Discostu - Kommentare

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    Dieses Review erzählt das Ende des Films, das jedoch nicht überraschend ist und dessen Kenntnis daher weder Buch noch Film etwas an Qualität nimmt.

    „Der Tod in Venedig“ gehört zu den bekanntesten Werken Thomas Manns. Das Buch handelt von Gustav von Aschenbach, einem sehr erfolgreichen deutschen Autor. Aschenbach ist ein ausgesprochen fleißiger, sehr auf die Form seiner Werke bedachter Künstler, dessen Arbeit sein ganzes Leben einnimmt und der daher ein eher einsames Dasein fristet. Als er am Münchener Nordfriedhof einen seltsamen Fremden in Wanderkleidung erblickt, der so schnell wieder verschwindet wie er aufgetaucht ist, ergreift Aschenbach die Reiselust, die ihn letztendlich nach Venedig führt. Im Hotel begegnet Aschenbach dem jugendlichen Polen Tadzio, dessen Schönheit ihn von Anfang an fasziniert. Aschenbach verträgt jedoch das Wetter nicht und will deshalb eine Tage später schon wieder abreisen. Doch als dies durch eine falsche Gepäckaufgabe verhindert wird, ist er froh, noch ein wenig mehr Zeit in der Nähe des Jünglings verbringen zu dürfen. Der Autor steigert sich immer tiefer in seine Gefühle hinein, spricht den Jungen jedoch niemals an. Auch die Stadt hat ein dunkles Geheimnis: Eine Cholera-Epidemie breitet sich aus und wird, um dem Tourismus nicht zu schaden, verheimlicht. Aschenbach entschließt sich dafür, dieses Geheimnis zu bewahren, da die polnische Familie sonst sicherlich abreisen würde. Sein Wahnsinn findet seinen Höhepunkt, als er beginnt dem Jungen auf Schritt und Tritt zu folgen und sein ganzes Leben nur noch um ihn kreist. So bemerkt er auch nicht, wie sich sein Gesundheitszustand immer mehr verschlechtert, bis er schließlich am Strand in einem Stuhl tot zusammensackt.

    Neben der grundlegenden Handlung ist Thomas Manns Buch vor allem durch das hohe Niveau der Sprache, Aschenbachs Reflektionen seiner Gefühle, die prominente Todessymbolik und das Motiv der griechischen Mythologie (vor allem Dionysos), das in Aschenbachs Gedanken und Träumen immer wieder deutlich wird, interessant. Dies in einer Verfilmung umzusetzen ist natürlich ausgesprochen schwierig. Visconti hat sich daher 1971 für eine eher gradlinige Umsetzung des Stoffes entschieden.

    An der grundlegenden Handlung wurde für den Film wenig geändert. Aschenbach ist nicht Autor, sondern Komponist. Diese Abweichung ist weniger verwunderlich, wenn man weiß, dass Thomas Mann sich sehr von Gustav Mahler für seine Hauptfigur inspirieren ließ. Visconti führt dies so weiter, dass er das Aussehen Aschenbachs stark an Mahler anlehnt und alle Musik, die im Film erklingt, von ihm stammt. Aschenbachs Hintergrundgeschichte wird in Rückblenden erzählt und weicht in einigen Punkten von der Vorlage ab. So ist er beruflich wenig erfolgreich und hat familiäre Schicksalsschläge erlitten, wodurch seine Fallhöhe deutlich geringer ist als in Manns Novelle. Die Ereignisse in Venedig selbst sind jedoch zumindest oberflächlich fast lückenlos aus dem Buch übernommen worden. Visconti hat sich jedoch dagegen entschieden, zu versuchen, die Innensicht auf die Hauptfigur durch Voice-Overs oder ähnliche Mittel zu ermöglichen. Aschenbachs Gefühle und Gedanken werden daher vor allem durch die Mimik des ausgezeichneten Hauptdarstellers Dirk Bogarde transportiert und teilweise durch in den Rückblenden geführte Diskussionen mit seinem Kollegen Alfred ergänzt. Die eher nüchterne, fast triste Optik steht in direktem Gegensatz zu dem ästhetischen Genuss, den das Buch dem Leser bietet. Selbst sehr surreale, traumhafte und mystische Buchpassagen werden im Film aus einer objektiven Außensicht nüchtern erzählt. Weder die Todessymbolik, noch die Anspielungen auf die griechische Mythologie werden von Visconti übernommen, wodurch die Bedeutung einiger Szenen ohne Kenntnis der Vorlage nicht erkennbar ist. Statt den zunehmenden Realitätsverlust des alternden Künstlers selbst mitzuerleben, kann der Rezipient diesen also lediglich von außen beobachten.

    Durch diese Herangehensweise an den Stoff bleibt leider nur das triste Gerippe des Plots von Thomas Manns Werk übrig, das in einem eher gemächlichen Tempo dargeboten wird. Dies ist freilich immer noch recht interessant und wird durch die hervorragenden schauspielerischen Leistungen der beiden Hauptdarsteller noch zu einem einigermaßen sehenswerten Gesamtergebnis ergänzt. Ausreichen tut das alles jedoch nicht, um Tod in Venedig als eine wirklich gelungene Verfilmung bezeichnen zu können.

    • Shatner scheint das Klischee, einer der egozentrischsten Schauspieler überhaupt zu sein, immer wieder zu bestätigen.