Das in den Sand gesetzte Dexter-Ende ist mittlerweile legendär. Selten enttäuschte ein Serienabschluss seine Fans so sehr wie die 12. Folge von Staffel 8 des freundlichen Serienkillers aus der Nachbarschaft. Vor elf Jahren, am 22. September 2013, flimmerte das Finale beim US-Sender Showtime über die Bildschirme. Mittlerweile wurde Dexter Morgan allerdings schon drei Mal wiederbelebt. Macht das den Abschluss der Hauptserie nichtig? Rettet es das vermurkste Ende? Oder wird dadurch alles nur noch schlimmer?
Achtung, es folgen Spoiler zu Dexter und Dexter: New Blood.
Das Dexter-Ende enttäuschte vor 11 Jahren auf ganzer Linie
Dexter ist eine meiner absoluten Lieblingsserien. Dass die Geschichte des Verbrecher-mordenden Serienkillers Dexter Morgan (Michael C. Hall) nach Staffel 4 qualitativ nachließ, ändert daran nichts. Selbst das berühmt-berüchtigte Serienfinale von Staffel 8 konnte meine Dexter-Liebe nicht töten. Trotzdem wurmt es mich als Fan natürlich, dass die geniale Serie kein geniales Ende erhielt.
Die Schwächen des Dexter-Finales finden sich in vielen Elementen: Ein langweiliger Staffelgegner (mal ehrlich: wer erinnert sich noch an den "Hirnchirurgen" Oliver Saxon?) gekreuzt mit der Story von Psychologin Dr. Evelyn Vogel (Charlotte Rampling) bildeten in Staffel 8 schon keine aufregende Basis. Dexter dann in einem Sturm seinen Tod vortäuschen zu lassen und ihn am Ende als Holzfäller in die Wildnis zu schicken, ist mittlerweile zu Recht zum verhassten Meme geworden.
Wem das an Ärger noch nicht reicht: Die Flucht von Partnerin Hannah McKay (Yvonne Strahovski) mit Dexters Sohn Harrison wird noch von der sinnlosen Ermordung von Dexters Schwester Debra (Jennifer Carpenter) übertroffen. Die komatöse Hauptfigur durfte Dexter zwar erstmals eine Gnadentötung abringen, Debras eigene Charakterentwicklung verbrannte dafür auf dem Scheiterhaufen des "emotionalen" Serienfinales. Nein, Dexters Ende verdient wirklich keine Lorbeeren.
Doch dann wurde vor vier Jahren plötzlich eine Fortsetzung angekündigt und Dexter: New Blood eroberte 2021/22 erneut die Bildschirme.
Dexter: New Blood schenkte dem ruinierten Serienende eine zweite Chance
"Was zur Hölle ist passiert?", fragte sogar Michael C. Hall nach dem ruinierten Dexter-Ende. Die Ankündigung der Sequel-Serie New Blood wurde entsprechend als "Erlösung vom ätzenden Finale" willkommen geheißen. Und tatsächlich knüpfte das Spin-off gekonnt an offene Fragen und schwelende Ärgernisse an, ohne nur eine 9. Staffel anzustreben:
Dexter war nun (augenzwinkernd) immer noch Holzfäller im kalten Norden fernab von Miami. Dort machte sein mittlerweile jugendlicher Sohn Harrison (Jack Alcott) ihn Jahre später ausfindig, der mit seinen eigenen Trieben rang. Der Grenzgang zwischen Charakter-Drama und Serienkiller-Jagd gelang im Vater-Sohn-Zusammenspiel enorm gut. Dexter: New Blood schaffte es mit Showrunner Clyde Phillips, der schon die ersten vier Dexter-Staffeln zum Erfolg geführt hatte, das perfekte Maß an Nostalgie und Erneuerung zu finden. Ich und viele weitere Dexter-Fans waren begeistert. Und dann kam das zweite Finale.
"Zum zweiten Mal versaut", lautete das Fazit vieler, als in New Blood Harrison seinen enttarnten Vater (auf dessen Wunsch hin) erschießt. Das Sterben von Dexter, der im Schnee langsam verblutete, sorgte vielerorts für Empörung bei Michael C. Hall-Fans. Ich hingegen feierte das umstrittene Ende von Dexter: New Blood. Traurig war es ohne Frage, aber zugleich mutig und konsequent. Denn es schloss es den Kreis von 15 Jahren Seriengeschichte: Aus dem gefühllosen Serienmörder war über die Jahre ein Mensch geworden, der sich erstmals selbst als Bösewicht hinterfragte. Sein Opfer machte die ambivalente Figur erstmals wirklich zum "Held". Für mich ein perfekter Abschluss der Dexter-Geschichte.
Doch dann wurde der Blutspuren-Analyst diesen Sommer mit 2 neuen Dexter-Serien ein weiteres Mal wiederbelebt.
Auferstehen bis zum Umfallen: Dexter kehrt zurück und zurück und zurück
Bereits kurz nach dem Ende von New Blood kündigte der Sender Showtime vor anderthalb Jahren 3 weitere Dexter-Serien an: eine zu Dexters Jugendjahren, eine zu Sohnemann Harrison und eine zum Bösewicht-Fanliebling des Trinity-Killers aus Staffel 4. Die uninspirierte Trinity-Serie wurde zum Glück bald wieder verworfen. Um Papa-Mörder Harrison ist es verdächtig still geworden. Die Prequel-Serie über Dexters Anfängen hingegen blieb bestehen. Auch wenn die Hauptserie in ihren Rückblenden eigentlich schon alles Wichtige erzählt hatte. Nicht gerade ein kreatives Vermächtnis, aber zumindest nicht schädlich für Dexters Erbe.
Dexters Ausweitung auf weitere Serien-Spin-offs war ganz klar eine Marken-Entscheidung: Original- und Prequel-Serien waren quotenstark und beliebt. So eine goldene Serienkiller-Gans konnte man nicht einfach davonfliegen lassen. Auch die Fan-Beschwerden zu Dexters Tod stießen dabei nicht auf taube Ohren. Die Angst, ohne die Hauptfigur keinen weiteren Hit zu landen, wurde greifbar, als auf der diesjährigen Comic-Con in San Diego Michael C. Halls Rückkehr verkündet wurde: als Erzählerstimme zu seiner verjüngten Version in Dexter: Original Sin sowie als Dexter Morgan höchstpersönlich in der neuen Sequel-Serie Dexter: Resurrection.
Mein Fan-Herz spaltete diese Ankündigung zuverlässiger als jede Holzfäller-Axt. Zum einen kann auch ich, wenn ich ganz ehrlich bin, nicht genug von Michael C. Hall in seiner ikonischen Rolle bekommen und feiere das baldige Wiedersehen, selbst wenn die Mechanismen seiner Auferstehung die Macher in Erklärnot bringen. Zum anderen liebe ich das New Blood-Ende, weil es meiner Lieblingsserie nach so vielen Jahren Finale-Frust endlich einen würdigen Abschluss schenkte. Die gewaltsame Wiederbelebung fühlt sich wie ein Zurückrudern an. Wie die Zerstörung einer runden Sache zugunsten der kommerziellen Ausschlachtung des Dexter-Phänomens.
Das stellt die Weichen für eine beunruhigende Dexter-Zukunft, in welcher der Tod bedeutungslos wird. Was in einer Serienkiller-Serie kaum paradoxer sein könnte. Die erste Auferstehung nach der Serien-Kreuzigung mag noch ein Wunder sein. Jede Wiederholung macht es weniger wundersam. Wenn aber sein Universum Dexter nicht sterben lassen kann, wird er nie ein gutes Ende finden. Und dann sind wir wieder da, wo die Mutterserie vor elf Jahren aufgehört hat: bei einem unbefriedigenden Abschluss, der seiner ikonischen Figur keinen würdigen Abschied schenkt.
Podcast mit Dexter: 5 katastrophale Serien-Enden
Anlässlich des fünfjährigen Jubiläums des Game of Thrones-Finales blicken wir zurück auf fünf kontroverse Serienenden, die uns nicht mehr losgelassen haben.
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In dieser Ausgabe unseres Moviepilot-Podcasts Streamgestöber tauchen wir ein in die Seriengeschichte und lassen ein paar der schlimmsten finalen Episoden Revue passieren, die das Vermächtnis sonst sehr guter Serien zu Grabe getragen haben. Von Dexter bis The Blacklist ist alles dabei – vor Spoilern sei also schon an dieser Stelle gewarnt.