BaltiCineManiac - Kommentare

Alle Kommentare von BaltiCineManiac

  • Nach der Mega-IMDb-Top-250-Niete von gestern ist heute der TV-Tipp um Längen vielversprechender. Auch bei Sergio Corbuccis Schneewestern "Leichen pflastern seinen Weg" mit Klaus Kinski lohnt sich immer wieder mal ein Blick. Allerdings sind diese Werke auch auf DVD erhältlich. Das verhält sich allerdings anders mit der Filmperle, die der WDR heute Abend um 23.15 Uhr exklusiv in OmU sendet. Das Aborigine-Sozialliebesdrama "Samson & Delilah" war 2009 der große Gewinner bei den Australischen Filmpreisen mit 4 AFI-Awards (u.a. Bester Film) und 4 weiteren Nominierungen. Ich warte schon die ganze Zeit darauf, dass der hier in Deutschland auftaucht, und freue mich drauf. Mal schauen, ob der Film das halten kann, was einem die Vorschusslorbeeren so versprechen.

    • Das mexikanische Thrillerdrama "La Zona - Betreten verboten", heute um 22:45 Uhr auf RBB, das sich den Gated Communities und der wachsenden sozialen Kluft zwischen Arm und Reich widmet, dürfte wohl das Highlight des heutigen TV-Abends sein - gesellschaftskritisch, spannend und böse, junges lateinamerikanisches Kino at its best!

      • Alles andere als „Lawrence von Arabien“ auf dem vordersten Platz wäre bei dieser Liste der absolute Frevel gewesen. Aber auch Bernardo Bertoluccis „Himmel über der Wüste“ hätte es, wie der Titel schon andeutet, thematisch mehr als verdient gehabt, in diese Liste aufgenommen zu werden, genauso wie das französische Truckerabenteuer „100.000 Dollar in der Sonne“, der Fremdenlegionärsfilm „Maschier oder stirb“ mit Gene Hackman und Terence Hill, der italienische Kriegsfilm „El Alamein 1942 – Die Hölle des Wüstenkrieges“ und das Charlton-Heston-Epos „Khartoum – Aufstand am Nil“. Als Kandidaten aus Asien hätten sich noch „Wächter über Himmel und Erde“ angeboten, der zu großen Teilen im äußersten Westen Chinas, in der Taklamakan-Wüste spielt, und der gerade erst im TV gelaufene „Ashes of Time“ von Wong Kar-Wai. Ach ja, erinnert sich noch jemand an die italienische TV-Mini-Serie „Das Geheimnis der Sahara“ mit Michael York, Ben Kingsley und Andie MacDowell, unterlegt mit der kongenialen Musik von Ennio Morricone? Das ist zwar Fernsehen und kein Kinofilm, passt aber hier so gut wie kaum etwas anderes.

        • 5 .5

          Obwohl bei diesem in völlig schlichten TV-Film-Bildern gehaltenen Langfilmdebüt von Martin Repka durchaus gute Ansätze zu erkennen sind, kommt es als unausgegorene Mischung aus Heimatdrama, Roadmovie, Selbstfindungsdrama, Beziehungs- bzw. Liebesdrama und Mafia- bzw. Schleuserthriller daher, die in keiner dieser Genresparten wirklich überzeugen kann. Die lediglich an der Oberfläche kratzende Figurenzeichnung bleibt blass und fährt nur die hierfür üblichen Standards auf, der nötige psychologische Tiefgang bei der Erkundung des dargestellten zwischenmenschlichen Beziehungsgeflechts ist nur in Ansätzen vorhanden, die sich so offensichtlich anbietende Thrillerkomponente bezüglich der mafiös organisierten Schleuseraktivitäten mit etwaigem politischen Understatement zum Leben an der EU-Außengrenze wird schmerzlichst vernachlässigt. Was hätte man nur alles aus der atemberaubenden Naturkulisse der Ostkarpaten, der idyllischen Szenerie des kleinen Dorfes und der Analogie mit den Störchen machen können? Schade!

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          • 4 .5

            Fragwürdige, sehr einseitige, mit georgischen Geldern finanzierte und von der georgischen Regierung unterstützte Kriegsaction über den Konflikt mit Russland im Schatten der XXIX. Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking, die völlig undifferenziert und plakativ Mitleid und Bestürzung beim Zuschauer hervorrufen will, ohne auch nur im Ansatz die Ursachen für diesen fortwährend schwelenden, ethnisch-historisch begründeten Konflikt in der Vielvölkerregion Kaukasus zu beleuchten. Reporter im Krisengebiet wurden auch schon weitaus besser und klischeefreier inszeniert, ohne nur Stichwortgeber für die nächste Actioneinlage zu sein.

            Das Renny Harlin versiert und solide Action in Szene setzen kann, zeigt sich aber auch in diesem Propagandawerk, zumal ihm dafür scheinbar die halbe Kriegsmaschinerie der georgischen Armee zur Verfügung stand. Die Flug- und Kampfsequenzen der wohlgemerkt echten (!) Militärhubschrauber sind mit das Beste, was seit Langem diesbezüglich auf Zelluloid gebannt wurde. Im Angesicht seiner ursprünglich durchaus ehrenwerten Intention macht das diesen dramaturgisch eher schwachen Pseudopolitthriller im Krawumm-Böse-Russen-Actiongewand aber auch nicht besser.

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            • 4

              Hexenhammer, ich hör dir trapsen! Trashig-klischeehafter Fantasy-Mumpitz im Historiengewand, der mit zwei sich lustlos zufrotzelnden Hauptdarstellern aufwartet, durchaus einige düster-atmosphärische Szenen und stimmige Musik parat hält, aber die Augen der Zuschauer mit schlechten CGI-Effekten martert und auf fragwürdig-verklärende Art und Weise die Verfolgung von weisen, sich der damals vorherrschenden christlichen Glaubensdoktrin entziehenden Frauen und Heilerinnen ohne jegliche Hinterfragung legitimiert. Das die im Original titelgebende Hexe schlussendlich … (aber pssst, das wäre jetzt ein Spoiler zu viel), macht das Ganze nicht besser, sondern lässt die Intention des Films um so lächerlicher wirken. Der bierernste Schlusskommentar aus dem Off, der einem weismachen will, dass die Geschichte genauso stattfand, wie eben im Film gesehen, setzt dem Ganzen trotz wohlwollendem Fantasybonus die Krone auf. Da springt jeder rückwärtsgewandte, christlich-reaktionäre Evangelikalenschwachmat und Hardcorekatholik vor Freude im Kreis, der aufgeklärte Mensch kriegt das Kotzen.

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              • 8

                Dieses ursprünglich fürs Fernsehen gedrehte Politthrillerdrama, basierend auf dem Buch „The Fall of Apartheid: The Inside Story from Smuts to Mbeki“ von Robert Harvey, eröffnet dem Zuschauer auf geniale Art und Weise eine ganz neue Sichtweise auf das Ende der Apartheid. Es zeigt auf, dass im Angesicht der zunehmenden Rassenunruhen in den südafrikanischen Townships der 1980er Jahre, der dadurch voranschreitenden Instabilität des Landes sowie des immer diktatorischer werdenden Regierungsstils des damaligen Präsidenten Pieter Willem Botha die Sicherung wirtschaftlicher Interessen ausländischer Konzerne ausschlaggebend für eine der wichtigsten polithistorischen Umwälzungen des 20. Jahrhunderts war.

                Dabei liegt der Hauptfokus des Films nicht, wie es der deutsche Titel vermuten lässt, auf dem im Gefängnis sitzenden Anti-Apartheid-Führer Nelson Mandela, sondern auf den Konsolidierungsgesprächen zwischen den führenden Vertretern des im Exil sitzenden ANCs und den Repräsentanten der weißen südafrikanischen Minderheit. Ein unscheinbar-bebrillter britischer Wirtschaftsagent namens Michael Young, gespielt vom matt-damon-haften Jonny Lee Miller, lädt auf einem mondänen englischen Landsitz eben jene Vertreter zu schwierigen, langwierigen, von Misstrauen und Rückschlägen geprägten sowie nicht nur dem südafrikanischen Geheimdienst beobachteten Gesprächen. Mit diesem von ihm im Auftrag des Goldminenkonzerns Consolidated Gold Fields initiierten „Endspiel“ drückte er eher unfreiwillig der Weltgeschichte seinen kaum bekannten Stempel auf.

                Nelson Mandela, würdevoll interpretiert von Clarke Peters, tritt nur in einem Nebenhandlungsstrang in Erscheinung, in dessen Verlauf der südafrikanische BOSS-Chef Neil Barnard (wie immer klasse: Mark Strong) versucht, ihn gegen seine nicht inhaftierten, in die Gespräche involvierten Mitstreiter im Ausland auszuspielen. Die Hauptrollen fallen jedoch zwei anderen Protagonisten zu. Der gemäßigte Bure und in seinen Ansichten durchaus humane Philosophie-Professor William Estherhuyse und Thabo Mbeki, außenpolitischer Sprecher des ANC und zukünftig zweiter schwarzer Staatspräsident Südafrikas, stehen hier stellvertretend für die komplizierte Annäherung zwischen Weißen und Schwarzen und werden großartig von William Hurt und Chiwetel Ejiofor verkörpert. Zweiter erhielt hierfür seine dritte Golden-Globe-Nominierung.

                Die nervösen, mit Handkamera gefilmten Bilder verleihen dem Film eine fiebrig-dokumentarische Dynamik, unterstützen perfekt die verschwörerische Atmosphäre der geheimen Treffen und machen den Zuschauer durch den teilweisen Einsatz einer hinter Gegenständen und Türrahmen hervorlugenden „Spanner“-Perspektive zum heimlichen Beobachter eines historischen Moments der Zeitgeschichte. Dies zieht ins Geschehen hinein und erzeugt Spannung. Unterstützt vom Schnitt verdeutlichen die kleinsten Kameraschwenks auf Gesichter, Gesten und Handlungen aller Beteiligten sehr präzise die emotionalen Befindlichkeiten der Protagonisten im Angesicht dieser politisch unruhigen Zeit, ob nun im kleinsten familiären Rahmen oder im größeren politischen Kontext.

                Alles in allem ist Pete Travis ein intelligent inszenierter Genrefilm gelungen, der zurecht den Weg vom Fernsehen auf die Kinoleinwände einiger Festivals fand, generell aber viel zu wenig beachtet wurde.

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                • 6
                  über Outrage

                  Takeshi Kitano kehrt mit diesem wohl eher auf pure Unterhaltung ausgelegten Werk nach längerer Auszeit zum Gangsterfilm zurück und seziert in gewohnt harter, mit trockener Ironie angereicherter Art und Weise die Strukturen der japanischen Mafia, diesmal jedoch ohne jeglichen Anflug von Poesie. Dafür bemüht er eine wahre Masse an Charakteren, ohne dass sich eine die Geschichte tragende Hauptfigur herauskristallisiert oder sich generell ein Sympathieträger unter den Anzug tragenden Protagonisten finden lässt. Kalt und brutal schraubt sich die um teilweise ausgefallen-krasse Tötungs-, Verstümmelungs- und Folterszenen konstruierte Spirale der Gewalt und Gegengewalt vorwärts, immer wieder angeheizt von verletztem Ehrgefühl, Rache und persönlichem Profit- und Machtstreben, bis zum Schluss kaum noch jemand übrig bleibt. Doch seltsamerweise berührt das forcierte, in eine kühl-glatte Bildsprache gefasste Sterben den Zuschauer kaum, da psychologischer Tiefgang und Spannung bei diesem Film größtenteils mit Abwesenheit glänzen.

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                  • 7 .5
                    über Glory

                    Edward Zwick setzt mit diesem Bürgerkriegsdrama der 54th Massachusetts Volunteer Infantery, dem ersten historisch belegten Schwarzenbataillon, das in den Reihen der Union kämpfte, ein sehr pathetisches, aber der Denkweise der damaligen Zeit entsprechendes, mitreißendes und würdiges Denkmal. Um der breiten US-amerikanischen Öffentlichkeit dieses auch noch im Jahr 1989 fast gänzlich unbekannte Kapitel des Sezessionskrieges von 1861 bis 1865 näherzubringen, stand ihm mit Denzel Washington, Morgan Freeman, Andre Braugher und Jihmi Kennedy ein erlesenes Ensemble von afroamerikanischen Schauspielern zur Verfügung, das den vergessenen Soldaten mit Ehrfurcht ein ansprechendes, wenn auch nicht immer klischeefreies Gesicht verleiht. Auch Matthew Broderick als Colonel Robert Gould Shaw, auf dessen Briefe das Drehbuch neben zwei weiteren historischen Büchern basiert, macht seine Sache recht ordentlich. Filmisch abgerundet wird das Ganze von prächtigen, besonders in den Schlachtsequenzen zur Geltung kommenden Bildern, unterlegt mit James Horners einprägsamer, chor- und trommellastiger Filmmusik.

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                    • 7

                      Das US-amerikanische Remake des auf einer wahren Begebenheit basierenden japanischen Films „Hachikô monogatari“ ist ein anrührender Tränenzieher aller erster Güte. Dies ist vor allem den drei vierbeinigen Hauptdarstellern zu verdanken, die den Akita-Hund Hachiko in seinen verschiedenen Lebensphasen verkörpern und die man dank ihrer (anfangs) niedlichen Physiognomie sowie ihrer klug oder traurig dreinblickenden Augen sofort ins Herz schließt. Da brauchen die menschlichen Darsteller gar nicht mehr viel zu machen und tun es auch nicht.

                      Richard Gere, der nach der Tanzromanze „Darf ich bitten?“ in seiner zweiten Neuverfilmung eines japanischen Kassenhits zu sehen ist, glänzt nur durch bloße, unbestritten prägnante Anwesenheit, Joan Allen bleibt blass, der restliche Cast dient nur noch als szenischer Stichwortgeber. Auch ansonsten bleibt die Inszenierung des Schweden Lasse Hallström sehr schlicht und sprüht nicht gerade vor Dynamik. Einzig der Kamerablick aus Hundeperspektive sorgt hier im Fluss der Bilder für eine angenehme Abwechslung. Wiederum punkten kann dagegen die gefühlige, klavierbestimmte Filmmusik des Oscarpreisträgers Jan A.P. Kaczmarek.

                      Schlussendlich kann sich dieses Hundedrama bei seiner erschlagenden Emotionalität und dem durch tränennasse Augen verschleierten Blick der Zuschauer bedanken, dass das allgemeine Feedback so überschwänglich positiv ausfällt.

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                      • 6 .5

                        Die ausdrucksstark und sehr überzeugend aufspielende Argentinierin Martina Gusman in der Hauptrolle der jungen (werdenden) Mutter ist das größte Pfund dieses in satten Scopebildern gedrehten Frauenknastdramas, das aufwühlend nüchtern den Gefängnisalltag sowie die Sorgen und Nöte der Insassinnen porträtiert und dabei intelligenterweise die Klärung der die Hauptprotagonistin betreffenden Schuldfrage außen vor lässt. Jedoch schleichen sich auch einige Klischees in die Inszenierung ein und der Schluss wirkt, im realistischen Kontext des Films gesehen, doch etwas aufgesetzt-märchenhaft. Insgesamt wird der Zuschauer emotional dann doch zu sehr von der Erzählweise auf Distanz gehalten.

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                        • 3

                          Ein mit anfangs noch veritablen, dann schnell nervigen Bild- und Zeitlupenmätzchen übertünchter Aufmarsch eines testosterongeschwängerten, schauspielkunstfreien Hackfressenensembles mit Dauerabonnement beim Tätowierer um die Ecke, der seinen Höhe-, ähm, Tiefpunkt dann erreicht hat, wenn ein völlig aufgedunsener Val Kilmer lustlos in einem total abstrusen Finale chargiert. Auf-die-Fresse-Trash pur mit zielgruppenorientiert tiefergelegtem Niveau!

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                          • 8 .5

                            Wunderbare Literaturverfilmung nach dem Roman „Die Entwurzelten“ von James Jones, die es im Rahmen der biederen Konventionen der 1950er Jahre gekonnt versteht, einen sezierenden Blick hinter die aufgesetzt-scheinheiligen Fassaden US-amerikanischer Kleinstadtseelen zu werfen. Für die routinierte, handwerklich tadellose Umsetzung in bester MGM-Studio-Manier stand dem damaligen Regiestar Vincente Minnelli mit Frank Sinatra, Dean Martin und Shirley MacLaine ein illustres Starensemble zur Verfügung, das es auf eindringliche Weise versteht, die verdichteten, teilweise wie in Stein gemeißelt wirkenden Drehbuchzeilen zum Leben zu erwecken. Die abwechslungsreiche Musik von Elmer Bernstein, stilsichere Kameraarbeit, Ausstattung und Kostüme tragen ebenso zum wohligen Gesamteindruck des Films bei. Ein Klassiker des 50er-Jahre-Hollywoodkinos!

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                            • 4 .5

                              Fast gänzlich spannungs- bzw. gruselfreies, auf dem zweifelhaften Sachbuch „Die Schule der Exorzisten: Eine Reportage“ von Matt Baglio basierendes, im Schaffell eines geleckten, mainstreamtauglichen Exorzismus-Horrorstreifens aus Hollywoodland daherkommendes Rekrutierungsvideo der katholischen Kirche, das einem doch schon tatsächlich im Vorspann weismachen will, dass das Ganze auf wahren Begebenheiten basiert, Gott sowie der Teufel tatsächlich existieren und man deshalb ja nicht vom Glauben abfallen sollte. Dabei hat man anfangs doch so viel Sympathie für diesen zweifelnden Hauptprotagonisten namens Michael (Bibelkontext: Erzengel Michael = Bezwinger Satans), der seinen glaubensstarren Vorgesetzten nur so die wissenschaftlich-medizinischen Erklärungen für diverse Verhaltensweisen von „Besessenen“ um die Ohren schleudert und bei dem man absolut nicht verstehen kann, warum er nun ausgerechnet diesen Weg in die Zukunft gewählt hat, anstatt Arzt oder Ähnliches zu werden.

                              Doch das ist leider nur die Masche des Films, um das skeptische (junge) Publikum zusammen mit dem zielgruppenangepassten Hauptcharakter zum Glauben an Gott/an den Teufel/an die Notwendigkeit von Exorzismus zu bekehren und damit in den Schoß der Kirche zurückzuführen. Wären da nicht das ein oder andere düstere Bild und das größtenteils routinierte Auftreten von Anthony Hopkins, der es sich in der zweiten Hälfte allerdings nicht nehmen lässt, in althergebrachte Rollenklischees zu verfallen, wäre dieses Plädoyer für Antiwissenschaftlichkeit – auch wenn man es noch so wohlwollend in einem übernatürlichen Fantasy-Horror-Rahmen betrachten will – noch einen Tick unerträglicher und langweiliger geraten.

                              • 3

                                Ein völlig verquaster, teilweise unfreiwillig komischer Filmhybrid mit Kunstfilmanspruch, der erfolglos versucht, Historienfilm, Märchenfilm, Fantasyfilm und Horrorfilm zusammenzubringen und dabei völlig frei von einer nachvollziehbaren Handlung und tieferem Sinn ist. Bevölkert wird dieses Machwerk mit nervtötender Spieluhrenmusik von irre und hektisch agierendem Schauspielpersonal, unter das sich gestandene Mimen wie Daniel Auteuil und Sergi López verirrt haben, die ziellos zwischen Ernsthaftigkeit und Karikatur, zwischen Lustlosigkeit und überzeichnetem Spiel hin und her driften. Einzig und allein so manch grandioses Bild der winterkühlen Alpenlandschaft kann hier überzeugen.

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                                • 5 .5

                                  Regisseur Anders Anderson verwebt in seinem Langfilmdebüt recht gekonnt zwei Zeitebenen zu einem passablen Kriminaldrama, das sich mit dem Verlust eines Kindes durch Entführung und Mord sowie den dadurch zurückbleibenden seelischen Narben bei den engsten Angehörigen auseinandersetzt. Das Spiel der Darsteller ist meistens stimmig, historische Ausstattung und Kameraarbeit im Angesicht des geringen Budgets solide. Mit handwerklich durchdachten szenischen Übergängen unterstreicht der Filmemacher sein Ansinnen, einen niveauvollen Film abzuliefern. Doch der Suche nach dem Mörder fehlen der für dieses Genre nötige Thrill und die Raffinesse. Die Enttarnung des Mörders und das schnell zusammengefrickelte, spannungsarme Finale enttäuschen schließlich auf ganzer Linie und tun dem Film gar nicht gut. Die Begründung für die Taten des Entführers wirkt im Angesicht dessen, dass dieser Protagonist vorher charakterlich ganz anders in die Geschichte eingeführt wurde, sehr fadenscheinig, psychologisch unausgegoren und hinkonstruiert.

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                                  • 4 .5

                                    Diese Endzeitmär mit Horrortouch beruft sich flüchtig auf die Legende vom mysteriösen Verschwinden der Siedler der ersten nordamerikanischen Kolonie auf Roanoke Island vor der Küste North Carolinas und kommt als eine den Planeten reinwaschende Sintflut von Schatten daher, die alles menschliche Leben auslöschen wollen, um schlussendlich den Weg für einen finalen, biblisch-kitschigen Neuanfang in bester Genesis-Manier zu bereiten. Bevor es aber dazu kommen kann, muss vonseiten der ominösen, in ihrer Existenz nicht weiter erklärten Schatten noch Auslöschungsnachsorge betrieben werden, denn einige Humanoide hatten doch tatsächlich autarke Lichtquellen entzündet, als die entscheidende Vernichtungsaktion während eines globalen (!) Stromausfalls vonstatten ging.

                                    Nach einem durchaus vielversprechenden Beginn und in Erwartung von beängstigenden Situationen voller Finsternis sowie spannenden, den undurchsichtigen Plot nach und nach dann doch erklärenden Wendungen, wird man schließlich nur durch eine Schar sich leidlich im Kampf gegen die wachsende Dunkelheit mühender Charakterdummies, unausgegorene, in wirren Rückblenden gipfelnde Drehbucheinfälle, fehlende Spannung und verminderten Ideenreichtum gelangweilt. Eine Erklärung für das Ganze gibt es nicht.

                                    Fazit: Brad Anderson, der mit seinen ersten Filmen noch Spannung und eine unheimliche Atmosphäre erzeugen konnte, wird inszenatorisch immer schlechter. Ritzt also CROATOAN auf das DVD-Cover des Films und lasst ihn im Dunst der Geschichte verschwinden, wie einst diese Kolonie vor den Gestaden des nordamerikanischen Kontinents!

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                                    • 6

                                      Der Plan von Regieneuling George Nolfi, aus einer mittlerweile 47 Jahre alten Kurzgeschichte des populären Autors Philip K. Dick einen funktionierenden Film für die Jetztzeit zu kreieren und ihn als Science-Fiction-Verschwörungsthriller-Mysteryromanze mit „Matrix“-Anleihen zu servieren, geht nicht so ganz auf.

                                      Viel zu verstaubt wirken die hütetragenden Herren des Umstellungsbüros, viel zu offensichtlich ist die Dissonanz zwischen ihren klar thematisierten übernatürlichen Fähigkeiten und ihrem dem entgegenstehenden Unvermögen, ihr auserwähltes Umstellungs-„Objekt“ unter Kontrolle zu behalten. So wird die recht angenehme und handwerklich solide Inszenierung immer wieder von den daraus resultierenden Logiklöchern torpediert, die nötige Thrillerspannung kommt nur schleppend auf. Auch an einer zeitgemäßen bildlichen Umsetzung des übernatürlichen Plots und den damit einhergehenden Eigenheiten mangelt es, denn die Verbindung des Umstellungsbüros (auf welcher physikalisch-existenziellen Ebene es sich auch immer befinden mag) mit der normalen Welt durch einfache Türen wirkt doch sehr antiquiert.

                                      Einzig und allein die stimmige Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern begeistert. Der routiniert aufspielende Matt Damon und die bezaubernde Emily Blunt können mit so manch prickelnder, vor Dialogwitz sprühender Szene den Film ein gutes Stück weit retten.

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                                      • 6 .5
                                        über Cube

                                        Die filmgewordene, überdimensionale Albtraumversion des in den 1980er Jahren so beliebten Zauberwürfels wird im Allgemeinen etwas überschätzt. Der kleine Genrefilm besticht vor allem durch seine zum Zeitpunkt des Erscheinens sehr innovative Grundidee sowie durch die futuristische Leiterplattenoptik und Funktionsweise des mathematischen Konstrukts. Hier werden schon etliche Jahre vor den Torture-Porn-Metzeleien des darauf folgenden Jahrzehnts Menschen durch einen krankhaft-genialen Todesparkour geschickt, ohne ihnen und dem Zuschauer auch nur ansatzweise die Gründe dafür mitzuteilen.

                                        Doch der anfänglich beeindruckende Augenschmaus dieser kubistischen Spielerei verpufft mit zunehmender Lauflänge des Films immer mehr, das immer gleiche Hüpfen von Raum zu Raum der klischeehaften Charaktere wirkt mit der Zeit doch ziemlich ermüdend, Spannung will nur bedingt im letzten Drittel aufkommen, Kameraarbeit und Musik sind schlicht. Zudem können die eher zweitklassigen Darsteller mit der überzogenen Interpretation ihrer jeweiligen Rolle auch nicht so recht überzeugen.

                                        Schlussendlich ergibt hier V = a³ einen grundsoliden kleinen B-Film mit geringem Budget und um so mehr Ideenreichtum, was im Zeitrahmen der 1990er Jahre zu einer kurz aufleuchtenden Randnotiz der Filmgeschichte reichte.

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                                        • 5 .5

                                          Der gebürtige Vietnamese Tran Anh Hung versucht sich hier mit seinem ersten Film nach neun Jahren Pause an einer vor religiöser Symbolik triefenden, fiebrig-albtraumhaften, szenisch zerstückelten, selten schlüssigen Neuinterpretation des Neuen Testaments bzw. von Teilen daraus. Für seine in satte Farben, düstere Atmosphäre, aber auch viel Blut getauchten transglobalen Passionsspiele mit heftigem Asieneinschlag scharte er vor und hinter der Kamera dann auch gleich eine illustre Multikulti-Truppe zusammen, von der jeder Einzelne seinen Job noch recht gut macht, um dem sprunghaften Drehbuch und der teilweise auf plakativ-voyeuristische Gewaltdarstellung hinauslaufenden Inszenierung des Regisseurs das nötige Leben einzuhauchen.

                                          Die vorzüglichen, in Neonlicht getauchten Großstadtbilder des nächtlichen Hongkong, eingefangen vom Basken Juan Ruiz Anchía, können daher beim Zuschauer ebenso punkten wie der doch sehr zu den metaphorischen Bildern passende Musikteppich des oscarprämierten Argentiniers Gustavo Santaolalla nebst Radiohead und weiterer Alternative-Combos. Neben einer Schar von Asienstars wie dem südkoreanischen Kim-Jee-woon-Liebling Lee Byung-hun als Gangster, dem Hongkongchinesen Shawn Yue als Polizist und dem Japaner Takuya Kimura als „Jesus“, konnte der Regisseur für die Interpretation seiner biblisch angehauchten Drehbuchzeilen auch den vom mainstreamorientierten Hollywood abwesenden, die detektivische Hauptrolle bemüht ausfüllenden US-Amerikaner Josh Hartnett gewinnen sowie den griechischstämmigen Kanadier Elias Koteas, der eine süffisant-teuflische Reinkarnation des Plastinators Gunther von Hagens gibt. Dass Trans Frau, die Vietnamesin Tran Nu Yên-Khê, auch durchs Bild springen muss (diesmal als Nutte), ist bei seinen Filmen ja schon routinierte Formsache. Jedoch schafft es niemand aus dieser Darstellerriege, den Zuschauer derart emotional an seine Rolle zu binden, dass ein Mitfiebern im Ansatz möglich wäre. Nicht nur dadurch fehlt dem Film die nötige Spannung. Wahrscheinlich haben die Schauspieler auch nicht gewusst, was der Regisseur mit diesem kryptischen Psychotrip eigentlich bezwecken und durch ihr Spiel dem geneigten Publikum vermitteln wollte.

                                          Im Ganzen ist dieser Neo-Noir-Thriller eine filmische Seltsamkeit, die den Zuschauer verhalten zu faszinieren versteht, ihn aber gleichzeitig völlig ratlos zurücklässt.

                                          • 8 .5

                                            Der Frankokanadier Xavier Dolan, zum Zeitpunkt des Filmdrehs gerade mal 19 Jahre alt, scheint sich mit seinem ersten Film all die angestauten, wahrscheinlich nicht immer positiven Erlebnisse seines noch jungen (Film-)Künstlerlebens von der Seele schreien zu wollen. Bei der Umsetzung dieses augenscheinlich sehr persönlich geprägten Stoffes vertraut er dann auch vorwiegend auf sich selbst sowie auf seine Erfahrungen als Schauspieler und übernimmt die Posten von Regisseur, Produzent, Drehbuchautor und Hauptdarsteller gleich mal in Personalunion. Was sich nicht nur dadurch zuerst nach postpubertärem Größenwahn anhört, entpuppt sich ganz schnell als ein sehr raffiniertes, durchdachtes, ja im Angesicht des Alters des Filmemachers schon beängstigend gutes Erstlingswerk.

                                            Mit seinem Film zelebriert Dolan die Rebellion der nach sexueller Orientierung suchenden, nach Selbstverwirklichung und eigener Freiheit strebenden Jugend gegen die miefige, in stereotype Verhaltensmuster verfangene Erwachsenenwelt im Allgemeinen als sezierenden Blick auf einen schwelenden, zeitweise eskalierenden Mutter-Sohn-Konflikt im Speziellen. Dabei begeht er wohlweislich nicht den Fehler, die Homosexualität des Hauptprotagonisten in den Vordergrund zu rücken und als Ursache für alles hinzustellen, sondern lässt das Coming-out eher als beiläufige Verquickung von Umständen passieren. Auch dank einer großartig aufspielenden Anne Dorval als sein mütterlicher Gegenpart gelingt es dem schauspielernden Regisseur, ein differenziertes, verdichtendes Charakterbild zu zeichnen, das nicht nur Argumente für den Sohn als potenziellen Helden der Geschichte, sondern auch für die Handlungsweise der Mutter zulässt. Die emotionale Achterbahnfahrt zwischen Liebe und Hass, zwischen Selbstzweifeln und Schuldzuweisungen wird nicht nur dadurch für den Zuschauer sehr fassbar.

                                            Damit nicht genug kleidet er den konfliktreichen Zusammenprall der Generationen in eine sehr ansprechend-filmische Bildsprache und pfeift dabei auf so manche althergebrachte Konvention. Formal strenge, mit ruhender Kamera erzeugte Bildkompositionen, die durch die konsequent dezentrale Fokussierung auf die im Bild befindliche Person bei den halbnahen und nahen Close-ups ihren stilistischen Höhepunkt finden, wechseln sich mit den hektischen Bildern einer Handkamera ab. Um den emotionalen Befindlichkeiten seines Hauptcharakters mehr visuelle Tiefe zu verleihen, bedient sich Dolan nicht nur der Einblendung von literarischen, aus dem Off rezitierten Textpassagen, sondern auch bei einem Sammelsurium von im Zeitrafferstil vorbeifliegenden alltagsgegenständlichen Standbildeindrücken, nutzt teilweise rauschhafte, nur mit (übrigens wunderbarer) Musik unterlegte, alle anderen Geräusche ausblendende Zeitlupensequenzen, in Schwarz-Weiß gehaltene, selbstporträtierende extreme Close-ups, farbverzerrte, die Vergangenheit betrachtende, andersformatige Homevideoaufnahmen und betörende, mitunter überkitschte Traumsequenzen.

                                            Mit diesem handwerklich und inhaltlich beeindruckenden Regiedebüt dürfte sich der junge Kanadier auf Anhieb unter die Elite der Filmemacher seines Landes katapultiert haben. Das Gesehene macht Lust auf mehr filmische Kost von ihm, legt aber zugleich auch die Messlatte für kommende Werke sehr hoch.

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                                              „Auf der Sonne tobt ein Sturm. Man sagt, auf dieser Weise entsteht das Nordlicht. Aber ich habe erfahren, dass dieses Licht das Tor zum Himmelreich ist. Ich weiß es Rebecka, ich bin dort gewesen, ich habe alles gesehen, ich war im Paradies ...“ [Viktor Strandgård]

                                              Dass die nordschwedische Bergbaustadt Kiruna jenseits des Polarkreises mit ihren futuristisch anmutenden Abraumhalden, eingehüllt von winterlichem Weiß und schneesturmgepeitscht, die ideale und unverbrauchte Kulisse für einen düsteren Kriminalthriller sein kann, der sich um einen Mord und die damit verbundenen Machenschaften einer christlichen Sekte dreht, dürfte jedem schnell klar werden, der die eindrücklichen Bilder der kühlen Schönheit Lapplands erblickt, die sich über die Lauflänge des Films streuen. Diese naturellen Vorzüge mögen auch Åsa Larsson dazu bewogen haben, die Geschichte ihres Debütromans in diesem frostigen Panorama anzusiedeln, mit dem sie sich in der Kriminalautorenszene einen Namen machte, und auf eben dem diese schwedisch-finnische Koproduktion hier basiert. Doch reichen solche Art Landschaftsaufnahmen, um einen Film zu tragen, der den Zuschauer genrebedingt durch ein spannendes Storykonstrukt und durch das Ausloten charakterlicher und gesellschaftlicher Düsternis fesseln will? Nein! Sie können und sollten lediglich dazu dienen, die inszenatorisch aufgebaute Atmosphäre des Films angemessen zu untermalen.

                                              Regisseur Leif Lindblom verlässt sich jedoch allzu sehr auf die formale Wirkung der winterlichen Bilder vom Ort des Geschehens, seine Inszenierung bleibt distanziert, unterkühlt und fatalerweise auch spannungsarm. Trotz der tragischen Grundkonstellation der Geschichte macht der Film es dem Zuschauer schwer, eine emotionale Bindung zu den handelnden Figuren aufzubauen, da die Motivation für ihr Tun und die Gründe für ihren jeweiligen psychischen Wesenszustand oftmals unklar bleiben. Ex-Bond-Girl Izabella Scorupco wirkt als Hauptprotagonistin Rebecka Martinsson wie eine abgehalfterte Soap-Diva im falschen (TV-)Film, die mit gesichtschirurgisch bedingtem Minimalismus mehr lustlos als routiniert die nötigen Klischees für die Charakterzeichnung ihrer Rolle abspult. Als in Rechtsdingen bewanderte Steueranwältin, und daher mit dem kriminologischen Metier einigermaßen vertraut, macht Rebecka einfach zu viele Fehler in der Betreuung ihrer Mandantin und der ihr anvertrauten Kinder, die dem wohl trotzdem nicht vorhandenen Spannungsaufbau zu mehr Fahrt verhelfen sollten. Auch die ambivalent zwischen Schwangerschaft, Lokalpatriotismus und Dienstpflicht angelegte Rolle der vor Ort ermittelnden Kommissarin Anna Maria Mella, gespielt von Lena B. Eriksson, weiß der Film nicht genügend auszubauen. Einziger schauspielerischer Lichtblick ist die Darstellung der psychisch labilen Angeklagten durch Maria Sundbom, die der doch recht arg konstruierten Charakterkurve ihrer Rolle einigermaßen Tiefe verleihen kann. Kurt-Wallander-Darsteller Krister Henriksson kommt als emotional unterkühlter religiöser Patriarch und Sektenführer fast nur eine Statistenrolle zu, obwohl gerade das Zeigen der vom Ältestenrat überwachten Machtstrukturen innerhalb der Sekte und deren Machenschaften im Allgemeinen der Geschichte spannende Aspekte hätte hinzufügen können.

                                              Überhaupt fragt man sich, wie es diesen hippieesken christlichen Spinnern gelingen konnte, die gesamte Stadt derart unter ihre Kontrolle zu bringen, wie es im Film angedeutet – ja eben nur angedeutet – wird. Eine in die Story eingearbeitete Reflexion über das Geld anhäufende Sektierertum, Fanatismus, Glaubenswahn und die damit einhergehende religiöse Indoktrinierung psychisch labiler Individuen wäre hier vielleicht ebenso wünschenswert gewesen. Den größten Fehler macht der Film jedoch dadurch, dass er das düstere Schicksal der Kinder, ihr von der Gemeinschaft geduldetes Martyrium im Dienste des Glaubens, nicht in den Mittelpunkt der Geschichte rückt. So erschließt sich dem Zuschauer das eigentliche Motiv für die Mordtat nur zögerlich. Die zu diesem Zweck zum Einsatz gebrachten, traumhaft vernebelten Rückblenden hat man auch schon mal filmisch besser umgesetzt gesehen.

                                              Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es sich bei diesem Kriminalthriller, der im Übrigen unter Einbüßen des Originalabspanns vom ZDF direkt für das Fernsehen synchronisiert wurde und in Deutschland bisher nicht auf DVD erschienen ist, um eine in Scope gedrehte Kinoproduktion handelt, gedacht für die große Leinwand, und nicht um einen TV-Film, auch wenn manches für diesen Sektor zuständige Printmedium und der unsäglich dämliche deutsche Titel, der sich mal wieder in bester Oma-Sender-Manier aus dem Namen der Romanautorin und dem Originaltitel zusammensetzt, etwas anderes suggerieren. Gerade wegen des opulenten Breitwandbildes ist es sehr schade, dass der Film – nicht wegen seiner Bilder, aber wegen der allgemeinen Umsetzung der Geschichte – doch nur wie für das Fernsehen gedrehte Durchschnittskost daherkommt.

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                                                Kelly Reichard betreibt für ihr minimalistisches Außenseiterdrama, das aufgrund seines Sujets oft wie ein Neo-Depressionszeit-Drama wirkt, die totale Reduktion der filmischen Mittel. Die Bilder umkreisen dokumentarisch und ohne jeglichen Schnickschnack die Hauptfigur bei ihrem Kampf ums Auto, um ihre Hündin Lucy, die für Wendy zunächst der einzige soziale Bezug in der Fremde ist, sowie um die Achtung ihrer selbst. Allein mit diesem stark eingeschränkten Handlungsgerüst, platziert in einer allgemeingültigen randstädtisch-hässlichen, dem schleichenden Verfall überantworteten Austauschbarkeit, wie sie wohl fast überall in den USA zu finden ist, schafft es die Regisseurin, die existenziellen Probleme aufzuzeigen, die einen treffen können, wenn man aus dem sozialen Netz herausfällt, und prangert damit offenkundig die gesellschaftlichen Missstände ihres Landes an.

                                                Michelle Williams kann – auch wenn bei ihr schauspielerisch noch viel mehr drin gewesen wäre – mit ihrer Verkörperung der burschikosen, schüchternen, aber auch verhalten resoluten Wendy erneut überzeugen, deren Scheitern an der tristen, zwischenmenschlich-unterkühlten Gegenwart einfach niemanden juckt. Nicht nur dank der Hauptdarstellerin schafft es dieser kleine Film eine Nachdenklichkeit zu erzeugen, die den Zuschauer noch lange nach Ende des Abspanns beschäftigt, und wie man sie so während des Anschauens der eher schlichten Bildkompositionen nicht erwartet hätte.

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