Die Idee der Dystopie nimmt sowohl in fiktionaler Literatur als auch in Film und Fernsehen ihren ganz eigenen Platz ein. In diesem Text soll es um verschiedene Parallelen zwischen dystopischen Filmen gehen. Wie genau gehen Filme und Serien mit der Idee der Dystopie um, wie unterscheiden sich diese voneinander, wo sind Gemeinsamkeiten? Und das alles gespickt mit ein paar Filmen, die als Beispiel dienen und auch vielleicht einen anderen interessanten Aspekt in dieses Thema werfen.
Für die, die nichts damit anfangen können: Eine Dystopie bildet den Gegenpart zur Utopie. Es ist eine negative Zukunftsvision. Eine Verbildlichung der Sorgen um die Entwicklung von Gesellschaft, Staat, Natur, Industrie und dem Leben in der Zukunft. Warum das Ganze? Meist thematisieren Autoren und Regisseure eine dystopische Gesellschaft, die nach dem Eintreten von Kriegen, Revolutionen, Aufständen, Naturkatastrophen, dem klimatischen Wandel oder dem Ausbruch von Krankheiten usw. spielen. Sie zeigen uns einen Zukunftsstrang, bei dem sich nach solchen einschneidenden Ereignissen die gesellschaftliche, staatliche und industrielle Rolle im Wesentlichen ändert und sie thematisieren gleichzeitig auch ganz zeitgenössische Ängste, denn oftmals deuten sie durch Ähnlichkeit zu unserer heutigen Zeit, die sie oftmals mit überzeichneten Elementen verstärken, auf derzeitige negative Entwicklungen.
Die klassische dystopische Gesellschaft?
Viele „klassische Dystopien“ ähneln sich in wesentlichen Punkten. Beliebt ist immer die diktatorische Herrschaftsform oder eine andere repressive soziale Kontrolle, die die Gesellschaft der Zukunft leitet, nachdem diese die Angst der Menschen ausgenutzt hat. Diese „utopische“ Gesellschaft lebt dadurch zwar in vermeintlicher Sicherheit (V wie Vendetta), ohne Krieg und Gewalt (Equilibrium), wesentlich luxuriöser und futuristischer (Metropolis, Cloud Atlas - Alles ist verbunden), doch nie ohne einen hohen Preis zu zahlen, meist ihre eigene Freiheit (1984).
Trennung der Gesellschaft
Ebenso beliebt ist der Wegfall der Mittelschicht, der Reich und Arm komplett trennt, so dass die isolierte Oberschicht im Luxus lebt, während die unterste Schicht nur noch für ihre Zwecke schuftet oder sogar existiert (Metropolis). In Die Tribute von Panem - The Hunger Games wurde Nordamerika komplett in verschiedene Kasten (Distrikte) geteilt, alle unter der Kontrolle des Capitols, in dem die Oberschicht lebt. Zwischen den verarmten Distrikten besteht keine Möglichkeit zur Kommunikation. Sie werden bewusst separiert, damit Aufstände sich nicht ausbreiten können.
Einen anderen Aspekt zeigen Filme wie Alles, was wir geben mussten oder Die Insel, diese dargestellte Unterschicht existiert nur zum „Austragen“ von Organen, die die Gesundheit der Mittel- und Oberschicht garantieren sollen.
In Cloud Atlas - Alles ist verbunden werden Klone/künstlich hergestellte Menschen als Arbeitssklaven gehalten. In A.I. - Künstliche Intelligenz sind es Roboter.
Propaganda
Wesentlich ist vor allem die Propaganda der „Herrschenden“. Immer und überall wird in diesen dystopischen Welten ihre Präsenz und Macht demonstriert. Man zeigt pathetische Botschaften (siehe den Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1 -Teaser oder der Film, der vor der Ziehung der Tribute in Die Tribute von Panem - The Hunger Games gezeigt wird), immer wieder auftauchenden Banner, Symbole, Plakate (1984), die viel zu sehr an die Nationalsozialisten erinnern, die eindeutige Manipulation von Nachrichten und Fernsehinhalten (V wie Vendetta), das beeinflusste Bildungssystem, dass sie Menschen bewusst im Ungewissen hält und sie immer wieder daran erinnert, wie wichtig ihre Machtposition für das Wohlergehen aller ist. Mittel und Zweck ist auch die bewusste Manipulation der Sprache (In 1984 wird die Sprache verkürzt und "vereinfacht") und die unbewusste Veränderung dieser durch die Industrie (In Cloud Atlas - Alles ist verbunden werden Markennamen immer stärker generalisiert: Alle Autos heißen Ford, alle Handys Sony).
Feindbilder
Weitere Parallelen zum Nationalsozialismus zeigen die „Feindbilder“, die geschaffen werden (Heroes, X-Men: Zukunft ist Vergangenheit. In beiden Zukunftsvisionen sind die Mutanten von den Menschen gefürchtet und sollen zum Wohl der Allgemeinheit unschädlich gemacht werden), an die man ständig erinnert wird, damit immer und immer wieder betont werden kann, wie wichtig es ist, nach den Regeln zu Spielen.
Die Hoffnung schön aufrecht erhalten
Wir können es besser machen, wir können euch schützen. Die Menschen in Dystopien geben sich mit ihren Leben nicht immer zufrieden. Viele wollen mehr: ein besseres Leben oder vielleicht auch nur die Aufrechterhaltung der "heilen Welt". Man schließt die Augen vor der Realität und der Wahrheit. Einen ganz anderen Aspekt zeigt In Time - Deine Zeit läuft ab, denn hier ist es die Hoffnung – er lässt die unteren Schichten in dem Glauben, dass wenn sie nur hart genug arbeiten, dass sie am Ende aufsteigen können und womöglich ewig leben, was natürlich niemandem gelingen kann. Es ist eine interessante Umsetzung des „American Dream“ (wäre der Film nur besser geworden).
Überwachung und Verrat
Die typische Dystopie ist ein System der aufgezwungenen Überzeugungen, der Machtdemonstration, einer fiktionalen Ansicht über die Realität, totaler Überwachung und dem Aufrechterhalten von Angst. Es existieren keine Strafprozessordnungen. Die Menschen leben in Sorge, etwas falsches zu tun oder zu sagen und vielleicht von ihren eigenen Mitmenschen verraten zu werden (wie bei der Stasi), um ohne Prozess zu „verschwinden“ (Equilibrium, 1984, V wie Vendetta). In Die Tribute von Panem - The Hunger Games (leider in den Filmen nur im Hintergrund zu sehen) werden Menschen, die sich strafbar gemacht haben oder sich gegen das Capitol richten, zu „Avox“ gemacht. Ihnen wird die Zunge abgeschnitten und sie werden zu stummen Dienern.
Überreste der Vergangenheit
Ganz oft gibt es das Bild der Überreste, verlassene Gebäude oder die versunkenen Großstädte, die aufgrund der Erhöhung des Meeresspiegels einfach untergingen. Man zeigt uns, was mal war, etwas was wir selbst vielleicht schon gesehen haben und das uns daran erinnert, dass es sich tatsächlich um die Zukunft unserer Welt handeln soll. Nicht umsonst zeigen uns Katastrophenfilme die klassischen Sehenswürdigkeiten, wie die Freiheitsstatue, die immer wieder von Neuem darunter leiden muss.
Beispiele sind A.I. - Künstliche Intelligenz, Neo-Seoul in Cloud Atlas - Alles ist verbunden, Planet der Affen.
Aliens und Maschinen
Wenn auch nicht sehr realistisch, sind Aliens und Alieninvasionen auch ein gerne verwendetes Thema, das vielleicht eher am Rande des dystopischen Genres steht (Edge of Tomorrow, District 9, Mars Attacks!, Krieg der Welten) In der Romanverfilmung Seelen werden sogar die Körper der Menschen von den Außerirdischen übernommen. In Matrix sind es die Maschinen, die Probleme machen, in Neon Genesis Evangelion sind es die "Engel".
Roboter
Ein Element der Dystopie ist der Einsatz von Robotern, die uns das Leben einfacher machen sollen und zu unseren ständigen Begleitern werden (A.I. - Künstliche Intelligenz, Ergo Proxy) oder wir uns gleich künstliche Körper bauen lassen, damit wir selbst nichts mehr tun müssen (Surrogates - Mein zweites Ich) oder wir sie im Alltag benutzen (I, Robot). Doch auch diese zeigen uns die Problematiken, mit denen man es zu tun haben könnte, wenn es denn mal soweit ist.
Apokalyptische/ Post-Apokalyptische Dystopien & Dark Future
"Ich weiß nicht, welche Waffen im nächsten Krieg zur Anwendung kommen, wohl aber, welche im übernächsten: Pfeil und Bogen.“ Es ist passiert. Wir haben es geschafft und die Welt komplett zerstört. Es ist kaum noch etwas übrig und die Zivilisation ist auf ein Minimum geschrumpft.
Dark Future gilt als Subgenre der dystopischen Science-Fiction. Behandelt werden Themen wie die Post-Apokalypse oder der Cyberpunk, der besonders heutzutage Technologie-Themen wie Nanotechnologie , Gentechnik und Virtuelle Realität verwendet. Mögliche Beispiele sind die Animes Serial Experiments: Lain, Akira und Ghost in the Shell, aber auch Filme wie Matrix oder Blade Runner.
Zombies
Der Klassiker ist wohl die Zombie-Apokalypse. Resident Evil, The Walking Dead, Zombieland,I Am Legend, Dawn of the Dead usw. Die Liste ist lang.
Und es geht immer nur um das Überleben. Die Suche nach einer sicheren Zuflucht, Nahrung und eventuell die Hoffnung, den „Virus“ irgendwie aufhalten zu können/ die Welt zu retten.
Geh nicht mehr raus
Und was ist, wenn die Welt überhaupt nicht mehr bewohnbar ist? Wenn die Atmosphäre giftig oder verseucht ist? In Wall-E verließen die Menschen die Erde, da diese nicht mehr bewohnbar war und hinterließen riesige Müllberge, während die Menschen im Anime Ergo Proxy unter einer riesigen Glaskuppel leben, in 12 Monkeys leben sie unter der Erde. Keine Zuflucht vor der radioaktiven Strahlung gibt es für die Menschen in der post-apokalyptischen Zukunft in Cloud Atlas - Alles ist verbunden.
Natürlich weiß niemand, wie sich unsere Welt, unsere Gesellschaft in der Zukunft entwickeln wird und es ist auch nicht sehr wahrscheinlich, dass es auf eine dieser fiktiven Ideen hinausläuft. Was uns diese jedoch zeigen, ist, dass die Angst vor Kontrolle, Überwachung und Manipulation immer noch groß ist, wo wir uns doch genau in einer Zeit befinden, in der Überwachungen, Hackerangriffe, Diktaturen und Fanatismus Themen sind. Am Ende bleiben Dystopien nur ein Kunstgriff um darzustellen, in welche extreme Richtung es gehen könnte. Gespickt mit Action, Protagonisten, die diese Ungerechtigkeiten erkennen, sich gegen diese auflehnen oder sich hoffnungslos ihrem Schicksal ergeben. Natürlich gibt es noch zahlreiche dystopische Filme und Serien die hier nicht erwähnt wurden, aber ich lerne gerne noch mehr kennen.