Uli Kunkel - Kommentare
Die 5 meist diskutierten Serien
der letzten 30 Tage
-
UntamedUntamed ist eine Thriller aus dem Jahr 2025 von Mark L. Smith und Elle Smith mit Eric Bana und Wilson Bethel.+27 Kommentare
-
AdolescenceAdolescence ist eine Kriminalserie aus dem Jahr 2025 von Stephen Graham und Jack Thorne mit Stephen Graham und Owen Cooper.+7 Kommentare
Die 5 meist vorgemerkten Filme
-
Tron: Ares189 Vormerkungen
-
One Battle After Another134 Vormerkungen
-
The Toxic Avenger119 Vormerkungen
-
The Long Walk - Todesmarsch102 Vormerkungen
-
In die Sonne schauen79 Vormerkungen
Alle Kommentare von Uli Kunkel
Das dürfte euch nun vermutlich überraschen zu erfahren.
Es gibt keine Zeitreisen.
Hat es nie gegeben.
Wird es nie geben.
Denn Vergangenheit und Zukunft sind nichts weiter als mentale Projektionen des begrenzten, singularen menschlichen Verstandes.
Die einzige Wirklichkeit ist die des gegenwärtigen Augenblicks.
Alles andere ist Illusion.
POSITIV:
* William Friedkins kinetische Inszenierung. Das, so mutmaße ich mal, war vor vierzig Jahren absolut revolutionär. Die Dynamik, Energie und Kunstfertigkeit von Editing, Schnitt, Kameraführung, all das befindet sich im Vergleich mit guten aktuellen Produktionen noch locker auf Augenhöhe.
* Gene Hackmans intensive, rauh-harte Performance des obsessiven Cops Doyle.
* Realitätsnähe.
* Der wunderbar eingefangene Zeit- und Lokal-Kolorit des Brooklyn anno 1971.
NEGATIV:
* Eher schwache Charakterzeichnung. Man wird kaum dafür interessiert, was die Protagonisten sagen.
* Eher schwacher Spannungsbogen. Man wird kaum dafür interessiert, was die Protagonisten tun.
(Verfolgen und Beobachten zumeist)
* Worst. Sniper. Ever.
NEUTRAL:
* Der coole, schroff-elegante Jazz-Soundtrack, der allerdings manche Szenen einfach unpassend akzentuiert.
* Roy Scheider
HIGHLIGHTS:
* Die zentrale Verfolgungsjagd.
* Das Katz- und Mausspiel in der U-Bahn.
* Die hübsche Kontrastierung von Cop und Gangster in der Szene in welcher der französische Oberdealer feudal im warmen Restaurant speist, während Doyle draußen an seinem kalten Kaffee nippend sich den Arsch abfriert.
Niemand trinkt so cool und lässig ein Glas Milch wie Steve McQueen.
Die Autojagd durch die Straßen von Frisco und über den Freeway läßt auch heutzutage noch den Atem stocken.
Viel mehr gibt es eigentlich nicht zu erwähnen.
Vielleicht noch, daß sowohl Gangster als auch Polizei sich in der ersten halben Stunde an Inkompetenz zu überbieten versuchen. =)
Junge, der Film schleppt sich vielleicht langatmig und dröge dahin.
Irgendwie scheint mir sogar der sonntägliche "Tatort" spannender und interessanter und diesem Relikt vorzuziehen zu sein.
Wenn wenigstens die guten Charakter-Momente nicht so isoliert wären, wie etwa die Szene, als Bullitt mit seiner Frau an einem See steht und sie ihre Bedenken äußert, daß die Unmenschlichkeit mit der er sich tagtäglich konfrontiert sieht, ihn vereinnahmen und abstumpfen lassen könnte.
Hat seinen Klassiker-Status, ähnlich "French Connection", wohl vor allem der spektakulären zentralen Verfolgungsjagd zu verdanken.
Wenn's denn mal was mit Steve McQueen sein dürfte, empfehle ich eher "Cincinnati Kid" oder "The Great Escape".
*** Spoiler-Alert ***
"Looper" war einer der mit Spannung erwarteten Filme des Jahres. Würde er doch aufzeigen, wohin künstlerisch und kommerziell der Weg des talentierten und sympathischen Autoren/Regisseurs Rian Johnson führen würde. Es freut mich, daß er sich sowohl an den Kinokassen behaupten konnte, als auch von Kritikern und Publikum überwiegend wertgeschätzt wird.
Die Story von "Looper" entwickelt sich vom coolen, testosteronberauschten Noir-Gangsterflick in der futuristischen Großstadt sukzessive zu einem weltanschaulichen Charakterdrama auf der Farm. Wobei geradezu einzigartig und konzeptionell mutig ist, wie sehr man sich als Zuschauer im Verlauf genötigt sieht, sich zu jeder der vier Hauptfiguren neu zu positionieren. Da muß man mit einigen erstaunlichen, teilweise harten Wendungen klar kommen. Begeisternd, wie sehr hier die eigene Erwartungshaltung und Identifikation in die Irre geleitet und ausgehebelt wird. Wie mit jeder durchaus plausiblen und natürlich eingewobenen Entwicklung und Enthüllung, eine jede Figur in etwas anderem Licht als zuvor erscheint.
Die Zeitreise-Prämisse ist in ihrer Logik nicht völlig unangreifbar. Daß das mörderische Geschäft der Looper implementiert werden mußte und man die Delinquenten nicht einfach inmitten des Ozeans absetzt, kann man noch locker unhinterfragt akzeptieren. Warum die Looper allerdings nach dreißig Jahren selbst um die Ecke gebracht werden müssen, darauf bleibt uns das Drehbuch leider eine zufriedenstellende Antwort schuldig. Wenn der Film, wie hier, auf dramaturgischer Ebene funktioniert und uns für sich einzunehmen weiß, sollte man allerdings vermeintliche und letztlich nebensächliche Plot-Holes ignorieren können.
Die Maske hat mich jedoch etwas gestört. Mit einem unbekannten Schauspieler hätte das möglicherweise klappen können, aber Joseph Gordon-Levitt hat einfach bereits ein zu bekanntes und zu markantes Gesicht, um es irritationsfrei verändern zu können. Außerdem hat es ihn in seinem mimischen Vermögen sichtlich eingeschränkt. Er hatte wohl darauf zu achten, daß ihm beim Schauspielern das Kinn und die Wangen nicht abfallen. In diesem Punkt hätte man einfach auf Akzeptanz und Phantasie des Publikums vertrauen sollen.
Die Action kommt hart, punktuell und präzise inszeniert. Einzig, wenn der alte Joe sich mit Maschinengewehren und Granaten lässig durch die versammelten Reihen der Baddies ballert und sprengt, wird's kurzfristig unfreiwillig komisch. Wenn man schon eine kleine Hommage an "Die Hard" einbauen möchte, dann muß das bitte einfach glaubwürdiger gestaltet sein. So erinnert es eher an den finalen Shootout von "Raw Deal". Hätte man sich ganz sparen, sich in der zweiten Hälfte völlig von den Konventionen des Actionfilms lösen und ausschließlich auf das Drama und seine thematischen Implikationen konzentrieren sollen. Denn das ist, was "Looper" im Kern eigentlich ausmacht. Die Konfrontation der beiden Joes. Die junge Mutter, von deren Liebe zu ihrem Sohn das Schicksal der Zukunft abhängt. Welcher Mittel man sich zu bedienen bereit ist, um den Status Quo aufrecht zu erhalten oder den Verlauf der Ereignisse nach persönlichen Vorstellungen zu beeinflussen. Die Konsequenzen, die jede unserer Handlungen für uns und die uns nahestehenden Menschen zeitigen. Das Durchbrechen des Zyklus der Gewalt durch diese eine, diese motiviert selbstlose Tat.
Wenn der Klimax schließlich Zeitreise und Telekinese, Joe und Joe, Mutter und Kind, die unterschiedlichen Handlungsebenen und Motive am Rande des Maisfeldes zusammenbringt, ist man elektrisiert. Zwar wurde die Auflösung zuvor hinreichend angedeutet, aber mich hat sie trotzdem überrascht. Vor allem, weil Levitts Joe wie zuvor schon der von Willis, etwas tat, was ich ihm nicht wirklich hätte zutrauen wollen. Als die Maskierung der vermeintlich alternativlosen Tat fällt, bleibt als finale Charakterentwicklung konsquenterweise der einzig mögliche Ausweg seiner eigenen Opferung, um den letzten fatalen Irrglauben zu korrigieren und zu lösen.
* Spoiler-Warnung *
-
Aus der an Meisterwerken nicht eben armen Filmographie der Coen-Brüder ragen einige noch einmal dieses eine, dieses kleine ganz besondere Stückchen heraus. Wie beispielsweise dieser nette Streifen hier.
"Fargo" taucht sein vordergründiges Thriller-Setting ganz tief ein in einen minimalistischen Realismus, der den Kern seiner Charaktere entblättert und sie dem Betrachter in schlichter reiner Klarheit wie die schneebedeckten Landschaften des amerikanischen Mittelwestens erscheinen läßt. Die bei den Coens meist anzutreffende Groteske ist hier nur eine leichte Unterströmung. Die Geschichte und die Umgebung in der sie stattfindet, sind so greifbar real und authentisch wie sie nur sein können. Wenn wir zu Beginn augenzwinkernd darauf hingewiesen werden, das Folgende basiere auf tatsächlichen Ereignissen, dann glauben wir das anschließend unhinterfragt.
Im Mittelpunkt steht ein einfacher Plan, den unser Protagonist in einer fatalen Mischung aus Naivität und Verzweiflung in Bewegung setzt, um sich endlich den ihm zustehenden Erfolg und eine Lebenswirklichkeit nach seiner Vorstellung zu verschaffen. William H. Macy legt seine Figur Jerry Lundegaard in für den Zuschauer exakter Balance zwischen Fremdscham und Mitgefühl an. Er verleiht seinem Spiel präzise dosiert genau so viel emotionalen Nachdruck, daß seine Nuanciertheit, Subtilität und Glaubwürdigkeit stets vollkommen intakt bleibt. Eine beeindruckende, reife Leistung, die jede nur erdenkliche Auszeichnung verdient hätte.
Auch Steve Buscemis manisch-geschwätziger und Peter Stormares unberechenbarer, stoisch wortkarger, durchdringend kalt blickender Charakter sind einfach nur klasse. Wann immer diese beiden auftreten, macht sich eine unterschwellige Bedrohung bemerkbar, kommendes Unheil kündigt sich an - und tritt natürlich erwartungsgemäß, aber mit dennoch spürbarer Wucht ein. Den beiden Gangstern wird ebenfalls viel an Aufmerksamkeit geschenkt. Die Abgerundetheit der Charakterzeichnung zeigt sich einmal mehr als einer der größten Trümpfe im narrativen Ärmel der Coens. Himmel, sogar der Angestellte im Kassenhäuschen des Parkhauses, den wir nur zwei winzige Szenen lang zu Gesicht bekommen, wirkt wie geradewegs aus dem alltäglichen Leben gegriffen. Wenn er zum Opfer von Gangster Carls gewissenloser Impulsivität wird, dann trifft uns das mit einer unerwarteten emotionalen Ladung. Dieser Typ, das hätte jeder von uns sein können. Script und Inszenierung brauchen nur wenige Momente, um diese Identifikation zu etablieren.
Bemerkenswert finde ich die Lakonie und Beiläufigkeit mit der die Geschehnisse ineinander greifen. Mit der auch die Todesfälle sich ereignen oder zur Kenntnis genommen werden. Alles steuert in immer kleineren konzentrischen Kreisen unaufgeregt fatalistisch dem Ende entgegen.
Wenn Jerry Lundegaard schließlich verhaftet wird, er aus der einsamen, tristen Anonymität eines Motels in seinen Unterhosen, strampelnd und heulend ins grelle Tageslicht geschleift wird, ist dieses Bild die perfekte Projektionsfläche für die Summe all unserer eigenen miesen Entscheidungen und zweifelhaften Verhaltensweisen. Es steht symbolisch für die würdelose Konsequenz von unreifer Dummheit und rücksichtslos-egoistischer Ambitioniertheit, zu der wir alle uns möglicherweise hinreißen lassen könnten.
Der Unterschied zwischen ihm und der anderen Hauptfigur, Frances McDormands Marge Gunderson, ist vor allem - neben ihrem unkorrumpierbaren ethischen Kompass - daß sie vollkommen und aufrichtig mit dem zufrieden ist, was das Schicksal zu geben bereit ist. Währenddessen Jerry Lundegaard seinen Angestelltenstatus, die Kleinbürgerlichkeit und Provinzialität mit seinem Selbstwertgefühl als unvereinbar empfindet. Es gilt persönliche Erwartungen zu erfüllen und die Anerkennung von Schwiegervater Wade zu erringen. Da darf dann der Zweck schon mal die Mittel heiligen.
Man kann, wenn man denn unbedingt möchte, den Coens tendenziellen Pessimismus oder gar Fatalismus zuschreiben, was ihren cineastischen Blick auf die Welt und den Menschen betrifft. Vereinzelt verzerrt sich der Fokus, wie etwa in "Burn After Reading", zur leicht bitter schmeckenden, tragik-komischen Karikatur. Mit wenigen herzerwärmenden Augenblicken allerdings, welche die Beziehung von Norm und Marge Gunderson zeigen, rücken sie das Bild bereits wieder gerade. Das, was die beiden haben, würde man einem jeden einzelnen Erdenbewohner wünschen. Die Vertrautheit, Behaglichkeit und Wärme, mit der sich Marge und Norm begegnen und umgeben, bildet einen sicheren Schutz vor den zuweilen äußerst frostigen Verhältnissen, die schon unmittelbar vor der eigenen Eingangstür beginnen können. Die beiden wissen was sie aneinander haben, und gleichsam wissen sie es zu schätzen. Selten fühlte sich ein einfacher, rituell vor dem Einschlafen gemurmelter Satz wie "Ich liebe dich" ergreifender und wahrhaftiger an. Die gesamte Handlung hindurch trägt Marge, deutlich sichtbar, die konkrete lebensbejahende Manifestation dieser Liebe unter ihrem Herzen.
Die Vermessung der moralischen Distanz sowie der inneren Daseinsfreude, im Kontrast zwischen dem sozial orientierten Paar und den ganzen selbstsüchtigen Typen um sie herum, trägt beträchtlich zum Reiz des Filmes bei.
So ist denn "Fargo" formal ein Thriller, letztlich aber auch ein leiser Lobgesang auf Stabilität und Normalität des Alltäglichen, auf Zufriedenheit und Dankbarkeit hinsichtlich essentieller gemeinschaftlicher Werte.
"Wofür das alles?
Nur für ein bißchen Geld.
Sie wissen hoffentlich, daß es mehr im Leben gibt als das.
Heute ist doch so ein schöner Tag."
Bill Hicks war ein wirklich spannender, interessanter Charakter.
Diese biographische Dokumentation verwendet umfangreiches filmisches Archiv-Material, Interviews mit Freunden und Familienangehörigen, sowie genial animierte Fotographien, und bastelt daraus mosaikartig ein flüssiges Narrativ seines kurzen und bewegten Lebens.
Die politischen und gesellschaftskritischen Ansichten des "Noam Chomsky with Dick-Jokes" sind trefflich und absolut hörenswert.
Mein persönlicher Favorit ist allerdings dieses kleine karikaturhafte Bildnis männlichen Größenwahns:
http://www.youtube.com/watch?v=Gqtcb66Yeyo
Wenn er am Ende posiert wie eine griechische Götterstatue könnte ich mich jedesmal wegschmeißen.
Vielleicht sollte man sich wirklich mal das gesamte "Revelations"-Programm reinziehen und nicht nur die bekannten und brillanten "Kennedy"-, "Irak-Krieg"-, und "It's just a ride"-Bits. Vielleicht hilft das ein wenig darüber hinweg zu trösten, daß wir auf diese kompromißlos kommentierende Stimme in den letzten zwei Dekaden verzichten mußten.
See you somewhere out there Bill.
Nein. Das ist es nicht. Ich bin noch nicht zu alt für diesen Scheiß. Denn grundsätzlich weiß ich eine überdrehte Prämisse und überlebensgroße Performances durchaus zu schätzen. Ich nenne mal "Bad Lieutenant" oder "I Love You Philip Morris" als zwei herausragende Beispiele der letzten Jahre. "Oldboy" hingegen fand ich zunehmend ermüdend und albern. Zwar werden - wenn ich fortfahrend ein wenig spoilern dürfte - einige der seltsam anmutenden Verhaltensweisen schließlich durch einen lahmen Hypnose-Twist erklärt, aber das verschlimmbessert es eigentlich eher noch. Gähn. Da die Charaktere weder zuvor noch danach spürbares emotionales Gewicht aufzubauen vermögen, wirkt die Enthüllung des Verwandschaftsverhältnisses wie ein billiger Taschenspielertrick im Dienste der Handlungsmechanik.
Vor allem möchte man den männlichen Hauptfiguren und ihren kleinen, kindischen Rachegelüsten zurufen: Grundgütiger! Werdet doch einfach mal erwachsen, ihr beiden Vollpfosten! Auch das Konzept, nicht mit persönlicher Schande leben zu können und sich unbedingt von der Brücke stürzen zu wollen, besitzt wahrscheinlich im asiatischen Kulturkreis etwas mehr Glaubwürdigkeit.
"Oldboy" wirkt auf mich gewollt künstlerisch, gewollt schockierend und gewollt theatralisch. Ich kann Drehbuch und Inszenierung schwerlich ernst nehmen, wenn sie das Drama (Baby, Drama!) ständig auf die Elf hochregeln wollen. Der bemüht-angestrengte Animateur, der einen ganz dringend zum mitfühlen und -leiden bringen möchte, ist zu augenscheinlich. Es kommt letztlich rüber, als leide das Script unter einem cineastischen Tourette-Syndrom: ... ISOLATION ... SCHWERMUT ... KALMAR ... FOLTER ... SCHMERZ ... VERZWEIFLUNG ... INZEST ... RACHE ... SEX ... GEWALT ... RACHE ... SEX ... INZEST ... SUIZID ... SEELENQUAL ... SELBSTVERSTÜMMELUNG ... SUIZID ... RACHE ...
Mag sein, daß einem alten Sack wie mir der Sinn für etwas pathetisch-adoleszenten Spaß mittlerweile abgeht. Zumindest zu dieser hier präsentierten, arg konstruiert wirkenden Form, in all ihrer glorreichen Absurdität, fehlt mir leider völlig der Zugang. Dabei scheint sich hinter all den großen Gesten und stylischen Bildern sogar eine authentische kleine Parabel zu verbergen.
So. Fanboys. Jetzt dürft ihr mich grillen.
Eine herzergreifende Ballade um eine Beziehung zweier recht unterschiedlicher gesellschaftlicher Außenseiter, über räumliche und zeitliche Distanz hinweg, die sich nicht scheut, thematisch auch dunklere Bereiche zu betreten und auszuloten.
Ein Film darüber, wie es die kleinen, unscheinbaren Dinge sind, welche die Welt zu einem freundlicheren Ort machen.
Darüber, wie schicksalhafte Zufälligkeiten eine Brücke zwischen den inselhaften Individuen bauen. Wie man diesen Zugang, das wechselseitige Vertrauen ausbaut, pflegt, vertieft.
Und darüber, wie es vielleicht genau nur diesen einen Menschen braucht, mit all seinen Eigenheiten und Unzulänglichkeiten, um für einen anderen den Unterschied zu machen. Wie jedes noch so eingeschränkte, isolierte oder scheinbar gescheiterte Leben seine Berechtigung und Bedeutung hat.
Es ist immer wieder erstaunlich und hübsch anzusehen, wie sehr dieser Film zu polarisieren und blankes Unverständnis hervorzurufen vermag.
So unnötig wie von meinem inneren Faultier zutiefst abgelehnt, fühle ich mich am heutigen Tage dennoch herausgefordert, meine eigene Interpretation in den Jahrzehnte schwelenden Diskurs um dieses Werk kurz dazwischenzurotzen.
Die grobe Rahmenhandlung ist in drei klar von einander unterscheidbare Abschnitte gegliedert, von denen jeder einen evolutionären Entwicklungsschritt abbildet. Sie erstreckt sich von der Dämmerung der Menschheit und der Erlangung ihrer höheren kognitiven Fähigkeiten, über das Angelangen an den Grenzen von Rationalität und Technologie, bis hin zur Transzendierung der menschlichen Limitierung und Stofflichkeit im Hineingeborenwerden in eine neue kosmische Lebensform.
Im ersten Teil werden wir Zeuge, wie eine Horde von Affen zur grundlegenden Form der Intelligenz gelangt, erstmals befähigt ist, Werkzeuge und Waffen zu benutzen und entwickeln. Dies läßt sie zum Herrscher über die Natur werden.
Im zweiten Teil ist die Menschheit bereits hochentwickelt und steht mit Hilfe ihres bedeutendsten Werkzeuges, ihres Verstandes, an der Schwelle des Kosmos. Dieser führt jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt: der Meisterung der stofflichen Welt, der Ebene der materiellen Dimension. Die zentrale Thematik dieses Teils ist der Preis, den wir bezahlen, wenn wir uns ins Gefängnis der puren Vernunft einschließen. Alle Charaktere wirken distanziert, kontrolliert, leblos. Am augenfälligsten wird dies bei dem Ferngespräch von Heywood Floyd mit seiner kleinen Tochter, das, zudem über einen Bildschirm geführt, von seiner Seite so sachlich und formell wie alles andere menschliche Verhalten in dieser Zukunft wirkt. Der Intellekt analysiert und läßt die Wirklichkeit in Gegensatzpaare zerfallen. Seine Schöpfung, die Technologie, führt uns zusammen und trennt uns zugleich wieder von einander. Endpunkt und Symbol der puren Vernunft ist schließlich der Computer HAL 9000. Sein Austicken und schließliches Abgleiten in tödliche Paranoia versinnbildlicht die Schattenseiten dieser ausschießlichen Weltwahrnehmung. Der heraufziehende und letztlich offen zutage tretende Konflikt mit der Mannschaft ist nach dem bisherigen ausgeglichenen, trancehaften Verlauf eine Irritation allererster Kategorie. Es bricht die zentralste thematische Auseinandersetzung unter der glatten unterkühlten Oberfläche hervor. Das ist auch der Moment, wenn erstmals etwas Lebendigkeit in die Figuren kommt, sie aus ihrem routinierten Dämmerschlaf gerissen werden. Erst als HAL deaktiviert werden kann, läßt sich die Mission zum Rendezvuos mit der Unendlichkeit fortsetzen.
Der Verstand und die Formalitäten mit welchen er sich befaßt, machen nur einen geringen Bereich des Seins aus. Wahrhaftige Freude, Sinnhaftigkeit und Erfüllung sind nur jenseits davon zu erfahren.
Schön veranschaulicht dies partiell ein Dialog aus einem anderen dieser langweiligen Sci-Fi-Streifen namens "Contact":
Palmer Joss: [Ellie challenges Palmer to prove the existence of God] Did you love your father?
Ellie Arroway: What?
Palmer Joss: Your dad. Did you love him?
Ellie Arroway: Yes, very much.
Palmer Joss: Prove it.
Im finalen dritten Teil stürzen wir mit Dave Bowman durchs Sternentor und mitvollziehen seine Transformation zum Sternenkind. Diese Sequenz ist die Kulmination dessen, was mit Bildern und Musik ausdrückbar ist. Jenseits davon wartet nur noch selige Stille und allsagendes Schweigen.
In der letzten Einstellung kehrt was zuvor Dave Bowman war zur Erde zurück. Zu den eindrücklichen Klängen von Richard Strauss' Ouvertüre zu "Also sprach Zarathustra" schwebt die neugeborene Wesenheit als Herold kosmischer Entitäten über dem Planeten. Bereit, die Menschheit auf ihrem langen Weg zu den Sternen zu begleiten.
In direktem ursächlichen Zusammenhang mit all diesen evolutionären Sprüngen steht der schwarze Monolith, eines der ikonischsten Mysterien der Filmgeschichte. In Arthur C. Clarkes Buch wird auf seine Herkunft und Funktionsweise näher eingegangen, aber mir gefällt, welch undurchdringliche und rätselhafte Präsenz er hier vermittelt.
Überhaupt ist es mutig von Stanley Kubrick, sich allzu vordergründiger Erklärungen und Exposition zu verweigern und größtenteils der überwältigenden Ästhetik seiner Bildsprache zu vertrauen. Außerdem sind all die langen Einstellungen von Raumschiffen, ihr schwereloser Tanz zu klassischer Musik, die sorgsamen Kompositionen der Aufnahmen und die meditative Erzählweise einfach wundervoll. Seine gesamte formale Machart ist bereits ein betörendes Alleinstellungsmerkmal. Man kann das langweilig und prätentiös finden oder poetisch und einzigartig kunstvoll.
Wenn man allerdings den metaphysischen Aspekt nicht erkennt oder ablehnt, ist der Film inhaltlich natürlich nicht mehr viel wert. Schließlich ist die Überwindung des rein Rationalen und Gegenständlichen ja gerade ein zentrales Thema. Das ist, als ob man einer Henne den Kopf abschlägt und sich anschließend wundert, warum sie keine Eier legt.
Abschließend ein Schlüssel zu diesem Werk durch ein seine letzten zehn Minuten erläuterndes Video:
http://www.youtube.com/watch?v=lj-OlW83b6U&feature=related
*
*
*
Jupiter ... and beyond the infinite.
Persönliche Verbundenheit ist das, was uns Anteil nehmen, was uns wach und lebendig am Geschehen teilhaben läßt.
Zentral für die Einschätzung von "Die Verurteilten" ist, in wie fern wir uns mit Andy Dufresne identifizieren können. Das und nichts anderes ist der Punkt. Er ist einer der zugänglichsten und zugleich abgerundetsten Charaktere, die jemals die Leinwand bevölkerten. Seine einen weiten Bogen ziehende Entwicklung durchläuft einige der Stadien und viele Erfahrungen der menschlichen Kondition unter restriktiven Umständen und ist die nahezu perfekte Projektionsfläche. Seine Geschichte ist ein Erlösungsdrama, ist der lange Weg von Verdammnis zu Befreiung, aus der Dunkelheit ins Licht.
Man wird sich schwer tun, grundlegendere, wirkmächtigere und reiner ausformulierte Motive zu finden.
Das Ende einer Ära.
Sehr naturalistische Begleitung des letzten Trecks von Cowboys und deren Herde Schafe durch die bergigen Weiten Montanas zu den sommerlichen Weideflächen.
Dabei nehmen sich die Filmemacher selbst sehr zurück, treten weitestgehend in den Hintergrund. Sogar auf musikalische Untermalung und auf erklärendes Voiceover wurde gänzlich verzichtet.
Schade eigentlich, daß im Format 4:3 gedreht wurde und die Ausblicke auf die majestätischen Bergmassive somit optisch sehr beschnitten sind. Wahrscheinlich den Umständen geschuldet, da man in solch unwegsames Gelände natürlich kaum größere Ausrüstung mitschleppen kann. Aber es paßt andererseits zum Fokus, der sich ganz klar und unmittelbar an Mensch und Tier orientiert.
Die Doku bietet ausgedehnte Einblicke in die Lebenswirklichkeit auf der Schafsfarm und die rauhe, schwierige Reise, die sich kaum von denen in den Jahrhunderten zuvor unterscheiden dürfte.
Meine Wertung fällt trotz des spannenden, außergewöhnlichen Themas und der sympathischen Präsentation deshalb so niedrig aus, weil ich leider nach 55 Minuten abbrechen mußte. Einerseits hatte ich das Gefühl genug gesehen zu haben, vor allem jedoch ging mir das unablässige Geblöke dieser vielzähligen, kleinen, wolletragenden, duldsamen Wesen ungeheuerlich auf die Nerven. Was mir noch zusätzlichen Respekt für die Cowboys abnötigte.
Määääh. Määääääääh. MÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄH.
Ein Drittel intellektuelle Überambitioniertheit, ein Drittel Unverständliches und Redundanz, und ein Drittel bemerkenswerte analytische Einsichten. So zumindest stellt sich Slavoj Zizeks bebilderter Vortrag dar, wenn man keine Philosophie und Psychoanalyse studiert haben sollte.
Dabei bleibt sein Blick auf's menschliche Bewußtsein durch die Linse der Kamera stets interessant und unterhaltsam.
Falls ihr euch die Laufzeit von 150 Minuten dennoch ersparen wollt, hier mal ganz lässig die Zusammenfassung in einem Satz: Die Fiktion des Kinos ist noch realer als die Realität, denn dort bildet sich die unbewußte Wirklichkeit unserer Ängste und Begierden ab, dort erwachen sie zum Leben.
Was war gleich noch mal das Problem an "ganz vielen glücklichen Oma Abigails und Tante Heathers"?
Könnte mir vorstellen, daß diese in dem Film menschliche Qualitäten erkennen, für die sie Mr. Vega ähnlich sensibilisieren könnten, wie dieser sie für die Stereotypen. Sofern er eine Begegnung auf Augenhöhe für angebracht hielte.
Mr. Vega fand die Inszenierung zahnlos, voller Klischees und sagt, er hätte sich profund gelangweilt?
Yeah, well, you know, that's just, like, your opinion, man.
"Our Idiot Brother" ist einer von diesen kleinen, harmlos scheinenden Filmen, die man gerne mal beiläufig mitnimmt oder gleich völlig übersieht. Die jedoch gerade in ihrer sympathischen Unaufgeregtheit so herzerwärmend nahe gehen können.
Es ist faszinierend, das hippieske Idealbild Ned (Paul Rudd in vollem The Dude-Modus), geradezu die Verkörperung von Güte, Liebenswürdigkeit, Vertrauen, Naivität und zur Geschwätzigkeit neigenden rückhaltlosen Ehrlichkeit, durch die Komplexität unterschiedlicher Familien und Paare kreiseln zu sehen.
Durch seine bloße Anwesenheit fordert er die Lebenswirklichkeit der Menschen um ihn herum heraus.
Ein Film sprudelnd vor erfrischendem Charme, Witz und beschwingter Leichtigkeit. Der trotzdem nachdenklich zu stimmen vermag.
Für das ein Spürchen zu perfekte und wohlfühlige Ende hätte es beinah ein wenig Abzug gegeben. Aber ich tauschte mit Ned einen imaginierten Fistbump mit Daumen aus und denke mir: paßt schon.
* Beware of the SPOILER! *
Langjähriges Paar oder frische Bekanntschaft? Fälschung oder Realität? Mit dieser Fragekonstellation stürzen wir uns in ein Kaleidoskop menschlicher Begegnung.
Von der Schwierigkeit respektive Unmöglichkeit die Realität objektiv und unverfälscht wiederzugeben war ja bereits Abbas Kiarostamis filmisches Debut von 1990, die Dokumentation "Close-Up" gekennzeichnet. Die inhaltlichen Parallelen zu diesem zwei Dekaden und einen Kulturkreis entfernt liegenden Werk sind erstaunlich.
Man sollte auf jeden Fall ein wenig Geduld und eine hohe Toleranz gegenüber einer gesprächslastigen Inszenierung mitbringen, um in dieses kleine Meisterwerk namens "Certified Copy" eintauchen zu können.
Zugegeben, gelegentlich drohen die Dialoge in prätentiöses Geschwurbel abzugleiten. Wenn, dann dient es gerne mal, wie beispielhaft in der auffälligst intellektuell aufgeladenen Szenerie auf dem Marktplatz, zur thematischen Verdeutlichung. Elle versucht ihm über den metaphorischen Umweg, anhand der Statue im Brunnen, ihre Bedürfnisse zu vermitteln. Weitschweifig und verklausuliert. Sie holt sich zur erläuternden Unterstützung sogar ein älteres Touristenpaar hinzu. Ihr Mann James versteht die Signale nicht. Das Bild einer gestörten Kommunikation. Von über die Jahre hinweg abgestumpfter Intuition und Aufmerksamkeit für einander. Erst, als der ältere Mann ihn mit einem ganz simplen Hinweis die Richtung aufweist, vermag er zu erkennen, welches Verhalten angebracht ist und kann seine Distanziertheit überwinden. Manchmal sind wir außerstande unseren Wünschen adäquat Ausdruck zu verleihen und andererseits das Einfache, das Richtige zu tun. Aber wie James bei anderer Gelegenheit bereits sagte: "I'm afraid there's nothing very simple about being simple."
Durch Shimells und Binoches präzise und jederzeit glaubwürdige Darstellung verfällt "Certified Copy" nie in eine kopflastige Versuchsanordnung, sondern behält Authentizität und Zwischenmenschlichkeit.
"Es gibt keine zwei Zypressen die sich völlig gleichen." Die Einzigartigkeit ist ein weiteres nebenbei eingeflochtenes Thema. So werden uns sowohl die beiden Protagonisten in unterschiedlichen Stadien gezeigt und sie begegnen anderen Paaren mit gänzlich anderen Beziehungsmustern und Lebensentwürfen. Die verwirrende Vielfalt der Möglichkeiten gibt immer wieder Anlaß zu neuen Denkanstößen. Und Staunen. Sofern man sie wahrnimmt.
Wir erleben den Widerspruch der gegensätzlichen Betrachtung zwischen der Verheißung der augenblicklichen Illusion und dem Geschmack der zurückgelegten Wegstrecke. Und reflektieren unsere Lust am Geschichtenerfinden und Rollenspiel.
Die Toskana gibt einen wunderbar cinematischen Hintergrund ab für dieses herausfordernde widersprüchlich reflektive Spiegelkabinett.
Ein Film über unterschiedliche Perspektiven und wie die jeweils eingenommenen unsere Bewertung der Dinge und Geschehnisse bestimmen. Symbolisch angedeutet mit dem Frauenbild im Museum, das man Jahrhunderte lang fälschlich für ein Original hielt. Wie verändert eine unerwartete Information unsere Einstellung? Können verschiedene Varianten derselben Konstellation reibungsfrei nebeneinander koexistieren? Vielleicht ist genau das der Punkt, den der Film machen möchte. Es ist relativ. Unsere Meinung kann nur subjektive, auf unseren eingeschränkten Erfahrungen beruhende Gültigkeit für sich beanspruchen. Was ist, und was wir davon halten, sind zwei unterschiedliche Dinge. All unsere Hoffnungen und Erwartungen sind flüchtige Wölkchen, sich formend und auflösend über dem was eigentlich Gewicht und Substanz hat, der Wirklichkeit des gegenwärtigen Augenblicks.
Konsequenz beweist das Drehbuch schließlich auch mit dem offenen Ende. Wir wissen nicht, für welche Zukunft sich die beiden Protagonisten entscheiden werden. Welche auch immer es sein wird, es wird der Beginn eines neuen Kapitels einer unverwechselbaren und einzigartigen Geschichte sein.
Allein schon der emotionale Gehalt und die stimmungsvolle Atmosphäre, das Schauspiel und die schiere inszenatorische Qualität einzelner Szenen sollten hier bereits für ein gelungenes cineastisches Erlebnis ausreichen.
Manche Werke gehen jedoch über bloße Unterhaltung sowie das Offensichtliche hinaus.
Sie fordern zu einer Auseinandersetzung mit ihnen auf.
Wenn man die Herausforderung von "Mulholland Drive" ausschlägt, bringt man sich um den eigentlichen Spaß - und um eine wirklich tragfähige Diskussionsgrundlage.
Denn man kann den Film und seine symbolische Bildsprache durchaus verstehen.
Wenn auch auf unterschiedliche Weise.
Habe ihn bislang erst einmal gesehen, aber durch die ausgiebige nachträgliche Beschäftigung damit gefällt er mir zunehmend besser.
Mittlerweile freue ich mich schon ungemein auf die Zweitsichtung.
Grundsätzlich ist "Mulholland Drive" eines der bislang vielschichtigsten auf Zelluloid gebannten Psychogramme. Ein surreales Kaleidoskop menschlicher Wünsche, Sehnsüchte, Hoffnungen, Ängste und Schuldgefühle, der Beziehungen, Träume und Identitäten in denen wir uns verlieren.
***
Die beiden Nutzer fkfilmkritik und sainTz posteten dankenswerterweise weiter unten zwei lesenswerte und belastbare Interpretationen. Möchte sie bei dieser Gelegenheit nochmals für alle Interessierten in die Runde werfen.
Falls ihr mit dem Inhalt von "Mulholland Drive" noch unvertraut seid und euch die betörende, rauschhafte Irritation der ersten Begegnung bewahren möchtet, solltet ihr davon absehen, weiterzulesen.
***
Wenn man ganz tief in Determinismus und das existenzielle Rollenspiel eintauchen möchte, gespickt mit einem ordentlichen Strauß Philosophie- und Literaturbezügen:
http://www.schmidtconsult.ch/archpub1/wear6_art_MulhollandDrive_FWittchow_031207.pdf
Die obige PDF ist übrigens deshalb so spannend, weil ihre steilen Thesen die weitläufig kolportierte Auffassung, die ersten zwei Stunden seien nur ein Traum, geschickt zu unterlaufen wissen. Umfangreiche Lektüre, die ich aber sehr genossen habe. Auch, da sie schön aufzeigt, daß der Film den Spielraum für recht unterschiedliche Interpretationen anbietet.
***
Diese Einschätzung des Films ist etwas schlichter und wesentlich kompakter gehalten, aber durchaus ebenfalls brauchbar:
http://forum.cinefacts.de/12069-mulholland-drive-jemand-eine-erklaerung.html
***
Desweiteren möchte ich noch diesen unterhaltsamen wie einsichtsreichen Podcast bewerben:
http://www.firstshowing.net/2012/tgb-breakdown-ep-7-lynchs-mulholland-dr-guest-film-crit-hulk/
Die beste und präziseste Zusammenfassung, die ich kenne. Als Einstieg wärmstens zu empfehlen. Zudem wird der Gehalt des Films hier absolut einnehmend sympathisch kommuniziert. Sollten während dieser Stunde nicht mindestens mehrere Dutzend AHA! und WOW! Momente auftreten, wäre ich doch sehr verwundert.
***
Der bei obigem Podcast verlinkte Text von Film Crit Hulk ist übrigens brillant bis ins letzte Detail vordringend und ausleuchtend.
http://badassdigest.com/2012/03/04/film-crit-hulk-smash-hulk-vs-the-genius-of-mulholland-drive/
Für Fans und Leute, die "Mulholland Drive" bis in die subtilsten Bedeutungsebenen, Anspielungen und Verknüpfungen nachvollziehen möchten, ein echtes Lesevergnügen.
***
Manches Detail läßt sich sicher unterschiedlich interpretieren, aber nichts am grundsätzlichen Aufbau oder Inhalt von "Mulholland Drive" ist beliebig oder zufällig.
Man darf natürlich ein gewisses Maß an verschlüsselter Symbolhaftigkeit und narrativer Diskontinuität erwarten, wenn die Perspektive hauptsächlich durch das Unterbewußtsein des Protagonisten gefiltert wird.
Durch diesen dramaturgischen Kunstgriff erfahren wir allerdings sowohl unglaublich viel über den exemplarischen Charakter von Diane Selwyn, sowie jenen der menschlichen Konstitution im allgemeinen.
*
*
*
Silencio!
Die Enttäuschung des Kinojahres.
Der unmittelbare Nachgeschmack fühlte sich bereits schal und verdorben an.
Doch je mehr man anschließend versucht das Gesehene nachzuvollziehen, desto verarschter kommt man sich vor.
Nach diesem Feuerwerk der Albernheiten bin ich doppelt dankbar, seinerzeit sechs Staffeln "Lost" nonchalant aus dem Weg gegangen zu sein. Dort stellte sich wohl ebenfalls so manches als überhitzt dahinphantasiertes Mysterienspiel heraus.
Drehbuchautor Damon Lindelof wirft auch in "Prometheus" allerlei Bälle in die Luft: Wissenschafts- und Glaubensthemen, einen bunten Strauß an Charakteren, Jahrtausende alte Elementarfragen. Anschließend zeigt er leider wenig Antrieb mit ihnen zu spielen, kunstvoll mit den Andeutungen zu jonglieren, sie sinnvoll zusammen zu führen und zu einer homogenen Geschichte zu verdichten. Alles fällt statt dessen hinter ihm zu Boden und der Zuschauer darf sich bemühen, den einen oder anderen Ball vielleicht doch noch aufzufangen. Vieles geschieht, aber daran Anteil zu nehmen wird einem zusehends verunmöglicht.
Im letzten Drittel verkommt der Film gar zur lustlosen Aneinanderreihung von Szenen voller Aktionismus und Monstrositäten, zu einer unmotivierten, ins Lächerliche abgleitenden Freakshow mit einem willkürlich hoch gehaltenen Erzähltempo. Da kommt kaum Spannung auf. Im Gegenteil, mit jeder Wendung, mit jedem neuen Plot-Element nimmt die Irritation zu, führt sich die Drehbuchmechanik mehr ad Absurdum. Schön natürlich, wenn man einen Allzweckstorykatalysator wie diesen schwarzen Schleim zur Hand hat. Das erklärt zumindest bequem die ganzen abenteuerlichen Mutationen. Beim Finale angekommen ist dieses Panoptikum schließlich nur noch ironisch, als Parodie seiner selbst zu ertragen. Somit funktioniert "Prometheus" nicht einmal affektiv.
Irgendwie erscheint es ob der ganzen Parallelen sowieso wie ein "Alien"-Remake, bei dem mit aller Gewalt versucht werden soll, dem Original noch mal ordentlich eins draufzusetzen. Was letztlich gnadenlos scheitert. Das Gefährt wurde brutal gegen die Wand gedonnert ohne den Hauch von Bremsspuren zu hinterlassen.
Weniger ist manchmal doch mehr.
Um zwischendurch mal was Nettes zu sagen: Das Produktionsdesign ist wunderbar, ebenso wie das Schaupiel von Michael Fassbender in der ersten und Noomi Rapace in der zweiten Hälfte. Weitere Highlights sind die beiden Dialoge zwischen David & Holloway, sowie Vickers & Weyland.
Konträr zum sukzessiven Versumpfen in B-Horrorfilm-Klischees verläuft die schwächelnde Entwicklung der Charaktere und deren Motivationen. Vor allem problematisch und geradezu verschenkt sind hier Weyland und David, sowie natürlich die enigmatisch handelnden Schöpfer. Die potenziell aufregende, cinematisch und thematisch ungeheuerliche Möglichkeiten eröffnende erste Begegnung zwischen Mensch und Außerirdischem - sie implodiert in purem Slapstick.
Unfaßbar.
Selbst wenn die Zivilisation näher beleuchtet und der ideologische Hintergrund der Schöpferrasse im nächsten Film halbwegs plausibel gemacht werden sollte, woran ich ernsthaft zweifle, müssen wir mindestens zwei Jahre darauf warten. Toll. Wirklich ganz toll.
Lindelof, Scott und Co. haben bei mir erst mal allen Kredit verspielt. Die Fortsetzung kann also eigentlich nur noch positiv überraschen.
"Prometheus" ist wahrscheinlich der meist diskutierte Streifen des Jahres, weshalb ich es mal dabei bewenden lasse.
Zumal sich einige Leute bereits die Mühe machten, dem ganzen Durcheinander bis an die Wurzel zu gehen.
Beispielsweise hier:
http://www.slashfilm.com/prometheus-review-big-small-beginnings-small-beginnings/
Oder hier:
http://redlettermedia.com/half-in-the-bag-prometheus/#comment-554844026
Traurigerweise sind diese beiden Reaktionen bei weitem unterhaltsamer und intelligenter als das Objekt ihrer Betrachtung.
"And when you look at it carefully, this really is a movie that favours the vastness of it's set pieces, and it's 3D and it's CGI more than it's story, themes or characters."
Trauerverarbeitung ist das zentrale Thema.
Wobei dem jungen Protagonisten TJ in den Verlauf des Filmes hineinkomprimiert noch so einiges mehr an Problematiken zugemutet wird.
Dramen, in denen die entscheidenden Anstöße von einem ins Geschehen geworfenen unorthodoxen Charakter ausgehen, gab es sicher schon eine ganze Reihe. Der anarchistische Hesher dürfte allerdings zu den krassesten unter den ungerufenen Therapeuten gehören.
Trotz der Vielzahl an verhandelten Aspekten und mancher dramaturgischer Überhöhung wirkt der Film weder überladen, noch leidet die Glaubwürdigkeit seiner Figuren, weil er sie und damit den Zuschauer ernst nimmt.
Die Grundstimmung ist entsprechend der Prämisse konsequent schwermütig und verweigert sich allzu einfacher katharsischer Erleichterung.
Ganz so wie bei einem guten elegisch-epischen Metal-Song.
"Das Dschungelbuch"
"Bernhard und Bianca"
"Eine Faust geht nach Westen"
"E.T."
Alle, an die ich mich spontan erinnern kann.
War jedes mal ein Fest.
Die größten Feiertage des Jahres.
Akribisch über meinen Filmkonsum führe ich erst Buch seit ich bei Moviepilot gelandet bin. =)
Wenn ich mal spoilern dürfte:
Zwei verlorene Seelen. Robert Pattinson spielt einen von sich und seiner Umwelt entfremdeten Multimilliardär den sein Ausbruch aus Leere und Gefühllosigkeit in einen Selbstzerstörungstrip führt, und Paul Giamatti einen verzweifelten Loser, der seinem Dasein etwas Sinn verleihen möchte, indem er ersteren umbringt. Die beiden finden auf schicksalhafte Weise zueinander.
Es wird während dessen unaufhörlich ein Blech daher geredet, daß das gesprochene Wort völlig seine Bedeutung zu verlieren droht.
Dann gibt's noch zweimal Sex, einen Mord, mehrfach verweigerten ehelichen Beischlaf, etwas Rattensymbolik, einen Haarschnitt und eine Prostata-Untersuchung.
Hübsche Oberfläche, wenig dahinter.
Fazit: "Twilight" für Intellektuelle.
Der charmante Gipfel des schlechten Geschmacks, der politischen Unkorrektheit, Sittenverrohung, Verderbtheit und überzogener Gewalttätigkeit!
Das ganze bizarre Spektakel wird natürlich veredelt mit einer profunden ökologischen und gesellschaftskritischen Botschaft.
Angereichert desweiteren mit viel abgründigem Humor und der anrührendsten Romanze aller Zeiten.
Ein ungeschliffenes Juwel kompromißlosester toxischer Filmkunst!
Einfach ein paar Freunde einladen, Nüsschen bereitstellen, wohltemperiertes Bier servieren, Nervenenden anspannen, "Toxic Avenger" einlegen, sich zurücklehnen und in vollen Zügen gemeinschaftlich genießen!
Ihr werdet Kultur, die 1980er, ach was, die gesamte Welt mit anderen Augen betrachten als zuvor!
Welterleben.
Mensch und Natur, die Schönheit und Vielfalt der Erde, eingefangen und vermittelt durch prachtvolle Bilder und betörende Klänge.
Im Mittelteil verstören einige Einstellungen des Elends, wird Kritik geübt an Gesellschaft und Konsumismus, werden die destruktiven Neigungen des Menschen in voller unverschwiegener Ehrlichkeit angedeutet.
Dead Can Dances "The Host Of Seraphim" bildet, wen wundert es, den herzstückhaften emotionalen Höhepunkt. In diesem wunderbaren Song vermählt sich irdisches Leid mit überirdischer Schönheit und Losgelöstheit.
"Baraka" ist eine ästhetisch überwältigende Zelebrierung des Lebens, der Individualität und der Hingabe sowohl an die vergänglichen Erscheinungsformen wie an den allem zugrunde liegenden Weltengeist.
Keinerlei erläuterndes Voiceover stört die Szenerien. Sofern der eigene Verstand sich nicht zu sehr unterspaßt fühlt, kann diese spirituelle audio-visuelle Reise ihre volle alphawelleninduzierende Wirkmächtigkeit entfalten.
See you somewhere out there.
Grandiose, augenzwinkernde, liebevolle Dekonstruktion des Horror-Genres und zugleich ein valider Eintrag in selbigem.
Sehr clever, wie der Film außerdem die Motivation des zugehörigen Publikums hinterfragt.
Ein mehrere Metaebenen hinabreichender Heidenspaß.
"Sudden Death" - JCVD wütet mit einem Eishockey-Maskottchen, in dem eine Killerin steckt, durch die Stadion-Küche.
Priceless.
http://www.youtube.com/watch?v=udBAYuS5jgw
Die universellen menschlichen und emotionalen Qualitäten, die Handlung und Charaktere wunderbar vermitteln, sind genau das, was viele Leute bewegt und für den Film einnimmt.
Daß er dabei manipulativ alle dramaturgischen Register zieht, wird von den meisten offensichtlich entweder nicht bemerkt oder als störend empfunden.
Mangelnde Zielgerichtetheit kann aber auch zu Beliebig- und Belanglosigkeit führen. Das wäre dann das andere Extrem. Das ganze Spektrum hat seine Berechtigung. Wie könnte es auch anders sein. Bewußter Umgang des einzelnen Zuschauers mit den vorgegebenen Stilmitteln ist die einzige Lösung. Diesbezüglich dürfen wir alle gerne beständig dazulernen.
Fand Vincents Durchdeklinierung der filmischen Elemente und Plotpunkte ziemlich aufschlußreich, aber seine abwertenden Schlußfolgerungen können nur subjektive Gültigkeit beanspruchen.
In jedem Fall trägt eine solche Auseinandersetzung zur Schärfung des analytischen Auges und kritischen Bewußtseins bei. Ist also begrüßenswert.
Die scharfe Polemik ist allerdings gelegentlich etwas schwer verdaulich. Aber andererseits auch wieder unterhaltsam.
Hach, der Vince, er polarisiert auch mich. =)