Jimi Hendrix - Kommentare

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    Jimi Hendrix 08.12.2013, 12:34 Geändert 22.10.2019, 00:51

    # 67 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

    Stan Brakhages nüchterner Blick auf die fleischliche Materie Mensch, sowie deren routinemäßige Dekonstruktion im Leichenschauhaus.

    Die Legende des Experimentalfilms begibt sich mit Bild und ohne Ton nach Pittsburgh und filmt den dortigen Alltag der Autopsie.
    Leichen liegen bereit zur Demontage, ähnlich einer Autowerkstatt auf dem Schrottplatz. Es liegen ausgebrannte, unfallgeschädigte, neue und alte Autos auf der Hebebühne.

    Es ist der letzte Akt im körperlichen Existieren, bevor man zumindest in physisch präsenter Form aus den Augen seiner Umwelt verschwindet. Das Menschsein ist bereits verschwunden, doch gibt uns Brakhage mit seinen Aufzeichnungen die Möglichkeit, über eben diesen natürlichen barriereumsäumten Horizont hinaus zu blicken. Das Menschsein blickt auf seine körperliche Hülle.

    Puppenähnliche Leichen mit porzellanweißer Haut werden hier geöffnet wie Motorhauben - Batterie und Motor werden ausgeschlachtet, Öl- und Benzinreste abgesaugt.
    Der Mensch als pure Masse wirkt faszinierender Weise surreal und unglaubwürdig, wenn ihm die zuvor entnommenen Eingeweide in einem Plastiksack verstaut wieder in den Brustkorb eingesetzt werden. Wenn seine Kopfhaut ihm über die Augen nach vorne gestülpt wird bis zur Nase, um die Schädeldecke mit einer Fräse zu öffnen.
    Je länger und intensiver das Gezeigte dauert, desto distanzierter und neutraler wurde zumindest mein Verhältnis zum Gesehenen.

    Ein wahrlich bedeutendes Dokument, welches bestehende Verhältnisse zum Leben und Tod grundlegend hinterfragt, oder zumindest aus gänzlich anderer Sicht beleuchtet.

    http://vimeo.com/31369640

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      Die Vergänglichkeit.

      Verschwimmende und aufhellende Schatten einer Baumgruppe. Die Linse wird für den Moment eines einen Wimpernschlags klar konturiert, verfällt dann aber sofort wieder im fahlen Schatten der visuellen Ungreifbarkeit.

      Nichts bleibt wie es ist, alles verändert sich, das Universum dehnt sich immer weiter aus, nur im Moment liegt temporäre Vitalität.

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        Eine noble Idee, Hollywood und die Gesellschaft an sich zu hinterfragen, doch opfert Ari Folman das Herz seines Films zu schnell auf dem Altar der bedingungslosen Überzeugungskraft.

        Nach dem grausam-bombigen WALTZ WITH BASHIR bekam ich schnell große Ohren, ob der Meldung seines neuen Films. Doch als ich mir den ersten Trailer dazu ansah relativierten sich meine Erwartungen auf eine gesunde Neutralität.

        Von der ersten Minute an merkte ich THE CONGRESS sein - zwanghaft oder ungewollt - kühles, gleichgültiges sowie seelenloses Wesen an. Das Schicksal der Hauptdarstellerin war wir von Anfang an egal, da ich keinerlei empathische Empfindungen zwischen uns spürte, wie durch eine dicke Panzerglasscheibe.
        Folman schafft es meiner Meinung nach nicht, seine Protagonistin Robin Wright als Sympathieträgerin aufzubauen, mit welcher man emotional eine Bindung eingehen kann, die lapidare Beleuchtung eben der, trägt ihren Teil wohl dazu bei.
        Das ändert sich auch nicht, als der Film in den Zeichentrickstil wechselt, im Gegenteil. Die gezeichneten Sequenzen machten auf mich einen sehr unbeholfenen und pseudokreativen Eindruck - nicht zu vergleichen mit der Ausdruckskraft der Bilder seines Vorgängers.

        Mag er auch ein intelligentes und hoch ambitioniertes Drehbuch haben, so bleibt für mich unter dem Strich nicht viel an überzeugender Botschaft übrig. Im Grunde reißt Folman keine hübschen Vorhänge und Bühnenbilder kaputt, da sich die untergründige Seelenlosigkeit und Scheinwelt schon von Anbeginn des Filmes offenbart. Dadurch verpufft der Effekt des verstörende Moments, in welchem der glitzernden, nebulösen Scheinwelt die Maske abblättert relativ klanglos.

        Als Fazit macht sich eher ein ernüchterndes Gefühl bei mir breit. THE CONGRESS hat so viel Wichtiges zu sagen, aber bekommt den Mund einfach nicht auf. Oder dreht sich das Wort im selbigen um und verspielt somit eine große Chance, schade drum.

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          Ungemein einfühlsame und tragische Geschichte, die durch ihre Originalität unglaublich leichtfüßig, gleichermaßen zum Nachdenken und Unterhalten anregt.

          Es brauchte wohl erst einen jüdischen Regisseur, um neben Roberto Benignis DAS LEBEN IST SCHÖN wieder einen herzergreifenden und dennoch amüsanten Drama-Komödien-Hybriden zu erschaffen.

          Und manchmal ist die Macht des Humors so viel belehrender und tiefgreifend aufrüttelnder, als es alle zeigefingererhobenen Filme über "Deutschlands Schande" sein können. Der feine Witz verschafft sich schnell Zugang zum innersten Gewissen des Menschen, wo hingegen die pure Anklage eher auf unterbewussten Widerstand und Zugangslosigkeit stößt, da man Angst vor den Taten der eigenen Großväter hat und sich mitverantwortlich fühlt, so geht es mir zumindest manchmal.

          In ZUG DES LEBENS triumphiert sicherlich die Geschichte, die uns Radu Mihaileanu erzählt und womit er mit scharfzüngiger Situationskomik und auch plumpem Jude-in-Naziuniform-Streich geniale Momente erzeugt. Diese tariert Mihaileanu gekonnt zwischen bitterbösem Sarkasmus und leicht-lockere Unterhaltung aus und lässt den Film aber dann doch zur - für die Botschaft des Films - richtigen Seite kippen.

          Die schauspielerischen Leistungen waren in Ordnung, aber hier und da beeinträchtigte sie schon die komplette Glaubwürdigkeit des Films. Einzig Jacques Narcy in der Rolle des jüdischen Nazi-Kommandanten Mordechai gefiel mir außerordentlich gut.

          Generell ein wunderbar rabenschwarzes Werk, was noch ein bisschen mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.

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            "Ehedem Hitler ward, bin Ich!“
            - Aleister Crowley
             
            Ich denke die meisten Leute jener Zeit wären mit dem Titel von Kenneth Angers 2002 erschienener Bildkompositionshuldigung seiner künstlerischen Inspirationsquelle Crowley mehr als einverstanden. Doch spielt Anger hier vielleicht gekonnt ironisch mit seinem Titel, der sich auch auf Aleister Crowleys ausgestellte Bilder beziehen könnte.
             
            Das dem britischen Allround-Undergroundler - der nicht nur Vorzeigeokkultist und Sexmagier, sondern auch Schriftsteller diverser subversiver Texte und eben Maler war - einen eigenen kleinen Avantgardekurzfilm schenkte ist mehr als löblich. Wo Aleister Crowley doch Wegbereiter und Vordenker in so vielen Bereichen war, ob man ihn jetzt hasst, liebt oder einfach zur Kenntnis nimmt.
             
            Für die heutige Zeit wirkt die Inszenierung der Bilder durch einfaches Abfilmen schon etwas simpel und hölzern, doch beweist er mit der passenden musikalischen Unterlegung von Anatoli K. Ljadow ein immer noch gutes Händchen. Und das so manches Bild durch den rudimentären Zoomeinsatz des Objektives einen wundervollen dreidimensionalen Effekt bekommt gleich einem großen Bühnenbild ist verblüffend und faszinieren zugleich.
             
            Da die Bilder die grausige und okkulten Handschrift ihres Schöpfers ungeniert tragen, bekommt der Kurzfilm wieder eine schön düstere Note. Doch ist die Idee zu dem Projekt auch ganz gut, so sieht man doch, dass die filmische Entwicklung Kenneth Angers etwas rückläufig ist.
             
            "Ich bin verblüfft."
            - Aleister Crowleys letzte Worte

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              Kenneth Anger in Reinform.

              Bösartig, kontrovers und kunstvoll lächelt uns diese psychedelische Kurzfilmfratze hämisch an. Eine Heraufbeschwörung des teuflischen Bruders, der tief in uns allen wohnt und den Anger unbedingt zu wecken versucht. Mit eindringlich verzerrten Morsezeichen, die wie Notrufe aus der dunklen Galaxis unseres eigenen Ichs anmuten und ich drehe mich um und antworte.

              Anger und der gehörnte Freund der Familie Manson, Bobby Beausoleil, spielen hier selbst die Hauptrollen. Vor allem Beausoleil, der meines Wissen immer noch wegen Mordes im Gefängnis sitzt, treibt einem schon Schauerwellen über den Wirbelsäulenkamm und verfehlt somit seine verstöhrende Wirkung nicht, ich mag das Gefühl.

              Videokunst würde man es heutzutage wohl nennen, doch es würde der Regielegende des Undergroundfilms in keiner Weise gerecht werden. Denn diese Komposition diabolischer Zeichen im Zusammenspiel mit der experimentellen Bildmontage machen selbst heute noch wirklich großen Eindruck, sofern man sich den Kurzfilm daheim, des Nächtens und ohne andere Lichtquellen zu Gemüte führt und die Boxen aufdreht.

              Die paar Minuten sollte man schon mal investieren, wenn man ein Faible für den subversiven Film hat, lustiger weise haben den ein paar meiner Freunde "vorgemerkt", hoffe ihr findet mal 12 Minuten, um euch den man zu geben.

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                "Wir waren die Leoparden, die Löwen, die Adler. Unseren Platz werden Schafe, Hyänen und Schakale einnehmen, doch in einem gleichen wir uns, Leopard, Schakal, Hyäne und Schaf. Alle glauben nämlich von sich, sie seien das Salz der Erde."

                Ein Film wie ein riesiges stuckumsäumtes Ölgemälde. Luchino Viscontis Epos über den allmählichen Niedergang des italienischen Adels im Verlauf der Risorgimento ist in seiner Opulenz kaum zu überbieten, doch gerade dadurch wunderschön. Ein Meisterwerk dss italienischen Kinos, der so schnell nicht adäquat zu beerben scheint - Ruhe in Frieden großes Kino Europas.

                Die rauen und trockenen Gebirge und staubigen, spärlich bewachsenen Ebenen und die unbarmherzige Sonne Siziliens auf der einen Seite und dem diametral entgegen stehen herrschaftliche Fürstenhäuser, ausgeschmückte Spiegelsääle, feine Damen und pompöse Essgelage, die fast wie eine Fata Morgana anmuten.

                Visconti dekoriert seine Milieustudie vor allem mit starken Bildkompositionen, historienerläuternen Dialogen und mit seinem Prunkstück, Burt Lancaster. Selten sah ich eine so würdige und präsente Erscheinung wie er in der Rolle des Fürsten von Salina, er erinnerte mich in seiner weisen Anmut und Souveränität oft an Marlon Brandos Darstellung in DER PATE. Burt Lancaster ist mir nie groß aufgefallen, da ich mit seinem vorrangigen Genrebesetzungen nie viel anfangen konnte, doch als Fürst von Salina spielt er die Rolle seines Lebens.

                Als zweite wichtige Stütze, damit DER LEOPARD nicht zu einem öden und langatmigen Geschichtsstundenwerk führt, ist seine humoristisch-ironische Note, die ja im italienischen Film dieser Zeit oft anzutreffen war, ich erinnere da nun mal an die Szene, in welcher der Bürgermeister die Wahlstimmenauszählung bekannt geben möchte, einfach herrlich und verleiht dem ansonsten schweren Stoff etwas Leichtigkeit, da ja bis auf die Stadteroberungs- und Ballsaalszene keine wirkliche Dynamik im Werk steckt, was den Film für uninteressierte Augen sicherlich Langwierig werden lässt.

                Doch wem allzu langweilig wird, kann ja mal Ausschau halten nach bekannten Filmgesichtern, von denen es ja einige zu entdecken gibt. Natürlich Alain Delon als schmierig-sympathischer Neffe Tancredi, sowie viele späteren Stars des Italowestern wie Giuliano Gemma, Terence Hill, Paolo Stoppa, Claudia Cardinale und den mir immer sehr genehmen Romolo Valli in seiner genialen und unbeholfenen Rolle des Fürstenpaters, auf den sowieso keiner hört und welcher nur wegen der Hofetikette anwesend sein darf.

                Man sollte sich diesem Film aber nicht aus einer cineastischen Pflicht heraus nähern, sonst könnte man von der Trägheit und Behäbigkeit dieses Filmwals schnell erdrückt werden. Wenn man dagegen sowieso historieninteressiert ist, kann man den Leoparden und seine Reise durch einen Zeitwechsel durchaus mit viel Freude genießen.

                "Graf Cavriaghi, Sie dachten in Sizilien regne es nicht und plötzlich regnet es sogar revolutionär. Man sieht wie schnell ein Klimawechsel möglich ist. Ich möchte aber nicht, dass die Helden des Vaterlands mit Fieber im Bett liegen."

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                  Jimi Hendrix 27.11.2013, 15:50 Geändert 22.10.2019, 00:26

                  #25 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                  Dieser experimentelle Kurzfilm von Nobuhiko Obayashi will uns vielleicht einfach mal zeigen, was passieren kann, wenn man vom drögen und langweiligen Arbeitsalltag aufgefressen wird.

                  Obayashi der ja vor allem mit seinem Hauptwerk HAUSU in Verbindung gebracht wird, drehte neben diesem hier schon früh eine Reihe experimenteller und surrealer Kurzfilme, die leider noch nicht hier bei MP zu finden sind.

                  Doch AN EATER ist ein Fingerzeig, in welchen filmischen Gefilden der Japaner sich zu Hause fühlt.

                  Die Essengeräuschsyncro die sich immer mehr zu schweinischem Fraßgegrunze der Restaurantgäste verzieht und die Stop-Motion-Effekte sowie die spärlichen musikalischen Klanggaben machen, gefiehlen mir besonders gut.

                  Obayashi bietet mit der albtraumhaften Sequenz der Kellnerin viel Platz zur Interpretation und erinnert mich teilweise an Jan Švankmajers DAS KLEINE FRESSEN.
                  (Anbei ein Dank an mimuschka)

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                    "Genossen, die Zeit zum Handeln ist gekommen!"

                    Und auch für mich war es mal Zeit zu handeln, um den Aufstand gegen meine Unwissenheit bezüglich dieses angepriesenen Meilensteins des roten Kinos zu proben.

                    Nun ich habe eine bekennende Scheu vor Stummfilmen, weil sie eben stumm sind. Das heißt nicht, dass sie nicht auch etwas zu sagen haben, aber ihre Botschaften vernehme ich meist nicht in der Intensität, welche sie vielleicht auszustrahlen versuchen.

                    Und somit tat ich mich auch mit PANZERKREUZER POTEMKIN schwer. Sicherlich verfehlte der Film in keiner Weise seine Wirkung im zeitgeschichtlichen Rahmen, wie selbst der arische Stimmungsmacher gegen den bösen Iwan - Joseph Goebbels - halbehrfürchtig anerkannte. Klar gefiel dem Herrn Propaganda dieser Film, hat er doch eine so schön manipulierende Wirkung, welche ich Sergei Eisenstein nicht in Abrede stellen möchte.

                    Selbst heute bellen einem die Massenszenen auf der Treppe oder auf dem Schiffsdeck noch ins Gesicht. Man kann sich vorstellen, was für eine Wirkung von zaristischen Kugeln erschossene Frauen und Kinder auf die Kinobesucher der damaligen Zeit hatte. In seiner realistisch wirkenden Ernsthaftigkeit sich zumindest in Teilen an die historischen Fakten zu halten, lässt Eisensteins Werk wie eine Dokumentation wirken.

                    Doch neben seinen handwerklich ausgezeichneten Qualitäten und Einflussnahme auf die Filmgeschichte, hat der Film auch beträchtliche Längen sowie generell einfach spürbar Staub angesetzt, welcher zumindest in meine cineastischen Sehgewohnheiten nicht mehr ganz hinein passen will.

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                      "Ich bin das Kind, das auf dem Schafott geboren wurde. Oder als wäre ich geboren von einer Mutter, die da auf dem Schafott stand und stünde nun statt dieser Mutter da."

                      Japans Avantgardefilmer Sion Sono schwingt in seinem als Horrorfilm zu unrecht banalisierten Werk mächtig die surreale Psychopeitsche und lässt sie nicht nur in der Luft knallen. Nein, auch die monströsen - nur noch schemenhaft als Wesen von menschlicher Rasse erkennbaren - Kinder seines antifatatistischen Geistesursprungs, werden mit der unbarmherzigen Peitsche des innerfamiliären Gefühlsholocaust bis zum Wahnsinn getrieben.

                      Sono rückt in STRANGE CIRCUS wiedermal nichts geringeres als die Abgründe menschlichen Seins in den Fokus und zeigt uns eine Familie, wie sie hinter vielen ungeöffneten Türen auf dieser Welt existiert. Er scheut sich nicht, diese tonnenschweren Türen der gesellschaftlichen Schuld mit bitterbös-sarkastischem Schwung aufzustoßen und grausam penibel zu inszenieren.

                      Hinter der Tür soll uns der herrschsüchtige alte Patriarch Gozo erwarten. Ein vom vielen Geld gesund gestoßener Direktor einer Grundschule, der seine Tochter Mitsuko, sowie seine Frau Sayuri manipuliert und sich sexuell ihrer Beiden in voller väterlichen Liebe annimmt.
                      Als Sayuri erstmals realisiert, dass ihr Mann Gozo der elterlichen Fürsorgepflicht ihrer Tochter etwas zu penetrant nachkommt, gibt es einen kurzen Knall. Sie fällt in ein gängiges Muster und schützt nicht ihre Tochter, sondern auf perfide Art und Weise ihren stochernden Gatten. Fortan betrachtet sie ihre Tochter als enge und junge Rivalin, die es aus dem Weg zu räumen gilt.
                      Die Tochter Mitsuko gerät in einen Strudel des logischen Irrsinns, an dessen Ende der unglückliche Tod ihrer Mutter steht. Sie selbst gibt sich scheinbar die absichtliche Schuld an dem Tod ihrer Mutter und sucht ihrerseits den Freitod, aber findet nur den Rollstuhl.
                      Ab diesem Zeitpunkt lässt Sono den Film langsam kippen und das in so zaghaften und gefühlvollen Schritten, dass es einem Unbehagen ins Herz treibt. Die Mutter wird zur Tochter. Die Tochter zur Mutter. Sie sind eins. Vielleicht gleichen Ursprungs, beide aus dem triebhaften Samen des Vaters gezeugt - generationsübergreifender Lehrbuchinzest? Oder schafft sich die Mutter nur einen nachvollziehbaren Schutzmantel, um ihre eigene Schuld und ihr Gewissen dadurch zu knebeln, dass sie zur Tochter wird. Zu allem Überfluss taucht auch eine ins asexuelle veränderte Tochter wieder auf, die plötzlich das dringliche und überfällige Elterngespräch sucht. Als Ergebnis und Schussakt präsentiert uns Sono einen torsalen Vater und eine schafottierte Mutter - übrig bleibt das vom Wahnsinn geschwängerte Produkt.

                      Wird hier so Mancher vom Ende etwas verärgert sein, lässt es doch spannende und diskutierfähige Überlegungen zu, bis zur drängenden Frage, wer wann die Mutter(Sayori), die Tochter(Sayori) oder sogar die Enkelin(Mitsuko) waren und ob Mutter und Tochter aus biologischer Sicht vielleicht sogar Geschwister waren?

                      Da wo in STRANGE CIRCUS die Vorhänge ärgerlicherweise zugehen, öffnet uns Sion Sono auf herausfordernde Art und Weise die Türen unseres Kopfkinos und dessen Laufzeit begrenzt lediglich die Fantasie.

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                        "Christus, seit Kurt Cobain bist du der erste Mann, den ich akzeptiere!"

                        Man nehme einen getragenen und abfotografierten Mädchenslip - er kann ruhig schon etwas feucht daher kommen - versieht ihn mit gierigen Männerblicken, lässt ihn durch ein Taufbad aus Weihwasser und Tränen gleiten, legt ein Stück schwarzen Stoff drum sowie die Strähne einer Langhaarperücke. Anschließend wischt man damit das Blut der niedergemetzelten Klassenkameraden auf und jagt das Gemisch durch den Mixer. Dann umwickelt man die gemixte Masse noch mit einem Stück von Vatis frisch filetiertem Lusthobel , den er dir aus LIEBE zwischen die Schenkel drücken wollte und schmeckt das Ganze ab, das Aroma sollte sich nun als ein schrill-durchgeknalltes mit einem Hauch ins übertrieben-groteske definieren lassen, wenn dies nicht der Fall ist, ruhig nochmal mit einer Priese absurder Story der Würze nachhelfen. Nun heißt es geduldig warten, denn diese filmische Huldigung über das schönste Geschenk der Menschheit benötigt seine Zeit um bei 0 Grad wirklich auch im innersten Kern gar und damit Genießbar zu werden, man muss nur daran GLAUBEN. Nach guten 240 Minuten kann man den wild zitternden Braten aus der Sekten-Röhre holen und ihn mit einem Samuraischwert leicht anstechen, um zu sehen ob er durch ist. Es sollte alles Weihwasser auch im inneren des Bratens restlos verdampft sein. Ist dies der Fall drapiert man eine Stange höchst religiöses Dynamit im Bratenkern und lässt das Ende der Zündschnur an der Seite herausragen. Man serviert dazu noch ein paar talkreiche Pubertätsklöse und garniert das Ganze am Tellerrand mit frisch gezupften Wellensittichfedern. Nun noch artig das Tischgebet sprechen, die Zündschnur in Brand setzen und kann nun nur noch die eine HOFFNUNG haben:
                        Habt ihr auch alle brav gesündigt?

                        Sion Sonos zuckersüßer Liebesfilmdinosaurier LOVE EXPOSURE wird sicherlich seinen archäologischen Platz im unendlichen Filmmuseum bekommen und das nicht mal ganz unverdient.

                        Die erste Hälfte des Films ist schon eine Art Dauererektion, Lusttropfen inklusive. Also nahe an dem Gipfel filmischer Perfektion in Sachen Handwerk, Schnitt, Musik und Atmosphäre. Die inhaltlichen Deutungen sind nur schwerlich zu übersehen und wählen den Glauben ins Zentrum aller Betrachtungen, samt aller schonungslosen Facetten.
                        Das Tempo mit der Sono hier die Erzählstränge verwebt und dramaturgisch verarbeitet wird wohl vorerst ein Unikum bleiben.
                        Im zweiten Teil spürt man den sogenannten "Kavaliersschmerz" durch die langanhaltende Spannung und der Nichtgestattung des Höhepunkts. Weshalb ich den zweiten teil auch um einiges Schwächer empfand, da er doch Längen und Schwächen in der Story offenkundig werden ließ. Nichtsdestotrotz ist der erneute mehrmalige Wechsel/Mix der Genre im zweiten Abschnitt wichtig für das Gesamtkunstwerk LOVE EXPOSURE und dessen Stahlwirkung.

                        Doch da mir hier und da, vor allem bei Yokos langem und für mich völlig sinnfreiem Reiztat aus dem Buch der Korinthenkacker, die Schädelinnenwand stark zu jucken begann, da ich es allzu übertrieben fand, bekommt dieses Werk nicht richtig den Fuß in die goldenen Hallen meiner Filmlieblinge, zumal die Story - obwohl von der Realität inspiriert - einfach zu konstruiert und schwachsinnig daher wackelt.

                        Egal wie man zu Sion Sono als Regisseur steht, muss man dieses intensive Filmerlebnis als echt Duftmarke des japanische Kinos wahrnehmen, ob man sich nun in dem Geruch verlieren mag oder einfach nur die Nase rümpft.

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                          Jean-Pierre Melvilles kinematografische Studie über die marklose Einsamkeit eines Auftragskillers, der maschinell und voll akkuratem Perfektionismus seine Berufung ausführt, gleicht einem eisigen Stalaktit, welcher still und präzise wie eine Guillotine auf seine Opfer niedersinkt.

                          Selten war Kino so kühl, so regungslos, so sprachlos und so gefühlsentleert wie in Melvilles inszenatorischer Kühlkammer und dennoch so fesselnd, ähnlich wie wenn man mit der Zunge an einem Eiszapfen leckt und an selbigem hängen bleibt. Die Kälte dringt schon in den ersten Momenten des Films langsam und tief in den Zuschauer ein und lässt ihn bewegungslos das zu Sehende aufnehmen.

                          Man sieht einen Mann. Er liegt in seinem spärlich möblierten Appartement und raucht – oder atmet er nur und die persönliche Kälte, mit welcher der Raum gefüllt ist, lässt die Atemluft sichtbar werden? Denn in diesem Zimmer haust nicht fassbar ein vollkommen Lebendiger. Er ist vielmehr ein Zwischenweltler, nicht stofflich tot, nicht leibhaftig lebend. Er ist eine menschliche Tötungsmaschine, die alles Menschliche abgelegt zu haben scheint, er hat keine Angst vor dem Tod, denn er verliert nie, niemals wirklich, da er schon Tod ist, zumindest in humanistischer Hinsicht ist sein inneres Feuer schon lange erloschen.

                          Die stoische distanzierte Erzählstruktur, die Jean-Pierre Melville in Der eiskalte Engel entwirft, ist in dieser Kontinuität – zumindest nach meinem bisherigen Wissen – einzigartig. Sein Protagonist schwebt wie geistesabwesend durch diese grau-regnerische, aber charmante Großstadttristesse von Paris.

                          Gerüchten zufolge soll Melville sich bei der Kreation der Rolle des Jef Costello von Alan Delons Gesicht inspirieren haben lassen und wollte ihn natürlich auch unbedingt für dessen Darstellung engagieren. Alain Delon glänzt hier in seiner Paraderolle und besticht durch das kaltschnäuzigste und eisigste Gesicht der Filmgeschichte. Die eingefrorene Mimik und die ungerührten Augen produzieren eine zerreisend-lähmende Spannung, die fast bis zuletzt aufrechterhalten werden kann. So entsteht ein Film, der vollkommen auf eine interessante Geschichte verzichtet, sondern sich erfolgreich-egoistisch dem Spiel des Hauptdarstellers verschreibt.

                          Abgeeckt wird dieser zuschauerfeindliche Streifen durch einen ebenso statisch-verklemmt wirkenden Soundtrack von François de Roubaix, der hier seine absolut beste musikalische Arbeit abliefert. Seine subtil bedrohliche Musik unterstreicht mit ständig wiederkehrenden Orgelklängen den alles umhüllenden Tod, der den Film fest in seinen Klauen zu haben scheint.

                          Letztendlich ein wirklich wichtiger Meilenstein des französischen Films und eine obligatorische Aufgabe für jeden Cineasten, der sich auch nur annähernd dem Gangster-Genre verschrieben hat, auch wenn der Film es einem durch seine ungerührte Abwesenheit schwer macht ihn wirklich zu lieben.

                          Doch mit "Der eiskalte Engel" verhält es sich ähnlich wie mit Frauen. Je abweisender und unnahbarer ihre Außenwirkung ist, desto faszinierender und spannender ist ihre Eroberung und Ergründung.

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                            Mittelguter Pinky-Violence-Streifen, der zwar üppig mit Gewalt ausstaffiert ist, aber dennoch oftmals die langweilige Geschichte nicht verdecken konnte.

                            Eher zufällig bin ich mal wieder in dieses rosafarbene Genre geraten und pickte mir mit Yukio Nodas "Der Tiger von Osaka" einen echten Klassiker raus.

                            Doch nicht jeder Klassiker muss gleich vortrefflich sein. Das die Geschichten hier nie sonderlich ausgeklügelt und verwoben daher kommen, ist des Genres Eigenheit, so auch hier.
                            Eine sadistisch anmutende Gangsterbande bekommt die Tochter eines hochrangigen Politikers ihn ihre Fänge und es wird erstmal kräftig vergewaltigt, nebenbei ermordet man auch gleich noch deren Liebhaber.
                            Um die Tochter zu befreien schleust man unsere Protagonistin als Doppelagentin(Miki Sugimoto), die in die Bande ein. Auch sie wird erstmal kräftig durchgestoßen und misshandelt, aber man ahnt es schon - ihre Zeit der Rache wird kommen.

                            Mir fehlte in der Ausführung der gleichbleibende Unterhaltungswert, die Vergewaltigungen, die Tötungsszenen und Misshandlungen waren gut gelungen, aber dennoch fehlte das Salz in der Suppe. Man stellte die klassische Heldenrolle der tödlich-femininen Hauptdarstellerin zu sehr zurück, sie agierte fast ausschließlich passiv und das missfiel mir zunehmend.

                            Abschließend lässt sich festhalten, dass man "Der Tiger von Osaka" nicht unbedingt gesehen haben muss. Nur den wirklich Pinkyphilen unter euch würde ich zu einer Sichtung raten.

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                              Jimi Hendrix 12.12.2012, 20:50 Geändert 22.10.2019, 00:40

                              #49 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                              Otmar Bauer - lose der Wiener Aktionismusgruppierung der 68er-Bewegung zuzuordnen - und dessen fünfminütiges Provokationswerk hatte den Tabubruch der damaligen Zeit zum Ziel. Er wollte Grenzen überschreiten und hat das sicher mit diesem Kurzfilm geschafft.

                              Doch hat sich der Zeitgeist von damals zum Großteil verflüchtigt. Somit verpufft Bauers ideologisch wie darstellerisch, höchst impressionistisches Werk im Angesicht der heutigen Zeit.

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                                Der tschechische Animationsfilmgott Jan Švankmajers führt uns wiedermal hinab in die Welt der ästhetischen Morbidität. Was er uns diesmal in knapp 10 Minuten zeigt, ist atementreisend und entbehrt jeder Vorstellung eines Gotteshauses.

                                Die untergeschossige Grabeskirche Sedletz-Ossarium zählt wohl zu den schaurig kühlen Schönheitskönigen unter den Kirchen, denn fast ihre komplette Inneneisrichtung besteht aus ca. 40.000 menschlichen Skelettteilen. Dieses faszinierend kunstvolle sowie detailüberhäufte Kirchenwerk wurde um 1500 angeblich von einem blinden Mönch mit den Knochen ausstaffiert.

                                Švankmajer in schwarz-weiß gedrehter Dokumentarfilm über die Innenräumlichkeiten der Sedletz-Ossarium ist mit vielen experimentellen Schnitten, Kamerafahrten und Effekten gedreht, in denen er wiedermal zeigt, welch außerordentliches Potenzial in ihm steckte.

                                Begleitet wird die gruselige Inszenesetzung durch hallend jazzige Gesangseinlagen samt Musik komponiert von Zdeněk Liška, der somit das Werk insgesamt als gut gelungen abrundet.

                                Keinem sollten diese Aufnahmen unerschlossen bleiben, bitte unbedingt die paar Minuten hinsetzten(http://www.youtube.com/watch?v=h4TkdycWIGw), die Musik laut aufdrehen und sich bildtechnisch berieseln lassen vom unglaublich dämonischen Charme dieser Kirche!

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                                  über Kiwi!

                                  ".......... bumpp."

                                  Eine durchaus nette Animations-Idee mit schwarzhumorigem Anstrich.

                                  Leider stimmte die Chemie zwischen mir und dem Kiwi nicht so richtig, ein Hauptgrund ist sicherlich der Tatsache geschuldet, dass ich in den 3 Minuten Laufzeit keine emotionale Bindung zu dem tierischen Protagonisten aufbauen konnte.
                                  Folglich stand ich dessen innersten Wünsche neutral und unbewegt gegenüber.

                                  Der Film ist durch und durch atavistisch, der Wunsch des Vogels der evolutionären Entwicklung diametral zu Begegnen und sich somit gegen die Natur zu wenden, mündet schließlich im Unausweichlichen.

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                                    Ungefähr so unvorhersehbar, wie die Zahlenreihenfolge meines Adventskalenders und hinter jedem geöffneten Türchen erwartet uns ein stereotypes Charakterkonglomerat. Das führte zwangsläufig zur Stimulation meiner Uvula, die es kaum aushielt, runter in den Maschinenraum Namens Magen zu brüllen, und die Kotzschleusen öffnen zu lassen.

                                    Ich weiß nicht, ob ihr diese Momente vor dem Fernseher kennt, wenn man rumzappt und dann aus irgend einem sinnlosen Grund und in einem Anfall von physischer Lähmung bei einem bedeutungslosen Film hängen bleibt, nur um zu sehen, wie bedeutungslos seine Existenz tatsächlich sein wird, irgendwann hat man dann so viel gesehen, dass man sich sagt, ach komm, den schaust du bis zum Ende, um ihn bei der Filmseite deines Vertrauens nieder zu machen.

                                    Ich bin normal niemand, der seine Zeit mit schlechten Filmen vergeudet - dafür gibt es einfach zu viele andere interessante Werke. Doch nachträglich zu Nikolaus steckte mir zdf.neo(eh viel schlechter als zdf.kultur!) diesen Film in meinen leeren Filmstiefel.
                                    Wie der Schriftsteller Dries in "Ex Drummer" begab ich mich tief in den Nonsens-Hollywoodsumpf, um mich in der flachgründigen Unterhaltungssuppe zu suhlen, aber abends meine avantgardistische Frau zu vögeln und dessen subversive Freundin, die sich auch zufällig nackt in meinem independentiösen Bett eingefunden hat.

                                    Die komplexe Handlung bedarf einer kurzen Erwähnung. Eine schickimiki Geschäftsfrautussi(Renée Zellweger) kommt in ein verschneites Nest, um dort eine Lebensmittelfabrik zu optimieren, will heißen, die meisten Mitarbeiter raus zuwerfen. Zuerst gehen ihr die Leute auf den Sack und sie geht den Leuten mit ihrer Art auf den Sack. Dann doch nicht mehr weil sie sich in einen Typen verliebt, den sie erst scheiße fand und dann aber sexy.
                                    Sie rettet die Arbeiter im Lebensmittelladen vor der Kündigung. Alle haben sich lieb und siehe da, der Typ in den die Geschäftsfrautussi verknallt ist, rasiert sich am Ende noch seinen letzten Rest Selbstachtung mit seinem Bart ab, denn der Tussi gefiel der Bart nicht - Ende.
                                    Oh tut mir leid, wenn ich zu viel verraten habe, wollte niemandem das Ende verraten.

                                    Vielleicht sollte ich des Öfteren niveauvakuumverpackte Filme schauen, das Kommentare schreiben macht so viel mehr Spaß!

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                                      Ein psychothrillesker Western, mit einer ungreifbar guten Atmosphäre und einem brillierenden Marlon Brando, welcher mit der Rolle des bedrohlich süffisanten Kopfgeldjägers neue Maßstäbe in Sachen seltsame Vögel setzt.

                                      Arthur Penns wiederholter Ausflug in dieses staubig männliche Genre, kommt ganz anders daher geritten, als man es zunächst vermutet. So empfand ich es jedenfalls, als ich seinen Film mit dem lapidaren Titel "Duell am Missouri" anschaute.

                                      Wenngleich die Storyline - Pferdediebe gegen Kopfgeldjäger - sehr abgenutzt ist, erlaubt sich Penn einige geschichtliche Nebenstränge und stattet damit den typisch flachen Wüstenboden mit etwas Tiefgang aus.
                                      Man bekommt sogar den Pferdedieb Tom Logan(Jack Nicholson) als Helden angeboten und erfährt, warum er sich zu diesem bleihaltigen Handwerk entschlossen hat.
                                      Auch die moralische Sicht aufs Kopfgeldjägertum findet hier ihre gekonnte Erwähnung.

                                      Doch für mich ist die absolut tragende Figur in "Duell am Missouri" Marlon Brando und seine frei interpretierte Figur des Robert E. Lee Clayton. Ich für meinen Teil habe selten so eine merkwürdig fesselnde Darstellung gesehen, damit beweist Brando wiedermal seine Selbstironie.
                                      Seine Darbietung ist abnorm großspurig, dennoch nie unglaubwürdig, er lässt subtil diabolische Züge aufblitzen und erfüllt jede seiner Szene mit einer humorvoll-beängstigenden Mischung, womit er sogar Nicholson gnadenlos an die Wand spielt.

                                      Insgesamt schweift Arthur Penn aber zu oft aus und lässt den Zuschauer ein wenig am Langeweiletuch nagen.Doch fesselte mich dieser etwas andere Western dennoch die komplette Laufzeit über an den Bildschirm und ließ mich auch das ein oder andere mal herzhaft lachen.

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                                        über School

                                        Schönes kleines Frühwerk des kontroversen polnischen Regisseurs Walerian Borowczyk.

                                        In diesem Trickfilm sehen wir einen Woyzeck ähnlichen Soldaten, der diverse körperliche Exerzitien des militärischen Alltags durchführen muss, begleitet mit schwungvoller Marschmusik.
                                        Durch den Einsatz trickfilmtechnischer Methoden, entsteht ein humorvoller Zusammenschnitt.
                                        Vor allem als sich dann die Fliege - von der sich Leone eventuell für seine Anfangsszene in "Spiel mir das Lied vom Tod" hat inspirieren lassen - auf dem Gesicht des zum "stillstehen!" befohlenen Soldaten niederlässt, kann man von einer Lächerlichmachung des Militarismus ausgehen.

                                        Borowczyks Film kann als eindeutig pazifizierendes filmisches Plädoyer betrachtet werden, deutlich wird dies als der Soldat sein weißes Taschentuch aufs Bajonett aufpflanzt.

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                                          Jimi Hendrix 29.11.2012, 19:24 Geändert 22.10.2019, 00:48

                                          #62 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                          Das unglaublich ausdrucksstarke belgische schwarz-weiß Undergroundgemälde mit philosophischem Rahmen, nimmt sich in extremer und unerschütterlicher Form der Entartung des Menschen an.
                                          Selten war Film so kompromissfern in seiner Strahlkraft und deren interpretativer Botschaft: Die Menschwerdung des Tiers und die Tierwerdung des Menschen.

                                          Die Geschichten von Bauern, die heimlich ihre Schweine oder Ziegen beglücken sind sicherlich so alt, wie das Zusammenleben zwischen dem Menschen und der ersten domestizierten Nutztiere.
                                          Es ist die Frage zu Stellen, was bedrückender ist: Ein Bauer der seine Frau im Bett liegen hat, aber dennoch raus zu seinen Schweinen geht, oder ein einsamer Mann der seine Liebe und sein Samen niemandem anders geben kann, außer dem Schwein.

                                          Was Zéno hier zeigt, ist eben so ein einsamer Mann(der letzte?), der auf einem halbvernachlässigten Hof mit seinen Tieren lebt. Bereits in der ersten Szene - wo der Mann einer Taube einen Puppenkopf überstülpt - kommuniziert der belgische Regisseur die vermuteten Wünsche seines namenlosen Hauptdarstellers(Dominique Garny).
                                          Es sind tief natürliche Wünsche nach artgleicher Liebe und dem daraus hervorgehenden Akt der Befruchtung und somit der Erschaffung eigener Nachkommen - dem Grundprinzip allen Lebens.
                                          Nur wie die Eingangssequenz mit der Taube wunderbar metaphorisch andeutet, sieht er - dem unbedingten Wunsch nach menschlicher Nähe wegen - seine Tiere als menschliche Geschöpfe.
                                          Er lebt mit ihnen gewissermaßen in einer Kommune. Er frisst mit ihnen, er stuhlt mit ihnen ab, er arbeitet mit ihnen, er spielt mit ihnen. Doch er muss immer öfter feststellen, dass die Tiere auf dem Hof mit ihresgleichen kopulieren, während seine Liebe zu der Sau unerwidert bleibt.

                                          Doch eines Tagen kommt es zum widernatürlichen Geschlechtsakt zwischen Mensch und Sau und nach ein paar Monaten beglückt sie den Mann mit Nachwuchs. Es keimt Hoffnung in ihm auf, weil er jetzt endlich nicht mehr alleine mit seinem Menschsein zu sein scheint.

                                          Doch die humanisierende Erziehung der drei kleinen Ferkel schlägt fehl, woraufhin er sie tötet. Hier zeigt sich zum ersten mal, dass der Mann unmenschlich handelt. Die Sau dagegen zeigt mit ihrer tiefen Betroffenheit, ob dem Verlust ihres Nachwuchses und wählt den für Tiere unnatürlichen Freitod. Auch die Gänse beäugen die Tat des Manns still, misstrauisch und schockiert - eine der beeindruckendsten Szenen von "Hochzeitsschlamm".

                                          Anschließend möchte sich der Mann mit der Sau zusammen begraben, aber ist zu feige für den eigen gewählten Tod. Er kehrt zurück zum Hof und alle Tiere sind - der Unmenschlichkeit des Mannes halber - geflohen.
                                          Nun muss sich der Mann von Pflanzen ernähren und fängt irgendwann an, auch seine eigenen Fäkalien zu verzehren. Eine immer rasantere Degeneration setzt ein, bis selbst sein Magen sich gegen ihn wendet und er alles wieder erbricht.

                                          Anschließend sieht man ihn sich erhängen und davon schweben, begleitet von frühlingshaftem Vogelgesang.

                                          Neben der deutungsschweren Handlung bedient sich Zéno bildgewaltigen Einstellungen, die aus ihrer s/w-Eintfärbung ihre Expression schöpfen. Auch die höchst avantgardistische Tonspur mit übersteuerten Tierlauten und elektrischen Verzerrungen, sowie dem ausufernden klassischen Chorgesängen Bilden einen eigenen sonorischen Kosmos, der über dem Hof auf- und abklingt.

                                          Ich würde den Film wirklich nur Liebhabern des ungewöhnlichen Kinos ans Herz legen, die dem Medium Film eine gewisse Offenheit und Toleranz entgegen bringen möchten.

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                                            über Symbol

                                            Hitoshi Matsumotos zweiter Film präsentiert sich abermals als ein wunderbar verdrehter Trip in die japanischen Humorabgründe. Mit einem Zwinkern ist "Symbol irgendwo zwischen "Haze" und "2001: Odyssee im Weltraum" zu platzieren und gibt uns universale Interpretationsräumlichkeiten.

                                            Ein leerer weißer Raum, ausstaffiert mit unserem Helden im Pyjama und vielen kleinen Engelspenissen samt Glockengeläut . Wer keine Pädophilen Neigungen bei sich finden kann, hat in diesem Raum schlechte Karten.
                                            Glücklicherweise hat unser Hauptdarsteller keine Berührungsängste und sieht sich die porzellanfarbenen vorhaut- wie eichellosen Pillermännchen der kleinen Himmelsboten genauer an.

                                            Es gibt eine Menge zu schmunzeln, zu staunen und zu interpretieren. Matsumotos Werk könnte man als eine Studie über das Menschsein verstehen. Am Anfang der humanen Evolution steht der erste Mensch.
                                            Wirkliche Werkzeuge wird er erst noch erfinden, deswegen füllt sich der Raum um unseren Protagonisten auch erst nach und nach mit materiellen Gegenständen, die dem Hirn des Menschen entspringen. Er erfindet immer neue Gegenstände, um auftretende Probleme zu lösen. Er fügt sie durch sein logisches und kreatives Denken und durch seine Fähigkeit der Planung zusammen, um an sein Ziel zu kommen - die unsterbliche Göttlichkeit?

                                            Angereichert ist das alles durch Hitoshi Matsumotos unglaublichem Gefühl für Komik. Wenn man bedenkt, dass er den Film fast vollständig ohne Dialoge tragen muss, wird man dennoch gut unterhalten.

                                            Guter zweiter Spielfilm, der mir aber insgesamt nicht ganz so gut gefiel, wie "Der große Japaner – Dainipponjin".

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                                              Düsterer avantgardistischer Kurzfilm im theatralischen Gewand, über die Sehnsüchte eines einsamen Clowns.

                                              Spätestens nach dem ich "Lucifer Rising" irgendwann im Morgengrauen sah und mich vor allem der Soundtrack weg blies, werde ich hellseherisch, wenn ich bei irgend einem Video seinen Namen lese.

                                              So auch heute wieder geschehen bei "Rabbit's Moon". Ich schaute mir die 9 Minuten kürzere Fassung aus dem Jahre 1979 an, weil ich die musikalische Unterfütterung mit "It Came In The Night" von A Raincoat irgendwie passender fand, ein echter Ohrwurm.

                                              Das Setting fand ich fantastisch wegen seiner minimalistischen Gestaltungsart, nur in blau-weißen Tönen gehalten. Man sieht einen Clown, der den Mond fasziniert aber auch verängstigt anschaut. Er wird von ihm angezogen, aber auch weggestoßen, ähnlich der Ebbe und der Flut.
                                              Es kommt ein Pantomime hinzu und zeigt unserem Protagonisten ein strahlendes Licht. Der Lichtstrahl zeigt eine Frau, von der er genauso angezogen wird, wie vom Mond.

                                              Genau wie der Mond ist auch sie unerreichbar für ihn, auch sie stößt ihn weg und zieht ihn an. Und langsam beginnt eine Mondfinsternis, die vielleicht das Ende seiner Sehnsucht darstellen soll, oder das Ende seiner Fähigkeit zu lieben.

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                                                Wunderbar trostlos fotografiertes Kriminaldrama mit einem glänzend aufspielenden Bruno Ganz in der Hauptrolle.

                                                Ich habe mich seit "Der Himmel über Berlin" nicht mehr mit Wim Wenders beschäftigt, irgendwann sah ich nochmal einen grottenschlechten Film von ihm, dessen Name sich mir längst nicht mehr offenbaren möchte. Eine innere Abneigung gegenüber diesem Regisseur bestimmte die letzten Jahre, bis ich zufällig auf "Der amerikanische Freund" stieß.

                                                Das Werk konnte mich schnell fesseln, ob der anregenden Geschichte, die hier in tristen und stillen Bildern erzählt wird. Das feucht-graue Hamburg bietet genau den richtigen urbanen Rahmen, für diesen tragisch eingefärbten Krimi.

                                                Bruno Ganz und Dennis Hopper harmonisieren auf eine seltsam subtile Art und Weise. Den einen plagt sein Gewissen, den anderen plagt seine Krankheit und über allem liegt der unvergleichlich eigenwillige Wenders-Schleier, der auf wenig Dialoge setzt und mehr Ausdruck, das gefiel mir gut.

                                                Leider baute die geschichtliche Dichte im letzten Drittel des Films reichlich ab, sodass mir die Szenen in der Villa von Tom Ripley unnötig vorkamen. Durch diesen inszenatorischen Ausflug, hatte der Film dann doch seine Längen.

                                                Letztendlich ist dieser Film für mich seit langem wieder mal ein passabler cineastischer Beitrag aus deutschen Landen.

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                                                  über Idioten

                                                  Lars von Triers hinkende Ode an das Idiotentum, ist vor allem mit einem breiten Grinsen zu quittieren.

                                                  Ich sabbre mit ihnen, ich spaste mit ihnen, ich rebelliere mit ihnen, ich erregiere mich mit ihnen, ich versage mit ihnen.

                                                  Eine äußerst originelle Idee, die uns da entgegen wabert. Auch ich habe schon öfters dran gedacht, den geistig Behinderten zu mimen, wenn in der S-Bahn mal wieder Kontrolleure auftauchen und um meine nicht vorhandenen Fahrkarte bitten.

                                                  "Eine gewisse Stumpfheit des Geistes scheint aber eine notwendige Eigenschaft, wenn nicht jedes aktiven Menschen, so doch jedes ernsthaften Geldsammlers zu sein.“
                                                  (Der Idiot)
                                                  -Fjodor M. Dostojewski

                                                  Die Akteure in "Idioten" haben sich aus scheinbar ideologischen Gründen dafür entschieden, der Gesellschaft ihren intoleranten Spiegel vor zuhalten. Die Moral kommt uns also im Rollstuhl entgegen, ihre Beine sind gelähmt - unfähig eigenständig zu funktionieren. Und so ist es auch in von Triers Film.
                                                  Stattdessen wird die Moral von der egoistischen Selbstreflektion angeschoben und dessen Kick, die Gesellschaft zu schockieren. Sie schieben also ihre Moral im Rollstuhl vor sich her und nehmen immer mehr Fahrt auf bis - ja bis die Kante des eigenen Scheiterns kommt, die Kante der eigenen Entlarvung. Der Rollstuhl kippt nach vorne und die Moral fällt auf den Boden, windet sich in sabbernd und in spastischen Bewegungen. Was übrig bleibt, ist die egoistische Selbstreflektion und das scheitern an selbst.

                                                  Doch wäre die Welt für geistig Behinderte nicht eine bessere, wenn überall solche "gesunden" Menschen diese imitieren würden. Ich denke schon, denn die meisten Menschen lernen ungewöhnliches schneller zu akzeptieren und als normal hinzunehmen, je öfter sie es sehen.

                                                  Ich denke man sollte aber "Idioten" immer mit einem humorvollen Auge betrachten, denn wer die Filme von Lars von Trier kennt weiß, dass die meisten wenn auch verkappte Komödien sind.

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                                                    Jimi Hendrix 22.11.2012, 16:16 Geändert 22.10.2019, 00:28

                                                    #26 der Amos-Vogel-Reihe: Film als subversive Kunst

                                                    Eine psychedelische Reise in den Erfindungsgeist des Menschen.

                                                    Mit schriller Drehorgelmusik begleitet uns Larry Jordan zu dem was war, zum dem was ist, zu dem was kommt und zurück zur Natur.

                                                    Wir sehen unchronologisch eingeblendet Glühbirnen, Uhren, Mondlandungen Ballons und vieles mehr.

                                                    Doch am Ende bleibt die Frage, was wirklich essentiell ist im menschlichen Leben - die Liebe.

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