Jimi Hendrix - Kommentare

Alle Kommentare von Jimi Hendrix

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    Jimi Hendrix 21.11.2014, 18:34 Geändert 21.11.2014, 22:16

    Herzallerliebst dieses russische Kinderfilmchen.

    Doch es funktioniert nach meinem dafürhalten auch eher für Kinderaugen. So richtig wollte mich DER IGEL IM NEBEL also nicht berühren, mich faszinierte eher die handwerkliche Art, diesen Kurzfilm zu realisieren.

    Klar ist der Igel ultra knuffig und seine mutige Entdeckungsreise in die tiefen der Nebelbank voller Schönheit und Liebe inszeniert, doch muss man auch hier sagen: der großen Erwartungshaltung kann er einfach nicht gerecht werden, der kleine stachlige süße Fratz.

    Yuriy Norshteyns Animationsfilm sollte man sich ohne große Vorabinfo anschauen und erfühlen.

    Dennoch ist die Aufmachung der Geschichte, sowie die technische Umsetzung, eine feine Rarität des Detailreichtums und schon alleine deshalb in allen Belangen zum Sehen zu empfehlen.

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      Jimi Hendrix 20.11.2014, 12:47 Geändert 03.11.2015, 13:46

      Ein Film wie ein bunt angemalter störischer Esel auf Extasy. Er bäumt sich wild auf, wenn du ihn mit deinem Verstand aufzäumen möchtest und wirft dich wütend ab, sobald du unaufmerksam bist. Er entledigt sich eigensinnig der Last gesellschaftlicher Konventionen, welche auf seinem geschundenen Rücken nicht bleiben wollen. Ein kluges, anarchistisches Tier, einer der letzten Rebellen der domestizierten Zeit:
      i ah!
      i ah!
      i ah!

      Auf Shūji Terayama haftet lange schon mein geifernder Blick. Gestern dann bewegte mich die Magie der Mitternachtsstunde, sich den Film einfach mal aufzuklauben, wie eine reife vom Baum gefallene Frucht, die nie wieder besser würde schmecken können, als in diesem einen besonderen Moment.

      “When you think about it, a film can only live in the dark. When the lights go up like that, the world of the film is blotted out. In this film I dreamed of the human aeroplaine. After the shooting, when I go back to my room with all my moaning and groaning I dreamed, I dreamed of the human aeroplane.“

      Zum Inhalt bin ich nicht im Stande etwas genaues zu sagen. Die aus dem Internet übernommene MP-Inhaltsangabe erkannte ich zumindest nur sehr fantasievoll im Film wieder.
      Im groben handelt der Film von einem jungen Mann, den wir nur zeitlich ausschnittshaft auf seinem Weg des Erwachsenwerdens verfolgen, voller jugentlich-geitigen und emotionalen Wirrungen, zwischen Idol- und Gemeinschaftsgefühlsuche, den ersten sexuellen Erfahrungen, der leicht zerrütteten Familie und der linken studentischen Jugendkultur Japans.
      Das Ganze wird immer wieder durch psychedelisch-jazzigen Rocksound-Szenen aufgebrochen ähnlich einem progressiven Musikclip.

      Terayama ist wahrlich ein Meister des Bilderrausch, der visuellen Einfärbung in blau, purpur und grün. In vielerlei Hinsicht ein visionäres Werk und kreativ dazu, samt Penisboxsack und Fussballteamhure, er packt alles rein und ist, wie am Ende deutlich bestätigt wird, eine zumindest teilweise filmische Stil-Spieglung eines Polanski, Ōshima und Antonioni, obschon sich WERFT DIE BÜCHER WEG UND GEHT AUF DIE STRAßE in vielen Ansätzen (zum Glück!) deutlich von den Dreien emanzipiert.

      Doch so sinnesbetäubend der Film auch wirkt, so hat er in seinen beinahe 140 Minuten auch ein paar Unterhatungsdurststrecken, man verliert sich in manchen Szenen ein wenig zu sehr, doch das ist künsterlische Freiheit. Am Ende jedoch bekommen wir eine würzig-witzige Dekonstruktion des Illusionsmediums Film zu bieten, einfach klasse!

      „The Film ends here. Now it`s my turn to speak. …. the line between life and film disappeared.
      I no longer know what I've become.
      And in my dreams I was falling and falling, I don't know why.
      But even if I don't understand. I did fall.
      And as I was falling I thought: "There's nothing to hold on to."
      That's why I was falling.
      This is me speaking, after the clapper board goes.
      I speak words written by other people, in other peoples speechs.
      And while the camera turns, I call Mr. Saito "father".
      But bit by bit it becomes real.
      And Mr. Saito really becomes "father".
      Then someone says "Cut!" "Next scene". "Hurry up!" "Action."
      That's how it is.
      And you go on to the next scene.
      The next scene begins with another lie.
      The lie of lies.
      And between one „cut“ and another I am caught up under the cold February sky.
      This fantasy takes hold of me bit by bit.
      I can't go home on the screen any more.

      Polanski, Nagisa Oshima, Antonioni.
      All that is a world that disappears when the lights go up.
      You just try showing a film in board daylight on the wall of a building. Goodbye. I won't be back. A family for 28 days' shooting. A State only 28 days old.A father just for 28 days. 28 days of desillusion and anger. 28 days of ashes and hope. I`m taking off my costume and moving on somewhere else. A human aeroplane for only 28 days. A Tokyo life 28 days long. I loved Humphrey Bogart. I loved Cinemascope town shooting love scenes I loved Mr. Sukita, the cameraman, Mr. Terayama, the director, Mr. Usui, the assistant. I loved the whole of the world, but I don't love the cinema. Goodbye. Goodbye, cinema. Goodbye! Goodbye!!"

      Erneuerte Links:
      #1 http://www.youtube.com/watch?v=Ldv9_GaRoC4
      #2 http://www.youtube.com/watch?v=QazM8Eljq20

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        Jimi Hendrix 18.11.2014, 17:46 Geändert 20.11.2014, 02:54

        Spärlichkeit als Luxus des heutigen Kinos, unspektakuläre Nostalgie als Novum des Mediums Film und der vehemente Verzicht, alles immer zwanghaft erklären zu müssen sind Aki Kaurismäkis unverkennbare Handschrift. Geschrieben ganz ohne nervöses Zittern, ganz ohne Ausrufezeichen oder erläuternden Doppelpunkt.

        LE HAVRE ist wohl der perfekte Ort diesen Film spielen zu lassen, das stetige Kommen und Gehen der Gezeiten, die wie die Flüchtlinge von einer unsagbar großen Anziehungskraft der Hoffnung an die Küsten Frankreichs gespült werden, um dann weiter nach Großbritannien zu treiben.

        Kaurismäki greift die Schande Europas mit solch einem unaufgeregten Stoizismus auf, dass er damit die unvoreingenommene Haltung zu diesem schwierigen Thema quasi erzwingt. Das LE HAVRE in vielen Situationen wenig mit der Lebenswirklichkeit zu tun haben dürfte, ist nebensächlich. Eher scheint es um das einfache Glück zu gehen, ohne romantische Verklärung, Glück oder glücklich sein als etwas, was man nicht Begründen und Erklären sollte und schon gar nicht muss.
        Und so zeitlos Glück immer schon war, so aus der Zeit gefallen ist auch dieses Werk. Es besitzt eine Patina und Verschleißerscheinungen aus Jahren der Benutzung und dennoch behandelt es mit den Flüchtlingen ein Thema, was immer wieder präsent und heute so aktuell wie nie ist.

        Und nichts anderes hätte besser zu dieser Patina gepasst, als die kleinen halb-heruntergekommenen Gassen und Eckkneipen der Küstenstadt Le Havre. Mit Menschen, wie dem Schuhputzer Marcel (ausdrucksstark: André Wilms), die zwar wenig haben, dennoch aber in einer stimmigen Harmonie der nachbarschaftlichen Gemeinschaft leben und einander und anderen helfen.

        Noch ist LE HAVRE 5 Tage lang auf ARTE +7 kostenfrei ansehbar. Empfehlen würde ich den Film all jenen, die einen ersten Zugang zur Eigenwilligkeit des Aki Kaurismäki haben möchten, da dieser hier eines seiner positivsten Werken ist.

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          Jimi Hendrix 15.11.2014, 19:51 Geändert 16.11.2014, 15:21

          "Du kannst ab in die Kiste, oder raus auf die Piste, ist mir vollkommen egal, du hast die Wahl, Baby. Du kannst gehen, oder du kannst kommen, alles klar?"

          Unterhaltsamer Neo-Blaxploitationer. Black Dynamit(scheiße-pseudo cool: Michael Jai White), kann es locker mit seinen rassetypischen Latino- und Weißbrot-Brüdern im Geiste, Austin Powers und Machete, aufnehmen!

          Scott Sanders setzt diesem totgeglaubten Genre den Sly-and-the-Family-Stone-Defibrillator auf die schwarze Brust und mit einem kurz-knackigem Gospelchoral Dynamite!-Dynamite! erwacht der Titelheld samt Oberlippenbar wie von selbst zum Leben, als wären die 70er Jahre erst 35 Jahre her.

          "Ich weiß, was ich zu tun hab. Ich werde kämpfen und ich weiß auch schon genau wie. Schon als Kind wusste ich, ich kann nur eins und das ist kämpfen. Kämpfen, kämpfen, kämpfen und auch noch im Halbschlaf, habe ich weiter gekämpft!"

          Unglaublich schlechte Dialoge, kesse Miezen und fette Knarren bilden die Grundlage für einen sehr soliden und sarkastischen Hochgesang auf die gute alte Zeit, wo der US-Präsident noch weiß UND ein Arschloch war. Ja wo die Gesellschaft noch in einfach zu zeichnende weißen, gelben und schwarzen Klischees einzuordnen war.

          Das ein roter Storyfaden genauso wenig vorhanden war, wie Afros unter 30 cm war zu erwarten, ja sogar zu hoffen. Denn viel zu oft muss sich unser Titelheld mit wichtigeren Problemen wie dem Angriff auf den bbc-Mythos herum schlagen, da stört so was profanes wie ein raffiniertes Drehbuch nur und ist zudem ultra uncool.

          BLACK DYNAMITE ist letztendlich solide Action und stilsichere Genre-Hommage, nicht mehr, aber sicherlich auch nicht weniger!

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            Jimi Hendrix 12.11.2014, 23:59 Geändert 13.11.2014, 01:33

            65 Minuten lang kotzt und pisst die Kunst uns ins Gesicht, amputiert den Verstand, erdrosselt uns mit unseren zitternden Eingeweiden, jagt uns ihr kaltes blutiges Sperma tief in den Hals, bis uns dieser endlich vom zuckenden Körper geschnitten wird.

            Selten war ein Film so wenig Film und doch irgendwie Kunst. Sicherlich fühlt sich das Medium Film vergewaltigt und auf egozentrische Weise missbraucht, hatte es doch schon so viel Horror, Splatter und ZDF-Fernsehgarten über sich ergehen lassen müssen, doch dann kam Lucifer Valentine und nichts sollte so bleiben, wie es war...

            Was David Lynch in unseren Köpfen erzeugt, bekommt man von Lucifer Valentine in die Schädeldecke gehämmert, mit ausdauernden kräftigen Schlägen, die keinerlei erbarmen und Subtitität kennen.

            REGOREGITATED SACRIFICE hat meiner Meinung nach viel mehr zu bieten, als nur Kotz-Orgien und dumpfen Sadismus, Ich für meinen Teil kann dem Film seinen künstlerischen Wert nicht absprechen und die Emotionen die er manchmal in mir frei setzte nicht leugnen und möchte es auch nicht. Ich denke der Film ist oftmals zu ehrlich in seinen Absichten, worauf die meisten mit Ablehnung und Hass reagieren. Ich zumindest fühlte mich von dieser eigenwilligen Horrorshow bestens unterhalten, auch wenn eine Story dem Streifen noch den nötigen Schliff gegeben hätte.

            Was Lucifer Valentine hier schuf ist eine Wiederbelebung des subversive körperbezogenen Underground- und Experimentalfilms ganz im Geiste des Wiener Aktionismus.

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              Jimi Hendrix 11.11.2014, 12:12 Geändert 11.11.2014, 12:46

              Amüsant-verstörende Videokust, die Lynchs Eraserhead-Baby in der adoleszenten Sturm- und Drangphase zeigt, die begleitende "Musik" ist allerdings leider absoluter Dünnschiss.

              Chris Cunningham ist mir vor allem durch seine Musikvideos für The Horrors und Portishead ein Begriff. Dort funktioniert auch die angenehme Zweisamkeit von Clip und Musik.

              Doch da ist auch schon das Hauptproblem solcher Art Kunst, sie ist völlig abhängig von dem, was sie lancieren soll - der Musik und mit eben dieser konnte ich leider in keiner Weise etwas anfangen.

              Technisch weiß Cunningham aber in seinem typischen dunklen Stil zu überzeugen und erschafft die gewohnt kranke Stimmung durch wunderbar erschreckende Masken/Animationen.

              https://www.youtube.com/watch?v=eRvfxWRi6qQ

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                Jimi Hendrix 10.11.2014, 20:56 Geändert 22.10.2019, 00:45

                #57 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                Wakamatsus bösartiger Embryo frisst sich in unsagbar schöner Manier durch die dünnwandigen Schichten der menschlichen Seele ans Tageslicht. Da wo Erniedrigung und Machtausübung ihm die Hände reichen und ihn voll heimtückischer Bosheit freundlich willkommen heißen im Leben ohne Sinn.

                THE EMBRYO HURTS IN SECRET spielt in fast schon genüsslich ausgestellten Bildern mit einem Urthema des Menschen: der Machtausübung und ihres stets gefällig grinsenden Dieners, der Gewalt.

                Kôji Wakamatsu - DER Meister der ästhetisierten Gewaltdarstellung - stellt diesmal seinem Hauptdarsteller (glänzend diabolisch: Hatsuo Yamaya) einen zentralen Beweggrund an die Seite, welcher seine sadistisch brutale Energie katalysiert, die abseits des Geistes jener Zeit anzutreffen ist. In dieser Art ist der Film sicherlich ein Outlaw. Ein Gesetzloser ohne Gewissen und Moral, aber frei in allen Belangen - vogelfrei.

                Warum die Gewalt gegen Frauen, kann man fragen. Meiner Meinung nach begründet kein anderes Werk Wakamatsus es deutlicher als hier: Die Frau als etwas Leben gebendes, dominiert man die Frau, dominiert man das Leben, ja die Schöpfung. Hier aber eher die Frau als Täterin durch die Geburt(Mutter), die das Kind in ein sinnloses Leben befördert. In ein Leben, was im Grunde schlimmer ist als der Tod.
                Dazu flackert für mich beim Mann auch noch deutlich das nationale Thema der "verlorene Generation" auf, die Generation welche im Schatten der elterlichen Schande nach dem verlorenen Krieg Japans aufwuchs.

                Diese Grundmotive und die daraus resultierende Geschichte ist abermals im betörend künstlerischen Gestaltungsmantel gehüllt, der sich zum gezeigten Grauen der Handlung höchst bipolar verhält. Dem Spiel der Bildermontage, der fantastischen Musikauswahl, wo vor allem Hector Berlioz´ Songe d'une nuit du Sabbat zu nennen wäre, sind handwerklich fast keine Grenzen gesetzt, Filmkunst pur!

                Was ich ein bisschen schade finde ist die negativ-eingefärbte Inhaltsangabe zum Film hier bei MP, dadurch kann man sich das Werk nur befangen anschauen. Zudem teile ich die Vorwürfe gerade bei diesem Wakamatsu-Film am wenigsten.

                Ich kann THE EMBRYO HURTS IN SECRET schlussendlich viel abgewinnen, er setzt inhaltlich Akzente und ist optisch wirklich ein bahnbrechender Zeitgenosse, dem zu begegnen sich lohnt!

                https://www.youtube.com/watch?v=BpnUK5eeObk&index=1&list=PL8sCl598e4v6soksBc5XGosS2qTO46otT

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                  Jimi Hendrix 28.10.2014, 19:27 Geändert 22.10.2019, 00:22

                  #19 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                  „Gegenüber dem Erhängen endet jegliche menschliche Weisheit.“
                  - B. Traven

                  Ōshimas schwarzhumoriger Tanz auf dem Seil der Vollstreckung bietet eine Vielzahl dialogerarbeiteter Denkanstöße zum Thema Todesstrafe, ohne dabei zu sehr wertend und polternd die Moralkeule zu schwingen. Diese soll vielmehr im Kopf des Zuschauers geschwungen oder zerbrochen werden.

                  Mit gefühlloser Stimme aus dem Off werden wir sogleich eingeführt in das streng nach Protokoll ablaufende Ritual vor der Hinrichtung. Alles hat seine Ordnung, sogar - oder vor allem - der Tod. Tötung als ein bürokratischer Akt, peinlich genau und nach Vorschrift, denn nur so(?) kann eine Hinrichtung humanen Charakter behalten.

                  Die Vollstreckung beginnt. Der schlimmste aller Fälle tritt ein, eine Exekution schlägt fehl, der Mensch überlebt!
                  Schon allein dieser Anfangsaufhänger ist in seiner abstrusen Komik kaum zu überbieten. Die Henker leisteten "Erste Hilfe" und retten dem Verurteilten namens R (Do-yun Yu ) das Leben.
                  Der Erhängte hat zumindest körperlich überlebt, doch was ist mit seinem Geist, seiner Seele? Was ist, wenn der Geist den Körper verlassen hat, ist der Körper dann noch schuld-fähig und was ist mit den Urteilsvollsteckern, machen sie sich nicht bei erfolgreicher Ausführung ihrer Arbeit selbst zu Tätern?

                  Was danach folgt ist ein fesselndes Kammerspiel zu den Themen Schuld, Vorurteil, Gerechtigkeit und Manipulation, welches leidenschaftlich inszeniert wird, aber doch seine Längen hat. Ōshima unterstreicht bestimmte Szenen immer wieder mit der Tonspur der "Nürnberger Prozesse" und auch die Kriegsverbrechen der japanischen Armee werden angeschnitten, doch ohne zu scharfe Kantensetzung, man kann die Botschaft fühlen, doch auf dem Silbertablett wird sie einem nicht präsentiert.

                  TOD DURCH ERHÄNGEN ist mit Sicherheit eine der ungewöhnlichsten filmischen Verarbeitungen zum Inhalt Todesstrafe, doch würde ich den Film nicht komplett uneingeschränkt empfehlen, da er ein sehr eigenes Wesen besitzt.

                  https://www.youtube.com/watch?v=s9v0VT_ENUs

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                  • 7 .5
                    Jimi Hendrix 24.10.2014, 02:04 Geändert 24.10.2014, 12:03

                    MIND GAME und CRY BABY Küssen sich mit Zunge.

                    Dank des MP-Filmtipps wurde ich heute wieder mal seit langem am Fernseher gehalten. Dass triviale Highschool-Schmonzetten sich gut für die Exerzitien der Gewalt misshandeln lassen, wissen wir spätestens seit Brian de Palmas CARRIE.

                    Bill Plympton wartet jedoch bei weitem nicht so lange wie De Palma, um der heilen Welt des Abschlussballs den Garaus zu machen. Es werden schnell Eingeweide gekotzt, Talkvulkane spritzen ihre fettige Ladung ab und Tote erwachen zum Leben. Das alles passend abgerundet mit einem schönen Soundtrack und wirklich großartigen Sprechern!

                    HAIR HIGH ist knallig bunte Kreativität, im völlig überzogene Spiel mit den Klichees, ein kleiner Rausch in den feuchten Traum der amerikanischen Vorstadt-Adoleszenzbefallenen, den nur die Liebe überlebt.

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                    • 7 .5

                      Die sechs Jahre später erschienene deutsche Fassung Reginald Roses TWELVE ANGRY MEN bleibt sicherlich vom Niveau her hinter Sidney Lumets Filmdebüt hinterher, doch die grundlegende Thematik bleibt unterhaltsam.

                      Es stellt sich natürlich die Frage, warum man diesen Film nach so kurzer Zeit als deutsche TV-Produktion remaken musste, ist doch das Original so fabelhaft und eigentlich perfekt eingefangen worden.
                      Nun diese Frage stellt sich wohl bei den meisten neu aufgelegten Streifen. Aber man sieht hier deutlich, dass durch das kleine, spärliche Setting sowieso nur die Dialogfragmente und deren darstellerische Übertragung auf das Gewissen des Zuschauers von epochaler Bedeutung sind.

                      So verwundert es nicht, dass Günter Gräwerts DIE ZWÖLF GESCHWORENEN nicht signifikant schwächer sind, weil eben die schauspielerischen Leistungen sehr ordentlich sind, wenn auch sicher nicht voll überzeugend.

                      Interessant ist, dass obschon auch die deutsche Version einen amerikanischen Anstrich bekommen hat, dennoch die offenkundigen post-nationalsozialistischen Strömungen in der Gesellschaft leicht angeschnitten werden.

                      Schlussendlich muss ich feststellen, dass auch die junge deutsche Neuauflage super funktioniert, wenn man auch nach der Sinnhaftigkeit dieses Films fragen kann.

                      http://www.youtube.com/watch?v=kH1TiFUDJio

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                      • 7

                        Der litauische Film VANISHING WAVES ist sicherlich großes Kunstkino, aber wirkt auf inhaltlicher Ebene seltsam anonym, abweisend und verschlossen.

                        Alles Gezeigte bleibt hinter einem seidenen und durchsichtigen Schleier, einem Schleier aus Panzerglas. Ich sehe alles, aber fühle nichts.
                        Auf der anderen Seite des Schleiers wird gesprochen, doch ich kann nichts hören, es wird geschwitzt, doch ich rieche es nicht, es werden Körper vereinigt, doch ich spüre ihre Wärme nicht.

                        Inhaltlich geht es um einen Hirnforscher, der Mittels Signalentschlüsselung und -übersetzung geistig Zugang in die Gedankenwelt der sogenannten Quelle - eine sich im Koma befindlichen Person - erhält. Die Person entpuppt sich als rattenscharfe und willige junge Frau, die nicht viel redet, sondern eher sexuell sachdienlich in Erscheinung tritt. Er verliert sich in ihren fantastischen Bewusstseinswelten und süchtelt nach immer neuen Transmitter-Sitzungen, um sich an ihrer geistigen Vollbusigkeit gütlich zu tun und sie nebenbei aus ihrem Koma zu erretten.

                        Wie hier schon in ein paar Kommentaren angedeutet wurde, hatte auch ich große Empathieprobleme mit dem schlecht besetzten Hauptdarsteller Lukas(Marius Jampolskis). Er wird uns ziemlich schnell als unsympathischer und egoistischer Charakter präsentiert, der plötzlich all seine wissenschaftliche Manifestationen über Bord wirft, um sich in eigener Sache immer wieder in die neuronalen Welten seiner komatösen und dauergeilen Gespielin(schon verdammt sexy: Jurga Jutaite) einzuloggen.
                        Mir waren die Charaktere eigentlich von Anfang an egal und ihre Sympathie zu einander wirkte nicht ehrlich. Nun kann man sagen, dass sie ja auch nur virtueller Natur war. Doch ist deren Beziehung meiner Meinung nach eine der story-technischen Grundsäulen des Films, welche mit der fehlenden Identifikation marginalisiert wird.

                        Nun ist aber bei Weitem nicht alles schlecht. Was VANISHING WAVES geschichtlich verbockt, wird durch teils unvergessliche optische Erlebnisse wieder ausgeglichen. Mit ominösen(positiv gemeint!) Kameraschwenks, die dem Raum eine surreal andere Anziehungskraft verliehen. Mit dem Film FIELD IN ENGLAND ist dieser litauische Vertreter einer der visuellen Spitzen der letzten zwei Jahre. Auch der musikalische Einsatz ist hier positiv besetzt.

                        Mein Fazit zu dem Film fällt dann doch nicht ganz so negativ aus. Ich bin ohnehin kein Inhaltsfanatiker, sondern eher der visuelle Typus und von dem her, kann ich das Werk nur empfehlen. Wer tiefsinniges Kino à la 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM erwartet, wird aber herbe enttäuscht sein.

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                        • 8

                          Die strukturelle Analogie von urbaner und natürlicher Ästhetik, verpackt in einen zivilisationsskeptischen Themenmantel, funktioniert auf der visuellen Oberflächlichkeitsebene ebenso gut, wie auf philosophischer Tiefenerkenntnis unserer menschlichen Erdbildprägung. Unvergesslich und abnorm gut unterstützt durch die Filmmusik des Philip Glass!

                          Für mich ein ganz klarer Stimmungsfilm, welcher von der aktuellen Gefühlslage entweder zündet, oder scheitert. Die Zweitsichtung meinerseits lohnte sich allemal, wo ich doch bei der ersten Anschau oftmals im Begriff war, einzunicken.

                          Doch gleich vorneweg sehe und sah ich in KOYAANISQATSI nie ein über-visionäres Werk. In vielerlei Hinsicht greift Godfrey Reggio Themen auf, die Kubrick schon in 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM behandelte, wenngleich wertend neutraler und mit handelnden Personen. Nichtsdestotrotz wohnt diesem Film eine ungeheuer fantasievolle und feinfühlige Ader für Blickwinkelveränderungen inne.
                          Durch Ent- und Beschleunigung der ansonsten recht dokumentarischen und starren Filmsequenzen, ergibt sich eine verfremdende Wirkung alltäglicher Abläufe in Natur und Zivilisation.

                          Die ersten 15 Minuten sind eine kleine optische Offenbarung! Mit schnörkelloser Videokunst feiert KOYAANISQATSI den schöpferischen Habitus der Erde. Es hebt sich sanft die Schädeldecke und ich drehe den Sound auf, bis die Röhre dröhnt, ein echter Trip der das Sehzäpfchen tanzen lässt. Es folgt die Sinfonie der Großstadt.

                          Für eine ehrliche Kritik an der ausbeuterischen und naturfeindlichen Nutzung der Erde, sind mir die eingefangenen Bilder der menschlichen Handschrift zu schön und verzaubernd geraten. Er scheint vielmehr den künstlerischen Fingerabdruck in den Formen und der Dynamik der industrialisierten Welt herauszuarbeiten, mit Erfolg.

                          Oft wirkt die Stadt wie ein natürlicher Organismus, ein Ameisenhaufen, in dem es wild wuselt, in welchem Transportstraßen angelegt sind und alles agiert harmonisch und optisch unsichtbar gesteuert von einer Art Sachwarmintelligenz, das Individuum existiert nur für einen Bruchteil eines Augenblicks, für einen Wimpernschlag.

                          Doch wandelt sich das botschaftliche Gesicht des Films gegen Ende. Der Mensch im eigenen Laufrad der beschleunigten Zivilisation, manche bleiben auf der Strecke - die geduldeten, weil wirtschaftlich verkraftbaren Opfer des Wohlstands. Alles beschleunigt sich, bis der einzelne Mensch, das einzelne Auto, nur noch als undefinierbarer Strahl in einer langen Linie deutlich und existent ist und das Laufrad aus seiner Verankerung springt...

                          Mindestens die Hälfte des fühlbaren Milieus im Film messe ich der musikalischen Komposition bei. Es ist ein Sound fernab des Bekannten, ein Sound der sich ins Ohr ätzt und sich dort sehr, sehr lange fest fressen wird. Was Philip Glass dem Film gibt ist eine unschätzbare Metaebene, alles steht und fällt mit ihr - umso mehr, als dass vollkommen auf eine Erdzählerstimme verzichtet wird.
                          Auch unterstützt die Filmmusik das Thema: die natürlichen Chorstimmen variieren und kombinieren mit den höchst synthetischen Klangstrukturen.

                          Zusammenfassend würde ich KOYAANISQATSI ein wertvolles Prädikat zugestehen, da der Film zu expressiv, ungewöhnlich und assoziativ ist, um ihn komplett zu ignorieren. Die moralische Botschaft dahinter bleibt eher blass und dekonstruiert sich durch die gesamte Ästhetik selbst.

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                            Jimi Hendrix 14.02.2014, 23:50 Geändert 22.10.2019, 00:32

                            #32 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                            Das schmerzhafte Spiel mit den Erwartungen.

                            Robert Breer wählt hier, meiner Meinung nach, bewusst einen Titel, der eine narrative Handlung vermuten lässt um den Zuschauer aufs grüblerische Glatteis zu treiben.

                            Gerade die irrationale Kunst des Dadaismus findet sich hier deutlich wieder, doch die verspielten und wandlungsfähigen Zeichnungen geben mir irgendwie nicht viel.

                            http://www.youtube.com/watch?v=GDc__k-Zwx8

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                              Jimi Hendrix 14.02.2014, 20:46 Geändert 22.10.2019, 00:35

                              #39 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                              Ein rot eingefärbtes Traumgebilde auf der ewigen Suche nach dem achten Kontinent.

                              Überlagerte Bilder, die diffus und schemenhaft Konturen und Umrisse erkennen lassen. Ian Hugo lässt den versunkenen Erdteil in BELLS OF ATLANTIS eben genauso unklar und unentdeckt filmen. Vielleicht ein künstlerischer Versuch, die Unruhe der ewigen und erfolglosen Suche nach Atlantis kinematografisch ausdrucksfähig zu machen.

                              Traumartig, ungreifbar, aber auch etwas langweiliges Filmexperiment, trotz schöner Bild- und Klangwelten.

                              http://www.youtube.com/watch?v=HE-7qEftad8

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                                Jimi Hendrix 13.02.2014, 19:40 Geändert 22.10.2019, 00:22

                                #18 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                Ein finsterer und wirkungsreicher Markstein deutscher Filmgeschichte, auf dem kein Staubkorn zu haften vermag. Irgendwo zwischen bizarrem Gothic-Thriller, erster Weltkriegs-Parabel und narrativem Surrealismus.

                                Lange schob ich diesen, der leidigen Bedeutung des Pflichtwerkes wegen, negativ betitelten Klassikers vor mir her. Vornehmlich war dies meiner leichten Stummfilm-Phobie geschuldet, doch tiefer gehend ob der hohen Erwartung meinerseits an den Film. Doch da ich dem Einflussbereich meiner neuen Filmfreundschaft zu Solveig noch eine Stummfilmsichtung schuldig war und zufälligerweise ARTE dies Werk zeigte, blieb mir nichts anderes übrig.

                                Der düstern-strukturale Dunstkreis nebelte ungemein charmant ein und ließ mich meine Bedenken schnell irgendwo in den dichten Schwaden der expressionistischen Dunkelheit vergessen. Es passte vieles so gewagt und gekonnt ineinander, sei es die gigantisch schräge und entrückte Kulisse, die an eine grobe Werkschau Dalis erinnerte. Oder die schiefe und krumme Kulisse, die sofort - samt der dröhnenden Orgeleinsätze(omnipräsent-fantastisch: John Zorn) - als ein Spiegelbild der Handlung zu erraten ist, in welcher ebenfalls unerklärliche und schräge Dinge ihren Lauf nehmen.

                                In den Geschehnissen selbst fallen natürlich sofort Dr. Caligari(gruselig: Werner Krauß) und seine Willensmarionette und früher(erster?) filmgeschichtlicher Zombie Cesare(verstörend: Conrad Veidt) auf und ziehen den Bann auf sich. Die Geschichte an sich, hat heute an psychologischer Kraft eingebüßt, keine Frage, aber präsentiert sich dennoch ungemein verdreht und undurchsichtig, echt horrorshow!

                                Was mir bei dem aus den goldenen Zwanzigern kommenden Film ständig durch den Kopf ging, ist, ob DAS CABINET DES DR. CALIGARI nicht eine bewusste Verarbeitung des vergangenen Kaiserreichs und des verlorenen Krieges ist. Mit dem Doktor, der den krankhaften Militarismus und die streng hierarchische Befehlsgewalt (Wilhelm II, Hindenburg, Ludendorff) repräsentiert auf der einen Seite. Und seiner blinden, mit dem passend zu dieser Zeit erneut geprägten Begriff des Kadavergehorsams ausgestatteten, Exekutive Cesare, welche willenlos und ohne moralische Aufbegehren das Töten nicht zu verweigern weiß, sondern nur Befehle ausführt.

                                Tatsächlich stößt man bei Wikipedia auf Siegfried Kracauer, welcher ebenfalls diese Interpretation teilweise im Film eingebunden sieht.

                                Doch fernab diverser Deutungen, die in der Tat äußerst Interessant sind, kann der Klassiker auch ohne große politische Aussagen für sich stehen, für ein ganzes Genre des Horrors, des feinen Grusels und gekonnter Atmosphärenstapelung.

                                Es ist und bleibt ein unausweichliches Kulturgut, was sich zu entdecken lohnt, ganz ohne Zwang, ganz ohne Kadavergehorsam.

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                                  Jimi Hendrix 12.02.2014, 14:23 Geändert 22.10.2019, 00:36
                                  über Blazes

                                  #40 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                  Orgie der Faszination - in drei Minuten zum stellaren Kul­mi­na­ti­ons­punkt.

                                  Die wilde Bildercollage des Robert Breer zeigt jedem das, was er sehen möchte. Durch die schnelle Abfolge von visuellen Form- und Farbreizungen bildet sich schnell ein unkontrollierbarer Assoziationsfluss im Hirn.

                                  Immer wieder steht - für mein Auge sichtbar - ein Mensch im Hintergrund der Bilderwellen, vielleicht mein Ich. Außerdem drücken die Zeichen und Formen etwas sexuelles aus, ich sehe eine Phallusparade, einen Aufmarsch der unterschiedlichen Längen, Krümmungen und Farben. Zwischen drin sehe ich vaginale und anale Penetrationszielobjekte.

                                  Für mich ist es Kunst und kann nicht weg, da es mir eine persönliche Erweiterung meines Sinneseindrucks und daher von Wert.

                                  http://www.youtube.com/watch?v=KihyCpyGKW0

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                                    Jimi Hendrix 10.02.2014, 23:46 Geändert 22.10.2019, 00:31

                                    #30 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                    Intensiver dadaistischer Bildersog aus der Frühzeit des Experimentalfilms.

                                    "Alle Energie fließt den Launen des großen Magneten gemäß..."
                                    - Hunter S. Thompson

                                    Der Konzeptkünstler Marcel Duchamp spannt das Medium Film in ANEMIC CINEMA wunderbar als Zugpferd visueller Mobilmachung ein. Der Film als sinneseingreifende und höchst körperhafte Erfahrung.

                                    Man fühlt sich angesaugt, hingezogen, wie zum Geburtskanal oder dem Tunnel der Nahtoderfahrung.

                                    Leider chiffrierte der Zwischentext in französischer Sprache mir dessen Inhalt und deswegen empfand ich ihn ein wenig störend, da man immer wieder den hypnotischen Formdrehungen entrissen wurde.

                                    Ansonsten ein wunderbarer Beweis, zu was Film in der Lage sein kann, wenn man nur dessen Möglichkeiten voll auszuschöpfen weiß.

                                    http://www.youtube.com/watch?v=18xn9z20ihU

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                                      Müll und Kunst, die Wegbegleiter unserer Zivilisation. Ihre kreative Vermählung zur Junkart filmisch für immer eingefangen durch Chris Markers kleine Collage.

                                      Abgewrackte Skulpturen, die direkt dem Burning Man Festival entsprungen sein könnten, zusammen geschustert von ideenreichen Urhebern, Recyclern. Die aus dem Dreck der Menschheit Kultur erschaffen, temporär und vergänglich, wie auch der einzelne Mensch.

                                      Chris Marker zeigt in den frühen 80ern, was heute ein absoluter Trend ist: Müll in jedweder Weise sinnvoll nutzen.

                                      http://www.youtube.com/watch?v=9ymKAhoXyPA

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                                        Das hoffnungslose und düstere letzte Röcheln eines Illusionisten, eines Träumers, der bis zuletzt versucht seine humanistische Grundhaltung zu bewahren, doch letzten Endes daran zerbricht.

                                        Kobayashis fulminanter Abschluss seiner Höllen-Trilogie entkleidet die menschliche Seele und präsentiert sie uns als nacktes und abgemagertes Konstrukt. Es bleibt nicht viel übrig an Hoffnung, an Glaube und Liebe.
                                        Vielmehr werden diese drei zu blutbefleckten Tätern am Leid des Hoffenden, Gläubigen und Liebenden. Den es sind die stärksten Antriebsfedern, die alles überdauert und zu allem befähigen.

                                        "Wenn wir verlieren, dann wird unser Vaterland ausradiert! - Vaterland? Das Vaterland, dass du kanntest ist tot! Und das ist auch gut so.."

                                        ...UND DANN KAM DAS ENDE zeigt deutlich auf, dass es Kobayashi nicht primär um einen Antikriegsfilm ging, er zeigt uns vordergründig die Psychologie des Menschen und den Widerspruch in dieser. Der Mensch als Sklave seiner eigenen Überzeugungen, die meistens alle in einer unnatürlichen Diskrepanz zum Überlebenswillen stehen. Oder andersherum zwar das eigene Überleben sichern, aber den Humanismus in sich dafür töten. In jedem stirbt etwas, entweder der Körper oder das Gewissen.

                                        Seien es die fanatisch bis zum letzten Mann kämpfenden japanischen Restverbände, die hingerichteten Deserteure, die sich prostituierenden Frauen, die japanischen Aufseher in den russischen Gulags, oder eben der Hauptcharakter Kaji, der gegen jede Vernunft, nur durch die Liebe zu seiner Frau getriebene, sowie seinem Humanismus-Gedanken in den unvermeidlichen Untergang läuft.
                                        Alle unterwirft Masaki Kobayashi diesem Antagonismus aus Überzeugung(Hoffnung, Liebe, Glauben) und Überlebenswillen.

                                        Im letzten Abschnitt der Trilogie zeigt allen voran der ständig im Fokus stehende Tatsuya Nakadai in der zentralen Rolle des Kaji eine erneute Steigerung seiner Leistung, da er dem Gerüst deines Charakters ganz neue (schlechte) Seiten hinzufügen musste und dies in den entscheidenden Momenten glaubhaft und schauspielerisch grandios vermittelte.

                                        Auch das glänzende Spiel mit Kameraeinstellungen und Bewegungen zieht sich wie ein roter Faden durch die drei Filme und wertet diese auf.

                                        Enttäuschend empfand ich die musikalische Begleitung, die den Bildern oftmals - ob ihrer Deplatziertheit - nicht würdig waren. Eine schwache Leistung des Komponisten Chūji Kinoshita, der dadurch so manche Atmosphäre und Stimmung musikalisch zerlegte.

                                        Kobayashis Monument kann bei mir aber nicht zum absoluten Meisterwerk erhoben werden, da mir viele historische Darstellungen im Bezug auf japanische Gräueltaten zu sehr umschifft wurden. Man hatte oftmals das Gefühl er möchte den japanischen Zuschauer nicht unnötig belasten.
                                        Lieber spricht man von japanischen Zivilisten, die von den bösen sowjetischen Soldaten vergewaltigt worden waren oder konzentriert sich auf die internen Probleme der japanischen Armee, das passte irgendwie nicht in den neutralen Kontext des Films.

                                        Doch Zusammenfassend hat BARFUß DURCH DIE HÖLLE viele große Momente des Kinos geschaffen. Es mag überblickend ein sehr pessimistischer Film sein, doch es zeigt einen offenen und ungeschönten Blick auf das Innerste im Menschen und macht sich somit unverzichtbar für den japanischen Film.

                                        "Wenn ein Land besiegt ist, sind die Frauen immer die ersten Leidtragenden."

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                                          Sicherlich einer DER progressivsten Horrorfilme. Mit für diese Zeit stilprägende Elemente des Splatter- und Goregenre, aber nichtsdestotrotz mit massiven geschichtlichen Anlaufschwierigkeiten.

                                          Furchtbar unwillig, furchtbar interessant, furchtbar innovativ. Damit ließe sich Nobuo Nakagawa Werk ganz treffend beschreiben. Es handelt sich hierbei sicherlich um einen äußerst depressiven und hoffnungslosen Film, voller unlogischer und konstruierter Zufälle und stoischer Verschlossenheit. Die Schuld als etwas menschliches, als etwas unausweichliches, wenn man lebt.
                                          Die Schuld im Krieg, die Schuld in der Liebe, die Schuld in der Existenz. Nobuo Nakagawa scheint selbst die Unschuld anklagen zu wollen, da das Annehmen seiner eigenen zumindest bewussten Unschuld auch schuldig macht. Wir sehen uns also alle in der Unterwelt wieder!

                                          Im ersten real-weltlichen Abschnitt ist Shiro an einem Unfall, mit anschließender unterlassenen Hilfeleistung, samt Fahrflucht beteiligt(Beifahrer) und leidet fortan an der aufgeladenen Schuld, seine psychische Hölle beginnt somit schon zu Lebzeiten, der er wird von seinen Schuldgefühlen getrieben. Das Schicksal ist unmissverständlich gegen ihn und sein Umfeld säumt im Anschluss der Tod - in Form von abstrusen Morden, lächerlichen Unfällen und unglücklichen natürliche Gegebenheiten.

                                          Der zweite Filmabschnitt, in welchem Shiro schlussendlich und unweigerlich selbst in die Hölle kommt, samt seinem ganzen Umfeld, ist wiederum einzigartiger Arthouse-Horror vom Feinsten. Ein dunkles Theater des Grauens, mit verblüffenden Effekten und mysteriöser Kulisse. Ein Soundtrack der Schreie begleitet uns nun und es wird gefoltert, zerhackt, gestochen und gequält, was die Technik hergibt, eine revolutionäre Glanzleistung der handwerklichen Inszenierung und Atmosphären-bildung.

                                          JIGOKU kann man ohne jeden Zweifel als ein Orientierungswerk bezeichnen, was heutige japanische Größen wie Takashi Miike und Shinya Tsukamoto zu ihrem Beeinflussungsbereich zählen kann.

                                          Was am Ende bleibt, ist eine lange und anstrengende Wartezeit mit vielen narrativen Temposchwächen, doch guter Kameraarbeit, bis dann endlich die Höllen-Episode als faszinierend-brutaler Schlussakt noch einmal alles raus reißt, um den Film noch auf ein wirklich sehenswertes Niveau zu hieven.

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                                            über Living

                                            Wundervolles kleines Kammerspiel aus den Niederlanden, über eine Wohnungsbesichtigung der ganz anderen Art, mit exzentrischer Kameraführung und gutem Sound.

                                            In diesem kleinen Avantgardefilm zeigt sich wiedermal die Macht der Kameraarbeit als famoses kunstbildendes Mittel. Wie schon in der Treppenszene von MESHES OF THE AFERNOON - einem frühen und berühmten Vertreter des Genres - wird auch hier stark mit surrealen Bildblickwinkeln und Einstellungsschwenks gearbeitet, die ein Gefühl des Schwindels und Taumels aufkommen lassen.

                                            Was heute durch Benoît Debie in ENTER THE VOID oder IRREVERSIBLE fantastisch und meisterhaft in drehenden und schwankenden Kameraperspektiven eingefangen wird, nimmt in Zwartjes LIVING erste progressive Züge an, das Handwerk der Kameraarbeit über gewisse Grenzen hinaus zu benutzen, um Situationen und Bilder zu entfremden.

                                            Welche Absicht der Film als Botschaft inne hat - in welchem ein blass gepudertes und halbelitäres Paar(Frans Zwartjes selbst, nebst Gattin Trix) in einer leeren ebenfalls weißen Wohnung umher irren - bleibt dem Zuschauer überlassen, aber sehenswert ist er allemal.

                                            http://www.youtube.com/watch?v=XpkPHmmsSVk

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                                              Metaphysik auf dem Hochhausdach.

                                              Fremde dringen in dich ein. Du spürst sie nicht, denn du hast deinen körperliche Hülle schon seit geraumer Zeit verlassen. Du schaust auf dich herab, dein Körper bleibt regungslos liegen. Gelähmt von der Bedeutungslosigkeit der eigenen Gefühle, lediglich der Tod scheint ein anziehender Akt zu sein, dein Interesse an ihm wird größer, wie auch die Blutlache zwischen deinen Beinen...

                                              Kôji Wakamatsu wird mir immer sympathischer, seine Filme dagegen immer unzugänglicher. Sex und Gewalt sind dabei seine zentralen Projekte. Der kontroverse Regisseur gießt diese zwei Themen stets in unterschiedliche filmische Negativabdrücke und schafft somit auch immer neue Ausdrucksformen dieser Themenanalyse.

                                              Wir sehen ein Mädchen, was Opfer einer (erneuten)Gruppenvergewaltigung wird, anstatt zu fliehen, verharrt sie am Ort des Grauens. Sie scheint in einer Zwischenebene ihrer Existenz zu schweben. Eine Existenz, in welchem ihr der Sinn ihres Seins unergründlich ist. Nur der Tod übt eine Sehnsucht auf sie aus.
                                              Wir sehen einen Jungen, welcher der Vergewaltigung als passiver Zaungast beiwohnte. Er ist ebenfalls Opfer sexueller Gewalt und ist durch diese zum Gewalttäter, ja zum Vierfachmörder geworden. Er möchte das Mädchen und ihre Lebensmüdigkeit ergründen, doch ihre Sehnsucht nach dem Tod nicht befriedigen. Das Mädchen wiederum möchte den Jungen sexuell befriedigen, doch diesem ist es unmöglich.

                                              Diese gegenübergestellte Komposition von Diskrepanzen und Parallelen der zwei Hauptdarsteller ist inhaltlich tatsächlich höchst interessant und vielschichtig, auch wenn GO, GO, SECOND TIME VIRGIN trotz seiner kurzen Laufzeit ein paar Durchhänger hatte.

                                              Doch da Wakamatsu seine Werke üblicherweise immer mit sehr viel Ästhetik zur gezeigten Gewalt umsäumt, ist er vordergründig ein wahrer Augenschmaus. Dazu begleitet von einem wundervoll jazzigen Avantgarde-Soundtrack von Meikyu Sekai, wundere ich mich ein wenig, warum Kôji Wakamatsu in der neuen japanischen Welle etwas untergegangen zu sein scheint, zu unrecht wie ich meine!

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                                                "Diese Männer sind wie Sprungfedern, je stärker man sie zusammen drückt, desto heftiger schnellen sie zurück."

                                                Im zweiten Höllen-Teil packt uns Kobayashi hart am Arm und zerrt den Zuschauer in Kajis(Tatsuya Nakadai) unmenschlichen Soldatenalltag. Da wo im ersten Film noch interessante psychologischer Studien zu zwischenmenschlichen Intriegenschmidungen innerhalb des Arbeitslager abgeklopft werden, ist die Handlung nun etwas eindimensionaler und gewinnt in Folge dessen an storymäßiger Stringenz, aber verliert leicht an Tiefe.

                                                Es ist für uns kaum erahnen, welch ein gewagtes Novum BARFUß DURCH DIE HÖLLE zu seiner Zeit gewesen sein muss. Selbst heute noch schweigen weite Teile der japanischen Politik und Gesellschaft, ob der Vorkommnissen im damaligen tennō -faschistischen Kaiserreich. Dass Masaki Kobayashi sich schon 15 Jahre nach der - für viele schändlichen - bedingungslosen Kapitulation Japans, an die historisch äußerst genaue Verfilmung wagt, ist bewundernswert und war im damaligen Kontext eine wichtige filmische Notwendigkeit zur Aufarbeitung japanischer Kriegsvergangenheit.

                                                Die Geschichte setzt an, als Kaji seinen Militärdienst antreten muss, zur Verteidigung des von Japan besetzten Marinetotenstaates Mandschukuo und endet mit der Operation Auguststurm, in welcher sowjetische Truppen in einer Großoffensive die kaiserlich-japanischen Streitkräfte zurückwerfen und somit – neben dem Abwurf der Atombomben - Japan zur endgültigen Kapitulation zwangen.

                                                Kobayashi fokussiert sich dabei weniger auf das direkte Kampfgeschehen mit dem Feind, sondern zeigt sehr detailliert die Gruppendynamik innerhalb der Armee. Vor allem der harte Drill, der Terror durch „Kameraden“, der bedingungslose Gehorsam und eine strenge Hierarchie lassen die psychologischen Schwächen einzelner Soldaten schnell zu Tage treten. Kaji muss in diesem Klima feststellen, dass Humanität selbst zwischen den eigenen Kameraden im Krieg schnell bedeutungslos und lebensgefährlich sein kann.

                                                DIE STRAßE DER EWIGKEIT ist vorrangig eine Anklage gegen den fanatischen Militarismus und die Peinigungen des einfachen Soldaten. Masaki Kobayashi zeigt keine Massenvergewaltigungen an mandschurisch-chinesischen Frauen, keine Exekutionen der Zivilbevölkerung oder sonstige gängige Kriegsverbrechen der japanischen Invasoren, was mir weniger gut aufstößt. Doch vielleicht waren diese Themen tatsächlich noch zu kontrovers und zum Anderen eher dem chinesisch-japanischen Krieg zuzuordnen.

                                                Mein Fazit zum zweiten Teil ist ein leicht schwächeres. Da eben fast ausschließlich der Kasernenalltag der Rekruten gezeigt wird und man nur gegen Ende den Hauch des tatsächlichen Krieges spürt. Letzten Endes aber dennoch eine würdige Fortsetzung der Trilogie!

                                                “Ich bin ein Mörder, aber ich will doch leben!“

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                                                  "Du Hund! Dreh dich nicht ab. Jetzt sehe ich dein wahres Gesicht. Du willst kein Mensch sein, du siehst aus wie ein Mensch, aber du bist ein Tier, eine Bestie, weiter nichts!!"

                                                  Kobayashis erster Akt seiner Höllen-Trilogie ist eine ungemein scharfzüngige Entlarvung des Menschen im Kriegszustand. Der Krieg als ein totales Diktat des Stärkeren mit dem ihm begleitenden Bütteln und Schergen aus Unterdrückung, Intrigen, Gier, Verrat und Erpressung - sie bilden den Tross, der sich am Krieg bereichert.

                                                  Humanismus wird im Krieg stets als erster des Landesverrats angeklagt und an die Wand gestellt. Er ist ein teures Gut, was bezahlt werden will, der Preis steigt im Krieg ins unermessliche. Man zahlt mit seiner Familie, mit seinen Freunden und zuletzt mit dem eigenen Leben, Kredit gibt es wahrlich nur mit Unterwerfung und Leugnung, sowie der Kollaboration gegen seine eigenen Ideale.

                                                  Kaji (unglaublich intensiv: Tatsuya Nakadai), ein pazifistisch- und links-orientierter Beamter zur Zeit des japanischen Kaiserreichs und dessen Expansionsbestrebungen, wird in die Mandschukuo-Kolonie versetzt, um dort die Produktion kriegswichtiger Ressourcen zu steigern. Dabei gerät er unweigerlich in einen Gewissenskonflikt in welchem seine humanistischen und ethischen Grundvorstellungen ins Wanken geraten.

                                                  Die Mandschurei als eine Wüste der Unmenschlichkeit, in der Nächstenliebe und Empathie genauso Mangelware sind wie Wasser, dieses verdunstet in der Hitze des Krieges, je länger dieser dauert.
                                                  Die Weite der kargen Steinwüste kontrastiert Masaki Kobayashi gekonnt mit der Engstirnigkeit und Unweitsicht der handelnden Personen im Arbeitslager. Genauso wie auch das beschauliche Heim Kajis, samt wartender Ehefrau und dem gegensätzlichen weil konfrontierenden und harten Alltag des Beamten im Arbeitslager.

                                                  Auch arbeitet der japanische Regisseur gekonnt mit der Kamera als Ausdrucksmittel. So steht die Kamera kurzerhand schief in einer der intensivsten und brutalsten Szenen des Films, um zu unterstreichen wie sehr die Geschehnisse in diesem Moment aus dem menschlichen Rahmen oder dem Lot geraten sind. Mit diesen und anderen Stilmittel schafft es BARFUß DURCH DIE HÖLLE ohne großen Kitsch und erhobenen Zeigefinger das Gezeigte aus einer passiven und neutralen Perspektive zu beleuchten, ohne große stereotype Charaktervermurksung.

                                                  Mein erster Kontakt mit Kobayashi ist vor allem ein eindringlicher und schmerzvoller. Auch wenn er gegen Ende des Films etwas die Konsequenz der Geschichte vernachlässigte und Kaji zumindest als Teilhelden aus dem ersten Höllen-Film entlässt, büßt die realistische Darstellung nichts von ihrer Botschaft ein

                                                  Letzten Endes ist dieses Werk der gelungene und ernsthafte Auftakt zu einem großen Antikriegs-Epos, der kein Mitleid zu kennen scheint und Kajis Humanismus in Trümmer wirft, eine Pflichtaufgabe für jeden Gegner des Krieges und Befürworter der Menschlichkeit.

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                                                    Gekonnt humorvoll inszeniertes Spiel mit der Angst.

                                                    Was Polanski in TANZ DER VAMPIRE inszenierte, gab es schon schlappe 70 Jahre davor. Zwei Edelmänner wagen sich in ein düsteres Schloss und begegnen dem Fledermausmann und ähnlichen unheimlichen Kreaturen.

                                                    Mit der ersten Stop-Motion-Technik und an Zauberei erinnernden Situationen, die ich in einem so frühen Film bisher nicht gesehen habe, schafft Georges Méliès eine gruselige Atmosphäre, welche aber in der heutigen Zeit keinen mehr das Fürchten lehren wird.

                                                    Am Ende kann nur noch die Kirche und der Glauben alles Böse besiegen.

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