Uli Kunkel - Kommentare

Alle Kommentare von Uli Kunkel

  • 7

    Eine kirgisische Nomadenfamilie im Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Zukunft, Tradition und Moderne.
    Ein leiser Film mit interessanten Einsichten in einen weiteren vergehenden ursprünglichen Teil unserer Welt, mit all seinen naturverbundenen Alltäglichkeiten und Mythen.

    • Hatte von der Neuauflage gehört. Ignoriert, da ich den Hype der Originalserie in den Neunzigern fast so wenig nachvollziehen konnte, wie den von Buffy. Dann drückte mir ein Freund, der nichts unversucht läßt, mir seine Variante der 1990er-Popkultur schmackhaft zu machen, die dritte Episode auf's Auge.
      Vermutete vorurteilsbehaftet, man könne der Sache nur mit begleitendem Farbschnüffeln etwas abgewinnen. Aber hey. Wirklich nicht übel.
      Sehr schmunzelig und selbstironisch.
      Nehme mal an, diese absurde Comedy ist die Ausnahme von der Mystery-, Horror-Thriller Regel.
      War angenehm entertaint.
      Fortfahrend spoilert's:
      Die perspektivische Groteske und augenzwinkernde Satire durch den unfreiwilligen Seiteneinsteiger ins moderne menschliche Dasein war natürlich klasse. Das Gespräch zwischen Mulder und dem Echsenmann auf dem Friedhof einfach nur köstlich.
      Das Drehbuch war sogar noch tighter, witziger und cleverer geschrieben als das von "Ash Vs. Evil Dead", einem weiteren Kult-Comebacker in Serienform. Davon die beiden ersten Folgen gesehen und sehr gemocht. Reicht dann aber erst mal.
      Wobei bei "Akte X - Mulder und Scully gegen das Wer-Monster" die Koinzidenz der Wegekreuzung von Echsenmann und kehlennagendem Serienkiller schon ein verdammt bequemer Handlungsaufbau ist.
      Dennoch: 8/10!

      1
      • 8
        über Birth

        Beruhen unsere schicksalhaftesten Entscheidungen wirklich auf dem festen Boden der Tatsachen oder muß im Zweifelsfall die Rationalität sich dem Gefühl beugen und dem, was wir ganz tief in uns glauben möchten? Wie sehr vermag die Illusion von Vergangenheit und Zukunft die freie Entfaltung der Gegenwart in Geiselhaft zu nehmen?
        Jonathan Glazers zweites Werk ist ein stilvoll und nuanciert inszeniertes Psycho-, Mystery- und Beziehungs-Drama, das unaufgeregt beunruhigt, angenehm irritiert, spannende Fragen formuliert und auch nach dem Abspann noch innerlich nachhallt.

        8
        • 10

          Introspektive, einfühlsame und genußreiche audio-visuelle Kreation von jemandem, der weiß, wie es sich anfühlt, eine ganz alte Seele zu sein.

          6
          • 8

            *SPOILER*

            In Jonathan Glazers Sci-Fi-Psycho-Horror-Sozialstudien-Fakedoku-Drama "Under The Skin" prallen die Widersprüchlichkeiten aufeinander und gehen eine bizarre Symbiose ein, die kein Rezipient irritationsfrei überstehen dürfte. Authentische, teils mit versteckter Kamera gefilmte, realitätscharfstellende und dann andererseits überstilisierte surreal wirkende Sequenzen. Nüchterne, bodenständige Alltagsbeobachtungen und dazu kontrastierend ein beunruhigender, zuweilen hypnotischer, zuweilen nervenzerrender, Geräuschkulisse inkludierender Soundtrack. Menschen und Umwelt in unmittelbarer Lebensnähe, bar jeglicher Intimität durch die Fischaugenlinsigkeit einer fremdartigen, isolierten Entität betrachtet. Ein schlichter, vor allem in der ersten Hälfte relativ repetitiver Plot und so gut wie überhaupt keine die vorhandenen Unklarheiten beseitigende Exposition, begleitet von umgemein reichhaltigem Subtext und Symbolismus. Scarlett Johansson, ein weitläufig bebilderter und prominenter Filmstar, völlig jenseits allen Glamours und aller Pose agierend. Zieht sie ihrer Figur situationsbedingt eine emotive humane Maske auf, sind nur wir als mittreibende dritte Person in der Lage ihr gruseliges Doppelspiel zu durchblicken.
            "Under The Skin" ist die Geschichte eines Alien, welches seine Distanziertheit zur Welt und den Menschen zu überwinden trachtet, an den Erfahrungswirklichkeiten anderer teilhaben möchte, andere nicht länger allein als Mittel zum Zweck zu sehen bereit ist und aus seinem von außen aufoktruierten beziehungsweise angeborenen Rollenbild auszubrechen versucht. Es ist das zarte Erwachen von Emotion, Empathie, Individualität, dessen wir hier teilhaftig werden. Protagonistin Laura wächst durch unterschiedliche Begegnungen und Erlebnisse langsam über ihre anfängliche Funktion als extraterrestrische Venusmännerfalle hinaus. Wegstrebend von ihrer gleich in der ersten Realszene versinnbildlichten Austauschbarkeit, in welcher sie im kontur- und eigenschaftslosen Weißraum in die vorgegebene Form ihrer entleibten Vorgängerin schlüpft. Zuerst mit Anflügen, wie von kindlicher Neugier, zunehmend aber von erfahrungshungernden und im Inneren und Äußeren bindungsverlangenden Sehnsüchten getrieben. Tragischerweise bleibt ihr letzten Endes die Integration in den neuen Daseinsraum verwehrt - zu groß und fremdartig sind die mentalen und physischen Begrenzungen mit denen sie/es konfrontiert wird. So traurig. Und so realistisch.
            Als allegorische Bebilderung einer psychischen Störung oder Krankheit läßt es sich ebenso zwanglos lesbar machen.
            Der gebotene Interpretationsspielraum, die mehr oder weniger klar ausgeprägten und intendierten Themen und Metaphern, ihre konsequente detailreiche und virtuose Umsetzung sind es letztlich, die dieses Werk so außergewöhnlich und ungemein sehenswert werden lassen. Glazer parodiert zum einen fast schon das Rollenklischee von den schönen, für Männer begehrenswert erscheinenden Frauen in massentauglichen Filmproduktionen. Darüber hinaus prangert er die Objektivierung von Frauen abseits der Zelluloiddarstellung in der Gesellschaft an, sensibilisiert unsere Wahrnehmung oder regt zumindest zur Selbstreflektion derselben an. Daß er für die Hauptrolle Scarlett Johansson gewinnen konnte, als eines der klassischen, einer weiten Öffentlichkeit bekanntesten Sexsymbole der letzten Jahre, pointiert und unterstreicht als brillanter Casting-Kunstgriff diese Aussage zusätzlich noch.
            Laura will sehen was unter der Haut verborgen ist, will jenseits der Oberflächlichkeit gelangen, will ihren eigenen selbstbestimmten Weg gehen und Agenda sowie Autarkie über ihren Geist und Körper (wieder-) erlangen. Will dem Kampf der Geschlechter und der mechanischen Verführung als lockstoffiger Beutefangmethode delikater Kerle eine klare Absage erteilen. Ganz egal, was ihre stoischen motorradfahrenden Kollegen (hat hier jemand das Wort "Zuhälter" gerufen?) und der Rest ihrer bornierten Zivilisation davon halten mögen.
            Leider, leider, hat man drehbuchtechnisch das Finale etwas verkackt. Man muß das einfach so sagen. Das hat dann bei meiner Wertung mindestens einen oder zwei Punkte ausgemacht. Daß Lauras Selbstfindungs- und Befreiungsversuch (für den zum teil atemberaubende Szenen und Bilder gefunden werden) letztlich negativ endet, ist okay und eine pessimistische Haltung der Eindrücklichkeit des Themas wahrscheinlich am zuträglichsten. Nichts dagegen einzuwenden, daß die konservativen Kräfte sie wieder einholen, daß im Verlauf die reaktionären Arschlöcher doch noch gewinnen und sie gebrochen, wenn nicht gar völlig zerstört zurücklassen. Dieses allerdings konkret und ausgesprochen überraschend mit einem wortwörtlich dahergelaufenen Waldarbeiter zu tun, der sich nach freundlicher Begrüßung schnell als eiskalter und brutaler Sexualstraftäter enttarnt, ist erstaunlicherweise das unglaubwürdigste Handlungselement des ganzen Films. Dieser Twist trifft einen unsanft mit der Wucht eines thematischen Holzhammers von der Größe der schottischen Highlands. Wie konnte dieses Element bei all der überlangen Produktionszeit überdauern? Das Drehbuch ist doch sicher desöfteren überarbeitet worden. Wie konnte sich solch ein männerverachtend wirkender und in Diskrepanz zur vorhergehenden Ausgewogenheit und Nuanciertheit stehender Handlungssprung halten? Er zieht zwar nicht gleich den ganzen Film in Zweifel, schmälert aber seine Wirkung und Integrität. Das hat bei mir einen sehr schalen Nachgeschmack hinterlassen. Also, wie bringen wir denn nun die Story zu Abschluß? Zufälliger Vergewaltiger in Wald? Ach ja ... das könnte passen. Das ist jedenfalls interessanter und schockierender als wenn die Motorradgang ihres Heimatplaneten sie aufspürt, was der Zuschauer an diesem Punkt ja eigentlich erwarten würde. Außerdem betonen wir damit nochmals die destruktiven triebhaften Tendenzen des männlichen Geschlechts auf's nachhaltigste. Oh c'mon!! Die leider immer noch allzu häufig vorkommende unangemessene und einseitige Darstellung der Frau in den Medien zu kontrastieren gelang zuvor doch, wie gesagt, wunderbar. Ich vermag darüber hinaus kein schlüssiges Argument für diese selbstanklagende Szene zu erkennen. Einem Minus mit einem zweiten zu begegnen ergibt halt nur in der Mathematik ein Plus. Nope, auf diese Weise hämmert man kein um Ausgleich und Annäherung bemühtes feministisches Manifest ins Bewußtsein seines üpsilonchromosomen Publikums. Zumindest läßt das verzerrende Blendlicht dieses tonalen Ausreißers alles vohergehende nicht unangetastet: der sympathische und fürsorgliche Typ etwa, mit dem Laura früher zusammentraf, war dem zufolge wohl auch nur nett zu ihr, weil er sie ins Bett kriegen wollte. Eben nur eine weitere, anderspolare, rein zweckdienliche Strategie des selbstsüchtig zielorientierten männlichen Antriebs.
            Sorry, daß ich so darauf herumreite, aber das Ende einer Erzählung ist nun einmal elementar wichtig. Ich erwarte keine totale Punktlandung, aber doch eine halbwegs stimmige Konklusion. Das hier hat mich echt gewurmt. Das war so unnötig.
            Dennoch bleibt abseits dieses kleinen Schönheitsfehlers "Under The Skin" unterm Strich ein hypnotisches, stimmungsvolles, audiovisuell stimulierendes, thematisch herausforderndes, einzigartiges kleines Meisterwerk.
            Zwei der erschütternsten Sequenzen der letzten Jahr(zehnt)e will ich abschließend doch nicht unerwähnt lassen. Die eine spielt am steinigen Atlantikstrand und die andere in einer dunklen Umkehrung der Ursuppe. Hilflos herumtreibende und -liegende Männer und ein hilflos weinendes Baby. Nix für die Zartbesaiteten unter uns. Ich wollt's auch nur mal abschüttelungsversuchstechnisch gesagt haben. Loslassen wird's mich auch ausgesprochen allerdings wohl noch lange nicht. Das gilt natürlich ebenso für Lauras Entpuppung und anschließende Auslöschung. Diese wissen einen sehr zu berühren und bleiben im Gedächtnis. Schade, daß ich in diesen letzten Momenten noch zu sehr mit Augenrollen beschäftigt war. Im Rückblick werden die Bilder und Emotionen allerdings wieder deutlich sicht- und spürbar, vermitteln sich so ungemein elementar herzergreifend und visuell poetisch.
            Okay, hier noch ein Fun Fact, der keiner ist, am detailverliebten Rande: durch den krassen Dialekt der schottischen Bevölkerung dürfte ohne Untertitelung wahrscheinlich selbst ein englischer Muttersprachler, abseits von Scarlett, kaum ein gesprochenes Wort verstehen. Was sinnigerweise beiträgt zum vorherrschenden Gefühl von Entfremdung, Fremdheit, Befremdlichkeit, in welches man hineingeworfen wird. Außerdem unterstreicht es noch einmal den zutiefst cinematischen Ansatz von "Under The Skin", auch im Kontrast stehend zur eher satirisch gefärbten Buchvorlage die angeblich keine ausdeutbaren Unsicherheiten hinterläßt, wenn die Dialoge zur Nebensache geraten dürfen und man trotzdem oder gerade deswegen das Wesentliche mitbekommt.
            So. Jetzt will ich zeitnah unbedingt auch noch "Birth" sehen. Schön, daß, wie der Zufall es so will, bei mir im Regal seit längerem eine Kopie desselben liegt. Bin schon sehr gespannt. Es wird wirklich mal Zeit.
            Wird dort ebenso wie hier an den Grundfesten der Wahrnehmung und der Selbstverständlichkeit der Existenz gerüttelt? Bleibt man mit Fragen und Einsichten zurück?

            tldr:
            Es liegt eine grundlegende Tragik darin, wenn eröffnetes Potential unausgeschöpft bleibt, wenn die einzigartige Schneeflocke sich auflöst, noch bevor sie sich herauszukristallisieren vermag. Und es liegt eine grundlegende Tragik begründet in unaufgelöster Vereinzelung.

            16
            • 1

              Buuuuuuuuuuuuuuuuuummm!!
              Die einzige Frage, welche mein dauerexplosionsbetäubtes Gehirn jetzt noch zu stellen in der Lage ist, ist folgende: Überschreitet die orgiastische Inszenierung von Gewalt hier nun die feine Grenzlinie zur Lächerlichkeit oder die zum Zynismus?
              Wahrscheinlich beides.
              E2 taugt mit seinem zelebrieren von stupidem Gemeuchel, albernen Handlungs- und Charakterklischees, vergreister Machoattitüde und lauen Onelinern wohl allenfalls zur augenzwinkernd-nostalgischen Verbrüderung mit einem angepeilt scheinenden testosteronmarinierten Publikum jenseits des dritten Bieres. Es verkommt vom Start weg zu einer erbärmlichen Parodie seiner selbst.
              Zumindest stand, im Gegensatz zu Teil eins, mit Simon West jemand hinter der Kamera, der weiß, wie man anständige Actionsequenzen filmt und editiert. Für diesen beeindruckenden technischen Aspekt gibt's von meiner Wenigkeit immerhin noch sechs verdiente Punkte.

              7
              • 9

                Romeo und Julia jenseits der Apokalypse.
                Eine romantische Zombie-Dramödie die um so vieles besser ist, als man eigentlich erwarten durfte.
                Sollte jedoch kaum überraschen, wenn man weiß, daß der Film vom selben Typen stammt, der uns bereits mit dem ebenso leichten wie einfühlsamen "50/50" so angenehm positiv an ein schwieriges Thema heranführte und damit zuweilen außerordentlich zu berühren wußte.
                Wirklich verblüfft hat mich hier der kreative Umgang mit Form (Zombie- und Romantik-Genre) und Inhalt (animalische Triebhaftigkeit und Seelentaubheit versus Zwischenmenschlichkeit und Empathie) und wie selbst die sparsam eingestreute Action im Dienste der Handlungs- und Charakterentwicklung und der als sehr authentisch empfundenen optimistischen Botschaft stand.
                "Warm Bodies" ist ein flott inszeniertes, clever durchdachtes und sehr unterhaltsames Lehrstück über die transformative Kraft der Liebe.

                4
                • 3

                  Soderberghs Inszenierung ist, wie immer, ungemein genußreich ausgefallen und die Darstellerleistungen sind überdurchschnittlich.
                  Das war's aber dann auch schon.
                  Was in der ersten Hälfte wie eine spannende Auseinandersetzung mit den Machenschaften der Pharmaindustrie beginnt, verläuft sich in der zweiten im unübersichtlich verrankten Dickicht eines überkomplexen, im Grunde jedoch furchtbar konventionellen Thrillers, der mit jeder weiteren Entwicklung und Enthüllung zunehmend den Unmut wachsen, die Stirn sich in Falten werfen und die Augenbrauen in die Höhe steigen läßt. Das. Macht. Nun aber. Überhaupt keinen. Aber auch nicht. Den geringsten. Sinn!
                  Ein echtes Ärgernis und Zeitverschwendung für alle Beteiligten.
                  So. Ich brauche jetzt meine Medikamente.

                  7
                  • 8

                    Das ist wohl mit die krasseste, widerlichste, brutalste, infantilste, lustigste, staunenswerteste, krankeste Scheiße, die ich je in meinem Leben gesehen habe.
                    Das will schon mal was heißen.
                    Man möchte oftmals einfach nicht mehr hinsehen, bringt jedoch andererseits nicht genug Willenskraft auf, damit aufzuhören. Ich erlag dem Reiz des absolut Verbotenen, des unerhört Anstößigen, einer an an Verrücktheit grenzenden Idiotie, dem Blick in den absurden Bereich jenseits des als gesund und vernünftig Anerkannten. Sinnlos nun, einzelne Stunts und Gags nacherzählen zu wollen. Man muß das einfach mit eigenen Augen gesehen haben, um es glauben zu können.
                    Es ist ein Zeugnis bizarrer, dekadenter Kreativität, welches diese Horde brillanter Vollpfosten hier auf Zelluloid gebannt hat. Immer wieder erstaunlich, was manche Leute alles tun und sich einfallen lassen, um ins Fernsehen, ins Kino, ins Internet zu kommen.
                    Bleibt die soziologisch hochinteressante Frage im Raume bestehen, was das denn gesamtgesellschaftlich über uns aussagt, und was das letztlich für Menschen sein müssen, die sich solche Machwerke so zahlreich ansehen und damit zum popkulturellen Phänomen machen.
                    Typen wie ich, vermute ich mal.

                    5
                    • 9

                      Genre-Filme wie dieser kommen dann am besten, wenn die Action-Setpieces und die tänzerisch choreographierten Fights als angenehmes Beiwerk empfunden werden.

                      1
                      • 9 .5
                        über Gravity

                        Solltet ihr den Film noch nicht gesehen haben, dann kann ich euch nur empfehlen, sich nicht von meinem oder einem anderen Text spoilern zu lassen und umgehend ins Lichtspielhaus eures Vertrauens zu laufen, um ihn auf der großen Leinwand in 3D und mit Ultrasound zu genießen, solange das noch möglich ist.

                        Jep, Alfonso Cuaron zeigt diesen ganzen bekackten Amateuren mit ihren frenetischen Schnitt-Stakkatos mal eben, wie man einen mitreißenden Action-Thriller dreht. Wie bereits in "Children Of Men" demonstriert, schafft er es wie kaum ein zweiter Regisseur, den Zuschauer von eben diesem objektiv gefärbten Zuschauen loszulösen und rückhaltlos in den gegenwärtigen Augenblick der Handlung hineinzuziehen, ihn ganz unmittelbar an den Ort und die Protagonisten heranzuführen, ihn subjektiv teilnehmen zu lassen. Ihn völlig einzutauchen.
                        Technisch ist der Film ein Wunderwerk. Da dürften wir uns alle einig sein. Die Bildkompositionen und Kamerafahrten, das fantastische 3D, das Sounddesign und der Score, die brillanten Animationen, denen man ihren künstlichen Ursprung so gut wie überhaupt nicht ansieht.
                        Beim Drehbuch und den Darstellerleistungen kann man geteilter Meinung sein. Ersteres fand ich zweckdienlich und angenehm ökonomisch, letzeres mehr als nur solide. Es gibt nur zwei Charaktere und man fiebert mit beiden mit. Unberührt von mitunter etwas schlichteren Dialogen oder Backstorys. Als der Schorsch sich schließlich abseilte, trauerte ich tatsächlich ein wenig um ihn und etwas in meiner Brust verkrampfte sich und lies mich für Momente schwerer Atmen. Noch mehr beschlich mich jedoch die Befürchtung und Verzweiflung, wie, um Himmels willen, Sandra und ich denn ohne seine souveräne Führung aus diesem ganzen Schlamassel je wieder herauskommen sollten. So gänzlich alleine und ausschließlich auf uns selbst gestellt.
                        "Gravity" ist nicht nur ein spektakulärer und atemberaubender Blockbuster, nicht nur ein unterhaltsamer Katastrophenfilm mit unglaublichen Schauwerten. Nein, er besitzt auch noch Herz und Tiefgang.
                        Der Film bedient sich dabei einer der grundlegendsten der menschlichen Ängste: jener vor völliger Einsamkeit und Isolation. Jener, vollkommen von einem endlosen Abgrund, einer bodenlosen, allumfassenden und unentrinnbaren Dunkelheit verschluckt zu werden.
                        Das gesamte Geschehen befördert und einige Einstellungen illustrieren die innere Evolution von Ryan Stone. Wir sind immer ganz dicht bei ihr und ihren zunehmend verzweifelten Bemühungen ins lebendige Dasein zurückzukehren, den Anschluß an die Erde und den Rest der Menschheit wiederzugewinnen. Man könnte die Ereignisse, so man denn möchte, als Spiegel ihrer psychischen Verfassung interpretieren. Als Allegorie für Trauer, Sinnlosigkeitsempfindungen, Frustration. Als Depression und Überwindung derselben.
                        Wir alle müssen etwas finden, das uns trotz aller Widrigkeiten und Schicksalsschläge kämpfen und immer wieder aufstehen läßt. Etwas, für das es sich zu leben lohnt.
                        Okay, zugegeben, jetzt werde ich genauso pathetisch wie Alfonso beinahe am Ende seines Werkes.
                        Es war jedenfalls ein höllischer Ritt. Aber ebenso ein prachtvoller. Ich bin froh, an ihm teilgenommen zu haben. Jeder Film, der mich so effektiv in seine Handlung hineinzuziehen versteht, der mich die existenzielle Bedrohung spüren läßt, der mich bis an die Grenze, bis dicht an die im Dunkeln lauernde Präsenz von Tod und Vergänglichkeit heranführt, hat mich eigentlich schon gewonnen (letztes Jahr war's "The Grey"; siehe Besprechung). Da sind mir ein paar lausige Klischees dann doch herzlich egal. Vor allem, wenn sie mit dazu beitragen, die immersive Erfahrung nicht zu behindern. Als ich aus dem Kino stolperte, hatte ich für den Abend und darüber hinaus eine leicht veränderte Perspektive auf die Welt. Ich wußte plötzlich den festen Boden unter meinen Füßen, die frische Atemluft in meinen Lungen ganz neu zu würdigen. Und den Menschen an meiner Seite mit noch einem Spürchen mehr Dankbarkeit als zuvor. Das Leben, die singuläre Existenz. Was für eine total irre und doch unendlich schätzenswerte Sache.

                        9
                        • 10

                          I liked it.

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                          • 10

                            Lange bevor ich den Film sah, kam ich über Last.fm in Kontakt mit dessen wunderbarem, schwermütigem Soundtrack von Nick Cave & Warren Ellis. Stücke wie das entrückt-trauervolle "Song for Bob" liefen anschließend in Dauerrotation. Der dazugehörige melancholische Western "Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford" ist ebenfalls erwartet fantastisch und läßt die vielen überschwänglichen Lobpreisungen als tatsächlich gerechtfertigt erscheinen. You better believe the hype. Bereits der sperrige Titel und das Poster, das zwei verlorene Personen in einer weiten und leeren Landschaft zeigt, deuten an, daß es sich hier nicht um einen Genrefilm von der Stange oder eine konfektionell erzählte Geschichte handelt. Keine eindeutigen Helden, keine hassenswerten Schurken, keine wilden Verfolgungsjagden oder Schießereien. Vielmehr finden wir uns in einer nuancierten Charakterstudie wieder, welche vor allem die beiden Hauptfiguren immer weiter entfaltet, weitere Schichten ihrer persönlichen Entwicklungsgeschichte freilegt. Sie läßt sich dabei Zeit. Viel Zeit. Der bedrohlich-undurchsichtige Jesse James, mit seinem stechend-abschätzenden Blick, und der verdruckst-ambitionierte Robert Ford, mit seinem gezwungenen Grinsen, enthüllen in mannigfaltigen ruhigen und in ihrer unterschwelligen Anspannung sich steigernden Szenarien ihre inneren Brechungen, ihre emotionalen und motivativen Vielschichtigkeiten. Die fabulösen, subtilen Performances von Brad Pitt und Casey Affleck verleihen ihnen dabei eine tiefbewegende Vitalität.
                            Es ist dies eine Parabel über Vertrauen und Verrat, Paranoia und Isolation, Geltungswillen und Desillusion, sowie die Schattenseiten des Ruhms und die Macht der Mythenbildung. Die Tragik der Sackgassen des Schicksals im Rahmen eines historischen Kontexts, betrachtet jenseits der verzerrten öffentlichen Wahrnehmung durch die detailierte Wahrhaftigkeit des individuellen Vergrößerungsglases. Eine Parabel über die Zerbrechlichkeit und die Ausgesetztheit der Existenz, über die flüchtige Natur des persönlichen Glücks.
                            All dies eingefangen in wundervollen, schwelgerisch-elegischen Bildern, der perfekten Vermählung von naturalistischem Realismus und purer magischer Bildsprache.
                            Prachtvoll.

                            8
                            • Okay, ich bin offiziell beeindruckt.
                              Du hast also auch noch Ahnung von Fußball (!) und weißt diese, wie immer rhetorisch sehenswert filigran kombinierend, treffsicher reihenweise humoristisch einzunetzen.
                              Bald werde ich aufhören müssen, dich zu lesen, sonst bekomme ich noch Komplexe. ;)
                              Hier spontan zwei Spieler, die ich noch gerne auf'm Platz sehen würde:
                              David Fincher = Lionel Messi. Technisch begnadet, mit brillantem instinktivem Spielverständnis und einem absolut unwiderstehlichen Antritt und Dribbling. Kann an guten Tagen locker eine Partie alleine entscheiden, an schlechten allerdings mit der gesamten Mannschaft völlig untergehen. Sollte sich für weitere Karriereentscheidungen einen besseren Berater suchen.
                              Darren Aronofsky = Mattihas Sammer. Begnadeter Stratege, agiert im defensiven Mittelfeld, von dem aus er das Spiel zu lesen und lenken vermag, er ist das psychologische Rückrat des Teams. Geht immer angstbefreit dorthin, wo's am meisten weh tut.

                              • 3 .5

                                "Eine kurze Durchsage: Der kleine Michael und der kleine Roland möchten bitte von ihren Eltern aus dem Kinderparadies abgeholt werden!
                                Die beiden sind untröstlich, weil sie angeblich von einem dreisten korpulenten mexikanischen Jungen ihre Roboter und Echsen abgenommen bekamen.
                                Ich wiederhole: Der kleine Michael und der kleine Roland möchten bitte ... "

                                16
                                • Neuer Stoff von Neil Jordan, Vincenzo Natali und Ben Wheatley. Yay!
                                  Das Fantasy Filmfest 2013 hatte also noch mehr Goodies als "Europa Report" zu bieten. =)

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                                  • 9

                                    "Claustrophobic and stylish, Europa Report is a slow-burning thriller that puts the science back into science fiction."
                                    - Rotten Tomatoes
                                    _
                                    "Compared to the breadth of knowledge yet to be known - what does your life actually matter?"
                                    - Europa Report
                                    _
                                    Empfehlenswert, wenn man auf Filme wie "Moon", "Sunshine", "The Abyss", "Apollo 13" oder "2010" steht.
                                    Sehr authentisch und doch stil- wie kunstvoll inszeniert, gut gespielt, gutes Setdesign und angemessene Effekte. Langsamer, realistisch-dokumentarisch anmutender Aufbau einer mitreißenden, nahegehenden und letztlich ein wenig nachdenklich stimmenden Geschichte.

                                    Mir ist dann noch eingefallen, daß die bei weitem deutlichste Referenz "2061" darstellt, Arthur C. Clarkes dritter Odyssey-Roman, in welchem der Leser erfährt, weshalb die kosmischen Wesenheiten HAL die Botschaft an die Menschheit übermitteln ließen, daß dieser eine bestimmte Jupiter-Mond für sie tabu sei. Die "Europa Report"-Story ist eine klare Variation davon.

                                    6
                                    • 9 .5

                                      Die reine Freude, sich diesem Film anzuvertrauen.
                                      Seit 1996 findet in einer kleinen Stadt im nördlichen Finnland "The Annual Air Guitar World Championship Contest" statt, ein ganz spezielles musikalisches Festival, ein modernes kleines Nerd-Woodstock.
                                      Da bis 2003 kein Wettbewerber aus Amerika, schließlich die offizielle Heimat des Rock'n'Roll, dabei war, wurde diesem unhaltbaren Umstand umgehend Rechnung getragen und an der Ost- und Westküste einige Vorausscheide organisiert. Das alles natürlich von Anfang an von einem Kamera-Team begleitet. Wie man das in Amerika halt so macht. Glücklicherweise. Denn dieses historische Ereignis mußte einfach für die Mit- und Nachwelt festgehalten und dokumentiert werden.
                                      Eine Reihe sympathischer Verrückter wird hier bei Auftritten und in Interviews vorgestellt, bis sich der ewige Zweite, aber dennoch in seiner Motivation unbeugsame Bjorn Turoque und der geborene Entertainer C-Diddy als die Hauptprotagonisten herauskristallisieren. Es geht bei allen Beteiligten, das kommt ganz klar rüber, vor allem um den gemeinsamen Spaß und die Begeisterung an der Sache, kaum um irgendwelche überzogenen Ego-Nummern. Das zeigt sich beispielsweise deutlich am Verhalten des Serien-Champions Zac, der sich aufgrund des übermäßigen Fokus auf seine Person aus dem Rampenlicht der Bühne in die Jury zurückzog. Der japanstämmige Amerikaner David S. Jung, wie C-Diddy mit bürgerlichem Namen heißt, ist nicht nur ein faszinierender Charakter und wahnsinnig netter Mensch, er läßt auch die zwei interessantesten Statements vom Stapel. Und zwar, daß es beim Luftgitarrespielen nicht darum ginge, möglichst cool rüberzukommen oder blenderisch Eindruck zu schinden, sondern schlicht um den natürlichen Drang zum Ausagieren, wenn man einen wahnsinnig geilen Rocksong hört. Dann möchte man unwillkürlich loslegen und einfach auch körperlich ein Teil der Musik werden, um auf jeder nur denkbaren Ebene damit zu verschmelzen. Dann meinte er noch, daß, falls er die Weltmeisterschaft gewönne, ihm dieser Triumpf sein Leben lang erhalten bliebe. "At least, at one point I was the best in ... something." Jeder hat das Bedürfnis, eine befriedigende Leistung zu vollbringen, etwas Besonderes zu erreichen, zumindest einmal vom Kelch des Triumpfes zu kosten, eine herausragende Fähigkeit zu entwickeln. Worin, ist dabei gar nicht mal das Entscheidende. Wichtiger als ein eventueller Weltmeistertitel war für David Jung letztlich wohl, daß seine sehr konservativ eingestellten Eltern mit nach Finnland kamen und diese Erfahrung sie ihre Reserviertheit gegenüber den seltsamen künstlerischen Anwandlungen ihres Sohnes mehr oder weniger ablegen lies.
                                      Okay, zugegeben, eine Olympische Disziplin wird Luftgitarrespielen wahrscheinlich niemals werden. Aber dessen ursprüngliches Motto "Dabeisein ist alles" hat zumindest das kleine finnische Pendant sich bewahrt und mit nur ein klein wenig gutem Willen könnte man das, was die Jungs und Mädels hier auf der Bühne veranstalten, durchaus als Performance Art bezeichnen. Mancher Beobachter mag das lächerlich finden. Andere es als legitimen Zweig der Popkultur anerkennen. In jedem Fall bringt es Menschen, hier die Performer und Besucher des Contests, zusammen und begeistert sie. In jedem Fall ist es ein lebendiger Ausdruck von ekstatischer Freude und totaler Enthemmung.
                                      Denn, Leute, wenn jemand beim Hören eines energetischen Gitarren-Akkords selbst noch nie das Bedürfnis in sich verspürte, spontan ein imaginiertes Instrument zu schreddern, so dann, hey, werfe derjenige das erste Plektrum.

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                                        Max Fischer und die tragik-komische Herausforderung des Erwachsenwerdens. Der er unter anderem die Erkenntnis verdankt, daß es lohnender und erfüllender sein kann, etwas für andere und mit anderen, denn ausschießlich für sich selbst zu tun. Daß Selbstbestätigung und -befriedigung nicht alles ist.
                                        Faszinierend und einmalig an Andersons Filmen ist, neben diesem ganz individuellen perfektionistischen inszenatorischen Stilwillen, die unterschwellig beständig spürbare ironische Brechung von Handlung und Figuren, die der desöfteren thematisierten menschlichen Tragik ihre schmerzhaften Reißzähne zieht. Wir begleiten seine Protagonisten entlang ihrer biographischen Verwerfungen, zu den Weggabelungen ihrer Entwicklung, bei ihrer Identitäts- und Sinnsuche, ihrer Rivalität, Verlorenheit, Bindungssehnsucht. Sind bei ihnen in ihrem Streben nach Anerkennung und Zugehörigkeit, ihren äußeren und inneren Triumpfen und Verlusten. All das, was unser singuläres Schlingern durch die bunte und wirre Komplexität des Daseins halt so ausmacht - durchdrungen von diesem stets vorhandenen, wunderbaren, verklärenden und doch bejahenden, stillen Buddha-Lächeln.
                                        Ich glaube, es ist dieser scheinbare Widerspruch aus Distanziertheit und Intimität, Drama und Leichtigkeit, Authentizität und Skurrilität, der manchen Filmfreunden bei Wes Anderson Probleme bereitet. Da er jedoch eindeutig alle seine Charaktere liebt, mit all ihren Eigenheiten und Schicksalen, mit ihren Stärken und Schwächen, ihren Ambitionen und Verfehlungen, wird jedes einzelne seiner detailreich ausgestalteten Werke, mit jenem so warmherzigen und inhärent humanistischen Ansatz, auch weiterhin eine außerordentliche Anziehungskraft auf mich persönlich entwickeln. Ich mag einfach seinen eigenwilligen Blick auf die Welt. Selbigen einzunehmen gelingt umso tiefer und inniger, je zahlreicher man sich durch ihn verzücken läßt.

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                                          Interessante japanische Gesellschaftsstudie eines Landes im Würgegriff der ökonomischen Depression. Der Umgang mit den einhergehenden Problemen wird zur innerfamiliären Zerreißprobe, vor allem erschwert durch die Angst vor persönlichem Gesichtsverlust und der Unfähigkeit zur empathischen oder konstruktiven Kommunikation.
                                          Kiyoshi Kurosawa neigt zwar vor allem in der zweiten Hälfte des Films zur vereinzelten satirischen oder dunkelkomödiantischen Übertreibung, ohne jedoch den schwermütigen Tonfall seiner Erzählung damit zu unterlaufen. Gleiches gilt für das wunderbare isolationsüberwindende Finale, welches in einem dysfunktionalen Umfeld einen durchaus nicht unangemessenen Hoffnungsschimmer aufblühen läßt.

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                                          • 8 .5

                                            Naturalistische, lakonisch-schwarze Dramödie, in welcher die unschön anzusehenden und hier beiläufig ins pathologische gesteigerten Motivationen des Homo Sapiens, wie etwa Neid, Eifersucht, Verurteilung, Mißgunst, Rechthaberei, verhandelt werden. Wo scheinbare Zuneigung und Liebe die reine Selbstsucht maskiert und sogar die abscheulichsten Taten sich auf empathielose Weise bequem begründen und wegrationalisieren lassen.
                                            Ben Wheatley schickt zwei reichlich naive und unreife Mittdreißiger auf eine Wohnwagentour durch das ländliche Idyll Englands, auf der das Paar nicht nur bildungsbürgerlich die Sehenswürdigkeiten auf ihrer Liste abhakt und stoßdämpferbelastungstestenden Sex hat, sondern auch zunehmend enthemmt ihren aggressiven Neigungen impulsiv-blutigen Ausdruck verleiht.
                                            Mit wissender Nachsicht und sympathisch übersteigert erfolgt hier ein satirischer Kopfsprung in den Graben, den der Egoismus zwischen uns allen zu ziehen vermag und taucht lustvoll ein in die zerstörerische Spur, welche er hinter sich zurückläßt.
                                            Ich empfand ein tiefes Schmunzeln bezüglich des schrägen Selbst- und Weltbildes, das Chris und Tina nach und nach im Laufe der Handlung offenbaren, und bin irritirend entzückt vor allem von der letzten Szene, die selbigem zum gelungenen Abschluß noch eine herrliche und provokante Pointe widmet.

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                                            • 9
                                              über Heat

                                              Epischer, charakterbasierter Crime-Thriller von Michael Mann über professionelle Obsession, scheinbare Alternativlosigkeit, schicksalhafte Entscheidungen und den Preis, den man als Konsequenz möglicherweise zu entrichten bereit sein muß.
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                                              Nach lässigen 15 Jahren war für mich endlich mal die Zweitsichtung fällig und ich fand den Film fast genauso beeindruckend, wie er mir in meiner Erinnerung erschien. Ein packendes Drama mit vereinzelten, teilweise unglaublich intensiven bleihaltigen Gewaltausbrüchen. Ein sorgsam nuancierter, anspruchsvoller Krimi, der die Begrenzungen seines Genres meilenweit hinter sich läßt. Alles perfekt. Bis auf das Ende. Um dieses kurz zu diskutieren, reizt es mich gerade, das allgemeine Love-Fest für "Heat" ein klein wenig zu crashen. Statt ihm ebenfalls das prognostiziert verdiente MP-Herzchen zukommen zu lassen, mußte ich nun sogar einen Punkt abziehen. Denn den dramaturgisch recht willkürlich erscheinenden und zudem deplatzierten Suizid-Versuch von Vincent Hannas Stieftochter konnte ich dieses Mal einfach nicht mehr ignorieren. Das Set-Up war zu schwach und dieses Ereignis reduzierte Natalie Portmans allenfalls potenziellen Charakter endgültig zur reinen Handlungsfunktion. Einerseits wollte Michael Mann wohl zum Finale hin noch ein tragisches Ausrufungszeichen setzen, andererseits brauchte er einen starken Beweggrund, damit sich Justine und Vincent Hanna noch einmal zusammenraufen, um für Vincents Privatleben doch noch etwas Hoffnung zuzulassen. Weniger wäre hier eindeutig mehr gewesen. Es wäre zwar deutlich trostloser aber thematisch prägnanter gewesen, wenn Hanna und McCauley in der letzten Einstellung einander die Hand halten und dieser kurze flüchtige Moment der einzige menschliche Bezug ist, der ihnen bleibt. Der letzte Rest an persönlicher Intimität, der diesen beiden haltlosen Männern an diesem Punkt, dem sie sich aus gegensätzlichen Richtungen näherten, noch vergönnt ist.

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                                              • 5

                                                Wenn es bereits bei den ersten beiden Teilen vorhanden war, dann ist es mir nicht weiter aufgefallen. Zumindest nicht negativ. Diese leicht unangenehme, unkritische militaristische Technologie-Fetischisierung einerseits und andereseits die geradezu schwindelerregende Atemlosigkeit der Erzählgeschwindigkeit.
                                                Tony Stark wird sowohl vom post-traumatischen Stress seines ersten Avengers-Einsatzes, als auch der Arschlochigkeit seiner früheren Persona verfolgt und eingeholt. Da wäre einiges an Potenzial vorhanden, wenn sich denn das Drehbuch, über die reine Funktionalität hinaus, dafür interessieren würde. Der Umgang mit den dramatischen und charakterlichen Elementen gestaltet sich allerdings bestenfalls klischeehaft und halbherzig. Es gibt wahnsinnig viel zu sehen und zu bestaunen, aber viel zu wenige Momente werden tatsächlich mit Bedeutung aufgeladen. Das Script verströmt den Charme einer überlangen Liste an Checkboxen. Was einen spätestens zum krawalligen Showdown dem Geschehen vollkommen entfremdet hat und es auf die dramaturgisch-künstlerische Ebene eines hübschen Screensavers reduziert. Sofern es selbst unserem Helden in all dem Trubel kaum mehr als ein kurzes Zucken der rechten Augenbraue wert sein sollte, wenn dessen Liebste ihm entgleitet und in einen feurigen Abgrund in den sicheren Tod stürzt, dann kann sich der von den ganzen bunten animierten Bildern inzwischen äußerst benommene Zuschauer dem nur noch geflissentlich anschließen.
                                                Nach dem logischen Endpunkt mit Joss Whedons "Avengers" im letzten Jahr, muß ein Blockbuster mehr bieten als eifrig heruntergehechelte Plotpunkte und CGI-Spektakel, um sich auch beim Ü20-Publikum weiterhin interessant und relevant zu halten.
                                                Starks letztendliche persönlich-thematische Entwicklung hin zur Rückbesinnung auf technische Kernkompetenzen und zwischenmenschliche Bindungen exemplifizieren eigentlich ziemlich genau, was bei IM3 schief läuft und es trotz eines charismatischen Darstellers wie Robert Downey Jr. zu kaum mehr als einer zwar blendenden, letzlich aber hohlen Fingerübung mutieren läßt. Schauwerte und Substanz schließen hier einander aus. Die menschliche Komponente bleibt fast völlig auf der Strecke.
                                                Der Blechmann hat sein Herz verloren.
                                                Hoffen wir, daß er es möglichst bald wiederfinden möge.

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                                                • 7 .5
                                                  über Wrong

                                                  Dolph Springer wacht eines morgens auf und versteht plötzlich die Welt um sich herum nicht mehr. Mit ihm zusammen beginnt auch der Zuschauer entweder an seinem Verstand oder an der Ordnung der Dinge ernsthaft zu zweifeln.
                                                  Selten waren Absurdität und Unsinn amüsanter und bewegender.

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                                                  • George Takei responds to "traditional" marriage fans:
                                                    http://imgur.com/a/vchC7
                                                    =)

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