Lysiaks Elysium - Batzmans Lieblingsfilme 2009

01.01.2010 - 09:00 Uhr
Behold, what cometh thy way....
montage: moviepilot
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Alles ward gut. Denn im Gegensatz zum schwachen Vorjahr bot 2009 keinen Mangel an guten Filmen. Batzman benennt seine persönlichen Lieblingsfilme des Jahres. Von zweifelhaften Superhelden, zu rüstigen Rentnern und depressiven Ungeheuern.

Auch wenn böse Zunge und oberflächlich lesende Kommentatoren mir bisweilen unterstellen ich würde generell alle Filme hassen (meint: Die Filme die sie mögen nicht gut finden) und hätte keine Ahnung (meint: Ich finde die Filme die sie doof finden gut), sieht die Wahrheit natürlich wieder ganz anders aus.

Denn es gibt sie in jedem Jahr wieder: Die Filme, die mich in der Liebe zum Kino bestärken und all die ganzen miesen Streifen wieder vergessen machen. Die Filme, die tatsächlich Hirn und Herz erreichen und egal ob großes Drama, knalliger Blockbuster oder liebevoller Trashfilm. Die mit Leidenschaft gemacht wurden, die erkennen lässt, warum das Kino (und ab und zu auch das Fernsehen) immer noch ein wirklich magischer Ort sein kann.

Hier sind die Werke, die mich in diesem Jahr am besten unterhalten haben.

Bester Herzschmerz des Jahres (500) 500 Days of Summer und Adventureland

Was für eine smarte, liebenswert-bittere Liebesgeschichte hier erzählt wird. Neben der starken Besetzung mit dem immer sehenswerten Joseph Gordon-Levitt und der entzückend-ungirliehaften Zooey Deschanel überzeugt hier auch das Zeitsprung-Gimmick, denn die fragmentierte Erzählweise ermöglicht hier tatsächlich die Beziehung der beiden mit anderen Augen zu sehen. Ernüchternd und ehrlich und doch nicht depressiv, ein schöner Film.

Das gleiche gilt für Adventureland in dem Jesse Eisenberg als Alter-Ego von Greg Mottola seinen prägendsten Sommer als Angestellter eines Vergnügungsparks erleben darf. Zwischen Nostalgie und Ernüchterung, Falco und Fahrgeschäften entsteht ein liebevoller, witziger und anrührender Blick auf erste echte Liebe und den schmerzhaften Schritten zum Erwachsenwerden. Achja und Kristen Stewart darf zeigen, das sie eine respektable Schauspielerin ist und nicht nur maulig in die Gegend starren kann.

Bester Fun-Horror: Zombieland und Doghouse

Ein extrem mainstreamiger, witziger Zombiefilm, in dem Zombies eigentlich nur eine Nebenrolle spielen. Nicht wirklich wichtig, aber verdammt unterhaltsam und mit einer erstklassigen Besetzung und dem wohl schönesten Cameo des Jahres. Nicht so smart wie Shaun of the Dead aber in Zeiten dummer Folterfilme und ausgelutschter Sequels eine willkommene Abwechslung. Nut up, or shut up!

Der andere Splatter-Spaß des Jahres kam aus dem Lande Shauns. Der bösartig-klamaukige Kampf der Geschlechter, die letzte Schlacht zwischen Couch-Kartoffeln und Zombie-Furien ist als überdrehte, sehr unkorrekte Satire ein wirklicher Hit des Fantasy Filmfests und sicher nicht nur für gepflegte Herrenrunden geeignet.

Größte Entdeckung: Telstar

Joe Meeks war ein genialer Musikproduzent im Großbritanien der frühen 60er Jahre. Er entwickelte skurrile Aufnahmetechniken die das Business für immer revolutionierten. Obwohl er keine Noten konnte und halbtaub war, komponierte er dutzende Hits und den Mega-Erfolg “Telstar”. Doch Meeks war wie viele Genies auch reichlich geisteskrank. Chronisch depressiv, neigte zu Gewaltausbrüchen, nahm Drogen, bedrohte seine Musiker mit Waffen und glaubte Phil Spector wolle ihm seine Geheimnisse stehlen. Ach ja und schwul war er auch noch, was damals auf der Insel noch unter Strafe stand. Viele Stars, wie der Deep Purple Gitarrist Richie Blackmoore oder Hendrix-Bandmitglied Mitch Mitchell haben bei Meeks als Sessionmusiker angefangen.

Einen so witzigen und anrührenden Film über eine so sperrige und nicht wirklich sympathische Figur wie den legendären Musikproduzenten Joe Meeks zu drehen, der soviel Talent, Wahnsinn, Exzentrik und Paranoia in sich vereinte, das schaffen wohl wirklich nur die Briten. Con O’Neil liefert ein furios-vielschichtige Performance als genial-gestörter Meeks, während Kevin Spacey wohltuend zurückhaltend seinen Geschäftspartner und die ins leere rufende Stimme der Vernunft gibt.
Wer sich ein bißchen für Popgeschichte interessiert und wem “Radio Rock Revolution” zu kuschliger Wohlfühlspaß war, der sollte sich diesen schrägen Seitenblick auf einen verkanntes Genie dringend ansehen.

Bewegendster Film des Jahres: Milk

Gus van Sant drehte das süffige Biopic mit dem überragenden Sean Penn in der Rolle des schwulen Bürgerrechtlers und Politikers Harvey Milk. Gnadenlos mainstreamig und doch bewegend und wahrhaftig ließ er einen Schlüsselmoment der jüngeren US-Geschichte wieder auferstehen ohne moralinsauer zu dozieren. Mit James Franco, Josh Brolin, Emile Hirsch und dem HSM-Maskotchen Lucas Grabeel standen dabei beeindruckende Schauspieler vor der Kamera, die dafür sorgten, dass der Film nie zu einer Sean Penn-Soloshow verkommen konnte.

Bester mürrischer Alter Sack in einem Film: Gran Torino und Oben

Zwei völlig unterschiedliche Filme, die dennoch ihr Herz am rechten Fleck tragen. Pixar lieferte mit Oben ihren bisher besten Film ab, der sich weniger auf “Ach wie süss”-Dramturgie verließ, sondern bis zum Ende eine melancholische Note beibehielt. Und Clint Eastwood, DER große alte Humpel Hollywoods, trat noch einmal vor die Kamera um eine Art Senioren-Dirty Harry zu geben, der nicht nur mit der sensiblen Darstellung der Hmong-Community sondern auch mit seinem überraschenden Ende überzeugte. Keine schlechte Leistung für jemanden der kurz zuvor schon mit Der fremde Sohn ein respektables und beeindruckendes True-Crime-Drama abgeliefert hatte.

Bester Film den keiner gesehen hat: Boy A

Der Anfang der Vergebungsfrage. Ein sperriger Ansatz für einen Unterhaltungsfilm: Kann einem jungen Mann vergeben werden, der als Junge ein Kind tötete? Boy A nähert sich des komplexen Themas mit ebenso komplexen Ansätzen, die nicht verharmlosen und unbequeme Fragen zurücklassen. Er bezieht keine klare Stellung sondern fordert heraus. Das er dabei noch hochspannend, exzellent gespielt und zum Teil sehr anrührend ist, macht diesen kleinen britischen Film – der schon 2007 gedreht wurde aber erst 2009 in unsere Kinos kam – zu einer echten Empfehlung.

Guilty Pleasure des Jahres: 2012

Natürlich war dieser Rückfall in die Zeiten des 70er Jahre Katastrophenfilms unglaublich cheesy. Aber weil Roland Emmerich die Zerstörung des Planeten mit soviel ironischer Verve und optischer Wucht inszenierte, das ganze nie so 100% ernst nimmt und die ersten 15 Minuten wirklich zum opulentesten gehören, was das Effektkino heute zu bieten hat, gebe ich zu: Ich hab mich bei dem Film verdammt amüsiert. Auch wenn die letzte halbe Stunde reichlich pathetisch und überflüssig war.

Fun-Film des Jahres: Crank 2: High Voltage

Unverschämter Megatrash in einer referenzdichten Hyperbildsprache die ihresgleichen sucht. Kein Film ist näher am Videospiel als diese abgefahrene Geschichte vom unkaputtbaren Auftragskiller. Von Godzilla zu GTA, von Jerry Springer zu Duke Nukem – Crank ist krank und macht verdammt viel Spaß. Oder Kopfweh, je nachdem wie empfindlich Augen und Magen sind.

TV-Serien des Jahres: Glee und Misfits

Zwei Serien die unterschiedlicher nicht sein können, sorgten in diesem Jahr bei mir für Freude. Während die dritte Staffel der Serie SKINS eher enttäuschte, erblickten kurz vor Jahresende die MISFITS das Licht der britischen Bildschirme. Eine Gruppe von Unterschichts-Jugendlichen, die bei der Ableistung ihrer Sozialstunden in ein Unwetter geraten und danach langsam feststellen müssen, das sie Superkräfte haben. Diese britische Antwort auf HEROES überzeugt durch garstige Bodenständigkeit, unverschämte Dialoge und überraschende Wendungen die so gar nicht ins Schema F klassischer Superheldenstories passen wollen. Sehr sehenswert.

GLEE ist ebenfalls eine Antwort – und zwar die TV-Replik auf Disneys diverse Musical-Filme. Doch statt hübschen Teenies mit Luxusproblemen geht es im schulischen Glee-Club härter zur Sache. Ungewollte Schwangerschaften, Drogen, Psychosen, Selbstmorde, sexueller Mißbrauch, Mobbing, Eheprobleme und die wohl fieseste Cheerleader-Trainerin der Welt dominieren die schrille und selbstironische Welt dieser All-Singing-All-Dancing-Musical-Serie, die in den USA bereits kultisch verehrt wird und dafür sorgte, das sich wohl niemand mehr erinnern kann, wer eigentlich dieser Zac Efron war.

Und noch eine Serie muss erwähnt werden: DOCTOR WHO geht nach einem Jahr mit wenigen Specials in die nächste Runde. Das bedeutet der geniale David Tennant ist nicht länger “The Doctor” – er verabschiedete sich in einem furiosen Finale in einem zweiteiligen Special und wir können uns auf den 11. Doktor freuen. Ich bin sehr gespannt.

Fieser Bastard des Jahres: Christoph Waltz in Inglourious Basterds

Auch wenn der Film von QT unglaubliche Längen hatte und ich ihn als ganzes nicht so richtig gelungen finde: Christoph Waltz ist als Nazi-Ermittler Hans Landa zurecht bejubelt und vielfach geehrt worden. Denn er macht aus Tarantinos Vorlage einen der faszinierendsten Schurken des Kinojahres, intelligent, charmant, skrupellos und humorvoll. Er alleine hebt den Film weit über den Durchschnitt und bleibt nachhaltig in Erinnerung, wenn all die anderen Darsteller längst vergessen sind.

Beste Adaption: Wo die wilden Kerle wohnen

Kurz vor Jahresende nochmal eine echte Überraschung. Spike Jonze liefert eine inspirierte und konsequent eigensinnige Verfilmung des brillanten Kinderbuchklassikers ab. Wenigstens einmal waren die Gerüchte um eine ins Schlingern geratene Produktion nicht gerechtfertigt.

Wie schon bei der Vorlage ist das Ganze tatsächlich eher für Erwachsene geeignet, die das Wesen der Kindheit erinnern und nachvollziehen wollen, als für die lieben Kleinen selbst. Von der Musik, über die riesigen Figuren mit ihren feinfühlig animierten Gesichtern bis zum absolut anrührenden Max Records in der Hauptrolle, ist dieser Film ein depressiv-melancholisches Mood-Movie, das trotz seiner fragmentarischen, assoziativen Gechichte und ohne konsequente Handlung und Dramaturgie noch lange nachwirkt und zum neuerlichen Sehen einlädt.

Erwähnt werden muß in dieser Rubrik natürlich auch Watchmen – Die Wächter, der die schwierige Vorlage in fast sklavischer Detailtreue auf die Leinwand brachte. Das war zwar nicht sehr inspiriert, aber auf jeden Fall besser als jeder andere Superhelden oder Comicfilm in diesem Jahr.

Bester Animationsfilm des Jahres: Coraline

Henry Selick lieferte mit dieser düsteren Verfilmung eines Neil Gaiman Jugendbuches nicht nur den Beweis, das er sich endgültig von Tim Burton emanzipiert hat, sondern überdies auch einen der optisch beeindruckensten 3D-Filme dieses an 3D-Streifen nicht eben armen Jahres. Voller verschrobener kleiner Einfälle, mit unglaublicher Detailverliebtheit, Witz, Chuzpe und tollen Sprechern ist diese dunkle Fabel ein Film dessen Bilderwelt deutlich vor Augen führt, das die klassische Puppenanimation immer noch locker gegen CGI-Bilder anstinken kann und ihr in einigen Bereichen immer noch überlegen ist.

Generell war 2009 ein gutes Jahr für Animationsfilme: Disney startete mit Bolt – Ein Hund für alle Fälle und endete mit Küss den Frosch, Monsters vs. Aliens und Planet 51 boten gefällige Unterhaltung und Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen war ebenfalls einen Blick wert.

Bester SciFi-Film des Jahres: District 9

Neill Blomkamp und Peter Jackson sorgten mit diesem nur 30 Mio$ teuren Actionfilm für einen rasanten, halbsmarten Ausflug in eine alternative Realität, der geschickt seine Rassismus-Parabel und bekannte Elemente von RoboCop, die Die Fliege, Brazil und der Serie *Alien Nation" vermengte und zu einem überaus unterhaltsamen neuen Ganzen machte. Sharlto Copley ist zudem der Beste und ungewöhnlichste Actionheld des Jahres, dessen Robosuit-Battle den von Avatar ziemlich alt aussehen lässt.

Schauspielerisch ist sicher auch Moon mit Sam Rockwell ein schauspielerisches Highlight des Jahres, auch wenn die Story extrem vorhersehbar und wenig originell ist.

So und wem das jetzt zuviel des Lobes und des Guten war, der kann sich gerne auch nochmals meine Flop-Liste 2009 ansehen.

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