Helmholtz - Kommentare
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Alle Kommentare von Helmholtz
"Weißt du selbst, dass es bullshit ist?", fragt sie ihn, nachdem sie sein Manuskript gelesen hat. Es ist kein Vorwurf, kein Urteil, keine Herablassung in dieser Frage. Es ist ein Angebot und ein sehr mutiges obendrein, das Angebot sich zu öffnen, darüber zu sprechen was ihn die ganze Zeit schon offensichtlich bedrückt. Dieser ganze Handlungsstrang um Leons Buch, der im Grunde den ganzen Film ausmacht ist einfach unfassbar. Das Buch ist Leon und Leon das Buch: das Buch ist scheisse weil es ihm scheisse geht und es geht ihm scheisse weil er Angst hat, dass das Buch scheisse wird und weil das so ist, wird dann sogar was daraus vorgelesen und es ist verkrampft und zynisch und irgendwie nichtssagend, so wie Leon auch. Club Sandwitch heisst es obendrein, ich packs echt nicht, aber Leon ist ja auch ein bisschen unfreiwillig komisch und das macht ihn auch zu so einer tollen Figur, dass er schon einen gewissen Charme hat, wenn er fein gekleidet an den Strand geht und dann auch noch verschläft und zugedeckt wird oder wenn er Gulasch im Gesicht hat. Aber da ist auch Schwere und Konflikt, weil Leon unbedingt der Beste sein will, weil er Angst hat, weil er sich nicht die Blöße geben will wie sein verdammtes, verklemmtes Buch, weil sich jemandem öffnen aber eben auch einfach kein Kinderspiel ist. Aber weil Kino so schön sein kann, wird das alles wegschmelzen. Und wie denn bitte auch nicht an so einem schönen Sommer an der Ostsee und mit so einem schönen Lied im Vorspann wie "In my Mind" oder wenn Paula Beer so von der Kamera einegfangen wird wie hier, und vor allem wenn sie Heines Asra zwei mal hintereinanader vorträgt, einfach weil es so schön ist. Oder wenn es Asche schneit (da hat sich Petzold sogar was bei Tim Burton abegeguckt und das sogar ziemlich gut), wenn der Himmel rot und das Meer türkis leuchtet, wenn Matthias Brandt vorbeikommt und so gutherzig und so wohlwollend spricht, wenn die Liebenden Felix und Devid mit einem roten Traktor geradewegs ins Feuer fahren und sich in den Armen liegend verbrennen. Am Ende fährt Paula Beer in einem Rollstuhl herum, dann sieht sie Thomas Schubert, sie steht auf und sie schauen sich in die Augen. Dann ist alles erzählt was es zu erzählen gibt und alles was noch offen bleibt kann einfach nicht gesagt werden.
Viel zu sehr auf Coolness und Style aus um funny und vor allem fun zu sein. Bis auf den Julia-Roberts Metagag und einem ganz netten Vincent Cassel zündet hier nich ein Gag (und auch die, naja). Clooney und Pitt gockeln rum und oozen nicht Nonchalance sondern Entitlement und Arroganz, Damon spielt 1 Dummbatz haha lustig, Affleck und Cheadle, wie zur Hölle sind die in diesem Film gelandet, Andy Garcia wird von einer Schlaftablette gespeielt, Catherine Zeta-Jones hätte ein passables Bondgirl abgegeben aber sie ist in Steven Soderbergs eitlem DesignFilm gelandet. Als nächstes: Steven Soderbergs Sex and The City. Warum überhaupt Filme drehen, wenn man Fotograf bei Vogue werden kann? Warum spielen Robbie Williams, Madonna und Karl Lagerfeld da eigentlich nicht mit? Hat mehr mit einer Folge Leute Heute, als James Bond oder M:I gemeinsam. Ein Film der in der Nase kribbeln soll wie gutes Koks, aber mieft wie ein Duftbäumchen in einem warmen Auto. Wie wenn man Michael Mann auf Wish bestellt. Aber gut gemacht, I guess.
Nicht weniger als ein stroke of genius, ein Kunstgriff wie er nur selten gelingt weil er auch eine ordentliche Portion Glück und Schicksal benötigt krönt Ruth Beckermanns neuen Film, dem vielleicht besten deutschen Dokumentarfilm der nicht von Werner Herzog gedreht wurde. Ein reenactment von "Josefine Mutzenbacher, die Geschichte einer wienerischen Dirne", eines über hundert Jahre alten Skandalpornoromans hat Beckermann zu inszenieren vorgegeben, hat aber dafür nur Männer gecastet und ihnen die Möglichkeit gegeben das Geschriebene auf vielfältige Art neu zu inszenieren. Einer ist enttäuscht, dass keine Frauen mitspielen und das ja überhaupt kein Porno ist, der der neben ihm am Sofa sitzt muss sich gleich als der Überlegene beweisen, er wusste natürlich, dass die Beckermann eine große Regisseurin ist und niemlas so einen Schund drehen würde. Viele Männer werden solche und andere Strategien andwenden um das Angebot der sexuellen Selbstinszenierung auf größtmöglichen Sicherheitsabstand zu halten, noch mehr kriegen vor lauter Panik kaum ein Wort heraus, manche versuchen den geschmackvollen Mann von Welt zu geben und labern und labern ohne irgendwas zu sagen und wieder andere wollen offenbar einfach nur, dass die Welt weiß dass sie nicht pervers sind. Und dann kommen die, die wirklich auspacken und dann fühlt man sich als Zuschauer selbst zurückweichen, fühlt sich selbst ein bisschen unangehm berührt wie die vielen verlegen Stammelnden da auf der Leinwand. Und dann sitzen da auf einmal zwei Jungs, die schauen aus als hätten sie noch nie länger als einen Sommer gearbeitet und reden übers Masturbieren. Und wirken dabei so wunderbar fremd in diesem Film. Es sei doch eigentlich eine schöne Sache das man sich selbst einfach so in eine Glücksekstase hineinmassieren kann, moniert der eine, der andere kann den Lachanfall nicht lange unterdrücken und schließe sprudelt aus beiden das befreiteste und befreindste Lachen des Kinojahres. Ein bisschen gehämmt, ein bisschen "gschamig" sind auch diese beiden aber im Lachen und in der Absurdität hebt sich die Scham selbst aus und es gewinnt die innere Freiheit.
Könnte auch Michael Fucking Myers heißen, so sehr fühlt der sich mit seiner moody photography, seiner Obsession mit dysfunktionalen Aussenseitern und toxischen Beziehungen wie ein verfilmtes Lana Del Rey Album an, Kitsch, Camp and all. Ich muss sagen, kann man sich an einem Sonntagnachmittag ganz fein wegglotzen, vor allem weil Andi Matichak echt tolle sadgirlvibes hat auch wenn sie jetzt keine Scout Taylor Compton ist und im Abspann kein Cover von "Love Hurts" gespielt wird. Über weite Strecken ist das natürlich eine bittere Enttäuschung, der Vorgänger war schlicht ein zu großer Film, ein Horrorfilm der einem sogar in seinen Franchisezugeständnissen den Boden unter den Füßen weg zog, der desorientierndste Film seit Blair Witch Project, brachial geschnitten, der sadistischste und sensationsgeilste Film der letzten Jahre und dabei unheimlich clever und eben auch in seiner cleverness verstörender als der ganze A24 rammsch zusammen. Dieser Film ist bestenfalls stulle, schlimmstenfalls dämlich, auch wenn die Prämisse jegliche Nebenfigur miximal arschig zu gestalten schon ab und zu aufgeht. In den letzten 15 Minuten oder so taucht dann auch Michael Myers auf und lässt sich von nem Mädchen den Arm brechen, da kommt echt die Grandezza des Vorgängers noch mal auf und die Sache passt dann auch.
TIL: Es gab bereits vor 10 Jahren eine Showtime-Serie namens Timothee Chalamet wo Timothee Chalamet allerdings nur in ein paar Folgen eine Nebenrolle gespielt hat.
Der späte Cronenberg ist ein grandioser Weirdo aber er ist wohl ganz bei sich selbst angekommen. A Dangerous Method ist ein verlaberter Film aber doch sehr stylisch, gerade in der Flachheit seiner digitalen Bilder und er lässt seinen Schauspielern viel Freiraum. Vor allem aber ist er eine fantastisch schräge Kommödie wenn zum Beispiel Tisch der Familie Freud Sexualpsychologie angesprochen wird oder C.G. Jung Freud verbal zum Herzkasper disst. Wie Cronenberg solche Albern- und Eigenheiten vor einen durchaus ernsten, wenn nicht gar fatalistischen Hintergrund stellt ist durchaus eindrucksvoll.
Dem Wolfgang Schmitt Jr. sein Vater.
Alex Garlands abgeblich letzter Film und man merkt auch, der hat die Eier voll vom Regiestuhl. Nicht dass es "Men" an guten Ideen und Momenten fehlt, alles in allem ist das beileibe kein schlecht inszenierter Film aber auch komplett lustlos vom A24 Reißbrett runtergeleiert. Irgendwas über toxische Männlichkeit und das wars dann. Auf jeden (unfreiwillig) komischen oder tensen Moment folgt dann Leerlauf und Füllmaterial, der Film weiss einfach gar nicht wohin und das Finale, das mehr an South Park als an David Cronenberg erinnert ist auch nicht so dolle wie alle tun. Meh.
Wenn es je einen unterschätzten Filmemacher gab, dann ist es Yuen Woo Ping. Sein Kino scheut sich nicht vor Albernheit, Exzess und Pulpigkeit vor allem aber ist es von einer unfassbaren Virtuosität, die Bilder kommen mit so einer Wucht und Dynamik, dass sie einen aus dem Sattel werfen wie ein wildes Pferd, man weiss gar nicht mehr wo oben und unten ist in diesen brachialen Kämpfen aber im nächsten Moment reicht er einem doch wieder die Hand und man ist wieder mittendrinn und nur noch am Staunen. Und was für Drammaturgien was für Spannungsbögen diese Kämpfe haben, immer beisst man sich die Nägel wie da die Vehältnisse kippen und wechseln. Und dann diese wire-fu Einlagen, schwerelos und tänzerisch bis in die Baumwipfel, wie MGM Musicals aber noch größer, noch durchgeknallter.
Ang Lee ist von dieser Virtuosität nicht eingeschüchtert, weder muss er sich mit Woo Ping messen noch vor ihm auf die Knie fallen, er lässt ihm das Rampenlicht und unterstreicht, setzt Akzente und sorgt für subtilere Zwischentöne, ganz nach seiner eigenen Sensibilität. Das heisst er unterstreicht das Märchenhafte, das Sinnliche und Tragische. Manchmal ist es als drehe Yuen-Woo Ping ein Melodrama von Ang Lee und Ang-Lee eine von Yuen-Woo Pings B-Movie Martial Arts Extravaganzen und was kommen dabei für glorreiche Momente heraus. Ein sich-verlieben als slapstickighafte Verfolgungsjagd in einer virtuos eingebauten Rückblende, Gefühle durch Action oder der Kampf zwischen Michelle Yeoh und der von Ihr gekränkten Zhang Ziyi, vielleicht der tollste Fight der Kinogeschichte also Action durch Gefühle. In seiner Märchenhaftigkeit gerade in seinem wundervoll stimmigen Ende übrigens auch ein Film über Vergänglichkeit, Fatalismus und darüber wie man den Moment nicht festhalten kann, also: ein Film übers Kino. Masterpiece.
Über weite Strecken wirklich die allerschlimmste Art von Bescheidwisserkino, alle Dialoge klingen wie aus einem bescheuerten Videoessay, alles bemüht rund und nur upgesettet um in echt klugen kalkulierten Ah- und Oh- Momenten noch mal aufgerufen werden zu können, alles auf "Subtext" gepusht, hier darf nichts einfach sein um zu sein, vor allem die Schauspieler nicht. Keke Palmer ist keine Lupita Nyong O, Peele filmt sie auch nicht mit ansatzweise dem gleichen Vertrauen in ihren Starappeal; was diese Frau spielt, wie one-note, wie quality- und poweracting das sein will, das ist eigentlich nicht zu ertragen. Aber der gleiche Saubermannanspruch -quality filmmaking ist das eben- zieht sich durch de Film wie ein roter Faden. Für konequentes Zitatkino fehlt es Peele an Style und Bestimmtheit er ist kein Scorsese, kein Ti West, kein Tarantino. Passt auch, aber dann auch brachiale Bilder zu scheuen wie die Pest kann er sich unter diesen Unständen auch nicht leisten. Eine Komödie soll das ganze wohl auch sein, der Running Gag ist ohne Scheiß, dass Leute "Nope" sagen wenn was schlimmes passiert. Gotta be fucking kidding me. Für ein paar Minuten wirds dann schon ganz dicke, Hoytema haut ein paar gute Bilder raus und auf der Tonspur krachts vor allem hat hat Peele dann aufrichtiges Interesse geradeaus eine Genrefilm zu drehen aber ehrlich gesagt greift man da schon nach Strohhälmen. Nope.
Hast den neuen Verhoeven wohl verschlafen. So wie alle hier. Halloween Kills hätt aber schon dabei sein dürfen.
Mal abgesehen davon, dass die Autorentheorie weird ist und diese Zerpflückung von von Qualitätskriterien weird ist und die Kriterien selbst weird sind und es weird ist so was schön vielfältiges wie Kino auf diese linearen Skalen zu quetschen, liste ich jetzt mal einfach so meine "Lieblingsfilmemacher" auf (weil spontan Bock mich mal wieder hier zu beteiligen, die Autorentheorie lehne ich selbstverständlich noch immer ab)
1. Dario Argento
2. Hayao Myiazaki
3. Werner Herzog
4. Jackie Chan
5. Buster Keaton
6. John Carpenter
. Wes Craven
. Sam Raimi
. Alfred Hitchcock
10. Tim Burton
Ausser Konkurrenz: Peter Tscherkassky
+Howard Hawks, Steven Spielberg, James Cameron, Brian DePalma, Lucio Fulci, Martin Scorsese, Quentin Tarantino, David Cronenberg, Tobe Hooper, George Romero und vlt Renny Harlin, Francis Ford Coppola, Terrence Malick, Rob Zombie, Nicholas Roeg, Dominik Graf, Harold Lloyd und Kathryn Bigelow.
Vielleicht der farbloseste Blockbuster abseits des MCU. Da ist kein Bild das irgendwie verstören oder wehtun oder irgendwen auf den Schlips treten möchte. Kino aus der Mitte für die Mitte, ohne Einfälle, ohne Bums, total ungesalzen. Kino auf Autopilot. 2+ Stunden fade und immer gleiche Schnittstrukturen und Erklärdialoge um vielleicht 15 Minuten ganz annehmbare Action zu erklären. Washington schaut aus wie ein Gartenzwerg, Pattinson wie ein Rentner. Debicki und Branagh raufen sich um die Razzie-Nominierung (deutlicher Sieg für Branagh).
Also jo, kurz gesagt, ins Rennen um den Besten Film gehörte er irgendwie schon.
Hat jemand Bock was in auf Google Drive / Cloud zu laden?
Mickey's Christmas Carrol, wahrscheinlich.
Am meisten gönne ich ihn der schönsten Frau der Welt (nicht ScarJo).
Was zum Geier ist denn eigentlich mit "Szenenblid" gemeint?
Hatte kein Lappi bis jetzt.
Schlimmste Entdeckungen:
-4Äugiger Zyklop
-(Film)Twitter ("Hey schaut her ich schau 20 Filme pro Woche" / "dieser Film ist Propaganda" / #Nowwatching)
-Dieser SchmittFilm
-Kein Schlagabtausch zwischen Fredi und Rajko in dessen Gästebuch re Vinylsammeln, Objektivitätszertifikat etc.
Was ich schon länger fragen wollte: Was ist eigentlich aus diesem schönen FließtextFormat geworden, das es bei den Jahresendlisten in dieser Kolumne bis 2013 oder so gab? Die mochte ich viel lieber, da sie die Möglichkeit gaben schön Zusammenhänge und Abgrenzungen zu erläutern, auf Runners-Ups und gescheiterte Experimente hinzuweisen, Brücken zu schlagen, vom Kleinen zum Großen zu führen (eine Bestandsaufnahme war dadurch ja auch immer dabei), und die Filme nicht vordergründig in eine lineare Skala pressen mussten (konnte man ja doch haben, dann halt am Ende des Textes, mehr als Bonus/Fußnote). Vor allem haben sie schön zu Rajkos Schreibstil gepasst und sich persönlicher, ja, weniger nach Auftragsarbeit angefühlt.
#Bringbacktheoldendoftheyearlistsinmrvincemtvegasfilmecke
Schöner Text. Hyped.
Ja schöner Artikel und so und auch schön wieder mehr von Rajko hier zu lesen.
Was ich an der Reaktion auf Marvel selbst jahrelang mitgetragen aber mittlerweile zunehmend mit Skepsis betrachte ist dieses knallharte Festhalten an der AuteurTheorie das ich im Bezug auf diese Diskussin immer wieder beobachte. Was dabei aber meistens untergeht ist, das das Kino ja nicht immer im Zeichen jener stand: In den goldenen Jahren Hollywoods gab es ja auch keine künstlerische Freieheit in dem Sinn wie wir es verstehen und "ästhetische Monotonie" wurde durchaus von einigen Kritikern bemängelt (was ich nicht bestätigen könnte, ich habe aus jener Epoche schlicht viel zu wenige Filme gesehen). Jedenfalls werden in der Regel nicht jene Filme gelobt, die sich eine Niesche schafften oder sich innerhalb der Produktionsbedingungen eigene Freiheiten mühsam erkämpften, sondern jene die diesen Studiostil (oder "Hollywoodstil", whatever) sozusagen "vollendet" haben (Casablanca, Wizard of Oz etc). Mit dem Auteurismus ist da nicht viel her, am Wizard of Oz (und anderen) wurden ja sogar Regisseure ausgestauscht wie aktuell bei Disney (wo ja viele zurecht darüber schimpfen). Noch krasser: Detlef Sierk und Mano Kaminer mussten sogar ihre Namen ändern, da steckt der Verrat an der künstlerischen Freiheit quasi schon in den Plakaten und Titelsequenzen (und überall wo der Name des Auteuts aufscheint).
Kurzum: Den Auteurbegriff und damit verwandte Konzepte gegen Marvel ins Feld zu führen erscheint irrsinnig, dann müsste man ja auch große Teile der Geschichte Hollywoods entweder ignorieren oder schönreden, was dem Diskurs über Kino sicher nicht zuträglich ist.
Dass gerade Leute wie Scorsese oder FFC jetzt in die Diskussion einsteigen verwundert kaum: New Hollywood war quasi eine Umsetzung der AuteurTheorie die Leuten wie ihnen oder Spielberg oder Lucas eim Stardasein ermöglichte. Der Vorwurf ist zudem abstrus: das Kino *kommt* vom Jahrmarkt.
Dabei gibt es so viele tolle Sachen, die man an Disney so toll kritisieren könnte :(
Ich wiederspreche fast jedem Punkt in diesem Artikel (vor allem diese ultrawonky Definitionen und der ungereimte Schluss der daraus gezogen wird) aber die Grundthese ist arschstabil: Scorsese hat da einfach Blödsinn gefaselt. Bissl cringy (und arg doch auch arg autoritätshörig) wie viele "Cineasten" sich da drauf stürzen.
Und MCU ist natütlich dennoch eindeutiger Tiefpunkt in der Geschichte Hollywoods.
Lose Gedanken zu Six Feet Under bis ca. Mitte Staffel vier.
Was einem durchaus den Zugang zu Six Feet Under versperren könnte und es sicher auch dem einen oder anderen hat, ist die gehörige Portion "soapiness" die der Serie aus jeder Pore quellen. Six Feet Under lehnt sich -und das ist durchaus auch in ästhetischer Weise nicht so leicht abzustreiten- sehr stark an Soap Opera und Telenovela an: Da haben wir Geschmuse, Fremdgegehe und Intrige. Familienroman und Kleinbürgertum, Arbeitsstress und Langeweile. Da haben wir sanfte Farbfilter und Innenaufnahmen in der Totale, Schauspieler, die Sachen durch die Gegend schleudern und auch mal gerne ein bisschen mehr veräußern als gewohnt.
Das soapige an sich muss ja nichts schlimmes sein, wird aber gerne so Aufgenommen, gerade in einer Generation, deren erster Kontakt mit der Soapopera in der Regel stattfand als Mutti mit bügeln beschäftigt war. Dabei ist es für Six Feet Under integraler Teil der Erzählstruktur und einziger Grund für eine Serialisierung obendrein. Aber treten wir vielleicht einmal einen Schritt zurück: Six Feet Under, das lässt sich schon dem Titel entnehmen, wird aber spätestens bei einem Blick auf Pilot, Konzeption oder Intro ersichtlich, entwickelt sich entlang des besonders stark ausgeprägtem Leitfaden des Todes, der die Grundprämisse motiviert und auch den unscheinbarsten Nebenfiguren und Nebenerzählungen als (manchmal mehr manchmal weniger) stillen Begleiter folgt.
Der Tod, das ist ein Grundpfeiler des Kinos (so meinte denn schon Stan Brakhage, in seinen Filmen ginge es um nichts ausser Geburt, Tod, Sex und die Suche nach Gott) und das nicht zuletzt, weil das Kino auch ein ewiges Wiederkehren beschreibt, zu einem Moment der schon tot war, als sich sein Abdruck auf dem Filmmaterial einbrannte. Die ewige Wiederkehr der Toten, des toten und wiederbelebten Bildes, das macht sich Six Feet Under zum Grundkonzept, zur Motivation des seriellen Erzählens (gerade wenn jeder Arbeitstag nur durch den Tod irgendeines Menschen überhaupt erst möglich wird). Und es geht vielleicht auch den Schritt, den Brakhage zB nie gehen konnte. Mit dem Tod musste das Kino umgehen lernen, es musste ihn aufheben und codieren aber schließlich auch ganz direkt zeigen können. Er stand dabei aber doch lange am Rand der Gesellschaft, beim Experimentalfilm oder dem Horrorfilm. Um ihn in die Mitte der Gesellschaft zu holen, in die Mitte des Lebens, gerade dafür bedurfte es einer Soapopera wie Six Feet Under, die sich dann aber auch nicht so ohne weiteres der Ästhetik und Regeln ebenjener entledigen durfte.
Was sie aber schon durfte und konnte war diese Regeln verinnerlichen, umdrehen und gegen sich selbst auszuspilen. "Soap" das heisst auch eingeseift werden mit dem wohligen Balsam des Status Quo, der Familiarität. Wer sich bei Six Feet Under damit einzuseifen glaubt wird wohl letztenendes darauf ausrutschen und eine schmerzliche Landung erleben, wie anfangs der Dritten Staffel, wo sich auf einmal alles in Wohlgeffallen aufgelöst zu haben scheint und unsere Charaktere fast schon die Parodie eines bürgerlichen Lebens zu leben scheinen. Zum Ende wird dann das familiäre aufs brutalste Aufgerissen und es stellt sich ernsthaft die Frage: Warum noch weitermachen? (für die Figuren) Und: Kann man das überhaupt noch weiterschauen, gibt es hier überhaupt noch irgendeinen möglichen Blick auf das was hier geschieht? (für den Zuschauer).
Ganz häufig will die Serie die Trennlinie überschreiten, die sie doch anerkennen muss. Dass die Toten in Six Feet Under sich unter die Lebenden mischen, das ist eine Sache. Aber ganz häufig begegnen wir hier auch tatsächlichen Halbwesen, noch nicht tot aber schon mit einem Fuß über die Schwelle ins Jenseits geraten, und diese zählen zu den faszinierendsten Figuren der Serie: Da wäre Gabriel Dimas, der den Tod seines kleinen Bruders miterlebt und nicht verhindern hat können. Das Gras, das er verkauft verstreckt er mit Einbalsamierungsflüssigkeit, dann verschwindet er von der Erdoberfläche, genau wie der Mann, den er erschießt als er für kurze Zeit wieder unter die Lebenden geht. Nathaniel Samuel Fisher ist zwar Tot, aber sein Unternehmen, das gibt es noch, genauso wie die 100 Spuren die er darin hinterlassen hat und das Testament, das den Lebensweg seiner Söhne wieder kreuzen lässt. Die extremsten Halbwesen bilden aber sein Sohn Nate und der Totkranke Aaron Buchbinder, die eine der seltsamsten Beziehungen der Fernsehgeschichte eingehen. Nate, selbst sogut wie totkrank entschließt sich Buchbinder jeden Tag bis zu dessen Tod zu besuchen. Dieser aber hat - laut Prognosen der Ärzte hätte er schon lange Tod sein sollen- jede Hoffnung gegenüber dem Leben schon längst aufgegeben. Im Moment des Todes versucht Nate ihm Hoffnung zuzusprechen -und bricht schließlich in Tränen aus. Aber zu wem spricht Nate hier eigentlich: Zu Aaron Buchbinder oder zu sich selbst? Und kann man denn überhaupt wirklich zu jemandem sprechen? Kann man denn aus dem Gefängnis des eigenen Ichs je auch nur ansatzweise ausbrechen?
Six Feet Under weiß um die Macht solcher Fragen, und weiß um die Macht des Todes, wenn er denn konsequent ins Bild getragen wird. Natürlich weiß die Serie damit umzugehen. Frevelhaft wäre es nur sich darauf zu verlassen.
Done! :) https://www.moviepilot.de/news/kinoguerillafilmclubwien-1118484
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