Jimi Hendrix - Kommentare

Alle Kommentare von Jimi Hendrix

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    Louis Feuillade entlarvt das männliche Gaffertum auf amüsante sowie wahrheitsgetreue Art und Weise.

    Der eigentliche Witz und Charme dieses Stummfilms aus dem Jahre 1908 ist nicht nur die gekonnt gefilmte Situationskomik, sondern vielmehr die Tatsache, dass wir Männer einem evolutionären Moratorium unterlegen scheinen.

    Frauliche Rundungen sind nicht nur aus aerodynamischem Zwecke hilfreich, sondern üben früher wie auch heute(!) noch eine animalisierende Wirkung auf den männlichen Körper aus.

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      Der hinterlistige Urgroßvater von UPPS! – DIE PANNENSHOW, nur ohne den fetten, lispelnden Moderator, sowie nervender Off-Stimme.

      Ein Drecksackfilmchen vor dem Herren, der klasse die Simplizität des menschlichen Humors zeigt indem er mit der Schadenfreunde spielt.

      Und wiedermal wird meine Sparte der Lächerlichkeit preisgegeben. Zum Glück ist das gesellschaftliche Bild im Wandel begriffen und wir sind jetzt nur noch die Mörder und/oder Liebhaber.

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      • 8
        über Getaway

        Mit lupenreiner Unterhaltung gespicktes Yankee-Raubeinkino. Hart, spannungsvoll und maskulin feuert Sam Peckinpah seine action-geladenen Schrotsalven aus der Kinoleinwand direkt auf den Zuschauer ab und zeigt uns aber zugleich eine irgendwie mysteriöse Tiefsinnigkeit(?).

        Sam und Jimi, das war nie eine große Freundschaft. Man grüßt und spricht oberflächlich miteinander, nimmt des anderen Pakete an, kurzum: man respektiert sich. GETAWAY änderte meine Sicht auf den bärtigen Amerikaner von der Westküste.

        Er erschuf ohne Zweifel einen prägender Meilenstein des Actionkinos, rasant und ohne Airbag. Wenn es knallt, dann bekommt man es mit.

        Doch unter dem harten Mantel der Gewalt, ist auch Zwischenmenschlichkeit zu erkennen. Fein dosiert, um den männlichen Zuschauer nicht unnötig damit zu belasten und zu verwirren. Ein leises Beziehungsdrama, in welchem eine Frau ihren Körper aus Liebe zu ihrem im Gefängnis sitzenden Mann opfert, aber dafür Misstrauen, Eifersucht und Gewalt erntet. Doch vielleicht bescheinige ich Peckinpah da auch zu viel des guten Willens.

        Im Großteil des Streifens wechseln sich gekonnt eingefangene Verfolgungsjagden, bleihaltige Schusswechsel und ein Raubüberfall ab und lassen - zusammen mit Quincy Jones' Soundtrack - angenehme Kurzweile aufkommen. Das ist sein Element, wo ihm tatsächlich nur wenige etwas vormachen können und auch die Härte trägt dazu bei, den Film ehrlich erscheinen zu lassen.
        Das Steve McQueen als Inbegriff des stereotypen Draufgängers genauso sein muss, wie auch Al Lettieri als verschlagenes Schlitzohr steht außer Frage.

        Dem ganzen Film wohnt außerdem die Suche nach dem amerikanischen Traum inne er ist allgegenwärtig. Der Traum vom schnellen Geld, was man durch Verbrechen teuer erkauft. Man geht durch Hetzjagden und findet sich auf der Müllhalde wieder, um letzten Endes doch zu gewinnen.

        Was leibt ist ein Stück piekfeines Männerkino aus meinen geliebten 70ern mit treuer Seele, Originalität und viel Herzblut, aber dennoch glattem Inhalt. Ein Klassiker mit Schwächen, doch ein Klassiker bleibt es.

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          Jimi Hendrix 25.01.2014, 15:12 Geändert 22.10.2019, 00:43

          #53 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

          "Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch!"

          Science-Ficktion und Art-Trash pur. Dynamisch, fantastisch, action- und ideenreich, farbengeschwängert, toll-dreist als auch sound- und filmtechnisch eine galaktische Perfektion, die Handlung bleibt da eher bescheiden geerdet zurück.

          DER PHANTASTISCHE PLANET trifft auf RAUMSCHIFF ENTERPRISE und THE HOLY MOUNTAIN - vermengt und erdacht aus dem Schädel eines chronisch sexuell unterversorgten post-pubertierenden männlichen Geschlechts. So ließe sich der Filmgrundriss grob umschreiben.

          Selten wurde mein absoluter Lieblingsfilm THE HOLY MOUNTAIN auf optischer Ebene so dicht bedrängt. Da wo Film alles aus seinen unbegrenzten Möglichkeiten ausschöpft fühle ich mich verstanden und beglückt. Handgefertigte Kulissen in denen Irrsinn und Aberwitz die Regentschaft inne haben und Detailverlorenheit, wie auch technischer Unfug keine Schimpfwort sind, sondern Lobeshymnen auf die freie als auch kreative Möglichkeitenausschöpfung. Da schlage ich ganze Purzelbaumwälder!

          Sobald die Kamera Barbarella(Jane Fonda) in lasziv-koketter Pose umzittert und wir ihrem schwebenden Universal-Körper beim Raumanzugs-Striptease anbeten dürfen, bin ich schon längst auf außerirdischem Unterhaltungsniveau, auf welchem geschichtliche Schwerkraft eine unnütze Beschwerung darstellt, es sei den, es handelt sich um den doppelplanetaren Vorbau unserer Heldin.

          Verstörend ungeniert treibt Roger Vadim seine naive Hauptdarstellerin durch abgedrehte Räume und Szenenbilder. Sie begegnet post-modernen Neandertalern, die ihr die wahre Lust am Sexhorizont wieder begreiflich machen, dem blinden Engel Pygar(eine Offenbarung: John Phillip Law), einer weiblichen einhörnigen Tyrannin, dem Lustorgelvirtuosen als auch Strahlenkanonier und Zielobjek ihrer Mission, dunklen Schergen(Bösewichte aus THE FALL) sowie dem aufrechten und verpeilten Revolutionsführer Dildano(David Hemmings).

          Die unwahrscheinlich superb vom Einfallsreichtum umspülte Odyssee der heißesten Agentin, seit es den flüssigen Erdkern gibt, wird musikalisch umschlungen von spacig-psychedelischem future-Klanggemenge in bester sum-brum-quitsch-Manier, Hauptsache elektronisch und antreibend. Stillstand verboten!

          BARBARELLAs Charme konnte ich mich nur schwer entziehen. Der Film bannt einen sofort und bleibend, oder eben gar nicht. Es ist grob trash chic, doch verdient dieser Streifen tatsächlich mehr ungeheuchelte Aufmerksamkeit, als ihm bisher zugebilligt wurde, denn alleine die neuartigen Effekte können locker mit Kubricks - im selben Jahr erschienenen - 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM mithalten. Und beim Anblick von Barbarella würde selbst HAL 9000 heißlaufen und abstürzen.

          "Wenn es irgendetwas gibt, was ich Ihnen geben kann, dann..."
          "Wie schön. Dann erlauben Sie mir doch... ich möchte mit Ihnen schlafen."
          "Mit mir schlafen?"
          "Ja."
          "Was äh, was fällt Ihnen ein? Sie kennen doch mein Psychokardiogramm überhaupt nicht!"

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            Der filmische Urknall, eine tiefsinnige und monumentale Parabel über die massenhafte Ausbeutung des Menschen im Zeitalter der Industrialisierung, sowie dessen sozialökonomische Gefahren.

            Die Lumières greifen in diesem Werk klar die Industrialisierung und deren folgen auf. Filmisch epochal ist vor allem der Anfang, wo sich das Tor der Fabrik stoisch nach links und rechts öffnet und die Menschen beginnen, aus der Fabrik zu strömen.

            Mit der ruhenden Kameraführung entfremden uns die französischen Pioniere das Wesen des Homo sapiens. Der Mensch ist nicht länger ein Individuum, sondern nur ein kleines Rädchen, der Mensch wird zur massenfabrikatierender Materie. Dies wird überdeutlich in der Hauptszene, wo ein Großteil der Arbeiter die Fabrik verlassen.

            Schonungslos wird hier auch erstmals die immer noch herrschende Klassengesellschaft aufgegriffen. Während das Gros der Arbeiter das Werk gegen Ende des Films zu Fuß verlassen muss und sie somit dem Proletariat zuzuordnen sind, gibt es hie und da auch Fahrradfahrende, welche dem Stand des Adels angehörig sein müssen.

            Wer genug Sitzfleisch mitbringt kommt in den Genuss einer raffinierten Anklage des Systems, ein Meilenstein!

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              Der Zauber, welchem PONYO inne wohnt, ist ein wunderschöner und herzallerliebst obendrein.

              Ich bin immer wieder von Hayao Miyazaki überrascht. Wie er es schafft, dass sich ein erwachsener Mann mit cineastischem Hang zur Ultrabrutalen und Horrorshow, Abends den Wecker stellt, um auf ARTE diesen rosa-farbenen Kinderfilm nicht zu verpassen UND sich seiner nicht mal schämt.

              Erster leicht rassistischer Pluspunkt ist sicherlich der japanische Stil des Anime, der vortäuscht soviel frischer und unkitschiger zu sein, als alles Nichtjapanische. Zudem kann man dem Regisseur ein gewisses Fingerspitzengefühl, was die Grenzen des Kitschs anbelangt, zugestehen.

              Zum Zweiten ist die Geschichte sicherlich nicht nur thematisch auf Kinderköpfe gemünzt, sondern regt auch philosophische Hirnbereiche bei Erwachsenen durchaus an, wie der generelle Bezug zur Naturgewalt und deren Umgang damit. Auch behandelt Miyazaki - zumindest am Rande - soziale Sorgen des heutigen Japans, in welchem sich die Überalterung der Gesellschaft zum allgemeinen Problem auszuwachsen droht.

              Das titelgebende Fisch-Mädchen aus dem Meer ist zuckersüß, sowie liebenswürdig gezeichnet und reiht sich - zusammen mit dem tapsig-aufgeweckten Jungen Toki - ein in eine lange Liste aus knuddeligen Wesen des H.M.-Universums.

              Auch baut er erneut auf selbstbewusste Frauen, nach wie vor keine Selbstverständlichkeit in Japans anchauvinisierten Familienstrukturen. Vor allem die Mutter Tokis gefiel mir in der Rolle der leicht verrückten und eigenständigen Frau, sowie der fürsorglichen Mutter.

              PONYO ist eine Geschichte über Träume und Sehnsüchte, genauso wie über Liebe zur Natur und deren besseres Verständnis. Alles im Grunde sehr abgedroschene Säulen, doch der Ausnahme-Animefilmer verpackt alles im verspielten und dennoch erträglichen Grundriss - ein Film für Jung und Alt.

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              • 6

                Die infantile Dinosaurierdame Gertie, aus dem zeichnerischen Gedanken keines geringeren als Winsor McCay, DEM Urgroßvater des Zeichentricks, macht selbst heute noch irgendwie Spaß.

                Welch ungeheure Magie und Faszination diese und ähnliche Werke aus der Zeit um 1900 auf die damaligen Zuschauer gehabt haben mögen, lässt sich nur erahnen.

                Zum Glück wurde McCay nicht als Hexer aufgeknüpft.

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                  Jason Eisener dokumentiert hier in grausamen Bildern den jährlichen Genozid am Nadelholzvolk, eine ewige Schande unserer heutigen Zeit.

                  Es ist wohl angemessen in Anbetracht dieses düstere Kapitels des prä-weihnachtlichen Brauchs einige Worte der Reue zu äußern, Reue von einem der dabei war. Ich war selbst lange höriger Täter. Als gelernter Baumschulist war ich mitverantwortlich für die Hinrichtung tausender Bäume. Mein Meister markierte die zu fällenden Bäume stets mit kühler und berechnender Mine und ich führte die Sägemaßnahmen als naiver Lehrling von gerade einmal 16 Jahren - unwissend welches Unrecht ich als Normalität begriff - aus.

                  Wir selektierten, beschnitten, kürzten. Danach netzten wir die geschlagenen Bäume, um sie ihrer sperrigen Wehrhaftigkeit zu berauben und effektiver transportieren zu können. In der Baumschule wurden sie gemustert und ihrem noch zuckenden Leichnam auf morbide Art und Weise einen monetären Gegenwert zugeordnet, ihr Tod wurde buchhalterischen, sowie wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet.

                  Unsere Kunden waren stets nervig, wählerisch und nie zufrieden mit der Nadelholzware. Unzählige Male ging ich mit ungeduldiger Kundschaft durch den Weihnachtsbaumfriedhof, um ihnen verschiedenste Exemplare zu zeigen - viele der Bäume waren noch im Todeskampf begriffen.

                  Der schreckliche Schlussakkord war das nochmalige Stammverdünnen. Mit einer stumpfen Kettensäge fräste ich die Haut der Bäume runter bis auf die Knochen, oder kürzte Füße, damit diese in die dafür vorgesehenen Ständer der Kunden passten.

                  Nach 4 Jahren der jährlichen Massaker-Beihilfe konnte ich psychisch nicht mehr und bin aus dem Beruf ausgeschieden.
                  Ich weiß, dass ich das zugefügte Leid an zehntausenden von Weihnachtsbäumen, seien es Fichten, Tannen, oder Kiefern, nicht wieder gut machen kann. Ich weiß, dass ich wahrscheinlich mein Leben lang unter dem Getanen und Gesehenen leiden werde, vielleicht liegt darin die Bestrafung.

                  Seit meinen Erlebnissen in der Baumschule - die normal ein Hort des pflanzlichen Lebens sein sollte - suche ich alternativen. Es gab auch bei uns im Betrieb löbliche Ansätze Weihnachtsbäume zum Beispiel samt Topf und Wurzel zu verkaufen, doch letzten Endes entscheidet immer der Kunde, er ist Befreier oder Henker.

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                    Was für ein schräger (Zebra-)Streifen - willkommen bei Zebra, Krabbe, Alien und Co im Yokohama-Zoo.

                    Ich hatte mal wieder Sehnsucht nach meinem japanischen Liebling Takashi Miike und somit beglückte ich mein Herz mit ZEBRAMAN. Eine für Miike verhältnismäßig unüberdrehte und ruhige Angelegenheit.

                    Ein autoritätsarmer Grundschullehrer(immer wieder auffallend: Shō Aikawa), der von seiner Familie - ähnlich wie in VISITOR Q, COLDFISH - nicht so recht respektiert und für voll genommen wird, entschließt sich eines Tages, in die Rolle seines früheren Serienheldens Zebraman zu schlüpfen. Natürlich samt gestreifter Strumpfhose, einem Umgang und Zebra-Iro.

                    Die Idee des Versagers im Superheldenmodus ist ein alter Hut, doch es wäre kein Miike-Film, wenn sich der Japaner dazu nicht seine ganz eigene Story zusammen spinnen würde, man darf also durchaus überrascht sein, 0815 erwartet einen sicher nicht. Die obligatorische Priese Witz findet sich auch hier passend eingesetzt wieder.

                    Dennoch hat der Film unübersehbare Schwächen, vor allem im Tempo und der Länge. Auch richtet sich ZEBRAMAN wohl eher ans jüngere Publikum, denn mir fehlte die exzessive Gewalt als auch Coolness schon ein wenig.

                    Man muss aber festhalten, egal wie quantitativ Takashi "Akkord" Miike Filme auf den Markt schmeißt, sie behalten alle ein gewisses Grundniveau. Meine Verehrung Mister Fließband!

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                      Jimi Hendrix 20.01.2014, 22:50 Geändert 22.10.2019, 00:53

                      #70 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                      Walerian Borowczyk kreiert mit seinem animierte Kurzfilm, über die automatisierten und mechanischen Abläufe in einem Konzentrationslager mit gesichtslosen Tätern, einen ganz eigene Sicht.

                      Doch seine Darstellungen sind dermaßen abstrakt, dass man im Grunde erst im letzten Drittel des Films begreift, um was er in LES JEUX DES ANGES überhaupt geht, insofern man die Inhaltsangabe nicht gelesen hat.

                      Das kann bisweilen beabsichtigt sein, da er durch die leblosen Animationen die Leblosigkeit dieses Ortes zum Ausdruck bringen könnte. Auch die Undurchsichtigkeit seines Themas durch die verfremdeten Zeichnungen ist vielleicht nur ein Stilmittel, um das Augen verschließen der damaligen deutschen Gesellschaft zu verdeutlichen.

                      Doch ist mir das Werk zu geknebelt und man weiß nicht, ob es nichts sagen kann, oder nichts sagen will.

                      http://www.youtube.com/watch?v=UQC2p_N35QA

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                        Jimi Hendrix 20.01.2014, 16:50 Geändert 22.10.2019, 00:53

                        #71 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                        Ästhetik bis in den Tod und darüber hinaus.

                        Das knapp 30-minütige Werk aus Yukio Mishimas Feder hilf dabei, zu verstehen, wie die japanische Seele zur Zeit des Tennō-Faschismus und dem folgenden Expansionskrieg im Pazifik beschaffen sein musste.
                        Diese uneingeschränkte Überzeugungs- und Willenskraft vieler radikaler und auch moderater Kōdō-ha-Anhänger, verpackt der ebenfalls nationalistisch eingestellte Mishima im Stile des konservativ-japanischen Nō-Theaters, mit schlichten Kulissen und einer schriftlichen Geschehenserläuterung.

                        YUKOKU behandelt die Ergebnisse des gescheiterten Putsches der militaristisch-traditionalistischen Fraktion des kaiserlichen Wegs. Dieser gilt als heimlicher Beginn der Radikalisierung Japans und der darauf folgenden imperialen Kriegsbestrebungen im pazifischen Ozean.
                        Nachdem der Aufstand niedergeschlagen wurde, kehrt der durch seine Niederlage mit Schande behaftete Militarist zu seiner Frau Heim, sie lieben sich noch ein letztes mal und begehen Seppuku.

                        Das langsame und zeremonielle Tempo des Werks entfaltet eine ganz eine Poesie. Jeder Handgriff wird bis ins kleinste Detail zelebriert, selbst der Tod wird zum Kunstwerk. Die Ästhetik triumphiert über das Leben.

                        Die politische Gesinnung des Regisseurs wie Drehbuchautors Mishima ist in kritischem Licht zu sehen, keine Frage. Doch YUKOKU ist meines Erachtens ein authentisches zeit-geistiges Fenster in eine fanatische und böse Zeit und hilft diese zu begreifen, ganz ohne sie zu verharmlosen.

                        http://www.youtube.com/watch?v=eJyzoFWNAy4

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                          "Jeder Mensch braucht ein Hobby." - "Welches ist Ihres?" - "Auferstehung."
                          Ach Gottchen..

                          Daniel Craigs Bondniveau bleibt sogar noch unter der tief-hängenden Nebeldecke der schottischen Highlands. Daran ändert auch die ungewöhnlich neue Handschrift des Sam Mendes nichts.

                          Als fanatischer Traditionalist, was die Figurengestaltung des berühmtesten Agenten seiner königlichen Majestät angeht, dürfte es wohl klar sein, dass ich kein glühender Anhänger des Proll-Bonds Craig bin. Klar war CASINO ROYALE mit diesem ganz neuen Typus Bond, der plötzlich fehlbar(!!) und ja sogar verletzlich(!), aber auch überbrutal und kompromisslos daher kam, ein erfrischend belebendes Experiment.

                          Doch nach dem dritten Film, in welchem James Bond nochmal eine Spur angreifbarer wirkt, hat sich das ganze langsam wirklich erschöpft. Man merkt Sam Mendes den unbedingten Willen sicherlich an, einen komplett anderen 007 zu kreieren, aber er scheitert schlussendlich an der Zwangsjacke des Konstrukts James Bond.

                          Das wird am ehesten an seinen Nebendarstellern deutlich, denn Ralph Fiennes und Javier Bardem schauspielerisches Vermögen, flehen ja fast darum, mehr Präsenz und Wichtigkeit in der Geschichte zugestanden zu bekommen, aber stoßen an die Grenzen der geschichtlichen Enge.
                          Was die weiblichen Nebendarsteller Judi Dench, Bérénice Marlohe und Naomie Harris anbelangt, so sind auch sie in ihrer Charakterauslegung ein herber Rückschlag. Leider gesteht man keiner der dreien eine selbstbewusste Rolle zu, die ja auch wirklich sexy sein kann.

                          Die Story diesmal inter-firmlich zu halten, mit Bösewichten aus dem eigenen Lager, war mir persönlich zu drögen. Ich liebe die klischeehaften s/w-Bösewichte einfach zu sehr, als dass ich auf den bösen roten Kommunisten als Russland, Nordkorea oder Kuba, sowie den afroamerikanischen Voodoobeschwörer verzichten könnte.

                          Alles in allem mehr als nur Mittelmaß, trotz Mendes gut gemeinten Gedanken, uns mal etwas ganz neues zu präsentieren.

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                            Jimi Hendrix 18.01.2014, 23:07 Geändert 22.10.2019, 00:47

                            #59 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                            Otmar Bauers Arbeiten heben sich im Gegensatz zu den meisten Aktionen des Wiener Künstlerzusammenschlusses etwas ab.

                            Seine Filme haben für mich durch ihre expliziten Darstellungen auch aus der heutigen Sicht nichts von ihrer Kraft eingebüßt.
                            Die Bilder der urinalen und synchronen Wasserspiele sowie den Maden im Intimbereich bleiben hängen, selbst heute noch.

                            Sicherlich brachen die universal-erotischen Bilder, verbunden mit der Freimachung des Ekels vor dem eigenen Körper nur dort verkrustete Denkweisen auf, wo der Boden sowieso schon aus politischer Ansicht heraus gelockert und beackert war.

                            Doch trat Otmar Bauer - der ja auch das Gesicht von Amos Vogels subversivem Filme-Lexikon ist - in großem Maße für Freiheit ein, auch wenn liberal-pädohile Teile seiner damaligen Vorstellungen im Zuge der 68er-Bewegung über das Ziel hinaus schossen.

                            http://www.youtube.com/watch?v=hthFfeIX8c0

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                              Jimi Hendrix 18.01.2014, 22:32 Geändert 22.10.2019, 00:52
                              über A Movie

                              #69 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                              Ein aus Filmausschnitten zusammengestelltes Sammelsurium historischer Aufnahmen unterlegt mit Orchestermusik.

                              Diese erstrecken sich von Wassersportaufnahmen, Autorennen, Naturaufnahmen sowie ethnische Gruppierungen bis hin zu Archivmaterial aus Kriegen, samt Bombenhagel, Massengräbern, Exekutionen und brennender Zeppeline.

                              Das alles musikalisch unterlegt mit Ottorino Respighis berühmten "Pines of Rome", gilt dieses Szenenkonglomerat des Bruce Conner von 1958 als früher Pionierfilm des heutigen Videoclips.

                              http://www.criticalcommons.org/Members/ccManager/clips/bruceconneramovie50deinterlaced.mp4/view

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                                Jimi Hendrix 18.01.2014, 17:13 Geändert 22.10.2019, 00:45

                                #58 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                Zu sehen bekommen wir nicht-narrative Geschehnisse um einen Frauenkörper, der mit allerlei Flüssigkeiten begossen und mit Blumen im Po geschmückt wird.

                                Es ist die einfache Form des provokativen Protests gegen das Establishment von Kurt Kren, aus dem Kreis des Wiener Aktionismus. Durch die schnelle Schnittfolge wird das Gezeigte zusätzlich verfremdet.

                                http://www.youtube.com/watch?v=kEJot3u1dnw

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                                  Jimi Hendrix 18.01.2014, 16:31 Geändert 22.10.2019, 00:47

                                  #60 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                  Von Wiener Aktionismus ist in DER GEILE WOTAN nicht viel zu sehen. Aus heutiger Sicht eher öde und nicht mehr ganz so wirkungsvoll.

                                  Ein Knäul aus nackten Leibern und teilweise mit Penisnasen im Gesicht, kopulieren mit in sich windenden und verrenkten Bewegungen.

                                  Ablehnung der monogamen Partnerschaft als Zeichen einer konservativen Muff-Gesellschaft - sowie deren Aufbrechung - sollte wohl das Ziel des Kurzfilms sein.

                                  Nach dem großartigen Titel doch eine kleine herbe Enttäuschung.

                                  http://www.youtube.com/watch?v=SksKxtVnMPg

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                                    Jimi Hendrix 18.01.2014, 14:14 Geändert 22.10.2019, 00:42
                                    über No. 4

                                    #52 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                    "Gib mir statt "der Schwanz" ein ander Wort, o Priapus, denn ich Deutscher, ich bin übel als Dichter geplagt.
                                    Griechisch nennt ich dich Phallos, das klänge doch prächtig den Ohren, und lateinisch ist auch Mentula leidlich ein Wort.
                                    Mentula käme von Mens, der Schwanz ist etwas von hinten, und nach hinten war mir niemals ein froher Genuß."
                                    - Johann Wolfgang von Goethe

                                    Da war Yoko Ono offenbar ganz anderer Meinung und widmet dem "von hinten" einen kleinen Film.
                                    Dabei könnte man das abfilmen verschiedener blanker Hintern als eine subversive Grundbotschaft deuten, der nackte Körper als Ausdruck von freiheitlicher Denke.

                                    Der Arsch ist dabei das unbekannte und tiefgründige Wesen, so dunkel wie geheimnisvoll und damit ständig lockend und anziehend, eine evolutionäre Tiebfeder.

                                    Doch leider sind die gezeigten Exemplare weder von männlicher als von weiblicher Seite schön knackig und damit für mich eher uninteressant.

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                                      Jimi Hendrix 17.01.2014, 19:54 Geändert 22.10.2019, 00:37
                                      über Ai

                                      #44 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                      Das erzwungene Lieben als folterähnlicher Zustand im Zusammenleben zweier Menschen - ein satirisch angehauchter Cartoon von Yōji Kuri.

                                      Eine Frau erzwingt sich in bedrängender und teils gewalttätiger Form die Liebe eines offensichtlich devoten Mannes. Die Liebe als etwas kontrollierbares und greifbares, etwas konservierbares funktioniert eben nicht. Die Liebe ist zwar langsam in ihrer wahrhaftigen Entstehung, doch verdammt freigeistig und stirbt in bedrängender Gefangenschaft.

                                      Wenn ich immer höre wie oft sich (vor allem junge Paare) mit den berühmten Worten "Ich liebe dich!" - meist noch mit dem unerträglichen Zusatz "Schatz" - zu pflastern, ja gerade zu bombardieren in multifrequentiver Art und Weise, kommt mir immer die Kotze hoch.

                                      Diese Worte werden zum ultimativen Indikator über den Status der Beziehung, ein unverzichtbares kommunikatives Selbstzweckmittel, da man nicht im Stande zu sein scheint, den gegenwärtigen Zustand seiner Beziehung auf zwischenmenschlicher Ebene zu erfassen und zu reflektieren.

                                      Kuri zeigt eben diese direkte Art, die Umklammerung, die im Besitzrecht für den anderen mündet, zur Willensunfreiheit bis sich der gegenüber wohl oder übel fügt.

                                      Mit dem Zeichenstil kann ich, wie auch schon in AOS, nicht viel anfangen, dafür überzeugt der kurze Film durch seine leicht humorvoll verpackte Thematik und deren Umsetzung.

                                      http://www.youtube.com/watch?v=3fOeZFK7eg8

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                                        Švankmajer belebt die Eindrücke einer Kindheit gleichsam wunderbar, wie fantasievoll zum animierten Leben.

                                        Ich kann mich nur immer wieder vor dem tschechischen Meister der Stop-Motion-Technik verbeugen, er bleibt für mich immer unerreicht.

                                        Vorgetragen bekommen wir nicht nur das zum Titel passende Gedicht von Lewis Carroll aus dem Buch ALICE IM SPIEGELLAND, sondern auch die dazu passende Entführung in eine groteske und traumartige Welt, in der Puppen kannibalisieren, Zinnsoldaten marschieren, ein Klappmesser Ballett tanzend Pirouetten schlägt und Schulaufgaben in die Produktion von Papierfliegern umgewandelt werden.

                                        Es wird die Entwicklung vom Kind zum Mann gezeigt. Wo im Schrank zu Anfang noch die kindliche Schuluniform hängt und immer wieder in Zwischensequenzen der Weg vom Gemalten zum Verstandenen/Erfassten durch ein Labyrinth vergebend gesucht wird, liegt bald die Kinderkleidung in der Ecke und ein Anzug mit Hut hängt im Schrank bereit.

                                        Die liebevolle Objektanimation mit sämtlichem Kinderzimmerbedarf sucht auch her wiedermal seinesgleichen.

                                        Auch die passend eingesetzte Filmmusik des legendären Zdenek Liska ist ein wahrer Genuss und verleit JABBERWOCKY eine zusätzliche Leichtigkeit und Verspieltheit.

                                        http://www.youtube.com/watch?v=na9ii4tEoWU

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                                          über Atman

                                          Als ein kunstvolles Strapazieren der Sinne, kommt Toshio Matsumotos Filmchen daher, welcher einen Oni – ein japanischer Dämon - in den Mittelpunkt seiner Betrachtung stellt.

                                          Ein wilder Reigen aus Bildschnitt, Zoomeffekten, und Drehbewegungen, der uns hier begegnet. Der Regisseur von PFAHL IN MEINEM FLEISCH spielt hier mit tripähnlichen Farbnuancen und der Zwischeneinanderlegung verschiedener Bildzusammenhänge, die einen mit fortlaufender Spielzeit zwar sehr anstrengt, aber auch irgendwie bewusstseinsverändernd sind.

                                          Die wirren Kamerabewegungen vermitteln einem ein Gefühl der rasenden Besessenheit und ziehen damit irgendwie den Zuschauer ins Bild und zum Dämon hin, der wiederum still und unbeweglich bleibt.

                                          Die hektisch-aufregende Terrormusik tut ihren Teil, dass einem die paar Minuten wie eine kleine Ewigkeit vorkommen, zumal eine Handlung nicht erkennbar ist.

                                          http://www.youtube.com/watch?v=MdcN8wDxT0Q

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                                            Kenneth Angers satanophiles Hauptwerk Lucifer Rising ist hypnotisch-manipulierender, symbolgeschwängerter und tiefgreifend-böser Okkultismus. Zusammen mit dem psycho-diabolischen Gitarrensoundgemenge des zum Tode verurteilten Bobby Beausoleil ist er einer DER Kultfilme der amerikanischen Gegenkultur, ein pyramidaler Meilenstein des Undergroundfilms der 70er!

                                            Kein anderes Werk Angers ist so sehr von seinem Kontakt zur magischen Sekte “Ordo Templi Orientis” gebrandmarkt und beeinflusst wie dieser Film. Vor allem der britische Flügel der O.T.O. unter der Leitung von Angers “Mentor“ Aleister Crowley, der auch esoterische Ritualmagie praktizierte und als schriftlich-gedanklicher Vater des Neo-Satanismus gilt, scheint in dem Film vielfach Eingang gefunden zu haben.

                                            Zu sehen bekommt der Zuschauer die sumerische Göttin Lilith (Marianne Faithfull) sowie die der ägyptischen Mythologie entnommenen Osiris und Isis, den Magus (Kenneth Anger) und Luzifer in einem psychedelisch-experimentellen Bilderrausch voll religiöser und anti-religiöser Materie, welche, unter anderem in der ägyptischen Kulturlandschaft, die Auferstehung Luzifers als geborenen Antichrist zelebriert und heraufbeschwört. Dabei ist jedes einzelne Bild eine Metapher für sich und ergibt zusammen ein surreal-bewusstseinsveränderndes Konglomerat aus wilden Bildeffekten und optischen Sinnesreizen. Und doch wird die Geschichte relativ frei und interpretativ erzählt, und zeigt uns die Lava ankündigenden Wehen eines Vulkans, welchen man als Geburtskanal des aus dem tiefen Dunkel des Erdkerns aufsteigenden Magus sehen kann. Die weitere Reise kommentiert Anger so:

                                            "A film about the love generation – the birthday party of the Aquarian Age showing actual ceremonies to make Lucifer rise. Lucifer is the Light God, not the devil – the Rebel Angel behind what’s happening in the world today. His message is that the key of joy is disobedience. Isis (Nature) wakes. Osiris (Death) answers. Lilith (Destroyer) climbs to the place of Sacrifice. The Magus activates the circle and Lucifer – Bringer of Light – breaks through.”

                                            Wie kein anderer Soundtrack hebt Bobby Beausoleil Lucifer Rising mit seiner musikalischen Ode des Bösen auf eine universell-berührende Ebene. Musik und Bild bilden hier die zwei Hörner des Teufels und durchbohren damit direkt Kopf und Herz des Zuschauers. Sicherlich ist Beausoleils Gitarrensound auch deshalb so ungreifbar freigeistig und gleichzeitig so durchdringend dunkel in seiner Wirkung, da der komplette Soundtrack zum Film im Gefängnis entstanden ist. Bobby Beausoleil, der im Dunstkreis der Manson-Family stand und in diesem auch zum Folterer und Mörder avancierte, wurde 1970 im Rahmen der Aufklärung der Tate-LaBianca-Morde ebenfalls zum Tode verurteilt. Er entging aber der Todesstrafe in der Gaskammer, genau wie Charles Manson, da diese 1971 abgeschafft wurde – ein Zufall?

                                            Da Jimmy Page – welcher zuerst den Soundtrack beisteuern wollte – absprang/gefeuert wurde, fragte Kenneth Anger den (immer noch) lebenslang in Haft sitzenden Beausoleil, ob dieser nicht den Soundtrack einspielen wolle. Zusammen mit anderen Insassen gründete Beausoleil das “Freedom Orchestra”, mit welchem er eben dieses progressive Monster der Filmmusik einspielte, in welchem sich schon damals revolutionäre Synthie-Elektro-Soundpassagen und Gitarrenriffs à la Muse oder Pink Floyd finden. Der Sound mutet – selbst für die damalig psychedelisch-progressiven Musikströmungen üblichen Klanggebilde – sehr ausdrucksstark und fesselnd an. Für mich eine der besten auditiven Filmunterfütterungen aller Zeiten, da zeitlos und immer wieder unglaublich seelenverspeisend beim Hören.

                                            Kenneth Anger drückte mit diesem Film den Zeitgeist und den Status Quo einer ganzen Subkultur aus und schuf mit Lucifer Rising – neben seinem zweiten bedeutenden Spätwerk Scorpio Rising – einen wahren Filmmorgenstern des New Age. Der tatsächliche Einfluss des Films reichte aber weit über die Grenzen jener Zeit hinaus und beeinflusste viele spätere Regiegrößen wie etwa einen David Lynch. Auch Musikgruppen wie Venom, Pagan Altar, Ufomammut und diverse andere Doom- und Blackmetal-Bands, sowie manche NWoBHM-Gruppen, beispielsweise Witchfynde oder Angel Witch standen unter dem musikalischen und filmbotschaftlichen Einfluss dieses Werks.

                                            Was von Lucifer Rising bleibt, ist ein Eindruck. Egal ob positiv oder negativ, es lässt sich nur schwerlich das cineastische Gewicht dieses Films bestreiten. Allein durch die technisch hervorgerufene Verfremdung des Mediums Film leistet Kenneth Anger einen teuflisch großen Beitrag, der sich bis in die heutige Musikvideolandschaft übertragen lässt.

                                            Der Film ist auf YouTube abrufbar, doch bitte schaut ihn euch nur abends mit laul aufgedrehtem Sound an und lasst euch entführen, nerven oder verschrecken:
                                            http://www.youtube.com/watch?v=-uUB20FwlqA

                                            “The joy of life consists in the exercise of one’s energies, continual growth, constant change, the enjoyment of every new experience. To stop means simply to die. The eternal mistake of mankind is to set up an attainable ideal.” – Aleister Crowley

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                                              Jimi Hendrix 11.01.2014, 16:09 Geändert 22.10.2019, 00:48

                                              #61 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                              Als nihilistisch, seelenspiegelnd und zutiefst misanthropisch lässt sich Kōji Wakamatsus bekanntester und zudem umstrittenster Film beschreiben. Er behält wenig Hoffnung für sich, nur die Kunst überlebt solch ein Martyrium und ergötzt sich während dessen am eigenen fratzenschneidenden Spiegelbild.

                                              „Es war einfach nicht ihre Nacht!“ - Richard Speck, nach der Ermordung von acht Krankenschwestern. Dieser wahre Begebenheit wendet sich VIOLATED ANGELS im Groben zu und behandelt vor allem die Belanglosigkeit mit welchem Richard Specks - der eigentlich nur einen Raubüberfall plante - die Frauen ermordete.

                                              Das Grauen dieses Pinku eiga liegt nicht etwa darin, dass ein Mann fünf Krankenschwestern foltert und tötet. Das eigentliche Grauen ist die Grundlosigkeit mit welcher es geschieht. Und um diese Grundlosigkeit der menschlichen Abgründe scheint sich Wakamatsus Film nach meiner Meinung zu drehen. Es ist eine der großen Fragen der Menschheit. Die Frage der jüdischen Kinder von Holocaustopfern. Die Frage der Eltern einer Mutter, die ihr Baby verhungern lässt. Es ist die Frage der Mutter, deren Kind von dessen Mann vergewaltigt wird. Es ist die Frage der Gesellschaft in welcher Schüler mit einem Sturmgewehr ihre Klassenkameraden und Lehrer hinrichten. Es ist die simple Frage nach dem Warum?

                                              Sicherlich ist vieles psychologisch erklärbar. Es muss erklärbar sein, sonst müsste man am grundlegenden Sein der Menschheit Zweifel anmelden. Zur Not ist die Person vom Teufel besessen. Doch sollten wir uns nicht von Zeit zu Zeit fragen, ob es nicht tief in uns allen eine bestialische und monströse Ader gibt?

                                              VIOLATED ANGELS liefert sich schnell dem Vorwurf der abscheulichen Misogynie aus und ohne Zweifel könnte man dem nur schwer etwas entgegenstellen. Doch wo soll man über humane und moralische Grenzen hinaus gehen, wenn nicht im Film? Ich denke kaum, dass dieses Werk jemanden frauenfeindlich werden lässt, der es nicht schon vorher war. Deswegen zählt für mich dieses gängige Totschläger-Argument vieler Kritiker nicht.

                                              Die Aufgeworfene Warum? Fragestellung verpackt Kōji Wakamatsu gewohnt kunstvoll und stilsicher. Zu erst sei da die unmittelbare Kameraführung, sowie die musikalische Begleitung zu erwähnen. Auch die - für diese Zeit - krassen psycho-horrorartigen Szenen haben einen ästhetischen und damit zum Gezeigten oppositionellen Charakter.

                                              Ich für meinen Teil bin froh, mir dieser Werk unbehaftet von thematischer Vorverurteilung angesehen zu haben und kann eine Sichtung empfehlen.

                                              http://www.youtube.com/watch?v=0stXdx2z-R4

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                                              • ich gucke eh nur homemade-zeugs mit echtheisgarantie. ansonsten guter aufreger!

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                                                  THE SIMPSONS im Krabbelgruppengewand funktionieren für mich irgendwie nicht.

                                                  Keine Ahnung, warum solch ein Konzept zur Oscarnominierung reicht. Die verdeckte Sozialkritik mag ja ganz löblich sein, aber ohne den gewohnt bissig-klugen Humor fehlt dem ganzen der satirische Elan.

                                                  Muss man nicht haben, stört aber auch nicht besonders.

                                                  http://www.youtube.com/watch?v=zoO0s1ukcqQ

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                                                    Jimi Hendrix 10.01.2014, 22:56 Geändert 22.10.2019, 00:34
                                                    über Hunger

                                                    #35 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                                    Wieder einer dieser schmucken und bösen Satirekurzfilme, welche die Konsumgesellschaft mit Leichtfüßigkeit auf die Anklagebank setzt und dafür sogar eine Oscarnomminierung erhielt.

                                                    Ich verliebte mich sofort in diesen revolutionären Kurzfilm im computeranimierten Gewand der 70er. Schlichte Zeichnungsformen werden hier in abstrakte und fantasievolle Bilderzählung umgewandelt.

                                                    Der brave Konsument steigt in sein Ich-definierendes-Auto und fährt damit erst zum kleinen Delikatessenladen, um sich dezent mit Essen einzudecken, dann weiter ins Restaurant, wo er in Svankmajer-FOOD-Manier sogar die Möbel vertilgt und gleich noch die heiße Kellnerin als Nachtisch mit nimmt. Schlussendlich deckt er sich im großen Supermark mit kofferraumfüllender Nahrung ein, um diese dann exzessiv zu fressen.

                                                    Als nette schwarzhumorige Schlusspointe findet sich der inzwischen maßlos verfettete Fleischklops in einer Albtraumsequenz unter dürren hungernden Kindern wieder, die sich an ihm laben - Vorsicht, hohe Cholesterinwerte sind übertragbar!

                                                    Die genialen Nuancenübergänge der Szenen sind äußerst gelungen und auch die situationsgebundene Musik schmiegt sich passabel in die rudimentären Zeichenszenen ein. Also kann man sich HUNGER als Freund computeranimierter Filme schon mal anschauen.

                                                    http://www.youtube.com/watch?v=vwU3UARE6yc

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