Tomas Alfredson - Nordmann mit Ambitionen

26.12.2011 - 08:50 Uhr
Welchem Stoff wird sich Tomas Alfredson wohl als Nächstes widmen?
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Welchem Stoff wird sich Tomas Alfredson wohl als Nächstes widmen?
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Ob James Bond das mit sich machen lassen würde? Der Schwede Tomas Alfredson verfilmte jüngst den genauso ikonischen Roman Dame, König, As, Spion. Seine Karriere dürfte nun explodieren, dabei gibt es sie noch gar nicht so lange.

Schon lange war der schwedische Regisseur Tomas Alfredson im Showbiz tätig. Als Sohn des Comedian, Autors und Regisseurs Hans Alfredson, trat er bereits früh in kleinen Rollen in dessen Filmen auf und begann seine eigene Karriere beim schwedischen Fernsehsender TV4 in den 90er-Jahren. Zahlreiche Serien und Fernsehfilme gehen auf seine Kappe, doch die ersten Kinofilme folgten erst 2004, mit dem dreistündigen Four Shades of Brown. Den meisten wird Tomas Alfredson nur für So finster die Nacht und Dame König As Spion ein Begriff sein. Four Shades of Brown war jedoch der Film, der ihm die Möglichkeit zum internationalen Durchbruch gab.

Das Herzprojekt
Genau wie sein Vater ist Tomas Alfredson auch Komiker. Mit seiner Comedy-Gruppe Killinggänget schrieb er Four Shades of Brown und übernahm selbst die Regie. Auch, wenn es sich um eine Komödie handelt, erzählt der Film tragische Geschichten, die mit der Vaterschaft zu tun haben. In vier voneinander vollkommen unabhängigen, aber trotzdem verwobenen Plots zeigt sich der trockene schwedische Humor, der eigentlich depressiven Angelegenheiten eine komische Seite abzugewinnen weiß. Four Shades of Brown brachte Tomas Alfredson den wichtigsten schwedischen Filmpreis, Guldbagge, bei dem unter anderem seine Regie ausgezeichnet wurde. Gleichzeitig war das nächste Projekt schon in den Kinderschuhen. Der schwedische Autor John Ajvide Lindqvist brachte 2004 seinen Roman Låt den rätte komma in heraus, eine in Schweden mehr als erfolgreiche Geschichte über einen Kindervampir, der versucht, eine Freundschaft zu einem unsicheren Jungen aufzubauen. Da er für eine Fernsehshow und mehrere Filme bereits mit Kindern gearbeitet hatte, war Tomas Alfredson der Richtige für die Adaption.

Blutiger Kinderhorror
Bei uns erschien Let the Right One In unter dem doch etwas klischeehaften Titel So finster die Nacht, was dem Film aber keineswegs schadetete. 2008 erschien er mit Kåre Hedebrant (als der 12-jährige Oskar) und Lina Leandersson (als die kindliche Vampirin Eli) in den Hauptrollen. Obwohl es sich um einen Vampirfilm mit Kindern in den Hauptrollen handelte, wäre So finster die Nacht kaum etwas für den familiären Kinobesuch. Blut. Überall Blut. Die Vampire werden nicht verniedlicht oder romantisch überhöht. Im Gegenteil wirkt der Film wie ein Kommentar auf die Verkindlichung von ursprünglich gefährlichen und angsterregenden Monstern. Vor die Kulisse des kalten Schweden gesetzt, kann bei So finster die Nacht wirklich nur an finstere Nächte gedacht werden. Vollkommen ruhig, mit vielen Gesprächspausen und fast ohne Musikeinsatz handelt es sich beim Film um ein blutiges Kindermärchen, dass nicht zum Selbstzweck und unprätentiös provoziert.

Dieses Jahr erschien das amerikanische Remake mit Chloë Grace Moretz und Kodi Smit-McPhee in den Hauptrollen. Viel Neues gibt es da nicht zu erzählen. Es handelt sich um ein Shot for Shot Remake, dass die Einstellungen des Originals fast identisch wiederholt und nur gewisse Elemente außen vorließ. Doch allein die Tatsache, dass es dieses Remake gibt, verdeutlicht die Tatsache, dass die Tomas Alfredson für die internationale Bühne bestimmt ist. Wie auch Verblendung nahelegt, scheint der kalte Norden zurzeit das Richtige für die Welt zu sein. Das zeigt auch der Erfolg von Landsmännern Jonas Åkerlund (Spun) und Lukas Moodysson (Mammut) oder der dänische Erfolgsregisseur Nicolas Winding Refn.

Britische Ikone unter schwedischer Fuchtel
James Bond ist eine sensible britische Ikone. Niemandem würde einfallen, die Doppel-Null von einem Ausländer spielen zu lassen. Für die Regie zum Film mit dem Anti-Bond George Smiley wurde aber ein Schwede verpflichtet. Die ruhigen, langen Einstellungen von Tomas Alfredson hatten genau die nordische Gelassenheit, die Dame König As Spion benötigte. Mit Gary Oldman als George Smiley und Colin Firth, Tom Hardy, John Hurt, Mark Strong und Benedict Cumberbatch in weiteren Rollen, inszenierte Tomas Alfredson einen Bürokratiethriller, der trotz der wenigen Action-Szenen eine selten gesehene und lang anhaltende Spannung aufbaut. Ex-Geheimagent George Smiley sucht mit hart erworbener Geduld und Expertise nach dem Maulwurf im britischen Auslandsgeheimdienst, dem Circus. Nur über Recherche und Rückblenden wird der Fall aufgerollt, bei dem niemand so genau weiß, wer auf wessen Seite ist.

Der Film erhielt fast ausschließlich positive Kritiken und mehrere Nominierungen für Tomas Alfredson, Gary Oldman, Kathy Burke, Tom Hardy und Benedict Cumberbatch. Im Oscar-Rennen liegt der Film nicht unbedingt weit vorn, wird aber von meisten Experten doch zu den möglichen Kandidaten gezählt. In jedem Fall gab Dame, König, As, Spion Tomas Alfredson diejenige Aufmerksamkeit, die er verdient. Bei uns wird er am 2. Februar nächsten Jahres erscheinen. Mit welchen Projekten der Schwede uns aber nach dem Agenten-Thriller überraschen wird, steht noch in den Sternen.

Hier alle Texte zu Tops & Flops sowie Stars des Jahres im Überblick:

Flops 2011
Mattes’ Flop-Film des Jahres – Kill The Boss
Ines’ Flop-Film des Jahres – Sucker Punch
Sophies Flop des Jahres – Pirates of the Caribbean

Tops 2011
Mattes’ Top-Film des Jahres – Winters’ Bone
Ines’ Top-Film des Jahres – Melancholia
Sophies Top Film des Jahres – Planet der Affen

Top-Schauspieler des Jahres 2011
Jennys Star des Jahres – Kristen Wiig
Jennys Star des Jahres – Andy Serkis
Mattes’ Star des Jahres – Mia Wasikowska
Mattes’ Star des Jahres – Ryan Gosling
Sophies Star des Jahres – Michelle Williams
Sophies Star des Jahres – Robert Pattinson
Maltes Star des Jahres – Jennifer Lawrence
Maltes Star des Jahres – Michael Fassbender
Ines’ Stars des Jahres – Alexander Skarsgard
Ines’ Star des Jahres – Saoirse Ronan

Interessante Regisseure des Jahres 2011
Tomas Alfredson – Nordmann mit Ambitionen
Nicolas Winding Refn – Meister der Präzision
Andrea Arnold – Von Top of the Pops nach Venedig
Cary Fukunaga – Bildgewaltige Filme mit viel Kraft

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