Was uns an dem ganzen Franchise-Spektakel interessieren sollte, ist natürlich die Hochzeitsnacht. Das erste Mal schlafen Bella und Edward miteinander, akribisch haben die Teile davor diesen Moment vorbereitet, die Lust wurde bis ins Unerträgliche gesteigert. Wie wird also Regisseur Bill Condon diese – vielleicht bedeutendste Sexszene aller Kinozeiten – inszenieren? Würde es so etwas schon einmal gegeben haben? Wenn es dann im Film soweit ist, blickt man ungläubig auf die Leinwand, wie der Schriftsteller Franz Grillparzer als er das erste Mal in seinem Leben das Meer sah. Man will sich Grillparzers Reaktion anschließen. Er notierte: „So hatte ich`s mir nicht vorgestellt.“ Was war da los? Ist die Phantasie einfach übermächtig geworden, daß die Realisierung nur enttäuschen kann? Karl Kraus beschrieb dieses Phänomen einmal mit den Worten: „Der Beischlaf hält nicht, was die Onanie verspricht.“ Doch der Regisseur stellt sich einer solchen Gefahr erst gar nicht, denn die Sexszene ist eine Leerstelle, eine Auslassung. Wir sehen Bella und Edward erst nackt im Meer baden, anschließend sind beide im Bett, sie küssen sich, Edward räkelt sich auf Bella und reißt beinahe die Stützen des Bettes ein. Nach wenigen Sekunden wird abgeblendet und dann hat auch schon ein neuer Tag begonnen. Das Zimmer ist vollkommen verwüstet, es muß noch hoch hergegangen sein. Bella hat sogar blaue Flecken davongetragen, denn Edward kann im Geschlechtsakt nur schwer seinen Beiß-Trieb unterdrücken. Wir Zuschauer werden nur mit dem Beweismaterial für hemmungslosen Sex abgespeist; gesehen haben wir davon nichts. Die einfache Erklärung dafür lautet selbstverständlich: Es ist ein Jugendfilm, er ist ab 12 freigegeben, also viel mehr war nicht möglich. Doch sollten wir es uns nicht so einfachen machen. Selbst für 12jährige ist die Liebesnacht ein Witz, zumal die blutrünstige Darstellung der Geburt, die an das Splatter-Genre erinnert, nicht zensiert wurde. Es muß also einen anderen Grund geben. Vielleicht liegt gerade in der Keuschheit die wirkliche Perversion. Vielleicht wabert untergründig und unbemerkt ein obszöner Diskurs mit. Mehr dazu im Videoblog „Die Filmanalyse“!
Ich glaube, wir sollten die ganze Twilight-Reihe uns noch einmal mit einer anderen Brille ansehen: Haben wir es in Wahrheit nicht mit einer schwulen Geschichte zu tun, mit der Liebe zwischen Edward und Jacob? Mehr dazu in meinem Videoblog:
http://www.youtube.com/watch?v=BnOP2MVidaU
Roland Emmerich versteht vielleicht etwas von Weltuntergängen, doch leider überhaupt nichts von Shakespeare. Hierzu meine Filmkritik in meinem Videoblog:
http://www.youtube.com/watch?v=YcQvsyTqLj0
Um erst gar keine Mißverständisse aufkommen zu lassen: „Melancholia“ ist das, was man ein Meisterwerk nennt. Aber wie ist der Film zu deuten? Sehen wir hier nur die cinematographische Pathologie eines depressiven Regisseurs? Nein, wir sollten den Film weniger als eine verfilmte Krankenakte, sondern mehr als eine allgemeine Weltbeschreibung begreifen. Denn nur weil der Regisseur krank ist, heißt das nicht, das die Welt gesund ist. Der Schlüssel zu diesem rätselhaften Film liegt in der Musik. Wenn man Lars von Triers Interpretation von Wagners „Tristan und Isolde“ begreift, wird alles ganz einfach. Von Trier versteht Wagners Oper nicht als große Liebesoper in der sich Tristan und Isolde für die ewige Liebe vereinen. Es ist nicht der Liebestrieb, der vorherrschend ist, sondern allein der Todestrieb. Tristan will nicht mit Isolde die Liebe leben, Tristan – und das ist nun mal deutsche Romantik – will sterben und braucht dazu Isolde. Der Liebestrank war also doch der Todestrank. Isoldes Liebestod-Arie am Ende der Oper hat mit Liebe eigentlich wenig zu tun, vielmehr erwartet Tristan Isolde sehnsüchtig, damit er endlich sterben kann. Isolde kommt, wie wir wissen, mit dem Schiff gefahren, es ist erst unsicher ob sie wirklich eintreffen wird oder an einem Felsen zerschellt. Wie in unserem Film der Planet erst schon ganz nahe ist und sich dann doch noch einmal zu entfernen scheint. Der Zusammenprall der Erde mit dem Planeten „Melancholia“ ist gewissermaßen die Ankunft Isoldens. Die Erde im Film kann jetzt sterben wie Tristan in der Oper. Isolde singt vom Versinken „in des Weltatems All, unbewusst, höchste Lust“. Was Wagner und Lars von Trier hier tun, ist nichts anderes als die künstlerische Darstellung eines radikalen Auflösungsprozesses. Der Film, der auch wie eine große Oper inszeniert ist, ist strenggenommen eine Opern-Adaption: Die Hochzeitsgesellschaft steht dabei für die unseligen Machtkonstellationen, die sich bei Wagner im ersten Akt und in der Vorgeschichte offenbaren. Tristan ist im Film eine Frau, also Justine und die erlösende Isolde ist der Planet Melancholia“. Daß der Film allein mit Wagners Ouvertüre als Soundtrack auskommt, hat in der Tat etwas Totalitäres. Aber ist dieser Totalitarismus nicht genau das, was den Film so verstörend macht? Mehr zu diesem Deutungsansatz in meinem Videoblog „Die Filmanalyse“!
Leider ist der Film weder besonders komisch noch besonders spannend! Meine Kritik und Analyse gibt`s in meinem Videoblog: http://www.youtube.com/watch?v=7zBhFF6ZCS4