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9 meiner persönlichen Zug-Tipps

11.06.2022 - 12:31 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
Eine Zugfahrt, die ist lustig. Eine Zugfahrt, die ist schön. Ja, das kann man in ganz vielen tollen Kinofilmen sehen!
Warner
Eine Zugfahrt, die ist lustig. Eine Zugfahrt, die ist schön. Ja, das kann man in ganz vielen tollen Kinofilmen sehen!
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Juni, Juli, August: Jetzt haben wir es endlich, das 9-Euro-Ticket. Gedacht, um den angespannten Geldbeutel in Krisen-Zeiten zu entlasten oder bei der Verkehrswende zu unterstützen, fielen die ersten Reaktionen und Folgen nicht ganz so erfreulich aus: Überfüllte Züge, abgewiesene Fahrgäste, benachteiligte Rollstuhlfahrer, gestresstes Personal. Wir dürfen gespannt sein, wie es weiter geht. Theoretisch könnte sich aber ein Filmliebhaber 24/7 durch ganz Deutschland kutschieren lassen und dank Laptop und WLAN kostenlos Kino-Meisterwerke an allen Ecken und Enden ansehen.

Ich gebe es jetzt einfach mal offen zu: Ich war nie der große Fan vom Bahnfahren. Was für andere Menschen ein kleines Abenteuer sein kann, ist für mich langweiliger als selber Auto zu fahren (natürlich nicht, wenn man im Stau steht). Auch wenn die pittoresken Landschaften an einem vorüber ziehen und man sie mit aller Muße betrachten kann, auf mich hat das keinen Reiz ausgeübt.

Was mir als Film-Fan schon mehr gefällt, ist das hohe Zugverkehrsaufkommen auf der Leinwand. Wenn man sich mal die Zeit nimmt, ist es schon erstaunlich, wie viele Filme das Zugfahren behandeln. Ja, sogar wo es das zentrale Element ist. Ich habe euch mal 9 meiner persönlichen Tipps mit Zug-Luft zusammengestellt. Nicht immer ist die Bahn auch das entscheidende Puzzlestück, aber immer spielt sie eine Rolle. Es sind sehr subjektive Vorschläge, darum beschwert euch nicht, wenn ihr ultimative Vertreter wie Mord im Orient Express, Der Polarexpress, Snowpiercer oder Zug des Lebens vermisst. Sicherlich auch keine schlechten Streifen, bei mir im 9-Euro-Ticket aber nicht enthalten. Trotzdem viel Spaß auf der Reise und um es mit meiner Freundin Kylie Minogue zu sagen "Do The Loco-Motion!"

Sergio Leone und die Liebe zu Zügen

Einer meiner Lieblings-Regisseure - wenn nicht sogar DER Lieblings-Regisseur schlechthin - Sergio Leone, schien eine besondere Affinität zu Zügen aufzuweisen. In fast jedem seiner Western-Epen kommt ein Zug vor, meistens mit einer wichtigen Aufgabe. Ich könnte irgendeinen seiner Filme nennen und würde goldrichtig liegen, auch mit seinem Gangster-Ausflug "Es war einmal in Amerika". Bei ihm lohnt sich quasi das 9-Euro-Ticket, wenn wir vom "Koloss von Rhodos" mal absehen (aber auch nur, weil es damals noch keine Eisenbahn gab).

In meinem Film-Tipp verlege ich mich auf Todesmelodie, der meiner Meinung nach immer noch ein - für Leone-Verhältnisse - Schattendasein fristet und absolut unterbewertet ist. Es ist Leone's vorletztes Werk, der zweite Teil der inoffiziellen "Amerika"- oder "Es war einmal..."-Trilogie (Alternativtitel: Once Upon A Time - The Revolution). Viele Szenen spielen hier in Zugabteilen oder dem Führerstand. So reist Gauner Juan mit seiner Familie mit der Bahn nach Mesa Verde, nur um dort vom Regen in die Traufe zu gelangen. Aus seinem geplanten Bankraub wird nichts, vielmehr wird er zum Revolutionshelden wider Willen. Als er - nach Siegen in Schlachten und Verlusten im Privaten - mit seinem Partner Sean (ebenfalls wider Willen) per Zug (!) in die USA fliehen will, um dort die Banken auszunehmen, verhindert ein letzter Auftrag das Happy-End. Hier ist es an Sean in der Lok zu glänzen, wenn er mit einem verräterischen Freund abrechnen muss - aber in diesem vielschichtigen Werk geht es um Verrat UND Vergebung. Wie wird es ausgehen, wenn zwei Züge in höchstem Tempo auf einander zurasen und eine der größten Karambolagen des Wilden Westens bevorsteht?

Liebe zu Zügen, Teil II - Alfred Hitchcock

Schaut man sich Alfred Hitchcocks Filmographie an, sieht man einige Parallelen: Kühle Blondinen, gehetzte Männer und ... Züge. Ob nun wortwörtlich Der Fremde im Zug oder als Kulisse in "Eine Dame verschwindet", "39 Stufen", "Ich kämpfe um dich" und so weiter, und so weiter. Jeder Film wäre eine Empfehlung, was sollte man vom Master of Suspense schon anderes erwarten, mein kleiner aber feiner Moment ist eine der an-ZÜG-lichsten Anspielungen der Filmgeschichte.

Natürlich weiß jeder Cineast schon längst, wovon ich spreche. Und wer die Szene nicht kennt, sollte den ganzen Film gleich nachholen: Cary Grant spielt in Der unsichtbare Dritte einen fälschlich Verdächtigen auf der Flucht (ach, ehrlich, Herr Hitchcock?) - packen wir noch einen drauf: Er spielt einen Mann, den es gar nicht gibt! Und dennoch wird er gejagt. Ein Fest an einprägsamen Bildern: Cary Grant, wie er vor einem Flugzeug flieht. Cary Grant beim Kampf am Mount Rushmore. Und Cary Grant wie er mit Love-Interest Eva Marie Saint im Zugabteil sitzt, beide wahrscheinlich spitz wie Nachbars Lumpi, denn auch wenn die strenge Zensur Offensichtliches verbot, können wir uns doch vorstellen, was passiert, wenn als abschließendes Bild ein fahrender Zug in einen Tunnel stößt...

Herrlich frivol und so ikonisch, dass diese Andeutung noch oft kopiert und persifliert wurde - jedoch unerreicht bleibt!

Warum Jon Voight kein Auto fährt

Wer mich kennt weiß, dass ich ein großer Seinfeld-Fan bin. Einer der - auch wiederkehrenden - Gags war das Voight-Mobil. Das Auto, das George kauft, nur weil es angeblich einmal Jon Voight gehört haben soll. Dass der LeBaron wirklich einmal dem Schauspiel-Star gehörte, bezweifeln Jerry und Elaine und führen als logische Erklärung seine Filme an: "Hast du jemals Jon Voight Auto fahren sehen? Beim Sterben ist jeder der Erste: Ein Kanu! Asphalt-Cowboy: Stiefel! Express in die Hölle: Ein Express in die Hölle!"

Und eben dieser "Runaway Train", wie er im Original heißt, basierend auf einer Story des unerreichten Akira Kurosawa, ist mein dritter Beitrag. Ein Action-Kracher mit Voight und Eric Roberts, die als Gefängnis-Ausbrecher auf einem Zug stranden, der sie in die Freiheit bringen soll, aber zielsicher in Richtung Tod fährt. Denn der Zug ist führerlos und kann nicht gestoppt werden. Wie aus dieser kleinen Prämisse ein richtiges Spektakel wird, davon darf sich jeder Leser gerne selbst ein Bild machen.

Übrigens: Auf meiner Reise durch die Welt der Filme, kam ich erst kürzlich an der Haltestelle "Die Akte Odessa" vorbei. Und haltet euch fest; Jon Voight fährt hier tatsächlich selber in einem Wagen. Aber es war kein LeBaron...

Wieder Western! Wieder Action! Beides zusammen heißt Bronson!

Wir hatten bereits Leone und Western. Wir hatten Voight und Action. Jetzt kombinieren wir die Genres und heraus kommt Charles Bronson! In einer mehr oder weniger als Rarität einzustufenden Geheimagenten-Variante reitet Bronson erst zum Schluss, nachdem er vorher einen undurchsichtigen Passagier einer Zugfahrt gespielt hat.

Nevada-Pass heißt das gute Stück und präsentiert uns Bronson als Ersatz-James-Bond, der an Bord der Bahn mysteriöse Morde aufdecken muss und zudem eine noch größere Aufgabe hat, die er eigentlich erledigen muss. Der Zuschauer bekommt wunderbare Landschaften geboten, Spannung auf den Schienen und einen vorzüglichen Soundtrack von Jerry Goldsmith.

Viele Western spielen ja mit dem Thema der Eisenbahn (vor allem deren Anfänge, stellvertretend sei Die Frau gehört mir genannt, oder gar der Stummfilm Das eiserne Pferd), eigentlich könnte man hier eine eigene Doktor-Arbeit einreichen. Ich habe mich zwar auch für das Genre entschieden, biete aber extra einen Außenseiter an, den hoffentlich noch nicht allzu viele Leutchen kennen... oder hoffentlich doch! Wenigstens bald...

Spannung bei 12 Stunden voller Angst

Um Haaresbreite - nimmt der deutsche Titel des Originals vielleicht schon das Ende vorweg? Wäre das an den englischen Titel angelehnte Remake Narrow Margin - 12 Stunden Angst passender? Beide Filme lohnen einen Blick, das steht fest, auch wenn ich meistens zum Original tendiere und bei alten Klassikern fällt mir das umso leichter. Doch auch Gene Hackman in der Neuauflage ist sehenswert.

Die Handlung in beiden Filmen: Eine junge Frau soll als Zeugin gegen das organisierte Verbrechen aussagen, ist darum ein potentielles Anschlagsziel, das es zu schützen gilt. In beiden Fällen kommt dabei ein Gesetzeshüter zu Tode, während die Frau mit einem weiteren Mann des Gesetzes per Bahn zum Prozess fährt. Doch hier, wo andere Geschichten enden, fängt unser Film erst richtig an. Denn die Gefahr lauert erst recht im Zug, ja, es ist Gefahr im Ver-ZUG. Schon wieder ein Wortwitz, Entschuldigung.

Wie mit den Erwartungen und Befürchtungen des Zuschauers während der Fahrt gespielt wird, ist eine Freude. Besonders wenn es am Ende eine überraschende Wendung gibt, die hier natürlich nicht verraten sei.

Bestie Mensch - Liebling Lok

Jean Gabin als Lokführer ist die Bestie Mensch, der in diesem phänomenalen Klassiker von psychischen Problemen heimgesucht wird und zum Mörder werden droht. Ein Großteil der Handlung spielt nur örtlich in Zügen oder am Bahnhof, auch das ganze menschliche Umfeld besteht aus Eisenbahnern, Bahnwärtern und deren Frauen. Und deren Gefühle...

Früher Film Noir, Sozial- und Psycho-Drama, Kriminalfilm - überall passt Jean Renoir's Werk hinein. Gabin wurde damit endgültig zum Star, wenn er denn nicht schon längst einer war. Aber "Bestie Mensch" öffnete ihm den Weg nach Hollywood, ein Ausflug, der nicht in einer fruchtbaren Ära endete, sondern in einer beruflichen Katastrophe. Nach Rückkehr und Beteiligung in der Resistance, avancierte Gabin zum Inbegriff des mürrischen Alten in weiteren Meilensteinen des französischen Kinos.

Auch "Bestie Mensch" erfuhr durch Lebensgier (Human Desire) ein Remake von Regisseur Fritz Lang.

Burt Lancaster rettet Kunst im Krieg

Ein Beispiel, was passieren kann, wenn die Mächte des US-amerikanischen und europäischen Kinos zusammenarbeiten, sieht man in Der Zug von John Frankenheimer. Mit Burt Lancaster und Jeanne Moreau brachte er zwei Größen der beiden Kontinente zusammen.

Sie müssen in diesem Kriegsfilm verhindern, dass die Nazis wertvolle Kunst als Kriegsbeute nach Deutschland schaffen können und damit auch das Kulturgut schützen. Der Großteil des Filmes spielt am, um oder auf dem titelgebenden Gefährt. Dabei werden alle möglichen Taktiken angewandt, um in den Besitz der Fracht zu kommen: Sabotage, Überfälle und andere Tricks, die aber auch nötig sind, um die Gemälde nicht zu beschädigen. Ein schwieriges Unterfangen, das Menschenleben auf beiden Seiten fordern wird.

Umsteigen: Von der Eisenbahn in die Straßenbahn

So, jetzt nutzen wir unser Ticket aber mal für eine andere Bahn. Wir steigen um vom Regionalexpress in die Straßenbahn oder wahlweise auch U-Bahn. Denn auch dort kann man Unterhaltung finden. Nicht unbedingt auf dem Weg zur Arbeit, eingeklemmt zwischen allen möglichen und unmöglichen Mitmenschen, bestimmt auch noch ohne Sitzplatz und an der Stange festhaltend. Nein, aber natürlich wieder vor der Glotze.

Auch die folgende Nennung erfuhr bereits mit Die Entführung der U-Bahn Pelham 1 2 3 ein Remake, ich bleibe erneut beim Original, in dem unter anderem ein Walter Matthau auftrumpfen konnte: Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123! Eine Gruppe von Erpressern bringt die Bahn unter ihre Kontrolle, fordert Lösegeld und droht mit der Liquidierung der Geiseln. Die Bahnfahrt wird aber zum Bahnstand, die Todesfahrt endet in einem Showdown im Tunnel. Das große Finale bildet einer der berühmtesten und verhängnisvollsten Nieser der Filmgeschichte. Ja, wann hat man schon eine laufende Nase als entscheidenden Faktor?

Ich muss noch einmal den Seinfeld-Fan rauskehren und ausposaunen, dass Jerry Stiller (Frank Costanza) hier einen kleinen, aber feinen Auftritt hat.

Endstation: Für unsere Fahrt und meine Suche

Den Abschluss bildet ein Film, mit dem mich - wie bei allen anderen zuvor - eine persönliche Geschichte verbindet. Es war einst auf Moviepilot, vor Jahren, als ein noch recht junger Einar einen Film zur öffentlichen Suche ausgeschrieben hatte. Ich konnte mich an einen Thriller erinnern, der mir sehr gefallen hatte, aber leider blieben nur Bruchstücke der Handlung in meinem Gedächtnis. Mit den spärlichen Informationen einer Verfolgungsjagd, die in einem eisigen Showdown in einem fahrenden Zug endet, fragte ich in die Runde. Und bekam nach kurzer Zeit doch tatsächlich die Antwort, die zum Ziel führte, zu meiner Endstation, wenn man so will. Einen Film, den ich zwischendurch als "Express in die Hölle" (siehe oben) oder "Mörderischer Vorsprung" identifizierte, stellte sich letztendlich als Switchback - Gnadenlose Flucht heraus.

Ein vorzüglicher (nach meiner bescheidenen Meinung) Action-Thriller mit einem toll aufspielenden Danny Glover, der hier einen Mörder gibt - oder doch nicht?! Mit diesem Zweifel wird gespielt, vor allem aus der Sicht eines jungen Mitreisenden (Jared Leto), der möglicherweise sogar selbst der Killer sein könnte. Gewürzt mit einem Vater auf der Suche nach seinem verschollenen Kind (Nicolas Cage war damals noch gefragt und nicht auf seiner ständigen Kinder-Suche in Filmen), Dennis Quaid komplettiert das Hauptdarsteller-Trio.

Ich war damals wirklich erlöst worden, von einem Phantom, der Suche nach Film X! Und wenn ich mir eines korrekt behalten hatte, dann das sich das Finale wirklich gelohnt hat, so lange zu suchen! Und das Mysterium zu lösen, den Titel zu finden und sich mit dem Showdown zu belohnen!

Wie man sonst noch auf den Zug aufspringen kann

So, das war meine kleine Runde, damit ist das 9-Euro-Ticket aufgebraucht. Jedenfalls für diesen Monat. Wenn ihr nicht genug habt, dann haltet euch an Streifen wie Liebe nach Fahrplan, Station Agent, Hachiko - Eine wunderbare Freundschaft, Tatort ... Hauptbahnhof Kairo oder Der große Eisenbahnraub, steigt in den Hogwarts-Express oder den Nachtzug nach Lissabon und ihr findet eure Endstation Sehnsucht!

Alternativ lasst ihr euch von Moviepilot was vorhersagen:

https://www.moviepilot.de/filme/vorhersage/ort-zug

https://www.moviepilot.de/filme/vorhersage/handlung-zugfahrt

Welche Filme würdet ihr mit dem 9-Euro-Ticket lösen? Welche Bahn hat euer Herz gewonnen?

Noch einmal in eigener Sache: Meine ersten beiden Blog-Artikel mit Themen-Bezug findet ihr hier zu Trinkerdramen und Selbstmord-Filmen. Gute Unterhaltung!

Nachtrag vom 12.06.2022

Ich werde mir niemals selbst verzeihen können, dass ich einen der wichtigsten, besten, sympathischsten und kultigsten Bahn-Filme vergessen konnte. Ich rede natürlich von 16 Uhr 50 ab Paddington. Aber ich schiebe meine Schuld schnell ab und behaupte, dass die urige weibliche Hauptfigur den Zug so weit überstrahlt, dass ich den Film vergessen habe zu nennen. Miss Marple, ich liebe Sie!

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