SiameseMax - Kommentare

Alle Kommentare von SiameseMax

  • 7
    über Elysium

    [...] "Elysium” ist im Prinzip genau das, was man von Regisseur Neill Blomkamp als nächsten Schritt nach seinem von Kritik und Publikum weltweit gepriesenen Sci-Fi-Meisterstück “District 9″ (2009) erwarten konnte: Eine High-Budget-Version seines erfolgreichen Independent-Werks im Blockbuster-Format, mit Amerika als Schauplatz statt Südafrika. Und mit dem beinahe allgegenwärtigen Routinier Matt Damon in der Hauptrolle. Achja, und ohne Aliens. Ganz gerecht wird man “Elysium” mit dieser Beschreibung denn aber doch nicht. Zwar legt Blomkamp hier im Vergleich zu “District 9″ einige Schippen an Action obendrauf, ganz dumm ist “Elysium” aber nicht. Höchstens weniger subtil. Aber seien wir mal ehrlich, um zu erkennen, dass es sich bei “Distict 9″ um eine Allegorie auf die Apartheid handelt, musste man auch keine große Leuchte sein. So ist “Elysium” zwar thematisch breiter und stellt gleich zahlreiche Missstände der modernen Gesellschaft an den Pranger, moralinsauer oder gar pathetisch ist das Machwerk (nur der Schluss ist arg kitschig geraten – inklusive SloMo, Funkensprühregen und obligatorischen indianisch anmutenden Gesängen im Hintergrund) aber auch nicht. “Elysium” ist brutal, und mit knallharter Action, teils sogar mit wohl dosiert eingesetzten Gore-Effekten, garniert und hat fantastische Schauwerte zu bieten. Damit dürfte Blomkamp mit einem milden Lächeln sämtliche Sci-Fi-Blockbuster des ausklingenden Kinojahres (man denke da an den mauen “Oblivion” mit Tom “Nervsack” Cruise oder “Pacific Rim”) auf den Mond schießen (“Gravity” spielt da in einer ganz anderen Liga). Matt Damon überzeugt mit seiner realistisch-geerdeten Darstellung des verletzlichen Anti-Helden, und Sharlto Copley ist ein Gegenspieler, den man derart fies und angsteinflößend lange nicht gesehen hat. Angsteinflößend ist allerdings auch die Performance der Jodie Foster [...]"

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    • 10
      über Liebe

      [...] “Amour” besticht durch seine grandios authentischen, unprätentiösen DarstellerInnen, durch sanfte, liebevolle, aber gleichzeitig wunderbar zurückhaltende Hand geführt durch den simplen Plot. Das ansonsten eher unrühmliche Attribut “simpel” ist in diesem Kontext jedoch als im besten Sinne positiv zu verstehen, denn es geht um den Alltag des Älterwerdens, des Für-einander-da-seins und, ja, um Liebe. So “einfach” kann Kinokunst sein.
      Zudem bleibt zu bemerken, dass mir kein Film bekannt ist, der die Komplikationen und Folgen eines bzw. mehrerer Schlaganfälle dermaßen realistisch darstellt (was freilich auch der zu Recht mit dem Oscar nominierten Emmanuelle Riva zu verdanken ist). [...]

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      • 2

        Bei allem Wohlwollen und aller Liebe, leider ist "3 Zimmer/Küche/Bad" ein glasklarer Fall von als nette StudentInnen-Komödie mit Typen wie du und ich und von nebenan getarnter Dilettantismus. Das Möchtegern-Feelgood-Movie reiht zusammenhangslos Geschichtchen aneinander, wie sie das Leben nicht schreibt und garniert das Ganze mit meist hölzern aufgesagten, teilweise sogar richtig dummen Dialogen (in etwa so: "Es stürmt, Mama hat Angst, der Baum fällt um." "Der Baum ist doch noch nie umgefallen!"). Allen voran nervt Hauptdarstellerin Anna Brüggemann, die sich die für sie völlig unpassende Rolle der von allen begehrten, ach-so-flippigen, kecken und lebensfrohen Dina offenbar selbst auf den Leib geschrieben hat und den Zuschauer nach dem x-ten näselnden "Duuuu, ich hab da mal ne Frage" zur Weißglut treibt. Klarer Fall von getrübter Selbstwahrnehmung und schlechtem Abschauen bei Vorbildern wie etwa Natalie Portmans Sam in "Garden State". Die meisten der anderen DarstellerInenn sind einem hingegen wenigstens relativ egal, sind sie doch zum Teil recht überzeichnet, wie der nette Schluri Thomas, oder bedauernswerterweise schlicht uninteressant, wie Protagonist Philipp. Es widerstrebt mir, ein offenbar ambitioniertes Projekt von aufstrebenden deutschen Filmschaffenden zu zerreißen, aber es fehlt hier einfach ein roter Faden, von Spannung und echter Komik fehlt ebenfalls jede Spur, viele DarstellerInenn sind zudem fehlbesetzt, so wie eben Brüggemann als Dina oder Alexander Khuon, der als Womanizer Michael schlicht lächerlich wirkt und eher an die erotische Ausstrahlung eines Dieter Nuhr erinnert. Durch die Aufteilung in 5 Akte wird der überlangen, aus einer Aneinanderreihung von irrelevanten sowie überzogenenen Irrungen und Wirrungen bestehenden Schmonzette noch der "Das ist Kunst"-Stempel aufgedrückt, durch welchem auch dem holprigen Schluss die Lächerlichkeits-Krone aufgesetzt wird. Außer ein, zwei netten Momenten, in welchen "3 Zimmer/Küche/Bad" tatsächlich Anzeichen der sympathischen Normalo-Komödie aufweist, die der Film so gerne wäre und einer erfrischenden Darstellung von Corinna Harfouch, bekommt man hier nur lauen Mumpitz geboten, für den sich das Geld für die Eintrittskarte definitiv nicht lohnt.

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        • 4

          “Komm raus, Witz! Du bist umstellt!”
          “The Other Guys” hat das gleiche essentielle Problem wie einst “Loaded Weapon 1″ mit Charlie Sheen-Bruder Emilio Estevez anno 1993: Der Versuch, etwas zu parodieren, was an sich schon nicht ernst gemeint ist, ist oftmals im wahrsten Sinne schlicht witzlos und kann leicht als Rohrkrepierer enden, und das ist damit neben des Mitwirkens von Samuel L. Jackson nicht die einzige Parallele zwischen beiden nur leidlich komischen Komödchen. Es gibt kaum ein ausgelutschteres Sub-Genre als die Buddy-Cop-Action-Comedy, die trotzdem immer wieder auf ihren ausgetrampelten Pfaden ihren Weg ins Kino sucht. Den Anfang machten 1982 Nick Nolte und der fortan als Plappermaul par excellence verheizte Eddie Murphy in “Nur 48 Stunden”. Es folgten unzählige Ableger und Kopien, darunter sind die noch am ehesten als gelungen zu bezeichnenden Exempel der zum Paradebeispiel avancierte und durch das eingangs erwähnte Machwerk mit dem Versuch einer Parodie bedachte “Lethal Weapon” (1987), dessen Sprüche (“Ich bin zu alt für diesen Scheiß”) noch heute in allseits beliebten Serienerfolgen wie “How I Met Your Mother” Rechnung getragen werden, und der mit dem ebenfalls bereits erwähnten Charlie Sheen und Altmeister Clint Eastwood, bevor er mit steigendem Alter aus dem “Dirty Hary”-Actionfach in seichtere Gefilde wechselte, besetzte “Rookie” aus dem Jahre 1990. Seither gab und gibt es immer wieder Neubelebungs-Versuche dieses Genres, welchem in seiner Fomrelhaftigkeit wohl noch weniger Nuancen abgewonnen werden können als dem ebenfalls gern reanimierten Teenie-/Backwood-Horror im Abzählreim-Stil. Ergo scheitern die meisten Versuche auch kläglich, einzig das geniale Simon Pegg/Nick Frost-Vehikel “Hot Fuzz” (2007) hat es geschafft, eine eigenständige Story zu entwickeln und gleichzeitig die Genre-Vorbilder mit herrlich galliger Chuzpe zu veräppeln. Eine Parodie also, die im eigenen Dunstkreis wie auch im parodierten Genre Maßstäbe setzte. Ähnlich gelungen scheint der von der Kritik gefeierte “21 Jump Street” zu sein, der erst kürzlich mit Erfolg im Kino lief, und macht es damit offenbar deutlich besser als der mit einem dümmlichen deutschen Copy/Paste-Titel versehene “Die etwas anderen Cops”:
          Während Samuel L. Jackson und Dwayne “The Rock” Johnson als Rockstar-Bullen-Duo mit etwas seltsamem Film-Tod Spaß machen, laiern sich der um Zurückhaltung bemühte Will Ferrell und der blass wirkende Mark Wahlberg Kalauer aus dem Kreuz, die nur selten wirklich zünden. Das ist unter Anderem darauf zurückzuführen, dass die meisten Genre-Zitate nicht deutlich genug als Parodie erkennbar sind und man oft das Gefühl bekommt, tatsächlich einen Buddy-Komödien-Ableger präsentiert zu bekommen – einen teilweise zum Fremdschämen unlustigen obendrein.

          • 5 .5

            Unspektakulärer Action-Durchschnitt mit einem routinierten Denzel Washington, aufgemotzt mit ein paar extra brutalen Kampfszenen. Nicht unspannend und recht unterhaltsam, aber leider eben auch unglaublich aufgeblasen.

            • 7

              [...] “Another Earth” kann als eine thematische Antithese zu Lars von Triers fast zeitgleich entstandenen “Melancholia” verstanden werden. Während Lars von Triers Himmelsstern das Ende der Welt bedeutet, ermöglicht die zweite Erde den Menschen eine Perspektive auf Katharsis, und ein besseres Ich. Dabei ist die Regie-Arbeit von Debütant Mike Cahill in seiner omnipresenten Symbolik, auf welcher der in seiner Gänze recht dünne und teils vorhersehbare Plot fußt, nicht minder plump und offenkundig, jedoch visuell und inszenatorsich weit weniger eindrucksvoll als von Triers depressive Apokalypse. Dennoch hat das von Cahill in Zusammenarbeit mit Hauptdarstellerin Marling verfasste Drehbuch und die darin aufgeworfenen Fragen über das Sein und das Nichtsein durchaus seinen Reiz, und natürlich sind dabei jegliche Gesetze der Astrophysik außer Kraft gesetzt und das ist in Anbetracht des metaphorischen Charakters der titelgebenden “anderen Erde” auch vollkommen legitim (um solche “Nebensächlichkeiten” kümmerte sich ja auch von Trier herzlich wenig). Allerdings liegt das größte Problem des Films darin, dass seine Macher scheinbar nicht in die Abstraktionsfähigkeit seines Publikums vertrauen. Somit kauen sie uns sämtliche aufgeworfenen Fragen explizit durch eine Priester-ähnliche Stimme aus dem Off vor und öffnen damit Möchtegern-Philosophen Tür und Tor, Vorgegebenes unreflektiert wiederzukäuen. Alle anderen dürfte das langweilen oder gar ärgern. Es sollte doch einer Independent-Produktion dieser Güte der Mut und das Vertrauen in die eigene Wirkung und die Aussagekraft innewohnen, gerade wenn sie sich einer Metaphorik bedient, die per se schon eigentlich keiner großartigen Erklärung bedürfen sollte.
              Trotz und alledem ist “Antoher Earth” keinesfalls misslungen. [...]

              • 7

                [...] Dankenswerterweise besticht “Das Schwein von Gaza” aber in erster Linie durch leise, feinfühlige und mehr oder minder subtile Töne, und nimmt religiöse und politische Aspekte des Gaza-Konfliktes herrlich innovativ auf’s Korn, während meine Sitznachbarin erklärt bekommt, dass sie dies nicht verstehen muss: “Is’ was Politisches”, wird sie beschwichtigt. Und ja, das hat ihre Begleitung ganz richtig verstanden, denn, Überraschung, latent politisch ist eigentlich der ganze Film! Dennoch bekommen wir weder eine moralinsaure “Seid nett zueinander”-Message unter die Schweinenase gerieben, noch kippt diese filmische Perle mit seinen wunderbaren DarstellerInnen im letzten Drittel ins Tragische. [...]

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                • 9

                  [...] Dabei offenbart sich das einzige kleine Manko des Films direkt zu Beginn: Hauptdarsteller Bin Won, bekannt aus dem ebenfalls absolut sehenswerten Krimidrama „Mother“ (2009), wirkt bei der Verkörperung seiner wortkargen, äußerlich eiskalten Killer-Elite-Figur mit seiner etwas lächerlichen Dir En Grey-Frisur recht blass, ganz im Gegensatz zu der Kinder-Darstellerin Sae-ron Kim, die ohne altklug zu wirken oder auf die Tränendrüse zu drücken alle (erwachsenen) Beteiligten an die Wand spielt. Sobald sich Protagonist Cha Tae-sik dann kampfeslustig die Matte abrasiert und das eigentlich hervorragende mimische Spiel des Bin Won nicht mehr von seiner stylischen Haarpracht verdeckt wird, entwickelt sich der Film zu einer brutal-kaltblütigen Hetzjagd, makellos inszenierte Actionszenen halten sich die Waage mit ergreifenden Einblicken in das menschenunwürdige, kriminelle Unterwelt-Milieu des Drogenhandels und der „Ameisenkinder“, in welchem natürlich mit viel Rabatz ordentlich aufgeräumt wird. Dabei ist die Chemie der beiden ungleichen ProtagonistInnen trotz recht rar gesäter gemeinsamer Szenen ungemein stimmig, wodurch die temporeiche, knallharte Inszenierung, die in Punkto Gewalt, wie üblich bei südkoreanischen Rachedramen, keine Gefangenen macht, nie aus dem Gleichgewicht gerät: Man nimmt Regisseur Jeong-beom Lee die Story um einen ruhigen Pfandhausbesitzer mit einer brutalen Vergangenheit auf der Suche nach seinem einzigen Freund, einem kleinem Mädchen, deren Weg Genre-gerecht zunehmend mehr Leichen säumen, zu jeder Sekunde ab. [...]

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                  • 8

                    [...] “The Dark Knight Rises” strotz vor fantastischen Schauspielern, in mehrdimensionalen und druchdachten Rollen, die Story ist intelligent (und suhlt sich zuweilen darin), wenn auch etwas humorlos. Es kracht zudem ordentlich und die Spannung steigt stetig, wohlgemerkt bei einer Lauflänge von 2 1/2 Stunden. Hier stimmt summa summarum also fast alles und der Maßstab ist hoch, ja nahezu astronomisch. Eine Fledermaus im Höhenflug, und Kino der im besten modernen Sinne überbordenden Sorte.

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                    • 4
                      über Haywire

                      [...] “Haywire” verheddert sich in allzu vielen mutwillig eingeflochtenen Handlungssträngen, die irrelevant wirken und schafft es zu selten, wirkliches Interesse beim Zuschauer für die Figuren und deren manchmal wenig nachvollziehbaren Handlungen zu provozieren. So ist Sonderberghs neuestes Werk optisch und formal durchaus gelungen, da es den Flair der 80er-Spionagethriller zu Zeiten des Eisernen Vorhangs in respektbaler Manier kopiert und variiert, scheitert aber an der wichtigsten Hürde des Genres: Der Spannungsbogen wird nicht genug gespannt, der Film kommt nie wirklich in Fahrt, viele Action-Sequenzen sind im Ansatz vielversprechend und verlaufen schließlich im Sand, und das Drehbuch ist zudem erschreckend humorlos sowie mit Dialogen versehen, denen es deutlich an Würze fehlt.
                      Schade, denn dadurch rutscht ein fantastisches Cast dank unambitioniert wirkender Regie und einer faden Made als Hauptdarstellerin in die gepflegte Langeweile und, ja, sogar ein wenig unter den Durchschnitt. Zumindest wenn man eine Messlatte anlegt, die einem Namen wie Sonderbergh normalerweise gebühren sollte.

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                      • 5

                        Zwei Fragen trieben mich nach der Sichtung von Malicks neuestem vermeintlichen Meisterwerk mit Oscar-Chancen um: Wie viel Kohle hat Sean Penn wohl für seinen seltsam entrückten 10-Minuten-Auftritt bekommen, in der er nichts tut als zwei Sätze zu sagen und sinnierend-fragend dreinzuschauen und scheinbar orientierungslos durch die Gegend zu latschen, was irgendwie schon ein wenig dümmlich wirkt UND zu den ständigen geflüsterten, aber dadurch nicht weniger pathetisch anmutenden Sinnfragen aus dem Off hätte ich gerne die Frage „Was soll das Ganze?“ hinzugefügt.
                        Terrence Malicks quasi storylose, stellenweise vor Kitsch triefende Sinnsuche will zu viel und erreicht zu wenig, und ist dabei so ausufernd wie ein Film nur sein kann, denn beim Unter-die-Nase-Reiben und Immer-wieder-Betonen, dass Malicks alttestamentarisch strafender Gott Leben gibt und nimmt kann man wohl kaum weiter ausholen, als buchstäblich beim Urknall anzufangen. Das ist zwar zweifelsohne beeindruckend hübsch bebildert und wie auch schon beim gähnend langweiligen „The New World“ von Emmanuel Lubezki in jeder einzelnen Einstellung perfekt eingefangen. Aber während man jedes einzelne Bild des wahren Meisters hinter „Tree of Life“ rahmen möchte, geraten die Charaktere eindimensional und deren Konstellation aufgesetzt und nicht selten schlicht uninteressant. Zwar spielt Brad Pitt wie immer einwandfrei und auch die jugendlichen Darsteller sind toll, doch der dargestellte Vater-Sohn-Konflikt bleibt oberflächlich und nur im Ansatz und in zu wenigen Momenten wirklich berührend, das haben andere vor Malick schon wesentlich besser hinbekommen und mussten dazu nicht einen Hauch von Lächerlichkeit in Kauf nehmen, indem sie vorher mittelmäßig animierte Dinosaurier durchs Bild laufen lassen (die im Übrigen mehr mimisches Ausdrucksvermögen an den Tag legen als Mr. Penn). Generell fällt die Darstellung der Familie recht flach aus. Während Pitt wie gesagt überzeugend den harten, aber gerechten Vater mimt, läuft die durch und durch gute und naturverbundene Freigeist-Übermutter Jessica Chastain barfuß durch den Regensprinkler und dreht sich im luftigen Sommerkleid stundenlang im Kreis. Und dann stellt sich einem natürlich permanent die Frage, inwiefern der Tod eines der Söhne eine derart überhöhte, pathetisch-religiöse Abhandlung des menschlichen Daseins auf Gottes Erde rechtfertigt und es drängt sich der Verdacht auf, dass Terrence Malick einfach keine Geschichten erzählen kann. [...]

                        • 5

                          [...] Einige Neuerungen und Hinzufügungen Finchers wirken zudem ungelenk, als hätte der Regisseur allzu oft den Fokus auf jene Aspekte der Story gelegt, welche die 2009er-Verfilmung zu Recht vernachlässigte oder lediglich umriss. Dumm nur, dass der Zuschauer bei der Neuverfilmung trotz angestrebter Klarheit des Öfteren Gefahr läuft, der komplexen Story nicht folgen zu können, da Fincher auch die persönliche Beziehung zwischen Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist in ein völlig profaneres Licht rückt, indem er ihr jegliche Dynamik nimmt und hier und da als Ausgleich ein paar Sex-Szenen ergänzt. Scheinbar fehlt dem Regisseur hier das sichere Händchen für eine schwierige Beziehung, und gleichzeitig der Einblick in eine zutiefst verletzte Seele. Sogar Salanders für die Persönlichkeitsentwicklung ihrer Figur unabdingbar wichtige Vergangenheit wird in einer der Schlüsselszenen des Originals einfach weggelassen. Das Feuer, das auf mehreren Ebenen ihre Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpft und zu ihrem ständigen, unliebsamen Begleiter geworden ist, wird in der US-Version ihrer Geschichte im Keim erstickt. [...]

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                          • 10

                            [...] Eine zusätzliche tragische Tiefe, die hinsichtlich ihrer tiefschürfenden emotionalen Dimension nicht selten der des Luc Besson-Klassikers „Léon-Der Profi“ (1994) gleicht, erreicht diese Psychothriller-Perle, wenn der zweifelhafte Held sich widerwillig der kleinen Tochter einer der ermorderten Prostituierten annehmen muss, um schließlich doch eine Art väterlicher Zuneigung, ja sogar ein für ihn bis dato unbekanntes Gefühl der Verantwortung und des Beschützerinsinkts für das Kind zu entwickeln. Eine wahrer Kunstgriff des Regisseurs, der „The Chaser“ zusetzlich zu seiner in brilliante Bilder gerahmten Nägelkau-Spannung und den von Zeit zu Zeit aufblitzenden, für das asiatische Kino teils charakteristischen grotesk-komischen Elementen von anderen Werken seiner Sparte deutlich abhebt. Vorausgesetzt natürlich, man geht davon aus, dass „The Chaser“ nicht ohnehin in einer eigenen Liga spielt. [...]

                            • 6 .5

                              [...] Trotz all des angestrebten Realismus und aller Gewalt lässt einen die Story jedoch seltsam kalt. Was man geboten bekommt, ist eine atemlose Flucht mit allzu vorhersehbarem Ende, und eine nur oberflächliche Charakterstudie. Über die Beweggründe der Charaktere bzw deren Schicksal erfährt man gerade soviel, um den Verlauf des Plots nachvollziehen zu können. Für einen Film mit solch einer thematischen Brisanz ist das jedoch viel zu wenig. „London to Brighton“ scheint auf den ersten Blick viel zu wagen, traut sich aber letztenendes doch nicht wirklich, das grob angeschnittene Thema am Schopf zu packen und kratzt lediglich vorsichtig an dessen Oberfläche herum. Auf den ersten Blick ehrlich, ist er im Endeffekt doch verlogen und benutzt seine erschreckende Story lediglich als Aufhänger für eine auf Spannung getrimmte Hetzjagd. Tiefere Milieu-Einblicke wären wünschenswert gewesen, stattdessen begnügt sich Regisseur Paul Andrew Williams damit, seine überwiegend schemenhaft-stereotypen Charaktere möglichst oft das böse F-Wort sagen zu lassen. Einzig die Figur der Kelly ragt aus dem kriminellen Einheitsbrei heraus. Generell sind die Dialoge platt, und die deutsche Synchronisation, wie der reißerische Untertitel „Gejagte Unschuld“ vermuten lässt, ist eine einzige Katastrophe.
                              Als brutaler Thriller funktioniert „London to Brighton“ durchaus, wer jedoch ein tiefgründiges Drama erwartet, wird enttäuscht.

                              • 2

                                [...] „96 Hours“ ist, wie eigentlich jeder Selbstjustiz-verherrlichende Action-Film, natürlich moralisch äußerst fragwürdig. Das wäre jedoch für den geneigten Zuschauer vielleicht venachlässigbar, würde sich der Film nicht in jeder Sekunde so unfassbar ernst nehmen. „96 Hours“ kommt als falscher Heiland daher, als würde er seinem Publikum die Augen öffnen sowie die Missstände der Welt anhand des Dramas einer ganz normalen Familie nahebringen wollen. Stattdessen missbraucht er aber eben die im Film dargestellten, schrecklichen Wahrheiten als Nährboden für einen voyeuristischen, sadistischen, hirnlosen, noch dazu häufig unfreiwillig komischen „Einer gegen Alle“-Plot. Für wie blöd wird der Zuschauer eigentlich gehalten? [...]

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                                • 8

                                  [...] „50/50“ ist typisches Independent-Kino, dessen Titel gleich mehrere Implikationen birgt: Protagonist Adam sieht sich mit einer 50/50-Überlebenschance konfrontiert, genauso gut könnte man einem Plot wie diesem eine 50/50-Chance prognostizieren, tierisch in die Hose zu gehen. Regisseur Levine beweist jedoch ein sicheres Händchen für einen schwierigen Stoff mit dem Ergebnis eines vollends zufriedenstellenden Komödien-Kunststückes voller Situationskomik, Pointen-reichen Dialogen und der richtigen Dosis dramatischen Realismus.

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                                  • 8

                                    [...] Die polnische Regie-Legende Roman Polanski weiß die merklich für die Bühne konzipierte Prämisse der amüsanten Streitigkeiten, die ausschließlich in einem Appartement ausgefochten werden, und geradezu irrsinnige, tief menschliche Wendungen nehmen, die einzig zu Beginn etwas gekünstelt wirken, bis die aberwitzigen Dialoge eine köstlich gallige Eigendynamik entwickeln, effizient für die große Leinwand zu nutzen. Somit ist „Carnage“ ein beinahe makellos inszeniertes, aber definitv fulminant agiertes Ensemblestück, für alle die gepflegtes, treffsicher humorvolles und angenehm geschwätziges Schauspielerkino lieben.

                                    • 7 .5

                                      Oberflächlich betrachtet ist die Roman-Adaption „We Need to Talk About Kevin“ von der ersten Sekunde an tadellos inszeniertes Kino. Bereits im Rahmen der reichlich verwirrenden Eröffnungssequenz meint es Regisseurin Lynne Ramsey beinahe etwas zu gut mit optischer Symbolik, und präsentiert uns direkt in der Exposition den buchstäblich vielleicht rotesten Faden seit Donald Sutherland in „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ (1973) dem vermeintlichen Zwerg mit dem roten Mantel durch die verworrenen Gassen Venedigs folgte. Auch die Metaphern des Auges und der Zielscheibe, die in einer Szene sogar zu einer bedeutungsschwangeren Symbiose verschmelzen, sind geradezu allgegenwärtig in dem betont unchronologischen, montage-artig eher gezeigten als erzählten und mit dem grandiosen, wenn auch ab und an ebenfalls etwas zu aufdringlich untergemischten Score des Radiohead-Musikers Jonny Greenwood vertonten Sinfonie eines schrecklichen Verbrechens, für welches schon oft allzu leichtfertig Sündenböcke gesucht und gefunden wurden und das trotzdem nie verstanden werden konnte, und wohl auch nie verstanden werden kann.[...]

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                                      • 6

                                        [...] Natürlich ist von vornherein vorhersehbar, dass das abgelegene Setting von „Calvaire“ nichts Gutes für unseren Protagonisten, dem reichlich talentlosen Altenheim-Weihnachtsfeier-Star Marc Stevens, verheißt. Die typischen Hinterwäldler des Terrorkinos haben eben schon länger keine Frau oder generell Menschen von außerhalb ihres mittelalterlich anmutenden Mikrokosmos mehr gesehen und geben sich mit dem zufrieden was sie haben: Schweine, Kühe und die bereits ganz zu Anfang in die Handlung eingeführte „Hündin“ Bella. Ganz pragmatisch, die Jungs. Erfreulich ist in diesem Kontext auch das Wiedersehen mit der französischen Genreikone Philippe Nahon, unter Anderem bekannt aus Gaspar Noes „Menschenfeind“ (1998) und Alexandre Ajas „Haute Tension“ (2003), der mit seiner echt hässlichen, angsteinflössenden Visage (Pardon, Monsieur Nahon) in dieses Genre passt wie der Huf auf den Pferdefuß.
                                        „Calvaire“ ist vollgestopft mit amüsanten Genre-Referenzen und suhlt sich geradezu im Ekel-mit-bisschen-Kotze-Flair der sich der Sodomie verschriebenen, geisteskranken Landeier. Dabei nimmt sich der solide gespielte Schocker zu keiner Zeit ernst (man achte dabei besonders auf die herrlich unecht aussehenden Stofftiere, bei denen Regisseur Du Welz bestimmt erst an einer Schnur ziehen musste, bis sie Geräusche von sich gaben), und dieses selbstironische Moment rettet den mit wenigen Mitteln produzierten Geheimtipp dann auch vor der Überflüssigkeit. Wer einen starken Magen hat und in den Genuss eines fernab des Mainstreams etwas anderen, altmodischen Backwood-Terror-Flicks kommen möchte, hat bei „Calvaire“ nicht nur einiges zu lachen, sondern wird auch mit den fast vollständig fehlenden Spannungsbogen wett machender, grenzwertiger und schön irrsinniger, verstörend inszenierter Brutalität belohnt, die angewidertes Kopfschütteln provoziert. Aber diese Reaktion ist in diesem Genre ja nicht unbedingt unerwünscht.

                                        • 7

                                          Zwar hat diese US Amerikanische Indie-Perle fast genauso viele M's im Titel wie der einstige Wohlfühl-Hit der Crash Test Dummies, mit Kuschelrock hat das Regie-Debüt von Sean Durkin aber herzlich wenig zu tun: Mit ruhiger Hand fängt er die Identitätskrise und graduell wachsende Paranoia einer jungen Frau ein, die, von einem Sekten-ähnlichen Kult geflüchtet, versucht, im Haus und Leben ihrer älteren Schwester wieder zu sich selbst und zu ihrer Familie zurückzufinden.
                                          Das klingt nach schwerem Stoff, ist aber recht unaufdringlich inszeniert und lebt vor allem von der hervorragenden Darstellung Elisabeth Olsens, die es schafft, die schwierig nachzuvollziehende innere Wandlung ihrer Figur glaubhaft zu verkörpern. Diese schauspielerische Glanzleistung verleiht dem psychologischen Drama wahre Tiefe, die dem Drehbuch stellenweise fehlt: Gerne hätten wir mehr über die Beweggründe der jungen Erwachsenen Martha erfahren, später "liebevoll" von ihrem Anführer "Marcy May" getauft, ein Teil des menschenunwürdigen, patriarchalischen Kults zu werden, sowie auch über die Motive desselbigen. [...]

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                                          • 7
                                            über Martyrs

                                            [...] „Martyrs“ ist ein Film, über den man eine Nacht schlafen muss, um ihn zu verarbeiten. Ein Film, der die Bezeichnung „Splatter/Gore“ eigentlich nicht verdient, geht ihm doch der ursprünglich augenzwinkernde und unterhaltsame Subtext dieses Genres komplett verloren, und gerade dieses Fehlen jeglicher Ironie macht ihn so schockierend. Jawohl, „Martyrs“ meint es ernst. So ernst, dass die Zuschauer scharenweise vorzeitig das Kino verließen und diejenigen, die es geschafft haben ihn durchzuhalten, sich fragen, warum sie ihn durchgehalten haben. Die Filmfreaks unter ihnen tun sich derweilen schwer, den Film zu bewerten: Kann man einen Horrorfilm gut bewerten, der handwerklich perfekt gemacht ist, einen aber von Grund auf abstößt? Kann man einen Horrorfilm schlecht bewerten, der mehr ist als ein Film, sondern eine, man möchte beinahe sagen, „Grenzerfahrung“ darstellt? [...]

                                            • 4

                                              Sam Raimi mag es ja durchaus gelingen, den grotesk-ironischen Ekelhorror seines kultigen Genre-Klassikers "Tanz der Teufel" (1981) zumindest visuell aufleben zu lassen, was für jeden Horror-Fan eine willkommene Rückkehr zu den Wurzeln des Regisseurs nach dessen spinnerten Ausflug in Mainstream-Gefilde darstellen dürfte. Allerdings geht "Drag Me to Hell" jegliche bestenfalls gut kopierte Originalität des Vorbilds ab, und mit dem trashigen Charme des "The Evil Dead" fährt auch die Spannung und, trotz all der vielzähligen krampfhaften Versuche, der skurille Witz gleich mit zur Hölle. Bei aller Liebe zum Genre, "Drag Me to Hell" ist ja nett anzuschauen, aber leider stinklangweilig und bis auf das leidlich spaßige Ende reichlich überraschungsarm. Mit einem solch lauen Lüftchen wird dem 80er-Horror-Trash mit Sicherheit kein neues Leben eingehaucht, die DarstellerInenn bleiben blass und nach dem x-ten Male schockt einen auch keine literweise undefinierbare, schleimige Flüssigkeiten absondernde Sinti-und-Roma-Oma mehr. Ab damit in die Mottenkiste!

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                                              • 7

                                                [...] Zwar kommt „Orphan“ keineswegs ohne eine ordentliche Handvoll Klischees aus, immerhin ist die ganze Story nüchtern betrachtet eigentlich ein einziger Witz, schafft es aber dennoch zu überraschen und als „Die Hand an der Wiege“ meets „Carrie“ und „Das Omen“-Symbiose zu überzeugen, denn man nimmt Collet-Serra seine aberwitzige, zuweilen fast schon parodistisch-überspitzt anmutende Story über weite Strecken der zweistündigen Lauflänge tatsächlich ab und hat obendrein buchstäblich einen Mordsspaß dabei. Dies ist neben bereits erwähnten JungdarstellerInnen vor allem der famosen Vera Farmiga zu verdanken, die sich im Kampf gegen das manipulative Gegeneinander-Ausspielen der kurzbeinigen, Intrigen-spinnenden Zwergin einen Kraftakt nach dem Anderen aus dem Kreuz leiert, um ihre Familie zu schützen, während sie immer mehr Menschen für verrückt erklären.[...]

                                                • 7 .5

                                                  [...] „Bridge to Terabithia“ ist zwar durchaus auch an ein erwachsenes Publikum adressiert, trägt den Ansprüchen der jüngeren Generation aber respektvoll Rechnung und transportiert die wunderbare Vorlage von Katherine Paterson adäquat auf die große Leinwand. Ohne dabei in Effekthascherei zu verfallen, wird die Fantasie der beiden toll gespielten ProtagonistInnen (dabei ist vor allem AnnaSophia Robb hervorzuheben) subtil und glaubhaft in Szene gesetzt, wobei nicht selten die eigenen Kindheitserinnerungen des erwachsenen Publikums wieder aus der untersten Schublade hervorgekramt werden dürften, wo sie einst vor vielen Jahren einmal in einer Kiste verpackt verstaut wurden, auf der ganz fett „Kinderkram“ geschrieben steht. Zu jenem vermeintlichen Kinderkram gehören auch Werte wie Freundschaft und Familie, und eine ganz unschuldige Sicht auf ebensolche, die hier angenehm unsentimental in Szene gesetzt werden, die erste Liebe, sowie die Schwierigkeiten, sich im Familienverband sowie im Klassen -und Schulalltag zu behaupten, werden ebenso feinfühlig thematisiert. [...]

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                                                  • 5

                                                    Diese Kritik enthält Spoiler!
                                                    Man kann es drehen und wenden, aufdröseln, in Einzelteile zerlegen, zu etwas Neuem zusammenfügen und lose Enden versuchen zu verbinden, indem man interpretiert, demontiert, analysiert und philosophiert, aber Lars von Triers „Antichrist“ ist und bleibt ein zwiespältiger Film. Ein Film jedoch, der sich gerade durch seine Zwiespältigkeit wie ein lästiger Parasit im Gedächtnis festbeisst und einen lange nachhaltig beschäftigt, einer, den man, um einen guten Freund zu zitieren, „gerne in der Dusche von sich abwaschen würde“. Ohne Erfolg. Ob sich diese Nachhaltigkeit nun positiv oder negativ auf die letztendliche Bewertung dieses zweifelhaften filmischen Erlebnisses auswirkt, schlägt sich exemplarisch in diesem Rezensionsversuch nieder: Man weiß es nicht genau. Der Verdacht drängt sich auf, dass genannte Zwiespältigkeit eher als Unausgegorenheit oder gar Mittelmäßigkeit treffender beschrieben werden könnte, was eine Gleichgültigkeit zu Folge hätte, die „Antichrist“ im Endeffekt wesentlich schlechter zu Gesicht stünde, als ein der Publicity förderlicher Total-Verriss, der diesem filmischen Kahlschlag mit dem Provokations-Zaunpfahl gebührend nachkäme: „Antichrist“ schmeckt, als schrie er danach. [...]

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