Mimuschka - Kommentare

Alle Kommentare von Mimuschka

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    Mimuschka 22.04.2020, 17:17 Geändert 22.04.2020, 17:19

    "Little Monsters" könnte man durchaus als das "La Vita è bella" der Zombiefilme bezeichnen. Mit 2 Protagonist*innen, die versuchen, einer Gruppe von Kindern die Zombieinvasion als Spiel zu verkaufen und gleichzeitig alles zu tun um zu überleben, wird das Rad war nicht neu erfunden, aber der Film schafft es dennoch, dem schon längst fade gewordenen Genre eine frische und von Herzen kommende FeelGood-Zombiekomödie mit sympathischen Charakteren und einem interessanten Setting hinzuzufügen.
    Dass die Mischung aus RomCom und Zombiehorror hier so gut funkioniert, liegt vorrangig an den tollen Schauspieler*innen; sogar die Kinder haben einige gute Szenen, man mag es kaum glauben.
    FAZIT: Netter Film für zwischendurch, aufgrund der FeelGood-Vibes sowohl für Zombie-Nerds als auch für romantische Pärchenabende geeignet ;)

    P.S.: Ich empfehle den Film im Originalton zu schauen, da der Aussie-Akzent wirklich herzallerliebst ist.

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      "Begründer eines der berühmtesten experimentellen Theater Italiens, Poet, Schauspieler, Autor, Dramatiker und führender Avantgardist, ist Carmelo Bene ein unbekanntes Genie des zeitgenössischen Films. Dieses ist eines seiner Meisterwerke. Benes Films sind visuelle, lyrische und auditive Sintfluten mit Ausbrüchen wie von Lava, deren halluzinatorische Perversion ihresgleichen sucht. Ihre visuelle Dichte und ihr schöpferischer Überschwang spotten der Beschreibung.

      Capricci - melodramatisch, wild expressionistisch und dunkel - umfasst einen blutigen, endlosen Kampf zwischen zwei Männern, die Hammer und Sichel schwingen, vergiftete Christusgemälde, die den Betracher töten, impotenten Sex seitens eines lüsternen alten Mannes, der sich beim Anblick einer verführerischen nackten Drau die Lunge aus dem Leib hustet, Morde, Autounfälle, Explosionen und wütende Brände, alles begleitet von Opernarien, einer ständig bewegten Kamera und einer gewaltsamen Montage.

      Vulgärer schwarzer Humor, Erotik und anarchisches Treiben vermengen sich in diesem Wirbel von Farben und ununterbrochener Bewegung - eine Tour de Force des expressionistischen Films"

      (Aus: "Amos Vogel - Film als subersive Kunst", 1974)

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        das direkte prequel zu THE BOXER'S OMEN, von dem ich leider erst danach erfahren habe, ist nicht ganz so wahnwitzig übergeschnappt. der fokus liegt hier mehr auf einer detektivgeschichte und der wirklich sehr ausführlichen darstellung und erläuterung von diversen flüchen und zaubersprüchen. teilweise wirkt der film daher wie eine art handbuch der schwarzen magie. sehr erheiternd auf jeden fall, denn auch hier gibt es unmengen an ekelszenen mit schleimigen, verdorbenden zutaten und säften die zermanscht, heruntergewürgt und vermengt werden müssen, um die flüche zu vollenden. außerdem gibt es ein paar (aus heutiger sicht) heftige szenen mit kindern, in denen diese entweder ausführende oder empfangende subjekte von gewalt sind, was mir natürlich besondere freude bereitet hat.
        insgesamt vor allem zu empfehlen, wenn einem THE BOXER'S OMEN gefallen hat und man sich mehr black magic stuff einverleiben möchte.

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          Mimuschka 04.10.2018, 18:26 Geändert 05.10.2018, 14:46

          der letzte film der mir von meiner liste "Flavorwire's 50 Weirdest Movies Ever Made" noch gefehlt hat, mixt buddhistische und thailändische mythologie mit schwarzer magie und monster-kungfu zu einem surrealen trip der extraklasse. die shaw brothers auf psychedelischen abwegen produzieren hier wahnsinns-effekte mit einem erfrischend anderen creature-design aus der neunten dimension. so viel merkwürdigkeiten am laufenden band lassen meinen mund offen zurück und verleiten mich dazu, glatte 8 von 10 schlocks zu vergeben.

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            höchst seltsam. nicht im negativen sinn. wie so oft bei thome passt die story auf einen bierdeckel und die unbedeutensten alltagsszenen werden ellenlang ausgebreitet. das fand ich ganz cool. schließlich ist thome ein vertreter des kinos der langsamkeit.

            die geschichte mit den 7 frauen im nachbarhaus war ziemlich absurd. auch dass alle so auf ihn abfahren. vielleicht der testosterongeschwängerte männlichkeitswahn von thome, resultierend aus minderwertigkeitskomplexen?

            auch: was wollten diese ganzen leute, anwälte und einbrecher ständig von ihm? dass es nicht aufgedeckt wurde hat mir gefallen, so wurde der crimeplot genreuntypisch vernachlässigt.

            tja, aber das ende. irgendwie unglaubwürdig wie schnell sich alle im film verlieben und dafür überstürzt alles aufgeben. passt nicht zur langsamkeit des plots. der film hinterlässt mich gespalten.

            FAZIT: keiner der "must-see" thomes aber ein netter beitrag zu seiner filmographie, für fans zu empfehlen. thome-neulinge sollten besser zu anderen titeln greifen.

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              Mimuschka 27.11.2017, 00:55 Geändert 27.11.2017, 00:57

              och ich find diese modrige filmreihe eigentlich doch äußerst sympathisch. einfach klasse atmosphäre dank des wahnsinnigen soundtracks, den stets liebevollen settings und der gemütlich lahmen "monster" abseits von hektik und stress heutiger tage. und schließlich hat peter jackson hier auch deftig für seine nazgul in herr der ringe geklaut, was für ihren filmhistorischen wert spricht, hehe.
              das besondere an diesem letzten teil ist, dass ossorio sich unverkennbare anleihen an hp lovecrafts novelle "shadow over innsmouth" holte. mit seinem verwinkelten fischerdorf das einfach köstlich schaurig dreinschaut, den seltam distanzierten und unhöflichen bewohner*innen, die ertwas zu verbergen haben und dem geheimen uralten fischmonsterkult dem hinter verborgenen gemäuern gehuldigt wird.

              fazit: ein schöner abschluss der kultreihe. wegen der thematik gerade auch für lovecraft-fans interessant. kann ruhig als standalone-film geschaut werden.

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                Mimuschka 23.11.2017, 14:44 Geändert 23.11.2017, 14:45

                Klassischer Mysterygrusel in purer Lovecraft'scher Tradition. Der Mensch verkommt zur Nebenfigur einer unbegreiflichen kosmischen Ordnung. Einer Ordnung die von myriaden Jahren alten Kräften bestimmt wird, lange vor unserer Zeit in Gang gesetzt. Oder auch von niemand, besser gesagt von NICHTS. Kosmisches Grauen überkommt die Protagonist*innen, wie auch das Publikum. Was bedeutet all das, was liegt unter der Fassade? Was sind Sinn und Ursprung? Zum Glück lässt uns der Film mit diesen Fragen alleine. Und wird so zum unauflöslichen Schrecken der landläufigen Horrorcommunity.

                Schlussnotiz entnommen aus Nietzsches Nachlass:
                "Die Entwicklung der Wissenschaft löst das 'Bekannte' immer mehr in ein Unbekanntes auf: sie will aber gerade das Umgekehrte und geht von dem Instinkt aus, das Unbekannte auf das Bekannte zurückzuführen.
                In summa bereitet die Wissenschaft eine souveräne Unwissenheit vor, ein Gefühl, daß 'Erkennen' gar nicht vorkommt, daß es eine Art Hochmuth war, davon zu träumen, mehr noch, daß wir nicht den geringsten Begriff übrig behalten, um auch nur 'Erkennen' als eine Möglichkeit gelten zu lassen—daß 'Erkennen' selbst eine widerspruchsvolle Vorstellung ist. Wir übersetzen eine uralte Mythologie und Eitelkeit des Menschen in die harte Thatsache: so wenig Ding an sich, so wenig ist 'Erkenntniß an sich' noch erlaubt als Begriff."

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                  melancholisch-poetische weltverneinung im gewand eines cyber-pink-movies mit bodyhorror tendenzen. zudem ein philosophisches gedankenspiel über die grenzen des masochismus. entgegen des dvd-covers absolut nichts für gorehounds!

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                    Mimuschka 06.10.2016, 16:46 Geändert 06.10.2016, 16:50

                    prinzipiell mag ich es, wenn junge filmemacher*innen versuchen ausgetretene pfade zu verlassen und ein eigenes ding durchzuziehen. und auch hier gibt es durchaus vielversprechende ansätze. die in s/w auf 35mm gedrehten bilder sind sehr ansehnlich und die kameraarbeit überzeugt, auch gibt es zwischendrin eine psychedelische drogen-sequenz in farbe, die lust macht, gefolgt von einer lynchig-beklemmenden albtraumszene, mit einnehmendem sounddesign unterlegt. davon hätte es mehr geben können und in diesen momenten ist der film am stärksten.
                    was mich allerdings von einer höheren wertung abhält, sind vor allem 2 aspekte. die gesamte story um die 3 gangster mit ihren streitereien über belanglosiskeiten ist sehr halbgar und wirkt wie eine blasse tarantino-kopie, die zwar witzig gemeint ist, aber bestenfalls belächelt werden kann.
                    der zweite große minuspunkt ist die vergewaltigung und das damit verbundene frauenbild. die protagonistin lässt die gesamte "prozedur" passiv und still über sich ergehen, als wenn nichts dabei wäre. durch die musik und die "witzigen" gespräche der gangster ergibt sich so ein etwas verharmlosender eindruck solch eines verbrechens, stichwort "rape-culture". diese passivität zieht sich zudem noch weiter. die protagonistin wirkt nicht wie eine eigenständige person, sondern mehr wie ein story-katalysator, der von den männlichen darstellern gebraucht wird, um die handlung voran zu treiben.
                    zwar wird der film als groß als "rape-and-revenge-selbstfindungs-liebesfilm" bezeichnet, doch anteil hat die frau lediglich an "rape", und so darf sie nicht mal, wie es sonst im rape/revenge-genre üblich ist, selbst zur waffe greifen und den peinigern den gar aus machen - der mich sonst am meisten reizende aspekt -, sondern ist auf einen männlichen retter angewiesen, der die arbeit erledigt, während sie passiv zuschaut und sich daher insgesamt als eine art "manic pixie dream girl" abzeichnet, die ihrem retter indirekt bei seiner selbstfindung behilflich ist.
                    im endeffekt somit leider ein halbgares produkt, das als genrefilm zu passiv und glattgebügelt bleibt und dann in unpassenden momenten mit arty-farty-filmstudent avantgardismen um sich wirft.

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                      Mimuschka 20.08.2015, 11:38 Geändert 20.08.2015, 11:41

                      roy ward baker, hausregisseur der britischen hammer studios, drehte ende der 60er jahre dieses kuriosum, welches als erster "space-western" in die filmgeschichte einging. allerdings nicht im positiven sinne, wurde er aufgrund seines hohen camp-faktors vorwiegend kritisiert und in die trash-schublade gesteckt. bei so einem seltsamen genre-mix werde ich natürlich gleich hellhörig und wider erwarten fand ich "moon zero two" sogar recht gut.

                      die geschichte um einen abgelegenen claim, auf dem man ein vermögen machen kann, outlaws die einen asteroiden kapern wollen, schießereien in den bergen und ein saloon mit leichtbekleideten tänzerinnen klingt tatsächlich wie aus einem western entsprungen, allerdings gewürzt mit einer prise space-opera ala "firefly" oder "samurai champloo". da haben wir z.b. den rauen piloten mit den flotten sprüchen ala Captain Malcolm Reynolds oder han solo, der angeheuert wird um den asteroiden zu kapern, eine mondstation im typischen 60er design, inklusive sarkastischem baarkeeper der drinks aus motoröl braut oder gewagten flugmanövern in den tiefen des alls.

                      das ganze hat einen recht psychedelischen touch, was vor allem an den mannigfaltig bunten farben der interieurs bzw der kostüme und dem schön jazzigen soundtrack liegt, der teilweise zum fast unpassend wirkenden free-jazz abdriftet und manchen szenen einen comic-haft surrealen unterton verleiht.

                      insgesamt war ich aufgrund meiner niedrigen erwartungen dann doch begeistert, auch wenn es kein sehr guter film ist, macht er doch viel spaß. ein nettes kurzweiliges erlebnis für zwischendurch mit frischem und ungewöhnlichem setting, genialem soundtrack und schön viel camp. für fans von retro-sci-fi zu empfehlen!

                      hier ist der trailer für einen ersten eindruck:
                      https://www.youtube.com/watch?v=FFqhcpINLdE

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                        über Mommy

                        Mommy entfaltet sich wie ein langsam eindringender Pfeil der Schönheit,
                        der bald ganz von uns Besitz nimmt,
                        bald mein Aug mit Tränen und mein Herz mit Sehnsucht füllt.
                        Und wenn die Sonne auch schon lange hinuntergegangen ist,
                        glüht und leuchtet der Himmel unseres Lebens noch von ihr her,
                        obwohl wir sie schon nicht mehr sehen.

                        (frei nach Nietzsche)

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                          die science-fiction-komödie Kin-Dza-Dza gehört sicherlich zu den merkwürdigeren filmen die ich bisher gesehen habe und ist wohl in russland ein kleiner kulthit, in deutschland leider eher unbekannt. was mir sofort auffiel ist, dass er in seiner ganzen art so komplett weit entfernt ist von dem was man üblicherweise kennt und das macht ihn so erfrischend.
                          zwei erdenbürger geraten aus versehen auf einen fremden planeten, der ebenso von menschenähnlichen wesen bewohnt wird. das post-apokalyptisch anmutende wüsten-setting sieht fantastisch aus und erinnert in seiner steam-punk-optik und den improvisierten kostümen sofort an "mad max" & co, ohne jedoch seine eigenständigkeit einzubüßen. die seltsam anmutenden maschinen, werkzeuge und gebäude prahlen mit sehr individuell aussehendem design und alles knarzt, quietscht und dampft, dass es eine freude ist.
                          das besondere ist wohl aber das soziale system. der witz speist sich nämlich vor allem daraus, dass die gesellschaft zwar in technischen belangen meilenweit der erde voraus ist (interplanetare reisen incl.), jedoch gleichzeitig alles total brüchig und alt aussieht und eine zwischenmenschliche barbarei mit einem knallharten kastensystem vorherrscht, dessen verhaltensregeln aus urzeiten zu stammen scheinen. das eigentümliche verhalten der "außerirdischen", resultierend aus der komplett anderen kultur wurde so glaubwürdig und genial umgesetzt, dass man sich zusammen mit den protagonisten so richtig fremd fühlt und nie so sagen kann was als nächstes passiert. zeitweise ertappt man sich gar beim gedanken "hallo? was sehe ich da bitte gerade? was passiert hier?". Glücklicherweise ist das stellenweise zwar ein bisschen albern, driftet aber nie ins lächerliche ab.
                          ein paar dinge die mich trotzdem genervt haben ist z.b. das manchmal sehr unlogische verhalten der protagonisten mit dem sie sich immer tiefer in die scheisse reiten und dass zur mitte hin dem film etwas die luft ausgeht (um kurze zeit später schönerweise wieder an fahrt aufzunehmen).

                          alles in allem eine empfehlung für menschen auf der suche nach unbekannten, merkwürdigen filmen. aber auch sonst ein sehr witzig-unterhaltsamer einblick in ein fremdes universum.

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                          • 8

                            das sehr negative mediale echo, die fast durchweg schlechten kritiken, sowie die tatsache dass selbst diejenigen personen in meiner freundesliste, welche sonst auch für nischenkino zu haben sind, hier niedrigste punktzahlen vergeben haben, ließen mich diesen film lange meiden. doch als ich neulich eine rezension auf einer von mir sehr geschätzten seite namens 366weirdmovies.com las wurd ich neugierig. sollte es sich hier vielleicht um einen film handeln der komplett am zielpublikum vorbei als ordinärer backwoodslasher vermarktet wurde, oder ist es vielleicht so dass es sich um ein klassisches mißverständis in bezug auf falsche erwartungen handelt? diese fragen kann ich nun teilweise mit "ja" beantworten, denn ich verstehe dass das typische horrorpublikum hier wohl nicht auf seine kosten kommt. dafür ist der film zu selbstreflexiv, surreal und abseits einfacher genre- oder erklärungsmuster konzipiert. ein referenzfilm wäre hier evtl "resolution" (2012), aber eins nach dem anderen:

                            die ausgangssituation verspricht einen film nach schema F: eine gruppe von menschen möchte das rätsel um einen ort lösen, in welchem sich anfang des jahrhundert fast die gesamte bevölkerung auf eine wanderung in den wald begeben hat von der sie nie wiederkehrte. der weg wird seither "yellow brick road" genannt, da die menschen an einem kino starteten in dem vorher "the wizard of oz" lief. diesen mysteriösen weg zu erkunden ist nun das ziel unserer protagonist_innen, weswegen sie sich auf eine expedition begeben, von der es kein zurück geben wird. klingt erstmal ausgelutscht, also was macht "yellowbrickroad" anders? ein typischer backwoodfilm würde die protagonist_innen, die klassischerweise unvorbereitet in so eine situation geraten, der reihe nach von einem killer oder monster abgreifen lassen bis das final girl gerettet wird. doch diese die gruppe hier hat sogar profi-kartographen und einen psychologen dabei, so dass eigentlich nichts schiefgehen kann. weiterhin gibt es keine der üblichen schocks und jump-scares. die spannung wird sehr langsam aufgebaut und das mysterium immer bedrohlicher, tote und blut gibts erstmal keine. der film rückt damit in die nähe von "blair witch project", wobei der vergleich auch nciht wirklich zutrifft.

                            die gruppe beginnt plötzlich so etwas wie radiogeräusche zu hören die sich keiner quelle zuordnen lassen. das konstante dröhnen der songs beginnt sie langsam um den verstand zu bringen und auch die geräte scheinen verrückt zu spielen. hier haben die regisseure die meisterleistung vollbracht, den wald in ein fremdes land zu verwandeln in dem jegliche orientierung unmöglich wird und der die menschen in den wahnsinn treibt. wichtig ist hier vor allem das herausragende soundkonzept des films der die qual zu hause hinter dem bildschirm physisch mitfühlbar macht.

                            der für mich wichtigste aspekt war allerdings das nebulöse mysterium der straße an sich. es werden keine einfachen antworten auf dem silbertablett geliefert, man muss selbst mitdenken und hat an dem film noch einiges zu knabbern. die unangenehme und surreale atmosphäre mit ihrem unausgesprochenen fast mythischen bedrohungsszenario erreichte hier für mich fast lynch-eske züge und das "kracher"-ende hob den film dann für mich endgültig in die obere klasse. gut dass ich das risiko gewagt habe und mich nicht vom rest hier habe davon abbringen lassen, mir wäre eine grandiose filmerfahrung abhanden gekommen.

                            FAZIT: abseits üblicher genre-klischees versuchen die regisseure hier was komplett anderes zu erschaffen: langsame spannungssteigerung, verzicht auf schocks, das ausbleiben von erklärungen, selbstreflexivität, subtil eingewobene surreale elemente. das typische horrorpublikum sollte abstand nehmen. freund_innen von merkwürdig-seltsamen nischenfilmen, die lust auf einen (achtung: total unangebrachter vergleich!) film ala blairwitch project meets lynch meets resolution haben, können einen blick riskieren.

                            p.s.: nochmal zu dem hier oft angeführten argument, "die schauspieler sind scheiße". für einen indiefilm sind die schauspielerischen leistungen durchweg solide bis gut. dafür dass die synchronisation schlecht ist kann der film schließlich nichts. ich hab den film im original gesehen und konnte hier kein ärgernis entdecken.

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                            • 7 .5

                              indie-producer-legende und mumblecore/-gore schauspielerin amy seimetz legt ihr beachtliches spielfilmdebut vor, das gleich auf mehreren festivals preise einheimste. formalästhetisch geht sie einen schritt weg von ihren mumblecore-wurzeln, denen sie allerdings personell und thematisch treu bleibt, und hin zu einem kunstkino im stile von "upstream color" oder dem arthouse-mumblegore-verschnitt "a horrible way to die", in denen sie jeweils als hauptprotagonistin beeindruckte. letzterem auch thematisch ähnlich, handelt "sun dont shine" zwar im kern immernoch von lebens- und beziehungsproblemen von us-endzwanzigern, wird aber in eine crime-gewand ala "badlands" gekleidet, das subtil im hintergrund eine bedrohliche grundstimmung legt und mit fortschreitender handlung immer mehr eskaliert.
                              ästhetisch löblich fällt weiterhin die bildgestaltung aus, die im verbund mit dem etherischen soundtrack wunderbar poetische momente zu konstruieren vermag und den film insgesamt zu einer empfehlung für freund_innen des indie-kinos sowie der oben erwähnten referenzfilme, werden lässt.

                              Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=Jy4Hs0ryNpo

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                                Mimuschka 17.08.2014, 16:51 Geändert 22.08.2015, 14:08

                                die 50er jahre waren für mich, was trashiges scifi- und horrorkino anbelangt, das goldene zeitalter. der spezielle charme hunderter c-movies, die wie am fließband die kinosäale eroberten und durch ihre billige machart eine ganze generation quälten, ist einfach bis heute unübertroffen. namen wie bert i. gordon, roger corman, ed wood oder coleman francis sind das nicht-missen-wollende salz in meinem filmhistorischen eintopf.

                                das dachten sich bestimmt auch die macher_innen von "lost skeleton of cadavra", die 2001 diese geniale hommage sowie parodie auf ebendiese filme verwirklichten. hier wird mit einem händchen fürs details jedes noch so obskure klischee ausgekostet dass es eine wahre freude ist. schon mit der ersten einstellung, der typischen musik, den schrifttafeln, glibberte mir die tentakelförmige nostalgie über die gänsehaut und drückte mir mit ihren greifärmchen von hinten gegen die tränendrüsensäcke. ach wie herrlich, man findet sich direkt zu hause, alles ist mit dabei: total hölzerne dialoge, holpriger schnitt, lachhafte closeups, billigstes setdesign, mutanten, außerirdische, das schlafende böse aus alten zeiten was geweckt wird, the evil and crazyscientist. nur halt eben immer ein wenig mehr auf die spitze getrieben und somit als parodie kenntlich gemacht. ich musste doch wirklich des öfteren lachen, beispielsweise bei der verwendung dieses alten 50er-sprechs ala "gee whiz barbara, this sure is a swell cabin allright." oder bei der übertriebenen betonung der wörter "science" und "scientist" ohne jemals inhaltlich etwas auszusagen. oder bei dem kläglichen versuch der außerirdischen, sich als menschen auszugeben, aber so offensichtlich daran scheitern, nur dass es niemand außer den zuschauern auffällt.
                                das "monster" ist ebenso zum schreien und weckt mit seinem durchdringenden blick sogar etwas mitgefühl bis es sich im grandiosen finale sogar als retter des tages aufschwingen kann. und auch hier denkt man sich - mit einer krokodilsträne im knopfloch - danach heimlich "it was beauty that killed the beast."
                                (kein spoiler, da die ablauf der geschichte eh vorhersehbar ist, das ist ja der sinn des films.)

                                FAZIT:
                                es sei zuerst angemerkt dass man wohl "fan" des alten sci-fi-films sein und demgemäß schon einiges in der richtung angeschaut haben sollte, denn sonst wird sich einem die faszination von "lost skeleton of cadavra" eher nicht erschließen. aber ansonsten kann ich wirklich eine uneingeschränkte empfehlung aussprechen, der film ist altmodisch und frisch zugleich, eine herrliche hommage an die 50er, mit äußerst witzigen szenen, wohlformulierten, punktgenauen wortgefechten und so vielen netten ideen, dass man merkt wie die macher_innen wohl hunderte dieser filme studiert haben müssen, um das alles so akurat wiedergeben zu können. ein wahres fest für nostalgiker_innen!

                                hier noch der trailer für einen ersten eindruck:
                                https://www.youtube.com/watch?v=30YlC-fQU34

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                                  Mimuschka 03.08.2014, 18:23 Geändert 12.01.2017, 19:47

                                  für den kommentar zu meiner 3000sten bewertung hab ich mir "the white balloon" ausgesucht, den sympathisch unspektakulären debutfilm von jafar panahi, der mittlerweile zu den wichtigsten iranischen regisseuren zählt und damals als assistent von abbas kiarostami ins filmbusiness fand. letzterer schrieb hier übrigens auch das drehbuch.
                                  die simple wie aus dem leben gegriffene geschichte dreht sich um die kleine razieh, die kurz vor neujahr noch schnell einen neuen goldfisch kaufen möchte, der im iran zum traditionellen neujahrsschmuck gehört. mit unnachgiebiger penetranz schwätzt sie ihrer mutter den letzten 500 toman-schein ab, um damit den 100 toman teuren fisch zu erstehen. doch durch ihre ungeschicktheit geht dieser verloren und sie macht sich mithilfe ihres bruders auf die verzweifelte suche danach...

                                  die besonderheit des films liegt in seiner erzählung in echtzeit. bei beginn sind es noch 2 stunden bis zum beginn des fests, wir durchleben jede minute von raziehs aufreibender geldscheinsuche durch teherans straßen mit. und eine schlüssige, in echtzeit spielende handlung in 85 minuten zu erzählen erfordert einiges dramaturgisches geschick. vor allem wenn man wie im vorliegenden fall gar nicht unbedingt darauf aufmerksam wird, da panahi es einem nicht zwanghaft unter die nase reibt und zu keinem moment die leichtfüßig tragikomische art verliert, die mich den film zu mögen überzeugt hat.

                                  weiterhin interessant ist die eher ambivalente darstellung seiner titelheldin, die mit für ihr alter wahnsinnigem talent auftritt. einerseits ist sie unglaublich süß und mitleiderregend und ihr lächeln lässt jedes herz aufblühen. doch dann sind da diese zwischentöne, die einen faden beigeschmack haben:
                                  z.b. ihre nervig-penetrante art, das letzte familiengeld von der mutter zu erbetteln um es für einen neuen fisch zu verschwenden, obwohl sie schon einen besitzen. und dann vor allem ihre dem bürgerlichen mittelstand typische, herablassende art menschen der unteren sozialen schicht gegenüber. es fällt auf dass es gerade jene sind, die ihr bei der suche am gewissenhaftesten beistehen, aber dafür nicht ein einziges wort des danks erhalten, ...
                                  ***leichter SPOILER***
                                  ... sondern nach erfolgreicher hilfe einfach ignorant an der ecke stehengelassen werden. somit ist die letzte szene des filme gleichzeitig ihre stärkste, wenn die beiden kinder weglaufen aber die kamera auf der stelle verharrt wo sich der nun einsame ballonverkäufer befindet und melancholisch ohne familie oder freunde dem nahenden fest entgegenblickt.
                                  ***SPOILER-Ende***

                                  was sich in dieser letzten szene nur andeutete, wurde danach zu panahis zentralem thema, denn von nun an machte er explizit politische und systemkritische filme. dafür wurde er jeweils 2003 und 2010 von der islamischen revolutionspolizei verhaftet und muss seitdem mit einer 20-jahres strafe leben, die ihm das weitere filmemachen und die ausreise verbietet. ein grund mehr seine filme zu unterstützen. lohnen tuts sich's auf jeden fall.

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                                  • 6

                                    hach, die untiefen des deutschen genrekinos, wie gerne tauche ich in sie hinab. ein besonderer, nicht wirklich erklärbarer reiz geht von dort für mich aus, vor allem von jenen berüchtigten amateurproduktionen der 80er und 90er-VHS-Jahre, als der deutsche splatterfilm seine blütezeit hatte. doch im gegensatz zu diesen, handelt es sich im vorliegenden fall nicht direkt um amateurhafte filme, da alle in dieser anthologie versammelten regisseur_innen wohl filmstudierende waren und auf professionelles equipment zugriff hatten, sowie die basiskenntnisse filmischer inszenierungstricks kennen. das macht es wiederum interessant und hat mich letztendlich auch zum griff in die ramschkiste des kaufhauses bewogen, wo die DVD teilweise noch zu finden ist:
                                    wie gestalten menschen, die ahnung von der materie haben, mit geringsten finanziellen mitteln ihre visionen? oftmals kommen da spannende experimente bei herum. außerdem mag ich es die alten frisuren und modestile anzuschauen, die menschen im "kaufhof" einkaufen gehen zu sehen und ungelenke deutsche sätze aufzusagen.
                                    gleichzeitig ist das aber auch das problem für mich gewesen, denn die hoffnungen auf einen feucht-fröhlichen abend mit einem ultra-cheesy-shlockfest wurden durch die professionalität der filme leider enttäuscht. auch für ein "so schlecht dass es wieder gut ist" sind sie nicht schlecht genug. alles ist irgendwie SOLIDE, akzeptable schauspieler_innen, mediokres drehbuch, gutes handwerk. also wo bleibt da der reiz? aber nun zu den einzelnen beiträgen.

                                    DIE FILME:

                                    MALUM: "unter dem einfluss einer seltsamen götzen-figur wird das friedliche hauskätzchen einer alleinstehenden frau zur todbringenden bestie".
                                    sehr kurz, nur ca 10 min., zu kurz um langeweile aufkommen zu lassen, die story ist extrem 0815 aber irgendwie aufgrund der kürze "ganz nett" und die angriffe der katze wurden technisch einfallsreich inszeniert. im übrigen der einzige film von volker morlock, danach hat ihn die inspiration wohl verlassen...
                                    JULIA: "julia, die frau eines erfolgreichen politikers, wird von einer mysteriösen doppelgängerin in den tod getrieben".
                                    die prämisse einer doppelgängerin die unerwartet in ein leben eindringt hat mir schon mehr zugesagt, alles fängt schön mysteriös an und weiß die gesamte laufzeit von ca 20 min zu unterhalten, auch wenn die schauspieler_innen etwas hölzern wirken. nichts tolles, aber zumindest nicht enttäuschend. außerdem der einzige beitrag von einer regisseurin. lustigerweise ist die danach dauerregisseurin bei "verbotene liebe" geworden, bevor sie zu tv-dokumentarserien wechselte.
                                    KRISTALLTOD: "zwei freundinnen stehlen in einem antiquitätenladen eine kristallkugel, aber der inhaber nimmt mittels eines magischen schachspiels grausam rache."
                                    für mich theoretisch der vielversprechenste beitrag, da er inszenatorisch sehr stark am italienischen giallo angelehnt ist, vor allem die kamera. gegen ende tauch auch noch der obligatorische killer mit schwarzen handschuhen auf. pascal hoffmann, der regisseur, dem man klar einen sinn für stil zusprechen kann, war danach im übrigen nur noch als kameramann tätig und hat an einer ganzen reihe von tv-produktionen und serien, vor allem im krimibereich mitgewirkt. und diese vorliebe für gute kameraarbeit merkt man dieser, seiner letzter regiearbeit durchaus an.
                                    TILL DEATH DO US APART: "ein gewalttätiger ehemann kommt beim streit mit seiner frau ums leben. allein zu hause versucht sie mit der vergangenheit fertig zu werden. doch der totgeglaubte taucht wieder auf."
                                    der mit abstand längste film (40 min) und leider auch der langatmigste. im übrigen auch der einzige der auf englisch gedreht worden ist, daher sollte man vor beginn die tonspur umstellen, denn sonst vermiesen einem seltsame synchronsprecher_innen das fast nicht vorhandene vergnügen noch mehr. hier ist einfach alles mittelmaß und viel zu aufgebläht. zwischendrin kommt allerdings mal für ein paar minuten nettes home-invasion-feeling auf. naja, für mich immernoch der schlechteste beitrag.

                                    ZUR DVD: das konzept hinter der anthologie ist mir nicht ganz klargeworden. kennen sich die regisseur_innen? kommen sie von der gleichen filmhochschule? zumindest die produktionsfirmen sind jeweils andere und jeder beitrag hat einen eigenen vor und abspann sowie ander bildqualität. man kann also von einer nachträglichen zusammenstellung ausgehen. die BILDQUALITÄT ist auch ziemliches mittelmaß und fast auf VHS-niveau, da hat man sich nicht so die mühe gegeben. aber ich glaube das originalmaterial wurde auch auf video gedreht. steht zumindest bei IMDB so, schwer zu sagen.
                                    extras oder weiter hintergrundinfos sind auch nicht vorhanden, daher muss das wohl für ewig im dunkeln bleiben.

                                    FAZIT:
                                    schwierig zu sagen was für ein zielpublikum hier angesprochen wird. für trash-suchende wohl zu ernsthaft und professionell. für die anderen zu billig. lediglich leute die gern mal obskure deutsche genre-filme anschauen können hier zugreifen, auch wenn sich die 9,99 bei amazon sicherlich nicht unbedingt lohnen, denn dafür ist es zu mittelmäßig. außer beim letzten beitrag kann man aber durchaus kurzweilig unterhalten werden, wenn man keine hohen ansprüche hat.

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                                    • 8 .5

                                      Nach dem schon nicht unbedingt leicht verdaubaren AMER drehen Hélène Cattet und Bruno Forzani mit ihrem zweiten Langfilm nochmal mehr an den Zerfaserungs-Schrauben, bis ihr Erstling im Kontrast fast schon eingängig erscheint. Thematische, optische und akustische Versatzstücke gialloesker Klassiker werden mit Verfahren des Kinos des Unbewussten ala David Lynch verbunden um einen Albtraumritt in die tiefsten Winkel des Verstandes anzubieten, dorthin wo Gedanken nicht mehr klar und fassbar sind, sondern lediglich undurchsichtige Schemen, die den Stoff für Ängste und tiefste Wünsche weben.
                                      Der Giallo, ja schon immer ein Garant für teils unlogische Handlungsverläufe und einer Opferung von schlüssiger Dramaturgie zugunsten ästhetisierender Gewaltdarstellungen, wird hier konsequent auf seine Basiskonzepte reduziert. Die obenaufliegende Story ist dermaßen zurückgenommen dass man fast nicht mehr von Erzählkino sprechen kann, während auf formaler Ebene die komplette Klaviatur von expressionistischen Farbspielen, Splitscreens, Closeups, Stereoton-Spielereien, etc durchgetrommelt wird. Eher Experimentalfilm denn Spielfilm?
                                      Fast im sekundentakt hämmert es einem durch Auge, Ohr und Verstand, bis man nach 100 Minuten völlig erschöpft in den Sessel zurücksinkt auf welchem man zuvor, in Erstarrung aufgerichtet, mit den Sinneseindrücken klarzukommen suchte. Genau hier läuft der Film aber andererseits auch Gefahr das Publikum zu ermüden, das der Story zu folgen versucht, ständig daran scheitert, zwischdrin vom Stil-Overkill weiter zermürbt wird, bis es gelangweilt aufgibt und den Raum verlässt. Definitiv kein Film für Gelegenheits- oder normalschauer_innen, hellwach muss man hier sein.
                                      Für mich war das alles allerdings ein reichhaltiges Fest, eine Präsentation über die Möglichkeiten des Kinos, die man sonst schonmal schnell vergisst im üblichen formalen Einerlei. Eine Rückkehr zum surrealen Film? Eine psychonalalytische Durchkämmung der Symbole des Unbewussten? Ein reaktionärer Neo-Giallo voller sexualisierter und ästhetisierter Gewalt? Cattet und Forzani bleiben das alte Provo-Duo und werden wohl auch hier die Welt spalten.

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                                      • 8 .5

                                        Kleiner Hut, Hochwasser-Hose, Shagpfeife und ein unverwechselbar steifer Gang. Die Rede ist von Mr. Hulot, Kunstfigur und Alter Ego von Multitalent Jacques Tati. Ständig im Kampf mit den Tücken des technisierten Alltags, ist er mit seinem Schöpfer auf ebenso untrennbare Weise verbunden wie dereinst der Tramp mit Charlie Chaplin. Tati, der seine Herkunft als Entertainer und Pantomine nie verleugnete, griff in den 1950er und 60er Jahren als Regisseur, Hauptdarsteller und Produzent in Personalunion die schon lange totgeglaubte Slapstickkunst der alten Meister wieder auf und deutete sie für die Moderne um.

                                        Sein letzter großer Film – Trafic – der die Transformation der Gesellschaft durch das Automobil thematisiert, gewinnt wie die vorherigen Werke seinen typischen Charme aus vorwiegend visuellen Gags, die in ein komplexes Geflecht von witzigen Geräuschen und Musik eingebettet sind. Diese audiovisuelle Komik, die fast völlig ohne Elemente des dialogischen Wortwitzes auskommt, wird bevorzugt in halbtotalen oder halbnahen Einstellungen präsentiert, die den spannungsvollen Widerspruch von Figur und Umgebung hervorheben. So sind es dann auch weniger einzelne offensichtliche Gags, die passiv unterhalten und metaphorisch gesprochen schon Kilometer vorher mit Leuchtreklame zum baldigen Lachen auffordern, wie es sonst oft für Komödien typisch ist. Es scheint mehr so als wenn die gesamte Filmwelt einer seltsamen Grundstimmung unterliegt und in dieser Akkumulation von gleichzeitigen akustischen und visuellen Geschehnissen die Zuschauer_innen ernst nimmt, indem es sie aktiviert und ihnen selbst überlässt, was sie witzig finden und was nicht.

                                        Oft sprechen die Darsteller_innen auch wahllos durcheinander bis nichts Verständliches mehr vernehmbar ist oder es wirkt gar, als wenn Worte absichtlich im Umgebungslärm untergehen, da sie unwichtig geworden sind in dieser technikdominierten Welt. Eine subtile Kritik am Verlust von Kommunikationsfähigkeit und menschlicher Wärme, sowie der Geringschätzung sozialer Fähigkeiten.

                                        Dementsprechend widerwillig wurde auf seine letzten Filme reagiert, zu jener Zeit, als die Errungenschaften der Moderne ungebrochen bejubelt wurden. 1967 veröffentlichte der unabhängige Produzent nach 9-jähriger Vorbereitung sein Opus Magnum Play Time, bei dem er alles auf eine Karte setzte und zur Finanzierung sogar seinen Privatbesitz verpfändete. Doch als dieser floppt und auch seinem folgenden Film Trafic kein Erfolg beschieden ist, ist seine ökonomisches Ende besiegelt und die Kinokarriere vorbei.

                                        Heute stehen seine 5 Filme wie Felsen in der Brandung der Kinogeschichte. Und den vorschnellen Urteilen seiner Zeitgenossen zum Trotz blieb er der modernste Komiker des 20ten Jahrhunderts.

                                        Filmessay zum Weiterlesen:
                                        Jonathan Romney: Trafic - Watching the Wheels
                                        www.criterion.com/current/posts/663-trafic-watching-the-wheels

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                                        • 6 .5

                                          "Das Geheimnis des dritten Planeten" ist einer dieser obskuren sowjetischen zeichentrickfilme aus längst vergessenen tagen: ein raumschiff bricht auf, um neue exemplare für den moskauer zoo von fremden planeten zu sammeln. doch auf jedem ihrer zielorte kam ihnen bereits ein mysteriöser gauner zuvor, dessen untaten sie jeweils bereinigen müssen, um letztendlich sogar eine interstellare verschwörung aufzudecken.
                                          die verschiedenen himmelskörper bieten natürlich ausreichend möglichkeiten für die zeichner, mit psychedelischen farben, grotesker architektur, verrückten wesen und derlei - an yellow submarine erinnernden - zeugs zu experimentieren, was mir einige freude bereitete und mich über etwaige dramaturgische schwächen hinwegsehen ließ. positiv wirkt sich hier auch der trippige und stimmige soundtrack aus, eine mischung irgendwo zwischen 70er-psychedelic rock, space rock und elektro-gefiepse.
                                          sowohl von der story als auch vom zeichenstil fühlte ich mich an die berüchtige ost-serie "Adolars phantastische Abenteuer aka Archibald der Weltraumtrotter" erinnert, wo besagter titelheld nacht für nacht aus seinem schlafzimmer mit einer aufblasbaren rakete andere welten erkundet und dort abenteuer bestehen muss. mit seinen nur ca 47 minuten könnte der film auch einfach eine aufgeblasene serienfolge sein, was nicht negativ gemeint ist, denn archibald (so hieß er im westen) mochte ich immer sehr.
                                          insgesamt würde ich sagen, dass man hier nichts falsch machen kann, der 80er zeichenstil ist famos und treibt die nostalgie-tränen aus den drüsen, es gibt einige verrücktheiten zu bestaunen und falls man sich an der etwas platten verschwörungsstory stört, hat man es ja nach einer knappen dreiviertelstunde auch schon überstanden.

                                          eine komplett deutsch sowie englisch untertitelte version gibt es schönerweise hier bei youtube:
                                          www.youtube.com/watch?v=hhrnXDCzTH8

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                                          • 6 .5
                                            über Wir

                                            Mit dem 1920 veröffentlichten Roman "Wir" erschuf Jewgeni Samjatin den vielleicht einflusstreichsten Prototyp eines bis heute beliebten dystopischen Konzepts, dessen sich beispielsweise Huxley für "Brave New World", Orwell für "1984" oder im Bereich des Films Gilliam für "Brazil" oder Lucas für "THX 1138" bedienten. Das in allen Fällen ähnliche Grundgerüst sieht mit leichten Abwandlungen immer ungefähr so aus:
                                            Ein anfangs vom System überzeugter Protagonist (männlich) lebt in einem modernen, total überwachten Staat (Diktatur), in dem Technik, Vernunft oder Bürokratie die Vorherrschaft über Natur, Gefühl und Exzess gewonnen haben. Alles scheint perfekt, wenn sich auch manchmal ein Gefühl der Unvollkommenheit einschleicht, was in dem Moment verstärkt wird, als er eine Frau kennenlernt die seltsame Gedanken weckt und kritische Denkprozesse in ihm auslöst. Es kommt raus dass sie in einer Untergrundorganisation arbeitet die gegen den totalen Staat kämpft und ihn für den Widerstand gewinnen will. * MINOR SPOILER * Das Ende dieser Romane/Filme ist meist negativ in dem Sinne, dass der Staat siegt und der Protagonist nach erfolgreicher Abtrünnigkeit sich entweder wieder eingliedert oder stirbt. * SPOILERENDE *

                                            Das reizvolle an diesem Konzept ist sicher seine Zeitlosigkeit. Während "Wir" offensichtlich als Kritik an den erstarkenden totalitären Kräften im kurz zuvor befreiten Russland gedacht war - der ursprünglich als Erlösung bzw Ende der Geschichte gedachte total vernünftige Staat kippt langsam hin zur erneuten Unterjochung unter die gleichmachende Ratio - lässt es sich problemlos auch auf die faschistischen Bewegungen in den Jahren danach übertragen [verstörenderweise werden im Roman, in fast schon gruseliger Prophetie auf die späteren Ereignisse in Deutschland, Gaskammern eingesetzt]. Und auch heute noch finden sich zahlreiche Anknüpfungspunkte, wie der mediale Diskurs um Internet-Überwachung und "gläserne Menschen" nahelegt [Im Roman leben die Menschen übrigens in gläsernen Wohnungen, da es ja "nichts mehr zu verbergen gebe"].

                                            Was die filmische Umsetzung betrifft, fand ich die vor allem aus historischer Perspektive interessant und weniger den Film als solchen, da es meiner Meinung nach Besseres in dem Bereich gibt mittlerweile (1984, Brazil, THX, etc.). Aber es ist bisher nunmal die einzige Verfilmung dieses Romans und war auch mit eine der ersten Verfilmungen einer der "großen Dystopien" überhaupt (Ein Jahr vorher gabs einen TV-Film zu Brave New World). Optisch merkt man halt stark dass es sich im vorliegenden Fall um eine Fernsehproduktion handelt, überall sind die finanziellen Einsparungen im Setdesign sichtbar, was eine fast theaterhafte Bühnen-Atmosphäre erzeugt. Vor allem auch das Schauspiel unterstützt dies durch stilisiertes Spielen und Sprechen, was ich anfangs eher befremdlich und "billig" fand, allerdings später bemerkte dass man dies auch als adäquate Umsetzung der mathematisch korrekten Sprache und Verhaltensweise interpretieren könnte, die im Roman vorherrscht, dessen Mathematismus und Symbolismus wohl eine breitere Rezeption seit jeher verhindert hat. Ich zitiere kurz Ilona Grzeschiks Aufsatz aus "Reclam Filmgenres - Science Fiction":
                                            "Samjatins anspruchsvolle Vision verlangte eine stark stilisierende Darstellung und stelle hohe Anforderungen an die Produktion. Die Schauspieler wurden mit den komplizierten Texten vor eine schwierige Aufgabe gestellt. Die Dialoge eines fiktiven dritten Jahrtausends, in dem man euklidisch denkt, mussten auch so intoniert werden. Das Einstudieren der besonderen Gestik und Mimik gesellschaftlicher Rituale sowie Bewegungsformen war erforderlich."

                                            FAZIT: Keine klare Empfehlung; vor allem mit dem "günstigen Look" und der theaterhaften Spielweise könnten einige Probleme haben. Für Sci-Fi-Komplettisten und Dystopie-Historiker_innen aber durchaus interessant, da es wie schon gesagt die einzige Verfilmung des Romans und eine der ersten modernen Dystopien ist. Zumindest regt der Film zum Nachdenken über die Problematik der "perfekten Gesellschaftsform" und den Konflikt "Technikvergötterung/intrumentelle Vernunft" vs "zurück zur Natur-Ideologie/Fortschrittsfeindschaft" an und ist somit eine gute Ergänzung zur Re-Lektüre der "Dialektik der Aufklärung" von Horkheimer/Adorno. (ok, letzteres war eher eine scherzhafte übertreibung, aber der Titel ist mir gerade beim schreiben tatsächlich wieder in den Sinn gekommen)

                                            Und hier gehts noch zum Volltext der Romanvorlage:
                                            http://nemesis.marxists.org/samjatin-wir1.htm

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                                              "Komaneko: The Curious Cat" ist ein unglaublich liebenswerter und süßer japanischer stop-motion animationsfilm mit 5 episoden aus der gleichnamigen tv-serie. alles in kawaii-ästhetik, pastelltönen und cuteness-overload-gefahr:
                                              komachan die katze lebt unterm dach bei ihrem vater (großvater? konnte die exakte verwandtschaft nicht rausfinden, da das einzige wort was im film gesprochen wird "nyah" lautet, also das japanische "miau") und heckt allerlei ideen für kurzfilme aus, denn sie ist angehende filmemacherin mit einem faible für stop-motion (!) filme. so sieht man sie gleich in der ersten episode mit ihren zwei stoffpuppen einen liebesfilm drehen und dabei nebenbei die herstellungsweise von stop-motion erklären, was quasi als stopmotionfilm-im-stopmotionfilm die stop-motion metaebene sprengt und einiges zum lachen und "aaawwwww"-schreien aufbietet. (koma ist übrigens japanisch für 'frame', also 'einzelbild', hihi).
                                              2 der episoden sind in einer art 2D-stop-motion angefertigt, so dass man auch visuelle abwechslung hat, allerdings sagten diese mir von der story nicht ganz so zu, da etwas der witz fehlte, war aber im gesamtkonzept okay. die letzte und längste episode "true friend" ist dann allerdings ein ziemlicher hammer und erzählt von einer fragilen freundschaft über spezies-grenzen hinweg, vertrauensbrüchen und vergebung, diebstahl, sozialphobie und einigem mehr, inkl. witzigen twists und achja: ein yeti taucht auch noch auf :-D

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                                              hier die erste episode "first step", über die katzen-dreharbeiten:
                                              www.youtube.com/watch?v=O07eqRilzMk
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                                              und hier noch die letzte episode "true friend", mein favorite:
                                              https://www.youtube.com/watch?v=fbhs5P-xa4U
                                              https://www.youtube.com/watch?v=DJuYfjE8nfE
                                              https://www.youtube.com/watch?v=xtB9LWga6Os
                                              https://www.youtube.com/watch?v=KcCrEivMIMo

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                                                tetsuya nakashimas beachtliches spielfilmdebut erzählt die geschichte einer dysfunktionalen familie in einem japanischen vorort. ein einfühlsames coming-of-age drama über die probleme des jungen hiroko mit dem sinnlosen ordnungs- und regeldrill des japanischen schulsystems, der emotionalen unerreichbarkeit seines vom arbeitsleben desillusionierten vaters und den quälereien seiner tyrannischen schwester. hier zeigt sich bereits das händchen des regisseurs für greifbare und fein ausgearbeitete charaktere, die zum lachen und weinen einladen. was den film weiterhin von einem üblichen coming-of-age-sozialdrama abhebt ist die leichtigkeit mit der tetsuya nakashima die story voranfließen lässt. es fehlen zwar die ausufernden exzesse und formalen spielerein der späteren filme, doch auch hier gibt es ein paar surreal wirkende tagträume die geschickt eingewoben werden, erklärende rückblenden und zeitsprünge mit sinn für situationskomik und einer angenehm schwelgenden melancholie, die gleichzeitig wunderschön und traurig ist. der soundtrack mit seinem allgegenwärtigen grillenzirpen verstärkt gleichsam die atmosphäre, vor allem aber die sehr zurückhaltenden aber effektiv eingesetzten melodien.
                                                kameratechnisch wurde ich bei den innenaufnahmen teilweise an ozu erinnert, tiefe kamera, unbewegliche und lange szenen mit strenger kadrierung, aber gleichsam interessanter komposition. irgendwie eine mischung aus humorvollem hipster-film und arthouse-drama. steht in meinen augen dem späteren werk in nichts nach, auch wenn es erst sowas wie "kamikaze girls" brauchte, um den regisseur im westen bekannt zu machen, da dies eher dem klischeeblick auf die japanische filmindustrie entsprach und sich wohl besser vermarkten ließ. sehr schade, aber dieser film wird in deutschland wohl nie erscheinen. verdient hätte er es!

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                                                • 8

                                                  es scheint mir leider so, dass sich wes anderson mit fortschreitendem alter zunehmend in seinen manierismen verliert. und so mutet auch grand budapest hotel bisweilen wie ein bloßes schaulaufen hochkarätiger stars an, die mittlerweile sicherlich mit reisebussen zum drehort gekarrt werden müssen, um dort in allerlei skurrilen sets für cameos zu posieren. leider wirkt das alles wenig konsistent oder formal geschlossen, sondern schlimmstenfalls wie eine aneinanderreihung von sketchen.
                                                  emotional hat es zumindest mich total kalt gelassen, wenn ich auch oft lachen musste, denn die dialogkunst ist weiterhin genial [z.b. die ganzen fiktiven deutschen (orts-)namen]. und es sieht halt einfach fantastisch aus, formalismus hin oder her, ich liebe sowas. und daher gebe ich auch trotz dieses eher nach einem verriss klingenden texts wieder solide 8 punkte. ein typischer anderson sozusagen, wenn auch kein herausragend guter.

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                                                  • 9

                                                    für mich neben "let the right one in" und "thirst" einer der drei großen filme die die vampirthematik ins neue jahrtausend gerettet haben. in einer zutiefst melancholischen grundstimmung bebildert "only lovers left alive" den verdruß und ekel an der modernen gesellschaft und der inneren leere nach der erkenntnis, dass im leben nichts mehr übrig bleibt das noch großartig interesse zu wecken vermag.
                                                    es bleibt die flucht in endloses schlafen, todessehnsucht und psychedelische klangwelten, die von einer wunderbaren kameraarbeit getragen und unterstützt werden. in dieser hinsicht ist only lovers left alive nämlich auch ein update des 68er drogenfilms, quasi ohne drogen [ok, mit blut], aber mit deftig psychedelischer atmosphäre. und somit auch ein musikfilm, ein film über gitarren und die suche nach dem perfekten sound (und liefert nebenbei einen der besten soundtracks der letzten zeit).
                                                    ein sehr langsamer und schwermütiger film, der gerne mit einem glas wein genossen wird. insgesamt einfach großartig!

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