angucker - Kommentare

Alle Kommentare von angucker

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    Wenn im Vorspann schon allein 3 bis 5 verschiedene Abschreibungsgesellschaften als Geldgeber für steuerbegünstigte Kapitalanlagen auftauchen, dann hätte ich gewarnt sein sollen. Hirntoter und hirnspritzender Pseudo-Klamauk mit billigen CGI Effekten und einem Hauptdarsteller, der so ungesund, verschwollen und versoffen aussieht, als hätte er sich wirklich in einer obskuren thailändischen Bar Mut angesoffen für dieses filmische Wagnis.

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      Skurrile Dystopie um zwei verfeindete Stämme, die von Dinosauriern und Riesenkrabben umgeben sind. Und trotzdem nichts besseres zu tun haben, als sich gegenseitig zu bekriegen und zu foltern vor allem dann, wenn eine Blondine (Victoria Vetri) vom Stamm der Blonden zum tüchtigen Krieger vom anderen Stamm überwechselt. Die Trickaufnahmen haben historischen Wert und die Handlung ist stellenweise sogar witzig, etwa wenn die vollbusige Blondine kraft weiblicher Reize den riesigen Dinosaurier mit den gefährlichen Reißzähnen in ein zahmes Schoßhündchen verwandelt.

      Der in englischen Studios und auf den kanarischen Inseln enstandene Film enthält (die "Sandalen-Komponente") viel freie Oberkörper und nur knapp verhüllte Brustwarzen der weiblichen Darstellenden, die sich teilweise auch ganz nackt zeigen dürfen.

      Gesprochen wird eine wirre Fantasiesprache ("Akita"), was dem praktisch als Stummfilm daher kommenden Film im Ergebnis kaum schadet. Einschließlich der geradezu pazifistischen Auflösung der Handlung, mit den zum Teil offen frauenfeindlichen Sex-Szenen (Vergewaltigung ist ja so schön und schafft neue Freundschaften) und der Nacktheit so 70er wie "Zabriskie Point", jedoch ohne den künstlerischen Anspruch. Durchaus sehenswert, jedenfalls skurril.

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        angucker 05.01.2025, 19:50 Geändert 06.01.2025, 08:22

        Kommentar Nummer 200 zu einem Film meines Lieblingsregisseurs John Landis, dessen unverwechselbare Handschrift und überlegene Regie diesen Film zu einer Perle der achtziger Jahre macht und zugleich zu einem durchaus anspruchsvollen Film. Kein Wort zur Handlung, aber der Film tickt bei mir praktisch alle Boxen für höchste Noten.

        Das beginnt mit einer Storyline, die ebenso einfach wie radikal politisch ist. Immerhin wird die vor allem auch in Amerika immer wieder und sehr heftig diskutierte Frage, ob der Mensch so ist wie er ist kraft Geburt oder durch Umgebung, sozialen Status und materiellen Status gemacht wird zu dem, was er ist (also letzlich der Streit zwischen den Kreationisten und Evolutionisten) in einem verständlichen und fast kindgerecht aufbereiteten Format sehr unterhaltsam dargestellt. Und mit einer ziemlich einseitigen Ausrichtung, wie man von dem liebenswerten Chaoten John Landis wohl kaum anders erwarten möchte. Und auch hier gelingt es ihm, mit seinen unverwechselbaren schnellen Schnitten auf stehende Einstellungen (eine Art Dia-Show im Film) und mit seiner ebenso unauffälligen wie routinierten Präsentation in absolut zwingenden Einstellungen eine Geschichte zu erzählen, die das wert ist.

        Es geht weiter mit der in diesem Film sehr wichtigen und oscarreif überragend gelösten Ausstattung. Das reicht von orientalischen Teppichen der Luxusklasse (auf dem heimischen Sofa fängt meine Liebste neidisch an zu seufzen, wenn in einer kurzen Einstellung die auf Hochglanz gewienerten Schuhe über einen vermutlich etwa 25.000 $ teuren unglaublich schönen Orient Teppich schreiten) über die selbstverständlich atemberaubend teuren Luxuskarossen englischer Hersteller bis hin zu einem (ein wunderbarer Gag) ausführlich präsentierten Aufeinandertreffen von einem aus Polyesterhaaren bestehenden überdimensionalen Bart eines Weihnachtsmannes mit einem etwa 1 kg schweren Stück Räucherlachs. So eklig, so wild und so witzig.

        Trotz der für John Landis typischen und sehr häufig vorkommenden Standbilder entwickelt der Film ein exakt dosiertes und insgesamt recht hohes Tempo. Und der Film hat diese ebenfalls für den Regisseur typische anarchische Komik, die bis hin zu den homoerotischen Attacken eines Menschenaffen auf einen ebenso effizienten wie unsympathischen Vertreter des Turbokapitalismus reicht. Selbstverständlich vollständig jugendfrei und wie der ganze Filme damit witzig für alle Altersstufen von 8-80.

        Überhaupt erinnert mich dieser Film daran, dass ich den bahnbrechenden Reißer des mit B-Movies aus der Fabrik von Roger Corman zum Regie-Ass gewordenen Landis „Schlock, das Bananenmonster" noch einmal besichtigen muss. Diese Perle der siebziger Jahre hat alles, was das Können und die Komik dieses Regisseurs ausmacht. Und anders als hier nur ein astronomisch niedriges Budget.

        Und selbstverständlich hat der Film an den richtigen Stellen und sehr unauffällig gute Musik. John Landis ist Musikfan. Der Cameo-Auftritt von Bo Diddley als schmieriger Trödler wird dezent aber völlig authentisch untermalt von der wilden Slide-Gitarre dieser Blueslegende. Muss ich übrigens daran erinnern, dass John Landis einen weiteren Klassiker der achtziger Jahre mit den "Blues Brothers" gemacht und verantwortet hat?

        Selbst der "Boob-Faktor" ist mit Jamie Lee Curtis in souveräner und gut in den Film integrierter Form vorhanden. Damit legte Curtis den Grundstein für ihre späteren Darstellungen selbstbewusster Sexyness in "Ein Fisch namens Wanda", "True Lies" und ähnlichen Kultfilmen der 90er.

        Das einzige, was diesen Film auch im Re-Watch fehlte, ist die Zeitlosigkeit. Das immer an der Grenze zur Parodie nur mühsam gezügelte Temperament der beiden Hauptdarstellenden ist doch sehr zeitgeistig und nicht für jeden wirklich zeitlos unterhaltsam im Vergleich etwa zu Klassikern von Ernst Lubitsch oder ähnlichen Perlen des Genres. Aber meine Güte – dies ist definitiv ein Film, den Jung und Alt mal gesehen haben sollten. Und nicht nur für Erwachsene.

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          angucker 02.01.2025, 17:10 Geändert 12.01.2025, 12:35

          Flüssig geschnittener und inszenierter Actioner, der seine Wirkung auch daraus bezieht, dass in der ersten Stunde praktisch keine Action stattfindet. Das macht diesen Film des Spaniers Collet-Serra zu einer filmischen Allmachts-/Ohnmachtsfantasie wie seine Vorbilder "Nicht Auflegen" und "Stirb Langsam"; man sollte das als Zuschauer mögen.

          Nach rund einer Stunde geht es dann los mit der Action, nur wird der Gesamteindruck zunehmend getrübt durch scheunengroße Logiklöcher und die viel zu abgedroschenen Schemata "ich habe einen Koffer mit einer Bombe, und die tickt...". Der Hauptdarsteller ist mit seinem schrägen Augen-Make up und seinen seltsam gefärbten Haaren ein echter Ausfall, aber Jason Bateman macht dafür einen sehr netten Bösewicht.

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            Alle Darstellenden in diesem Film sind zu alt für ihre jeweiligen Rollen. Und das ewige Gelaber um Drogen, Psychopharmaka und Schuld („Hilfe, ich habe Probleme mit Mutter und Vater“) ist so uninteressant wie die übrigen Problemchen der jüdischen weißen Mittelklasse von New Jersey. Der Regisseur, Hauptdarsteller und Drehbuchautor dieses belanglosen Films kommt von der kommerziell erfolgreichen Serie „Scrubs“ und versucht eigentlich immer nur, mit aufgesetzten Gimmicks wie einem Hamsterfriedhof eine uninteressante Story und einen schwachen Film zu retten.

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              angucker 31.12.2024, 20:02 Geändert 31.12.2024, 20:05

              Ein trauriger, witziger und immer wieder anrührender Film über Hoffnung, Freundschaft und Lügen. Perfekte Kamera, ein Licht wie von Ridley Scott und überwältigend aufspielende Darstellende machen diese DEFA Produktion zu einer zeitlosen Perle. Atemberaubend die Szene, als Jakob für das kleine lebhafte Mädchen ein lebendiges Radio voller Hoffnung und Märchen hinter der Wand seiner Bruchbude im Ghetto spielen lässt. Nur die etwas theaterhaften Kulissen und die nicht unbedingt zwingend notwendige Liebesgeschichte sind nicht gut gealtert (ja, @kenduskeag). Dafür gibt es eine Perle von Filmmusik, die meist nur aus wenigen Tönen einer virtuos gespielten Geige besteht.
              Die Qualitäten dieses Films zeigen mir einmal mehr, warum Spielbergs Film „Schindlers Liste“ mir so vordergründig, platt und hohl erscheint.

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                Random Movie - ziemlich nett. Eine Sex-Change Komödie mit Anleihen bei "Kick It Like Beckham", "Sommernachtstraum" und "Magic Mike", die in jedem Detail punktet: Gutes Casting (allein schon Channing Tatum mit gestrecktem Salto und freiem Oberkörper), schnelle, gut geschnittene Sport-Szenen (Fußball), gute und sehr dezent in die Handlung integrierte Stunts (Tatum kann das wirklich!), nette Musik, die auch richtig abgeht und jede Nebenrolle liefert ihren Beitrag (wie der super-empathische Schuldirektor oder das zerstrittene Eltern-Ehepaar). Und von der Storyline her hat mit Shakespeare noch nie jemand so richtig ins Klo gegriffen.

                Von daher trotz der vorhersehbaren Entwicklungen volle 7 Tampons mit oder ohne Blut in die Nase und ab dafür!

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                  angucker 22.12.2024, 08:58 Geändert 07.01.2025, 04:31

                  Eine als 1:20 h Interview mit der Künstlerin daherkommende Doku, die mit Probenmitschnitten, alten Konzertvideos und Textanimationen angereichert ist. Interview würde allerdings heißen, dass der Filmemacher einen Plan hat oder sinnvolle Fragen stellt. Beides ist nicht erkennbar, so dass die erwartete Dokumentation einer immerhin rund 40 Jahre andauernden Karriere der Kult-Künstlerin zum endlosen eitlen Monolog einer sehr selbstbewussten und ziemlich egozentrischen älteren Dame wird, deren heftigen Cockney Akzent man ohne Untertitel kaum verstehen kann.

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                    angucker 21.12.2024, 07:14 Geändert 21.12.2024, 07:19

                    Es ist interessant, was zig Besprechungen in diesen Stop Motion Film hineinlesen einschließlich der teilweise extrem überschwänglichen Kommentare aus meiner Freundesliste. Für mich ist dies vor allem ein Charakterdrama über einen weißen Mann in mittleren Jahren mit schweren psychiatrischen Störungen und Verhaltensauffälligkeiten – Panikattacken, schizophrene Veränderungen der Fremdwahrnehmung (Fregioli Syndrom), Sexsucht und Halluzinationen bis hin zum Wirklichkeitsverlust. Ich meine merkt es denn niemand?

                    Der Mann frisst Pillen wie Drops, säuft wie ein Loch, versucht alle 15 Minuten eine andere Frau auf sein Zimmer zu bekommen, rennt halb nackt durch den Hotelflur auf der Suche nach Gesellschaft und hört alle Anderen bis auf Lisa mit derselben Stimme sprechen. Eigentlich ein Fall für Krisenintervention oder stationäre Behandlung.

                    Ich empfehle den deutschen Artikel bei Wikipedia über den Film und habe bis zuletzt nicht verstanden, warum dieses Theaterstück nicht als normaler Film verwirklicht wurde. Und „Chicken Run“ finde ich aus der Erinnerung auch tricktechnisch interessanter. Unterhaltsamer auch.

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                      angucker 18.12.2024, 10:18 Geändert 23.12.2024, 11:12

                      Etwas enttäuschend diese schon zu oft gesehene Neuauflage eines Films aus dem Polizeimilieu mit Elementen des Charakterdramas. Die wie meist bei Regisseurin Anne Fontaine sehr emphatische und unmittelbar wirkende Kamera folgt letztlich mit zahlreichen Rückblenden dem Einsatz von 3 Polizisten, die einen Flüchtling zur Abschiebung zum Flughafen bringen sollen. Dabei gibt es Stress, wobei dies unter anderem auch daraus resultiert, dass die Polizistin schwanger ist von ihrem Kollegen und der andere Polizist massive Eheprobleme hat. Das ist eine letztlich leider etwas belanglose Geschichte, die zwar gekonnt verfilmt wurde, mich aber nicht von den Socken gehauen hat.

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                        Der Film hat seine Momente, wenn Bruce Willis und Danny Aiello einfach nur zu Swing-Musik und fetzigen Songs durch die Gegend laufen und rumblödeln. Das kommt in der deutschen Synchro besser als im Original. Und natürlich auch, wenn Andi McDowell in kurzen Momenten zeigt, warum sie in den 80ern so oft gecastet wurde. Diese Augen!

                        Ansonsten eine komplett auf den Hauptdarsteller zugeschnittene Langeweile in Form eines Heist-Movies mit vielen vielen formalen Mängeln. So stimmt beispielsweise in keiner Szene die Continuity - die Jungs haben beim Heist Zeug dabei ohne Ende (offenbar in der Hosentasche) und die ganzen klamaukhaften Szenen mit den Geschwistern Mayflower sind so klischeehaft, so over the top - das ist lahmer Abklatsch der Genreklassiker aus den 80ern - wie eigentlich der ganze Film einschließlich der ollen Klamotten und der weißen Tennissocken, die Willis zu seinen schwarzen Ballerinas durch den ganzen Film trägt. Vermutlich hatten bei diesem Film risikoarme Kapitalgeber das Sagen und es wurde das gemacht und nachgeahmt, was davor und danach alle anderen besser konnten.

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                          angucker 16.12.2024, 16:08 Geändert 21.12.2024, 11:04

                          Wenn Du Autor und in eine Eisverkäuferin verliebt bist und die Dich bittet, Deine zur Abgabe beim Verlag bestimmte Fassung der neuesten Erzählung lesen zu dürfen, dann solltest Du vorsichtig sein. Auch dann, wenn sie sich unter Deinen lüsternen Augen bäuchlings aufs Bett wirft und zu lesen beginnt mit den Worten "135 Seiten – na das schaffe ich bis zum Mittagessen".

                          Regisseur und Drehbuchautor Christian Petzold schafft es auch hier, einen leisen Film zu machen, der auch ohne große Effekte eine Glut ausstrahlt, die mit dem als Nebenhandlung vorkommenden Waldbrand an der ostdeutschen Ostsee vergleichbar ist. Ein glühendes Plädoyer für Empathie und Aufmerksamkeit, spontane Liebe und Literatur.

                          Der an seinem dicklichen Körper leidende und weitgehend erfolglose Nachwuchsautor Leon (Thomas Schubert) fährt mit seinem lebenslustigen und dunkelhäutigen Freund Felix in ein kleines Haus im Wald, um sich dort zu entspannen, zu arbeiten und seinem Verleger (Matthias Brandt) sein neuestes Buch mit dem Titel "Club Sandwich" vorzustellen. Im Haus lebt jedoch bereits die lebhafte Paula, die tagsüber im nahegelegenen Kurort als Eisverkäuferin jobbt. Leon verliebt sich in Paula, die dies jedoch nicht zu bemerken scheint. Und dann kommt der Verleger, um das neueste Werk des Nachwuchsautors zu lesen.

                          Aus dieser sehr einfachen Grundkonstellation macht Petzold – wie stets mit sehr knappen und pointierten Dialogen und Textzeilen – ein ebenso subtiles wie spannendes Charakterdrama. Aufmerksame Zuschauende werden schnell bemerken, dass es dem stets dunkel und in weite Klamotten gehüllten Leon nicht gut geht, er seine Freunde und Bekanntschaften deswegen zurückweist, weil er nicht anders kann. Dies führt zu einer in rasantem Tempo daherkommenden Eskalation, deren Brandbeschleuniger Matthias Brandt als der hinzukommende Verleger ist. Die bloße Wiederholung von Textzeilen und wenige Sätze reichen dem Drehbuch, um hier nicht nur das innere Drama des Leon, sondern auch das äußere Drama des in der Umgebung des Hauses stattfindenden Waldbrandes und Entwicklungen der Beteiligten mit Wucht vorzutragen. Und einmal mehr ist die enorme schauspielerische Präsenz von Matthias Brandt trotz der eher kleinen Nebenrolle bemerkenswert.

                          Faszinierender Film und geniales Drehbuch!

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                            Dajana Gudic, ein Bikinimodel mit südosteuropäischen Wurzeln, hat diesen Film produziert und besetzt die doppelte Hauptrolle zweier Zwillingsschwestern, was zu zahlreichen langen Einstellungen führt, in denen ihre diversen optimierten Körperteile (Lippen, Busen, Bauch, Po) nebst viel Reizwäsche ausführlich gezeigt werden. Drumherum gibt es eine wirre Story um einen Club tätowierter und ziemlich hässlicher älterer Männer, die als Geheimbund Ziegen aufschneiden und Geschäftsleute töten lassen.

                            Diese wirklich eindrucksvoll dämlichen Inhalte werden noch aufgewertet durch eine unterirdische Synchronisation (das Original ist nicht besser) und amateurhafte Schauspielerei sowie reichlich Werbung für Luxusautos. Die letzten 10 Minuten des Films ab der zusammenhanglos in die Handlung eingeführten Autoverfolgung gehören auf den Olymp des Schwachsinns im Film. Leider nimmt sich das Filmchen selbst zu ernst und kann daher auch nicht als unterhaltsamer Trash durchgehen.

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                              Bei Teil 3 wurde das Konzept der schlichten Fragen und Interviews nicht verändert. Nur führte hier die ehemalige Darstellerin Brittany Andrews Regie und macht die knapp 90 Minuten Film zu einer beliebigen Nummernrevue von belangloser Selbstdarstellerei, nur mit mehr digitalen Effekten und härterer Rockmusik. Verzichtbar.

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                                angucker 09.12.2024, 13:34 Geändert 09.12.2024, 22:33

                                Auch hier kommen (wie in Teil 1) ungefiltert und mit immer denselben Fragen aktive und im (manchmal vorübergehenden Ruhestand) befindliche Darstellende zu Wort.

                                Lisa Ann darf als herausragendes Beispiel dafür herhalten, dass stark ausgeprägte Sekundärtugenden und etwas Glück, in diesem Fall der extrem erfolgreiche Film "Who’s Nailin’ Paylin?" [2008] in fast jedem freien Beruf und auch hier irgendwie zum Erfolg führen: Disziplin, Arbeitsethos, Bildung von Rücklagen/Altersvorsorge, ein solider 4-Jahres Plan, Kontaktpflege und immer der realistische, liebevolle Blick auf sich selbst. Was kann ich, was mag ich und wo möchte ich hin?

                                Und es wird deutlich, was unglückliche, abhängige oder gescheiterte Darstellende nicht haben: Selbstwertgefühl, eine unbeschwerte Jugend, Sekundärtugenden und einen soliden 4-Jahresplan! Da ist die komplett gescheiterte, schwerstens abhängige Janine Lindemulder, zerstört durch eine toxische Beziehung, einen verlorenen Sorgerechtsstreit mit Sandra Bullock und viele Drogen. Da ist die in innerer Immigration zurückgezogene Chasey Lain, die nach einem wilden und weitgehend fremdbestimmten Berufsleben in der Pornobranche einige Tage in der Woche als Escort arbeitet und traurig über die Ausbeutung durch die Betreiber der Bordelle klagt.

                                Da ist aber auch ein extrem willensstarker, selbstbewusster und disziplinierter Mann wie Darren James (ehemaliger Soldat und Leistungssportler), der seine Pornokarriere brutal beenden musste als "Patient 0" der ersten großen Aids-Seuche in dieser Branche und dies (immer mit einem gewissen Selbstwertgefühl und viel Disziplin) zum erzwungenen Anlass nahm, ein anderes Leben anzufangen.

                                Hier lernt man was über sehr heterogene Menschen in einer sehr schrägen Arbeitswelt. Als Doku sind die hektisch geschnittenen und (etwa im Fall dieser schrägen Selbstdarstellerin von Domina Brittany Andrews) teilweise kaum erträglich dummen und kritiklosen Interviews aber weniger gelungen.

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                                  Englisch wie der Union Jack ist diese Verfilmung eines Romans von Nick Hornby ("All About A Boy", "High Fidelity"), der auch das Drehbuch verfasst hat. Ein Englischlehrer und hoffnungsloser Fußballfan (Colin Firth, ihm reichen hier Wuschellocken und alte Sweatshirts, um seine Figur überlebensgroß und witzig zu spielen) verliebt sich halbherzig in seine etwas zugeknöpfte Kollegin (Ruth Gemmell), aber sein wirkliches Leben spielt sich rund um das Stadion seines Vereins Arsenal London ab. Das hat enorm viel Atmo, die klebrigen Klassenzimmer, die schmuddeligen Kneipen und das eher schäbige Fußballstadion sind eingerahmt von Regen und eher schlichter Kleidung der Londoner Bevölkerung, die hier in den 80er Jahren ihr Leben lebt. Unromantisch wird sich da angeblafft, der Mann lebt Fußball (und bekommt ansonsten meist nicht viel mit), der Humor ist direkt und oft sehr schnell. Nick Hornby behält auch hier wie in seinen anderen Drehbüchern/Romanen wunderbar die Balance zwischen Alltag und Gefühl, Banalität und Romantik, Witz und Belanglosigkeit - das ist gut gelungen. Wer das Genre mag, bekommt das dauernde Schmunzeln nicht aus dem Gesicht. Dazu die Schauspielenden - Mark Strong mit etwas Bier-Bäckchen, Stephen Rea in einer feinen Nebenrolle - alles sehr gelungen.

                                  Meine Frau auf dem Sofa war früher beim Roman ausgestiegen ("zu viel Fußball-Slang") und dafür hier sichtlich angetan. Ein runder Film, der natürlich nur im englischen Original Sinn macht, denn der Akzent und die sprachlichen Nachlässigkeiten und Unterschiede der Protagonisten sind hier Teil des Gesamtpakets.

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                                    Viggo Mortensen schlägt zu mit einem leisen, sehr langsamen, meist auf die Mimik und Gestik der Darstellenden vertrauenden Spät-Western über zwei Einwandererschicksale im Goldrausch Mitte des 18. Jahrhunderts. Er Däne, sie (geniale Charakterdarstellerin: Vicky Krieps, die deutsch-luxemburgische Frau für besondere Schauspielfälle) Frankokanadierin. Liebe auf den ersten Blick. Der Rest ist sehr schwierig, vor allem, als er (warum eigentlich - diesen Twist des von einem Roman des großen Elmore Leonard inspirierten Drehbuchs habe ich nicht verstanden) als Soldat in den mexikanischen Bürgerkrieg zieht und seine Frau im Umfeld des lokalen Oberkapitalisten mit dem gewalttätigen Sohn zurück lässt. In langen Einstellungen erzählt der Film diese Geschichte, verlässt sich komplett auf die gut aufspielenden Darstellenden. Wenn Krieps mit ihrem schnöseligen Verehrer im Restaurant in SF sitzt (San Francisco war Dreh- und Angelpunkt des Goldrauschs, hier wurden Einwanderer, Arbeitssklaven und Material für das aufstrebende Kalifornien und die angrenzenden Staaten angelandet und verhökert) und vor Abscheu und Langeweile fast auf den Tisch kotzt. Wie Mortensen nach seiner Rückkehr aus dem Krieg das Kind adaptiert, in den Arm nimmt. Gesten, Blicke und viel Durcheinander in Sprachen (französisch, englisch, deutsch in der Synchro). Viele Rückblicke, die oft schwer zu enträtseln sind - diese Arthouse Manier des Films kann man auch negativ vermerken.

                                    Mir hats gefallen. Man sieht dem Film das Herzblut seines Hauptdarstellers, Drehbuchautors und Regisseurs (und Filmkomponisten) Mortensen an, auch wenn an einigen Stellen das geringe Budget erkennbar wird (viele Außenaufnahme wurden im Studio gedreht). In Nebenrollen ein wunderschönes Pferd mit einem besonderen, fast ballettmäßigen Gang - das habe ich zuletzt in "Heavens Gate" gesehen und das war in den 70ern! Und immer wieder Krieps, die (vergleichbar etwa mit Isabelle Huppert in ihren großen Rollen) einen komplexen, störrischen, selbstbewussten und leidenden Charakter mühelos auf die Leinwand bringt. Oscaralarm!

                                    Und Mortensen bekommt einen Bonuspunkt: Der Mann ist seit rund 40 Jahren im Geschäft (er spielte in Peter Weirs Meisterwerk "Der einzige Zeuge" 1985 auch einen Einwanderer), pickt sich immer interessante Rollen, bringt diese (erinnert Ihr seinen unfassbaren Ausbilder in "GI Jane" von Ridley Scott, wo er Demi Moore schleifen muss?) mit vollem Können und ohne Starallüren rüber - was für ein sanfter Riese!

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                                      angucker 27.11.2024, 17:33 Geändert 10.12.2024, 08:24

                                      Au weia, ein zwiespältiges Machwerk von Film! Positiv vermerke und bewundere ich Kamera (kreisende Fahrten, lebhafte Wechsel der Perspektiven), Locations (vor allem die lange Szene auf dem Dach eines New Yorker Wolkenkratzers - das hat Klasse und passt gut in die Geschichte), die Frisuren (spielen sogar eine Rolle im Film), Make up (wie Pacino hier ganz dezent auf "Untoter" geschminkt wurde, die etwas zu dunkel gefärbten Haare, der heftige Bartschatten von Reeves in den letzten Einstellungen) - handwerklich ein ganz guter Film. Auch das Casting ist gelungen. Pacino hält sich zurück mit seinen Mätzchen, Reeves taumelt wie ein richtiger Yuppie im Goldrausch, Nielsen zeigt Körper, viel Körper und die ganz junge Theron überzeugt durchaus mit ihrer sexy Art von Landpomeranze mit Dauerwelle, kann auch die zunehmende Hysterie glaubwürdig machen.

                                      Aber was für eine gottverdammte Grütze von Story/Drehbuch ist das?

                                      Ich wollte nach dem völlig wahnsinnigen Ausbruch von Reeves Strafverteidiger (brüllt seinen Mandanten an, er sei ein schuldiger Sexualverbrecher/Onanist vor allen Leuten) schon abschalten. Court Film ist schwierig, vor allem, wenn sich die Beteiligten auf einmal verhalten wie verrückte Berufsanfänger, die ihre Zulassung verlieren möchten. Und so geht es eigentlich am laufenden Kilometer. Da ist diese wahnsinnig reiche Anwaltskanzlei, sind die nicht näher erläuterten Geschäfte, sind die unendlich vielen dummen Frauen der Anwälte, die zwar jederzeit verfügbar sind für ihre Männer, ansonsten aber nix machen außer schön sein und Tapeten aussuchen. Und da sind vor allem diese zunehmend sexualisierten Monologe und immer expliziteren Andeutungen, dass Pacino der absolute Superhengst ist, der stundenlang auch fremde Frauen beglückt und niemals schläft. Und dann die finale Abdrift in fundamentalchristlichen Wahnsinn. Wer Halluzinationen hat, sollte zum Arzt gehen und was uns da an verquastem Gott und Teufel angeboten wird, mit Feuer, Blut und Rosemaries Baby - das ist einfach nur unappetitlicher Schmu. Eine ehrliche Hardcore Version wäre da besser gewesen - nicht nur dezent unter dem Tisch und nicht nur in verbalen Schilderungen. Und dafür dieser ganze Quatsch mit Feuer, Tod, Gott und Teufel - einfach in die Mülltonne. Was mich schon bei Werken wie "The Green Mile" oder verschwörungslastigen Filmen mit christlichen oder biblischen Narrativen bis zum Würgen stört ist hier vor allem im letzten Drittel kaum noch auszuhalten. Und dann muss der Film auch genau so enden: Opfergang! Genug gesagt, ich musste mich wirklich überwinden zuletzt.

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                                        angucker 26.11.2024, 08:30 Geändert 26.11.2024, 08:31

                                        Nichts ist so öde wie komplette Vorhersehbarkeit, Kitsch und Klischees. Leider ist hier reichlich davon vorhanden und auch die excellenten Leistungen von Imelda Staunton, Timothy Spall, Celia Imrie und John Sessions (der Biedermann selbst) können es nicht reißen. Zumal auch die Tanzeinlagen eher mittelmäßig sind und mehr in Richtung "Choreo für Rentner" gehen. Nur der immer wieder kurz aufblitzende Humor und die Darstellenden sind hier der Lichtblick. Unbedingt im englischen O-Ton sehen, sonst fehlt jegliche Atmo.

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                                          Unterhaltsamer Reigen von skurrilen Verwirrungen einer schriftstellernden Mittvierzigerin, die großes Drama macht, aber auch echte Probleme hat. Angerichtet von Frauenversteher Almodovar mit seinen besonderen Zutaten (ausgefallenes Farbdesign, spezielle Interieurs, die Nebendarstellerin mit der auffälligen Nase) und sehr sehr guter Musik. Doch - ein guter Film, wenn man die Art leiden kann.

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                                            angucker 23.11.2024, 14:49 Geändert 25.11.2024, 23:07

                                            Ein handwerklich über die Maßen gediegener Film von Ridley Scott, der hier in den "Frankreich-Modus" schaltet, verlassene Swimming-Pools und gammelige Gemäuer, tolles Licht und einen faustgroßen Bluterguss auf der Pobacke von Marion Cotillard (schöne Szene), einen großartig spielenden kleinen Jungen (Autistenarzt Freddie Highmore in seiner vermutlich ersten Rolle) und Russel Crowe als schauspielerische Allzweckwaffe zu einem heiteren, etwas klischeehaften Film zusammen fügt. Aber Scott kann (auch) das einfach: Jede Einstellung erzählt einen oft wortlosen Witz, ein richtiges Schnittgewitter wird entfacht, um die zahlreichen Rollen und Nebenrollen vorzustellen und es ist Humor für jede Altersgruppe, für jeden Bildungsgrad dabei. Ob das die schnelle Absage für eine Verflossene des Londoner Juppies ist ("der sucht gerade Brautkleider mit seiner Verlobten aus") oder der schnelle Seitenblick der lesbischen Assistentin zu ihrer etwas fassungslosen Freundin über einen verpeilten Anruf aus Übersee. Totale Erreichbarkeit und hemmungsloses Schummeln machen den jungen Schachspieler und späteren Börsenhändler Max Skinner zu einer Lachnummer ebenso wie unendliche Geilheit und zwanghafte Stubenhockerei seinen Onkel Henry (großartig: Albert Finney). Das Casting ist bis in die Nebenrollen erhaben gelungen, der Kampf des etwas kleinwüchsigen Crowe mit den Wänden eines Swimmingpools ist episch und nie nimmt sich der einer schlichten Formel folgende Film zu ernst. Und verdammt: In jeder Einstellung gibt es etwas zu entdecken. Und sei es nur der kleine lebhafte Hund, der hier eine perfekte Nebenrolle der komischen Art hat. Ebenso wie ein betont auffälliger, zitronengelber und ständig auf französisch quatschender Kleinwagen.

                                            Ich vergleiche den mal mit "Der Wein und der Wind" von Cedric Klapisch - da wird mehr auf stimmige Psychologie Wert gelegt und es gibt richtige Konflikte. Oder "Made in Italy" (2020), wo sich Liam Neeson auf ein italienisches Weingut begibt. In beiden Fällen viel schlichteres Kino, im zweiten Fall sogar beliebige Dutzendware.

                                            Nee, Scott kann das und mir hat der Film viel Spaß gemacht, weil ich auf perfektionistische Inszenierungen und visuelle Gags stehe.+

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                                              angucker 21.11.2024, 17:06 Geändert 21.11.2024, 19:03

                                              Damals vor mehr als 20 Jahren waren solche Filme noch nicht verbreitet. Schon überhaupt nicht in Europa. Das ist gekonnt inszeniert, spielt mit Rollenzuweisungen (Mädchen können nicht kicken) und ethnischen Zuschreibungen. Und die beiden Hauptdarstellenden begannen damit ziemlich große Karrieren. Keira Kneightly ging in die Karibik, Jonathan Rhys Meyers in das spiegelgleiche Rollenfach und alle waren zufrieden. Vor allem ist dieser Film mindenstens so britisch (auch vom Humor her) wie "High Fidelity" oder "About A Boy". Nur etwas mehr jugendorientiert.

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                                                angucker 21.11.2024, 16:56 Geändert 21.11.2024, 19:04

                                                Ich hatte eine Agentenserie erwartet - und dann das: Total detailverliebte (und ausstattungsseelige-) Mini-Serie über die Großmutter der Hauptdarstellerin Ruth Wilson, die mit einem ebenso charmanten wie umtriebigen Mann verheiratet war, der 1963 überraschend stirbt. Worauf sich herausstellt, dass.... <<hier dürfen keine Spoiler kommen...>>.

                                                Das ist historisch genau, unglaublich perfektionistisch bei Kostümen und Ausstattung und mit durchweg überzeugenden Darstellenden inszeniert. Das ist spannend, wenn man keine Schlägereien und Schießereien erwartet. Und hat interessante Querbezüge zu wirklichen Personen aus meinem persönlichen Umfeld (es folgt ein Exkurs):

                                                Meine Bekannte Sabine war 20 Jahre ihres Lebens mit einem Mann liiert, der parallel eine zweite Beziehung hatte - einschließlich Kinder und das ganze Programm.

                                                Meine Eltern waren beide notorische, exzessive Lügner. Mein Vater professionell (er war Geheimagent) und daher stets auskunftsfreudig mit unwichtigen Details und sehr sparsam mit "harten" überprüfbaren Fakten. Meine Mutter hatte eine schizoide Persönlichkeitsstörung (ich weiß nicht, ob man das heute immer noch so nennt) und erfand sich und ihre persönliche Geschichte alle paar Jahre komplett neu. Einschließlich angeblicher Beziehungen zu bekannten Rockstars, überraschender "Konversion" zum jüdischen Glauben ("ich war schon immer jüdisch") und vieler schräger Anekdoten, die zum Teil auch dazu dienten, eigene Lücken in der Biographie zu füllen oder andere Menschen gegeneinander auszuspielen. Meine Mutter schaffte es sogar, für einen größeren deutschen Radiosender komplett erfundene Reiseberichte zu verfassen (ähnlich wie seinerzeit Claas-Hendrik Relotius) und war ziemlich erfolgreich damit.

                                                Solches Verhalten ist für die Familie und Mitmenschen sehr fordernd. Ich wollte nur einmal andeuten, worum es hier geht. Sehenswert!

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                                                  Wow - die erste Episode legt mächtig los: Schnelle Dialoge, interessante Story um den riesigen und brutalen Markt für fossile Brennstoffe, wenn sie denn tonnenweise aus dem Boden geholt werden. Amüsant dabei der schon in der ersten Szene effektvoll inszenierte Vergleich zum Drogenhandel. Dazu pralle Außenaufnahmen, authentische Darstellende allen voran Billy Bob Thornton, dem die Rolle des dauergestressten Krisenmanagers wirklich auf den Leib geschneidert ist. Und selbst die sittlichen Gefährdungen der 17jährigen Tochter mit ihrem Boytoy von Football-Star werden lakonisch und einfühlsam abgehandelt. Macht Spaß, hohes Niveau. Taylor Sheridan hat wieder zugeschlagen.

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                                                    angucker 19.11.2024, 09:09 Geändert 19.11.2024, 09:17

                                                    Sehr gemächlich erzählte Geschichte um einen Regisseur mit ungarischen Wurzeln, der mit seinem Schwiegervater und seiner ebenfalls in der Filmbranche tätigen sehr erfolgreichen Ehefrau sowie einem schwulen polnischen Butler in Brandenburg lebt. Sein jüngstes Filmprojekt ist abgelehnt worden, was ihn schwer in seiner männlichen Eitelkeit verletzt. Dabei hat die Kleinfamilie keine materiellen Sorgen – die Ehefrau des ungarischen Boheme verdient genug. Dann trifft der mit Herzproblemen, Alter und Langeweile kämpfende Mann zwei folgenschwere Entscheidungen: er beginnt ein Verhältnis mit einer sehr sprunghaften, deutlich jüngeren Nachbarin und er kandidiert gegen einen zwar zugereisten, aber der AfD nahestehenden Nachbarn als Bürgermeister für die kleine Samtgemeinde mit etwa 400 Wahlberechtigten.

                                                    Das wird in einem geradezu zeitlupenhaften, manchmal auch zu langsamem Tempo erzählt. Auch ist die Geschichte mehr als schlicht und die teilweise von Laien Darstellenden gespielten Dorfbewohner und Charaktere haben keinerlei Tiefe. Trotzdem hat dieser freundliche Film über die brandenburgische Provinz einiges zu bieten: die Dialoge haben Witz, die Hauptdarsteller wissen, was sie tun, die Filmmusik ist weit überdurchschnittlich ebenso wie die das Brandenburger Land in satte Farben tauchende Kamera und das Ganze kommt trotz der rentnermäßigen Langsamkeit sympathisch rüber. Besonders gefallen hat mir eine dramaturgisch notwendige Episode mit einem Ausflug nach Ungarn, in der es um die Familiengeschichte des Bürgermeisterkandidaten geht. Wichtig ist diese Episode, weil die österreichisch-ungarischen Wurzeln der hier gezeigten Kleinfamilie nur sehr dezent durch kaum wahrnehmbaren Dialekt erkennbar sind und der Film deutlich machen will, dass alle diese uns so vertraut und europäisch und deutsch erscheinenden Personen eigentlich Fremde im Brandenburger Land sind. Der Hauptdarsteller und Regisseur ist während der Dreharbeiten gestorben, was erst im Abspann erwähnt wird. Es gibt nicht viele Filme aus der oder über die Brandenburger Provinz. Von daher ein Sympathiepunkt obendrauf.

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