Jim Carrey - Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

17.01.2012 - 08:50 Uhr
Jim Carrey in Michel Gondry's Eternal Sunshine Of A Spotless Mind
Focus Features
Jim Carrey in Michel Gondry's Eternal Sunshine Of A Spotless Mind
33
16
Wer schon im Alter von 15 Jahren die Comedy-Bühnen seiner Heimatstadt unsicher macht, dem ist eine Karriere in der Blödel-Branche vorbestimmt. Heute wird Jim Carrey 50! Wir gratulieren.

Ich muss ehrlich sein: Mein Verhältnis zu Jim Carrey ist ein wenig gestört, deswegen wusste ich auch zunächst nicht wirklich, wie ich dieses Geburtstags-Schreiben über den notorischen Witzbold angehen sollte. Denn auch wenn ich als Kind vor der Glotze hing und mir seine Blödel-Streifen wie Die Maske oder Dumm und Dümmer anschaute, so kamen mir doch schon in meiner frühen Jugend ernsthafte Zweifel über seine künstlerischen Qualitäten. Klar, der Mann kann reden wie kein Zweiter und wirft ihm irgendjemand einen Wort-Brocken hin, ist er im gleichen Moment auch schon drauf und dran, diesen bis aufs Kleinste auseinander zu nehmen. Aber viel Gehaltvolles kam nie raus dabei. Also gönnte ich mir eine Jim Carrey-Pause und wagte mich erst 2003 wieder an einen seiner Filme heran, und das auch nur, weil er an der Seite meines Jugendschwarms und Friends -Star Jennifer Aniston zu sehen war. Enttäuscht musste ich jedoch feststellen, dass sich Jim Carrey auch in Bruce Allmächtig nicht wirklich weiterentwickelt hatte und nur eine zeitgemäße Variation seiner frühen Rollen zeigte. Immer noch lebte seine Darstellunge von dem Talent, seine Visage bis zur Unkenntlichkeit zu verformen und wild hin und her zu zappeln, aber darüber hinaus gab’s nicht viel zu bewundern und gar lachen konnte ich darüber sowieso nicht mehr.

Wäre da nicht ein Jahr später der geniale Franzose Michel Gondry gekommen und hätte ihn in die Rolle des introvertierten Romantikers Joel Barish gesteckt, ich hätte diesen Text heute aus schierer Verachtung vermutlich nicht verfassen können. Aber was Jim Carrey in der melancholischen Sci-Fi-Romanze Vergiss mein nicht! aus der Feder von Drehbuch-Autor Charlie Kaufman an der Seite von Kate Winslet, Mark Ruffalo und Kirsten Dunst ablieferte, war in meinen Augen nicht weniger als genial und seine vergangenen Faux-Pas waren wie ausgelöscht. Natürlich eine sehr naive Sichtweise, aber ich wollte mir die herausragende, und wie ich finde Oscar-würdige Leistung nicht kaputt machen lassen. Vielmehr schloss ich den Kanadier umgehend ins Herz und verpasste ihm das Prädikat “missverstanden.”

Als ich mich aber ein wenig genauer mit seiner Person befasst, wurde mir schnell klar, dass ich ihm damit Unrecht tue. Denn Jim Carrey war schon immer ein Clown mit Leib und Seele. Schon im Alter von 10 Jahren hielt er am Ende des Schultages einen kleinen Auftritt vor seinen Mitschülern ab und so reifte schon da sein komödiantisches Talent heran. Nur fünf Jahre später zog er als Stand Up-Komiker durch die Comedy-Clubs Torontos und machte sich langsam einen Namen in der Branche und noch vor seinem 18. Geburtstag zog es Jim Carrey nach Los Angeles, wo er sich 1986 seine erste nennenswerte Rolle in Peggy Sue hat geheiratet von Francis Ford Coppola sicherte.

Seinen Weg als Comedy-Superstar ebnete ihm schlussendlich aber die Rolle des Privatdetektivs Ace Ventura in der Slapstick-Komödie Ace Ventura – Ein tierischer Detektiv, die er sich selbst auf den Leib schneiderte. Seine Leistung in Die Maske brachte ihm sogar noch eine Golden Globe Nominierung ein, doch schon jetzt war abzusehen, dass er seinen Weg als Clown vom Dienst konsequent weiterverfolgen würde. Und auch wenn seine nachfolgenden Filme Dumm und Dümmer, Batman Forever oder Ace Ventura – Jetzt wird’s wild keine schauspielerischen Meisterleistungen darstellten, so mauserte er sich mit seiner extrovertierten Art zu dem 90er-Comedy-Superstar schlechthin, was ihm für den unter der Regie von Kollege Ben Stiller geführten Cable Guy – Die Nervensäge die Rekord-Gage von 20 Millionen US-Dollar einbrachte. Der Film floppte zwar an den Kinokassen, was wohl auch an der etwas düstereren Rollen-Auslegung lag, kurz darauf besann er sich aber auf seine Stärken und lieferte in Der Dummschwätzer eine altbekannte und bei den Fans vergötterte Jim Carrey-Performance ab.

Ende der 90er Jahre schien sich Jim Carrey – zur Freude der Kritiker – dann aber endlich einem Wandel zu unterziehen. Seine Rollen in dem satirischen Drama Die Truman Show und dem Biopic Der Mondmann von Milos Forman brachten ihm jeweils einen Golden Globe als bester Hauptdarsteller ein und auch wenn die erwarteten Oscar-Nominierungen ausblieben, schien sich Jim Carrey endlich weiter zu entwickeln. Alle Fans des ernsthafteren, anspruchsvolleren, kurzum seriösen Jim Carrey wurden aber im ersten Jahr des neuen Jahrtausends bitter enttäuscht. Gerade als er anfing sich, sich vom dummdreisten Massenliebling zum ernstzunehmenden Schauspieler zu entwickeln, tat er sich erneut mit den Farrelly-Brüdern zusammen, die bereits bei Dumm und Dümmer Regie führten. Die Rolle des schizophrenen Polizisten Charlie Baileygates in der dummdreisten Action-Komödie Ich, beide & sie war der Beginn einer Berg und Talfahrt, die bis heute andauert. Denn nach dem in Der Grinch wieder Gestik und ausufernde Mimik gefragt waren, spielte er 2001 in dem Drama The Majestic von Frank Darabont wieder eine anspruchsvollere Rolle. Zwei Jahre später ist er zu einem altbekannten Regisseur zurückgekehrt: Mit Dummschwätzer-Macher Tom Shadyac stürzte er sich erneut zurück in eine flache Komödie und auch wenn Bruce Allmächtig als Kassenerfolg verzeichnet wurde, so konnte er auch weiterhin nicht zu den Top-Schauspieler aufschließen.

In Michel Gondry’s Vergiss mein nicht! lieferte er 2004 dann die Performance seines Lebens ab, wurde aber erneut nicht von der Academy für eine Nominierung berücksichtigt, obwohl seinem Co-Star Kate Winslet diese Ehre zu Teil wurde. Anstatt an diesen Erfolg anzuknüpfen, entschied er sich danach aber wieder in sein gewohntes Metier zurückzukehren und so müssen wir uns heute fragen, wo der Weg des Jim Carey hingehen wird, denn auch wenn er weiterhin in massentauglichen und erfolgreichen Komödien wie Der Ja-Sager oder I Love You Phillip Morris mitwirkt, herrscht vornehmlich Stagnation in seiner Rollenauswahl. Zudem wurde unlängst bekannt, dass er in Zukunft zum ersten Mal in seiner Karriere Sequels (Dumm und Dümmer, Bruce Allmächtig) plant; Weiterentwicklung sieht sicherlich anders aus. Schade eigentlich, denn das Jim Carrey ein guter Schauspieler sein kann, wenn er die richtigen Charaktere verkörpern darf, hat er zu Genüge unter Beweis gestellt. Ich bin jedenfalls gespannt, wann eine nächste wahre Meisterleistung folgt; unterdessen gratuliere ich dem Mann mit der Maske zu seinem 50. Geburtstag und hoffe, dass er bald wieder den Joel Barrish in sich entdeckt.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News