Der Witte - Kommentare

Alle Kommentare von Der Witte

  • 10

    Verstörend-brutal-deprimierendes WWII-Drama von Elem Klimov - der beste Antikriegsfilm, den es gibt - recht bitter, aber ohne kitschige Sentimentalität oder exzessive Gewalt, puren Seelenhorror darstellend. Wuchtig, herzzereißend und effektiv grausam - ein gewagtes Stück Kino, indiskutabel Pflicht!

    3
    • 10

      Wie sieht das Nachkriegskino des umstrittenen Veit Harlan aus, in diesem seinen zweiten "Comeback" (nach 'Unsterbliche Geliebte' aus dem selben Jahr, 1951)? Absolut wahnwitzig!

      Er stattet das eigentlich recht biedere (Pro-)Inzest-Melodram mit Verweisen auf die christliche, animalische (!) und vorrangig-fokusiert ägyptische Mythologie aus, die in einer ultrabizarren Traumsequenz gipfelt, die auch den letzten Funken Rationalität vom Rest des Films zersetzt.

      Dieser ist sowieso schon von Anfang an dank seiner grobkörnig-kotzigen Agfacolor-Optik, direkt aus "Opfergang" & "Immensee"-Tagen, und seinem hyperventilierenden Darstellerensemble jenseits aller Vernunft und erst recht der damaligen Eskapismusromantik des deutschen Nachkriegskinos (welches ja sowieso noch im Bewältigungs-Genre Halt suchte).

      Hier erschafft sich eine schrullig-keimige Irrealität, innerhalb morbid-ausgestatteter Gutshäuser und unheilvoll-prunkvoller, dekadent-dementer Semi-Adel-Katakomben - unterlegt mit erdrückenden Todeschören - die von der haltlos-entgeistert-intriganten Manie ALLER Charaktere in ein durchtrieben-finsteres, krankhaftes Szenario hineingezogen wird.

      Hinzu kommt, dass unsere "Protagonisten" allesamt wie hypnotisiert agieren (allen voran die 'Reichswasserleiche' Söderbaum), ähnlich wie in Werner Herzog's HERZ AUS GLAS, die sich dann gebannt wie Raubtiere stechende Blicke austauschen - ein Pandemonium extatisch-verzerrter "Gefühle" - hier wie zahlreiche, aus früheren Harlan-Werken übernommene Stilelemente, in solch hervorstechend-verrottete und siffige Krebsgeschwüre von Zelluloidabbildungen gehüllt, dass es einem durchweg schaudert, wobei der Film zudem auch höchst amüsant geraten ist.

      Und darausfolgend ist er auch noch unfassbar faszinierend anzusehen, dieser epochal-erschlagende, giftig-delirierende Schlund des wohl dämonischsten und verblendetsten Heimatfilms seiner Zeit, den nur ein dämonisch-verblendeter Fieberregisseur wie Harlan drehen konnte - SEINE offensichtliche Prognose für die Nachkriegszeit: unsere Seelen bleiben eklig.

      Weil es ja nicht komplett so kam, bleibt trotz Vorbehalte meinerseits zu seiner umstrittenen Person, vorallem die Erkenntnis: HANNA AMON war eine einmalige (und ideologisch ausnahmsweise nicht aufdringlich-rassistische, nicht mal wirklich konservative, sondern düster-zelebrierende, nihilistische) Erfahrung!

      7
      • 10

        Zum 76. Geburtstag George A. Romeros blicke ich auf die "Nacht", das "Morgengrauen" und den "Tag" seiner Untoten zurück. Es darf reichlich gelesen werden, die Texte zu den anderen Filmen finden sich an entsprechender Stelle.

        Eine Dekade nach der „Nacht“ geht die Sonne auf - und diese könnte genauso gut das Licht einer Atombombe sein. George A. Romero denkt noch immer im unabhängigen Rahmen inklusive unbekanntem Cast fern der Major Studios, aber in Größenordnungen einer vollständig realisierten Apokalypse, welche die Intimität des Familienhauses übersteigen und eine gesamte Nation einnehmen. Wenn es Licht wird, sieht man eben mehr und sodann kündigen die Farben seines „Dawn of the Dead“ ein grelles Grauen mit blauen Zombies und knallrotem Blut an, das die moralischen Grundgedanken des Zuschauers ebenso anhand des beleuchteten Ensembles herausfordert. Auch die Figuren wachen eben aus der stetig eskalierenden Schlichtheit des Vorgängers auf und wachsen an Komplexität, wie wird man da nur seine Sympathien ansetzen oder verschieben? Zur Auswahl stehen dafür sogar bereits vor dem Start der eigentlichen Filmerfahrung mehrere Sichtungsvarianten, von Romero selbst und sogar von Dario Argento, der eine „europäische“ Fassung montierte, welche zumindest in bundesdeutschen Landen zusätzlich noch mehrmals geschnitten und im Grunde für mehrere Jahrzehnte aus der kollektiven Mediensozialisierung verbannt wurde. Bei Argento geht es jedenfalls flotter zur Sache, mit Goblin-Soundtrack statt Muzak, minus einigen Humor-Einlagen und Charaktermomenten der Zwiegespaltenheit, die im abstrahierten Handlungsrahmen des „Eurocuts“ eher nebenbei, aber vom erfahrenen Filmfreund umso eindringlicher ins Auge gefasst werden. Soviel sei gesagt: Beide Versionen haben ihre Vor- und Nachteile, was den Film alleine deshalb schon reichhaltiger macht, zum Zwecke der Transparenz möchte ich betonen, dass ich dieses Mal Argentos Fassung gewählt habe.

        In beiden Fällen ist die Radikalisierung der Situation im Zeichen der siebziger Jahre jedenfalls von Anfang an spürbar, so urplötzlich man mit Francine (Gaylen Ross) bekannt gemacht wird, die aus einem Alptraum erwacht, nur um in einem weiteren zu landen: Die Toten kommen (natürlich ohne Erklärung) auf die Erde zurück und nach einer Niederlage wie Vietnam ist der Zündstoff für Aggression im Schatten einer nationalen Krisis unvermeidbar, weshalb sich in jenem Fernsehstudio, in welchem Fran arbeitet, vor laufenden Kameras um Entscheidungen der Sicherheit gestritten wird, als sei man zurück im Konflikt zwischen Ben und Harry in der „Nacht der lebenden Toten“, nur dass sie eigentlich über Notunterkünfte berichten sollten. Hier werden verbal Köpfe eingeschlagen und als Maßnahmen im Umgang mit den Untoten empfiehlt man von Vornherein genau solches mit allerlei Waffengewalt. Spätere ausgestrahlte Diskussionen im Film wollen umso entschiedener die „konsequente Vernichtung“ und den vollkommen trocken vorgetragenen Vorschlag zum Einsatz der Atombombe propagieren. Romero ist mitten im Umbruch und in der Hysterie, die er begonnen hat, umso sicherer in der Inszenierung, die mithilfe des Argento-Schnitts erst recht die Traditionen in dieser post-industriellen Aura ablegt. Der erste Entschluss jedoch, der von Fran und ihrem Liebsten sowie Helikopter-Piloten Stephen (David Emge) gefasst wird, ist die Flucht, egal wohin. Dazu gesellen sich Peter (Ken Foree) und Roger (Scott H. Reiniger), zwei fähige, doch geplagte Haudegen vom Einsatzkommando, die wir ebenso mitten in der Hölle kennenlernen, als sie die Bewohner eines Blocks in Gewahrsam nehmen, nachdem sich einige Schmalspurterroristen dort versteckt hielten und alsbald ihr Ende fanden.

        Ehe man sich als Zuschauer im Chaos der Situation einfinden kann, reißt ein verrückt gewordener Einsatzleiter die Türen auf und lässt Köpfe explodieren, bis er ebenso rasant das Zeitliche segnet und zu alledem noch wandelnde Leichen im Haus sowie im Keller verweilen, weil die Einwohner so „auf ihre Art an das ewige Leben glauben“ - ein verheißungsvolles Vorzeichen auf den späteren Umgang mit jenen Werten passiert, als Peter mit schwerer Miene die Waffe auf diesen Glauben richtet. Die meisten Eindrücke der Gewalt sind hier wie auch später - ähnlich wie schon einst in der „Nacht“ - zwar impulsiv, aber im Tempo des Schnitts beinahe beiläufig auftretend (auch per Musik nur gelegentlich akzentuiert). Manch hiesige Amtsgerichte haben hierbei, jeden Kontext abblendend, von einer Abstumpfung gegenüber reeller Gewalt gesprochen - knapp 40 Jahre nach Erscheinen und x-fachen Sichtungen ist der Eindruck jedoch weiterhin der eines Schockmoments, da der Einschnitt in die Wahrnehmung des Zuschauers so scharf ist, dass es schmerzt. Da ist das Argument der Verteidigung, Zombies wären ja eh keine menschlichen Lebewesen und demnach würde der Film den Zuschauer entlasten, sogar kontraproduktiv, weil im Verlauf der Dramaturgie klar wird, dass sich bei den Figuren (und dem Zuschauer) durchaus das Gewissen meldet, auch sobald sie noch größere Bestien heraufbeschwören oder selber welche werden. Der Fluchtgedanke wird nämlich keine Änderung der Gegenwart hervorrufen, wenn nicht der Neuanfang angesetzt wird (dazu kam Romero später im „Day of the Dead“). Stattdessen bestimmt das Fortbestehen unsere im Helikopter herumfliegende Truppe, die trotz aller Gelassenheit und Vorsichtigkeit im Ton wie die alleinunterhaltende Bürgerwehr am Boden ebenso ausschließlich mit Gewalt auf die Wiederkehrer reagiert, welche sich als Schleicher ohnehin nicht so energisch verbeißen. Untereinander gibt es schon die ersten Schwierigkeiten, sobald Stephen blindlings auf einen Zombie im karierten Hemd ballert, hinter dem Peter steht - darauf tönt es in bezeichnender Hypokrisie „Man richtet eine Waffe niemals auf einen Menschen, Mister! Schreckliches Gefühl, nicht?“. Dass man dennoch viele Aspekten all dieser Charaktere nachempfinden kann und gleichzeitig ebenso viele von sich distanziert, hält die Spannung natürlich in vielerlei Richtungen offen.

        Bald aber finden die Vier eine neue Heimat: Anhand des stellvertretenden Markenzeichen des Kapitalismus, dem Einkaufszentrum, rekreiert Romero im Folgenden die Geschichte der ersten Siedler Amerikas. Die Ureinwohner sind in diesem Fall trotz ihres Ablebens in den vertrauten Hallen ihres „ehemaligen“ Alltags unterwegs - aufgrund der reichhaltigen Ressourcen für unser Team im Rausch des Überlebenswillens will dieses die unliebsamen Beißer (auf ihre Art allesamt liebenswert gestaltete Charaktere) jedoch unschädlich machen. Eine Harmonie zwischen Mensch und „Ex-Mensch“ ist nicht möglich, obwohl sie aus demselben Ursprung herrühren und das eine das andere eben nicht ausschließt - man befasst sich nicht mit den selbst erschaffenen Problemen, sondern betreibt „Troubleshooting“ mit Blei und Klinge. Dieser innere Zustand der Menschheit, der zur Entstehungszeit zwischen Vietnam und Perestroika stets in der Ungewissheit pendelte und der fatalistischen Entladung nicht fremd war, wird hier zum Antrieb für eine ambivalente Figurenbetrachtung, die sich anhand der vier Recken aus der Behütung des modernen Lebens ins Rangeln um die Vorherrschaft über Güter versetzt. Diese Horror-Fantasie kritisiert die Strukturen der Konsumgesellschaft mithilfe ihres eigenen Hangs zur Übersteigerung, spätestens dann empfindet man den speziell angefertigten, straffen Eurocut mit seinen treibenden Goblin-Sounds als allzu stimmiges Bestandteil eines Reißertums um und vom Menschen selbst. Das amerikanische Epos hangelt sich in jener Umgebung zudem allzu geschmeidig an verschiedenen Stimmungen entlang: Furcht, die Lust am Shoppen und Untoten-Veralbern, Entschlossenheit, Risiko, kindische sowie scheinbar erwachsene Entscheidungsgewalt - und das alles schon nach dem ersten Einkauf. An der flinken Bezwingung des Kurses empfindet man als Zuschauer eine gewisse Katharsis sowie einen Genre-gemäßen Thrill, wirklich warm will man mit diesen Figuren aber auch nicht werden, obgleich man ihre Erkundung dieses „Lands der Möglichkeiten“ nur zu gern selbst einlösen würde. Romero macht es ihnen und uns aber gewiss nicht so leicht.

        Einige Beispiele: Als sich ankündigt, dass Fran schwanger ist, erklärt sich Peter sowohl als Hebamme als auch als Hilfe zur Abtreibung bereit. Fran scheint als Unschuldige auf diesem Trip den inneren Halt zu verlieren, doch ehe der Zuschauer absolute Sympathie für sie empfindet, knallt sie vom Dach aus, mit zynisch geknirschten Zähnen der Wut, die „elenden, verdammten Blutsauger“ ab. Zumindest hat sie erfolgreich daran appelliert, dass sie sich selbst verteidigen kann und nicht bloß das Hausmütterchen für die Herren spielen will. Stephen blickt trotz seiner Liebe zu ihr bockig auf diese Ambitionen, bringt ihr später aber auch das Helikopterfliegen bei. Dass sie in dieser Extremsituation auch irgendwann seinen Heiratsantrag ablehnt, ist aber nur konsequent in jenem Gesellschaftsdurchschnitt, den Romero hier konzentriert und ganz klar fernab des Wunschdenkens seiner Protagonisten ansetzt. Der erste, der jedoch von seinen Idealen überrollt wird, ist Roger, der sich in seiner John-Wayne-artigen Selbstüberschätzung gegenüber den Untoten zuerst in den Wahnsinn, dann auch ins physische Verderben verheddert - während in Fran ein Kind heranwächst, stirbt Roger schleichend dahin und trotzdem macht er im Rollwagen mit bei der Jagd auf die Menschenfleischfresser, zu denen er bald selbst gehören wird. Seine Mitstreiter tun sich entsprechend schwierig daran, das Unvermeidliche zu erkennen, nämlich, dass die Untoten so oder so ein Teil von ihnen sind. So wirkt auch der scheinbare Frieden in der ausgemerzten Mall mit ihrer Illusion eines Lebens in Freiheit, Selbstbestimmung und Zivilisation eben durchgehend ungemütlich - auch weil das eigentliche Volk, untot oder nicht, weiterhin zahlreich an der Türe steht. Die Furcht unserer Besetzer vor dem Teilen zeigt sich dann auch daran, dass sie ihre Pelzmäntel fester an sich drücken und auf der Eisbahn zur Übung Schaufensterpuppen abknallen.

        Romero geht eben durchaus kritisch mit seinen Hauptfiguren um, ungefähr vergleichbar mit dem „Affe im Menschen“, der Bipolarität seiner späteren Stephen-King-Verfilmung „Stark“ oder auch dem Charakterwandel in „Bruiser“. Richtig und Falsch ergänzen sich dennoch immens kurzweilig im Verhältnis zum Konsum, welches Romero allein deshalb nicht verurteilen will, weil sich Homo sapiens und Homo zombiens gleichsam dazu hingezogen fühlen. Der Diskurs, den das Ensemble dabei durchweg hält, wie man überhaupt handeln soll, während es für die Untoten nur das Fleisch gibt, ist in seiner Divergenz ohnehin ein Quell an Menschenkenntnis. Und wer die Geschichte des jungen Amerikas kennt, hat auch schon mal vom wilden Westen gehört, nich'? Deswegen bleiben die ersten Siedler auch hier nicht die einzigen, sobald eine anarchische und schwer bewaffnete Rockerbande das Zentrum stürmen und plündern will, was einerseits die Zombies wieder in ihren Pilgerort hineinlässt, andererseits aber auch den Verteidigungswillen in den Herren des Hauses erweckt, selbst wenn ihnen nichts davon überhaupt gehört. Die Eskalation dieser Widersprüche ist im Finale natürlich eine blutige Katastrophe sondergleichen, bei der die Gewalt schlicht aus der Idee entsteht, dass Erzfeinde unserer eingekesselten Mikrogesellschaft ein Eindringen wagen und diese außerdem ohne Hemmschwelle zurückschlagen. Es ist ein Klassenkampf am Gipfel der Entbehrlichkeiten, an dessen Boden sich zerfleischt wird und an dessen Spitze sogar der Suizid in Erwägung gezogen wird, ehe man die annektierte Heimeligkeit unfreiwillig verlässt. Das letzte Stück Hoffnung fliegt aber letzten Endes doch noch in eine weitere Ungewissheit davon, anstatt das Schauspiel wie ursprünglich von Romero gedacht in der „konsequenten Vernichtung“ enden zu lassen. Hätte seinem (im US-Cut präsenteren) schwarzen Humor zwar auch irgendwo gestanden, aber es ist auch eine der wenigen Entscheidungen, die unsere verbliebenen „Helden“ richtig treffen, obwohl sie sodann mit verschmitztem Auge ins Niemandsland flattern.

        Für sie wird es so oder so etwas zu erkunden geben, so wie man auch nach mehreren Jahrzehnten auf diesen Film zurückblicken und neue Aspekte vorfinden kann, die über die Nostalgie oder die schlichte Einnahme von „Kult“- und „Retro“-Dosierungen hinausgeht (obwohl ich die Gesamtheit des Films in seiner Erscheinung, seiner Energie und seinem Platz in der Geschichte des Mediums sowie des Genres grundsätzlich abfeiere und sammle). Speziell im Horrorfilm ist solch eine groß angelegte Spannweite in der Erzählung und deren Sympathieverschiebungen en masse selten so ambitioniert versucht worden - bei der noch relativ „kleinen“ Größe der Produktion an sich ohnehin ein Wunder! Im Grunde wirkt da eine Varianz der Methode aus der „Nacht der lebenden Toten“, die sich in der Kohärenz zur Umwelt recht zentriert gab und dafür allmählich bewusst die Suggestion aus der Gewalt entfernte, während letztere hier von Anfang an aufgedeckt bleibt und die Umwelt ausgerechnet anhand suggestiver Verknappung größer wirkt. Vergleiche aufzustellen wäre hier aber fehl am Platze, so sehr die Filme zwar ihrem Autoren geschuldet, aber zweifellos auch in ihrer Zeit verwurzelt sind. Es heißt gottseidank nicht, dass man sich ganz simpel von ihnen distanzieren kann, schließlich lassen sie den gleichen Lebenssaft und dieselben Eingeweide verspritzen, die in jedem von uns wohnen sowie komplex, schön und ekelerregend zugleich unsere Existenz aufrecht erhalten. Frei nach dem Werbespruch: Es gibt keinen härteren Lieblingsfilm.

        8
        • 10

          [...] Es gibt nur eine Handvoll aufgelöster Szenen, der Narrativ hüllt sich nicht in komplexen Mysterien und Twists oder sonst so nen Kram - dramaturgisch folgt er eben keiner festen Regel, bleibt aber stattdessen hochgradig wahrhaftig und zieht einen so stark in sich selbst rein, macht den Zuschauer zum Teil der Familie und lässt sein suburbanes Eigenleben geschehen, als wäre es klipp und klar ungeschönte und ungestüme Reportage.

          [...] Das kannte ich kaum noch vom Medium Film, dass ich so ein investierter Beobachter sein durfte und nicht auf außerordentlich Spektakuläres gespannt war, stattdessen schlicht auf das Wirken von Gena Rowlands und Peter Falk. Beiderlei stellen nervöse Zeitgenossen dar, sind dennoch normale Menschen, kein formelhaftes Gestelze und keine Drama-Fettigkeit [...]

          13
          • 10

            Der essenzielle Film über das Leben in Russland und Mensch/Natur allgemein - ein Generationen-übergreifendes Epos voller Mystik, Wärme, Skurilitäten, Freund- und Feindschaften, Liebe, Angst, Aufopferung und schlussendlich Versöhnung - eine berauschende Bombe von einem Film, bei der von der Kameraarbeit über die Schauspieler, dem Setting bis hin zum ekstatischen Score von (Eduard Artemjew) alles stark beeindruckt und sich in der Seele festsetzt (vorallem dank der epischen Laufzeit). Eine cineastische Geilheit vom Grandmaster Konchalovsky, die unerreicht bleibt. Vorallem das Ende killt mich jedes Mal.

            7
            • 10

              [...] Man lebt zwar in Freiheit, aber frei ist man noch lange nicht. Da ist man lediglich ein Tier in freier Laufbahn, als Vagabund ins ewige Fegefeuer unterwegs, nur in diesem Fall wenigstens nicht auf eine Stelle fixiert. Drum schießt auch aus dem Nebel des Morgengrauens ein Urvieh von Zug heraus – vier Waggons des Schicksals, das unsere Flüchtigen anlockt, geradezu sofort den unwissenden Fahrer wegwirft und die Bremsen durchbrennen lässt. Zwischen abgestorbenen Bäumen und endlos weißen Landschaften rasend, geht es nämlich schnurstracks den Hades runter. Da fühlt man sich noch sicher, aber sobald der erste Gegenverkehr mitgezogen wird und die Lok eine Teufelsfratze der Zerstörung annimmt, gibt es keinerlei Zweifel mehr. [...]

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              • 10

                Einfaches, subversives, urkomisches Minifilmchen - ein Klassiker!

                3
                • 10

                  Einer der wenigen Filme (neben den Werken Tarkovsky's), der das Phänomen TRAUM emulieren kann. Ein manischer Kinski inmitten von warmen, düster-verschrobenen Kulissen und ebenso skurillen Mitmenschen - zusammen in einer berauschenden Ambienz und einer bizarren Wiederauferstehung-und-Kidnapping-Story. Ein Juwel des vergessenen Kinos, dass man nur viel zu selten auf Vox zu sehen bekam.

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                  • 2
                    • 9 .5

                      Diese PASSION ist eine Krönung für die Existenz des Kinos!

                      P.S.: Habe diesen Film schon zig-mal gesehen und er ist noch immer so kraftvoll wie seit jeher, erst recht mit dem VOICES-OF-LIGHT-Score. Dreyer, you have the power!

                      12
                      • 9

                        Nun also die ultimative Mammut-Kritik meinerseits zu dem Mammut-Film 2013 schlechthin:

                        [...] Zack Snyder hat zwar Respekt vor den Jahrzehnten an Vorlagen, welche das Charakter-Ensemble um Superman Stück für Stück aufgebaut haben – in seinem Drang, diese Verhältnisse auf die Essenzen genau zu destillieren und in ein muskulöses Kino der Eskalationen umzusetzen, erbaut er sich jedoch eigenen künstlerischen Respekt. Dazu gehört auch der Fokus auf eine Ästhetik, die mit knöchernen Waffen, verrotteten Schädeln und bizarren Kommunikationssystemen unterm Sternenhimmel zum befremdlichen Staunen einlädt. [...]

                        Die Vorstellung eines allmächtigen Wesens findet hier seine furchterregenden Ausmaße. Das kann letztlich auch nicht von Superman aufgelöst werden, der noch nicht der souveräne Held sein kann, den die Comics porträtieren. Snyders kompromisslose Tour de Force wirft hier ihre kontroversesten Schatten, wie sie auch einen beständigen Druck von sich selbst fordert. Geradezu atemlos verengt sich die Zeit, in welcher der Schrecken von Krypton noch verhindert werden kann. Jeder Moment jongliert mit der Eskalation und bringt das Publikum in angespanntes Schwitzen. Die Sicherheit einer gängigen Comicfilm-Erfahrung ist nicht gegeben, dafür aber die audiovisuelle Einbeziehung in finstere Perspektiven. [...]

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                        • 9

                          Obwohl ich schon vor einem Jahr über den Film geschrieben habe, durfte ich nochmal etwas länger auf CEREALITY darüber sinnieren. Der Streifen hat's aber auch verdient :)

                          [...] Der Film (ist) keine einfache Angelegenheit, die sich in nur einer Kritik komplett erklären ließe. Burtons Werk ist dafür zu vielschichtig und eine unfassbar unterhaltsame Synergie der Superheldenthematik mit den persönlichen Lieblingsthemen des Regisseurs – und damit so zeitlos wie stellvertretend für eine Ära des Kinos, die noch alle Wege offenlegte und mit frischem Elan ins Unbekannte vorstieß. Dieser Film lässt sich als perfekt und im selben Atemzug als schier ungewöhnlich bezeichnen – eine (besonders aus heutiger Sicht) Unmöglichkeit stilistischer und thematischer Handschriften im Blockbuster-Gewand, bei der Gefühle und Trivialitäten im Verhältnis zueinander stimmen und begeistern. [...]

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                          • 9

                            Liebe und Inspiration, Realität und Traum, Kreation und Gewissen, Wind und Leben. Ein gemeinsames Dasein, das tatsächlich ohne zwingend "filmisches" Gerüst oder konstruierte Deutungen des erwartbaren Kompromisses für sich lebt, zwar alle persönlichen Themen und Motive Hayao Miyazakis bündelt, doch in eigenständiger Elegie einen ewigen Flug vollzieht, der sich nochmal ganz anders, aber ebenso fantastisch zu seinem Gesamtwerk ankoppelt. Solch ein Wind der urtümlichen Animation spürt man nicht nur oberflächlich auf der Haut, sondern durch den ganzen Körper dringend. Oder wie es im Film besungen wird: "Das gibt's nur einmal, das kommt nicht wieder". Ist doch doof, dass Studio Ghibli "in Rente geht".

                            20
                            • 9

                              Um zu verstehen, warum Tobe Hoopers Film solch eine profunde Reichweite für sich behaupten kann, von der aus das Horrorkino wie wir es kennen eine neue Dimension des Schreckens erschuf, muss man nicht weiter Ausschau halten, als sich Struktur und Ursprung von Albträumen bewusst zu machen. Das „Kettensägenmassaker“ ist nicht explizit auf ein surreales Erlebnis ausgelegt, greift aber mit audiovisueller Furchtlosigkeit auf entsprechende Bahnen menschlicher Psyche zurück, wie einen die Angst vor allem zerebral überwältigen kann. Bezeichnenderweise setzt diese per Heimeligkeit an, wohlgemerkt in Texas, also behütet im Herzen Amerikas und (dem Zeitgeist entsprechend) vermeintlich fern vom globalen Terror via Vietnam und allerlei. Unsere Protagonisten sind sogar ganz gemütlich auf einer Spritztour, um beim alten Familienhaus von Sally (Marilyn Burns) und Franklin (Paul A. Partain) Halt zu machen. Alle Anzeichen vermitteln jedoch eine geballte Ungemütlichkeit, die allein daher rührt, dass lediglich schon winzige Details verschroben wirken müssen, anders als in der Erinnerung auftreten oder Fantasien greifbar machen, die man stets vermutete. Was erzählt man sich da nicht vom alten Schlachthaus, wie die Tiere einst und heute getötet werden; was hört man nicht in den Nachrichten von morbiden Ereignissen in nächster Nähe, bei denen sich die Vorstellungskraft selbst mit erweiterter Lebenserfahrung geschlagen geben muss. Die Heimat ist keine mehr und doch ist man der Wiederentdeckung wie selbstverständlich erlegen.

                              So ergeht es einem im Traum, so handeln auch die Charaktere in Hoopers Film, die sich auch dann nicht vom Ziel abbringen lassen, wenn der verrückte Anhalter aus dem Nichts seine Hand und die von Franklin anritzt (Astrologie langt ihnen so ziemlich als Erklärung dafür) - schließlich liegt das alte Anwesen zufällig ein paar Minuten von der letzten Tankstelle entfernt; völlig schnuppe also, dass das Benzin allmählich knapp wird. Der oben erwähnte Franklin sitzt ohnehin hilflos im Rollstuhl und ist zudem der (als solche ebenso für den Film maßgebende) delirierenden Hitze der Umwelt ausgesetzt, weshalb man in der Fokussierung seiner Umstände zunächst einen Protagonistenstatus seinerseits erkennen mag, doch wie es in einigen der besten Genrewerke (siehe „Tanz der Teufel“ oder „Nightmare - Mörderische Träume“) oder eben nach Traumlogik funktioniert, springt die empathische Rollenwahrnehmung im Verlauf auch allzu natürlich auf andere über - was auch dramaturgisch Platz für Überraschungen offen lässt, so wie die Figuren in ihren primären Funktionen schnell zugänglich sind. Schließlich mündet die Bewegung der Charaktere in eine intensive Phase der Beobachtung binnen des verschlissenen Hauses, welches finstere Ecken, Ekel und Brüchigkeit hortet, deren Anblick man mit einer Faszination folgt, wie es scheinbar nur das Kino liefern kann. Grundsätzlich liegt das aber schlicht am Menschen, wie ratlos er von klein auf seiner Verletzbar- und Sterblichkeit entgegen schaut und sich damit - entsprechend des oft erwähnten Gleichnis vom beobachteten Zugunglück - verstärkt aufhält. Selbst Franklin ist da keine Ausnahme, wie er beinahe kindisch mit der Klinge spielt, sein eigenes Blut dran vorfindet und spekuliert, warum sein Angreifer durchgedreht hat. Sowieso gönnt sich die gesamte Truppe einen wundernden Blick aufs verschmierte Blut am Van.

                              Dass man solchen Eindrücken auch im Schlafe begegnet und trotz Angst länger zuschaut als gewollt, ist in Hoopers Vision quasi 1:1 umgesetzt, im rohen 16mm-Korn ohnehin gleichsam unwirklich erscheinend und meistens schon in der Suggestion von Erwartungen und Befürchtungen ein schauerliches Ereignis. Wohlgemerkt geht er aber noch ein Stück weiter, als die meisten Träumer imstande sind, welche den Schrecken mit einem Aufwachen auch schnellstens unterbinden können. Hier geht er in die Ermattung ohne Wiederkehr, sobald unsere Charaktere (in Daniel Pearls leicht untersichtigen Kamerafahrten) von ihrer Faszination angezogen werden und einer Bestie in vermeintlich unschuldiger Behausung begegnen, die allerdings auch nur ein Mensch ist. Wozu der Mensch allein fähig ist, welch ekelerregende Instrumente und „Dekorationen“ er via der natürlichen Konsequenz von Tod und Verwesung erschaffen kann, trifft umso schockierender beim Zuschauer ein und dementsprechend ausgiebig blickt er - jenseits der Logik vom Fluchtgedanken - auf die Ausmaße seiner realisierten (oder auch bisher unbekannten) Angst. Und je mehr er findet, desto fassungsloser begibt sich auch der Film in die Nacht hinein, zwischen unwirklich einkesselnden Ästen und der Gewalt der Kettensäge, deren reißende Töne sich mit den Schreien der Opfer zur Kakophonie eines Albtraums ergänzen. Dort wie auch im Narrativ des Films kann man noch so verzweifelt rennen - überall wartet die nächste Sackgasse, die nächste Eskalation, mit welcher der Körper aber auch die Angst vor dem, was noch kommen mag, an ihre Grenzen stoßen.

                              Symbolisch dafür (auch vorne an auf der aktuellsten Heimkino-Veröffentlichung illustriert) lässt Hooper das Auge in Großaufnahme zucken - nur wenige Organe sind essenziell und empfindlich zugleich, ein Tor der Reize und Emotionen sowie ein vorzeitiger Empfänger aufkommender Gefahr, der in diesem Fall am liebsten aus dem Schädel springen will und doch Gefangener einer Familie ist, die das Schlimmste am Menschen repräsentiert, dabei keinerlei selbsternannte Monster darstellt, sondern in ihrem Eigensinn das auslebt, was wir normalerweise in den finstersten Tiefen unserer Gehirnströme ablagern. Das alles wirkt immens nach, erst recht ohne die Zugabe einer Katharsis, die uns Hooper wie gehabt trotz halbem „Happy-End“ erspart und über den Abspann hinaus konsequent mit Unruhe, Unheil und Ungewissheit füttert, welche sich gerade erst recht ohne Tonnen an Blut und Fleisch in die Gedanken einnisten. Was man nicht sieht und nicht sehen will, feuert eben das Kopfkino an, lässt sich nicht so schnell abschütteln und verinnerlicht vielleicht am besten, warum Tobe Hoopers Film als Visualisierung dieses menschlichen Umstandes solch einen anhaltenden und im Grunde auch hilfreichen Mehrwert besitzt. Jean-Paul Sartre meinte schon, dass die Menschheitsgeschichte ein einziger Kampf dafür wäre, aus einem Albtraum zu erwachen - selten erlebt man ein derartig perfektioniertes Kunstwerk zu diesem Sachverhalt wie hier.

                              10
                              • 9

                                Natürlich liebe ich den gutmütig-verbrauchten Giganten 'RAM', erst recht, da er 'BEYOND THE MAT' geht, wie es wohl jedem auf-/selbstopfernden Showmann mal geht (natürlich, wie man sieht, sogar Mickey Rourke selbst), auch seiner Seelenverwandten, der ebenso beinahe abgeschriebenen Stripperin Pam/Cassidy. Aronofsky geht mit ihnen so greifbar wie möglich auf Tuchfühlung, findet seinen emotionalen Realismus im grobkörnig-verknarzten 16mm-Format und stets folgender Handkamera.

                                Die tief innewohnende Tragik seiner Figuren, sowie deren Angst vor / Sehnsucht nach der Liebe trägt er aber auch nie überbordernd-dramatisiert vor sich her, schließlich bemühen diese sich als Showleute ja gründlich genug darum, sie zu verstecken, obwohl sie die feuchten Augen nur schwer aufhalten können, man als Zuschauer dabei jede einzelne Pore des Schmerzes nachvollziehen und im Nachhinein umso befreiter mit ihnen lachen kann - ein Kino der Bilder und Menschen, wie es im Buche steht.

                                Und auch ein Kino der energischen Wiedergutmachung, dem Drang zum glorreichen Aufbruch und zur herzlichen Anerkennung, ob vom Publikum oder vom am nächsten stehenden Mitmenschen. Never too old to root for the underdog...

                                7
                                • 9

                                  Tja, hat wohl noch nicht gereicht, das OLDBOY-Remake am Boden zerschellen zu sehen: http://www.slashfilm.com/the-grey-producers-to-remake-kim-jee-woons-i-saw-the-devil/

                                  • 9

                                    Man, was sind wir Menschen impulsiv! Jene grundsätzliche Eigenschaft kann einem manchmal echt leicht aus der Wahrnehmung entwischen, so gut man sich insofern mit dem Alltag arrangiert, Menschenkenntnis im positiven wie negativen Sinne fürs Profiling anwendet und insbesondere in der Reflexion per Leinwand meist mit geordnet funktionellen Idealen oder Stereotypen begegnet wird. Geschichten wollen eben eine Perspektive haben, um sich selbst vermitteln zu können, so möchte man meinen. Ein Kerl wie John Cassavetes hatte es jedoch schon vor knapp fünfzig Jahren raus, dass allein diese Flächen der Emotionen, die wir Gesichter nennen, ein Bollwerk an Filmerfahrung ausmachen, vom Titel her bereits ikonisch einschlagen können. Gut, ein Wiedersehen mit später allzu bekannten Ensemble-Visagen seines Gesamtwerkes lädt hier ohnehin ein, von Gena Rowlands bis Seymour Cassel wird es schnell heimelig, nichtsdestotrotz lassen sich hier alle auf ihre Art liebgewinnen. Beinahe wie im trunkenen Taumel lässt Cassavetes diese in seiner Variante des Cinéma vérité ganz nahe beobachten, was an Persönlichkeit, Lebenslust sowie -frust in Augen, Mundwinkeln, Lachen und Tränen zu finden ist. Die Teilhabe am menschlichen Miteinander bannt dabei den Zuschauer, ohne mit voreingenommenen Erwartungen hinsichtlich Genre oder Figureneindeutigkeit anzubiedern oder gar Katharsis im Nachhinein einreichen zu müssen.

                                    Bei solch einem eventuell blumigen Formalismus, den man aus jener Schilderung herleiten könnte, belässt er es aber auch nicht. Obwohl es ohnehin für den Großteil von Cassavetes' besten Arbeiten gilt, bilden Unbekümmertheit und Temperament hier schon mit großem Effekt die Grundessenz aus der Gestaltung heraus. Die Kamera nimmt sich mit krassem 16mm-Korn stets Freiheiten, ebenso befreit sich das Narrativ aus konkreter Emotionalisierung, u.a. mit einem Musikeinsatz, der hauptsächlich entweder on-screen ist, gar nicht existiert oder schlicht aus der Musikalität der Charaktere kommt. Deren Handeln ist nur sekundär mit einer leichten Dramaturgie verbandelt, nicht alle Motivationen lassen sich abseits oder gar binnen der Situationsabhängigheit dechiffrieren - Daumen hoch! Stattdessen tritt nämlich ein Leben zum Vorschein, bei dem Eigensinn um Eigensinn aufeinandertrifft, bar jeder Forcierung in Euphorie und Eskalationen kippen kann, aus anfänglichen Feindseligkeiten Busenkumpel kreieren lässt oder einen schönen Abend voll brüllendem Gelächter zu Offenbarungen innerer Verletztlichkeit verleitet. Und das beste daran: Alle Richtungen können sich stets der Interaktion geschuldet wieder umkehren und Sympathien verschieben, ohne dass auch nur an einer Figur ein Urteil erwirkt wird.

                                    Die schlichte Äußerung des Pro und Kontra in jedermann durch Cassavetes birgt schon eine beachtliche Konzentration an Verständnis, komplettiert wird der Film dabei jedoch von der Sehnsucht nach Glück, Erfüllung und Verbundenheit, eben Liebe, die nie ganz ihr Ende finden kann. So erklärt sich natürlich auch das Erlebnis mit den Charakteren, wenn diese mit Einsatz in die Auflockerung stürmen und letztendlich doch ihren Schutzschild herunterfahren, mit wie viel Ungewissheit das Dasein angereichert ist. So wie sich angesichts dessen Humor, Wut, Zuneigung und Verzweiflung beinahe permanent kreuzen, wird man von der Turbulenz restlos mitgerissen, aber auch nicht in eine irreale Hysterie, sprich überfordernde Verkettung von Extremen hinein gerissen. Cassavetes begibt sich für wahr in destruktive wie auch intime Nächte, die Erdung in humaner Begegnung kommt ihm nimmer abhanden; der Drang zu bedingungsloser Empathie könnte ihn als naiv entlarven, wenn er denn nicht gleichsam den Schmerz im Zwiespalt jener Hoffnung verinnerlichen würde; eventuelle Aufdringlichkeiten in der Vermittlung der Kunst werden mit rohem Schnitttempo, schludriger Tonaufnahme und natürlich ungebremster Spielfreude unterlaufen.

                                    Wie man's auch dreht: Solch eine Wahrhaftigkeit wird scheinbar nur selten im Medium erzeugt - dass sich da zum Schluss der über 130 Minuten an verweigerter Kategorisierung hin keinerlei Redundanz und Trivialität ergeben, ist umso verwunderlicher. Im Gegenteil: Da packt es einen erst recht, wenn sich urplötzlich ein Gesicht ohne Leben zeigt, ganz gleich mit welchen ausgesprochenen wie unausgesprochenen Wirrungen es zu hadern hatte. Die krasse Nähe des Ganzen schwellt auch dann nicht ab, wenn das Selbstverständnis der Liebe wütend und herzlich zur Wiederbelebung ansetzt, mit der Kippe im Mund einen Galgenhumor der gegenseitigen Empfindsamkeit zusichert. „Never felt like this before“ tönt es sodann im Abspann und man möchte es nur allzu getroffen glauben, obwohl das Ganze schlicht ein Wiedersehen ist, mit einem selbst und dem Menschen an sich.

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                                      [...] Das amoklaufende Pendant zum einleitenden ersten Teil, aber nicht minder eine Kapsel kultureller Schönheit und Poesie der Schmerzen. Schließlich sucht man hier selbst im dissonanten Schein der Macht die Wärme zueinander und verzeiht – nie wird es jedoch kalt im Fegefeuer der ewigen Hatz, daher leuchtet das Blut besonders beherrschend in dieser Energiespritze von Film.

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                                        Allein schon, wie diese Gemeinde ist, in der Bess (Emily Watson) untergekommen ist. Ohne Umschweife spürt man an da Unbehagen, eingezwängte Seelen und eine Feindseligkeit dem Fremden gegenüber - eine omnipräsente Selbstgeißelung, die sich über den gesamten Film streckt, wie ein Alptraum von der fernen Vergangenheit: Es gibt keinen Ausweg und man bleibt schlicht hängen in so einer Zwischenwelt aus ultrakörnig-klinischer Realität ohne Lust, Laune und Leben.

                                        Sowieso fühlt man sich machtlos und versteht die fehlende Empathie des Ringsherum einfach nicht, als wäre man ein junges Kind und von Würde ausgeschlossen. Kein Wunder, dass man da sofort bei Bess ist - die reinste Unschuld und wohl deshalb von der Umwelt so fern des Verständnisses in der Rolle des Sorgenkindes unterdrückt, auf dass sie durchweg für "nicht gesellschaftsfähig" befunden wird.

                                        Und wenn sich doch das Glück und die Liebe in Form von Jan (Stellan Skarsgård) ergibt, ist ihre Gefühlswelt so intensiv, dass sich schließlich scheinbar alles gegen sie richten muss - nicht von einem sadistischen Drehbuch aus, sondern durch die "Menschenkenntnis" der "Normalen". Wie niederschmetternd diese Gefühle ankommen, lässt sich nicht in Worte fassen. Auch weil Bess' Güte keine Grenzen kennt, von der nur allzu menschlichen Sehnsucht besessen ist.

                                        Doch Widerstände, Schicksale und Menschen der gemeinschaftlichen Entsagung zwingen sie dazu, um Gnade zu betteln und anhand ihrer hilflosen Naivität in eine Passion zu verfallen, der sich kein Glaube gewachsen sieht; dennoch verurteilt. Was an den Handlungen aller Seiten womöglich richtig oder falsch ist, steht durchaus von außen zum Diskurs, aber hier lässt sich nichts rationalisieren oder ideologisch festsetzen.

                                        "Breaking the Waves" ist auf dem Wege ein erschöpfendes Monument des Leidens aus reiner Liebe; extrem in der Opfergabe und ein einziger leidenschaftlicher Todesstoß. Als Zuschauer zerbricht man jedoch bedingungslos mit; der Schmerz treibt einen in die Enge der Provinz und Krankenhäuser bis hin zu tosenden Wellen und metallenen Ruinen - weil nichts innigster brennt als diese Sympathie mit der unvergleichlichen Bess.

                                        Es bleibt am Ende zwar nur Tränen und Schmerzen übrig - selbst in der Erlösung, die dennoch alle Herzen bricht. Doch zumindest überlebt der Wille des Individuums und jener zur bedingungslosen Liebe in noch so stiller Einsamkeit beziehungsweise unmöglicher Zweisamkeit. Die Glocken läuten hier aus dem Nichts für die Toten oder besser gesagt schlicht für wahre Menschlichkeit.

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                                          Coming from da sneak! - seit Django Unchained keinen so schön ausgelassenen Top-Film wie SPRING BREAKERS gesehen! Korine's Pussy Riot deluxe - Audiovisuell megaberauschend (Stilistisch ca. Tony Scott / Michael Mann 2.0) und ekstatisch in seinen Körperwelten badend / ultimativ anregend. Ein gewisser Hang zum Voyeurismus kann man dem Film nicht abschlagen, doch unterstreicht dieser nur den knallig-gaudigen Ausbruch aus der gesellschaftlichen Langeweile ins Schlaraffenland (plus Action) - Soundtrack: Cliff Martinez & Skrillex - Fucking LOVED it. Alle anderen Zuschauer in der Sneak waren offenbar zwar ziemlich mongomäßig drauf und quittierten die Schön- und Eigenheiten des Films mit dummen Kommentaren und verwirrtem Gelächter - trotzdem nahm sich am Ende fast jeder das Poster da mit - I wish this movie all the best - Kinostart in Deutschland: 21.03.!

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                                            [...] Millers Inferno ist dabei weder am Konsens noch an Konventionen des postapokalyptischen Genres gebunden. Quasi als Erfinder jenes grandiosen Endzeit-Actiongenres folgt er seinen eigenen Regeln und tüftelt mit ungebrochenem Elan daran, sich selbst zu überbieten: noch schroffer, noch bombastischer, noch wilder. Die „Fury Road“ ist in ihrer Form die Ekstase einer künstlerischen Karriere und eine unnachgiebige Quelle des flammenden Wahnsinns. So dringlich, bizarr und einzigartig wie im Grunde Alejandro Jodorowskys „Der heilige Berg“ – eben ein Schrei der Kreativität. [...]

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                                              FBI und ATF ziehen in den Krieg gegen die Branch Davidians, betreiben mutwillig Mord an denen und leugnen danach im Zeugenstand alles, trotz belastender Zeugen und Foto-/Videobeweisen etc., um ihr Gesicht zu wahren - ein herausragender, verstörender Wütendmacher, dieser Film.

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                                                [...] Miyazaki verzaubert uns vollends mit menschlicher Güte, dem hoffentlich ewig währenden Geist kindlicher Unbekümmertheit und glücklicher Euphorie – eröffnet uns die Natur als mythologischen, belohnenden Verbündeten der Seele und erklärt dieses fantastische Weltgefüge liebevoll zum Grundstein für einen puren, brillant-leuchtenden Optimismus. Da hat Zynismus keinen Platz, wird durch die ungebändigte Luminanz und Drolligkeit des Settings und seiner Figuren ohnehin blitzschnell entwaffnet. Man kann einfach nicht anders, als sich wohlzufühlen und von der empathischen Glorie des alltäglichen Zaubers überwältigt zu sein. Deshalb ist ein Besuch bei Totoro schon fast ein regelrechter Urlaub – wenn Menschen (und Fabelwesen) so gut zueinander sein können, will man einfach nicht von dieser Märchenwelt weichen. Und Miyazaki setzt das zudem bewusst in einer idealisierten, doch äußerst persönlichen und dreidimensional-nuancierten Variante unserer Welt in Zeichentrickform an, dass wir uns dort wiedererkennen und somit den Traum dieses Films, die Kraft der Kindheit, zwangsläufig in unsere Realität mit hinübertragen wollen. Das Leben ist schön – und Miyazaki ein humanistischer Großmeister.

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                                                  [...] Oppenheimers Inszenierung wandert daher im Gegensatz zum Vorgänger entlang entschiedener Stille und fordert eine konkretere Erzählweise. Denn wie kann dem Schrecken, allein in seiner nacherzählten Form, auch anders entgegengekommen werden als mit Sprachlosigkeit? [...] So wie sich der Zuschauer in diesem Komplex der versagten Kommunikation fühlt, ist der Druck unausweichlich und nur mit tosenden Emotionen quittierbar. Oppenheimers Film ist dennoch nicht bloß im Schock gefangen, sondern noch gemäßigter als sein subversiver Vorgänger, da durchweg Versuche der Hoffnung, Einsicht und Vergebung in aller (auch selbstauferlegter) Unterdrückung von den Handelnden unternommen werden. [...]

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                                                    Nichts, was ich schreibe, könnte dem gerecht werden, was die Menschen in dieser Dokumentation, über den Kampf gegen AIDS und für den Drang nach Medikamenten & Heilmitteln, an Eigeninitiative gezeigt und zahlreiche, ignorante Hürden gemeistert haben. Ein kraftvolles, chronologisch-bestürzendes & inspirierendes Testament für die unsterbliche Kraft des humanistischen Geistes. 'ACT UP'.

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