JarvisBln - Kommentare
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Alle Kommentare von JarvisBln
Was für ein wunderbar anregender Film: Es geht um Erinnerung, wie die Realität von der Erinnerung übermalt wird und wie die Erinnerung Abwesendes heraufbeschwören kann, es geht um den Blick auf mögliche Welten, wir sehen einen Film, in dem zwei Menschen einen Film betrachten, der einfach den Blick aus dem Fenster der Wohnung des ehemaligen Geliebten des Regisseurs zeigt (zumindest wird das behauptet), das Fenster als Kino sozusagen, und wie mit Hilfe von Sprache und Hintergrundgeräuschen daraus diese möglichen Welten geschaffen werden.
Es geht aber auch um die Idee der absoluten Liebe und die Realität von Beziehungen, um den Nutzen (oder die Nutzlosigkeit) von Kunst, um Politik und politisches Engagement.
Ein Film, der viel Raum zum Denken lässt.
Dass es in aufgeklärten Gesellschaften immer wieder dazu kommt, dass bestimmte Gruppierungen, in der Annahme zu wissen, was richtig und falsch ist, neue Regeln aufstellen,
und diese reflexhaft und bis zur Intoleranz durchzusetzen versuchen, ist ein interessantes
Thema für einen Film. Der Anfang des Films zeigt das ganz gut, dieses kumpelhafte, fast
schon anbiedernde Miteinander, das nur funktioniert, weil unausgesprochen eine gemeinsame Wertebasis angenommen wird.
Wenn dann ein Verdacht wie der des Kindesmissbrauchs dieses Gefüge ins Wanken bringt,
fällt die Abwehr denn auch dementsprechend aus (bezeichnenderweise ist es einzig die Migrantin, die die Absurdität des Vorwurfs ausspricht, um sich dann doch den Zweiflern anzuschliessen).
Leider entscheidet sich der Film dann dafür, ein Eskalationsszenario zu zeigen, das - in meinen Augen - weder realistisch (die Bestrafung erfolgt normalerweise eher über Psychoterror bzw. juristische Wege) ist, noch (schließlich ist es ja nur ein Film) dramaturgisch sonderlich interessant ist (zu geradlinig), und gerade der interessante Aspekt, was geht in den Köpfen der Leute vor, warum kann über dieses, wie man immer so schön sagt "heikle" Thema, nicht rational,sachlich verhandelt werden, geht verloren.
Aber vielleicht regt der Film ja zu Diskussionen an, das wäre ja auch schon was, und Mads Mikkelsen ist, das schreibe ich nichts Neues, hervorragend.
Manchmal ist weniger einfach mehr, wenn es um die Darstellung von Erotik/erotischen
Fantasien geht allemal. Die masochistischen Träume der Deneuve empfand ich einfach nur unfreiwillig komisch, dagegen die Szene mit dem asiatischen Freier und seinem geheimnisvollen Kästchen: Was habe die nur gemacht, da geht doch die Fantasie mit mir durch, und ich stelle mir die perversesten Sachen vor?
Das funktioniert auch, weil die Rolle mit der Deneuve, der Reinheit in Person, perfekt besetzt ist, auch die coole, so gar nicht schwülstige Atmosphäre des Bordells ist ein offener Rahmen
für die Fantasie des Zuschauers, schade, dass Bunuel dieser nicht traut.
Wie meistens bei Almodovar gehen hier Tragik und Komik Hand in Hand. Rebeca buhlt verzweifelt um die Liebe ihrer Mutter Becky, einem Film- und Bühnenstar alter Schule,
der Karriere wichtiger ist, als Familie.
Was den Film besonders macht ist das Spiel mit Identitäten, meine Lieblingsszene spielt
in einem Club, den Rebeca mit ihrer Mutter besucht. Becky, inzwischen schon alternder
Star, der immer noch das alte Image aufrecht erhält, wird von einem Transvestiten,
der, wir der Zuschauer erfahren wird, eine Dreifach-Identität hat, imitiert, im Publikum
sitzen drei Trash-Transen, offensichtlich Stammgäste, die wiederum jede Geste dieser
Imitiation einer Selbstinszenierung imitieren.
Auch werden im Film des öfteren öffentliche und nichtöffentliche Räume in ihrer Funktion
umgedreht, so finden privateste Geständnisse von Becky und Rebeca (sie ist von Beruf
Nachrichtensprecherin im Privatfernsehen) auf der Bühne bzw. während der Nachrichtensendung statt, während der Gefängnishof zur musicalhaften Tanzbühne mutiert.
Alles verdreht, und Rebeca möchte doch nur von der Mutter geliebt werden.
"Lass uns nicht über Zeitreisen sprechen", sagt Bruce Willis im Film. Das Schöne an diesem
Film ist ja, dass er Anlass für Assoziationen aller Art gibt. Mein Schlüssel dazu ist die Gross-
aufnahme des Porzellanaschenbechers im Haus von Sara (Emily Blunt) mit dem "White
Rabbit" drauf. Das weisse Kaninchen ist ja bekanntlich der Einstieg für Alice ins Wunderland.
Also zum Teufel mit der Logik.
Schade fand ich nur, dass die an sich schöne Idee der Genrewechsel etwas überstrapaziert wurde.
Ein wunderbar altmodischer, melodramatischer Film. Es geht einfach um Liebe, bedingungslose Liebe, und Rachel Weisz spielte sich souverän und ohne jegliche Hysterie direkt in mein Herz. Wie heisst es doch in West Side Story: "When love is in sight, there is
no wrong or right".
Früher Super-8 Film, der nach langer Zeit, das Ursprungsmaterial war in sehr prekärem
Zustand und wurde vom Filmmuseum München restauriert, wieder aufgeführt werden
konnte (im Rahmen der letzten Viennale).
Der Film ist sicher nicht "fertig", doch sieht und hört man hier was Film alles kann. Über
Blicke, Gesten, ohne Angst vor Pathos, wird hier mittels Schnitt, Musik (Wagner) und Text (Lautréamont) ein abstrakter Entwurf unfokussierten Begehrens entwickelt.
Man kann dies als (für damalige Verhältnisse) avantgardistische Weiterentwicklung des
Melodrams sehen, auf alle Fälle aber überzeugt die Konsequenz, mit der Schroeter
von Anfang an ohne Kompromisse seine Ästhetik entwickelte.
Interessant dazu ein anderer Film auf der Viennale: ein spontaner Konzertmitschnitt eines
Auftritts der (mit Schroeter eng verbundenen) Ingrid Caven, ihr Gestenrepertoire ist nach wie vor sehr von Schroeter geprägt, so dass beide Filme, obwohl fast 40 Jahre dazwischenliegen,
sich sehr nah sind.
Erstaunlich, wie gut der Film hier besprochen wird, vielleicht wird hier aber auch Stück und
Film durcheinandergebracht, dass Yasmina Reza interessante Stücke schreibt steht ausser Frage. Das Stück/der Film stehen und fallen natürlich mit der Besetzung, die hier mit Christoph Waltz, der nur sein Inglourious Basterds Repertoire recycelt und Jodie Foster, die Lippenzucken und Augenbrauenheben als Schauspielkunst begreift leider
völlig daneben ist (Gott sei Dank ist John C.Reilly zuverlässig wie immer und Kate Winslet
solide).
Vor Jahren sah ich im Theater eine Inszenierung von Rezas Stück "Drei Mal Leben", ebenfalls
ein Abend mit zwei Paaren, der aus dem Ruder läuft, mit Susanne Lothar
und Ulrich Mühe, das ist das Kaliber mit dem besetzt werden muss.
Auch fällt Polanski leider nichts dazu ein, den Raum zu inszenieren, so dass nie klar wird,
wieso macht er diesen Film?
Frühling in Berlin, immer wieder und wieder..., könnte man in Abwandlung eines Nina Hagen Songs schreiben. Eine wunderbar beiläufige Kamera nimmt einen mit durch ein flirrendes Berlin, immer mittendrin, hier blinkt es, dort ein Schatten, da stehen japanische Touristen
im Bild und die jungen, leicht bekleideten Darsteller versuchen eine Idee von Leben zu leben. - es hätte ein schöne Drifter Film werden können, doch leider kommt noch eine Handlung ins Spiel die weder klassisch dramatisch noch im Sinne einer Anti-Dramatik funktioniert. Schade drum, so bleiben nur die Bilder.
Schönstes Bild (gleich zweimal im Film): Saralisa Volm wartet vor dem Gorki-Theater auf ihren Lover, vor einer bildfüllenden gelben Wand, auf der Licht und Schatten ihr Spiel treiben.
"Schöne gelbe Farbe".
"Wunder gibt es immer wieder ", so könnte man salopp diesen Film ironisieren, aber
das wäre natürlich ganz falsch. In strenger Form, in kargen Räumen und exzellenten,
harten Schwarz-Weiss Bildern (ich musste immer an Das weiße Band denken) verhandelt
Dreyer theologische Positionen und das Thema Wunder. Die Stärke des Films ist, dass
das ganze alles andere als dröge ist, und dass ich als nicht-religiöser, doch spirituell
interessierter Zuseher, die Auferstehung der toten Mutter als Wunder verstehen kann.
(Nebenbei: Diese Auferstehung wird in dem ebenfalls sehr sehenswerten Film Stellet
Licht direkt zitiert)
Die 18-jährige Delia aus der rumänischen Provinz, hat in einem Preisausschreiben ein Auto bekommen, muss jedoch dafür einen Werbespot für die Firma drehen. Sie fährt mit Ihren
Eltern nach Bukarest, fast der gesamte Film spielt nun auf einer lärmumtosten Verkehrs-
insel, auf der dieser Spot gedreht wird, und sich sagt im Film gefühlte 100mal "Ich bin das glücklichste Mädchen der Welt und trinke so-und-so-Limonade, weil sie so gut schmeckt". Was macht man nicht alles um an ein Auto zu kommen. Unnötig zu sagen dass das Mädchen in Laufe des Films immer unglücklicher wird.
Ein Film der vor allem durch seine genauen Details überzeugt, und dadurch so etwas
wie Authentizität rüberbringt. Die Ausstattung ist einfach grossartig, die Musikauswahl
präzise, und Theaterschaupieler im Film liebe ich sowieso, wie sich Lars Eidinger
in der Szene, in der er das schnöde Wohnzimmer in eine Disco verwandelt den Raum
aneignet, das geht nur mit Bühnenerfahrung. Und Frau Minichmayr hat eine Präsenz,
die beängstigend ist. Nicht zu vergessen der Schnappi und dass der Film ja auch noch
bei allem Beziehungsgelaber ein grosses Thema hat: "Ich will nicht sein wie die Anderen".
Diese völlige Unentschiedenheit, ist es nun ein Horrorfilm, eine
Familiengeschichte, eine Parabel gar? Zum Schluss kommt sogar
noch eine Kälte wie bei Haneke auf. Während des Sehens war ich
mit dem Film gar nicht einverstanden, er spukt mir aber immer
weiter im Kopf herum, die grossartigen Schauspieler, die Kamera!
So unentschlossen wie der Film bin auch ich, deshalb nur 6 Pünktchen.
Noch ein Arte-Gucker. Auch nach wiederholtem Sehen wird dieser Film
keine Sekunde langweilig. In jeder Einstellung spürt man Bogdanovichs
Liebe zum Film, so dass man selbst auf die blödesten Gags nicht böse
sein kann, und Streisands selbstironisches Spiel macht einfach nur gute
Laune.
Romantische Komödie? Es geht um Sex, Drogen, einen
Hauch von Transgender und Konsumkritik, aber alles
herzallerliebst verpackt.
25 schaut nach Psycho aus
7 ist "Gone with the Wind", glaube ich
Ein schöner Film, der sich nicht im Anekdotischen verliert,
sondern Schwerpunkte setzt, von Kuba über Mexiko,
Rumänien bis Tansania, überall wird die Melodie des
bekannten Liedes mit eigenen Texten versehen, der
eigenen Kultur einverleibt. Als Agit-Prop-Lied in Mexiko,
als Beerdigungslied in Rumänien, als Hochzeitslied
in Tansania. Also gar kein traditionelles Seemannslied,
wie uns Hans Albers glauben machen will.
Und wenn der KZ-Überlebende Musiker Coco Schumann
erzählt, wie er mit den Ghetto-Swingers das Lied spielen
musste, vor den Schlangen vor der Gaskammer, wenn
man sein Gesicht sieht, wenn er das Lied später zur
Unterhaltung spielen muss - das ist schon den ganzen
Film wert, einen Film über die Kraft der Musik, die
Kraft einer Melodie.
Der Film ist eine einzige Katastrophe. Jedes, aber wirklich jedes Lied
wird in den Sand gesetzt, die drei Männer farblos, der Rest der
Schauspieler einfach schlelcht (ausser Meryl Streep, die tapfer gegen
die Malaise kämpft, aber die Regisseurin hatte offenbar das letzte
Wort), kein Sinn für Gruppenszenen, von den Choreographien ganz
zu schweigen. Kein Gefühl für Rhythmus und Schnitt, gerade bei
einem Musical (aber eigentlich immer) ist das doch besonders
wichtig. Eigentlich 0 Punkte für den Film, aber einer ist für Meryl,
und zwei für die grossartige Musik, die selbst dieses Desaster
überlebt.
Nicht zu vergessen die 68er Reihe im Arsenal-Kino in Berlin, nicht nur Frankreich/Paris,
aber naturgemäss sehr viel. Besonders freue ich mich schon auf Les Idoles, ein anti-
kapitalistisches Musical mit Bulle Ogier, natürlich aus den Jahren 67/68.
Programm unter http://www.fdk-berlin.de/de/arsenal/
Gutfühlkino mal ganz anders. Der ganze Film ist irgendwie Zen Light, ganz unaufdringlich,
alle Darsteller spielen entwaffnend unaufgeregt, sind ganz bei sich und die Figuren beschäftigen sich tagsüber hautpsächlich mit "twilightning", was darin besteht, einfach dazusitzen und an
nichts zu denken. Die wichtigen Themen sind, wie die eingelegten Pflaumen dieses Jahr wohl
schmecken werden, die morgendlichen Merci-Übungen am Strand, das Treffen am Eisstand.
Dass nur alle paar Jahre die richtige Person an diesen richtigen Platz findet, mag daran liegen,
dass der Plan wie folgt aussieht: ein krakeliger Strich, ein Kreuz und der Vermerk: Wenn Du
glaubst, Dich verlaufen zu haben, geh nach 80m nach links.
Selten so entspannt aus dem Kino gekommen, einer meiner Lieblingsfilme auf der diesjährigen
Berlinale.
Ein wunderbar genauer Film, der stilsicher alle Kitschkliffen umschifft. Besonders gefiel
mir, wie Doris Dörrie ganz leicht und unaufdringlich japanische Stilelemente einbaut,
die Bilder am Anfang, im bayerischen Dorf, erinnern an Ozu, nicht zu vergessen die
grosse Bedeutung, die dem Essen zukommt und, mein ganz persönlicher Favorit, das
Röllchenmotiv: von der Weißwurst bis zu den Krautwickerln, Wepper und Irizuki wickeln
sich in eine Plane ein, Sushi im Point-it Wörterbuch als Bild für Trudi und Rudi, vereint
im Jenseits. Und dann der imaginäre Tanz von Rudi mit seiner toten Frau - großes Pathos,
aber, wie bereits vermerkt, nie kitschig. Und selbst Nadja Uhl ist erträglich.
Der Film zitiert Elemente aus "Gloria" von Cassavetes und macht alles falsch.
Tilda Swinton, die hier die Rolle (und zum Teil auch das Spiel) von Gena Rowlands
übernimmt, kommt nicht in die Gänge, muss erst ausführlich und mit maniriertem
Spiel die Alkoholikerin geben (die später übrigens den Alkohol gar nicht mehr so dringend braucht), kidnappt brutal ein Kind, womit sie sich jegliche Sympathien verscherzt und
bricht auf Richtung Tijuana. Der Film hat kein Gefühl für Orte und Stimmungen,
und am Schluß setzt das Drehbuch noch einen drauf und das gekidnapte Kind
wird nochmals gekidnapt. Lediglich der Showdown auf einer Schnellstrasse ist
wenigstens spannend.
Interessant, wie der Film von vielen nur als Mafiafilm,
als Thriller gesehen wird. Und was die Gewalt betrifft:
Wieviel Gewalt ist denn in dem Film? Wenig, die aber
zugegebenermassen heftig. Was ist mit der Homoerotik,
dem Kinderwunsch von N.Watts, zwei Themen die den
ganzen Film begleiten, und die in dem genialen, Hollywood
Mainstream zitierenden Schlussbild, auf den Punkt gebracht
werden. Gerade das macht den Film spannend.
Seit Fassbinder habe ich eine so intensive, radikale Darstellung
von Sprachlosigkeit im deutschen Kino nicht mehr gesehen.
Hier stimmt alles: die grossartigen Schauspieler, Kamera,
Ausstattung. Ein intensives Kammerspiel, so intensiv, dass es
manche offensichtlich nicht ausgehalten haben (man denke an die Proteste
bei der Uraufführung auf der Berlinale).