Nebenniveau - Kommentare
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High Potential nimmt sich ein gewinnendes Konzept und schafft daraus eine unterhaltsame Show. Ähnlich wie Sherlock Holmes, House und vor allem Monk, geht es hier um eine hyper intelligente Protagonist:in, die mit ihrer Aufmerksam- und Kombinierfähigkeit hilft, unzählige Geheimnisse und Rätsel aufzudecken. In diesem Fall sind es Morde oder andere Verbrechen. Ein Vorteil von dieser Trope ist, dass man den Protagonisten so exzentrisch machen kann, wie man möchte. Und unsere Protagonistin macht dies ganz toll, mit einem kleinen Kniff. Statt wie Monk, Sherlock oder Gregory House, die quasi nur für die Fälle und Rätsel leben und lieben, hat sie es etwas schwerer. Ein verschwundener Mann, eine Teenager-Tochter und ein noch jüngerer Sohn. Das gibt dem ganzen schon genügend Raum, etwas anders zu sein. Und es hilft auch, dass ich Kaitlin Olson sehr mag (auch wenn die Differenzierung zwischen Morgan und Sweet Dee vor allem am Anfang schwer fiel) und sie Morgan auch toll spielt. Mit ihren Klamotten, ihrer Körperhaltung und einfach gerechtfertigter Arroganz. Und die Charaktere um sie herum sind auch allesamt ganz Spaßig. Vom grummeligen Partner wider Willen, zu der Tochter, die gerade voll im Teenagerwandel steckt, zu der Chefin, die ihr nebenbei hilft, einen persönlichen Fall zu klären.
Das Herzstück einer solchen Serie sind die Fälle. Und auch hier kann ich sagen, dass sie allesamt interessant und spannend sind. Es gibt nichts, was einen wirklich aus dem Hocker haut, aber das, was es macht, macht es gut. Die Machart ist mir manchmal etwas übertrieben. Zu laut und aufgedreht. Vor allem im Schnitt übertreiben sie es gerne mal. Aber das ist alles nicht so wild. High Potential ist einfache und seichte Unterhaltung und es möchte auch nicht mehr sein. Perfekt, um gemütlich etwas Zeit tot zu schlagen.
Ich mag die Dragon Ball Serie. Schon als kleiner Steppke habe ich die Originalserie und anschließend Z auf Deutsch geschaut. Die Faszination ist immer noch vorhanden und so freue ich mich natürlich auf jeden neuen Film und Serie. Und so war meine Vorfreude auf Daima sehr groß und auch etwas schmerzhaft, da es das letzte Werk ist, in dem Akira Toriyama Hand angelegt hat, bevor er leider von uns gegangen ist. Und ich muss sagen, Dragon Ball Daima bietet einen sehr schönen Abschluss für ihn, mit all dem was eine Akira Toriyama Geschichte ausmacht.
Dragon Ball Daima schrumpft nicht nur unsere Protagonisten, es bringt auch sehr schön das Feeling der Original Dragon Ball Serie mit sich. Es geht um ein Abenteuer. Um kleine Hindernisse, die aus dem Weg geräumt werden müssen. Und das alles mit dem Charm, wofür die Serie bekannt ist. Aber natürlich gibt es auch einige Kämpfe, die allesamt nicht nur super unterhaltsam, sondern auch noch wunderschön gezeichnet und animiert sind. Als Dragon Ball Fan wird man auch mit viel neuer Lore entlohnt. Über Dämonen, Namekianer und so viel mehr! Bei dem die Dragon Balls auch mal wieder Relevanz haben. Und man auch mit vielen neuen unterhaltsamen Charakteren Bekanntschaft macht. Wenn ihr Dragon Ball Fans seid, schaut es euch an! Es lohnt sich! Und mal schauen, wie die Zukunft der Serie jetzt wohl weitergeht…
Ich habe nicht viel Gutes über den Film gehört. Vor allem die Fans der Bücher scheinen wirklich nicht glücklich damit zu sein. Die Bücher habe ich nie gelesen, aber dafür schaue ich gerade die Serie und nach der ersten Staffel wollte ich mir selbst ein Bild von dem Film machen. Und ich muss sagen, es war weniger schlimm als ich gedacht hatte. Aber das liegt wahrscheinlich daran, dass ich die erste Staffel als Vorbereitung gesehen habe. Denn “Der Goldene Kompass" schreitet in einem mörderischen Tempo voran, das einen kaum Zeit zum Atmen lässt.
In typischer Young Adult Fashion gibt es eine mutige Protagonistin, die sich in verschiedenen Aufgaben beweisen muss, und ganz nebenbei noch die Welt umkrempelt. Eine Geschichte mit viel Auf und Abs, mit einer menge Charaktere, Orte und Geschichten. Man spürt, dass der über 400 Seite lange Ronan, auf etwas unter zwei Stunden heruntergebrochen wurde. Aber man fühlt auch eine ehrliche Liebe und Faszination zu der Geschichte und ihren Charakteren. Hingeschludert ist es auf jeden Fall nicht. Aber es ist gehetzt. Der Film hat kaum Zeit zu atmen, geschweige denn zu verarbeiten, was gerade passiert ist. Wenn man das Buch gelesen oder die erste Staffel der Serie gesehen hat, geht es. Man weiß schon was passieren wird und die Konzepte sind auch schon recht klar. Wenn ich jetzt gar keine Ahnung gehabt hätte, hätte der Film mich komplett überrannt. Allein die Exposition am Anfang sprintet an einem vorbei. Viele Aspekte, die man besser langsam herausfinden sollte, werden hier einem vor den Latz geknallt. Das führt zu einigen Szenen die einfach nur aus Exposition bestehen. Wenn man weiß was passiert, kann man gut mitgehen. Aber das lässt dann auch solche Szenen, wie den Streit von Lyra und Mrs Coulter um eine Tragetasche, die plötzlich von 0 auf 100 geht, besser verstehen.
Ein weitere negative Nachwirkung, welche die gehetze Narrative mit sich zieht, ist die fehlende Ausarbeitung der Charaktere. Sie sind allesamt sehr eindimensional und eintönig. Gerade bei Lyra finde ich das schade. Sie hat eigentlich keine Zeit sich zu entwickeln. So wird sie leider zu einem Abziehbild einer YA Protagonistin. Es hilft halt auch nicht, dass sie in typischer YA-Protag manier solche Slogan raushaut wie “No one can make me a lady”. Aber auch andere Charaktere kommen viel zu kurz. Das ist besonders schade, weil das Casting nämlich wirklich großartig ist. Nicole Kidman als Mrs. Coulter bringt etwas sehr manipulatives mit sich. Ruth Wilson aus der Serie ist ebenfalls brillant, aber auf eine andere Art und Weise. Und auch wenn ich James McAvoy als Lord Asriel mag, hatte Daniel Craig doch etwas mehr Flair und Kalkül. Und auch als bekennender Lin-Manuel Fan, ist Sam Elliott einfach perfekt für Lee Scoresby. Mir tut vor allem Dakota Blue Richards leid, die die Rolle der Lyra sehr gut spielt, aber kaum Raum zum Atmen hat. Wenn sie von einer Bildeinstellung zur nächsten plötzlich Tränenüberströmt ist und diese Tränen genauso schnell wieder wegwischt, wirkt es einfach nicht. Und dadurch, dass alles so schnell abläuft, wirken die Konflikte nicht. Das wiedersehen von dem komplett katatonischen Billy mit seiner Mutter war zwar da, aber man hat nichts dabei verspürt. Und gerade Lyra stolpert ja wirklich rasch von Szene zu Szene. Es stellt sich gar nicht die Frage, ob man das jetzt machen soll oder nicht, dafür hat man keine Zeit. Aber sie verliert auch einfach nicht, weswegen man auch das Gefühl von Plot Armor bekommt. Nie ein gutes Zeichen für die Immersion. Für die Geheimnisse und Rätsel der Welt hat der Film auch keine Zeit. Entweder wird es direkt in der Exposition abgeklärt oder die Charaktere brauchen eine Sekunde, um hinter das Geheimnis zu kommen. Das bringt aber auch mit sich, dass wenn man kurz nicht aufpasst, echt schnell aufgeschmissen werden kann. Etwas, das auch noch durch das preschen der Geschichte herausstehen war, ist der Soundtrack. Er ist an sich nicht schlecht. Alexandre Desplat hat sich hörbar Mühe gegeben. Die Musik ist unglaublich wichtig, um den Szenen die nötige Emotionalität zu geben, da sie keine Zeit für Ausarbeitungen haben. Aber dadurch, dass sich teilweise auch die Stimmung so schnell wandelt, hat man am Ende auch ein musikalisches Schleudertrauma.
Und es ist echt schade, dass der Film so hetzen muss. Denn an sich macht er einiges gut. Über das Casting habe ich ja schon geschwärmt. Aber auch die Sets und Requisiten waren großartig und haben einem das Gefühl der Parallelwelt richtig gut rübergebracht. Die verschiedenen Gruppierungen sind auch sehr klar (und vielleicht etwas überzogen) dargestellt. Das liegt unter anderem an den sehr guten Kostümen. Ich mochte auch das Magistrat, das hier im Film einen eher geerdeten Ton und ist auch in der Motivation nicht ganz so überzogen wie in der Serie. Das CGI ist für 2007 auch voll in Ordnung. Ein guter Kompromiss zwischen Realismus und Abstraktion. Einzig die Eisbären wirken heute etwas ulkig. Aber nur wenn sie reden, den der Kampf toll inszeniert. Auch die finale Schlacht ist ziemlich gut gelungen, bei der alle nochmal etwas glänzen konnten. Als Lee den gefangenen Iorek freigeschossen hat, ist mein Herz schon aufgeblüht. Und auch die Hexen waren wirklich toll in Szene gesetzt.
Ich verstehe, warum der Film so einen schlechten Ruf hat. Aber das ist echt schade. Ich denke, wenn Chris Weitz mehr Ressourcen und Zeit von New Line Cinema bekommen hätte, hätte er auch hier etwas ordentliches auf die Beine stellen können. In dieser gehetzten Form funktioniert der Film leider am besten als “flotte” Zusammenfassung des ersten Buches. Wenn man noch gar keine Berührung mit der Serie hat, würde ich auf jeden Fall die Serie ans Herz legen.
Adolescence ist ein fantastisches Kleinod, das innerhalb von vier Episoden auf inszenatorisch sehr interessante Art ein Verbrechen und dessen Konsequenzen erörtert. Angefangen mit einem Einsatz eines Sonderkommandos, das ein Haus stürmt und die Waffen auf ein kleines Bübchen richtet. Von dort an lernt man Stück für Stück mehr über Jamie, das, was er getan haben soll, und wie seine Umwelt darauf reagiert.
Bevor ich auf die Geschichte eingehe, möchte ich erst nochmal über One-Takes schwärmen. Es ist eine längere Szene, die aus einem kontinuierlichen Kameraeinstellung besteht. Natürlich bleibt die Kamera dabei nicht still. Sie nimmt den Zuschauer auf eine in sich kohärente Reise mit, bei der man ständig zwischen Personen und Situationen hin und her webt, und einen zusammenhängende Perspektive eines langen Moments erlebt. Es gibt solche Szenen immer wieder in Filmen und Serien. Aber selten besteht eine Folge oder Film nicht nur aus einer Einstellung. Die Macher von Adolescence wollten das aber nicht nur in einer Folge machen, sondern in allen Folgen der Serie. Und das gibt Adolescence ein ganz besonderes Gefühl von Zeitlichkeit. Wenn Detektive Bascombe sagt, dass die Verhaftung vor ungefähr 25 Minuten stattgefunden hat, können wir auf unsere Uhr schauen und das tatsächlich bestätigen. Und all diese Momente werden in ihrer Gänze dargestellt. Es gibt keinen einfachen Schnitt, der das Pacing engmaschiger hält. Das erlaubt vielen Szenen, richtig atmen zu können. Wenn Jamie ins Präsidium überführt wird, kann er nichts anderes machen als zu weinen und panisch nach hinten zu schauen. Und dem Zuschauer bleibt nichts anderes übrig, als ihn in diesem sehr verletzlichen Moment zu begleiten. Aber das macht die Inszenierung nicht langweilig. Es kann auch sein, dass man irgendwann vergisst, dass wir quasi immer noch in der ersten Szene stecken. Das braucht ein wirklich gutes Drehbuch und ein sehr gut eingespieltes Team, um nicht nur die Szene am Leben zu erhalten, sondern auch noch interessant zu gestalten. Es muss ein wahnsinniger Aufwand gewesen sein, all das zu koordinieren, geschweige denn das Beste aus den Schauspielern herauszuholen. Aber Stephen Graham, Jack Thorne und Philip Barantini haben es tatsächlich geschafft. Mit wirklich fantastisch durchdachten Szenen, die nicht nur in der Narrative Sinn ergeben, sondern auch manchmal auf filmischer Ebene viel herausholen. Das Sounddesign muss ich da auch nochmal loben, das manchmal auf sonderbarste Art und Weise etwas Ruhe in das Chaos bringt (das zufriedenstellende Geräusch der Fingerabdruck Maschine!!!), oder die Dinge gerne mal auf den Punkt bringt (der Vater im Baumarkt, wenn die Geräuschkulisse zur Kakophonie wird). Auch in den Übergangen sind sie äußerst clever, um eine sehr vielschichtige und faszinierende Geschichte zu erzählen. Die Geschichte ist nicht nur auf vier verschiedene Momente beschränkt. Sie verwebt auch wunderbar die verschiedenen Charaktere und Elemente miteinander. Als Zuschauer bekommt man einen besonderen Einblick, der nicht direkt mit dem der Protagonisten der Folge oder anderen Charakteren übereinstimmt. So erfährt man in der ersten Folge, dass Jamies Lieblingsfach Geschichte ist. Nur blöd das kein Polizist dabei war und deswegen das sonderbar nervöse Verhalten des Geschichtslehrer an ihnen vorbei zieht. Aber auch Zuschauer ist man nicht allwissend. Für mich war es wirklich faszinierend, in den ersten drei Folgen ein Bild des Vaters und der Familie aufzubauen, nur um dann in der letzten Folge auf etwas ganz anderes zu treffen. Die Drehbuchautoren wissen auch, wie man Charaktere inszeniert. Als Beispiel würde ich da die ersten Momente der ersten Folge nehmen: Man sieht Bascombe, wie er eine Nachricht von seinem Sohn abhört. Er hustet und sagt mit rauer Stimme, dass er etwas mit seinem Magen hat und deswegen nicht kommen kann. Eine eher mittelmäßige Lüge, die Bascombe natürlich sofort durchschaut. Aber in dieser kleinen Inszenierung lernen wir schon viel: Bascombe hat also einen Sohn, mit dem er eine scheinbar nicht sehr innige Beziehung hat. Der ihn klar anlügt, statt offen mit ihm zu reden. Und Bascombe, der die Lüge durchschaut, aber nicht tiefer gräbt. Das, was er als Polizist können muss, kann er wirklich gut. Das zeigt sich auch durch die Folge, bei der er einen bestimmten, aber eher ruhigen Eindruck hinterlässt. Bis er die Brille abnimmt und Jamie konfrontiert. Von der vorigen Weichheit ist nichts mehr da. Die Show versteht es, eine Geschichte zu erzählen, bei der auch einiges zwischen den Zeilen liegt.
Die erste Folge ist für mich ein Meisterwerk. Wenn Adolescence nur aus der ersten Folge bestehen würde, hätte es sich schon gelohnt. Man bekommt einen Blickwinkel, den ich so noch nie erlebt habe. Klar hat man in Filmen schon gesehen, was passiert, wenn jemand verhaftet wird. Aber so wie es hier ist, bekommt man einen wirklichen Eindruck davon. Es hilft auch, dass man erst mal keine Ahnung was los ist und genauso schockiert wie Jamie und seine Familie ist. Die Fahrt zum Präsidium fühlt sich durch die Sehgewohnheiten wirklich ewig und zermürbend an. Und man kann nicht anders als mit ihm zu fühlen, wie er schluchzt und verzweifelt nach hinten schaut. Wie er durch die Schleuse geführt wird und von einem gigantischen Beamten befragt wird. Bei der man auch nicht weiß was als nächstes passieren wird. Man folgt ihm noch in die Zelle, aber dann lässt man ihn dort allein. Es bleibt aber auch nicht bei den Polizisten. Man wandelt im Verlauf ständig den Fokus, aber die Geschichte geht unentwegt voran. Man bekommt auch ein authentisches Gefühl für den Ablauf einer solchen Verhaftung. Von all den Mechanismen und Riten, die zum guten Grund existieren. Die ständigen Fragen, ob man alles verstanden hat, welche Rechte und Pflichten man hat, und was man am besten tun soll, um sich selbst nicht zu sabotieren. Man spürt das Adrenalin in Bascombe, der kaum abwarten kann, etwas Neues von der Spurensicherung zu hören, auch wenn sie noch gar nicht lange bei der Arbeit sind.
Gerade was Jamie angeht, der ja alles gerade durchsteht, stand ich zwiegespalten gegenüber. Man traut ihm nicht wirklich, aber andererseits wirkt auch alles so surreal. War es wirklich nötig, mit einem Spezialkommando das Haus zu stürmen? Warum sagt niemand was genau los ist? Kann dieses Bübchen überhaupt dafür verantwortlich gemacht werden? Aber all das wandelt sich, als plötzlich Bilder auf den Tisch geknallt werden. Schon fast archaisch werden Screenshots von Instagram und Überwachungskameras gezeigt. Das, was er getan hat, und das, was er anscheinend ist, wird plötzlich ganz real. Mit dem Video der Tat, welches jeden anderen Zweifel verblassen lässt. Das endet in einer sehr emotionalen Szene zwischen Vater und Sohn. Im Allgemeinen fand ich es faszinierend, wie Jamies Familie gezeigt wird. Sie sind allesamt extrem überfordert und können keinen klaren Gedanken fassen. An sich ist es keine schlechte Idee, die Tochter zurück ins Haus zu bringen, aber was soll sie dann da machen? Was macht man überhaupt in so einer Situation? Am stärksten betroffen davon ist der Vater. Er möchte so gern etwas für seinen Sohn tun, hat Sorge, dass er irgendetwas falsch macht und fühlt sich im Allgemeinen sehr Machtlos an. Bei der Leibesvisite kann er nichts machen, außer mit einem Ausdruck von Angst, Wut und Scham zuzusehen. Man bekommt auch ein Gefühl für die Beziehung zwischen Jamie und seinem Vater. Es wirkte distanziert, gefüttert durch einen angelernten Sinn für Respekt. Ich hatte das Gefühl dass Jamie seinen Vater als absolute Autoritätsfigur sieht. Der seinen eigenen Sohn nicht in die Arme nehmen kann, und wenn der Sohn es versucht, dieser verzweifelt zurückweicht. Der ihn dann doch in den Arm nimmt, aber dem Zuschauer ein bestimmtes Gefühl gibt. Das sich im Verlauf der nächsten Folgen weiter wandelt.
Die zweite Folge spielt im Umfeld des Täters und Opfers. Die zwei Polizisten sind an Jamies Schule und fragen nach Informationen. Es wird gezeigt, wie unterschiedlich die Erwachsenen und Kinder mit der Situation umgehen. Die Lehrer und Angestellten sind komplett schockiert mit einem brodelnden Gefühl von Schuld, das hier überkompensiert wird. Und die Kinder, für die all das so ungreifbar und absurd ist, dass sie einfach nur lachen müssen. Ein harsches Umfeld, was man am Sohn von Bascombe erkennen kann. Der sich überwindet und den nötigen Incel Tipp mit seiner Expertise beiträgt. Ein Aspekt, der ihnen komplett entgangen wäre. Von einem möglichen Motiv der Extremisierung durch Manosphere Inhalte und Sichtweisen. Bei der tatsächlich die Begriffe wie Incel, Red Pill und ihr Anführer Andrew Tate direkt benannt werden. Die dritte Folge ist dabei fokussierter und konzentriert sich auf ein Gespräch zwischen Jamie und einer Jugendpsychologin. Man merkt gleich in Jamies Art und Weise, dass sich einiges verändert hat. Statt der ständigen angespanntheit gibt es tatsächlich auch kleine Geplänkel zwischen den beiden. Er ist ein cleverer und eigensinniger Junge, der auch engstirnig und aggressiv sein kann. Der gerade beim Reden über seinen Vater, seine Männlichkeit und auch nur den leichtesten Hauch von Homesexualität austickt. Der aber auch ein klareres Bild der Situation zeigt. Von dem zertrümmerten Selbstbild von Jamie. Ein Opfer von Mobbing, der sich selbst als abgrundtief hässlich sieht. Der sein eigenes Verhalten auch gerne rechtfertigt (“Well, everyone else said it… who saw it. That’s not just me.” Doch worum es geht, wird toll von der Psychologin zusammengefasst: “I'm interested in it because what you think is more important to me than what is true, okay?”. In der letzten Folge folgt man der Familie von Jamie. Eine wirklich mächtige Episode, die mit so einer schönen zärtlichkeit die Charaktere und der Einfluss des Mordes erörtert. Mir persönlich hat die Folge richtig gut gefallen, weil sie auf interessante Weise mein Bild der Familie Miller auf den Kopf gestellt hat. Man hat das Gefühl, dass die Mutter keinen wirklich guten Stand hat. Da der Vater sehr kontrollierend ist, mit einer distanzierten Art und dem Verlangen nach außen hin Stärke zu vermitteln (sein perfektes Shirt in der ersten Folge, das stolz seine Arbeit verkündet). Aber so ist es tatsächlich nicht. Natürlich leiden sie allesamt darunter, aber sie versuchen es zu überspielen, damit sie den Zusammenhalt nicht verlieren. Von zwei Highschool Sweethearts, die nach all den Jahren und zwei Kindern sich immer noch lieben und respektieren. Der mit seiner Familie auch über vielleicht beschämende Erinnerungen lachen kann. Bis zu dem Bruch mit dem Incel Verkäufer, der sich auch inszenatorisch toll zeigt, als aus der klaren Klangkulisse eine ungefilterte Kakophonie wird. Der sich dann explosiv bei den Sprayern und der Farbe entlädt. Der das nicht sein möchte, aber doch letztendlich dazu getrieben wird. Dem tollen Gespräch mit Jamie, der eine so wichtige Entscheidung mit der passenden Ruhe und Verständnis mitteilt. Der sich seit der Verhaftung mächtig weiterentwickelt hat. Einer der wichtigsten Hinweise dabei ist der Fakt, dass er wieder zeichnet. Die Polizistin hat es schön in der zweiten Folge gesagt: “All kids really need is one thing that makes them feel okay about themselves.” Ein Schritt der einen Knoten löst. Von einem Gespräch über Schuld und was man nun tun kann. Warum sich Jamie von dem Vater und nicht der Mutter entschieden hat und was das Video mit dem Vater gemacht hat. Über den eigenen Vater und die Unzulänglichkeiten, denen man entkommen wollte. Bei den man auch gelernt hat, wie man im Umgang mit der Tochter sehen kann. Bei der man sich auch eingestehen muss, dass man vielleicht nichts machen konnte, das aber einen nicht von Schuld freispricht. Ein Erwachsener Umgang mit dem Thema, wie ich es gerne öfter sehen möchte. Und ein letzter Zerfall des Vaters, in der Stasis der Situation, repräsentiert durch Jamies Zimmer, das mit dem zärtlichen Zudecken des Teddys endet.
Aber bevor ich zum Fazit komme, muss ich noch zwei Sachen ansprechen, die mich ein bisschen gestört haben. Bei dem Gespräch zwischen den zwei Polizisten in Folge zwei wird darüber geredet, wie unfair solche Fälle sind. Wie frustrierend es ist, dass am Ende der Name von Jamie bleiben wird, während Katie in Vergessenheit gerät. Ein total wichtiger Punkt, der auch direkt ins Schwarze trifft. Nicht nur in fiktionalen Fällen, sondern auch im echten Leben. Kendrick sagt zwar: “Everybody gon' respect the shooter. But the one in front of the gun lives forever”. Aber so ist es leider oftmals nicht. Und gerade hier, wenn sie es schon direkt ansprechen, hätte man es auch besser machen können. Persönlich habe ich kein großes Problem mit der Erzählung der Geschichte. Der Blick auf Jamie und vor allem auf seine Familie ist großartig! Aber es ist komisch, so etwas zu bemängeln und dann selbst mit vollem Anlauf in dasselbe Fettnäpfchen zu treten. Mein zweites kleines Problem ist die Struktur der Show. Dadurch, dass es nur vier Folgen sind, fallen einem natürlich Aspekte auf, die von Folge zu Folge gleich bleiben. Und ich habe ehrlich gedacht, dass man weiter an Bascombe und Frank an dem Fall dran bleibt. Aber nachdem die Kamera in Folge zwei abgehoben hat, sieht man nichts mehr von ihnen. Das hat sich etwas komisch angefühlt und man hätte es vielleicht weniger jarring/schrill machen können, aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Adolescence hat sich auf der Ebene der Geschichte und der Inszenierung viel vorgenommen und es mit Bravour gemeistert. Ich mag, dass man als Zuschauer auch ein integraler Bestandteil der Geschichte ist. Innerhalb der Geschichte ändern sich Standpunkte und Sichtweisen auf Charaktere ständig ändern. Mit einem grandiosen Gefühl der Zeitlichkeit durch die Inszenierung. Das durch die Natur des One-Shots auch beweist, was die Schauspieler drauf haben. Man wird wirklich komplett in die Welt hineingezogen und kauft die Stimmung jeder Szene ab. Gerade Owen Cooper war fantastisch. Vor allem als erste Rolle hat er gezeigt, was er drauf hat. Das Mantra von “Show Don’t Tell” wird hier auch ernst genommen. Man bekommt ein Gefühl für die Charaktere durch das, was sie tun, wie sie reagieren, und nicht nur durch das, was sie sagen. Eine tolle Miniserie, die man nicht verpassen sollte. Und wenn man es schafft, sollte man sich auch Zeit zwischen den Folgen lassen. Aber ich kann es niemandem verübeln, wenn man sich dem Sog einfach nicht entziehen kann.
Ich erinnere mich noch, als Dr. House im deutschen Fernsehen lief. Wie man ab und an mal eine Folge angeschaut hat und sich irgendwann jeden Dienstag Abend auf die nächste Folge gefreut hat. Und ich glaube, damit war ich auch nicht alleine. Ich glaube fast jeder kann was mit dem Charakter anfangen, auch wenn es nur vom Hörensagen ist. Und durch ein paar House Memes wurde es für mich mal wieder Zeit, alle Folgen anzusehen. Keine Lücken mehr, weil man doch mal etwas vor hatte. Und keine Woche Wartezeit. Und am Ende mit einem besseren Eindruck der Serie im Ganzen. Und es hat sich gelohnt! Dr House ist nicht nur so gut wie ich es in Erinnerung hatte, nein, es ist sogar noch besser geworden, zumindest meiner Meinung nach.
Eine der Stärken von Dr. House ist die qualität der Serie. Selbst die schlechtesten Folgen oder Staffeln sind immer noch ausgezeichnet. Die Serie hat ein Konzept, das einfach funktioniert. Es gibt auch so viele Folgen und Fällen dass es wahnsinnig wäre auf alles einzugehen. Aber ich möchte ein paar Gedanken zu den einzelnen Staffeln loswerden. Ich mag die erste Staffel. Man wird sofort in die Welt, die Charaktere und das Konzept hineingeworfen. Mit einem “Monster of the Week” Format mit einem medizinischen Krimi statt dem Monster. Jede Folge hat einen interessanten Fall mit vielen Twists, die man auch als absolute Medizin Laie irgendwie verstehen kann. Aber neben dem Krimi steht auch noch ein Bösewicht, der ultra-reiche Edward Vogler, der durch den finanziellen Druck House und seine Abteilung lahm legen möchte. Eine Geschichte, die erzählt werden muss, um die Welt etwas glaubhafter zu machen. Das Gleiche mit Tritter, der House über einige Folgen malträtiert. Die zweite Staffel verfeinert das Konzept mit ein paar persönlichen Geschichten dazwischen. Die dritte Staffel wird von Tritter beherrscht und endet in einem Zerfall des Teams. Dafür beginnt die vierte Staffel mit frischer Energie, bei der zwischen den klassischen Krimis verschiedene Ärzte versuchen, sich zu Gunsten von House auszustechen. Mit absolut grandiosen letzten Folgen, die zurecht Fernsehgeschichte geschrieben haben. In Staffel Fünf wird viel von House abverlangt, inklusive eines plötzlichen Todes, der bis heute nicht geklärt wurde. Mit einem unfassbar wichtigen Schritt am Ende, welche dann großartig in den ersten Folgen der sechsten Staffel verarbeitet werden. Mit einem anderen House, der zum ersten Mal von Vicodin loslassen kann. In Staffel 7 ist wieder mehr Endzeitstimmung, bei der alles zerfranst. Mit einem Staffelfinale, das ich, als einzige Folge von Dr. House, wirklich nicht ausstehen konnte. Und dann die berüchtigte Staffel acht, die zwei (meiner Meinung nach sehr spaßige) neue Charaktere mit sich bringt und das Konzept des “Monster of the Week” wieder aufleben lässt. Es hat auch einige sehr schöne emotionale Szenen mit House und Co. Aber die "Medical Investigation of the Week” läuft hier leider sehr parallel zu House ab. Deswegen ist es auch nicht schlimm, dass es ein Ende gefunden hat.
House ist einfach ein fantastischer Charakter. Tatsächlich meine persönliche Lieblings Interpretation von Sherlock Holmes. Getrieben von Interesse und Spaß am Rätseln. Ein Misanthrop wie er im Buch steht, der sich teilweise nur durch Zynismus und Ironie mitteilen kann. Ein Genie in dem, was er macht, ohne dabei übertrieben zu wirken. Er liegt oft genug auch falsch und fällt ab und zu auf die Schnauze, aber am Ende bekommt er doch immer die Kurve. Mit viel Sinn zu extremistischen und kindischen Ideen (House out of Context funktioniert halt auch einfach). Mit seinem besten Freund, der Golden Retriever der zu sich zu einem Krebsexperten entwickelte: Wilson. Und eine ständig wachsende Anzahl von Mitarbeitern, die allesamt auch so einiges erleben. Man kann glaub ich gar nicht anders, als sie alle irgendwie lieben oder hassen lernen. Dabei scheut man auch nicht davor zurück, manche Charaktere auch in einem schlechten Licht zu zeigen. Dazu das Format des Medizin-Krimis, der einfach funktioniert, auch wenn ich selbst keine Ahnung davon habe. Keine Natürlich verstehe ich nur ein Teil von dem was da gesagt wird, aber es reicht auf jeden Fall aus und passt auch, wenn man sich danach einliest. Ich mag auch die Pre-Intro Szene, bei den man nie sicher sein kann, wer jetzt von diesen Leuten als Patient endet. Man hat das Gefühl, dass sich die Autoren schon fast ein Sport daraus gemacht haben, einen möglichst oft in die Irre zu leiten. Meine Frau und ich haben am Anfang einer Folge gerne einen Tipp abgegeben. Von Klassikern wie Krebs, Infektion, Autoimmun und Lupus. Zu Insekten und meinem Lieblings-Tipp ‘Bad Weed’. Dabei stagniert die Show kaum, mit immer neuen und frischen Ideen, die einen auch gerne mal zum Südpol oder zur CIA führen. Aber auch inszenatorisch fordert sich die Serie selbst gerne raus. Von einer Dokumentation, zu der Perspektive eines Lock-In Syndrom -Patienten, und ganzen Folgen zwischen Traum und Realität schweben. Aber auch die Schauspieler darf man nicht unerwähnt lassen. Allen voran Hugh Laurie verkörpert die Rolle perfekt. Ein ziemlicher Schock wenn man ihn davor nur von Blackadder oder ähnlichen Comedy Dingern kennt. Er schafft es, diesen Arsch mit so viel Menschlichkeit, Charm, Arroganz und Spaß zum Leben zu erwecken. Ich mag auch die ganzen Mitarbeiter von ihm, die sich im Verlauf ständig entwickeln. Wenn jemand mal das Team verlässt und später zurück kommt, merkt man erst wie sehr sie sich verändert haben.
Die Show hat echt nochmal viel mehr Spaß gemacht als ich am Anfang angenommen habe. Am Ende der 8ten Staffel war man dann schon schwermütig, auf Wiedersehen zu all den tollen Charakteren und Geschichten zu sagen.
I’m Thinking of Ending Things ist kein Film für jeden. Wenn man die Drehbücher und Filme von Charlie Kaufman nicht kennt, wird man erst einmal richtig überwältigt. Aber glaubt mir, es lohnt sich dabei zu bleiben. Grob geht es um eine junge Frau, die mit ihrem neuen Freund seine Eltern in der Pampa besuchen möchte. Das alles nicht so ist, wie es scheint, wird sehr schnell klar und ich möchte hier meine eigene Interpretation zum Besten geben. Die Review enthält Spoiler!
Mit einem Charlie Kaufman bekommt man immer etwas Interessantes vorgesetzt. Ich liebe die Filme von Charlie Kaufman. Seine Geschichten strotzen nur immer so vor Neurotik, Introspektion und Absurditäten. Mit wunderschönen Erörterungen über das Menschsein, die auf einer ganz eigenen Ebene erzählt werden. Auch filmisch brechen seine Werke immer mit der Norm und entführt einen in ganz andere Sphären. Das ist hier auch nicht anders, wenn nicht sogar noch verstrickter als sonst. Aber wenn man den Film den Raum und die Aufmerksamkeit bietet, der dieser verlangt, wird man reich entlohnt.
Ich werde jetzt nicht alles nacherzählen. Aber ich finde es wichtig, die Dynamiken im Film zu erklären. Es beginnt mit dem Voiceover der Protagonistin. Ein interessanter Einstieg, bei dem man in ihren Blickwinkel eintaucht und Jake eher von außen betrachtet wird. Der als lieblicher Typ dasteht, der klar was auf dem Kasten hat, aber auch gezwängt wirkt. Das wird auch toll dargestellt, wenn er ständig ihre Gedankengänge unterbricht. Aber auch als Zuschauer nimmt eine spezielle Perspektive ein. Wenn die Protagonistin direkt in die Kamera schaut, fühlt man sich schon fast ertappt. Eine fahrt die so undurchsichtig ist, das man nicht weiß wann sie enden wird, bis es plötzlich vorbei ist. Und sobald sie das Haus betreten, findet deutlich ein Perspektivwechsel statt. Ihre Gedanken verstummen und Jake wird aktiver. Im Haus warten sie überraschend lange auf die Eltern, bis sie abermals plötzlich erscheinen. Es wird über einen Hund geredet, er taucht für den Bruchteil einer Sekunde auf und verschwindet wieder. Mit dem Zimmerwechsel verändert sich wieder etwas. Die Eltern scheinen jünger zu sein, und auch unsere Protagonistin ist irgendwie anders. Die Dynamik am Tisch ist bizarr. Die Mutter schwankt zwischen komplett überzogenem Euphorismus und Niedergeschmettertheit. Und der Vater ist absolut oldschool und ohne jegliche Kompetenz was Kunst oder Abstraktion angeht. ”How can a picture of a field be sad without a sad person looking sad in the field?” Ein Umfeld, das sicherlich nicht leicht für Jake war. Es scheint, als ob mehrere Ebenen übereinander laufen. Am besten dargestellt mit den Kleinigkeiten, die sich von Szene zu Szene ändern. Ein anderes Kleid, eine andere Frisur, andere Schmuckstücke. Die Eltern altern und verjüngen sich auch gerne mal von Szene zu Szene. Und man kann auch nicht davon ausgehen, dass dieselbe Rolle ständig von demselben Schauspieler übernommen wird. Das gibt dem Film ein sehr fließendes Gefühl, bei dem man leider die meiste Zeit sehr verwirrt ist. Aber ich persönlich liebe sowas. Mit jeder Information oder jeder kleinen Veränderung kann man seine Theorie anpassen. Und das Schöne dabei ist, dass der Film so ambig ist, dass auch jede Interpretation valide ist. Es ist auch faszinierend, wie verzahnt alles miteinander ist. Während Musik im Elternhaus erklingt, sieht man mit einem Hausmeister perfekt gestylte Tänzer durch die Gänge schwingen. Oder die Schnulze (perfekt Kreditiert an Robert Zemeckis, der bei dem Spaß sofort dabei war), die nicht nur schnöde Unterhaltung ist, sondern auch die Narrative beeinflusst. Nicht nur wird das Meet Cute direkt übernommen, sondern die Schauspielerin aus dem Film übernimmt auch mal die Rolle unserer Protagonistin. Ein fließen der Grenzen von Erlebten und Internalisierten. Das durch die Diskussion über Kunst und deren Einfluss auf den Menschen ad absurdum geführt wird. Man steckt in einer Amalgamation aller Dinge, die sich ständig in ihrer Abstraktion wandeln. So wird aus Jakes Childhood Bedroom nicht nur ein physischer Ort, sondern ein Sammelsurium, der dieser widerspiegelt. Bei dem auch irgendwann klar wird, das unsere Protagonistin eine Projektionsfläche von vielen ist, die alle etwas ähnliches erlebt haben. Die jetzt gesammelt mit Jake das durchleben, was sie durchleben. So kommen gegen Ende all die verschiedenen Stränge zusammen. Bei der unsere Protagonistin ein rührendes Gespräch mit (ich vermute das zumindest) aktuellen Jake. Bei dem der aktuelle Jake eine Narrative erstellen möchte, wo er das Gruselige an ihm abstößt und am besten dasteht. Ausgedrückt im Tanz statt Worten. Von einem Laientheater mit herrlich überzogenen Make Up, bei dem Jake endlich das bekommt wonach er sich sehnt: Anerkennung. Der seine Lebensabschnitte nochmal kompakt zusammenfassen möchte. Bei dem der aktuelle Jake auf sein bisheriges Leben schaut, mit dem Versuch einer äußeren Perspektive, ein internes Aushandeln mit sich selbst. Nur für Zuneigung und Verständnis. Doch gerade aus der Sicht der Protagonistin wirkt er sehr distanziert. Als ob er seine eigenen Gefühle runterspielen oder ausschalten möchte. Eine bizarre und dennoch sehr nahbare Erfahrung, eines scheinbar verschwendetes Leben. Das hat mit den Gedanken des Filmtitels angefangen und endet mit einem Versuch..
Handwerklich ist der Film eine Bombe. Eines, das einem als erstes auffällt, sind die Seitenverhältnisse des Bildes. Statt dem klassischen 1,85:1, oder dem Fernsehformat 16:9 wird hier ein mit einem 1,37:1 Verhältnis ein sehr beengendes Gefühl erzeugt. Das gibt dem Film ein besonderes Gefühl, das durch die ständigen kleinen Veränderungen noch vertieft wird. Auch der Einsatz der Kamera gibt dem Film etwas diffuses, traumhaftes, fast esoterisches. Das und die verschiedenen Ebenen und sich beeinflussenden Narrativen kommen wunderbar zusammen. Da hilft auch der kleine aber feine Ensemble Cast, welche die Absurdität mit Stolz getragen haben. All das, zusammen mit dem fantastischen Drehbuch, hat Charlie Kaufman abermals etwas ganz besonderes erschaffen. Ein Kunstwerk, in das man eintauchen muss. Das eine an sich kleine Geschichte mit sehr tiefgreifenden Mitteln erzählt. Wenn man Kaufmann kennt und mag, geht eh kein Weg an diesem Film vorbei.
Possession stand schon ewig auf meiner Liste, und ich bin sehr froh, dass ich dieses faszinierende Werk über Kontrolle, Verlust, soziale Rollen, Normen und abgefahrenen Body Horror endlich selbst erlebt habe. Ein Film, der mich wirklich berührt hat, mit einer Szene, die ich wahrscheinlich nie wieder aus meinem Kopf bekommen werde. Die Review enthält Spoiler!
Der Film beginnt recht ruhig und theatralisch, was auf den ersten Blick etwas befremdlich wirkt. Aber sobald er loslegt, gibt es kein Zurück mehr. Die Geschichte ist in ihren Grundzügen auch sehr einfach. Ein Mann gibt seinen Job für seine Familie auf, doch die Familie (allen voran die Frau) möchte nicht mehr. Ein ständiges hin und her zwischen Schuldzuweisungen, Scham, Wut und Wahnsinn. Ich habe auch das Gefühl das man im Film mehrere Versionen von Anna sieht. Die Frau Mark liebt, die besorgte Mutter, die Frau die sich von Mark nicht gehört fühlte und deswegen zu Heinrich flieh, und der Frau die von den sonderbaren Wesen/Parasit besessen ist. Man kann oft an ihrer Mimik und Körperhaltung erkennen wie sie zwischen diesen (ich nenne sie mal) Alter wechselt. Dabei ist aber nicht genau klar, ob es jetzt tatsächlicher Wahnsinn ist, oder einfach ein Ausbruch einer Person mit bipolarer Störung. Denn auch wenn es später noch Wild zu geht, könnte die Ansicht, die wir sehen, aus einer Überspitztes stammen. Der Kampf zwischen Selbstbestimmung, Ver- und Misstrauen. Dem Verlangen nicht allein zu sein. Das Verlangen nach Gerechtigkeit und dem was einem Zusteht. Oder ob es doch echt ist was dort von statten geht. Von einem Wahnsinn von außen gesteuert, mit ihr als Opfer und Wirt von etwas anderen. Nehmen wir als Beispiel die Szene in der sie Hackfleisch zubereitet und er verzweifelt mit ihr redet. Man spürt einen Konflikt in ihr, als ob sie falsch verkabelt ist. Und irgendwann kommt die Realisation, was das Wesen mit ihr macht, und sie möchte lieber sterben als so weiter zu leben. Davon, wie sich Mark anschließend mit demselben Messer in den Arm schneidet und sie zu ihm sagt: “It doesn’t hurt” und er darauf nur lethargisch mit “No” antwortet. Eine Taubheit die sich durch ihr ganzes Sein zieht und nun auch auf ihn übergeht. Von den Streits, die immer wieder plötzlich ausbrechen und teilweise ungeahnte Grenzen überschreiten. Der Film bleibt auch undurchsichtig, was eigentlich los ist. Was möchte Mark erreichen? Was möchte Anna erreichen? Welche Rolle spielt Bob dabei? Er fühlt sich zumeist an wie eine Schachfigur, um die gekämpft wird. Es gibt sehr zärtliche Szenen wie Bob mit der Marmelade. Aber im Verlauf des Filmes verliert seine Existenz im Großen und Ganzen seine Bedeutung. Hier kann man auch auf die “Grün Augen” zu sprechen kommen. Dass die Kindergärtnerin genauso aussieht wie Anna, kann man in einem so subjektiv betrachteten Film hinnehmen. Es ist sonderbar, aber vieles an dem Film ist sonderbar. Dass es dann in den letzten Szenen noch so eine Bedeutung bekommt, war überraschend. Ähnlich wie Anna schien sie auch ferngesteuert zu sein. Eine verschönerte und perfekte Version von dem, was Anna eigentlich sein sollte: ein Engel. Ein Erörtern einer Traumvision und die Umstände herum. Die dann auch die ständigen Tauchübungen und Sirenenklänge von Bob im letztendlichen Kontext setzt. Etwas Fatalistisches, das man auf keine Weise verhindern hätte können. Das dann vor ihren Augen entschleiert wird und ihr oder uns allen eine Horrorvision schenkt. Auch der Konflikt mit Heinrich ist faszinierend. Mark ist verständlicherweise wütend auf ihn, aber er hat auch eine so sonderbar offene Art, die entwaffnend wirkt. Ein Herz, das außerhalb der Brust getragen wird und ihm eine solche Stärke bietet, die Anna scheinbar anziehend fand. Ein Typ, der ihn in vielem übertrumpft. Und dessen er sich nur durch seine Cleverness und Fähigkeiten aus seinem Berufsleben entledigen kann. Eine Cleverness, die auch in seinem “Grün Auge” hängt und dessen Ende er dementsprechend entgegen rennt.
Der Film hätte auch ohne den Body Horror funktionieren können, erschafft aber damit eine ganz neue Ebene. Als Ort zwischen Heimat und Dort (Heinrich), der außerhalb des Konfliktes liegt, aber doch genau im Zentrum steht. Mit einem sonderbaren Wesen im Bett und einer Kreatur im Dunkeln, die Normalsterbliche erblinden lässt. Wesen, die nicht direkt eingreifen, aber durch ihre Proxy in Anna, doch deutlich unter die Haut gehen. Monster mit großen Klauen sind Geschichten für Kinder. Dieses geht tiefer als jede Wunde und greift Anna direkt am Kern ihres Seins an. Man braucht keine Waffen und man kann sich nicht davor retten. Ich persönlich finde nichts verstörendes als plötzliche Wesensveränderungen. Mein Großvater litt an Alzheimer und ich konnte einfach nicht verstehen, wie aus dem sanften Riesen ein so wütender und plötzlich paranoider Mensch werden konnte. Denn wenn man sich selbst nicht mehr hat, ist man verloren. Und das passiert mit Anna. Genau das ist der Konflikt, der sich durch die verschiedenen Alter zeigt und in ihrem Verhalten widergespiegelt wird. Von der Grausamkeit zu der Anna scheinbar fähig ist, welche durch ein verstörendes Homemovie eines Ballett Trainings auf die Spitze getrieben wird. Sie blickt immer wieder in die Kamera, während die Position derselben sich ständig wechselt. Sie blickt und quält ein junges Mädchen, weit über jegliche Grenze hinaus. Aber selbst das hat mich nicht für die große Szene des Filmes vorbereitet. Von einem Besuch in einer Kirche, in dem sie das Schwesterchen Glaube empfängt. Zu dem stolpern und schwanken durch die Tunnel. Die sich immer weiter auflädt, bis zu einer schier nie endenden Tour de Force. Eine brutale Kakophonie aus Schreien und dem immer weiter verkrampften Verzweiflung, die sich durch Annas Körper wölbt. Man möchte am liebsten wegschauen, aber das geht nicht. Durch die Länge der Szene gräbt es sich immer tiefer ein. Ich hatte beim Anschauen tatsächlich Angst, dass die Nachbarn bei uns klingeln und fragen, ob alles in Ordnung ist. Es trifft auch den Kern von etwas Wahren. Ich habe schon Leute in der U-Bahn gesehen, die ähnlich manisch gelacht haben wie sie am Anfang. Das soll nicht heißen, dass diese Leute schlecht oder gar gefährlich sind, aber dass es ihnen wahrlich schlecht geht. Die Szene ist so lang und grausam, dass man dem Gehirn genügend Raum und Zeit gibt, alle möglichen Bilder und Assoziationen aufzurufen. Es fühlt sich wie Nietzsches Abgrund an, der einen entwaffnet und direkt konfrontiert.
Etwas, das mir persönlich noch sehr gut gefallen hat, war tatsächlich Berlin. Ich lebe jetzt schon seit einigen Jahren hier und ich habe auch einiges wiedererkannt, obwohl der Film über 40 Jahre alt ist. Es bietet auch die perfekte Grundlage für diesen zwiespältigen Tiefgang. Der Film ist auch handwerklich absolut herausragend. Nehmen wir nur mal die Szene, als er seinen Job an den Nagel hängt. Man befindet sich in einem Raum und sieht Mark einer Reihe sonderbarer Gestalten gegenüber sitzen. Während des Gesprächs bewegt sich die Kamera und zeigt einem, wie sonderbar der Raum gestaltet ist und wie viel Platz de facto verschwendet wird. Aber es bringt das Gefühl der Szene sehr gut rüber. Aber nicht nur das. Die Kamera unterstreicht ebenso die Dynamik im Gespräch. Wenn er sagt, dass er nicht mehr möchte, bewegt sich die Kamera immer weiter weg, und bei den Versuchen, ihn doch zu überzeugen, kommt sie wieder näher an das Geschehen, bis sie dann auch die Gestalten direkt zeigen. Sowas ist Wahnsinn und fällt vielleicht nicht jedem auf. Aber es gibt einem ein besonderes Gefühl, das man nicht mal rationalisieren muss. Und der Film steckt voll davon. Auch das Zimmer im kühlen Blau, als er feststellt, dass sie weg ist, spiegelt mehr wider als nur eine Standort. Wenn Mark und der Detektiv zusammen nervös auf ihren Stühlen hin und her wackeln, gibt es dem Charakter, seinen Intentionen und Ängsten ein eindrückliches und irgendwie absurdes Bild. Jede Szene baut geschickt aufeinander auf und bietet den Neuen dann den nötigen Untergrund.
Die Geschichte ist auch sehr spannend geschrieben und erzählt. Dafür das so vieles, so chaotisch und unzusammenhängend anfühlt, ist es doch sehr kohärent. Dabei scheut sich Andrzej auch nicht davor, die Welt in der Inszenierung auf den Kopf zu stellen. Man trifft sich an einem schön neutralen Ort um über die Zukunft zu sprechen. Das bedeutet meistens das es in der Öffentlichkeit ist und man sich dort gut unterhalten kann, ohne das viele Menschen zuhören. Hier sitzen sie in einem fast leeren Restaurant, an zwei Tischen, und schreien sich gegenseitig an. Die damit endet das Anna kreischend vor Mark flüchtet und er Stühle und Worte durch den Raum wirft, um am Ende von einem sehr bunten Gefolge von Kellnern und Köchen überwältigt zu werden. Es ist übertrieben, aber in seiner Inszenierung und vor allem im Sounddesign doch irgendwie realistisch. Die zuvor erwähnte Beziehung zwischen Mark und Heinrich gehört auch dazu. Dieser extrem exzentrischer Charakter, der sich teilweise durch die Szenen windet, aber dann doch eine klaffende Wunde zurück lässt, zumindest für seine Mutter. Der Film ist sonderbar und auch etwas abstoßend, aber genau das lässt ihn die antrainierten Sicherheitsmechanismen des Zuschauers ausschalten. Deswegen auch die eher Theatralische Art. Sie schafft eine Distanz zur Realität, welche dann aber brutalst mit sehr eindrücklich und verstörenden Bildern ausgehebelt wird. Ich musste auch immer wieder an David Lynch denken, der sicherlich auch von diesem Film beeinflusst wurde. Auch er schafft es in seiner Inszenierung, sich von realistischen und logischen Darstellungen abzugrenzen und mit seinen Bildern und Geschichten einen tieferen Kern zu treffen.
Possession ist ein Film, den man mal erlebt haben muss. Der es schafft, über das Medium hinaus zu transzendieren und einen auf tiefgründige Art und Weise zu berühren. Ein Film, der handwerklich und inszenatorisch eine absolute Wucht ist. Mit einer Darstellung von Wahn, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Mit Sam Neill und allen voran Isabelle Adjani, die hier eine absolut phänomenale schauspielerische Leistung erbracht hat. Ein Film, der bei mir direkt ins Schwarze getroffen hat und ich auch guten Gewissens als Meisterwerk bezeichnen kann.
Ich mag diesen Film. Ich habe ihn damals im Kino gesehen und war weggeblasen. Es war wirklich eine sehr besondere Kino-Erfahrung, an die ich mich gerne erinnere. Ganz so weggeblasen war ich diesmal nicht, aber Birdman (oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit) ist und bleibt ein faszinierender Kommentar über Kunst, Popularität, der Bloßstellung seiner selbst in einem faszinierend, inszenatorisch kreativen Gewand.
Ich bin auch ein Fan von Meta-Ebenen, die allesamt mit einer Art Traumlogik zusammengehalten werden. Birdman ist ein Film, der sich im magischen Realismus sehr wohl fühlt. Der Film spielt in unserer Welt, mit all den Beschränkungen und Freiheiten, die man aus dem Alltag kennt. Nur ein paar Elemente sind etwas anders. So sieht man unsere Protagonisten zuerst schwebend meditieren und wenn er mal entzürnt ist, wirft er auch gerne telekinetisch mit Dingen um sich. Ob das alles wirklich passiert, liegt dann im Auge des Betrachters (Checkt meinen Podcast ‘IADB’ aus). Als Zuschauer erlebt man viel aus Riggans Perspektive. Inklusive surrealen Stressfaktoren, die in rauer Stimme zu ihm redet. Er nimmt auch einen Schritt von der Kante und fliegt über der Stadt, nur um nach dem landen einen wütenden Taxifahrer zurückzulassen. Ich bin einfach ein Sucker, wenn es um unreliable Narrator geht, die mit ihrem subjektiven Empfinden die erzählte Geschichte beeinflussen. Das ganze wird auch auf die zuvor beschriebenen Ebenen aufgeteilt. Man hat zum einen das Stück an sich, was es für Riggans bedeutet, was es für Mike oder Tabatha bedeutet. Man hat die Umstände um das Stück, um das es hauptsächlich im Film geht. Von verletzten Laien- Schauspielern zum Meltdown auf und hinter der Bühne. Dazu gibt es die Ebene von Riggans Erbe. Er ist nämlich ein gefallener Star, der früher Millionen von Menschen mit seinem Kostüm in die Kinos getrieben hat. Wofür er heute noch am meisten erkannt wird, auch wenn einer der talentiertesten Theaterschauspieler daneben steht. Und dann natürlich noch den Kontext aus dem Zeitgeist, in dem der Film entstanden ist. Bei dem Marvel die Welt regiert hat und man scheinbar nur solche Dinge wertschätzen kann oder sich komplett gegen sie stellt, um “wahre” Kunst zu erschaffen. Riggans als Vorreiter für den gigantischen Erfolg, an dem er selbst nicht teilnehmen möchte oder kann. Davon, was wirklich wichtig ist! Erfolg? Kunst? Ab wann ist es Kunst? Wie viele Leute muss man mit dem Stück berühren, das es wertig wird? Würde es auch reichen, wenn er einfach eine Show macht oder muss es ein Serienerfolg werden? Und welcher Kulturkampf wird dort eigentlich betrieben? Muss es ein Erfolg werden, weil er all sein Geld dort hineingesteckt hat? Für sein Ego oder Erbe? Von der Kritikerin Tabatha, die aus Prinzip gegen das Stück ist, weil es für sie so viele Aspekte von denen, was heutzutage schiefläuft, in sich vereint. Und dann gibt es noch die Ebene des Filmes selbst. Warum er gemacht wurde, warum gerade so. Michael Keaton selbst hat gesagt, dass der Charakter von Riggan Thomas zwar von der Biographie sehr ähnlich ist, aber sie sonst nichts gemein haben. Ob das stimmt, liegt abermals im Auge des Betrachters (beim Podcatcher eurer Wahl). Mike Shiner ist auch einfach eine leichte Abwandlung von Edward Norton, mit all den Freuden und Macken, die diese mit sich bringen. Jemand, der seinen Job extrem ernst nimmt und wenn nötig alles in deren Dienste stellt. Der einem mit seiner Art sehr auf die Nerven gehen kann, aber leider auch recht hat. Dazwischen hat man noch den Kampf um jeden Dollar, damit die Show nicht eingemottet werden muss. Die Tochter von Riggans, die selbst gerade in einer Sinnkrise steckt.
Dabei verwebt der Film all diese Aspekte wunderbar miteinander und schafft mit seinen illustren Charakteren eine wirklich schöne und faszinierende Dynamik untereinander. Das liegt an der Riege fantastischer Schauspieler, die hier allesamt ihre Rollen großartig spielen. Mit einem cleveren und sehr gut durchdachten Drehbuch. Und eine großartige Lebendigkeit in seiner Inszenierung. Denn bis auf ein paar kleine Schnitte am Anfang und am Ende, besteht der Film aus einer zusammenhängenden Einstellung. Natürlich ist es nicht ganz so krass wie in “Mads” oder “Victoria”. Aber das Gefühl des One Shots wird sehr gut genutzt. Vor allem in der besonderen Zeitlichkeit der Dinge, welche zwar fließend zusammenkommen, aber innerhalb der Szene und der Geschichte nicht gebrochen werden. Da muss man auch die Direktion und den Schnitt loben, die aufgrund des rigorosen Planung ausgezeichnet aufgegangen ist. Und das Ganze wird auch noch von einem phänomenalen Soundtrack begleitet, der den wilden Herzschlag des Werkes widerspiegelt.
All das schafft eine wirklich tolle, filmische Erfahrung. Und wie ein gutes Kunstwerk, kann sich sicherlich jeder in irgendeiner der Facetten erkennen. Und wird dabei auch noch richtig gut unterhalten.
Ich bin kein großer Fan klassischer Musik. Aber wenn ich einen Komponisten hervorheben müsste, dann wäre das an erster Stelle Maurice Ravel. Seine Musik ist so herrlich vielschichtig, bricht auch gerne mal mit den Normen und erzählt immer eine Geschichte. Richtige Kopfkinomusik eben. Aber über ihn persönlich wusste ich gar nichts, weswegen ich sehr froh bin, dass ich das in Form des Anne Fontaine Biopic “Bolero” erleben durfte. Wie der Titel des Filmes schon sagt, geht es um das berühmteste Stück von Ravel: Bolero! Ein Ballett, das er für die Diva Ida Rubinstein geschrieben hat. Und wie einflussreich Ravels Stück ist, wird toll im Vor- und Abspann gezeigt. Das Stück wird in allen möglichen Facetten gezeigt: Von vollen Orchestralen, Jazz Ensembles oder mit afrikanischen Twists. Und auch am Ende mit der glaubhaften Statistik, dass alle 15 Minuten jemand auf der Welt das Stück hört und mit seinen 17 Minuten Laufzeit quasi zum Dauerbrenner seit Jahren geblieben ist. Und der Film lässt uns Hautnah den Schaffensprozess erleben. Ravel hört zu. Ob es an einem frühen Morgen auf dem Balkon, in einem vollen Restaurant oder in einer Fabrik um die Ecke ist. Ravel hat die Musik in sich, ständig lauschend nach den Melodien in seinem Kopf. Und das wird auch wunderschön inszeniert. Sehr oft stehen die Ohren von Ravel im Mittelpunkt und man lauscht gemeinsam hinaus in die Welt. Und irgendwann hört man selbst die Melodien und Rhythmen der Welt.
Man kann ebenso wie Ravel die Melodie und den Rhythmus ständig spüren und erfreut sich, wenn die Nachforschung Früchte trägt. Wenn er vor Frust die vorhandenen Noten verwirft, aber dann von seinem Wecker im passenden Rhythmus verspottet wird, ist das gut. Und man kann sagen, was man will, der Song bleibt einem im Ohr. Auch nach über einer Woche, seitdem ich den Film gesehen habe, schleicht sich der Rhythmus und die Melodie immer wieder durch mein Unterbewusstsein nach oben. Dabei fand ich den Konflikt von Ravel und seinem Stück sehr spannend erzählt. Dass er den passenden Gedanken in einer Fabrik hat, kommt nicht von ungefähr. Er möchte mit dem Stück ein modernes Zeitzeugnis erstellen, bei der die Musik und das Ballett einhergehen. Ein fantastisches Konzept, das bei der ersten Probe an den zuvor leeren Worten Rubinsteins zerschellt. Aus dem Stück, das über das Leben erzählen soll, wird mit billiger Erotik übertüncht. Man soll doch an die Zuschauer denken, die sich nicht für solche niveaulose Bereiche des Lebens interessiert. Statt ein Stück über das Leben wird ein Abklatsch von Carmen übergestülpt, was bei Ravel auf Unmut stößt.
Ich mag auch sehr, wie die Musik in dem Film inszeniert wird, vor allem via Ravel selbst. Gewissenhaft spielt er ein Stück auf einer Feier der Gehobenen, nur um dann mit wirklicher Freude im Freudenhaus auf die Tasten zu schlagen. Dabei ging es weniger darum, dass er irgendjemand imponieren wollte, sondern seine Liebe in einer gemeinschaftlichen Handlung zu zelebrieren. Den auch wenn er öfters mal in so ein Etablissment geht, hat er an Sex kein Interesse. Ravel ist Asexuell. Eine Sexuelle Orientierung die aus der fehlenden lust für die Lust besticht. Das ganze wird sehr feinfühlig im Film erzählt. Den nur weil er kein verlangen nach Sex hat, heißt das nicht das ihm an Leidenschaft fehlt. Sie drückt sich eben nur anders aus. Den an Gefühlen und Hingabe mangelt es in seinen Werken nicht. Er ist auch klar Neurodivergent, das heißt, er fühlt und denkt anders als die Norm. Von seinen Problemen in Sozialen Situationen oder im Alltag. Seine Phasen von Apathie zur absolut einnehmenden Manie. Ich find das auch in einer frühen Szene schön dargestellt. Bei dem die Kamera auf ein offenes Fenster mit einer rauchenden Zigarette verweilt und man anschließend Maurice im Krankenhaus sieht. Ob es jetzt ein Suizid Versuch nach dem abermaligen Scheitern bei einem Vorspiel, ist oder doch nur eine Melodie aus der ferne, die zu verlockend war, ist im Grunde egal, da beides valide ist. Der ohne seine Lackschuhe nicht zur Probe gehen kann, sie aber ständig vergisst. Zu der tiefen Liebe zu der Schwester seines besten Freundes, einer nie getrennten Band mit seiner Mutter und der Liebe zur Musik. Das wird auch nochmal am Ende sehr schön auf den Punkt gebracht. Man sieht Ravel liegen, mit bandagen um den Kopf gewickelt. Das Bild wird plötzlich schwarz weiß und schemenhafte Gestalten zeichnen sich aus dem Licht ab. All die Frauen, die ihn begleitet und sein Leben geformt haben, zu dem Stück, das ihn für immer zeichnen wird.
Die Darstellung der Zeitlichkeit, was manchmal etwas knifflig sein kann, ist sehr charmant gemacht. Von Autos, die man ankurbeln muss, bis zu immer grauer werdenden Haaren. Aber auch inszenatorisch wird der fließende Umgang mit der Zeit interessant genutzt. Es bricht nicht wirklich mit dem Blickwinkel des Protagonisten und teilweise ist es auch schon fast egal, auf welcher Ebene man sich gerade befindet, da sich alles gegenseitig beeinflusst. Das wird vor allem gegen Ende klarer, wenn die mysteriöse Krankheit immer weiter an Ravel zerrt. Das Aktuelle und die Erinnerungen verschwimmen weiter und es wird immer schwerer mit dem Alltag zurechtzukommen. Die Musik ist noch da, er kann sie immer noch spüren, aber er kann die Noten nur noch schwer aus der Welt greifen. Und auch wenn das Finale dramatisch ist, findet es mit der letzten Szene doch ein wunderschön versöhnliches Ende.
Handwerklich ist der Film sehr ordentlich. Die Schauspieler sind nicht nur visuell gut gecastet, sondern spielen auch allesamt sehr gut. Das Drehbuch ist toll und die Geschichte kommt auch fantastisch zusammen. Die Inszenierung der Musik, innerdiegetisch sowie in der Natur, ist wirklich wunderbar einfühlsam gemacht. Man merkt, dass sich hier jemand sichtlich Mühe gegeben hat, die filmische Mittel so gut wie möglich zu nutzen. Ob es die Melancholie des Protagonisten, seine Schaffensperiode und -krisen oder die Inszenierung der direkten und indirekten Musik, ist großartig gelungen. Ein wirklich sehr ordentlicher Film, der mich vielleicht noch mehr anspricht als andere, aber genau deswegen auch nicht loslassen konnte.
After This Death ist ein feinfühliges und etwas anderes Drama. Von der eigenen Rolle im Leben, über Liebe, Lust, Obsession, zu den Schritten nach vorne und der Frage nach dem Fatalismus.
Der Film dreht sich um Isabel, eine Argentinische Frau, die ihr Geld als Synchronsprecherin verdient. Sie gibt fremden Bildern und Personen eine Stimme. Sie ist schwanger und hat ein frei fließendes Leben. Bei einer Wanderung trifft sie auf den enigmatischen Elliot, dessen Schicksal bald mit ihrem verzwirbelt wird. Und ich muss sagen, dass ich die Beziehung der beiden sehr mochte. Sie haben beide eine sehr sonderbare Art, die sich irgendwie gut ergänzt. Ein ständiges Ziehen und Schieben, das funktioniert, weil sie sich später auch komplett offen zeigen. Auch die Beziehung mit ihrem Mann war interessant , von einer Zweigleisigkeit, die akzeptiert wird, welche dann aber an einem Ereignis zu brechen scheint.
Einer der Hauptaspekte des Filmes dreht sich um die Band. Ein Projekt, das von zwei Brüdern aus dem Boden gestampft wurde, die nun an ihrem elften und letzten Album arbeiten. Mit einer kleinen aber sehr engagierten Fanbase, die, ähnlich wie Charles Manson in dem Song “Helter Skelter", irgendwelche Symbole und Aufträge erkennen. Das ganze wird toll dargestellt durch den Hunchback in der Höhle oder das Konzert, das Isabel erst mal recht kalt lässt. Manchmal braucht man etwas mehr Fantasie oder zumindest Kontext, um Dinge zu erkennen. Ob sie dann vorhanden sind, ist eine andere Sache. Vor allem, wenn klar wird, wer das Schild aufgehängt hat. Und wie es sich für einen richtigen Kult gehört, folgen sie absolut ihren Führer, auch wenn dieser keiner sein möchte. Sie denken, dass sie eine tiefere Wahrheit entdeckt haben, die sie von anderen unterscheidet. Mit Worten und Gesten, die für sie stehen. Aus Zufällen werden Zeichen und wenn man sie selbst erschaffen muss. Die Blumen am Fenster, die einem Cover entsprechen. Die Pfeffermühle, die bei seinem ersten Besuch heruntergefallen ist und nun auch in der neuen Wohnung ohne Grund in Scherben liegt. Und den Umstand des Verschwindens, der für sie als absoluter Beweis gilt. Dabei kann man als Zuschauer auch schwer unterscheiden zwischen dem, was wahr ist oder sich im Wahn gerade zusammensetzt. Aus einer persönlichen Geschichte über ihre Mutter wird ein weiterer Beweis, der zu dem logischen Ziel führt, bei dem unsere Protagonistin abermals als Stimme für fremde Bilder herhalten muss.
Handwerklich ist der Film sehr gut. Die Schauspieler machen ein fantastischen Job um die vielschichtigen Charaktere zum Leben zu erwecken. Die Geschichte ist auch alles andere als Standardware mit einem Gefühl des Kontrollverlustes. Ich mag auch sehr die verschiedenen Orte, an denen der Film spielt, die allesamt etwas sehr Organisches an sich haben. Der Film spielt nicht nur inmitten des Blättermeers sondern das Blättermeer spiegelt auch etwas tiefes wieder. Der Soundtrack fand ich auch sehr gut gelungen… bis auf die Songs der Band, die allesamt… Geschmackssache sind.
Wrath of Man ist ein Remake des französischen Originals aus dem Jahr 2004. Ich hab das Original nicht gesehen und kann deswegen nur über die Guy Ritchie Version sprechen.
Etwas, das mich beim Anschauen verwirrt hat, war die Struktur des Filmes. Man erwartet zu Beginn einen relativ geradlinigen Film, der dann plötzlich von einer Rückblende unterbrochen wird. Einer Rückblende, die einfach nicht aufhören möchte. Die Kapitel sind keine schnöde Worte, sondern Programm. Sobald einem das klar ist, kann man sich viel besser auf das Erlebnis einlassen. Und statt zu gähnen, wenn man denselben Heist nochmal sieht, saugt man gierig die neuen Informationen auf. Aber nichtsdestotrotz hat der Film für mich darunter gelitten, allen voran am Pacing. Ich bin mir nicht sicher, ob eine klassische Herangehensweise vielleicht sogar besser funktioniert hätte. Man merkt ja gleich das, was mit Mr. Statham nicht stimmt und er mehr ist als er vorzugeben scheint. So war die Entschleierung seiner Rolle jetzt nicht besonders überraschend, aber nichtsdestotrotz gelungen. Er strahlt eine wirkliche Kälte und Kalkül aus, die sich auch auf seine Untergebenen ausweitet. Ein Team von Pros, wie man sie aus Heat oder Ähnlichem kennt. Wenn einem auch klar wird, warum er bei der Schießprüfung dort hinschießt, wo er es tut, war dann doch ganz nett, aber vielleicht nicht diese Struktur wert. Dagegen wurde der dritte Part, der Söldner, die sich etwas dazuverdienen wollen, ausgezeichnet inszeniert. Und hier hat das Einsetzen der Puzzleteile auch besser funktioniert. Vor allem die Frage um den Insider bleibt wirklich bis zur Enthüllung spannend. Und der letzte Heist zieht auch richtig gut.
Ich glaub ich hätte es aber auch nett gefunden, wenn der Film an manchen Stellen nicht so übertreibt oder alles etwas runterdreht. Der Auto-Aim von Statham war schon etwas viel, genauso auch die kugelsicheren Typen. Wahrscheinlich ist das zu einem gewissen Grad auch möglich, aber mir persönlich haben sie den Bogen etwas überspannt.
Handwerklich ist er sehr ordentlich. Die Action ist toll in Szene gesetzt und hat auch mächtig Wumms. Ich mag auch die Inszenierung des Heists, den man mehrmals sieht. Das erste Mal nur mit einer statischen Kamera, die einem nicht alles zeigen möchte, vor allem mit der klaren visuellen Abtrennung im Truck, die auch noch öfters genutzt wird. Ich mag auch, dass sie sich genügend Zeit für die wichtigsten Szenen nehmen. Nur an der Struktur habe ich zu meckern, da gerade auch die Zeitlichkeit oftmals nicht sehr klar ist. Aber es ist nichtsdestotrotz ein unterhaltsamer Actionfilm, den man sich mal anschauen kann.
The Brutalist ist der neueste Streich von Brady Corbet, der mich mit Vox Lux schon überzeugt hat. Ein 3 ½ Stunden Epos über die Invertierung des amerikanischen Traums und des grausamen Traumas der Juden.
László Tóth ist ein ehemaliger Architekt, der vor dem Grauen in Europa nach Amerika flüchtete. Von einem berühmten Architekt in Europa zu einem einfachen Flüchtling, der irgendwie versucht, sich über Wasser zu halten und seine Familie nach Amerika zu retten. Von einem gefeierten Künstler mit Beton und Stahl zu jemanden, der in einem Lager schläft und Möbel verkauft. So freut man sich, wenn er endlich sein Talent zeigen kann. Er nimmt sogar einen Mann, den er in der Suppenküche kennengelernt hat, unter seine Fittiche. Eine Freundschaft, die auch weiter geht, nachdem er aufgrund einer Laune seines Auftraggebers wieder vor dem Nichts steht. Nicht nur als Protagonist, sondern auch als Mensch fühlt man mit ihm mit. So freut man sich abermals, wenn endlich sein Talent anerkannt und ihm mit seiner Familie geholfen wird. Auf Kosten und Prestige eines Superreichen soll er ein modernes und gigantisches Projekt übernehmen. In einem ständigen Kampf mit den Regulationen, dem Budget und Gefahren, die mit so einem Unternehmen einhergehen. Es gibt auch eine schier unüberwindbare Kluft zwischen den Aussenseiter der ferne und den “alt” eingesessesen Amerikanern. Eine konflikt für den László auch bereit ist zu zahlen, wenn er zum Beispiel einen Teil seines Honorars für die Verwirklichung seiner Vision hergibt.
Daneben steht Harrison Lee Van Buren. Ein reicher Geschäftsmann, der die Welt so formt wie er möchte. Für den sein Vermächtnis und der Familienname gerade das Wichtigste ist, und dabei seine Wurzeln verabscheut. Die Dynamik zwischen László und Harrison ist faszinierend. Der Harrison ist wirklich verzaubert von dem Talent des ungarischen Architekts. Die Faszination ist dabei sehr einseitig, aber László erfreut sich endlich das tun zu können, was er am besten kann. Und er versteht auch, was es mit sich bringt, in die Welt eines so egozentristischen Menschen einzutreten. Natürlich braucht das Gemeindezentrum keinen Pool, weil Harrison ja nicht schwimmen kann. Was für eine dumme Frage! Allein, wie sehr sie von den Launen anderer abhängig sind und sich auch damit zurechtfinden, wenn sie wieder vor dem Nichts stehen. In einer wirklich schönen Szene, in der die beiden Männer nach Italien gehen, um sich einen Marmor für den Altar herauszusuchen. Ein Treffen von verwundeten Seelen, das bei Harrison nur zu einem Monolog und einer grausamen Tat führt, für die er niemals irgendwelche Konsequenzen erwartet. Ein ständiger Konflikt und klares Klassenbewusstsein mit dem Unterschied in Talent und Geld. Mit einem getragenen Trauma von Krieg und Verfolgung, das man niemals sieht, aber ständig spürt. Das führt dann auch zu einem sehr einprägsamen Epilog, der viel sagt, was während des Filmes verschwiegen wurde.
Filmisch ist “The Brutalist” toll. Man hat eine großartige Kamera, einen tollen Soundtrack und die Schauspieler machen auch allesamt einen großartigen Job. Auch wenn es mir etwas sauer aufstößt, dass sie AI nutzten, um Adrien Brodys Akzent etwas zu frisieren. Guy Pearce spielt den quasi Bösewicht mit einem großartigen Gefühl von Gravitas und Präsenz. Aber am besten hat mir eindeutig Felicity Jones als die Frau von László gefallen. Erzsébet und die verstummte Zsófia bringen eine wirklich tolle und interessante Dynamik mit sich. Und Erzsébet ist auch eine so clevere und starke Frau, dass man versteht, warum er so lange auf sie gewartet hat. Die Atmosphäre, die der Film aufbaut, ist auch richtig stark. Mit der Kamera so nah an László, dass man kaum versteht, wo er ist und was er macht, bis man die Freiheitsstatue verkehrt herum sieht und die Freude der Leute verstehen kann. Von dem Zugunfall, der mit einer tollen Abstand und Rot aufflackern den Wolken das Gefühl des Chaos gibt.
An sich ist The Brutalist ein wirklich toller Film, der auch etwas erzählen möchte und sich die Zeit dafür nimmt. Aber leider hat er mir persönlich nicht so gefallen. Ich bin kein Fan von Brutalistischer Architektur und fand auch die Bibliothek, die er gebaut hat, leer von jeglichen Charm. Es fühlt sich wie ein zu hohes Büro an, bei dem man unzählige Aktenordner hinter der Wand versteckt, mit einer sonderbaren Liege, die nicht wirklich einladend, sondern eher wie ein Kunstwerk wirkt. Statt einer Zelebrierung der Bücher und der Geschichte, die in ihnen steckt, wird der Raum kahl gemacht. So geht es mir auch mit den Gebäuden, die er baut. Ich liebe, dass das Gemeindezentrum mich an Tarkowskis Stalker erinnert, aber da hört es schon auf. Es wird auch nur minimal besser mit dem Kontext des Epilogs. Kunst und auch Architektur sollen etwas in einem auslösen. Gerade auch hier soll es den Abgrund darstellen, der irgendwann zurückschaut. Aber ich habe nichts dabei empfunden, oder wenn, dann war ich eher genervt. Das ist aber Geschmackssache und muss nicht bei jedem so sein. Und es nervt mich, dass es mir nicht gefällt. Ich würde gerne auf dem Dach stehen und Lobeshymnen für den Film singen. Aber hier hat es mich einfach nicht ergriffen.
The Brutalist ist ein beeindruckendes Werk. Eine feinfühlige und opake Erörterung von Trauma, Talent, Geld, das mich leider nicht so ergriffen hat, wie ich es erhofft hatte. Der aber filmisch objektiv etwas Besonderes ist.
Meet Cute wirkt oberflächlich wie eine normale Rom-Com mit den Twists der Zeitreise. Aber Meet Cute ist vielmehr eine Erörterung von Depressionen, Daseins müdigkeit und das panische Klammern an ein kleines bisschen Hoffnung. Die Review enthält Spoiler!
Sheila hat nur Augen für Gary. Nach kurzem Ansporn des Bartenders fängt sie an mit ihm zu sprechen. Und es läuft eigentlich ganz gut. Beim gemeinsamen Essen eröffnet sie ihm, das es nicht ihr erstes Date ist, da sie in einem Nagelstudio eine Zeitmaschine entdeckt hat. Gary belächelt das erstmal, aber gegen Ende ihres Dates wird sie immer sonderbarer. Und dann fängt es von vorne an. Täglich Grüßt das Murmeltier oder Spring Break schießen einem sofort in den Kopf. Aber die Vergleiche hinken etwas, da die Protagonisten dort nicht so obsessiv und klar psychisch am Ende sind. Am selben Tag wollte sich Sheila eigentlich umbringen und hat dann nur durch Zufall die Zeitmaschine und Gary entdeckt und dabei ihr Glück gefunden. Ein scheinbar (fast) Opferloses "Verbrechen", bei dem Gary sie jedes Mal aufs Neue kennenlernen kann, und Sheila diesen perfekten Abend niemals loslassen muss.
Und Gary muss eine ziemlich heftige Rot-Grün-Schwäche haben, anders kann ich mir nicht erklären, wie er all diese Red Flags verpasst hat. Sie hat schon eine charmante Art, die aber sehr schnell in etwas Düsteres übergeht. Sie fühlt sich gehört, hört ihm liebend gerne zu und mag in einer Situation zu sein, in der sie die Kontrolle hat. Aber die zermürbende Realität scheint auch immer wieder strahlend durch. So führt sie Gary immer wieder zu dem Ort, an dem sie sich umbringen wollte. Aber so sehr sie auch möchte, kann sie sich nicht an ihn binden. Es kann einem nicht besonders gut gehen, wenn man routine mäßig jeden Tag mit externen Suizid beginnt. Und auch wenn ihr Herz höher flattert, setzt auch hier irgendwann einmal Gewöhnung ein. Da sie genügend über ihre Traumata geredet haben, weiß sie genau wo sie ansetzen muss und gibt ihm eine zweite Chance als Uncle Charlie. Doch wer hätte gedacht, dass jemand, der panische Angst vor Veränderung hat, nicht zufrieden mit dem neuen Gary ist und dann auf Reset drückt. Gary, der diesmal ihre Geschichte abkauft, versucht selbst die Dinge richtig zu biegen. Eine selbsterfüllende Prophezeiung, die leider nichts verändert. Mit einer Lüge und einer netten Interpretation der Geschichte von Orpheus und Eurydice finden die beiden dann doch einen Weg nach vorne. Dabei habe ich es so interpretiert, dass sie nicht zwingend zusammen kommen, sondern es ihr einfach die Möglichkeit Geschenkt hat, aus der Statis zu erwachen und tatsächlich einen Schritt nach vorne zu wagen. Und gerade für Menschen, die unter Depression leiden, ist dieser oberflächlich einfache Schritt, in den nächsten Tag zu gehen, eine Mammutaufgabe, die Respekt verdient.
Der Film hat kleinere Schwächen. Das Pacing zieht nicht immer, die Geschichte ist von Natur aus heftig und teilweise schwer verdaulich. Es wird auch sehr viel “Tell Don’t Show” abgeliefert, wovon ich eigentlich kein Fan bin. Aber all diese Kleinigkeiten sind am Ende dann doch nicht mehr wichtig, weil das ganze so schön zusammenkommt. Auch Tage danach muss ich immer wieder daran denken. An die faszinierende Prämisse und wie gut sie diese umgesetzt haben. Die Geschichte ist sehr nachdenklich und zärtlich inszeniert mit viel empathie für die Charaktere, egal wie verrückt sie auch anmuten. Ich mag auch, dass die Zeitreise tatsächlich nicht der Kernpunkt des Filmes ist, sondern ein Device, um die Geschichte zu erzählen. Von Obsession und Depression. Davon, dass man jeden Tag aufwacht, ohne einen Funken Hoffnung, ohne Freude und Motivation. Den fanatischen Klammern an das bisschen Hoffnung, das sich dann doch aufgetan hat. Wie schlecht es Sheila geht, wird auch toll bei Gary seiner Zeitreise erörtert. Dort lernt er sie als Kind kennen, die verzweifelt versucht, eine Form zu erzwingen und somit immer weiter etwas Falsches probiert, um zu einem richtigen Ergebnis zu kommen.
Handwerklich ist der Film in Ordnung. Wie bereits gesagt, der Film zieht sich manchmal etwas und ist auch inszenatorisch keine Offenbarung. Eine Romcom eben. Aber das Drehbuch ist gut und die zwei Hauptdarsteller haben eine schöne Chemie zueinander. Gerade Kaley Cuoco hat mich mit ihrem sehr vielschichtigen Schauspiel wirklich überzeugt. Sie hatte kein Problem, den Bogen auch mal zu überspannen. Die Obsession und die Verzweiflung dahinter ist auch toll dargestellt. Wenn man so wie ich die Prämisse gelesen und Blut geleckt hat, kann man den Film schon empfehlen. Er ist sicherlich nicht für jeden etwas, aber er hat bei mir einen tieferen Eindruck hinterlassen, als ich anfangs angenommen habe.
Companion ist eine richtige Überraschung. Ein Film, der sich ein interessantes Konzept vornimmt und im kleinen aber perfekten Rahmen erörtert. Eine Geschichte mit vielen interessanten und passenden Twists und einem kurzen Blick in eine vielleicht nicht allzu ferne Zukunft. Mit einem Mix aus Humor, Spannung und Gewaltexzess.
Der Film beginnt, wie viele andere Filme in letzter Zeit, mitten im Nirgendwo, in der Villa einer reichen Person. Schon lustig, früher war es einfach nur eine verfallene Hütte, heutzutage sind die Ansprüche scheinbar höher. Und wie bei ‘Bodies Bodies Bodies’ oder ‘Blink Twice’ folgt man einer gewissen Außenseiterin in der neuen Situation. Dass etwas nicht stimmt, merkt man schnell. Man bedankt sich höflich beim Auto, trägt den Spitzname Beep Boop und kommt mit perfektem Make Up aus der Dusche. Manche Formulierungen sind auch sonderbar: “I wasn’t built that way.” Und nach einem kurzen Abstecher an den See wird auch schnell klar, was los ist. Iris ist kein Mensch, Iris ist ein… Fuckbot ist so ein harscher Ausdruck… ein elektronischer Escort. Eine Wahrheit, die toll entschleiert wird. Mit der Erkenntnis, dass alles in ihrem Leben eine Lüge ist. Die Liebe ihres Lebens, den sie damals beim Shoppen kennengelernt hatte, war quasi nur ein Meet Cute. Und das alles bis hier ein abgekartetes Spiel war. Er hat sie gejailbreaked und an ihren Parametern rumgepfuscht. Ein perfider Plan, der sie als Bauernopfer ansieht, um den stylischen und exzentrischen Sergey auszurauben (sorry, aber die Kombination des Bartes und des Mullets ist pures Gold). Doch in einem Moment der Schwäche kann sie sich befreien, mit ihrem Schicksal und Leben in ihrer/seinem Hand/y.
Ab hier geht es richtig los! Der Film spielt wunderbar mit dem Konzept einer KI, die sich aus der Situation befreien möchte. Es werden all die netten Konzepte und Regeln um die Companions aufgebaut, die später relevant werden. Den Intelligenzgrad, die Stimme, die Sprache und die vorprogrammierten Meet Cutes. Ich liebe es, dass es in dieser Welt ‘Meet Cute Designer’ gibt, die immer wieder mit neuen Konzepten des Verliebens auftischen müssen. Sie sind herrlich cheesy und der Film macht auch keinen Hehl daraus. Im Allgemeinen ist der Humor des Filmes wirklich gut gelungen. Der Film nimmt sich niemals zu ernst, klatscht einem aber dann mit der brutalen Realität immer wieder ins Gesicht. Die Dynamiken zwischen den Charakteren sind auch herrlich. Ob es der vorschnelle Josh ist, die egozentrische Kat, der aufgedrehte und eigentlich eher passive Eli und sein T1000 Partner Patrick. Bei dem der die Intelligenz oder Aggression auf 100% gedreht, Pläne geschmiedet und in der Panik zu deutsch gegriffen wird. Ich mag auch den Wandel zu einer ehrlichen Erörterung über missbräuchliche Beziehungen, wofür man kein Roboter sein muss.
Die Welt fühlt sich auch einfach glaubhaft an. Mit all den verschiedenen Möglichkeiten und Limitation der Roboter und der einfachen Realität, dass die meisten Leute zu faul sind ein User Agreement zu lesen. Über auch so nette Details, dass zum Beispiel die Companions nur aus einem Auge weinen können, da man damit den Punkt gut genug rüberbringen kann, ohne Ressourcen zu verschwenden. Es ergibt auch Sinn, warum es diese in dieser Welt gibt. Die Art und Weise, wie Josh Iris bekommen hat und alles um herum aufgebaut wird, ist sehr sehr creepy. Ein Incel Traum! Bei der Frage, ob sie weiß dass sie weiß das sie ein Roboter ist, bekommt er die Antwort: “She’ll be so fixated on you, your wants, your needs, that’ll never occur to her”. Auch die Bezeichnung docile fand ich dann echt hart. Wer möchte denn sowas? Scheinbar genügend Leute. Und gut das es dann den Verlauf nimmt, den es hier nimmt. Es wird auch eine klare Unterscheidung gemacht, sobald sie in den Schlaf geschickt werden. Der Körper ist erschlafft, die weiße Augen blicken ins nichts. Und ich mag auch das Design der Roboter, da sie quasi einem Schönheitsideal entsprechen, aber die Uncanny Valley mit kleinen Makel überspringt. Und den Techniker, die keine Sekunde auf Josh sein Laienschauspiel hereinfallen, aber dann doch von den älteren Modellen überrascht wird. Companion hat ein wirklich ordentliches Drehbuch, das durch die tolle Inszenierung wirklich glänzen kann. Ein Film, der nichts Revolutionäres macht, aber in dem, was es sich vornimmt, brilliert.
Ich persönlich bin gar kein Fan von Steven Soderbergh. Die Ocean's Filme sind auf jeden Fall unterhaltsam. Aber Filme wie “Solaris”, “Unsane” und ein sehr räudiger Schnitt des brillanten Films “Keane” von Lodge Kerrigan lassen bei mir eher Skepsis aufkochen, als volle Begeisterung. Was schade ist, denn immerhin probiert er immer mal wieder neue Sachen aus oder sucht sich interessante Prämissen heraus. Ein Film komplett aus der Perspektive eines Geistes. Eine tolle Idee, die mir persönlich aber in der Inszenierung nicht weit genug gegangen ist. Ein typisches Beispiel von seinen Ideen, die dann aber an dem schludrigem Handwerk und Erzählung zerschellt.
Ein Grund, warum ich mich so auf den Film gefreut habe, ist, dass ich absolut vernarrt in das Found Footage Genre bin, was hier zwar nicht zu 100% passt, aber im Kern die gleichen Herausforderungen und Vorteile bietet. Alles, was man als Zuschauer sieht, ist aus einer speziellen Perspektive. Eine Perspektive die auch innerdiegetisch vorhanden ist. Das bedeutet aber auch, das man sich viel mehr mühe geben muss. Man kann nicht einfach nur schöne Shots erstellen und diese hängen lassen. Nein, jeder Shot, jeder Schwenk der Kamera und jede Bewegung muss sinnig und stimmig sein. Man folgt einem Wesen mit einer speziellen Sichtweise und somit hat alles, was gezeigt und nicht gezeigt wird, eine Relevanz. Und, etwas, das ich auch wichtig finde, ist die Zeitlichkeit der Bilder. Wenn man den ganzen Tag eine Kamera laufen lässt, ist wahrscheinlich das meiste Bildmaterial nicht sehr spannend. Aber das gehört nunmal dazu. Das macht das Genre so spannend und gibt dem Film ein gefühl von Authentizität. Das wichtige dabei ist, das alles wirklich (und ich meine WIRKLICH) gut durchdacht sein muss, da sonst das Konzept schnell auseinanderfällt. Dabei muss ich aber auch zugeben, das ich da schon sehr genau hinschaue und das nicht bei jedem so wichtig ist.
Dementsprechend besteht jede Szene nur aus einer zusammenhängenden Kamerafahrt. Es ist auch immer die gleiche, etwas schwebende Perspektive, die durch den unsichtbaren Äther watet. Wo bei mir das größere Problem liegt, ist der Schnitt. Bei Found Footage muss es Sinn machen, dass sie auf Record drücken oder die Kamera gerade läuft. Ein Schnitt ist eine bewusste Entscheidung, dass jemand die Kamera gestoppt und dann später wieder aufgenommen hat. Bei einem Geist ist es etwas anders. Wenn man sich voll der Prämisse verschreibt, sollte es eigentlich gar keine Cuts geben. Das heißt nicht, dass alles am Stück ablaufen muss, die Zeitlichkeit kann ja auch sonderbar sein, aber dann wünsch ich mir sowas wie in Birdman, das einem vorgaukelt, dass der Film keinen einzigen Schnitt beinhaltet. Stattdessen wird sich hier entschieden, hart zu cutten. In der Perspektive bedeutet das für uns als Zuschauer, dass auch das Bewusstsein des Geistes hier einen Cut macht. Und auch wenn ich es toll finde das der Film sich dieser Perspektive verschreibt, hat er sich es mit den unzähligen Schnitten auch viel zu einfach gemacht. Man hätte auch die Zeit im Raffer verlaufen lassen können oder klar machen, das wenn sich der Geist bewegt, sich die Zeit drumherum auf sonderbare Weise mitbewegt. Die harten Cuts haben mich ständig aus der Erfahrung herausgezogen. Es gab auch ein paar Szenen die nur aus einer statischen Kameraeinstellung bestanden. Wenn man genau darauf achtet, sieht man, dass es immer noch Handheld ist, aber es hat das eigene Konzept und die schöne Fluidität, die sonst vorhanden war, kaputt gemacht. Hier kann man den Vergleich mit dem Film „A Ghost Story“ machen, der das Gefühl eindeutig besser hinbekommen hat. Und nebenbei auch eine interessantere Geschichte erzählt.
Es ist dann auch wichtig, was gezeigt wird. Die Perspektive der Kamera ist absolut und deswegen ist es wichtig, dass sie auch Sinn ergibt. Aber die Schnitte und Szenen wirken viel zu sehr gestellt. Ich würde mich nicht so beschweren, wenn sich der Film auch mal Momente vor oder nach dem Geschehen genommen hätte. Aber so wirkt der Film unnötig gehetzt, ohne einem ein interessantes Gefühl beim Anschauen zu geben. Im Grunde müsste der Geist ja die ganze Zeit wach und aufmerksam sein. Die Zeit sollte sich ewig ziehen, mit vor allem Belanglosigkeiten. Und ich meine jetzt nicht, dass man den Film damit füllen sollte, aber es hätte viel ausgemacht, dort etwas mehr Mühe reinzustecken. Ich habe gehofft, dass es auch darum in dem Film geht, die Ewigkeit der Zeit und das überwältigende Gefühl der Hilflosigkeit rüberzubringen. Dass sich Soderbergh nicht dafür entschieden hat, ist okay. Etwas schade, aber nicht schlimm. Aber es kommt gar kein Gefühl von Zeitlichkeit herüber. Warum braucht man einen Schnitt am selben Tag, nur 20 Minuten später? Warum werden einem manche Momente ausgiebig gezeigt und andere nicht? Warum gerade jetzt? Tatsächlich nimmt sich der Film einmal die Zeit, eine Szene länger zu halten, und das hat mir auch richtig gut gefallen, was all die anderen Szenen wie… Szenen angefühlt hat.
Ein weiteres Problem, was ich mit dem Konzept habe, ist, dass die Kräfte des Geistes nicht wirklich klar wird. Warum kann er in einer Szene Bücher hochheben, um dann in der anderen komplett machtlos zu sein? Es ergibt Sinn, dass er in der Wut das Zimmer zerstört oder das Regal aus der Wand runter reißt. Aber warum muss er dann an einer anderen Stelle am Tisch rütteln, um ein Glas loszuwerden, anstatt sie einfach zu nehmen. Warum kann der Geist zu beginnen so viel und ist dann am Ende quasi machtlos. Nochmal, wenn man sich so einer Prämisse verschreibt, muss alles passen. Natürlich können auch noch Mysterien vorherrschen, aber man sollte zumindest ein Gefühl der Kräfte haben. Etwas, was mir dann auch noch sehr sauer aufgestoßen ist, war die Musik. Das Konzept funktioniert am besten ohne jegliche Filmmusik. In vielen Szenen hat man gemerkt, dass die Szene alleine nicht das Gefühl rüberbringen konnte, und Soderbergh mit dem Soundtrack nachhelfen musste.
Das Drehbuch und die Schauspieler waren leider auch sehr durchwachsen. Man hat nur eine Handvoll Charaktere, die allesamt sehr platte Stereotypen sind. Gerade bei der Mutter und dem Bruder hätten sie gerne etwas mehr machen können. Die beiden waren durch und durch grauenhaft und haben keine Szene gehabt, in denen man sie in einem positiven Licht gesehen hätte. Es gibt noch ein Moment am Schluss, der ganz gut funktioniert, aber da ist es leider auch schon zu spät. Die Tochter war gut und verständlich zermürbt und der Vater als einziger in der Familie, dem scheinbar das Konzept Empathie ein begriff ist. Dazu der komisch blonde Typ und das Medium, das ich tatsächlich ganz cool fand. Ich mochte das sie wirklich dem Geist ins Gesicht schaut, das hat wirklich gut funktioniert. Und ich mag den Aspekt der Athazagoraphobie (die angst vergessen zu werden), ein Wort das ich hier zum ersten mal gehört habe und hoffentlich merken kann. Aber ich fand die Geschichte mit den zwielichtigen Geschäften etwas überzogen und am Ende auch ein ziemlicher roter Hering, was selten spaßig ist. Das hätte man auch besser machen können (Beispiel: Exhibit A). Genauso das Mysterium um die verstorbene beste Freundin. Ich wünschte mir einfach das sie sich eine weniger dramatische Geschichte herausgesucht hätten und mit mehr feingefühl an die Sache herangegangen wären. So war es viel zu Holzhammer mäßig und dementsprechend platt. Vor allem am Ende in einem Dialog, bei dem ich vor Fremdscham fast in den Boden versunken bin. Das gelaber von “Du bist in Kontrolle” war so dick aufgetragen und ging mir irgendwann echt auf die nerven. Aber dafür kann der Schauspieler nicht wirklich was, und das Drehbuch ist auch nur bedingt schuld. Die Direktion ist einfach furchtbar. Man hat das Gefühl man schaut von allen Szenen der ersten und einzigen Versuch an. Soderbergh ist wie ein Typ der gerne auf dicke Hose macht, der durch das MOMA schlendert, ein Bild sieht, und sagt “Das kann ich auch! Sogar besser!”. Aber nein, er beweist abermals, dass dies nicht der Fall ist. Ich mag, dass er Sachen probiert, aber ihm fehlt einfach das Feingefühl und das tiefere Verständnis, um aus den Filmen etwas wirklich besonderes herauszuholen. So ist es einfach nur ein Gimmick auf mittelmäßige Art und Weise umgesetzt.
Flight Risk ist der neueste Streich von Mel Gibson, der nach seinen letzten sehr ausgiebigen und dramatischen Filmen, scheinbar etwas kleines und handliches gesucht hat. Als Fan von Kammerspielen bin ich bei der Prämisse natürlich sofort dabei. Ein Krimineller muss in einer kleinen Propellermaschine überwiesen werden. Nur blöd wenn anstatt des Piloten ein Assassin die Maschine betritt. Aber statt einer spannenden Geschichte mit ständig wechselnden Dynamiken, bekommt man einen recht drögen inszenierten und nicht gut geschriebenen Thriller vorgesetzt, der aus irgendeinem Grund viel zu viel erzählen möchte und dabei quasi nichts erzählt.
Dabei hat der Film auch eine komödiantische Ader. Es gibt nichts traurigeres, als sich eine Cup Noodle in der Mikrowelle zu machen. Und auch so agiert Topher Grace als nerdiger Hacker und Crypto Bro, der selber nicht genau weiß in was er da reingeraten ist, als Comedic Reliefs für den Film. Dazu die Taffe US Marshal, gespielt von Michelle Dockery, die neben dem Gefangenentransport und ersten Flugstunden auch noch eine heikle Intrige aufdecken muss. Und Marky Mark als nicht sehr subtiler Killer, der klar etwas in dem Film versucht hat, das für mich niemals aufgegangen ist. Es ist halt Marky Mark. Und auch wenn er sich die Haare wie der BTK Killer schneidet, macht das noch lange kein guten Film. Vor allem wenn die Dynamik sich ständig im Kreis dreht. Drohungen, Kampf, Ausgeknockt, Drohungen, Kampf, Ausgeknockt und so weiter und so fort. Warum niemand mal sein Maul stopft oder sich einfach Kopfhörer aufsetzt, will sich mir nicht erschließen. Vor allem, weil das Gelaber von ihm alles andere als clever oder manipulativ ist. In einem Kammerspiel, was dieser Film klar sein möchte, ist das allerwichtigste die Charaktere und das Drehbuch. Normalerweise werden dabei die wenigen Charaktere aufs Tiefste durchleuchtet und durch ihre Worte und Taten gezeichnet. Dabei soll man ein Verständnis für die Charaktere bekommen oder einen interessanten Entwicklung beiwohnen. Hier versagt der Film einfach. Die Dynamik zwischen den drei ist von Anfang an klar und ändert sich im Verlauf auch kaum. Keiner wächst über sich hinaus. Und selbst in Szenen, die das andeuten sollen, verkacken sie es am Ende selbst noch. In einer Szene schüttet ein Charakter einem anderen das Herz aus. Er beginnt mit “It was all my fault” und endet mit “I did the right thing”. Wie bitte? Was meinst du damit? So schreibt man doch keinen Monolog! Auch die Geschichte mit der Intrige ist alles andere als gut erzählt. Es fühlt sich an, als ob man es dazu gefügt hat, sodass der Film auf dem Papier nach mehr aussieht als er ist. Aber es funktioniert einfach nicht! Vor allem weil man ja auch unsere US Marshal gar nicht kennt, geschweige denn die anderen, mit denen sie dann telefoniert. Flight Risk ist halt kein Guilty. Es hätte mehr Spannung und Geheimnisse zwischen den Charakteren geben müssen. Das sich wirklich innerhalb der 90 Minuten die Dynamiken so radikal ändern und man gebannt vor der Leinwand sitzt. Es ist einfach so, das keine der Storylines mich irgendwie gepackt hat. Von mir aus hätten sie auch am Anfang abstürzen können, dann hätte ich immerhin meine Zeit nicht verschwendet. Wobei… ich mochte Hasan. Er hat den Kernaspekt, das sichere landen und das Navigieren der Maschine, immer wieder gut vorangebracht und einfach eine sehr sympathischen und frechen Umgang mit der Protagonistin. Und eine Szene fand ich tatsächlich auch sehr gut. Ich sag nur Gurt, Chekhov's Flare Gun und einen Feuerlöscher, der nicht korrekt verwendet wurde.
Mein Beileid für jeden Piloten oder Luftfahrt interessiert, der sich diesen Film anschaut. Ich habe (bis auf ein paar Stunden Flight Simulator) keine Ahnung davon und musste mir ein paar mal mit der flachen Hand gegen den Kopf schlagen. Klar, zieht das Flugzeug nach einem Sturzflug einfach hoch. Ach, durch die Bergspitze fliegen tut auch nicht weh. Das bisschen Eis. Leider ist der Film auch auf handwerklicher Basis nicht besonders gut. Er macht oberflächlich alles richtig, aber das Ergebnis ist dann doch mehr als nur durchwachsen. Flight Risk ist leider ein sehr dröger und schlecht geschriebener Film, der sich trotz der relativ kurzen Laufzeit nicht wirklich lohnt.
Hundreds of Beavers ist ein wirklich besonderer Film, der angetrieben von wenigen Mitteln mit großartiger Kreativität nur so strotzt. Dazu hat er einen wunderschönen universellen Ansatz. Wenn man weiß worauf man sich einlässt, kann wirklich jeder mit dem Film Spaß haben. Ob mit Freunden, Fremden auf einem Filmfestival, der Lehrerin, die kurz vor den Ferien noch die Zeit überbrücken möchte, oder auch Menschen im Altersheim. Ein ulkig und clever gemachter Slapstick Komödie, die sich nicht hinter den großen Meistern des Genres verstecken muss. Es würde mich auch nicht wundern, wenn Hundreds of Beavers zu einem absoluten Kultfilm wird, mit ausverkauften Kinosälen und Leuten in Kostümen und gehäkelten Fischen.
Der Film dreht sich um unseren Held Jean Kayak, der ein sehr erfolgreiches Obstbrand Geschäft führt, bis ein paar Biber ihn mit einem geschickten Akt von Sabotage mittellos zurücklassen. Nun muss er langsam nach oben arbeiten. Und hier kann der Film sich etwas ziehen. Aber wenn man dabei bleibt, bekommt man ein fantastisches Gefühl einer Charakterentwicklung. Aus jedem Fehler lernt er. Ideen werden nicht gleich verworfen, nur weil es das eine mal nicht geklappt hat. Bis er es am Ende richtig drauf hat und das hochgesteckte Ziel von hunderten Bieber tatsächlich auch erreicht. Dabei trifft er ein liebliches und schelmisches Mädchen, ihr sehr aufmerksamer Vater, ein Veteran von dem er viel lernt und ein Bieber Sherlock und Holmes, die ihm irgendwann auf die Schliche kommt.
Ich bin auch ein großer Verfechter der Philosophie, dass Limitationen die Kreativität anregen. Und dieser Film ist dabei ein absolutes Paradebeispiel! Die ganze Produktion strotzt nur so vor Charm. Ob es die gehäkelten Fische sind, die ulkigen Kostüme, die effektiv eingesetzt werden und der Artstyle und die Inszenierung. Mit so großen Vorbildern wie Charlie Chaplin und Buster Keaton. Dabei werden die Stummfilm-Elemente nicht genommen, um künstlerisch zu wirken, sondern einfach weil sie funktionieren und man sich kaum dagegen wehren kann. Und die körperliche Komödie ist einfach großartig! Von Konzeptionellen lustigen Ideen bis zu quasi Jackass Artige Szenen, bei denen man versucht, mit einem Schlitten einen Hasen zu erlegen. Eine weitere, sehr klare Inspirationsquelle sind tatsächlich auch Videospiele. Der Artstyle erinnert etwas an mehrere Indie Titel, allen voran “Don’t Starve”. Und das fulminante Finale fühlt sich auch wie ein wahrgewordener Traum eines “Donkey Kong Country: Tropical Freeze” Fans an. “Hundreds of Beavers” ist auch sehr experimentierfreudig, mit Animationen, die direkt aus Monty Python stammen könnten. Wenn ein Plüsch Waschbär auseinander genommen wird, sind die Organe natürlich auch aus Plüsch. Der Film ist auch ein Vorzeigebeispiel, wenn es darum geht, die Erwartungen zu untergraben. So viele Szenen fangen auf eine Art an und enden dann komplett anders als erwartet. Und das hält der Film durchgehend! Es hilft auch, dass man im Verlauf des Filmes ein wirkliches Gefühl für die Welt bekommt. Nicht nur von den Örtlichkeiten und wie diese miteinander verbunden sind, sondern auch wie die Dynamiken zwischen den Tieren funktionieren.
Hundreds of Beavers ist ein wirkliches Kleinod, das heutzutage nicht mehr so gemacht wird. Mit geringen Mitteln (150.000$) ist den Filmemachern etwas wirklich Großartiges gelungen, welches auch eine gewisse Zeitlosigkeit mit sich bringt. Ich glaube, ich kann diesen Film wirklich jedem empfehlen. Greift eure Freunde, eure Cider und gehäkelte Fische und lasst euch auf ein super unterhaltsames Abenteuer ein.
The Whisper in Darkness ist in den ersten zwei Drittel eine der besten direkten Lovecraft Adaptionen, die leider im letzten Drittel abbaut.
Das erste, was einem bei dem Film auffällt, ist die Ästhetik. The Whisper in Darkness ist ein Passion-Projekt der H.P. Lovecraft Historical Society, die sich stark an den Horrorfilmen der 1930er orientiert. Das heißt, man bekommt süße Modelle, sehr theatralisches Schauspiel und heutzutage etwas ins Alter gekommene Special Effects. Aber das gibt dem Film auch einen besonderen Charme. Und mit einem geschätzten Budget von 50.000$ ist es eine brillante Idee, das Beste aus dem knappen Etat zu schlagen. Mit Dialogen, die direkt aus dem Original stammen und die Stimmung der Szenen gut einfangen.
In dem Film geht es um den Folklore Forscher Albert Wilmarth, der sich für eine Diskussion mit einem berühmten paranormalen Ermittler vorbereitet. Es gehen Gerüchte umher, von sonderbaren Wesen um Vermont. Eine lächerliche Prämisse, wie Wilmarth findet, der aber dann durch ein paar beeindruckende Beweisstücke seinen Vorbehalt irgendwann überdenkt. Er möchte sich selbst ein Bild von der Situation machen und muss dabei eingestehen, dass seine Ansicht vielleicht doch zu engstirnig war. Insektenartige Wesen, ein Kult aus dem fernen Asien und ein Ritual, das es zu verhindern gilt. Dabei sind die ersten zwei Drittel richtig gut gelungen. Sehr nah am Original wird die Novelle äußerst geschickt auf die Leinwand gezaubert. Doch sobald die Wahrheit hinter dem Bettlägerigen Akeley zu Tage kommt, ist die Originalgeschichte nach einer Flucht eigentlich vorbei. Aber der Film zieht die Mi-Go und einen Tunnel, der das Ende der Menschheit einläuten könnte, heran. Thematisch passend zu Lovecraft merkt man sehr schnell, dass in der Narrativ- und Inszenierung das Fundament fehlt. Am besten kann man es mit Game of Thrones vergleichen, die bei schon vorhandenen literarischen Vorlagen glänzte und dann im Endspurt heftig ins Straucheln geriet. Die Geschichte fühlt sich an wie eine überschwängliche Fan-Fiction, bei der der Autor etwas ins Straucheln gerät. Alle Dialoge und Handlungen ergeben Sinn. Aber da hätte man sehr gerne den Rotstift ansetzen können. Wilmerth ist leider eh nicht der hellste und es macht dann auch nur semi-Spaß, zwei Charaktere im Kreis drehen zuzusehen. So geht es auch weiter, wenn man jemanden versucht, sich ein Buch anzusehen und dieses mit immer wieder den gleichen Phrasen, und ein paar Schüssen abgeblockt wird. Und auf eine dritte Zusammenfassung im Schuppen hätte ich auch gerne verzichten können. Es fühlt sich alles einfach sehr kopflos an. Man hat eine grobe Idee, wohin es gehen soll, aber versteht die Schritte nicht wirklich. Schön dass die Idee mit dem geyeeteten Hirn funktioniert hat, aber es hätte auch ganz anders ausgehen können. Und die letzte Flucht, die klar an solche Filmklassiker wie King Kong erinnern soll, wirkte eher lächerlich und dröge. Dazu der erfolgreiche Wurf des Mädchens und das darauf folgende yoinken derselben. So nimmt der Film nicht nur innerdiegetisch einen Sturzflug hin, sondern auch metaphorisch. An sich ist die Geschichte mit den Mi-Go eine gute, aber die Weise wie es erzählt wird, ist leider sehr dröge und zerrt an dem eigentlich fantastischen Pacing des Films. Man merkt einfach das sich die Filmemacher dabei etwas verkünstelt haben und mit einer guten Vorlage auch wirklich gutes Leisten können, aber es dann an Erfahrung mangelt, die eigenen Sachen besser zu inszenieren.
Was der Film aber sehr gut hinbekommt, ist der Kosmische Horror. Die Geschichte der Wesen ist wirklich gruselig. Von den zirpenden Geräuschen, die sich dann irgendwie in den Kopf bohren und dort zu Bilder werden. Und auch das Bild des erlegten Insekts, das nur durch ein Stereoskop wirklich betrachtet werden kann, da sie so abstrakt und sonderbar sind. Ich mochte auch das Gespräch mit Akeley und die Mi-Go mit ihrem Hirnzylindern und sonderbaren Gerätschaften. Hier kommt das Gefühl des Größeren und Abstrakten sehr gut rüber. Auch schön gezeigt durch die sonderbare Leiter, die nicht für Menschen gedacht ist, aber auch von ihnen genutzt werden können.
Handwerklich ist der Film zum großen Teil richtig klasse. Das Gefühl des klassischen Hollywood Kinos zwischen Stummfilm und Talkies ist toll eingefangen. Sie nutzen die Mittel auch richtig gut. So kann man die klaren Modelle, etwas kargen Sets, Kostüme und das CGI am Ende auch liebend gerne verzeihen. Besonders gut haben mir tatsächlich die Schauspieler gefallen. Es ist alles etwas durchwachsen. Von Charakteren, die ihre Rolle viel zu ernst nehmen und anderen (looking at you Noyes), die auch sichtlich Spaß dabei haben, zu übertreiben. Besonders gut hat mir dabei Matt Foyer als Albert Wilmarth gefallen. Sein Schauspiel schlägt einen guten Spagat zwischen theatralisch und natürlich. Jede Geste und jede Zeile ist mit einem gewissen Pathos vorgetragen, was dem ganzen Film gut tut. Es ist alles etwas laienhaft, aber in sich kohärent, was so viel des Charms ausmacht. Das Pacing des Filmes ist auch, bis zum Übergang zur Fanfic, auch wirklich herausragend. Die ganzen Requisiten und das Design der Aliens und Geräte ist auch lobenswert. Gerade bei den Aliens mag ich auch, dass sie viel mit Schatten arbeiten. Aber auch wenn man sie sieht, haben sie was für sich.
The Whisper in Darkness kann man am besten mit Lovecraft meets Twilight Zone beschreiben. Eine sehr interessante Lovecraft Adaption, die man als Fan des Horror Autors auf jeden Fall nicht missen sollte. Ich wünschte nur, dass sie sich mehr Mühe für das letzte Drittel gegeben hätten. So hat man einen interessanten und coolen Film, der leider am Ende viel zu wünschen übrig lässt.
Mimic ist ein ziemlich klassischer Monsterfilm, der in ein paar Elementen brilliert, aber dabei nie wirklich großartig wird. Und wenn man sich ein bisschen über die Produktionsumstände liest weiß man auch warum. Mimic ist nicht der Film der Guillermo Del Toro machen wollte. Allein das Miramax Logo am Anfang sagt eigentlich schon alles. Scheinbar haben die Weinsteins ständig in der Produktion rumgepfuscht. Und das spürt man auch. So viele Szenen werden unnötig und wirklich ineffektiv von dem sehr mittelmäßigen Soundtrack gepusht, auch wenn es gar keinen Sinn macht. Und das zieht sich durch den ganzen Film. Die Geschichte und ihre Charaktere sind allesamt okay, aber nicht herausragend. Man merkt dem Film leider auch sein Alter an. Von dem Intro, zu der Cinematographie, dem sehr platten und drögen Soundtrack und den damals leider standardmäßigen, furchtbaren Action-Szenen.
Worin der Film aber besticht, ist das Creature Design und die praktischen Effekte. Die Käfer sehen schon echt eklig und gruselig aus. Die Idee mit der Maske ist auch großartig und funktioniert wunderbar. Auch die Erkenntnis, wie groß das Ganze ist, um so tiefer man in den Bau kriecht, war toll. Ich mag auch sehr die Szene am Anfang, wo Dr. Tyler den Kindern die Käfer näher bringen will und man so auch eine sehr geschickte Einführung in den Film bekommt. Wenn man in der großen Halle ankommt, erkennt man die Nester am Boden und die sonderbaren Dinge, die von der Decke hängen. Die Idee mit den Drüsen ist auch gut und wird auch widerlich eklig inszeniert. Mir hat auch der sonderbar verwinkelte Untergrund gefallen, auch wenn man sich irgendwann daran satt gesehen hat. Das Ende ist dann auch etwas zu einfach, mit dem einzigen männlichen Käfer und dem unglaublichen Abbiege Skillz von Dr. Tyler, während sie Chuy auf dem Gleis stehen gelassen hat. Chuy fand ich übrigens auch ganz nett. Vor allem mit dem Titel des Filmes. Das die Kreaturen vor allem aus ihrer Nachahmung Fähigkeiten zehren und deshalb Chuy mit seinen Löffeln sehr gut dazu passt. Und auch wenn der Film dazwischen etwas an Fahrt abbaut, die Explosion am Ende war dann doch spaßig.
Wenn man auf Monsterfilme steht und Mimic noch nicht gesehen hat, kann man das auf jeden Fall machen. Aber leider ist der Film nicht besonders gut gealtert und war damals auch schon eher Mittelmaß.
A Real Pain ist ein richtiges Kleinod. Ein wunderschöner und sehr zärtlicher Film über Verlust, die Suche nach dem Sinn und das Leiden der jüdischen Bevölkerung unter dem NS-Regime. Bei dem es, auch wenn es vielleicht erst nicht ersichtlich ist, um die Suche und das Spüren nach echten Schmerz geht.
David und Benji sind Cousins, wobei sie so eine innige Vergangenheit und Beziehung haben, das man sie auch getrost als Brüder bezeichnen könnte. Und auch wenn sie nicht denselben Vater oder dieselbe Mutter haben, teilen sie sich doch ihre Großmutter. Und bei dieser Reise nach Warschau möchten sie nicht nur ihren jüdischen Wurzeln auf die Spur gehen, sondern auch das Geburtshaus der Großmutter aufsuchen, die vor kurzem gestorben ist. Sie treffen dabei auf eine illustre Gruppe von Weggefährten, die alle anderen Hintergründe und Motivationen haben, aber gemeinsam diese Reise erleben wollen. Dabei lernt man die zwei “Brüder” auch auf verschiedene Art und Weise kennen. David ist ein sehr neurotischer Typ. Statt einfach zu vertrauen, dass Benji den Termin nicht verschwitzen wird, ruft er lieber zig mal an, oftmals mit den Worten "Ignoriere, was ich davor gesagt habe”. Für ihn geht es hauptsächlich darum, für Benji da zu sein, auch wenn es manchmal schwer ist. Benji dagegen wartet schon seit Stunden auf den Flughafen. Statt zurückhaltend ist er eher forsch. Ein junger Mann mit einer schier unendlichen Quelle von Charm, die nicht nur die anderen Reisenden, sondern auch den Zuschauer in den Bann zieht.
Dabei entwickeln sich im Verlauf faszinierende Dynamiken zwischen Personen, die sich in sehr intensiven Szenen ab und an entladen. Ob es David ist, der komplett überfordert über die Geschichte Benjis redet und eine freundliche Schulter für sein Leid sucht, oder Benji, der mit seinen eigenen Gefühlen nicht zurecht kommt. Denn so energetisch Benji auch sein kann, so sehr kann er auch jegliche Energie aus dem Raum ziehen. Er erwartet sich von der Reise Epiphanien. Er möchte sich und die Leute um ihn herum bis an die Grenze pushen, um den gewünschten Gefühlen gerecht zu werden. So widert es ihn an, wenn er in der ersten Klasse sitzt, da seine Vorfahren leiden mussten, hat aber kein Problem schwarz zu fahren. Er hat das Gefühl die lasten der Vergangenheit zu tragen und wird frustriert wenn er spürt das es nicht so ist. Dabei ist er auch ein begnadeter Demagoge, der auch in der Panik die richtigen Argumente trifft. Natürlich ist es nicht James seine Schuld das er keine Vorfahren aus Polen hat, aber ihn deswegen so anzufahren ist auch nicht korrekt. Und auch wenn es stimmt das sie mit keiner einzigen Polnischen Person geredet haben, liegt das vor allem auch an Benji selbst. Aber es fällt eben leichter um sich zu schlagen, anstatt die Leere wahrzunehmen. Ich verstehe auch die innige Beziehung die er mit seiner Großmutter hatte, einer der Aspekte welche die zwei wirklich verbindet. Und der zermürbenden Depression, für die er auf dieser Reise immerhin einen Sinn finden wollte. Er braucht eine volle Dosis menschlicher Grausamkeit um sein eigenes Leid ausdrücken zu können. Das alles funktioniert natürlich nur bedingt. Genauso das Haus der Großmutter, das dann viel unscheinbarer und belangloser wirkt. Selbst die nette Geste des Stein legens wird dann von den neugierigen Nachbarn zunichte gemacht. Und so kommen sie dann wieder in New York an, für immer verändert von der Reise, doch nicht in allen Aspekten die sie sich gewünscht haben.
Handwerklich ist der Film sehr kompetent. Die Cinematographie ist toll, der Schnitt passt sich wunderbar den Dynamiken an. Man bekommt ein wirklich tolles Bild von Polen und der Reise. Ich finde es ist sehr schwer einen guten Umgang mit dem Holocaust und Konzentrationslagern (spätestens seit dem Schimpftirade von Michael Haneke) zu finden. Und meiner Meinung nach ist Jesse Eisenberg fantastisch gelungen. Wie auch James schon davor sagt, sprechen die Bilder für sich. Die unsägliche Grausamkeit kommt gut zur Geltung mit der Neutralität der Bilder. Ich fand auch die Auswahl an Chopin Stücken und andere Musik von polnischen Musiker ist gut gewählt und richtig toll eingesetzt. Es gibt dem Film auch noch eine extra Portion Charm, auch wenn er das eigentlich gar nicht braucht. Das Wichtigste bei diesem Film ist das Drehbuch und allen voran die Schauspieler. Auf dieser Ebene brilliert der Film. Man will keine Sekunde des Films verpassen. Nicht weil die Geschichte so unfassbar spannend ist, sondern weil die Dialoge so gut sind. Auch die ständig schwankenden Dynamiken und der Wechsel von einer entspannten zu einer schier zerreisenden Atmosphäre ist großartig. Und alle Schauspieler machen einen richtig guten Job. Aber besonders hervorheben muss man Kieran Culkin. Seine Rolle ist der in Succession schon recht ähnlich, aber auch dort war er einfach nur großartig. Er kann so charmant sein und dann wieder so grobschlächtig. Es ist ein Fest!
Upgrade ist ein überraschend cooler SciFi-Cyberpunk Film, der nicht nur mit frischen und guten Ideen daherkommt, sondern auch filmisch ein paar interessante Kniffe hat.
Man folgt unserem Protagonisten Grey, der in einer sich ständig technologisch weiterentwickelten Zukunft gerne old school bleibt. Statt mit den automatisch fahrenden, persönlichen Taxis, liebt er es, alte Autos wieder auf Vordermann zu bringen. Und auch wenn es scheinbar gang und gäbe ist, sich das Leben mit technologischen Implantaten leichter zu machen, ist er noch frei von alledem. Bis er nach einem überraschenden Unfall und Überfall nicht nur seine Frau verliert, sondern auch Hals abwärts Querschnittsgelähmt wird. Durch einen Bekannten, für den er auch immer mal wieder an Autos werkelt, bekommt er einen neue Chance. STEM, ein kleiner Mikrochip, der ihm wieder die Möglichkeit zu gehen geben soll. Bei der Frage, was es alles kann, kommt die simple Antwort: alles! Und plötzlich beginnt STEM mit ihm zu reden.
Dann legt der Film endlich richtig los. Die Einführung zieht sich etwas, ist aber auch dringend nötig für die sehr gut emotionalen Post Unfall Szenen. Grey ist nicht zufrieden damit, seine motorischen Fähigkeiten zurück zu haben. Schnell entwickelt sich der Film zu einer Art Buddy Cop Movie mit Grey und STEM. Er muss herausfinden, wer hinter dem Anschlag steckt, um dann möglicherweise Rache ausüben zu können. Das möglicherweise wird dann auch schnell gestrichen, als STEM die Befehle von Grey etwas zu wörtlich nimmt. Denn ähnlich wie in den Matrix Filmen, hat auch Grey plötzlich übermenschliche Kräfte und Reaktionsgeschwindigkeit, mit einem unfassbaren Rechner, der jede Bewegung und Schlag aufs Genaueste berechnet. So kommt er des Rätsels Lösung und den sonderbaren Cyberpunk Typen immer näher. Grey ist mit der Situation, die immer weiter aus dem Ruder gerät, überfordert. Doch er genießt auch die Superkräfte, die er durch STEM bekommen hat. Er hat sichtlich Spaß die Leute immer weiter zu pushen und dann auch mit gnadenloser Gewalt zu malträtieren. Der Gewaltgrad ist für den Film fantastisch gewählt. Sehr explizit, aber nie verweilen. Es gibt den Szenen eine richtige Durchschlagskraft, ohne es dabei zu übertreiben. So arbeitet er sich immer weiter voran, mit einer Polizistin, die ihm langsam misstraut, bis zum Finale, das einem einen wirklich tollen Twists auftischt, der im Kontext des Ganzen viel Sinn ergibt.
Die Geschichte ist interessant und es bietet einem ständig etwas Neues. Der Plotpunkt mit der Polizistin zerrt etwas am Pacing, macht aber dafür das Ende so viel besser. Der Film ist auch viel mehr Cyberpunk als ich es am Anfang erwartet hätte. Eine tolle Geschichte über Transhumanismus, in der Form einer sich immer weiter brodelnden Revolution (eine Evolution, die plötzlich stattfindet). Von Schusswaffen, die in die Arme verbaut sind, zu sonderbaren Scannern, die man in die Augen einführt, zu kleinen Nanomaschinen, die den gegenüber in null komma nichts ausschalten können. Nur noch mit dem sehr tollen Zusatz der AI, die gerade in Zeiten von Chat GPT, GROK und Deep Think genau ins Schwarze trifft. Zu Beginn lässt er nur ein paar Sachen von STEM erledigen. Vor allem Dinge, die ihm selbst nicht möglich wären. Aber man sieht, wie einfach und effektiv das ganze ist. Das geht dann soweit, dass man das Gefühl hat, dass er am besten fahren würde, wenn er die Kontrolle abgeben würde. Wobei das Verb fahren hier nicht zu 100% korrekt ist, da STEM bei einer Verfolgungsjagd mit Autos Grey wieder die Kontrolle übergibt. Aber auch so lustige Kleinigkeiten, wie dass er als Drucker funktionieren kann, wenn man ihm einen Stift in die Hand drückt. Aber auch die anderen Technologischen Spielereien sind nett. Ob es die VR Junkies sind, die gar nicht mehr in die Realität zurückkehren möchten. Oder irgendwelche (aus HCI Sicht schrecklich designte) Monitore auf der Arbeitsfläche. Zu den Hackern, die sich in irgendwelchen Ruinen niederlassen, um zwischen den Zeilen zu leben. Was ich auch noch lustig fand, waren die persönlichen Taxis. Wenn man es heute sieht, muss man sofort an die fürchterlichen Cybertrucks von Tesla denken, nur dass dieser Film VOR der offiziellen Ankündigung des polygonarmen Fahrzeuges herauskam. Logan Marshall Green (bei dem ich mehrmals schauen musste, ob es nicht doch Tom Hardy oder Cosmo Jarvis ist) spielt die Rolle ausgezeichnet. Die steife Art und Weise, wie er sich bewegt, gibt dem ganzen ein richtig authentisches Gefühl. Und auch in den Kampfszenen wird richtig toll mit seiner Querschnittslähmung gespielt. So muss STEM auch mal den Kopf von Grey physisch drehen, da er keine Kontrolle über alles oberhalb der Schulter hat. Die Kampfszenen sind im Allgemeinen auch sehr gut gelungen. Nicht nur durch die Präzision und Brutalität, die dort an den Tag gelegt wird, auch wie der Raum oder Gegenstände genutzt werden, ist richtig unterhaltsam. Vor allem wenn Grey panisch mittendrin ist und quasi nichts machen kann. Jemand hatte sichtlich Spaß, sich all die Szenen auszumalen, um sie anschließend zum Leben zu erwecken. Ich mag aber auch die Limitationen, die STEM hat. So kann er zwar mit Grey über irgendwelche Vibrationen reden, aber er kann nicht in seinen Kopf schauen. Das lässt Raum für Missverständnisse und Geheimnisse. Ich mag auch die erste Szene mit STEM, wo Grey verständlicherweise sagt, es soll bitte ruhig sein, nur um danach halb durchzudrehen, wenn niemand antwortet. Es ist eben auch irgendwie ein Mann, der dem Wahn verfällt. Der bei all seinen Handlungen effektiv unterstützt wird.
Handwerklich ist der Film sehr ordentlich. Das Drehbuch hat ein paar kleine Schwächen, aber am Ende geht alles auf. Die Schauspieler sind ebenfalls alle gut. Und gerade was das Worldbuilding angeht, scheint der Film wirklich. Ich mag z.B. die Kamera, die ihn in jeder Bewegung verfolgt. Man bekommt das Gefühl, dass man via Third Person einen Charakter steuert, was hier ja auch der Fall ist. Wenn man auf Cyberpunk oder Science Fiction und Action steht, kann man nichts mit dem Film falsch machen.
Humane ist ein Film mit einem faszinierenden Konzept, der leider auf fast jeder Ebene versagt und es nicht schafft, tiefer in diese einzutauchen.
Die Klimaziele wurden offensichtlich nicht erreicht und um den Fortbestand der Menschheit zu sichern, muss eine radikale Populationskontrolle stattfinden. Einige Länder haben das perfide Ziel schon erreicht. Nordamerika ist dabei noch hinten dran und versucht mit hilfe eines Entlisments dem Ziel rapide schneller zu kommen. Wenn man sich freiwillig meldet, wird man auf Humane Art und Weise getötet und die Nachfahren bekommen eine viertel Millionen. Ähnlich wie bei dem militärischen Enlistment, leiden darunter meistens die ärmsten der Armen. Sie geben ihr Leib und Leben für Krümel, in der Hoffnung, dass dabei ein besseres Leben für ihre Familie herauskommt. Das Worldbuilding ist in groben Zügen auch nett gemacht. Das niemand wirklich in die Sonne kann, ohne abgeschirmte Schirme zeigt einem gleich wie ernst die Sache ist. Alle Türen und Fenster müssen auch mit einer Folie belegt sein, damit man geschützt ist. Dinge wie die Propaganda und die Poster sind dann etwas überzogen, aber das ist nicht wild.
Die Familie, um die es sich in diesem Film dreht, gehört nicht zu den Unterdrückten, die sich am ehesten für diese Massnahme melden. Sie gehören ganz klar zu den 1% der Bevölkerung. Der Patriarch hat die Familie versammelt, um ihnen zu sagen, dass er und seine Frau sich freiwillig gemeldet haben. Als seine Frau Reißaus nimmt, wird alles etwas chaotischer. Den Mitarbeitern von DOCS ist es vollkommen egal, wen sie mitnehmen, nur die Anzahl der Leichen muss stimmen. Und so beginnt das Spiel! Und um ehrlich zu sein, ab hier wird es auch extrem schlocky. Der Umgang mit der Prämisse und den Themen ist auf einer Ebene mit YA Romanen, die sich gerne extreme Umstände nehmen, um darum eine einfache Geschichte zu wickeln. Darunter fallen auch die Informationen, die der Staat sammelt, um einen zu erpressen, wenn es so weit kommen sollte. Auch die Probleme, die sie lösen müssen, lassen den Film wie ein etwas weniger aufgedrehtes Mr. Beast Video wirken. Das kann immer noch gut sein, aber hier verfehlt es leider sein Ziel. Der Film ist gleichzeitig zu abstrakt in seiner Prämisse und zu detailliert und persönlich im Umgang mit der Familie. Das Problem dabei ist, dass die Charaktere nichts anderes als eine Ansammlung von Cliches sind. Ob es Jared ist, der das System tagtäglich verteidigt. Der es als eine Asiatische Plage bezeichnet, worunter auch die Stiefmutter tagtäglich zu leiden hat. Er ist auch nicht dumm und versteht das all die Regeln und Entscheidungen durch und durch Fehlerbehaftet sind, aber das war ihm egal solange er nicht die Konsequenzen tragen muss. Genauso auch die CEO Rachel, der eigentlich alles egal ist. Die erfolglose Schauspielerin Ashley, die wie ein Fähnchen im Wind dreht und der jüngste Adoptivsohn, Noah mit seinen eigenen Problemen. Es hat bei mir einfach gar nicht funktioniert, vor allem wenn man ähnliche Charaktere und Dynamiken schon so viel besser gesehen hat (z.B. Haunting of Hill House, The Fall of the House of Usher und Succession). Der Sprung der Diskussion zum aktiven Töten ging mir auch etwas zu schnell. Vor allem, weil die Motivation durch das Erbe noch weiter undurchsichtig wird. Wollen sie einfach nur überleben? Warum geht es plötzlich um drei Millionen Dollar? Das sich Ashley über so ein Erbe freuen würde ergibt sinn, aber gerade CEO Rachel und Euthanasie Enabler Jared sagen sicherlich nicht nein zu extra kohle, aber nötig war es nicht. Die Konflikte und auch die “Action” darin sind leider auch sehr mau. Und da ist es egal, ob sie es erst mal im Licht besprechen oder später ein Home Invasion-Vibe hat. Und vor allem war es mir im Endeffekt egal, wer jemanden umbringt oder umgebracht wird. Bis auf eine Tochter oder eine unbekannte Freundin bietet keiner der Kids irgendetwas Interessantes. Die Sicht auf nur diese super Nische der Familie mit ein paar Reichen und egoistischen Prototypen ist einfach nicht sehr interessant oder zumindest eine Verschwendung der an sich Interessenten Prämisse. Warum hat man nicht noch Bedienstete, die sie dann stattdessen töten wollen und sich gegen die Familie wehrt? Oder wenn es eben gar nicht um die Familie geht, sondern es ist tatsächlich eine kleine Ortschaft von 100 Leuten, die dann entscheiden müssen, 20 Menschen umzubringen. Wie macht man das? Wählt man nach Alter? Nach Potential? Werden einfach Familien ausgelöscht? Kann man dann seinen Nachbarn noch vertrauen? Wie weit würde das gehen? Oder stellen sie sich gegen die Regierung auf die Gefahr hin, dass sie alle sterben. Das ganze wird auch noch schlimmer, wenn man das Ende in Betracht zieht. Die Entführung ist ein ganz netter Twist. Genauso auch die Propaganda am Ende. Aber soll ich wirklich glücklich sein, dass all die reichen Arschlöcher davongekommen sind? Vielleicht geht es manchen so, aber bei mir ist das nicht auf Gegenliebe gestoßen. Immerhin gibt es einen interessanten Charakter: Bob. Ein perfekter Lawful Evil Charakter, der klar Freude an dem hat, was er macht. Auch hier hätte man gerne etwas tiefer eintauchen können. Von all den moralisch bankrotten Menschen, die sich eine Freude daraus machen, Menschen zu quälen und zu töten, alles in dem strengen Korsett der Gesetzgebung. Auch die Dynamik mit der CEO Tochter ist ganz nett. Auch wenn es eigentlich nirgendwo hin führt. Schön gezeigt in der Szene, wo sie für eine Sekunde das Wohnmobil klaut und dann sofort aufgibt.
Es hilft auch nicht, dass das Drehbuch sehr mittelmäßig ist. Nicht nur im Umgang mit der Prämisse oder den Charakteren, sondern auch einfach in den Dialogen. “He also fucking killed that woman in the accident”, liest sich wie ein erster Draft, nicht wie ein finales Skript. Aber auch auf anderen handwerklichen Ebenen ist der Film enttäuschend. Die Cinematographie geht so gut wie nie über grobes zeigen der Dinge hinaus. Genau so auch der Schnitt und der mittelmäßige Soundtrack. Und dann gibt es noch ein paar sehr explizite Gewaltszenen, die Handwerklich toll sind, aber überhaupt nicht in den Film passen. Die Schauspieler machen allesamt einen guten Job, wenn auch nicht herausragend.
Humane hätte eine wirklich tolle Erörterung über Klimawandel und harte Entscheidungen sein können. Stattdessen bekommt man einen inszenatorisch und erzählerisch drögen Film, der auf keiner Ebene brilliert. Spart euch die Zeit.
Neben Filmen gehört Musik zu meinen absoluten Lieblings Hobbies. Ob es darum geht, Musik zu hören, zu erleben oder selbst zu machen. Und schon seit meiner Jugend liebe ich Hip-Hop. Damals habe ich auch diese Dokumentation gesehen, die mich absolut umgehauen hat. Nach ein paar sparsamen Monaten konnte ich dann endlich ein Turntable und ein Mixer mein eigen nennen. Mit dem alten Plattenteller meiner Eltern auf der anderen Seite hatte ich viel Spaß, eigene und aussortiertes Vinyl zu bearbeiten. Scratch The Movie ist eine Dokumentation, die mir persönlich viel bedeutet und die ich alle paar Jahre wieder anschaue.
Die Dokumentation war damals schon ausgezeichnet und reifte über die Jahre immer weiter. Ein faszinierender Einblick in die Geschichte der Hip-Hop Subkultur, der Entstehung und ständigen Entwicklung der Kunst des Turntablism. Von der Rolle des DJ, wie dieser sich gewandelt und entwickelt hat. Wie es Dendemann so schön in Discjockeys sagt: “Und der DJ vor dem MC auf dem Flyer stand. Ich will nich' sagen, ohne die Jungs wär's ganz verschwunden Aber naja, Sie haben's erfunden”. Zum Aufstieg der MCs durch technologischen Fortschritt und Drum Machines. Über dem Song “Rockit” der Jazz Legende Herbie Hancock zu DJ Q-Bert, wie er über Aliens und metaphysische Transformation redet. Zu der Kunst des Samples, was mich auch bis heute noch am Hip-Hop begeistert. “I remember I was stealing old records from my aunt's closet. Back in the days I didn't even know that I could make a profit off it [...] The selective approach provides the essential conditions for creative freedom” (Quasimoto - Loop Digga). Mit den Stimmen von absoluten Koryphäen der Kultur wie Grand Wizard Theodore (der Erfinder des Scratchens), Mix Master Mike (Beastie Boys), Cut Chemist (Jurassic 5), DJ Babu (Dilated People), DJ Shadow, DJ Premiere (Gang Starr) und die ganze Crew der X-Ecutioners und Invisibl Skratch Piklz. Von den verschiedenen Künstlerischen Ausdrucksweisen die man mit einem Turntable erreichen kann, zu der absoluten Hingabe für ihr Handwerk.
Und auch auf handwerklicher Basis glänzt dieser Film absolut. Das Pacing ist fantastisch, man bekommt in so einer kurzen Zeit so ein großartiges Gefühl für die Geschichte und Passion dahinter. Der Schnitt und die Verwebung der Bilder, Interviews und Musik sind absolut großartig! Es ist halt auch faszinierend, wenn man bedenkt, wann die Doku entstanden ist. Es war quasi eine hochzeit des Turntablism, die sich über die Jahre etwas verlaufen hat, aber nie ganz versiegt ist. Wenn man Interesse an dem Thema und der Musik hat, ist die Doku ein absolutes Muss. Man kann sie auch ohne Probleme auf YouTube in seiner Gänze betrachten!
Conclave ist ein Film, bei dem nach zehn Minuten mein Herz höher geschlagen hat und meine Begeisterung von Szene zu Szene stieg, sodass ich am Ende keine andere Wahl hatte, als dem Film einen perfekte Bewertung zu geben. Eine wunderschöne Erörterung über so große Themen wie Glaube, Politik und den Konflikt zwischen Idealismus und Pragmatismus.
Ich war schon vorher sehr gespannt, da ich die Prämisse faszinierend finde. Der Vatikan ist wirklich eine kleine Welt für sich, in die man normalerweise keinen tiefen Einblick erhält. In eine tausende Jahre alte Institution, die sich mit Hilfe von großen Einflüssen, gelenkt durch alte Traditionen, so lange halten konnte. Ein großartiger Nährboden, um so viele interessante Themen zu bieten und vor allem ein tolles, in sich geschlossenes politisches Drama. Die Review enthält Spoiler.
Der Papst ist plötzlich gestorben und die Welt im Vatikan kommt zum Stillstand. Abgeschlossen vom Rest der Welt müssen sie im innersten Zirkel einen neuen Papst wählen. Unser Protagonist Lawrence ist der Dekan des Kardinalskollegiums und somit für die Papstwahl verantwortlich. Dabei gibt es verschiedene Fraktionen, die für den heiligen Stuhl in Frage kommen. Ein konservativer Bischof aus den USA, Tremblay. Der erzkonservative Bischof aus Nigeria, Adeyemi. Der italienische Kandidat, der am liebsten das Rad der Zeit zurückdrehen möchte, Tedesco. Und ein italienisch liberaler Kandidat Bellini. Doch bevor die Konklave beginnt, taucht ein überraschungsgast auf, der seinen hohen Titel in Pectore (an der Brust/im Herzen also im Geheimen) vom letzten Papst bekommen hat. Ein Mexikaner der sich vor allem in Krisengebieten einen Namen gemacht hat. Der etwas anderes in das eher starre Kollegium bringt.
Die verschiedenen Fraktionen sind gut abgestochen und die ständig wandelnden Dynamiken bleiben durchweg spannend. Auch wenn es eigentlich eine Wahl für den fähigsten Kandidaten sein soll, ist es im Grunde ein Spiel um Überzeugung und Einflüsse. Der Film hat auch ein Krimi-Element, mit gewissen Ungereimtheiten, die sich in der abgekapselten Welt entwirren. Angefangen mit einem Gerücht, dass der alte Papst jemandem seine Bischoff-Rolle aufgrund eines Verstoßes entziehen wollte. Eine besorgniserregende Information, der es aber an Beweisen fehlt. Vor allem weil der Bischoff nicht dumm ist und genau weiß, wie man das Spiel spielt. Von einem Kandidat dessen Sünde aus der Vergangenheit ihn einholt und ihn aufgrund eines potentiellen Sex Skandals nicht mehr möglich ist, Papst zu werden. Zur Überzeugungsarbeit in der Kantine. Bei dem sich aus einer Beobachtung eine brennende Rede entwickelt. Von den Clustern, die sich immer und überall bilden. Das wenn man nicht weiß, wo man sich setzten solll, am ehesten zu den eigenen Landsleuten tendiert. Eine kleine Spaltung innerhalb der Kirche, basierend auf der Sprache. Eine Anspielung an den Turm von Babel. Ein Bauprojekt aus dem Genesis: “Er sprach: Seht nur, ein Volk sind sie und eine Sprache haben sie alle. Und das ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein, was sie sich auch vornehmen. Auf, steigen wir hinab und verwirren dort ihre Sprache, sodass keiner mehr die Sprache des anderen versteht. Der Herr zerstreute sie von dort aus über die ganze Erde und sie hörten auf, an der Stadt zu bauen.Darum nannte man die Stadt Babel (Wirrsal), denn dort hat der Herr die Sprache aller Welt verwirrt, und von dort aus hat er die Menschen über die ganze Erde zerstreut.” (Genesis 11:6-9). Er spricht von einem frühen Moment der Welt, direkt nach der Flut, in dem die Menschen eine Einheit waren. Verbunden und vereint über eine Sprache, die für ihn Latein ist. Aber es hat schon einen Grund, warum Latein nicht mehr die einzige Sprache der Kirche ist, denn auch wenn es vielleicht die Kirche unter sich einigen würde, entsteht dabei auch eine gigantische Kluft zu allen anderen. Eine tolle Beschreibung von dem, was er möchte. Ein Abheben und eine Besonderheit, die sie vom Rest der Welt trennen soll. Und dazwischen: Mit einem Kandidaten, der als einziger irgendwelche progressive Ideen hat, aber diese auch aus strategischen Gründen unter Verschluss halten möchte.
Jede Wahlrunde läuft dabei äußerst strikt ab. Ein Beisammensein in der sixtinischen Kapelle, bei der jeder Bischoff einzeln seine Stimme abgibt und die Ergebnisse dann Stück für Stück herausgegeben werden, bis es klar ist, ob es einen Gewinner gibt. Der stärkste Indikator des Films, wie sich die Dynamiken zwischen den Wahlrunden ändert. Und auch wenn man denkt, dass gerade politische Entscheidungen eigentlich relativ fest sein sollten, wandeln sich diese doch dramatisch. Der Film macht auch großartig klar, wie es in solch einer Situation keine Neutralität gibt. Jede Handlung und jedes Wort hat eine Bedeutung, selbst wenn es eine strategische Stille ist. Und den Konsequenzen sind die Intentionen egal. Die Wechselwirkungen von allem werden hier wunderschön und klar gezeichnet. Das wird besonders in Lawrence klar, der versucht, mit Worten andere zu erreichen, der im moralischen Twists steht, inwiefern er die Wahl mit den neuen Informationen beeinflussen soll.
Und dann gibt es noch die erschütternden Signale von außen, die den Ablauf eigentlich nicht stören sollten. Einer der Kardinäle nutzt die Angst, sich zu profilieren. Als eine Gegenbewegung zum Wahnsinn, der in der Welt herrscht. Reaktionär und Populistisch heizt er die Stimmung immer weiter auf, bis sich eine Stimme gegen ihn stellt. Von einer Seele, die Krieg miterlebt hat, der den Auftrag sich um die verzweifelten Seelen zu sorgen angenommen hat, und deshalb etwas anderes bietet. Statt politischen Richtungen beruht er dabei auf dem Kern der Wahrheiten der Kirche.
Es geht in dem Film um den Seiltanz zwischen Idealismus und Pragmatismus und die Rolle, die der Papst dabei einnehmen sollte. Von der Erpressung und Manipulation, um sich nach oben zu katapultieren. Von extremen Ansichten, welche den Fortschritt der Kirche um 60 Jahre zurück setzen würde. Von einem progressiven Plan, bei dem man aber lieber die Rolle der Frau auslassen sollte, weil man sich damit zu viel verärgert. Mit gewaltsamen Signalen aus der Welt, für die man gerade eigentlich da sein sollte. Und hier ist Lawrence als Veranstalter der Wahl in einer besonderen Situation. Als es zu hitzig wird, greift er zu klaren Worten. Darüber wie ihre Diversität eine unabdingbare Stärke der Kirche ist (It is this variety, this diversity of people and views which gives our church its strength) und über die Gefahr der Gewissheit (There is one sin which I have come to fear about all others. Certainty. Certainty is the great enemy of unity. Certainty is the deadly enemy of tolerance). Worte, die an den Kern des Glaubens appellieren sollen, aber ihr Ziel verfehlen. Bellini hat es am spitzesten gesagt: “Save your precious doubts for your prayers." Und die Frage, die in diesem Konflikt steckt, was einen guten Papst/Anführer ausmacht. Ist es Überzeugung? Ist es Stärke? Ist es das Bewahren von Idealen oder das Leiten in eine neue Zeit? Soll er ein Politiker sein, der vielleicht auch etwas bewegen kann. Oder doch ein Idealist, um diesem Ideal auf Erden näherzukommen. Soll er diese Ambitionen haben oder macht ihn das für das Amt ungeeignet? Oder soll es jemand sein, der das Amt gar nicht haben möchte, weil er es dann mit tiefstem Respekt trägt, und nicht aus Machtgier. Und was hat eigentlich der alte Papst ausgemacht, der in Paranoia alle seine engsten Vertrauten überwacht hat und einen Brief in seinem Bett versteckt hat. Der vielleicht aus Druck von außen dazu gedrängt wurde. So oder so, fühlt er sich nicht an wie eine passende Repräsentation für die Vertretung Jesu auf Erden.
Und was hat es mit dem enigmatischen Charakter auf sich? Schon in der ersten Wahl hat er eine Stimme erhalten, bei dem er sich verbürgt, dass er es selbst nicht wahr. Und wenn bei allen anderen die Anzahl der Stimmen fluktuieren, sammelt er stetig weitere Stimmen. Was hat er zu den anderen Kardinälen gesagt? Der auch den Nonnen für das Essen dankt, was von der Oberschwester nur mit einem sarkastischen Schnauben gewürdigt wird. Mit einem Lebensweg, der dem Geiste Christus am ehesten entspricht. Der auch lange Gespräche mit Lawrence führt, und ihm sein Vertrauen ausspricht, auch wenn Lawrence das gar nicht möchte. Und dann die letzte Wahl, die ein Ergebnis liefert, das sich einfach korrekt anfühlt. Inklusive dem letzten Twist, den ich echt nicht kommen gesehen habe. Der einerseits egal für die Entscheidung sein soll und dadurch, dass es egal ist, auch so wichtig ist. Ein faszinierender Curveball, der dem eh schon guten Ende noch so viel mehr Bedeutung und Klarheit gibt.
Ich möchte noch gerne über Lawrence als Charakter, außerhalb des politischen Geschehens, betrachten. Er ist ein absoluter Profi, ein waschechter Diplomat, der den dekadenten Pfad vor ihm durchwandert. Der alles in seiner klarsten und korrektesten Form machen möchte. Der selbst bei größtem Stress den anderen den nötigen Respekt und Raum gibt. Der Arme verstörte Nonne aus Afrika, der er durch eine Beichte ein Gefühl der Sicherheit geben konnte. Der dem entblößten Kardinal klar macht, dass es nicht an ihm oder gar an Gott liegt, sondern nur auf politischer Ebene nicht mehr möglich sein kann, dass er Papst wird. Der mich mit seiner Ansprache über Gewissheit komplett überrollt hat. Eine wunderbare erörterung von Glauben, Überzeugung, der ambigen und fragilen Natur einer ‘Wahrheit’ und dem Verhalten und denken des Menschen. Gewissheit macht es einem einfach, aber sie ist unflexibel und selbst sabotieren, um eine wirkliche Wahrheit einfangen zu können. Der über die Brille des alten Papstes zum ersten Mal den Verlust richtig spüren kann. Der inmitten der Wahl mit seinen eigenen Unzulänglichkeiten zurechtkommen muss. Meine Frau denkt, dass er Parkinson haben könnte. Die starre Mimik, wie steif der Körper sich bewegt, wie er statt die Hände übereinander zu legen, sich an ihnen festhält und natürlich den Ziplock, den er nicht aufbekommt. Der sich wirklich nicht in der Lage fühlt, die Rolle des Papstes einzunehmen. Der dann am Schluss auch mit seinen Entscheidungen zufrieden sein kann. Der eine kleine Schildkröte zurück in den Tümpel gibt, während mit Rauch das Ergebnis der Wahl verkündet wird, und sich alles mit dem Jubeln der Masse füllt. Der nach alledem endlich wieder seine Fenster öffnen kann und dabei sieht, dass sich im Grunde nichts geändert hat. Denn das ist auch ein schöner Aspekt des Filmes. Ob der neue Papst der Kirche gut tut oder welche Konsequenzen sich auch immer daraus entwickeln, finden wir nicht heraus.
Ich mochte den sehr feinfühligen Einblick in die Welt des Vatikans sehr. Von dem Ring, der dem gerade Verstorbenen abgenommen wird, und dann mithilfe eines wirklich schönen Gerät unbrauchbar gemacht wird. Das Zerstören des Siegels, um mögliche Coups und Fälschungen zu verhindern. Eine uralte Tradition, die für den Erhalt der Päpstlichen Autorität geschaffen wurde. Auch das Siegel, mit dem das Zimmer des alten Papstes verschlossen wird, hat bei mir ein Gefühl der Ehrfurcht ausgelöst. Genauso auch das Brechen desselben, um der Wahrheit ein Schritt näher zu kommen. Und die Reaktion der Oberschwester, der dieses unheilige Verhalten bemerkt. Der Wahlvorgang, mit den Durchlöchern und verbinden der Wahlscheine und dem Verbrennen derselben, ist ebenfalls sehr ehrfürchtig inszeniert. Die Rituale haben Pathos in sich und die werden gut an den Zuschauer rübergebracht. Es fühlt sich wie ein mittelalterlicher Prozess an. Aus einer Zeit mit Königen und Fürsten. Und das liegt daran, dass es genau das ist. Ein eigener kleiner, strikt regulierter Mikrokosmos, der sich für die Wahl auch gegen außen abgeschirmt. Es fühlt sich so befremdlich an. Handlungen so tief triefend in Tradition. Erarbeitet über tausende von Jahren, in einer Welt, die sich dabei extrem verändert hat.
Handwerklich kann brilliert der Film auf jeglicher Ebene. Der Vatikan ist wunderschön inszeniert mit großartigen Bildern. Das Ganze wird auch narrativ gut kontrastiert, mit Bilder und Eindrücken aus einem der beeindruckendsten Gebäude der Welt, begleitet von dröhnenden Bohrern und dem Ausrollen eines roten Teppichs. Vor allem wenn die Räume leer sind, spürt man das Paradox des Bedeutungsschwangeren Räumlichkeiten und der Mondänität, dass alle Kardinäle einen Platz zum Sitzen haben müssen. Der Film geht auch großartig mit Farben um. Gerade die Kostüme geben der Kirche einen Swagger, den ich nicht erwartet hatte. Mit Roben, die ebenfalls aus tiefer Geschichte und Bedeutung zehren. Aber auch erzählerisch werden die Stilmittel gut genutzt. Bei der ersten Befragung von Tremblay sieht man nur Lawrence, wie er über ihm steht, bis zu dem Schock, den Tremblay dann plötzlich ganz klein wirken lässt. Der Soundtrack ist ebenfalls großartig und wird extrem effektiv eingesetzt. Aber noch besser sind tatsächlich die stillen Momente, die durch das grandiose Sound Design in unendliche Höhen gehoben werden. Lawrence seine Atemgeräusche sind wie der Herzschlag des Films, die ihn auch in den einsamen Momenten nicht allein lassen und trotz alledem eine Beständigkeit bieten. Und die Besonderheit von allen Geräuschen, die aus dieser Stille leise hochkochen. Das ganze wird wunderschön in einer Szene zusammengefasst, in der bei den Wahlen ein leichter Luftzug und das Zwitschern eines Vogels alle kurz inne halten lässt. Edward Berger versteht es, einen Film zu machen. Und er versteht es die richtigen Leute um sich zu haben. Mit einem Drehbuch, das so wunderbar vielschichtig und prägnant ist. Mit keinem Fett in dem Plot, den Bildern und der Erzählung. Und eine Riege an Schauspielern, die alle in ihren Rollen absolut überzeugen. Ralph Fiennes ist eh ein fantastischer Schauspieler. Aber das, was er hier liefert, ist selbst für so einen außergewöhnlichen Schauspieler außergewöhnlich.
Conclave ist ein Film, der mich zutiefst berührt hat. Der sich unmengen von Themen und Ideen vor nimmt und auf allen Ebenen liefert. Ein Film, bei dem man in jeder Szene spürt, wie viel Mühe und Geschick man gegeben hat. Der all meine Erwartungen bei weitem übertroffen hat. Ein Meisterwerk der Erzählkunst.
Nach dem 1995 Power Rangers Film ist das Reboot 22 Jahre später der einzig nächste logische Schritt. Ein Film, der trotz der damaligen Starpower von Bryan Cranston und einem sicherlich unendlichen Nostalgie Potential einfach nicht abheben konnte. Aber warum? Superhelden verkaufen sich immer noch und Breakfast Club ist ein fantastischer Film. Warum hat es dann nicht geklappt?
Ich glaube, das liegt allen voran an dem Versuch, eine Ernsthaftigkeit mit viel Pathos in die Welt der Power Ranger zu injizieren. Das funktioniert schon gar nicht, bevor die Geschichte überhaupt losgeht. Power Rangers ist eine Show um Spielzeug zu verkaufen. Eine Power Fantasie für Kinder, in dem jeder ein Superheld mit coolen Gadgets sein kann. Ernsthaftigkeit hat da erstmal nichts verloren. Und das soll nicht heißen, dass es nie funktionieren kann. Aber damit es funktioniert, muss man eine gute Geschichte auf phänomenale Art und Weise inszenieren. Nehmen wir “The Dark Knight” von Christopher Nolan, bei dem man irgendwann vergisst, dass es sich um einen Comic Buch Charakter handelt, der in einem Fledermauskostüm gegen einen Clown antritt. Das schafft dieser Film an keiner Stelle. Es fühlt sich eher so an, als ob sich der Film dafür schämt, die Power Rangers als Vorlage zu haben. Dabei sind diese Szenen die besten. Aber was will man auch erwarten mit fünf verschiedenen Leuten, die allesamt am Drehbuch mitgewirkt haben. Der Film fühlt sich leider nicht nach einem Passion-Projekt an, sondern ein kalküler Zug, um die Power Ranger wieder besser vermarktbar zu machen. Und das Produkt das dabei entstanden ist, wirkt wie ein Film für niemanden.
Zugegeben, es ist auch nicht leicht, in einem Film so vielen Charakteren genügend Raum zu geben. Man hat Jason, der nach einem Kuh-Masturbationsdelikt eigentlich das Haus nicht verlassen darf, mit einem Vater, der klar von allem überfordert ist. Dem dann die Bürde des Team Leaders aufgetragen wird, die dann nicht wirklich gut ausgearbeitet ist. Man hat Kimberley, die ihre Freunde cybermobbte und jetzt mit den Konsequenzen leben muss. Man hat Trini, die einfach nur ein angsty Teenager ist, deren Mutter scheinbar ein Problem mit ihrer Sexualität hat. Zach, der starke soziopathische Züge und eine kranke Mutter zu Hause hat. Und Billy, der eigentlich nur autistisch ist und bis auf zurückschlagen eigentlich nichts dabei lernt. Den seit 65 Millionen Jahren toten Zordon, der die Kraft der Kinder nutzen möchte, um wieder auferstehen. Und Rita, die einfach nur Böse ist. Alle Konflikte sind nicht besonders interessant oder gut erzählt. Teenager sind nunmal dramatisch. Es nimmt zu viel Zeit ein und das, was am Ende erzählt wird, ist die Zeit, die es gebraucht hat, einfach nicht wert. Das hätte man auch spielerischer erzählen können. Klar, es wäre nicht so düster gewesen, aber da man eh kaum mit den Charakteren mitfühlt, hätte man auch darauf verzichten können.
Ich verstehe auch nicht genau was sie mit Zordon machen wollten. Ich habe keine Ahnung von dem Charakter und fand die Idee, ihn etwas ambig zu machen, auch ne gute. Es führt leider zu nichts, die wundersame Wiedergeburt mit eingerechnet. Ich fand die Sequenz, bei der Zordon Visionen von Rita in ihre Köpfe beamt, auch überraschend verstörend. Er ist so distanziert und kühl, das ich gar nicht verstehe warum die Teenager ihm überhaupt trauen. Wenn jemand mein Vestand auf diese Weise vergewaltigen würde und mir anschließend eine Grube zeigen will, wäre ich glaub ich nicht so begeistert. Rita ist auch so eine Sache. Es ergibt kein Sinn das sie nach 65 Millionen jahren gerade JETZT wieder auftaucht. Es ist interessant, dass sie früher ein Ranger war. Aber damit wird leider auch nichts gemacht. Sie ist im Grunde einfach nur Böse. Und das kann man ja auch machen. Aber nicht wenn sich der Film so ernst nimmt.
Der Film hätte stark davon profitiert, den Fokus auf Jason und seine Rolle als Anführer zu legen. Die anderen hätten auch allesamt die gleichen Probleme haben können, nur dass sie diese mit Hilfe der anderen Rangers überwinden und somit wirklich zu einem Team zusammenwachsen. Oder man hätte Rita einfach besser nutzen können. Dass sie zu Jason geht und ihn davon überzeugt, dass Zordon lügt und sie nur ausnutzen möchte. Oder auch ein Star Wars, bei dem jemand auf die dunkle Seite der Macht gezogen wird. Und gerade Kimberly als Cybermobber hätte sich da perfekt angeboten, um ihr auch einen Ark zu geben, in dem sie aus ihren Fehlern lernt und nicht einfach nur das Auto ihrer Opfer mit ihrem Roboter zu schrotten.
Der komisch geerdete Ton funktioniert auch nicht in den Actionszenen. Soll ich wirklich glauben, dass die Kids vom Breakfast Club eine brutale Verfolgungsjagd veranstalten würden, bei dem die Leute auf Autodächer einschlagen, nur um dann am Ende von einem Zug erwischt zu werden? Auch wenn sie ihre Kräfte testen wollen und über die Schlucht springen, wirkt es nur halb so cool, wie sie es gerne hätten. Es ist einfach kein Chronicles. Und das ist auch okay. Aber dann macht es doch bitte anders. Die ganzen Szenen auf dem Schiff und die drögen Trainings Montagen zehren ebenfalls an dem eh schon dürftigen Pacing.
Die Schauspieler machen allesamt einen okayen job. Ich habe das Gefühl, dass hier die Direktion einfach nicht da war. Lass uns was vor dem Greenscreen aufnehmen und den rest machen wir in der Post. Man spürt förmlich, wie Bryan Cranston die Dialoge von Zordon an einem Tag aufgenommen hat. Man sieht, wie Elizabeth Banks verschiedene Sachen ausprobiert, die aber allesamt nicht so gut zusammenkommen. Auch die Kids in den Cockpits sind leider alles andere als überzeugend. Apropos Zords, da hätte ich mir auch gerne mehr gewünscht, außerhalb einer Sonntagsfahrt, die fast einige Familien für immer zerrissen hätte und der Kampf am Ende. Immerhin ist dieser ganz nett inszeniert und erinnert tatsächlich etwas an den 1995 Film. Dagegen war Megazord um einiges enttäuschender. Es ist cool, dass die einzelnen Zords transformieren, um einen gigantischen Roboter zu erschaffen. Es ist weniger cool, in eine Grube geschubst zu werden und durch Zauberhand mit einem gigantischen Roboter herauszukommen. Auch wenn man bei Goldar auch manchmal das Gefühl hatte, dass sie aus Kostengründen nochmal auf GCI Aufnahmen aus dem 1995 zugegriffen haben. Nicht in jedem Shot, aber gerade wenn es um das flüssige Gold geht, steht Goldar Ivan Ooze in nichts nach. Das Design der Anzüge und der Megazord waren auch sehr enttäuschend. Es ist ein Franchise das hauptsächlich Spielzeug verkaufen möchte. Wer aber bitte möchte Actionfiguren mit diese komischen unansprechenden Design? Was sie mit Alpha 5 gemacht haben ist auch etwas schade. Ich mag Bill Hader, aber da hätten sie gerne auch noch mehr machen können. Er ist doch ein guter Comedian. Experimentiert doch etwas mit irgendwelchen Filtern!
Aber der Film hat auch einige kompetente Sequenzen, wie zum Beispiel die sich drehende Kamera bei der zuvor genannten Flucht. Ich finde tatsächlich auch das Angel Grove, auch wenn man nicht so viel davon sieht, auch sehr nett inszeniert ist, als kleine unbedeutende Stadt im nirgendwo. Ich mag die Szene in der Cafeteria, in der die Medaillons alles zum Kochen bringen. Und auch wenn sich am Finale vieles unausgegoren anfühlt, war der Rita Bitch Slap into Space schon was schönes.
Ich habe ehrlich gesagt etwas Schlimmeres erwartet. Aber es ist auch kein Wunder, dass es nie einen Nachfolger für den Film gab. Zu lang und dröge, mit dem fehlenden Fokus was das Franchise ausmacht. Ein Versuch einen Film zu machen, der möglichst viele Erreichen soll, und dabei für niemanden ist.