Benjamin W. - Kommentare

Alle Kommentare von Benjamin W.

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    Dieser Batman ist ein langsamer. Bestimmt zehn Minuten von „The Batman“ gehen dafür drauf, dass der Fledermausmann seine Gesprächspartner intensiv mustert und sich dann gemächlich an den nächsten Ort begibt, an dem ihn das Drehbuch erwartet. Doch nicht nur beim Starren und Staksen gibt sich „The Batman“ entschleunigt – die wenigen Actionszenen, die sich dieser weitere Neustart erlaubt, schraubt er aus permanent vollgeregneten Close-ups und einer penetranten Lärm- und Farbkulisse so schief zusammen, dass es den Eindruck erwirkt, als wolle er sie möglichst schnell hinter sich bringen, um Emo-Bruce endlich wieder tiefsinnig grübeln lassen zu können.
    Nun ist es nicht so, als gebe dieser Look nicht her – die seltsame Dynamikallergie (Action-Highlight des Films: Batman fährt Penguin kurz hinterher) hat ihren ästhetischen Reiz, und in der dahinterstehenden Motivation, auf klinisch saubere Choreos zu verzichten und stattdessen alle Auseinandersetzungen als gestalterischen Brei einzufangen, fügt er sich gut in den wie üblich absolut degenerierten Batman-Kosmos. Dank der enormen Laufzeit und dem Ausbleiben einer anderen, in irgendeiner Form tragenden artistischen Komponente verkommt er aber arg schnell zum bloßen Gimmick.
    Seinen Riddler, den sich „The Batman“ als Incel mit Händchen für grafisches Design denkt, macht er dann zum streberhaften Paradeexemplar für die vom modernen Terrorismus informierten Comicfilm-Bösewichte: Von jeglicher charakterlichen Eigenständigkeit befreit, ist, hat, kann und will dieser Rätselotto nichts, er darf bloß, und zwar ein einziger Wink mit dem Zaunpfahl sein: Schaut, wie aktuell! Paul Dano trägt also nach zweistündigem Distanzauftritt als Social-Media-Hetzer den nullachtfünfzehntesten Monolog überhaupt vor, warum er als arme Waise auf eine reiche Waise sauer ist, und faselt noch ein paarmal ideologisch vollkommen willkürlich von „Korruption“ und anderen Buzzwords, die wohl irgendwie diese sogenannte Gesellschaftskritik rüberbringen sollen. Dann war’s das auch. Dieser Riddler ist kein Charakter, schon gar keine Herausforderung, sondern nur eine weitere mickrige Hürde, die dieser schrecklich gelangweilte Film gähnend überspringt.
    Wie unerhört zynisch „The Batman“ auf die Welt schaut, verdeutlicht er derweil durch so revolutionäre Drehbuch-Kniffe wie die erschütternde Entdeckung, dass Thomas Wayne gar nicht wirklich anders als all die anderen reichen Säcke war (es dann aber doch nicht so gemeint hat). Und sein deshalb arg verstörter Fledermaussohnemann haut auf manche Gegner ein paarmal zu oft drauf. Diesem bierernsten Bestreben, für einen edgy Vibe jeglichen Unterhaltungswert aus dem Material zu wringen, stehen die wenigen Momente, in denen es wohl instinktiv zu klassischen romantischen Gesten und peinlich wiedergekäutem Hoffnungsgelaber kommt, deshalb umso fremder gegenüber.
    Dass eine Charakterstudie – oder was auch immer das sein soll – nicht besser wird, weil die Actionhighlights des Films aus drei Clubbesuchen und hüfthohem Wasser in irgendeinem öden Innenstadtbau bestehen, scheint „The Batman“ nicht einzuleuchten. Seine nicht gerade verständliche Entscheidung, die beiden spannendsten Nebenfiguren – den Riddler und die ominöse Ratte, die es irgendwo im verkommenen System Gothams geben soll – beinahe reine Erwähnung bleiben zu lassen, macht das Ganze nur noch schlimmer.
    Der Ansatz, Batman hauptsächlich als Detektiv in Erscheinung treten zu lassen und den üblichen Effektewichsereien einen Krimi auf Steroiden entgegenzustellen, mag ehrenhaft sein – eine wirklich interessante Interpretation der Batman-Figur, die sich Konzept, Material und Charakter mit einer genuinen künstlerischen Vision annimmt, die nicht nur vordergründiges Posing ist, wird daraus deshalb noch lange nicht.

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      Benjamin W. 05.08.2015, 00:01 Geändert 05.08.2015, 09:42
      über Boy 7

      Genrekino aus Deutschland – der Horror lauert hier im Resozialisierungsheim! Wegen einer Notenmanipulation in einem eben solchen zum Erziehungsprogramm verdonnert, kommt der selbsttitulierte „Mongo“ Sam langsam hinter die geheimen Machenschaften dieser doch beeindruckend ausgestatteten Institution. Die aalglatten Pädagogen nämlich haben es hier allesamt faustdick hinter den Ohren und wollen an den aufmüpfigen Jugendlichen, die den Chef der sogenannten „Kooperation X“ bereits nach dessen ersten zwei Sätzen aus dem nächstbesten Motivationsguide überzeugt beklatschen, unmenschliche Versuche durchführen. Und weil das nicht schon affig genug ist, wird der Schmarrn auch noch über eine Rahmenhandlung präsentiert, in der ein unter Gedächtnisverlust leidender Sam der nahen Zukunft Notizen seines früheren Ichs über das liest, was so abging in dem mysteriösen Laden – schon recht praktisch, wenn der Amnesie mit einem Tagebuch auf die Sprünge geholfen werden kann. Also sitzt Sam #1, von der Polizei wegen eines vermeintlichen Mordes gesucht, in irgendwelchen Hinterhöfen und liest vor, wie Sam #2 hinter die Geheimnisse um ominöse Mikrochips und steuerbare Menschenroboter kam. Ästhetisch zusammengehalten wird das aus POV-Aufnahmen, der üblichen shaky cam, ganz viel unscharfen und sogar noch mehr schiefen Bildern, die Sams schlimme Verwirrung und Ahnungslosigkeit schon irgendwie vermitteln müssten – wenn es auf der Leinwand gerade einmal nicht wackelt, stellt „Boy 7“ glücklicherweise stets sicher, dass man sich seine bemüht um Verzweiflung ringenden teens in distress aus den unmöglichsten Winkeln anschauen darf. Action- und Spannungshighlights derweil: eine Runde Paintball sowie ein nächtlicher Schleichgang durch die hochtechnisierte Besserungsanstalt, der Sam, im Speisewagen versteckt, direkt in die Mitternachtssitzung der Hauptverschwörer führt. Amüsant ist „Boy 7“ allemal, keine Frage. Wenn der böse Leiter des Resozialisierungsprogramms allerdings meint, er müsse seine Gemeinheit durch ständiges Kämmen seiner Pomadenfrisur unterstreichen, und David Kross irgendwann „'74-'75“ anstimmt, werden so manche Grenzen überschritten. Deutsches Genrekino, töter als tot.

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      • 7

        Hatte mich eigentlich ziemlich drauf gefreut, musste dann aber dieses fürchterliche Schwert sehen. Das zerstört leider jetzt schon den ganzen Film für mich. Was soll man machen...

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        • 3 .5

          Alles, was gesagt werden muss: https://www.youtube.com/watch?v=57lzUYO--SA

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            Benjamin W. 01.11.2014, 00:35 Geändert 09.09.2024, 14:06

            Ein Affentheater sondergleichen: Puppen, Dämonen und sonstige herumhüpfende Viecher sorgen hier im Minutentakt für Aggressionsstau, wenn nicht gerade banalste Alltagssituationen (Popcorn auf dem Herd erhitzen, die Nähmaschine bedienen) dermaßen plump und penetrant zu vermeintlich großen Spannungsmomenten aufgeblasen werden, dass man darüber eigentlich nur noch lachen kann. Ein nerviges weißes Mittelschichtsehepaar (er: dummes Grinsegesicht, sie: eisige Hausfrau, die den ganzen Film über nichts anderes macht, als fleißig zu nähen und ihre Puppenkollektion hysterisch anzubrüllen) darf hier in den 60ern einen absoluten Alptraum durchleiden, weil irgendeine bekloppte Puppe Dämonen heraufbeschwört, die dann nach Seelen verlangen (oder so ähnlich, ging mir spätestens nach 10 Minuten auch am Arsch vorbei). Klingt idiotisch, ist sogar noch schlechter umgesetzt: Der „Grusel“ besteht hier einzig und allein darin, dass ab und zu finstere Gestalten (wahlweise kleine Kinder, blutverschmierte Sektenmitglieder oder eben die gottverdammten Puppen) durchs Bild laufen und massig Türen zuknallen. Aber keine Angst, die Kirche kriegt das hin – sobald der Pfarrer eingeschaltet wird, bekommt man hier mit Gottes Hilfe noch jede Menge in den Griff. Und um das Ganze nicht nur derart albern, sondern auch noch ordentlich hassenswert auslaufen zu lassen, darf sich (Vorsicht, Spoiler, aber wen interessiert das bei so einem Käse schon) schlussendlich die schwarze Freundin der gestressten Hausfrau in Nöten zum Wohle der beiden WASP-Nervensägen umbringen.

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              • "Ich möchte dem Autor gern persönlich auf die Schuhe pissen."

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                • "Dass all die in Twilight verhandelten Prinzessinnenwünsche und deren Integrität heute nur noch in einem Fantasy-Kontext bestehen können, nimmt solchen Vorwürfen ja ohnehin den Wind aus den Segeln. " Ne, also das reicht nicht.

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