Darbon - Kommentare
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Alle Kommentare von Darbon
Der Titel mag Propaganda suggerieren, das Kunstwerk selbst ist pure Poesie, philosophisch aber religons- und ideologiefrei. Der frankophile Cannes-Preisträger Sergej Jutkewitsch mixt in seinem Testament mit beträchtlicher Stilsicherheit Elemente des Stummfilms, des Slapstick, des Melodrams und des Cinéma vérité zu einem wissenschaftlich-utopischen Film mit einer Romanze als Leitmotiv.
Titelheld Lenin wird zur verbindenden Randfigur, die mit Krupskaya und Inessa Armand ein Konzert von Montéhus besucht oder zu Karl Marx' Tochter Laura Lafargue radelt, bevor diese mit Gatte Paul den Freitod wählt. Held ist der junge Arbeiter Trofimoff, von dessen Tod in Kronstadt wir in einem off-Monolog von Heldin Inessa erfahren. Tot? Er reist doch durch die Zeit, streitet sich mit Linksextremisten der ausgehenden 70er Jahre in Paris, besucht in einem Fiebertraum auf Inessas Bett die Pariser Kommunarden und will vor allem eines: dass Inessa, mit der er hinter Plakaten von Jean Cocteau einen Bankraub durch Anarchisten der Bonnot-Bande beobachtet, ihn liebt. Doch Inessa, die ihn bei sich aufnimmt und ihm Lenin vorstellt, drängt auf Askese.
Von der sowjetischen Zensur gezwungen, die schon damals bekannte Liebe zwischen Inessa und Lenin zu streichen, ist die Romanze zwischen der berühmten Revolutionärin Inès Armand (1874-1920) und dem fiktiven "Sascha" Trofimoff Leitfaden eines launig-beschwingten Abenteuers für Philosophen und Cinephile.
Jutkewitsch lässt Claude Jade in einer Szene, in der sie Vladimir Antonik* in französischer Sprache unterrichtet, aus einem Strauß vieler roter Nelken eine einzige weiße ziehen (für Truffaut/Doinel-Kenner ist das immer die, die "ihre ursprüngliche Farbe behält"). Und das alles swingt traurig und burlesk zur Musik von Grigori Frid.
* Heute synchronisiert Antonik Arnold Schwarzenegger und auch Pierce Brosnans James Bond.
ps: Claude Jade, die damals wie Marina Vlady (die "blonde Hexe" spielte in Jutkewitschs "Sujet für eine Kurzgeschichte") in Moskau lebte, spricht hier übrigens ein exzellentes Russisch. [Habe den Film als 11jähriger allerdings auf deutsch und erst jetzt auf russisch gesehen.]
Ende 1999 verliebte ich mich in die fette Havers, "die Frau mit den komischen Zähnen" ohne Benehmen und jenseits von Sinn für Anziehsachen, und später auch in den blonden Aristokraten Lynley. Unser neuer Literaturmensch Dennis Scheck warf Paulo Coelho allmonatlich in den Mülleimer - recht so - und hielt die Schöpferin von Havers und Lynley, Elizabeth George, in eben jene Höh', welche sie verdient hat.
Dem Werk der Autorin wird die miserable Serie nicht gerecht; sie blendet jegliche Tiefe aus, bietet eine eklatante Fehlbesetzung (wobei die zarte Bambi-Look-alike Sharon Small und der draculeske Nathaniel Parker charmant und talentiert, doch banal geführt und ungeeignet sind). Die großen Werte der Romanreihe, der Konflikt der Protagonisten in ihren Klassenschranken und politische Brisanz, finden in der Serie nicht statt.
Spätere Folgen beruhen laut Vorspann auf Motiven von Elizabeth Georges Romanen, doch auch das ist Etikettenschwindel: In der Roman-Reihe wird Lynleys schwangere Frau Helen im etwa zwölften Band von einem Zwölfjährigen aus einer Jugendlaune heraus erschossen: Was eine Vorlage für gutes Fernsehen - und die Serie vergeudet ihren Tod mit einer verirrten Kugel in einer erfundenen Episode an einen moralinsauren Bosnien-Kriegsverbrecher-versteckt-sich-in-London-Effekt.
Am Potsdamer Platz lief er vor zwei Monaten mal wieder im Arsenal-Kino. Im Keller zwar, doch gut besucht.
Dieser Film - in den 80ern habe ich den Ton mit Kassettenrekorder aufgenommen - war mein Französischlehrer und auch der meiner besten Freundin Anna. Gene Kellys Nummern fielen natürlich raus. Claude Parent (Solange), Anne Germain (Delphine) und Jacques Revaux (Maxence) sangen deutlich besser ;) Wir haben die Lieder mitgegrölt und dabei als Fahrer und Beifahrerin im Sommer je ein Bein aus dem Autofenster gehalten. Und können es immer noch, grinsend.
Damals hab ich das Pastellwunder noch auf meinem Kinderzimmer-Fernseher in schwarzweiß erlebt und Screenshotbilder von Dorléac und Deneuve gemacht, mit Wanderbalken hier und da. Auch von Perrin als Maxence. Seitdem All-Time-Favorit und schon längst ein Lieblingsfilm. Danke, Sarah und der Neuköllner Kneipe. Denn auch wenn wenn Monsieur Dutroux seine alte Liebe Lola subtil in handliche Stücke zerschneidet, auf dass ihr Blut vom Trottoir gewischmoppt werden wuss: Immer wenn der 'Erbst beginnt: "Quand l'été a disparu, l'été. Quand le temps s'en est allé..."
ps. War mit der DVD und den für US-Konsumenten eingeblödeten englischen Untertiteln unzufrieden, aber seit der Missetat des WDR, einen muffigen Sprecher über die heruntergedimmten Lieder hinwegquatschen zu lassen, ist seit der letzten arte-Ausstrahlung die gute OmU wieder da und erneut nur selbst aufgenommen. Bleibt einzufordern, dass er endlich auch hier auf DVD erscheint.
pps: die Süddeutsche Zeitung nennt Anna heute "Fräuleinwunder des deutschen Theaterbetriebs". Keine schlechte Schule also, die "Demoiselles des Rochefort".
Wenn die Liebenden sich des nächtens zum Liebemachen entschließen, steht sie auf und macht das Licht an. Nichts ist vorhersehbar in dieser wunderbar leichten und klugen Tragikomödie, die mit einem missglückten Selbstmordversuch beginnt.
Hartnäckig drängt sich der lebensmüde Andi (Andreas Schmidt) in das Leben zweier Fremder: das des plötzlich verwitweten Frieder (Devid Striesow), bei der er sich frech einnistet, und in das der die Todesnachricht überbringenden Kriseninterventionsanfängerin Hanna (Jördis Triebel). Darüber verwandelt er sich zum lebensfroh übermütigen Traumtänzer.
Sterben und lieben im TV ohne Sentimentalität: Die komischsten Dinge in furchtbar tragischen Situationen lassen die Autoren Edward Berger und Michael Schenk ihre Protagonisten spielen, ohne dabei albern zu sein. Schenk spielt zudem Hannas Kollegen und verheirateten Geliebten Georg, der bei all seiner Schäbigkeit auch eine liebenswerte Figur abgibt, wie sie der deutsche Film jenseits von Ernst und Trübsal sucht.
Wir wollen Chabrol nicht böse sein, der hier in entschuldbarer Ausnahme eine Agententhriller-Auftragsarbeit annahm - einmal ist keinmal - und sich auch rasch in seiner Groucho-Marx-maskierten Nebenrolle von orthodoxen Popen via Messerstiche entleiben lässt. Er kann ja auch besser. Und dass Griechenland nach Drehschluss von Faschisten übernommen wurde, lasten wir dann besser Georgios Papadopoulos an.
In der Neuen Welle immer im Schatten seiner Kollegen Truffaut und Godard, verwendet er in einer günstigen Gelegenheit einen eleganten Rückwärtszoom, wenn Jean Seberg ikonengleich aus einer hellenischen Kapelle tritt, mit Rose am Kinn. Hübsch. Wenn sie allein auf einem Kahn zu sein scheint, springt eine Rose ins Bild nebst frechem Rosenhalter Maurice Ronet. Und dem streckt sein NATO-Chef Michel Bouquet die Zunge raus, wenn er mal nicht weißen Nougat nascht oder Kinder verjagt, die Süßigkeiten klauen wie Truffauts Doinel Aushangbilder von Harriet Andersson.
Kasperletheater will Krimi treffen, doch Krimispannung und Tempo bleiben aus, später, wenn aus der Idee die Luft raus ist, auch die Faxen. Chabrols gewollte Nouvelle-Vague-Mätzchen als clin d'œil unterhalten immer mal kurz, doch der Rest ist lahm: es wird in Autos eingestiegen, sie werden brav auf ihrer Route von Korinth nach Korinth an Fels und Meer entlang verfolgt und es wird irgendwann aus ihnen ausgestiegen, Rufnummern werden ausgiebig gewählt und Landschaft ist auch da, felsig, wässrig, mediterran, aristotelisch, aus der Luft und anderen Urlaubsvideo-Perspektiven, schlimm untermalt von Pierre Jansens Folklore-Coverversion à la "Topkapi". Es bleibt bei dreivier Augenzwinkern der Seberg ein biederes Agentenfilmchen mit frechen Momenten eines unauthentischen Nouvelle-Vague-Plagiators.
"Jetzt reiß dich mal zusammen", faucht Elena Janson (Ulrike C. Tscharre) ihre Mutter (Kerstin de Ahna) an, als diese um ihr Enkelkind bangt, als wär so ein Kind etwas Kostbares. Denn eine Flüchtlingsfrau aus Togo (Florence Kasumba), die bei einer Mittelmeerflucht aus dem grausigen Afrikakontinent – es könnte auch Uganda sein - ihr Kind verlor, so ist es halt in 2011, nimmt nun Elena Jansons Tochter als Geisel.
So eine Geiselnahme ist zwar so notwendig wie richtig, aber wohl hierzulande nicht rechtens, wie auch der Nasenbruch eines Staatssekretärs nach der Begegnung mit Inga Lürsens Faust. Zusammenreißen müssen sich Ermittlerin Lürsen (Sabine Postel) wegen einiger Querelen mit konservativem Serienkind Camilla Renschke und Stedefreund Mommsen beim Verlust seines am illegalen Verbrechen beteiligten Blutsbruders, doch mehr noch als die Kriminalen bewährt sich die zentrale Antiheldin Elena Janson, die ein Kommando an der Flüchtlingsgrenze zu Europa leiten hatte, in Contenance, um sich in die Rechtlichkeit freizugiften. Denn deren Untergebene (großartige Tour de force: Daniel Lommatzsch, souverän: Arnd Klawitter) drehen durch, weil die Überlebende eines Unglücks oder auch - im sogenannten rechtlichen Graubereich - Mordes, Rache nehmen will an den legalen Grenzschützern oder nur aufklären, sich öffentlich empören. Weg mit so einer, zudem Negerin, wegwegweg! Zugunsten der europäischen Richtlinien.
Ein Hund - Balou - muss durch die Hand Elenas sterben, um ein Missgeschick zu vertuschen, das im Legalen liegt, weil abgesegnet von der EU und übertragen an die Agentur Frontex. Elena Janson, das ist Ulrike C. Tscharre, die nach zwei Wochen - vorletzten Sonntag noch in Münster - erneut einen Tatort bereichert und in ihrer Rolle auch die Argumente jener, die für den Einsatz von Frontex et cie plädieren, denn ihr gehört im letzten Moment das letzte Wort gegen unbelehrbare Gutmenschen wie Lürsen: "Sie haben überhaupt nichts begriffen!" Ein immer wieder als gültig geltender Satz im diplomatischen Jargon.
Herzlichen Glückwunsch, Frau Tscharre, die Sie sonst so jolie sind - bis auf Ihre ebenso elenanahe Sabine Jaschke "im Angesicht des Verbrechens" - und an diesem Sonntag zudem Ihren Geburtstag feiern. Hoch die Korken, lasst sie knallen für dieses in allem freche Werk aus Bremen.
"Jetzt reiß dich mal zusammen", faucht Elena Janson (Ulrike C. Tscharre) ihre Mutter (Kerstin de Ahna) an, als diese um ihr Enkelkind bangt, als wär so ein Kind etwas Kostbares. Denn eine Flüchtlingsfrau aus Togo (Florence Kasumba), die bei einer Mittelmeerflucht aus dem grausigen Afrikakontinent – es könnte auch Uganda sein - ihr Kind verlor, so ist es halt in 2011, nimmt nun Elena Jansons Tochter als Geisel.
So eine Geiselnahme ist zwar so notwendig wie richtig, aber wohl hierzulande nicht rechtens, wie auch der Nasenbruch eines Staatssekretärs nach der Begegnung mit Inga Lürsens Faust. Zusammenreißen müssen sich Ermittlerin Lürsen (Sabine Postel) wegen einiger Querelen mit konservativem Serienkind Camilla Renschke und Stedefreund Mommsen beim Verlust seines am illegalen Verbrechen beteiligten Blutsbruders, doch mehr noch als die Kriminalen bewährt sich die zentrale Antiheldin Elena Janson, die ein Kommando an der Flüchtlingsgrenze zu Europa leiten hatte, in Contenance, um sich in die Rechtlichkeit freizugiften. Denn deren Untergebene (großartige Tour de force: Daniel Lommatzsch, souverän: Arnd Klawitter) drehen durch, weil die Überlebende eines Unglücks oder auch - im sogenannten rechtlichen Graubereich - Mordes, Rache nehmen will an den legalen Grenzschützern oder nur aufklären, sich öffentlich empören. Weg mit so einer, zudem Negerin, wegwegweg! Zugunsten der europäischen Richtlinien.
Ein Hund - Balou - muss durch die Hand Elenas sterben, um ein Missgeschick zu vertuschen, das im Legalen liegt, weil abgesegnet von der EU und übertragen an die Agentur Frontex. Elena Janson, das ist Ulrike C. Tscharre, die nach zwei Wochen - vorletzten Sonntag noch in Münster - erneut einen Tatort bereichert und in ihrer Rolle auch die Argumente jener, die für den Einsatz von Frontex et cie plädieren, denn ihr gehört im letzten Moment das letzte Wort gegen unbelehrbare Gutmenschen wie Lürsen: "Sie haben überhaupt nichts begriffen!" Ein immer wieder als gültig geltender Satz im diplomatischen Jargon.
Herzlichen Glückwunsch, Frau Tscharre, die Sie sonst so jolie sind - bis auf Ihre ebenso elenanahe Sabine Jaschke "im Angesicht des Verbrechens" - und an diesem Sonntag zudem Ihren Geburtstag feiern. Hoch die Korken, lasst sie knallen für dieses in allem freche Werk aus Bremen.
Neue Locken schnüffeln an berühmten Socken.
"Tout comme l'ombre de Claude Jade se dessine derrière Ludivine Lagnier" Fazit von S.B-H. in seiner Kritik von 2007. Da war die Verlobte der "Nouvelle Vague" gerade entschwunden: Delta Charlie Delta.
François Truffaut, Jean Eustache, Jacques Demy und ein wenig Jean-Luc Godard treffen sich endlich wieder im französischen Film. Dass Sagnier mit ihrer Brille beim Lesen im Bett die exakte Kopie von Claude Jade ist und Louis Garrel seinen Léaud bis in die kleinste Regung perfekt kopiert, ob er nun Doinel an seinen Socken schnüffeln oder ihn mal Locken tragen Lässt... sich das Genre erweitern? Ja, denn am Ende küsst und liebt er einen wunderschönen Bretonen: "Liebe mich weniger, aber liebe mich für sehr lange Zeit" erinnert an das Ende von "L'amour en fuite". Lass uns so tun als ob. Mit dieser Neuerung, in der Jim bei Jules landet, so leicht wie einst bei Truffaut die abgelehnte Christine bei Antoine, gibt Christophe Honoré der nouvelle Nouvelle Vague einen Aspekt, der damals vergeudet wurde, weil er noch nicht stattfinden konnte (Pariser Mai, Arbeiterklasse, Revolutionskrams und so).
Es gab "Baisers volés", "Domicile conjugal", "Les parapluies de Cherbourg", "Une chambre en ville" und vor allem auch "La maman et la putain" – daran will dieses Kunstwerk erinnern, an Eustache, der einst im Kino aus einer Telefonzelle von Doinel angerufen wurde, als dieser Vater wurde. Und inspiriert damit vor allem die Filmemacher des Heute. Kommt nicht an? Dann, ihr Plebejer, kopiert noch eine zeitlang weiter euer Hollywood-Perris anno "Fabulous Destiny of Emmely".
Dialogauszug zur Überführung einer Brandstifterin:
Victor: "Das ist der Fingerabdruck auf der Anzünderpackung. Und das ist der Fingerabruck von Kirsten Stehr auf der Fernbedienung. Und jetzt kommt's:
[Pause, Computersimulation zeigt 99,89 % Übereinstimmung]
Hah, ich hatte den richtigen Riecher! Der Fingerabdruck auf der Anzünderpackung stimmt mit dem Fingerabdruck von Kirsten Stehr auf der Fernbedienung überein."
Clara: "Das heißt, dass Kirsten Stehr den Brand gelegt hat?"
Victor: "Ich wüsste keine andere Möglichkeit, wie sonst der Fingerabdruck auf die Anzünderpackung gekommen sein soll."
Dämliche Dialoge, die auch ein Leopard hätte schreiben können, erinnern an schlimmste Derrick-Zeiten; so ist es nicht verwunderlich, dass Fehlbesetzung Esther Zimmering als Radiomoderatorin Kirsten Stehr nur scheitern kann. Das fällt dann aber kaum auf in einer Mischung aus Sozialklischeedrama und Liebesproblemen der als Kommissarinnen untauglichen Ermittlerinnen, wobei der arg vorhersehbare Kiminalfall selbst im Hintergund verschwindet.
Vor echtem Leben strotzende Momente hat der Krimi dennoch, wenn sie auch aus einem anderen Film zu stammen scheinen: Der grandiose Jörg Schüttauf weiß in der Rolle des zornigen und mordverdächtigen Hartz IV-Empfängers Lars Rückert bestens zu unterhalten und rettet mit seinen intensiven Auftritten den blutleeren Langweiler aus der Mittelmäßigkeit: Einem seine gewünschte Wirkung erreichenden Wutausbruch setzt er zufrieden und schelmisch knapp hinterher: "Hat auch überhaupt nicht weh getan."
Dass der Opapa des hier gnädig unerwähnten Regisseurs einst Agent von Wilder und Bergman war, lässt am Fortpflanzungsritus Zweifel aufkommen.
Der "Lustige Graf Fäcker" (Peter Alexander Kraus) verweigert sich altjugendlich würdelos den Runzeln eines Jerry Stiller aus der Lach-mit-Schau "König der Königinnen". In seiner dritten "Fäcker"-Witzparade - angestachelt vom angestammten Sippenpersonal (Ruth Stephan, Gunther Philipp, Britta und Bettina vom Immenhof...) nebst tantrischem Blondnebenbuhler (Horst Janson) - bewährt er sich hier erneut mit Pipikackawitzen und Prügeleinlagen.
Das altbackene Komödchen verwendet John Williams' bekannte Mucke aus Spielbergs "Kiefer" und erfrischt sich mit ummen Witzen, wenn der Schwiegersohn dem BND-Schwiegerpapa (verlässlich wie immer: Georg Thomalla) mit kalter Hand an die Erektion geht, ein Einlauf erotisiert wird, ein Blag kotzt und Pupse Hochkonjuktur haben. Der angesteuerte Epilog gehört - vor dem wirklich üblen Abspann - dem Hollywood-Gaststar Dusty Hoffman als Kintopp-Philosoph Fips Asmussen: "Wir müssen zu den menschlichen Schwächen wie Pupsen und Popelwegschnipsen einfach stehen: Darum geht es im Leben".
Henri Guybet, der jüdische Chauffeur des Antisemiten Pivert im "Rabbi Jacob", entstammt wie Dewaere und Miou-Miou dem Café de la gare. Nach etlichen Nebenrollen in Klamaukfilmen hat Guybet mit der Cyrano-Nase hier seine einzige romantische Hauptrolle, die sich das Pseudonym Bergerac zulegt.
Guybet im Selbstzweifel als romantischer Held ist so verklemmt, dass darüber selbst Claude Jade schüchtern wird. Über eine Beethovensonate nesteln und erröten die beiden immerfort so bezaubernd, dass einige Albernheiten (an Regenschirmen herabschwebende Katzen) verziehen seien. Der doofe deutsche Titel ist anbiedernder Nähe zu den deutschen Paukerfilmen geschuldet, denn "Le Pion = der Bauer im Schachspiel" ist trotz viel Klamauk eine kluge moralische Fabel mit gelungenen poetischen Momenten.
Der edelste und pompöseste aller Schmonzettenkönige - zudem Fassbinders Idol - versucht sich im Psychothriller und enttäuscht mit billig langweilender Hitchcock-Kopie: Claudette Colbert wird reanimiert als omahafte "Gaslight"-Heldin mit 1 µm dünnen Brauen, der Don Ameche vergifteten Kakao serviert. Nie war einer der schönsten Männer jener Filmepoche, Robert Cummings als Colberts Retter, unsympathischer. Mit Kameramätzchen blendender Langweiler, der neben lustigen Nebenfiguren und Pomp nichts zu bieten hat.
Zwei der jungen Türken lassen die Bombe im Feindeslager hochgehen. Die Explosion zerstört Opas Kino und diese Revolution hat Folgen für die gesamte Filmgeschichte. Bauteile für die Bombenleger: 400 coups à bout de souffle.
Mit seiner Anklageschrift "Eine gewisse Tendenz" hatte Truffaut den Angriff gestartet, wurde von den Filmobersten in Cannes verbannt und nach seinem Siegeszug über die alten Männer mit "Sie küssten und sie schlugen ihn" zudem Godard dessen ersten Film geschenkt. Ein Dankeschön? Fehlanzeige.
Jene, die sich noch nicht mit der Nouvelle Vague beschäftigt haben, finden in dieser Schilderung von Emmanuel Laurent und Antoine de Baecque der Erneuerung des Kinos wertvolle Aufnahmen, die kostbar und bereits an sich sehr lustig sind. Im Berliner Babylon, das beim Kinostart ein gutes Dutzend Besucher zählt, wird gelacht, wenn Jean-Pierre Léaud die Brüste von Claude Jade zum besseren Unterscheiden Laurel und Hardy nennt - oder "besser noch Don Quijote und die kleine Dicke da Sancho Panza". Oder wenn er vor Madame "Monsieur" Tabard flüchtet.
Als Antoine (Léaud) im Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz seiner Christine (Jade) einen Flaschenöffner über den Finger streift, verblasst für einen schönen Moment im April 2011 jedes zirkushafte Londoner "kiss me Kate".
Wir erfahren aus dem Off die wunderbare Herangehensweise Truffauts an seine Schauspieler ("Sie ist tot", antwortet der kleine Antoine, wenn sein Lehrer ihn anschreit, was denn nun mit seiner Mutter sei - Léaud spielt es, als sagte er, "So, du Scheißkerl!"), die mit Sensibilität Leichtigkeit erzeugte. Im Gegenzug schildert Godards Ex Anne Wiazemsky, wie Godard seine Stars steif posieren ließ. Mit Léauds Gesicht, dem berühmten Schlusstandbild aus Truffauts "Sie küssten und sie schlugen ihn" beginnt und endet der Film.
Hier nun Truffaut, Godard - und der arme Léaud immer zwischen den einstigen Weggefährten, die zu Feinden wurden. Der Film verteilt die Sympathien klar zugunsten Truffauts - die Geschichte belegt es. Godard, der stets undankbare Neider will nur noch abrechnen und sei es zu Lasten des Films.
In einem Ausschnitt aus "Domicile conjugal" lässt François Truffaut dann auch Claude Jade zu Jean-Pierre Léaud sagen "Ein Kunstwerk kann keine Abrechnung sein, sonst ist es kein Kunstwerk" - doch als er diesen Film drehte, war die Freundschaft schon fast beendet. Drei Jahre später will auch Truffaut nicht mehr und schreibt Godard einen 20seitigen Abschiedsbrief. Doch der ginge zu sehr unter die Oberfläche von "Deux de la vague" und Emmanuel Laurent bleibt in seiner Bemühung dort stecken, wo er ankommen will: Bei jenen, die die Lippen ähnlich schmollen wie seine heutige Seitenumblätterin Isild Le Besco, die - so scheint es fast - zum ersten Mal in der Bibliothek der Cinémathèque sitzt. So führt er eine neue Generation an den filmgeschichtlichen Meilenstein heran, mehr aber auch nicht.
Der Film über zwei Filmemacher, die das Kino revolutionierten, von denen der eine - dem Kino verpflichtet - Unterhalter und Künstler blieb und der andere später stagnierte in Agitprop-Bildern und alle Welt Faschisten und Arschlöcher nannte. Und der dennoch in "Une femme est une femme" Anna Karina zuerst Jeanne Moreau nach "Jules und Jim" fragen und dann eine Charade von Marie Dubois, die Klavier spielt und schießt, erraten lässt.
Wer nach der Begegnung mit den beiden unter die sehr schöne Oberfläche schauen will, dem sei die Korrespondez Truffauts empfohlen - Godard kommt in "François Truffaut Briefe 1945 - 1984" auch zu Wort.
Kirgisenäugig, wurmstichig, zu "asiatischer Schlaffheit degeneriert" bleibst du Thomas Manns Clawdia nicht nur für Castorp, denn eiskalt abweisend bist du - eine kluge Schönheit - auch zu Doinel, als er 20 wird und du darüber mit einem Kurzfilm zu einer kalten Ikone jener Welle wirst.
Als eine der "les anciennes d'Antoine Doinel" hast du im Ausklang der Nouvelle Vague mit Christine darüber lachen können und nebenher berühren. Dieses Lachen hast du dir dann auch selbst in dein schönes Gesicht hineingeschrieben, Colette.
Zwischen Cousin und Cousine beibst du so ungeliebt, dass dein erster César Rollenklischee und Künstlerin versöhnt. Du bleibst die gewollt die zarten Männer verunsichernde Meisterin der Ironie,
Marie-France, geboren in Vietnam.
Wenn dem schwangeren Mann an sich 1972 bei einem Konzert von Mireille Mathieu übel wird, liegt's wohl am Braten in der Röhre oder - präziser - im männertypischen Spitzbauch.
Demys seichte Satire kehrt die Geschlechterrollen um, lässt Marcello die Mutter von Chiara werden - Ähnlich besteht ja, solang Catherine der Vater bleibt - und nutzt diese Chance zu etwas Konsumkritik. Die Gags auf die Werbeindustrie sind mitweilen recht gaga, Mastroianni und Deneuve spielen charmant, doch mit dem flotten Titellied von Michel Legrand kann die langweilige Geschichte nicht mithalten.
♫ de la fantaisie à gogo ♫
Tip an die Berliner: Nach TV und DVD heute abend ab 20h30 im Arsenal am Potsdamer Platz endlich auf der großen Leinwand.
EDIT: läuft erst am Samstag, 23.4. Da bin ich fort :'(
An behaupteter Emanzipationsprämisse scheiternd, steuert das Gruselspektakel dem gefürcheten Schmonzettfinale entgegen, doch wenn Tobias Schenke (hier mit Schwarzhaar-Fifi) irgendwann zu einem Mädchen wird (Karoline Herfurth), gelingt Dennis Gansel sein bester Gag.
Es geht um sterbliche Untote: Nina Hoss ertrank einst als Yella in der Elbe und selbst Kommissar Arved Birnbaums Assistent Nic Romm wurde vor geraumer Zeit in der "Lindenstraße" als Nastyas Zuhälter erlegt. Das fällt auch Max Riemelt auf, wenn er bei Romms neuem Schnauzbart verdutzt innehält, zurückschaut und sich berlinerisch an die Rotzrinne greift.
Ansprechend bebildert und in der Musikauswahl kinountauglich, weil im Ton nur auf DVD regulierbar, gönnt sich der Film zum Jux gelungene Frechheiten wie Anna Fischer, die von "Miriam" Hoss in den schlimmen 90ern zum gickernden Vampir gemacht wurde. Neben Fischer ist Nina Hoss unverzichtbar sehenswert in ihrem allerersten Popcorn-Film. Den Unterhaltungswert im jüngsten deutschen Vampirdramolett seit Herzog mindert Jennifer Ulrich als Charlotte: taucht nix, brennt aber gut.
Viele vermuten, "Rotkäppchen", "Aschenputtel", "Fau Holle", "Der gestiefelte Kater" und "Dornröschen" entstammten der Feder der Gebrüder Grimm - obgleich all jene Contes des fées etwa 100 Jahre zuvor von Perrault niedergeschrieben wurden. Mir selbst wurde Perrault erst über "Eselshaut" - besser über Demys Verfilmung -vertraut, die ich zuvor wiederum als die Inszest-Mär "Allerleirauh" der Grimms kannte.
Henry Fonda schurkt in der "High Noon"-Blaupause gegen Jimmy Stewart als angejahrtem Sheriff und Inger Stevens in Grace Kellys Rolle. Sie schlägt sich dann auch gut im großartig photographierten Schießerei-Showdown. Weckt die Westentaschenversion eines Klassikers oft den Einruck, Zinnemanns Original sei nachcoloriert worden, sind Fondas bedrohliche Begleiter Gary Lockwood und Jack Elam wie die Stars sehr charismatisch und ergo sehenswert.
Die Angaben des DVD-Anbieters sind kompletter Unsinn: "...zeigt sich, dass tödlicher Haß und erbarmungslose Kämpfe zwischen Geheimagenten von Ost und West sich nicht geändert haben."
Als Vor-Perestroika-Film gewürdigt, beschreibt "Teheran 43" den Versuch der Zusammenarbeit der Moskauer und Pariser Ermittler gegen Alt-Nazis und die von ihnen geleitete Terrorgruppe.
Zusammengehalten wird die zwischen zwei Zeitebenen - 1943 und 1980 - wechselnde Geschichte durch den alten Berufskiller Max, der im heutigen Paris seiner jungen Geliebten Françoise vom einst fehlgeschlagenen Attentat in Teheran berichtet, nicht ahnend, dass die junge Frau als Schläfer eigene Ziele verfolgt. Parallel dazu begegnet die junge Nathalie in Paris dem Russen Andrej, der einst mit Hilfe ihrer Mutter Marie das Attentat vereitelt hatte. Die große unerfüllte Liebe von Marie und Andrej ist dann auch Leitmotiv des Politthrillers mit einem betörenden Titellied, "Une vie d'amour" von Charles Aznavour.
Die deutsche DVD ist die um über eine Stunde gekürzte BRD-Version unter dem blöden Titel "Killer sind immer unterwegs", der sich auf ähnlich benannte Delon-Vehikel aus jener Zeit bezieht.
Formal ist das preisgekrönte Werk trotz der Verstümmelung noch immer beeindruckend: Immer wieder Gesichter hinter Glas und Erinnerungen wie aus einem Kindertraum. Und der philosophische Diskurs zwischen Marie und Andrej, ob denn die Vergangenheit mehr Wirklichkeit sei als die Gegenwart, tröstet vielleicht über das verstörende Ende hinweg.
Realistischer und fast dokumentarisch beschriebener Polizeialltag als echter Reißer. Mit seinen harten Bildern ein Vorreiter jener Filme, die Gewalt und Aggression in der Großstadt New York beschreiben. Die rasante Kamera ruht und rast faszinierend heruntergekommene Schauplätze ab und das Finale gehört der starken Inger Stevens.
Ein erneutes "Tatort"-Meisterstück nach "Sterben für die Erben" dürfte die so Grimme wie schelmische Dorothee Schön ("Die Sekretärin") abliefern, wenn es im Arbeitstitel bald mal hieße "Frau B. sagt nein" und Klara B. nur noch böse vorbeischaut, wenn ihr schweizer Kollege Reto Flückinger in Konschtanz ermittelt. Eva Mattes könnte sich dann als Klaras legitime Halbschwester Heidi Ret(r)o-Sympathien zurückerspielen. o.k.
In diesem ausgezeichnet geschriebenen SWR-Krimi, der an seiner üblen Hauptfigur krankt, steht Gesichtsmuskelanalyse mit scheelem ARD-Blick auf Privatfernsehgucker weit vor der Systemkritik: nach den für die Quote ausreichenden 45 Minuten darf das große Gähnen einsetzen. Klara Blum muss das Phänomen der Mikro-Expression mit aufgeblähten Nasenflügeln und hochgezogenen Augenbrauen überstrapazieren. Im Kiel der Tim-Roth-Mikro-Expression-Serie "Lie to me" aus einem Sender der RTL-Gruppe erklärt Heinz-Erhardt-Enkel und Telestar-Preisträger Marek E. als agressiver Seminar-Kotzbrocken den Blödianen um Klara Blum, dass zusammengezogene Augenbrauen auf Wut und ein schiefer Mund auf Verachtung schließen lassen und er darf dabei brüllen wie ein Pavian. Verachtenswerte Arschloch-Charaktere wie Marek Erhardts Professor Lorenz hat Frau Schön zuletzt gelungen um Senta Berger herum drapiert, doch die Figuren entfernen sich im ihrer Interpretation arg befremdlich vom Plot. Schön gibt der Ermittlerin alle Chancen. doch macht dank SWR "im Netz der Lügen" keine Gefangenen bei den durchweg missratenen bis warzigen Ermittlerfiguren. Wollen die Klara B. loswerden?
Hauptdarstellerin Karin Giegerich, eine ihren Lehrern alle Ehre erweisende Grotowski- und Brook-Schülerin aus dem Tessin, ist das große, vielversprechende Ereignis dieses "Tatorts". Die erste Hälfte und der konfuse Epilog des Krimis gehören ihr - und Regisseur Patrick Winczewski nutzt nach Giorgio Strehler die Hochbegabung dieser Schauspielerin für den spannenden Vorlauf um eine Richterin, die ihre Unschuld beweisen muss. Wenn Giegerich einer Attacke ausweicht, die der aufgebrachte Halbwaise Felix Roth (apart trotz kurz und dabei gut: Moritz von Zeddelmann) des von ihr entleibten Vergewaltigers - ergo Täters - auf sie unternimmt, überrascht die agilgrazile Künstlerin mit fulminater Kampfakrobatik.
Im Absinken in gedehnte Langeweile welkt der fulminante erste Teil der sehenswerten Geschichte eines Gesichts. Als Giegerichs unsympathische Gegner machen Klara Blum als scheinheilige Ignoranz-Walze und ihre festgesessenen Assistenten keine gute Figur, denn Krimiplot und Mörderbub (Abruf-Fratzen akkurat grimassierend: Matthias Freihof) sind von den ersten zehn Minuten an durchschaut.
Sobald die Richterin der Täter-Schusslinie entkommen ist, wird der "Tatort"-Zuschauer zur lichten Sommerzeit um 21:15 ermuntert, in Mirkoexpression die Mundwinkel und die Unterlider anzuheben, wenn auf Assi Beckchen ein verlogener Galan (funny face und kurz erfrischend: Patrick von Blume) angesetzt wird, den der inzwischen attitüdenkastrierte Assi Perlmann gaaanz langsam abservieren muss. Giegerich verharrt derweil im off.
In einem öffentlich-rechtlichen Krimi um eine grandios gespielte Richterin, die an ihrer Gerechtigkeitswahrnehmung zweifelt und der nun zurecht Unrecht widerfährt, etwas Justizkritik zu behandeln, etwa jene, dass im gruseligen Nachriegsdeutschland auch 2011 Täterschutz noch immer weit vor Opferschutz steht, kann einem SWR-Krimi aus dem schwarzbraunsattgrünen Stuttgarter Raum noch immer nicht passieren. Aber dieses Fazit ist dann eher an die Redakteure adressiert als an die hochbegabte Frau Schön, die um die inzwischen ekelhaften Ermittler herum wunderbar eindrucksvolle Figuren geschaffen und eine vor dem üblen Abgang gute Krimiidee für den recht ummen Provinzkanal SWR entworfen hat.
Inger Stevens - als hasserfüllte Geisel Emily - spielt wie immer grandios. Geschändet zurückgelassen, rächt sie sich an ihrem Peiniger im Nachhinein mit Schweigen. Der Krieg ist vorbei und niemand erfährt davon, also geht der Krieg weiter. Phil Karlson verneigt sich mit diesem modernen Western vor "Rashomon".
Befreite Ägypter staksen zum "J'ai deux amours"-Grammophon-Gesang der Baker durch das Fin de Siècle - als Mumien. Flugsaurier und Knuffelhund sind so kurz vor dem Epilogscherz bereits abgearbeitete Gag-Granaten.
Luc Besson, ein nie ernst genommener Kraftprotz, will endlich auch mal im cinéma français ankommen und versucht es hier mit einem gewollten Mädchenfilm, die sehr amerikanische "Amélie Poulain"-Optik übernehmend: einige hübsch anmutende Zitate zum Schnellvergessen, eine misarable Schauspielerwahl (der 60jährige Nercessian grinst unter der Latex-Greisenmaske agil wie ein Jungspund) und zudem eine TV-Wetterfee in der Hauptrolle, die sich mal tough und mal betroffen gibt, als wär sie ihr eigener zu rettender Zwilling. Ermüdend sind die vielen Karnevalskostüme der Mlle Bourgoin in Fatsuit oder mit angeklebtem Schnauzer in der erneuten Kraftmeierei von Besson, verlässlich wie immer ohne jeden Charme.
Nervös fährt Inger Stevens gegen die Zeit an in einem aufregenden Thriller, bei dessen Rasanz die Logiklöcher nicht stören. Neben Klettereien im Fahrstuhlschacht und einer Flucht der Notwehr-Mörderin Stevens im U-Bahn-Tunnel gibt es zudem um Oberschurke Rod Steiger klassisch gemeine Bösewichter (Neville Brand, Angie Dickinson und Jack Klugman). Leider schon lange nicht mehr gezeigt.