JarvisBln - Kommentare

Alle Kommentare von JarvisBln

  • Nicht in MP:
    Cinerama (Rotterdam) - Die Herrgottsgrenadiere (Schweiz, 1932). Regie: Anton Kutter. Goldfieber in den Schweizer Alpen. Das Leben der Menschen ist im Einklang mit ihrer Umgebung, eine seltsam gleiche Schroffheit wie auch Sanftheit bestimmt die Gesichter der Menschen, wie auch die Berge und Wiesen (überhaupt die Fotografie, eine ästhetische Überhöhung, die aber nie in falsches Pathos umschlägt, sondern immer dienend ist). Dieser Einklang wird empfindlich gestört, wenn die Ausbeutung des Bodens durch profitorientierte städtische Unternehmen beginnt, das Dorf spaltet sich, ist die Aussicht auf ein Ende der Armut doch verlockend. Noch einmal kommt das Dorf einig zusammen zum Berggottesdient, die titelgebenden Herrgottsgrenadiere schützen des Heiligste, was für eine erhebende Szene, während im Hintergrund die Sprenggeräusche zu hören sind. Doch die Goldsuche nimmt kein gutes Ende. „Wenn Du Gold suchst, suche es in Deinem Herzen“, heisst es zum Schluss. 7.5 Punkte.

    • Nicht in MP:
      LantarenVenster (Rotterdam) - The eighth day of the week (Ungarn, 2006). Regie: Judit Elek. Eine ähnliche Geschichte wie in "The Lady from Constantinople), nur diesmal ind er kapitalistischen Variante. Eine ältere Frau, ehemals bekannte Künstlerin, jetzt gibt sie Ballettunterricht, verliert nach dem Tod ihres Mannes ihr Haus, ihr Handeln, eine Mischung aus Stolz, Naivität und Sturheit führt sie letztendlich in die Obdachlosigkeit. Die Botschaft ist hier etwas zu deutlich, die Erzählung zu vordergründig. 5 Punkte.

      • LantarenVenster (Rotterdam) - Lingua morta (Frankreich, 2023). Regie: Jean Ruggirello.
        Kurzfilm. Eine Zimmerkante, Parkettboden und Wand, an Schnüren befestigte Objekte werden gezogen, von oben heruntergelassen, bewegt, eine Schildkröte kann sich selber bewegen, oder jemand geht auf den Händen durch das Bild. 3 Punkte.

        • JarvisBln 30.01.2023, 22:32 Geändert 30.01.2023, 22:49

          Nicht in MP:
          LantarenVenster (Rotterdam) - The Lady from Constantinople (Ungarn, 1969). Warum diese grosse Regisseurin hier nicht einmal einen Namenseintrag hat gehört zu den grossen Unzulänglichkeiten dieser Seite.
          Der Film ist ein Meisterwerk, wir folgen einer älteren Frau (beeindruckend gespielt von Manyi Kiss), die in ihrer überladenen Wohnung alten Zeiten nachhängt und Schlager hört, sich als was Besseres fühlt und den Nachbarn in ihrem Wohnblock mehr oder weniger auf die Nerven fällt. Im Sozialismus sind Wohnungen knapp, ihr wird ein Wohnungstausch nahegelegt, was sie zum informellen Wohnungstauschmarkt auf der Strasse führt, alle Interessenten werden eingeladen, die Wohnungsbesichtigung artet zur absurden Party aus. Man merkt dass Judit Elek vor diesem Film dokumentarisch gearbeitet hat (die Strassenszenen sind improvisiert), und der Kamermann Elemér Ragályi bewegt sich fliessend und weich durch die Menschengruppen. In der neuen Wohnung unter ihrem alten Kronleuchter wieder die alten Schlager. Eine Studie in Einsamkeit, mit absurdem Humor und Liebe zu den Menschen. 10 Punkte.
          In Anwesenheit der 85-jährigen Regisseurin, die viel zu erzählen hat.

          • Nicht in MP:
            Pathé (Rotterdam) - Munnel (Sri Lanka, 2023). Regie: Visakesa Chandrasekaram. Ohne Kenntnisse der jüngeren Geschichte Sri Lankas nicht ganz zu verstehen, dennoch faszinierend die Mischung aus Weissagungen einer Göttin, Kasten, verbotener Zonen und gerichtlicher Aufarbeitung von Kriegsverbrechen, Schuld und Instagram. 6 Punkte.

            • 7 .5

              Sorgfältig gestaltete Gegenbilder, die sich den Kategorien schön-hässlich entziehen, sie zeigen einfach was da ist, was man auch bei so manchem Spaziergang entdecken kann. Das ist mehr mein Berlin als jeder Mitte-Film.

              • 6

                Ein Stück Eskapismus mitten im Krieg. Der (nicht gelungene) Versuch eine Mischung aus US Revuefilm und Sophisticated Comedy, mit für die Entstehungszeit erstaunlich offener Erotik (u.a. ein nacktes Malermodell, knapp 10 Jahre später sorgte eine ähnliche Situation in der "Sünderin" für Skandale), und einer Hauptfigur, die Mutter, aber nicht Ehefrau sein will. Hübsche Running Gags und flüssige Kameraarbeit des Tschechen Jan Roth.

                • 7

                  Eine Geschichte von Rassismus und Klassismus, ein Working Class Hero auf der Suche nach seinem Platz in der Welt, ein Film über Arbeit, Gesellschaft und Menschen (diese wunderbaren Grossaufnahmen), und wie das zusammengehört. Mit viel Motownmusik.

                  • 6 .5

                    Ein Film über Sprache, Sagen und Meinen, (Miss)verstehen, mit vielen Fragen (die dümmste davon ist "Liebst Du mich", so etwas ist nur in der Popmusik erlaubt), Verständigung als Ping Pong. Ein Paar in einer weiss-beigen Altbauwohnung, kurze Szenen durch Zitate aus Pop, Literatur und Philosophie verbunden, welche immer mit "I can't get no satisfaction" von den Stones unterlegt sind. Und mit der jungen Hildegard Schmahl!

                    • 6

                      Titel gibt Ort und Zeit vor, die Entstehungszeit muss mitgedacht werden. Ausgelassenheit und suizidale Gedanken, der "kleine Mann" und "die Elite", ein Arzt der dem Schönheitsideal seiner Zeit alle Ehre macht und im schweren Ledermantel Hausbesuche macht, und der Schnitzer aus dem Erzgebirge, ein Lob der Familie und ein Plädoyer für die Ordnung. Gut fotografiert und montiert, ein solider Film.

                      • JarvisBln 13.12.2022, 16:08 Geändert 13.12.2022, 16:09

                        Nicht in MP:
                        Zeughauskino - Ali au pays des merveilles (Frankreich, 1975). Regie: Djouhra Abouda und Alain Bonnamy. Über algerische Immigranten in Paris, der Wohlstand der Franzosen beruht auf der Ausbeutung der algerischen Arbeiter_innen, durch Doppelbelichtungen und Splitscreen werden zwei Welten gezeigt, die sich bedingen und doch fremd sind. 5.5 Punkte

                        • 2 .5

                          Eine Mischung von Gesellschaftskomödie und Nationalismus, geschichtsklitternd (obwohl die Idee, dass ein schwuler König (Friedrich II) Angst for drei Frauen (Maria Theresie, Zarin Elisabeth, wer die dritte sein soll wird nicht ganz klar) faszinierend ist),
                          mit zum Teil blendenden Dialogen von Walter Reisch, mit der sorglos aufspielenden Renate Müller als unbefriedigte Ehefrau, nur der König kann sie davon abhalten, untreu zu werden - aber die Komödie muss Platz machen für die Kriegsvorbereitungen und der Rest ist pure Propaganda.

                          • 7

                            Ein Vehikel für den populären Boxer Max Schmeling, der Marktjunge, der zum Boxstar aufsteigt, und zwischen seiner bodenständigen Jugendfreundinn Hilde (Renate Müller) und dem Vamp Lilian (Olga Tschechowa) steht. Reinhold Schünzel macht aus dem konventonellen Plot einen wunderbar unterhaltsamen Film, schon die Eingangsszene, Hilde und Max, beide Kinder von Markthändlern, necken und jagen sich über den Markt, da rollen die Äpfel und das Wasser aus dem Fischbassin spritzt, eine grosse Leichtigkeit liegt in dem Spiel. Der ganze Film ist voller komödiantischer und erotischer Untertönen, Schünzel himself als Reporter beim finalen Boxkampf ist eine Comedynummer für sich, und wenn sich Olga Tschechowa als Vamp an den Boxer ranmacht werden die Untertöne auch manifest. Sie holt ihn vom Training ab, er duscht, sie kann ihre Augen nicht von ihm abwenden, immer im Gegenschnitt, die Kamera fährt von Max Schmeling zurück, und wir sehen ihn nackt in Lebensgrösse (von hinten), seinen perfekten, knuffigen Boxerkörper, Tschechowas Augen taxieren ihn von oben bis unten und zurück, ein female gaze wie aus dem Lehrbuch, ihre Handbewegung möchte ich gar nicht erst beschreiben. Aufgelöst wird die Situation durch die Totale, wenn ein Sichtschutz die Unmöglichkeit des Blicks aufzeigt, also alles nur in ihrer Fantasie? Wir jedenfalls haben ihn gesehen. Sie nutzt ihn nur aus, er kehrt zurück zu Hilde, die begeistert von seinem Kampf ist, und wie sie ihn beschreibt werden auch Worte wie „Schwinger“ erotisch aufgeladen.
                            Der Film ist ein Übergangsfilm, er existiert sowohl in stummer als auch in Sprachfassung, letztere scheint verschollen zu sein, gesehen habe ich die stumme Fassung.

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                            • JarvisBln 27.08.2022, 12:39 Geändert 27.08.2022, 13:22

                              Nicht in MP:
                              Alle im HKW gesehen
                              24 Godziny Jadwigi L. (Die 24 Stunden der Jadwiga L.) (Polen, 1967). Regie: Krystyna Gryczełowska. Kommentarlos und nüchtern, in seiner Einfachheit überwältigend wird gezeigt, wie Frau L. Nachtschicht arbeitet und die Familie versorgt. 8 Punkte.

                              Euskal Emakumeak (Baskische Frauen) (Spanien, 1981). Regie: Mirentxu Loyarte. Die Veränderung der Stellung der Frau in der baskischen Gesellschaft durch Lohnarbeit und das Schwinden von Tradition. 5.5 Punkte.

                              Schmeerguntz (USA, 1965).Regie: Gunvor Nelson und Dorothy Wiley. In einer aberwitzigen, satirischen Collage stellen die Regisseurinnen das saubere Frauenimage und -klischee wie Misswahlen, der Realität, vollgeschissene Windeln und Abwasch gegenüber. 7.5 Punkte.

                              Prowling by night (Kanada, 1990). Regie: Gwendolyn. Animationsfilm, von Sexarbeiterinnen gemacht, leicht und doch nachdrücklich geht es hier um Polizeigewalt und wie man Freier zum Kondomgebrauch bringt. 7 Punkte.

                              Im Rahmen der Ausstellung No Master Territories. Feminist Worldmaking and the Moving Image.

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                              • 7 .5

                                Ein viel zu wenig bekanntes Werk, und ein weiterer Beleg, welche Qualitäten das deutsche Kino der 50er Jahre haben konnte. Ende des Zweiten Weltkriegs suchen vier Mütter (und eine Schwester) ihre Söhne (Bruder), die - erst 14 oder 15 Jahre alt - sich freiwillig an die Front gemeldet haben. EIne Art Roadmovie, die Frauen werden von niemandem ernst genommen, bringen aber auf ihre besonnene, mütterliche ("mein Sohn hat doch nicht mal einen Pullover mitgenommen") und beharrliche Art das militärische System an seine Grenzen ("Wo kämen wir da hin, wenn wir bei jedem Soldaten sehen müssten, dass er eine Mutter hat"). Dass das nie kitschig wird (oder gar Frontromantik aufkommt) verdanken wir den hervorragenden Schauspieler_innen, allen voran Therese Giehse, die mit ihrem an Brecht geschulten dialektischen Stil an eine andere Mutter mit Courage erinnert, aber z.B. auch Maximilian Schell als sensibler, sehnender Soldat. Dank der Kameraarbeit von Günther Rittau wird hier kein falscher Realismus vorgegaukelt, der inszenierte Charakter der Bilder bleibt immer klar erkennbar. Produziert wurde der Film von Erich Pommer.

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                                • 8

                                  Schon zu Beginn dieser Tonfilmoperette, wenn der schmissige Hit „Adieu mein kleiner Gardeoffizier“ ertönt, werden wir vom Lied eingenommen, aber das Adieu ist bereits eine Setzung.
                                  Wenig später wird Willi Forst das Lied auseinandernehmen. Die Sängerin, dargestellt von Liane Haid, ist umgeben von einem Trio von Männern, ihr ehemaliger, ihr jetziger und ihr zukünfiger Geliebter - in diese Gleichzeitigkeit von Liebesphasen platzt Willi Forst, erst als Provokateur, dann, als Privatsekretär von Liane Haid, entpuppt er sich als Alleskönner, die Mistress-Servant Beziehung knistert unausgesprochen. In einem weiteren Lied wird behauptet, dass die Liebe wie ein Tonfilm ist (mit der Selbstreferentialität vieler Tonfilmoperetten wird ein weiterer doppelter Boden gelegt) und am Ende der Kuss steht, doch hier wird die Zukunft der Beziehung nüchtern unter Klassenaspekten analysiert, die Heirat, die kommen wird ist eine bittere Entscheidung. Am Schluss sehen wir wieder das Trio (in veränderter Besetzung), als Reprise hören wir das Hauptlied des Films (und eines meiner Lieblingslieder überhaupt) „Frag nicht warum ich gehe“: „Das Lied ist aus, die Melodie verklungen“.
                                  Einer der ganz grossen Film seiner Zeit, die Tonfilmjahre 1930-1933 waren eine wahre Blüte des deutschen Films, umso schmerzlicher, das auch hier das Lied bald aus war, ein grosser Teil der an diesem Film beteiligten emigrierten oder wurden im Konzentrationslager ermordet.

                                  • 7

                                    Der Film beginnt mit einem Voice-Over wie in einem Noir-Film, was folgt ist - brillant fotografiert - eine aus heutiger Sicht etwas naive, dafür umso berührendere Story um sechs Gefangene, von denen jeder seine eigene Gechichte bekommt und einen Psychiater, der viel lernen muss. Auch ein Film über geschlossene Gesellschaften in denen man sich - trotz Gefahren - sicher fühlen kann, im Gegensatz zu der unübersichtlichen Welt ausserhalb des Gefängnisses.

                                    • 7 .5

                                      Wertung bezieht sich nur auf die Episode Superbia von Ulrike Ottinger, die anderen Episoden habe ich nicht gesehen.

                                      • 7

                                        Gestaffelte Räume, Doppelbelichtungen, differenzierte Lichtsetzung - der gelungene Versuch E.T.A. Hoffmanns Welt zu visualisieren. Rahmenhandlung und Motive folgen der Oper von Offenbach.

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                                        • 7
                                          über Model

                                          Eine Arbeiter_innendokumentation, über die Herstellung eines Produkts. Gekonnt verwebt Wiseman 80er Lifestyle und Lebensgefühl, die nicht immer glamouröse Modelwelt und Alltag in New York.

                                          • 7

                                            „Die Transzendierung der Männlichkeit befreit meine Seele“, so schrieb es Helmut in sein Tagebuch. Helmut zieht gerne Frauenkleider an, dabei geht es ihm nicht darum, Frau zu sein.
                                            Schon als Kind zog er heimlich die Kleider und Wäsche seiner Mutter an, akribisch zeichnete er genau, wie sie gefaltet im Schrank lagen, um sie genau so wieder zurückzulegen. Helmut wohnt in einer bayerischen Kleinstadt, ist religiös und verheiratet. Wenn er „transvestiert“, wie er es in seinen Tagebüchern nennt, dann hauptsächlich in benachbarten Grossstädten. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter, alle wissen nichts von seiner Vorliebe. Helmuts Tochter Uli ist schon als Kind fasziniert von männlichen Helden, Bärten und posiert im Cowboy-Look, Mädchensein ist nichts für sie.
                                            Als Monika, die Ehefrau Helmuts eines Tages ein Spitzenhemdchen findet, das keinem weiblichen Familienmitglied zuzuordnen ist, offenbart sich Helmut ihr. Monika, in ihrer grossen Liebe zu ihm akzeptiert und versucht ihn zu verstehen. Wenn die Philharmonie besucht wird, gehen beide in grosser Damengarderobe. Die Töchter wissen von nichts, doch fühlt sich Uli immer etwas zurückgesetzt, möglicherweise hatte der Vater Angst, dass sie ihn durchschauen könnte, lehnt doch auch sie tradierte Geschlechterrollen ab.
                                            Erst nach einem tragischen Unfall, der Vater liegt im Koma und wird sterben, erzählt die Mutter ihren Töchtern vom Vater.
                                            Uli erzählt in diesem wunderbaren Film, der gerne auch mal abschweift, aus subjektiver Familiensicht (inclusive die des Vaters, der in seinen Tagebüchern sehr reflektiert, er beschäftigte sich sehr mit Theologie und Philosophie, seine Situation analysiert) diese Geschichte, ganz unaufgeregt und gerade deshalb ein wichtiger Beitrag zu der sonst so aufgeregten Genderdebatte.
                                            Eine Prise Cora Frost gibt dem Film noch die besondere Würze.
                                            Der hier angegeben Titel ist allerdings falsch, der Film läuft unter dem Titel „Anima - Die Kleider meines Vaters“.

                                            • Nicht in MP:
                                              Mina in Studio (Italien, 2001). Regie: Mauro Balletti. Mina, die grösste italienische Popsängerin zog sich 1978 aus der Öffentlichkeit zurück (lieferte aber jedes Jahr mindestens ein Album ab), um so grösser war die Erwartung der Fans, als 2001 diese Dokumentation aus ihrem Tonstudio angekündigt war. Ein konventionelles Produkt, gemacht für Fans, mit Musiker_innen, Sohn und Tochter, die sichtlich Spass an der Sache haben. Gesehen im Klick Kino, es gibt 6 Punkte.

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                                              • 8

                                                Was sehen wir, wenn wir einen Film schauen? Einen Spatz beim Nestbau, eine Regenrinne, streunende Hunde, nicht-hierarchische Bilder, die sich eine Geschichte suchen. Uns dass filmische Bilder oft mehr wissen als wir sehen können zeigt uns der Schluss.

                                                • 6 .5

                                                  Propagandafilm mit melodramatischem Einschlag. Der Film beginnt mit einem Wehrmachtskonzert, diesem Bindeglied zwischen Front und Heimat, wir sehen die beiden Hauptpersonen, einen Komponisten und Frontsoldaten (Curd Jürgens) und eine Nachrichtenhelferin (Irene von Meyendorff), die Geschichte ihres Kennenlernens wird als Romanze in Dur erzählt (ein kurzer Schwenk in einer Szene am berliner Bahnhof Zoo spielend zeigt eine Kinoreklame für Romanze in Moll). Aus dem zufälligen Zusammentreffen wird ein heiterer Sommertag auf der Havel, das geplante Wiedersehen am nächsten Tag wird verhindert, er muss zurück an die Front, ausgerechnet ihr Dackel, den er mit an die Front nimmt, ist das Bindeglied ihrer Verbindung und ein Lied, das sie bei ihrem Bootsausflug erfanden. Da sie nur ihre Vornamen kennen ist ein Wiederfinden schwer, inzwischen nutzt die Nachrichtenhelferin (eine Gelegenheit, auf die Vorzüge der Telekommunikation im Krieg hinzuweisen) die Möglichkeiten zu reisen, schliesslich ist Deutschland grösser geworden, sie badet im Atlantik und lässt sich nach Athen versetzen. Nach einer kurzen Affäre mit einem schnittigen Flieger besucht sie einen früheren Freund im Lazarett (wo die Schwachen landen) und kommt zur Erkenntnis, dass diese falsch ist: „Man muss wissen, wohin man gehört.“
                                                  Inzwischen an der Front wird der Dackel zum Maskottchen der Kompanie, und das Lied, das einzige was dem Komponisten geblieben ist, wird immer populärer, die Truppen singen es beim Marschieren, im Gegenschnitt zu Kriegsgeschehen (ähnlich, wenn auch mit anderer Intention, wie bei Fassbinders Lili Marleen), bis das Lied auch Griechenland erreicht, die Nachrichtenhelferin hört die bekannte Melodie von der Havel, und es wird nicht mehr lange dauern, bis Eva-Maria ihren Wolfgang gefunden hat.
                                                  Soviel heile Welt, soviel Frontromantik war dann doch zu verlogen, Berlin war kurz darauf zerstört, die Soldaten krepierten, der Film kam nie in die Kinos.
                                                  Der Film ist ca. 6-7 Minuten gekürzt um eine Fsk-Freigabe zu erhalten, man kann davon ausgehen, dass das die übelsten Propagandaschoten waren.
                                                  Ein Zeitdokument, das, wie alle nationalsozialistischen Film, kritisch zu betrachten ist.

                                                  • 6 .5

                                                    Möchtegern-Gangster in einem kalten und ortlosen Deutschland. Der Film zeigt deutlich mehr Interesse an den Bildern als an der Story: weite, helle Landschaften, Binnenhafen, Autowerkstatt, Lagerhalle, Strassenkreuzer und Motorrad, lange Haare und Minirock, verpeilte Männer und coole, selbstbewusste Frauen. Der unruhige Soundtrack von Edgar Froese (Tangerine Dream) treibt den Film voran. Improvisiert und mit dem antiautoritären Humor seiner Zeit legt sich der Film quer zu glatter Filmkultur. Mit einem Cameo Auftritt von Berta Drews als Richterin, ihr Sohn Jan George (älterer Bruder von Götz) spielt eine der Hauptrollen, er war zur Filmvorführung auch anwesend.