Bill Murray feiert seinen 60. Geburtstag

21.09.2010 - 07:00 Uhr
Bill Murray in Get Low
Sony Pictures
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Heute feiert ein Comedy-Urgestein seinen 60. Geburtstag und wir gratulieren Bill Murray aufs Herzlichste … natürlich mit einem Text.

Am 21. September 1950 erblickte er das Licht der Welt und kam mit einem Namen wie Venkman davon, ohne rot zu werden. War er auch schmierig bis verschleimt, zog er die Frauen dennoch unweigerlich in seinen Bann. Mit ihm konnten wir in Und täglich grüßt das Murmeltier Tag um Tag um Tag die Genese vom misanthropischen Kotzbrocken zum allseits beliebten Wettermann mitmachen und nachvollziehen, dass wiederholter Konsum selbst eines Evergreen wie “I Got U Babe” von Sonny und Cher zu Ohrenkrebs führen kann. Er hat es zur männlichen Muse gebracht, zum sogenannten Amuser.

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Die Rede ist natürlich von William James Murray, besser bekannt als Bill Murray. In Wilmette, Illinois, einem Vorort Chicagos als Sohn einer Büroangestellten und eines Holzhändlers in den sich erweiternden Kreis von insgesamt acht Geschwistern hineingeboren, muss sich Bill Murray schon früh bewähren und zusehen, dass Geld in den Haushalt kommt. Arbeit gehört somit zum Alltag seiner Kindheit. So erklärt sich vielleicht auch seine Abneigung gegen das Arbeiten. Unlängst teilte Bill Murray in einem seiner seltenen Interviews mit: „Ich mag das Arbeiten nur, wenn ich arbeite.“ Eine fast schon philosophische Herangehensweise an den Broterwerb. Dann doch lieber golfen. Als Caddy arbeitet er schon als Kind, in Caddyshack – Wahnsinn ohne Handicap darf er seine Vorliebe auf der Leinwand (fast) ausleben und heutzutage ist er häufig auf Golf-Turnieren mit einem respektablen Handycap vertreten.

Doch bevor es dazu kommt, geht er einen weit irdischeren Weg: Eigentlich liebäugelt Bill Murray mit einer medizinischen Karriere. Als er dann allerdings mit einer übergroßen Portion Marijuana erwischt wird, lässt er von diesen Plänen ab. Stattdessen bringt ihn sein älterer Bruder Brian Doyle-Murray mit der Second City-Improvisationstruppe in Kontakt, was ihn über Umwege nach New York führt und mit John Belushi und Saturday Night Life zusammenbringt. Der Stern des Bill Murray begann aufzugehen just in dem Jahr 1976. Von da an geht es steil bergauf. Mit Komödien wie Babyspeck und Fleischklößchen (1978), Caddyshack – Wahnsinn ohne Handicap (1980) oder Ich glaub’ mich knutscht ein Elch! (1981) etabliert sich Bill Murray als Improvisationstalent und Anarcho-Blödler. Seinen vorläufigen künstlerischen Höhepunkt findet er 1984 mit der Rolle des Dr. Peter Venkman, von sich durch und durch überzeugter Teil eines Teams selbst ernannter Geisterjäger in Ghostbusters – Die Geisterjäger von Harold Ramis, eine Rolle, die eigentlich dem 1982 an einer Überdosis Drogen verstorbenen John Belushi zugedacht war.

Zeitgleich bzw. kurz zuvor versucht sich Bill Murray im ernsten Fach und scheitert fulminant auf hohem Niveau bei der Literaturverfilmung Auf Messers Schneide – basierend auf einer Novelle W. Somerset Maugham’s und nach eigenem Drehbuch. Mit diesem Film teilt er das Schicksal jenes Komikers, der versucht, auch in ernsten Rollen ernst genommen zu werden. Nach dem finanziellen Fiasko des Films zieht sich Bill Murray enttäuscht für vier Jahre weitgehend aus dem Filmgeschäft zurück. Er nutzt die Zeit aber sorgfältig, um an der Pariser Sorbonne Philosophie und Geschichte zu studieren.

Mit Die Geister, die ich rief… und Ghostbusters 2 kommt Bill Murray dann wieder ebenso fulminant zurück. Doch auch danach gibt es immer wieder kommerzielle Hänger und Highlights, wie einerseits Ein verrückt genialer Coup, bei dem Bill Murray teilweise auch Regie führt, oder andererseits der großartige Klassiker Und täglich grüßt das Murmeltier, der von Bill Murrays Dominanz lebt.

Was ist mit Bill? Oder genauer: Was ist es, das Bill Murray – trotz pockennarbigen Gesichts und trotz Personifikation des Miesepeters – zu einem der beliebtesten Schauspieler der Gegenwart macht? Vielleicht sein subversiver Geist. Der Schalk im Nacken unserer Boshaftigkeit. Der Jedermann. Der mitunter etwas platte bis infantile Humor weicht über die Jahre einem nuanciertem Spiel und lässt mehr Raum für die abgründige Seite, für die Lost in Translation oder Broken Flowers beste Beispiele sind. Für seine Rolle des melancholischen Ex-Schauspielstars in Lost in Translation von Sofia Coppola gab es dann auch zu Recht einen Golden Globe und eine Oscar-Nominierung. Es gibt eine Szene in Und täglich grüßt das Murmeltier, die es mir besonders angetan hat und viel über Bill Murrays Schauspiel-Selbstverständnis aussagt. Es ist diejenige, in welcher Rita (Andie MacDowell) mitteilt, wie ihr perfekter Typ zu sein hat, woraufhin Phil (Bill Murray) wie selbstverständlich antwortet: „Intelligent, hilfsbereit, lustig. Bin ich, bin ich, bin ich.“ In dieser Replik spiegelt sich für mich seine ganze nonchalante Dreistigkeit wider, die ihn schon über viele Rollen ausgemacht hat. Im wahren Leben leistet sich Bill Murray den Luxus, keinen Agenten sein eigen zu nennen. Wenn ein Studio bei ihm um eine Zusammenarbeit bittet, dann ruft es gefälligst seine Mailbox an – und harrt der Dinge, die da kommen oder nicht.

Bei einigen macht er aber auch Ausnahmen: Mit seiner Vita ist Bill Murray die Idealbesetzung und gern gesehener Bestandteil im oft absurden Universum des Wes Anderson: Mit Ausnahme seines Spielfilmdebüts Durchgeknallt hat Wes Anderson den Bill Murray immer besetzt – und sei es, wie in Darjeeling Limited, nur mit einem Cameo, welcher dennoch im Gedächtnis bleibt. Dafür hatte Wes Anderson dem Schauspieler drei Jahre zuvor die Rolle des Steve Zissou in Die Tiefseetaucher quasi auf den Leib geschrieben. Hier spielt Bill Murray eine Art fikionalisierte Version des Meeresforschers Jacques-Yves Cousteau, der sein Leben in den Griff zu bekommen versucht und den Tod seines besten Freundes durch einen einzigartigen Hai rächen will. Auch in seinem ersten Auftritt für Wes Anderson, Rushmore, weiß er durch seine zurückgenommene Art als vom Leben geschlagener Millionär zu überzeugen – großartig hierbei die Szene mit dem quasi Achsel zuckenden Sprung ins Schwimmbecken, eine Referenz an Die Reifeprüfung.

Diese Würdigung wird Bill Murray bei weitem nicht gerecht. Aber Bill Murray lebt ja auch noch fleißig vor sich hin, wenn er sich mitunter auch schonmal als Zombie tarnt wie in Zombieland oder Bestattung organisiert wie in Am Ende des Weges. Aber so ist er eben: Bill Murray, der Terrier unten den US-Komikern.

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