Nebenniveau - Kommentare

Alle Kommentare von Nebenniveau

  • 8

    Die Geschichte über Vivian Meier und ihr Schaffen ist herausragend. Einfach nur für sich stehend, ist es super spannend, dass man im pre- und post-mortalen Nachlass so einen sensationellen Fund gemacht hat. Man kann es vielleicht am ehesten mit Kafka seine Werke vergleichen, die sie eigentlich auch vernichtet haben wollte, sie aber dann gerettet wurden und die Menschheits-Kultur nachhaltig beeinflusst hat. Und darum dreht sich der Film. Es ist ein Thriller in der Form einer Dokumentation, bei der man keinen Killer jagt, sondern via feinsäuberliche Detektivarbeit einfach nur etwas über diese enigmatische Person herausfinden möchte.
    Für mich ist der Film ein super Zusatz zu den Werken von Meier. Denn auch wenn die Pfandleiherin ganz anderer Meinung ist, kann man schon so viel über sie und ihr Leben nur aus den Bildern ziehen. Es gibt einen unfassbar tiefen und schonungslosen Blick durch ihre Augen. Alle Werke haben etwas beobachtendes, etwas unfassbar nah und fernes zugleich, mit einem tiefen Verständnis von Menschlichkeit, Tragödie und Empathie. Mit einem ästhetischen Auge für Bildkomposition, das mich bei keiner ihrer Bilder kalt lässt. Ich hatte auch das Gefühl von einem Verständnis für sie, das im Laufe des Filmes immer weiter bestätigt wurde. Ein absoluter Sonderling, mit heftigen Ecken und Kanten, und einem verschrobenen, aber magischen Blick auf die Welt. Auch war ich so verwirrt, wie keiner der Leute am Anfang der Doku, nicht verstanden haben, warum sie ihre Bilder niemandem gezeigt hat. Manchmal macht man Kunst einfach nur für sich, was eine besondere Dynamik in sich hat. Ohne irgendwelche fremden Augen, ohne irgendwelche Kunden oder Trends und vor allem nicht für große Dollarzeichen oder den Namen einer Galerie. Es geht darum, sich auszudrücken und aufzuzeichnen. Selbst wenn die Werke vernichtet worden wären, wäre es wahrscheinlich okay für sie gewesen. Auch wenn ich und sicherlich viele andere ihre Blickwinkel schmerzlich vermissen würden. Aber ihr ging es nie darum, groß rauszukommen, das hätte sie wahrscheinlich komplett zerstört. Was sehr schade war, war der geistige Verfall von ihr. Die kleinen Wunden und Macken, die sie mit sich getragen hat, und die sie so sonderbar machte, haben sich weiter zerfressen und groteskere Bildnisse geschaffen. Aus Freude am Leben, dem Drang, Menschen zu verstehen, oder gewaltsame Artikel zu lesen, wurde eine überwältigende Obsession, die sie dann leider am Ende allein gelassen hat.
    Die Dokumentation ist handwerklich fantastisch. Der Fall wird wunderschön aufgezeichnet und man folgt ähnlich wie John Maloof Schritt für Schritt neue Fakten über sie heraus, um das enigmatische Bild weiter auszumalen. Dabei geht es wirklich tief, von nun aufgewachsenen Kindern, die einst von ihr gehütet wurden, bis zu dem Grund ihrer überzeugten Frankophilie, inmitten der Alpen. Es ist so sonderbar, ihre Geschichte von all diesen fragmentarischen Einblicken zu bauen, aber es funktioniert. Dass man die Geschichten erzählt bekommt, und gleichzeitig das Videomaterial von Vivian zeigt, ist großartig und funktioniert einfach so gut. Das Pacing ist ebenfalls großartig und hält einen bis zum Schluss gefangen. Mit der Aussage, die nun, 10 Jahre später, endgültig geklärt ist. Vivian Meier ist Kunst! Ein schlummerndes Genie, welches das Genre der Street Photography so gut verstand wie niemand anderes.

    3
    • 9

      Meine Fresse. Ab und zu scrollt man durch Netflix, sieht das Logo und schraubt seine Erwartungen ganz nach unten, um nicht enttäuscht zu werden. Dann gibt es solche Filme wie diesen hier, der einen von der ersten Minute an komplett umhaut. Geht am besten ohne irgendwas zu wissen in dem Film. So habe ich den Film erlebt und ich denke, man kann den Film mehr genießen, wenn man Blind hinein geht. Ab hier beginnen Spoiler, angefangen von der Geschichte, zu dem Konzept, zu den richtigen Plot Points.

      ‘Zeig mir, wer du bist’ ist ein Film, der nicht nur einfach etwas zeigen möchte. Kein einfacher Schuss-gegenschuss und fade to black. Nein! Der Film möchte das Stilmittel des Filmes nutzen und macht es auf eine selten so gut gesehene Art und Weise. Es wird auch von Anfang an klar, dass der Film keine Lust auf eine objektive Erzählweise hat. Alle Charaktere sind toll gezeichnete Persiflagen, die gerade beim Kernkonzept sehr wichtig sind. Wenn die Hippi Lady Maya sagt “You making a movie? Oh, I forgot my sage” sagt schon alles über sie aus. Auch Dennis der F-Boy, Reuben der Bräutigam, Nikki, das Social Media Sternchen und die anderen Charaktere sind allesamt herrlich simpel, die sich im Konzept herrlich entfalten. Auch bei unsere zwei Protagonisten, bei denen es sehr stark hin und her geht. Shelby, welche sich vor dem Spiegel für ihren Freund aufgehübscht hat mit den Tipps von Nikki, während Cyrus dasselbe Video anschaut mit etwas anderem in der Hand. Die Szene, die daraus entsteht, ist so herrlich unangenehm und zeigt gleich, was für eine ungesunde Beziehung die beiden haben. Das wird auch großartig mit dem Framing in der nächsten Szene weitergeführt, bei der man nicht nur ihre Beziehung bröckeln hört, sondern vor allem auch sieht. Mit Einstellungen die zeigen, was für Inseln die beiden sind, und erst wenn man sich reindrückt, sieht man, dass man als Duo dasteht. Sie gehen auch weiter kreativ mit dem Medium um, als man live zusieht, wie die Erinnerungen an ein Ereignis vor einigen Jahren Stück für Stück in Shelby's Kopf zusammensetzten. Und wenn man dann mal die Welt aus den Augen von Reuben sieht, sieht man, wie man sich auf Maya konzentriert, was später ganz sonderbare Formen annehmen wird.
      Denn mit dem Auftauchen von Forbes wird die Party etwas chaotischer. Sie treffen sich das erste Mal seit all den Jahren wieder und Mister Game Boy. Und auch diesmal hat er ein Spiel für die Gruppe dabei. Das, worum es sich bald komplett drehen wird. Eine Maschine, welche es einem erlaubt, Körper zu tauschen. Das erste Mal sind es nur 20 Sekunden, wo alles wunderbar in einem Brady Bunch Shot gezeigt wird und man bei manchen auch sofort sieht, wer wer ist. Nach dem kurzen Schock und furchtbarer Manipulation von Cyrus, geht es in die erste richtige Runde. Sie spielen ein Spiel, bei dem sie den anderen Körper herausfinden müssen, wer wer ist. Dass es nicht bei so einem einfachen Spiel bleibt, sollte allen klar sein. Die neuen Körper geben eine andere Sicht und teilweise einen Freifahrtschein, um etwas aus der Haut zu fahren. Dass es Cyrus zu viel wird, merkt er schnell, doch auch aufgrund von Gruppenzwang sind alle bei der nächsten Runde dabei, die dann noch weiter eskalieren. Und auch wenn man Forbes nicht wirklich traut, weil alles damals so sonderbar war und er sich auch nicht gerade normal angestellt hat, kam das auch ungeplant und wuchs ihm schnell über den Kopf. In Wut und Verzweiflung werden schritte unternommen, die man nicht so schnell zurück nehmen kann. Es wird sich mit neuen Identitäten zurecht gefunden, verhandelt und gekämpft. Und das alles akkumuliert in einem großartigen Finale, mit einem Twists, der doch weitreichender ist als gedacht. Und wie ein guter Twist so sein soll, freue ich mich schon darauf, den Film in naher Zukunft nochmal anzusehen.
      Handwerklich ist der Film ein absoluter Traum. Die Kamera, der Schnitt, das Sounddesign und Musik (mit immer wieder Beethovens 7te Symphonie eingeschmuggelt) geben ein unfassbar nahes Erlebnis, das komplett in seiner schönen Subjektivität aufgeht und man als Expressionistisch bezeichnen könnte. Wenn man verknallt ist, kann es halt sein, dass die Welt um das Gesicht der Angebeteten verschwindet. Oder die krasse Beleuchtung, die genauso wie Brooke am Anfang, alles schön in RGB Töne tränkt. Und auch wenn man in vielen Filmen schon einen Umgang mit Social Media gesehen hat, fand ich es hier nochmal besonders eindrücklich, vor allem mit der Wirkung auf Shelly und den Zuschauer. Der Film hat sich das Mantra “Show, Don’t Tell” wirklich in die DNA geschrieben. Natürlich gibt es auch klassische Expositionen, aber selbst diese sind immer sehr geschickt gemacht. Und man muss auch die Schauspieler loben, die allesamt einen richtig guten Job machen. Nicht nur in den Originalrollen, sondern auch im Übernehmen von gewissen Manieren der anderen. Sie sind allesamt nicht die tiefsten Charaktere, aber was Greg Jardin hier macht, holt wirklich alles aus den verschiedenen Pappnasen raus.
      Ich liebe das Konzept auch! Es ist so simpel wie genial, und mit dem Cast von Charakteren wird das ganze auch richtig gut ausgenutzt. Es hat schon so sonderbar angefangen, als Forbes, Cyrus die Chance gegeben hat, etwas aus seiner Haut zu fahren, aber dabei das komische Gefühl, sich selbst dabei irgendwie zu verlieren. Wenn man plötzlich selbst in der Tür steht und etwas sagt, muss das mit einem fucken. Und dann noch der Verrat, für das behalten von Privilegien und als Wunschlösung für das entstandene Chaos. Das kann erstmal sehr konfus wirken, aber dann doch auf wunderschön elegante Art und Weise aufgearbeitet werden. Genau so elegant wie die Handhabung von Beatrice, welche ich mir schon früh gedacht habe, aber so vieles in neues Licht rückt.
      Allen in allem ist ‘Zeig mir wer du bist’ ein Film, der nicht nur mein Cineasten-Herz höher schlagen lässt, sondern auch das für ‘High-Concepst’. Ich kann mir vorstellen dass einigen der Film vielleicht nicht so zusagt. Vor allem in seiner sehr atypischen, aber meiner Meinung nach brillanten Inszenierungen. Für mich ist der Film ein großartiges Werk, das sehr stark startet und dann kaum nachlässt, und einen mit einem sehr besonderen Filmerlebnis zurücklässt.

      3
      • 7 .5
        Nebenniveau 20.10.2024, 13:19 Geändert 10.06.2025, 08:09

        Nach Siren und Physical 100 dauert es nicht lange, bis meine Frau und ich die nächste koreanische Game Show gefunden haben. Statt einen Fokus auf physikalische Aufgaben zu legen, geht es bei The Devil's Plan mehr um cleveres Lösen von Rätseln und das Ausspielen von anderen in strukturierten Spielen. Die Kandidaten sind wild durchgemischt. Von Schauspielern, YouTubern, einem E-Sportler, einer Ärztin und Anwältin, einem Idol, einer professionellen Go-Spielerin (eines der ältesten und komplexesten Spiele der Welt) und TV Persönlichkeiten. Alle bekommen am Anfang ein Piece: Ein goldenes Viereck, das als Währung im Spiel fungiert. Die Show dauert eine Woche, bei der es jeden Tag ein Hauptspiel und ein Beispiel gibt. Im Hauptspiel kann man neue Pieces ergattern oder auch verlieren. Hat man keine mehr, ist man draußen. Dazu werden die zwei Teilnehmer mit den wenigsten Pieces ins Gefängnis geschickt, bis zum nächsten Tag. Am Abend gibt es dann noch ein Preisspiel, bei dem die übrigen Teilnehmer die Chance haben, das Preisgeld zu erhöhen.
        Leider hat das Spiel ein paar strukturelle Probleme, die sich schnell auftun und gegen die sie aktiv mit kleinen Veränderungen vorgehen. Einer der Teilnehmer hat eine valide Strategie gefunden, welche das ganze Konzept aushebelt. Statt gegeneinander, kämpft man zusammen, um möglichst viele bis zum Schluss am Leben zu erhalten. Ein paar der Spiele sind auch nicht so gut durchdacht oder schießen am Ziel vorbei. Man lernt auch die verschiedenen Persönlichkeiten kennen, denen das ganze Spiel teilweise sehr an die Substanz geht. Was auch nicht verwunderlich ist, wenn die Spiele manchmal mehrere Stunden dauern, wo sich niemand mehr wirklich konzentrieren kann. Und dann das Finale, das echt nochmal eine Schippe drauf setzt und bis zum Schluss spannend bleibt.
        Wenn ihr Interesse an solchen Shows habt, und auch die Zeit für alle 12 Folgen, dann schaut es euch an. Es ist wirklich unterhaltsam und man fühlt einfach richtig mit einigen der Kandiaten mit. Ich denke , dass einige der kleinen Ungereimtheiten in der zweiten Staffel ausgebügelt werden, auf die ich mich schon sehr freue. Wenn man aber aktiv an den kleinen Aufgaben mitarbeiten möchte, wird man etwas entäuscht. Teilweise gibt es eine Sprachbarriere oder die Zeit lässt es einfach nicht zu, richtig in die Aufgaben oder die Strategie der Teilnehmer einzutauchen.
        Als nächstes rede ich über die Spiele im Detail, ohne dabei zu spoilern, wer gewinnt oder verliert. Wenn ihr euch lieber komplett unvoreingenommen darauf einlassen möchte, hört auf zu lesen und holt es dann gerne später nach.

        Das erste Hauptspiel ist wirklich interessant, da es die Kandidaten gleich ins kalte Wasser wirft. Wenn man das Sozial-Deduktionsspiel Werwölfe kennt, kann man sich ungefähr denken, was hier abgeht. Und es ist auch eine fantastische Art und Weise, die Kandidaten kennenzulernen und zu sehen wie sie mit der Aufgabe umgehen. Zum Beispiel Kyeong-Rim, die als Journalistin einfach viel zu offensichtlich war und deswegen auch schnell ausgeschaltet wurde. Besonders beeindruckend waren der E-Sportler Guillaume und die Wildcard Dong-jae, die das Spiel Runde um Runde spannend gehalten haben. Ein Nachteil, den dieses Spiel aber mit sich gebracht hat, war die sofortige Aufteilung zwischen den Bürgern des Spiels und den anderen Rollen. Gerade Si-Won hatte es ziemlich schwer danach. Das Tangram Spiel war eine gute Idee, die leider durch die extra Pieces, die man dabei verdienen kann, etwas zu chaotisch. Im Allgemeinen hat sich eine sehr aufgeriebene Atmosphäre aufgebaut. Das wurde dann im zweiten Hauptspiel nicht besser, das viel zu verkopft war. Und das hätte man ja machen können, aber ohne Würfelglück wird es nichts. Es war so frustrierend, die Strategien nicht wirklich aufzugehen und den ständigen Kampf zwischen Gefängnis und Kriechendes vorankommen. Die Regeln, die sie aufgestellt haben, waren teilweise auch sehr unausgereift. Einige bekamen ständige Unterstützung, wogegen andre nur, wenn sie im Vollmond eine passende Melodie pfiffen, eine Chance hatten, etwas zu bekommen. Das Spiel hätte extrem davon profitiert, erst mal eine Proberunde zu spielen, etwas, wovon sie später gelernt haben. Das Spiel am Abend war dann wieder richtig gut. Eine Mischung aus gutem Gedächtnis und Kombinationsgabe. Was sonderbar war, war, dass man nicht mehr Pieces ergattern konnte. Hier merkt man, dass ORBIT seine sozialistische Strategie (die ich persönlich sehr gut finde) dem Kernspiel nicht gut getan hat und man irgendwie umdisponieren musste.
        Im dritten Hauptspiel ging es darum, mithilfe von einer guten Strategie seine und andere Zahlen herauszufinden. Im Kern war da Spiel richtig toll, aber auch hier sind die Allianzen nicht wirklich aufgegangen, mit vielen Tränen am Ende. Ich habe auch das Gefühl, dass danach ein kleiner Shift stattgefunden hat, der alles etwas angenehmer gemacht hat. Es wurde weniger aggressiv und mehr strategisch, was mir gut gefallen hat. Word Tower war auch ein super spaßiges Preisspiel, bei dem man selbst auch toll mitmachen konnte. Was man leider nicht so von dem nächsten Hauptspiel sagen kann, das teilweise wieder so verkopft war, das man dem ganzen kaum folgen konnte. Das wurde auch nicht durch die enthüllung der Auktionsgewinner einfacher. Aber an sich fand ich es ein tolles Spiel, das doch mehr Hirnschmalz verlangt als man als erstes denkt. Ich denke nur das das ganze noch besser funktionieren würde, wenn die Allianzen etwas mehr aufgespaltet wären. Das Spiel mit den Waagen hat mir ausgezeichnet gefallen, denn genau sowas habe ich mir bei dem Konzept erhofft. Das ging dann auch mit dem nächsten Hauptspiel und dem Grünflächen auslegen weiter. Es war so clever, die besten Bonusse an die gefährlichsten Orte zu legen. Das Spiel mit den Gesichtern war dann auch echt cool, vor allem mit den erlaubten Fehlern die man machen kann. Hier sind sie richtig zusammengewachsen. Es gab zwar Pieces, aber das war bei weitem nicht so wichtig wie die Aufgabe und das damit einhergehende Preisgeld zu gewinnen. Und dann kam das Zahlen Poker, was mein persönliches Highlight war. Kein Platz mehr für Allianzen, sondern ein brutaler Wettstreit bei dem jeder sein bestes geben muss, um nicht rauszufliegen. Und dann das Finale, bei dem alle Teilnehmer nochmal hinzugekommen sind, um dem ganzen beizuwohnen. Das Finale war so unfassbar spannend und auch teilweise so viel knapper als gedacht. Ich mochte Mühle schon immer und fand es richtig schön, es auf so einem Level zu sehen. Und respekt vor dem zweiten Spiel. Ich versuchte mitzumachen und hätte vielleicht drei Punkte bekommen, wenn sie mir niemand davor weggeschnappt hätte.

        Staffel 2 (8)
        Endlich ist sie da! The Devils Plan geht in die zweite Staffel. Die erste war schon ausgezeichnet, mit nur einigen Fehlern, bei denen sie jetzt genügend Zeit hatten sie auszubügeln. Und was soll ich sagen, sie haben es geschafft. Die Staffel macht alles besser als die vorgänger, aufbauend auf dem großartigen Gerüst. Die Spiele sind immer noch knackig, aber nicht ganz so verkopft. Mit oftmals mehreren Ebenen und Kniffen, die alles nochmal auf den Kopf stellen. Ein Aspekt, der die erste Staffel schwer gemacht hat, war die Dynamik unter den Spielern. Vor allem durch das an sich clevere, aber dann doch sehr ausbremsenden und konfliktscheue System von Orbit. Hier werden klare Grenzen gezogen, mit einem fancy Wohnbereich für die Reichen und einem einzigen Gemeinschaftszimmer für die Armen, bei dem es jeden Abend zu einem Kampf ums Überleben geht. Das erschafft eine ganz besondere Dynamik, die sich in den leichten Momenten wie eine Klassenfahrt anfühlt. Die Lehrer sind auf einem anderen Stockwerk, mit wahrscheinlich Einzelzimmern. Wogegen die Kids zusammengepfercht in einem gemeinsamen Schlafsaal sich austoben. Mit einigen Abenteuern und Rätseln auf den Ebenen. Das führt auch dazu, dass, gerade am Anfang, quasi kein langweiliger Moment auftaucht. Es ist ständig was los! Von den Haupt- und Gefängnisspielen, verschiedene Escape Room Elementen und ständig wandelnden Allianzen dazwischen. Und das ganze wird großartig dargestellt durch einen Schnitt und Postproduktion, die zum besten gehört, was es da draußen gibt.Geschickt werden die Entscheidungen und das Filmmaterial genutzt, um innerhalb der Spiele auch faszinierende Narrativen zu erschaffen. Das einfachste Beispiel ist beim Pokerspiel, wenn man auch den Zuschauer im Dunkeln lässt, welche Hand die Teilnehmer haben. Oder im ersten Spiel, bei dem man überraschend wenig von einer Gruppe hört, bis am Ende alles klar wird. Als ausgeklügelter Plan, der perfekt aufgegangen ist. Selbst wenn die Teilnehmer untereinander etwas ausmachen, wird das mit einer Grafik aufgewertet und mit extra Informationen gefüttert. Da versteht jemand sein Handwerk! Man muss sich wirklich vom Fernseher wegreißen, um nicht alles in einem Rutsch anzuschauen. Und das ist an sich auch keine gute Idee, weil es sonst irgendwann zu viel wird. Aber nur eine Folge am Stück anzuschauen, scheint mir fast unmöglich. Ich liebe auch die neuen Spiele, die allesamt ausgetüftelt und clever sind, aber dabei das Rad nicht neu erfinden wollen. Die Preisspiele sind auch wieder dabei, die aber leider etwas unter ihrem Potential bleiben. Ich habe gehofft, dass man das Spiel vielleicht auf eine andere Art spielen muss, um sie zu knacken. Das erste Mal “Lass keinen sterben, sonst bekommt ihr nix” war noch okay, aber beim dritten Mal wird es doch etwas dröge. Ich werd jetzt über die Spiele reden, aber nicht wer wann rausfliegt. Richtige Spoiler beginnen, wenn es um die Teilnehmer gegen Ende geht. Wenn ihr euch also nicht Spoilern lassen wollt, dann hört spätestens dort auf.
        Das erste Hauptspiel ist eine Variante von Scotland Yard mit ein paar Kniffen und manipulativen Strategien. Ein wirklich spannendes Spiel, das einen dann auch noch nach dem Sieg der Diebe auf Trapp hält. Das erste Gefängnisspiel nimmt ein einfaches Konzept mit zwei Zahlenkarten, die man strategisch einsetzen muss. Ein Abwägen von Risiken und Gewinne. Das zweite Hauptspiel mit dem unbekannten Regelwerk war auch richtig stark (vor allem im Vergleich zu dem ähnlichen Spiel in der ersten Staffel). Es war spannend, die Regeln mit den Teilnehmern ausfindig zu machen und die Intrigen und Allianzen, die daraus entstanden sind. Zwischen den Spielen werden dann auch Rätsel auf der Ebene gelöst und neue Herausforderungen gestellt. Und hier muss ich abermals die Inszenierung loben, von dem weißen Raum, der in die düstere Halle führt, mit einer Plattform und einem gigantischen Bildschirm. Als Informatiker war mir das Springerproblem natürlich bekannt, aber das hat es nicht weniger spannend gemacht. Bei dem die ersten zwei Herausforderungen ohne Probleme gelöst wurden, bis das 8x8 Feld plötzlich alles nochmal durcheinander bringt. Und dagegen das Brunnenspiel im Gefängnis, bei dem sich die Teilnehmer durch eine stockfinstere Röhre kriechen müssen, um dann in einer unfassbar stressigen Situation ein sehr kryptisches Rätsel zu lösen. Bei dem auch wirklich getaucht werden muss, um das Rätsel im letzten Moment zu lösen. Wahnsinn! Die Dynamik zwischen oben und unten verhärtet sich dabei auch Tag für Tag. Das simple Rollenspiel bietet den Teams doch ungeahnte Möglichkeiten. Mit ausgefeilten Plänen, die dann so zufriedenstellend sind, wenn sie aufgehen. Und einem brutalen Twists, der sich von dem Level der Intrige angefühlt hat wie aus der Hand von George R.R. Martin. Der Mordversuch, der durch einen kleinen Zufall gerade noch verhindert wurde und dann ganz andere Konsequenzen nach sich zieht, ist großartig! Das Überlebensspiel war eine abgespeckte Variante von Texas Hold, mit ein. Teilweise abgespeckt ist, aber dafür mit einem Tippspiel, das ganz neue Komplikationen mit sich bringt. Ein Spiel, das sich ewig zieht, mit so vielen krassen Runden, wo sich oftmals alles nochmal ändern kann. Das nächste Hauptspiel war eine Schatzsuche mit Pfeilen, die man im Team absolvieren muss. Eine sehr gute Entscheidung das gleich am Anfang festzulegen und so die eh schon verhärteten Fronten etwas aufzuweichen. Das mit den Annahmen der geheimen Regeln und Loopholes des letzten Spiels nimmt und auf den Kopf dreht. Das Spiel hat auch eine sehr schöne Dynamik, mit einem Geistesblitz Gewitter und dem Wunsch, alle Rätsel des Brettes zu entlocken. Mit einem miesen Preis am Ende, der meiner Meinung nach maximal schlecht (zumindest wenn es um die Harmonie im Haus geht) eingesetzt wird. Triple Dice ist nochmal ein klassisches Konzept mit neuen strategischen Möglichkeiten. Das ganze wird auch wirklich gut genutzt, bei dem jemand auch mal seine Runde ruinieren muss, um jemand anderen aufzuhalten.
        Ab hier gibt es leider einen kleinen Stimmungseinbruch. Das Spiel: Balance Mancala ist Konzeptionell sehr stark. Die Unterdrückten aus dem Gefängnis haben endlich die Möglichkeit, den oberen eins auszuwischen und gleichzeitig für eine Chancengleichheit zu sorgen. Es wäre die Möglichkeit das Blatt zu wenden! Und am Anfang funktioniert das auch ganz gut, mit ein paar tollen Twists und neuen Allianzen. Bei dem endlich mal Konsequenzen für das teilweise sehr unfaire Verhalten der oberen Schicht spürbar gemacht und Gemüter heiß laufen. Wo es teilweise auch echt hässlich wird. Mit einem brutalen Ende, das dann von einem Deus Ex-Machina plötzlich ins Nichts verpufft. Und das ist einer meiner großen Kritikpunkte. Der Gutschein, der im oberen Sonderspiel gewonnen wurde, war viel zu mächtig. Die Aufgabe war keine leichte, das stimmt. Aber man konnte sich immerhin darauf vorbereiten. Und selbst wenn man dabei versagen sollte, fliegt man nicht raus, sondern verliert ‘nur’ all seine Pieces. Wenn man das Gefängnis-Sonderspiel anschaut, ist es ein ganz anderes Niveau. Ein Spiel, auf das man sich nicht vorbereiten kann, mit der Gefahr, dass man ausscheidet, wenn man es nicht schafft. Dass der Gewinner dieses Spiel 10 Pieces bekommt, ist extrem gerechtfertigt. Das alleine finde ich schon, sollte weniger Pieces wert sein. Aber dass man es auch jederzeit einsetzen und sich vor Tod und Gefängnis schützen kann, ist zu mächtig. Vor allem durch die Relevanz der Pieces in den letzten Spielen. Entweder sollte es eine ‘Get Out Of Death'- oder ‘Get Out Of Jail’ Karte sein, aber nicht beides. Das macht auch all das Zusammenspiel der Gefangenen so nutzlos am Ende. Ausgepowert geht es in das nächste Gefängnisspiel, auf das sich die Teilnehmer tatsächlich vorbereiten konnten. “Wand Go”, ein ‘Lege und Zieh’ Spiel, mit überraschend strategischer Tiefe. Bei dem man durch ein unbedachten Zug plötzlich alles verlieren kann. Das letzte Hauptspiel hätte auch richtig gut sein können. Eine Variante des Spiels ‘Bluff’ nur mit Karten anstatt mit Würfeln. Ich glaube, es war die Intention des Spielmachers, das sich die Schwachen gegen die starken verbünden, um einen Vorteil zu erhaschen. Aber das passiert nicht! Die zwei stärksten arbeiten einfach die ganze Zeit zusammen und geraten (dank unverschämten Zieglücks) niemals in Gefahr. So wird aus einem eigentlich interessanten Spiel eine Geduldsprobe, bei der die weniger Privilegierten nur zusehen können, wie sie langsam ausbluten. Das macht das Anschauen anstrengend, vor allem weil sie sich ständig wieder besprechen. Stell dir mal vor, du spielst ‘Monopoly’ oder ‘Mensch, Ärger dich nicht’ und nach jedem Würfel muss man erst mal mindestens eine Minute warten, bis es endlich weitergeht. Es wäre besser gewesen, wenn man keine Information tauschen dürfte. Oder wenn, dann so, dass alle am Tisch das mitbekommen. Gute Idee, aber furchtbar umgesetzt! Immerhin ist das Gefängnisspiel ganz nett. Eine Probe im Kopfrechnen und Muster erkennen, das den zwei Teilnehmern nochmal alles abverlangt.
        Nach den letzten zehrenden Episoden geht es dann in das Finale über, das nochmal die Kurve bekommt. Es ist so heilend, alle Teilnehmer wieder zu sehen und auch zu merken, dass kein böses Blut zwischen den Teilnehmern herrscht. Alle sind Hyped darauf, zu sehen, wie die zwei Finalisten sich schlagen werden. Mit einem strategischen Legespiel ‘Höher oder Tiefer’. Ein altes Nepalesisches Brettspiel, welches erst während des Spielens richtig klar wird, wie tief das Konzept geht. Und noch ein Deduction Spiel (wovon ich immer ein Fan bin), bei dem sie fast in einen Deadlock verfallen, und dann doch auf denkbar knappste Art beendet wird.
        Die Dynamik von Oben und Unten gab es auch schon in der ersten Staffel. Diese wird hier aber auf ein ganz neues Niveau gehoben. Statt zwei Teilnehmer pro Nacht, wird die Hälfte der Spieler in den Untergrund geschickt. So hat die eine Hälfte ihre eigenen Zimmer mit großem Bett, mehreren Räumen auszuweichen und ein reichhaltiges Frühstück und Abendessen. Die anderen sind zusammengepfercht in einem Zimmer, in den gleichen Uniformen und ohne persönliche Gegenstände. Das führt dazu, dass man sich oben locker zurückziehen kann, aber unten dadurch gezwungen wird, mit den anderen Teilnehmern zu interagieren. Das ist glaub ich auch der Grund, warum die Meinungen der Teilnehmer sich so schnell änderten, sobald sie nur eine Nacht im Gefängnis verbringen. Das Überlebensspiel schweißt die Überlebenden dann auch weiter zusammen. Psychologisch ein ausgezeichneter Trick, der hier wunderbar aufgeht.
        Ich weiß das die Kritik schon ziemlich lang und ausführlich ist, aber ich möchte noch ein paar Sachen zu den Teilnehmern sagen. Die Auswahl diesmal war schärfer als die der ersten Staffel. Mit so vielen unfassbar intelligenten Menschen (wenn ich jetzt höre, dass jemand an der KAIST studiert hat, bedeutet das auch was für mich), die zwar alle clever sind, aber sich teilweise dann doch sehr unterscheiden. Und natürlich kannte ich niemanden davon, ausgenommen Justin H. Min aus BEEF. Er hat auch eine sehr sympathische Ader an sich und einen unterhaltsamen und radikalen Spielstil. Der sich dann auch lieber alleine rum schlägt und höchstens mal eine Zweckgemeinschaft eingegangen ist. Ich glaub das liegt auch an der Sprachbarriere, die nicht nur ihn etwas ausgeschlossen hat, sondern auch Se-Dol. Ein exzentrischer und herrlich ehrlicher Go-Champion, der etwas anders ist, und deswegen wahrscheinlich auch als Gefahr angenommen wurde, auch wenn er keiner Fliege was zu leid tun kann. Die zwei Musiker waren auch sehr nett. Chuu hatte leider nicht viel Zeit, um zu zeigen, was sie drauf hatte. Dagegen war Kyu-Hyun schon von Anfang an ein Powerhouse. Der sich clever und geschickt durch die Spiele geschlängelt hat, bis er leider als Konsequenz der oberen Arroganz gehen musste. Die ehemalige Miss Korea, die auch richtig was auf dem Kasten hatte, hat dann doch zu viel gewagt und leider verloren. Ich mochte auch die Teilnehmer des offenen Castings. Sang-Yeon musste leider auch viel zu früh gehen, als Bauernopfer einer frühen Intrige. Ich wette er hätte noch einiges Leisten können. Aber nicht so viel wie Ha-Rin, die ebenfalls mit ihrer Exzentrik und Getriebenheit geglänzt hat. Und natürlich Eun-Yoo, die Anwältin, die sich wirklich bis zum Schluss durch alle Herausforderungen gebissen hat und zurecht den Titel der ‘Prison Queen’ ergatterte. Jie-Young, die Nachrichtensprecherin, leidet leider am RBF, was sie aber in ihren Qualitäten als Spielerin überhaupt nicht einschränkt, aber vielleicht etwas mehr Fokus auf ihre Allianzen und deren Konsequenzen behalten könnte. Wenn ich koreanisch sprechen würde, hätte Tinno auf jeden Fall einen treuen Zuschauer. Als großer Brettspiel Nerd hatte er gleich einen Stein auf meinem Brett. Mit seiner sehr sympathischen und offenen Art und einem tiefen Verständnis von Spielmechaniken. 7High ist auch ein richtiger Charakter, der vielleicht beim ersten mal etwas schroff wirkt, der aber alles andere als Mies oder Gefährlich ist. Hyung-Joon hat in der Show auf jeden Fall die größte Entwicklung durchgemacht. Vom Gefängnis nach Elysium. In einer Sonderrolle zwischen den Fronten. Und dann natürlich das Finale Duo. So-Hee war mir am Anfang recht sympathisch. Sie gab das Gefühl einer Lehrerin, die besorgt auf ihre Kinder herunter blickt. Die mir dann aber viel zu passiv wurde und sich zu leicht leiten lassen hat. Inklusive einer sehr miesen Entscheidung, welche die Animosität gegen die oberen nur noch festigte. Die dann mit unmengen von Stress und einhergehenden Magenverstimmungen gestraft wurde. Bei der ich mir wegen der Passivität erst nicht sicher war, ob sie eine gute Finalistin abgeben wird, dann aber schnell eines besseren belehrt wurde. Und natürlich noch Hyung-Gyu. Ein Typ, den ich am Anfang auch sehr sympathisch fand. Mit seiner intelligenten und getriebenen Art versucht er das meiste aus den Spielen und der Zeit herauszuholen. Der sich kurz vor dem Finale auch nicht mit Ruhm bekleckerte, mit seiner holier than thou Art, die einfach nicht funktioniert hat. Immerhin hat er sich dafür entschuldigt. Und auch wenn ich den geheimen Preis der Plattform nach wie vor übertrieben fand, hat er es sich schon redlich verdient. Genau so auch den Sieg. Ich glaub er ist diese Person Mensch, die immer zu 100% rational und zu seinem eigenen Gunsten agiert. Das kann von außen sehr kaltblütig erscheinen, aber er macht nur das, was das Spiel verlangt. Ein kleiner aber frustrierender Fehltritt, den sie hoffentlich in der nächsten Staffel ausbügeln.
        Die zweite Staffel ist so ein fantastischer Schritt nach vorne. Es nimmt die besten Aspekte der ersten Staffel und bügelt fast alle Kerben aus. Nur leider in den letzten Episoden sind ein paar Denk- und Design Fehler, die leider am Spaß der Serie zehrt. Aber gerade bis dahin war ich unfassbar gut unterhalten und ich hoffe, dass sie abermals aus Fehlern lernen und uns eine brillante dritte Staffel bescheren.

        2
        • 7 .5

          Nach der letzten Folge der Grand Tour wollte ich nicht, dass es vorbei ist, und da kam Clarksons Farm genau richtig. Der ungehobelte Klotz mit mehr Selbstvertrauen als Verstand möchte ein Experiment wagen. Er kauft sich eine Farm und möchte sie für ein Jahr lang führen, während ein Kamerateam von Amazon das ganze filmt. Er bestellt die Felder, besorgt sich Tiere und versucht sein Bestes, einen Bauernhof zu führen. Dass das alles nicht so leicht ist, merkt er schnell.
          Wenn man ein Fan von ihm ist, oder auch einfach nur die Art und Weise von Top Gear und Grand Tour mag, fühlt man sich hier gleich willkommen. Die Machart besteht aus charmanten Voice Over, lustigen Shenanigans inmitten von ernsten Versuchen. Das ganze wird mit einem guten Soundtrack und ästhetischen Bildern untermalt. Dass es Jeremy ernst ist, merkt man schnell. Er kann es natürlich nicht lassen, immer mal wieder gegen den Strom zu schwimmen und dafür auf die Nase zu fallen (Drei Punkt Wenden ist was für Loser). Aber sein Herz hängt an der Farm, an den Tieren und an den Menschen, die ihn unterstützen. Und obwohl ich auf dem Land aufgewachsen bin, hatte ich auch keine Ahnung, wie stressig ein Bauernhof sein kann. Die gigantischen Maschinen bringen ihre eigenen Probleme mit sich, die durch staatliche Auflagen und störrische Lokalpolitiker noch weiter erschwert werden. Dafür, wie wichtig Bauern für die Gesellschaft sind, wird es ihnen nicht wirklich leicht gemacht. Andererseits kann man es verstehen, vor allem für die erste Staffel. Es ist immerhin Jeremy Clarkson, der besonders durch seine Polarisierung besticht. Aber spätestens nachdem man merkt, dass er dabei bleibt und nicht nur Chaos veranstalten möchte, um dann jemand anderen aufräumen zu lassen, sollte man etwas offener an Diddly Squat und seinen Ideen eine faire Chance geben. Vor allem weil er ja auch recht früh nicht mehr alleine steht. Charlie ist zwar ein sehr starrer Typ, aber er gibt sich wirklich Mühe, all die Regeln zu beachten und respektvoll und gleichzeitig profitable voranzukommen. Kaleb beginnt als Aushilfe und übernimmt über die Zeit immer größere Aufgaben. Wie bereits gesagt, ich komme auch vom Land, und ich kenne auch Leute wie Kaleb. Ein sehr kleiner Horizont, wenn es um den Rest der Welt geht, aber ein unglaublich großes Herz für ihre eigene kleine Welt. Und auch wenn er keine Ahnung hat, was gerade in der Welt vor sich geht, kann er dir alles über Samen, Felder, Tiere und gigantische Maschinerie erzählen. Darunter auch solche Charaktere wie Gerald, bei dem selbst die Untertitel irgendwann aufgeben. Es ist auch schön, wie experimentierfreudig Jeremy ist und er (natürlich auch für den finanziellen anreiz, aber nicht nur) sich auch für ein natürlicheres Farmleben einsetzt und auch über die Felder hinaus schaut um dem Land und der Natur den Raum zu geben, etwas schönes zu zaubern. Man bekommt einfach ein ganz neues und vielschichtiges Bild des Berufsstandes, der einem auf jeden Fall mehr Respekt gibt.
          Die erste Staffel ist noch sehr rau und von einem Experimentier und Fehler freudigen Jeremy geprägt. Man bekommt einen tollen Einblick, was man alles auf so einer Farm machen muss, und wie ohnmächtig man vor der Natur sein kann. Denn bei all den Widrigkeiten ist das Wetter der eindeutige Bösewicht dieser Staffel. Aber man merkt, wie Jeremy Unmengen lernt und ich bin froh, dass er einen dabei mitnimmt, um ein viel besseres Verständnis für den Beruf eines Bauern zu bekommen, bei dem Unmengen von Arbeit und Geld hineinfließen.
          In der zweiten Staffel bekommt man ein ganz anderes feeling. Man merkt, dass Jeremy mehr Erfahrung hat und alles auch etwas ernster nimmt. Allein, dass er nach einem Jahr nicht abgebrochen hat, spricht Bände. Denn er steckt wirklich all seine Energie und Geld in das Projekt, bei dem eine Pandemie und Unmenge von Bürokratie die größten Probleme darstellen. Das alles kumuliert in einem sehr zufriedenstellenden Ende, bei dem alle wirklich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt haben, damit das Restaurant ein Erfolg wird, auch wenn es wahrscheinlich nur kurzlebig ist.
          In der dritten Staffel geht es etwas gesetzter zu. Das Restaurant ist leider Geschichte, dafür gibt es jetzt einen kleinen Imbisswagen, um zumindest etwas von dem Rindfleisch zu verkaufen. Dass sich der Stadtrat dann noch aufregt, dass es keine Parkmöglichkeit gibt, ist dann schon fast schmerzhaft ironisch. Aber auch dieses Jahr steht die Zeit nicht still. Jeremy und Kaleb teilen den Betrieb untereinander auf, sodass sich Jeremy mehr auf Shenanigans konzentrieren kann. Manche davon gehen auf, andere nicht. Aber gerade die kleine Pilzfarm im Untergrund wirft massive Pilze und Gewinne ab. Und statt Schafe oder Kühe gibt es diesmal Schweine und später auch kleine Zicklein. Die Folge mit all den Schweine Geburten war Herzzerreißend. Aber schön, dass sie nicht aufgegeben haben und viel aus den ersten Fehlern gelernt haben. Dass dann gegen Ende die Entscheidung des Stadtrats gekippt wurde, lässt mich schon sehnlichst die nächste Staffel erwarten. Es gab auch ein paar wirklich schöne Momente, wie die gute Nachricht über Pepper oder dass Gerald seinen Krebs besiegt hat. Man merkt, dass sie wirklich Jahr für Jahr enger zusammenwachsen und Jeremy und Lisa es nicht bereuen, das Leben in London hinter sich gelassen zu haben.

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            Jurassic Park ist nach wie vor ein Meisterstück, bei dem es schwer wird, eine gute Fortsetzung draufzusetzen. Der zweite Teil hat dabei auf ganzer Linie versagt und ist meiner Meinung nach auf einer Ebene mit den furchtbaren Jurassic World Filme. Deswegen war ich mir nicht wirklich sicher, was bei Jurassic Park 3 auf mich wartet. Und ja, es kommt bei weitem nicht an den ersten Teil heran, aber er versucht es auch gar nicht. Wo der zweite Teil ständig versucht hat, sich an den ersten Film zu erinnern, mit Hommagen, die einfach nochmal beweisen, wie viel besser der erste Teil ist, setzt sich Teil drei etwas ab und macht einfach sein eigenes Ding, was wunderbar funktioniert.
            Auch wenn ich Ian Malcolm mag, ist Alan Grant ein so viel besserer Protagonist. Das wird auch schon am Anfang klar, als er mit Ellie und ein paar Kindern rumhängt, und dann weiterzieht, sobald ihr Mann auftaucht. Netter Misdirect! Es wird auch schön gezeigt, wie er wirklich am kämpfen ist, nach all dem, was vorgefallen ist. Sein ganzes Studienfeld steht kurz vor dem Aus, auch wenn es natürlich Schwachsinn ist, da die Dinos auf den Inseln nicht dieselben Kreaturen sind, deren Knochen sie sorgfältig ausgraben. So ergibt es auch Sinn, dass er den Kirbys hilft, da er sonst nicht viele Alternativen hat. Und er war auch nie der hellste, was Social Cues angeht, weswegen er auch einfach ignoriert hat, dass Mrs Kirby so ängstlich war. Und da die ganze Gruppe ziemliche Pfeifen sind, wird auch sofort klar gemacht, dass sie nach der Landung keine fünf Minuten brauchen, um einen zurückzulassen und zu crashen. Ich liebe auch, wie schnell sie zu den Dinosauriern kommen, mit dem ersten im Flugzeug als Traum. Und auch den Nonstop Onslaught am Anfang, der mit einem ziemlich heftigen Kampf endet, bei dem der T-Rex tatsächlich überwältigt wird. Ich muss aber zugeben, dass ich den neuen “Bösewicht” nicht so beeindruckend finde. Er hat einfach nicht den Coolness-Faktor, der dem T-Rex schon eingebaut ist. Aber beängstigend ist er allemal. Und nachdem er das Satellitentelefon gegessen hat, kündigt er sich immer auf ulkige Art und Weise an. Ich liebe auch, wie die Dinosaurier immer in die Kamera reinschauen, als ob die Filmcrew von “The Office” unterwegs ist. Es ist alles etwas dämlich und überzogen, aber das passt auch, weil der Film keinen Hehl daraus macht. Genau so auch Mr und Mrs Kirby, die beide solche Pfeifen sind, dass es ein Wunder ist, dass sie so ein cooles Kind zur Welt gebracht haben. Natürlich ist es extrem unwahrscheinlich, dass ein Kind in so einer Situation so lange überleben würde, aber das ist auch nicht schlimm. Und die Set-Pieces, die sie haben, sind unterhaltsam. Statt irgendwie random durch die Gegend zu watscheln, wie es im zweiten Teil der Fall war, latschen sie hier immerhin durch interessante Gegenden. Der riesige Vogelkäfig ist sehr cool gestaltet, mit dem dichten Nebel, den wackeligen Pfaden und den Monstern, die überall auftauchen können. Billie sein Opfer ist auch sehr stark und hat dann auch, wie es sein soll, eine richtig heftige Wirkung auf Alan. Er macht in diesem Moment so viel mehr Entwicklung durch als alle Charaktere aus dem zweiten Teil. Und als sie auf dem Schiff sind, mochte ich sehr, wie sie den Käfig, der die Tiere zum Schutz innen halten soll, einfach auf den Kopf stellen und sie sich darin schützen, bis sie ins Wasser fallen. Und dann die heroische Einstellung, mit dem Flammen auf dem Meer und dem kleinen Kachelmann, wie er scheinbar dem Tod noch ein Schnippchen geschlagen hat. Ich liebe einfach, wie schamlos Dumm die beiden einfach sind und wie sie dann am Ende doch irgendwie zueinander finden. Und dann die letzten Shots, mit den Flugsauriern, die aus ihrem Käfig entkommen sind und sich neue Orte zum Leben suchen. Life finds its way.
            Der Film nimmt sich nicht so ernst, und das tut ihm gut. Statt irgendwelchen überzogenen Zielen, sind die Bösewichte einfach imkompetent und etwas dumm. Die Prämisse ist einfach und der Film hält einen richtig bei der Stange. Das Drehbuch ist super unterhaltsam und das Pacing ist fantastisch. Natürlich kommt er niemals an die Ehrfurcht und Spannung des ersten Teils ran, aber das versucht er auch einfach nicht. Er nimmt sich das Einzige, was mir an Teil zwei gefallen hat, das Ende, bei dem sie einfach Spaß haben, und machen einen ganzen Film daraus. Ich verstehe wirklich nicht, warum der zweite Teil im Konsens so viel besser ist als dieser.

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              Als Fan von Found Footage Horror gehört die VHS Serie zu einer Schatzkiste, bei der man nie weiß was man bekommt. Qualitätskontrolle gehört nicht unbedingt zu ihrer Stärke. wahrscheinlich auch um die Kreativität der Beiträge nicht einzuschränken. Das ist einerseits sehr ehrenwert, aber es kann auch passieren, dass unter ein paar richtig schönen kreativen Beiträge teilweise das schlechteste ist, was man in dem Genre gesehen hat. Wenn ihr euch jetzt fragt, warum die Anthologie nur mit 5 Punkten dasteht, das liegt daran, dass ich alle Episoden einzeln bewerte und am Ende den Durchschnitt berechne. Und in diesem Fall hat man zwei absolute Katastrophen und drei richtig nette und kreative Stücke. Ich werde die Geschichten spoilern.

              Shredders - 2
              Am Anfang hatte ich hoffnung was Shredders angeht. Die absoluten Edgelords waren so scheiße, das ich mich richtig darauf gefreut habe, das ihnen ein neues Loch aufgerissen wird. Ich mochte auch das Video im Video, vor allem wenn es auf die ulkige Art und Weise verzerrt wurde. Alles hat so ein schönes Amateur Gefühl, von Leuten die an nichts wirklich glauben, als einfach nur härter als die anderen zu sein. Ich mochte auch noch das springen auf die gefüllten Sexpuppen, weil es einfach so fucked up. Als dann der Twist losging und die andere Band aufgetaucht ist war ich gespannt was sie mit der Vorlage gemacht wird. Aber dann kam nichts. Die Maske war noch ganz nett, aber der Horror ist so hart daneben. Wer sich heute noch von ‘gruseligen Masken’ erschreckt, wird vielleicht spaß damit haben. Aber bei mir zieht das einfach nicht mehr. Es sei den es ist richtig schön in einen Kontext eingebettet wie in Hell House LLC. Es wird auch nie etwas mit der überzogenen und lächerlichen Edgyness gemacht, sodass man das Gefühl bekommt, die Macherin meint es einfach ernst? Auch das es keinerlei tiefe hat ist enttäuschend. Es muss nicht die deepste Geschichte erzählen, aber das Konzept der Episode geht nicht über zwei Punkbands die dann klar machen wer viel krasser ist ey! hinausgegangen. Das und ein paar Bilder wie die Körperteile die auf der Bühne spielen. Aber all das zieht nicht wirklich und hat auch nicht den Charm oder Witz, das man es auf eine augenzwinkernde Art und Weise sehen könnte. Was für ein absolut Enttäuschender Anfang.

              Suicide Bid - 0
              Im zweiten Film dreht sich alles um eine Sorority, eine Schwesternschaft an der Uni, die über das zukünftige Soziale Geflecht entscheiden wird. Ein interessantes Thema. Auch die absolut cheesy Geschichte über Giltine, eine Schwester, die bei der Mutprobe verstorben und verschwunden ist, fand ich erst mal ganz charmant. Auch der Friedhof als Spielplatz ergibt Sinn und war auch ganz nett. Wo mich die Episode das erste mal verloren hat, war die komplett unnötig komplizierte Erklärung der Mutprobe. Wenn bei deinem Kurzfilm die erklärung ein drittel der Zeit einnimmt, hast du irgendwas falsch gemacht. Die Exposition am Anfang war auch schon holprig, aber hier wurde es echt lächerlich. Dabei war die Idee mit dem Sarg richtig gut. Die Spinnen waren etwas zu viel, aber das eindringende Wasser ist eine wirklich verstörende Idee. Leider wird das ganze durch die Kameraführung etwas zunichte gemacht. Wer würde sich in so einer Situation von oben nach unten abfilmen, anstatt sie einfach zur Seite zu legen und den Deckel mit beiden Fäusten zu malträtieren. Den letzten Funken an guten WIllen wird dann durch das Auftauchen von Giltine kaputt gemacht. Das erste Erblicken im Glaskreuz war noch cool, aber es wurde dann einfach zu viel. Und den Vogel schießen sie dann noch mit dem Ende ab, was nicht nur narrativ, sondern auch in der Darstellung absolut abkackt. An sowas muss ich denken, wenn jemand sagt “Ich hasse Horrorfilme”. Als Horrorfan tut mir das natürlich im Herzen weh, kann es aber auch niemanden verübeln. Was für eine Katastrophe! Und die Pointe der Geschichte ist genauso flach wie das schauspielerische Talent der Mädels. Warum nicht verzweifelte Teilnehmer an eine Totengöttin opfern? Man hätte alles gleich behalten können. nur dass sie bei der Flucht vor der Polizei sagen “We get it later” und damit das Videoband meinen, das sie dann mit der Zahl 1999 in ein Regal einreihen. Auch nicht das kreativste, aber besser als das, was dabei rausgekommen ist. Ich kam mir am Ende echt verarscht vor, weswegen ich den Film nichts besseres als eine 0 geben kann.

              Ozzys Dungeon - 9
              Ich war sehr überrascht, den Namen Flying Lotus bei den Regisseuren zu sehen. Ich mag ihn als Musicproducer und war gespannt, was hier auf einen zukommt, auch wenn mich die zwei Episoden davor nicht gerade hoffnungsvoll gestimmt haben. Aber jeglicher Zweifel war in binnen von Sekunden weggeblasen. Ozzys Dungeon ist einer klassischen Kindershow nachempfunden. In Deutschland hatten wir in meiner Kindheit den Tigerentenclub oder vielleicht Eins Zwei Oder Drei, das in diese Richtung ging. In den USA gab es die Show “Legend of the Hidden Tempel”, die ganz klar ästhetisch und inszenatorisch die Vorlage für Ozzys Dungeon war. In einem Hindernisparcour müssen sich die Gewinner der vorherigen Spiele beweisen, um am Ende einen Wunsch äußern zu dürfen. Bei der Aufnahme, die wir sehen, wird das Bein eines Mädchens gebrochen und somit auch ihre Chance auf den Wunsch. Es wird immer wieder zurückgespult und erneut gezeigt, bis der Frame sich in einem Keller oder einer Garage wiederfindet, in der das Set auf eine eigene Art und Weise nachgestellt wurde. Der Host der Show muss sich nun durch Aufgaben und den Parkour beweisen. Dabei wird das Feeling innerhalb beider Ebenen echt toll eingefangen. Der Beinbruch war echt verstörend und vor allem, wenn man sieht, wie das Bein jetzt aussieht. Hat gerade Shredders auch versucht mit Gore zu punkten, zeigt Flying Lotus wie man es richtig macht. Auch die Mischung aus Horror und Humor wird hier herrlich punktgenau getroffen. Die Show ist so überzogen, wie man es erwartet, aber das hört auch nicht auf den anderen Ebenen auf. Vor allem die Mutter ist schon bei der Aufzeichnung scary und entwickelt dann etwas ganz eigenes im Hier und Jetzt. Der Tortur Parkour setzt dem eh schon überspitzte Krone auf. Von Säure, zum Messer Helm, dem rottenden Fleisch und eine Tour durch die Innereien, welche Glibber einfach durch andere Substanzen ersetzt. Das ganze nimmt dann nochmal eine überraschende Wendung, als man erfährt, dass Ozzy echt ist. Mit herrlich stressigem Jazz und einem hübschen Kleid, bewegen sie sich zu dem alten Set, vorbei an der Amazone zu einem Altar, der von ehemaligen Teilnehmern beschützt und gepflegt wird. So wird die kleine intradiegetische Welt nochmal auf den Kopf gestellt und endet mit einem Wunsch und einem Lächeln.
              Ozzys Dungeon ist großartig. Die Inszenierung ist absolut fantastisch, die auch gerne mal sehr detailverliebt wird. Es wird binnen der kurzen Zeit so ein interessantes Worldbuilding betrieben, dass die “Suicide Bid” sich nun noch mehr schämen muss. Und Steven Ogg zu sehen ist eh eine Freude, vor allem wenn er so sichtlich Spaß dabei hat, als Moderator oder Opfer.Und Sonya Eddy… wow, hat mich wirklich umgehauen. Ozzys Dungeon ist nicht nur der beste Teil aus dieser Anthologie, es könnte sogar der beste Teil aus der ganzen VHS Serie sein. Absolut fantastisch!

              The Gawkers - 7.5
              The Gawkers beginnt schon, bevor diese Episode in den Fokus rutscht. Mit kleinen Animationen über Spielzeugsoldaten. Dass sich daraus eine eigenständige Geschichte entwickelt, habe ich nicht erwartet. Und ähnlich wie Ozzys Dungeon, nimmt sich diese Episode auch nicht wirklich ernst. Das Drehbuch ist richtig lustig und wird durch die Pappnasen an Teenager auch fantastisch zum Leben erweckt. Und auch hier profitiert dieser Film nur von den schlechten Vorgängern. Ähnlich wie bei Shredders sind die Freude sehr rau zueinander, nur statt rein asozial zu verhalten, hat es hier auch einen charm. Shredders waren überzogene Karikaturen und die Gawkers sind es ebenfalls, nur glaubhafter und unterhaltsamer. Dass sie es auch hinbekommen, dass man gewisse Sympathien entwickelt, finde ich stark. Der arme Bruder, der sich dem Druck der Gruppe beugt, um einfach mal dazuzugehören. Und dann der Twist, der schon sehr nett in kleinen Details eingeführt wurde und mich auch an den ersten VHS Film mit “Amature Night” erinnert. Ein sehr ordentlicher Kurzfilm, der vielleicht am Ende etwas den Bogen überspannt, aber dennoch richtig Spaß macht.

              To Hell And Back - 8.5
              Und der Spaß hört nicht auf. Von dem Regisseur von Deadstream ist der letzte Kurzfilm “To Hell and Back”. Die Prämisse und Charaktere werden schnell aufgebaut und dann wird man schon direkt ins Geschehen geworfen. Zwei Dokumentarfilmer wollen ein Hexenritual filmen und geraten dabei ausversehen in die Hölle. Eine ulkige Idee, die ein tolles gleichgewicht aus Scary, Crappy und Goofy findet. Den der Film rennt ordentlich im Stechschritt voran. Dabei sieht man groteske Mahnmale, eine zerfressene Landschaft und den Teufel selbst, wenn mal ein roter Blitz über den Himmel huscht. Auf ihrer Flucht treffen sie auf die Dämonin Mable, die ihnen hilft, den einzigen Zug nach draußen zu nehmen. Der ganze Film erinnert mich wohlig an Sam Raimi, mit sehr coolen Creature Design und der vermählung von verschiedenen Aspekten, die dann überraschend gut zusammenpassen. Da haben wir wieder die Masken aus dem ersten und zweiten Film, die hier teilweise auch crappy aussehen, dann aber dadurch einen bestimmten Charm erlangen. Auch die Dynamik zwischen den Beiden ist zum Wegwerfen komisch. Klar haben sie wichtigeres zu tun, aber man kann es nicht einfach so stehen lassen, wenn der beste Kumpel denkt, dass man doch kein guter Mensch ist. Allein der gelbe Pullover mit dem Partyhut und dem blutigen Dreizack! Das hat was! Auch wenn unser Kameramann ihn von einem Baby klaut. Und dann das Ende, das einem nochmal einen Curveball wirft und wunderbar alles zum Abschluss findet. Ein wirklich gelungener Kurzfilm, der alles aus der Zeit herausholt.

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                Ich habe damals Borderlands, zweimal durchgespielt und Borderlands 2 fast bis zum Ende. Ich würde mich nicht als Fan bezeichnen, aber ich bin auch kein Unbekannter, was die Welt von Pandora und die Vault Hunter angeht. Und ich hatte schon beim ersten Trailer keine große Hoffnung auf das Projekt. Aber was da am Ende herausgekommen ist, war dann nochmal ne Ecke schlechter als erwartet.
                Der Film beginnt auf die langweiligste Art und Weise, wie ein Film beginnen kann: Voiceover. Grob werden ein paar Informationen abgesteckt, ohne wirklich in die Tiefe zu gehen. Dann wird man in die Action geworfen mit einer Flucht aus einer Weltraumstation, um dann nahtlos zur Einführung von Lilith weiterzugehen. Und schon hier merkt man, dass der Ton irgendwie nicht wirklich gut getroffen wurde. Ich glaube, der Film hätte besser funktioniert, wenn er sich an vielen Stellen nicht so ernst genommen hätte. Lilith wird als die aller coolste inszeniert, die sich mit dem fehlenden Augenzwinkern und dem Cringy Humor zu etwas ganz toxischen entwickelt. Zugegeben, der Humor der Spiele war auch immer eher schlecht als recht, aber es hat sich wunderbar in die chaotische Welt eingelebt. Und zumindest habe ich nicht in Erinnerung, dass er so schmerzhaft Millennial mäßig war (Well, that just happened… well, this is awkward…). Dabei sieht der Film eigentlich recht gut aus. Die Kostüme, die Sets und die Props fühlen sich an wie Borderlands. Auch die Busfahrt auf Pandora war ganz nett. Aber all das kann den Film nicht retten, wenn die Geschichte so inspirierend und vorhersehbar ist und die Charaktere nicht über billige Abziehbilder herauskommen. Klar, die Vorlage ist auch nicht besser, aber da ging es nie darum, eine interessante Geschichte zu erzählen. Alles war nur Vehikel, um den Spielspaß voranzutreiben. Auch welchen Charakter man spielt, war, bis auf die spezial Eigenschaften, nicht wirklich relevant für die Geschichte. Nur das funktioniert bei einem Film nicht. Man kann es mit viel Mühe und Fokus hinbekommen, aber der Film versagt auf allen Ebenen. Man hat keine Ahnung, wohin es geht, wie weit sie gekommen sind und worum es im Großen und Ganzen geht. Der McGuffin wird stiefmütterlicher als nur solcher genutzt, ohne es irgendwie interessanter zu gestalten. Dem Film fehlt es an Drive und Entwicklung. Es hilft auch nicht, dass der Film anscheinend im ständigen Twist lag, ob es eine erwachsene Zielgruppe ansprechen soll, oder nicht. Nicht dass es den Film gerettet hätte, aber etwas mehr Blut oder wahnwitzige Gewalt, hätte dem ganzen mehr Flair und Identität gegeben. Auch wusste ich manchmal nicht, wofür diese Witze sein sollten. Ich weiß nicht, wie viele Leute über “HAHAHA, das ist Pipi” oder “HAHAHA, der scheißt Kugel aus” lachen. Wer war die Zielgruppe? Als jemand, der über dreißig ist und die Spiele gespielt hat, fühlte ich mich überhaupt nicht angesprochen. Und damit meine ich nicht mal die Kernaspekte des Spiels, die hier einfach umgedeutet werden, wie zum Beispiel den Phase Walk. Das übertriebene Maß an CGI tut dem Film auch keinen Gefallen. So werden potentiell coole Szenen durch das furchtbare CGI kaputt gemacht. Nicht dass der Kampf auf dem Schrottplatz ein Meisterstück wäre. Aber als Lilith sich via der Wippe durch die Luft geschleudert wurde, hätte ich es unterhaltsamer gefunden, wenn sie eine Puppe in die Luft geschossen hätte, statt dem wackeligen Pixelbrei. Es hilft auch nicht, das alle Konflikte, die auftauchen, binnen fünf Sekunden geklärt werden. Warum sollte ich mit den Charakteren und deren Reise mitfühlen, wenn es eh alles Egal scheint. So schreibt man keinen interessanten Film!
                Ich muss auch über das Casting reden. Das Auffälligste ist natürlich das Alter der Charaktere, was am Ende weniger schlimm war als gedacht. Aber was zur Hölle macht Jamie Lee Curtis hier? Ihre Interpretation von Tannis ist schmerzhaft unlustig. Kevin Hart war bei weitem nicht so schlimm, wie ich es erwartet hatte, aber gut ist auch was anderes. Und auch Jack Black macht es, solange es das Drehbuch zulässt, ganz nett. Wer mir tatsächlich gut gefallen hat, war Florian Munteanu als Krieg. Hier kam tatsächlich ein bisschen Borderlands-Feeling auf. Ariana Greenblatt versucht ihr Bestes als Tina, aber mir ging es so, dass sie immer nerviger wurde, um so mehr Bildschirmzeit sie hatte. Es hilft halt auch nicht, dass die Dialoge und Exposition so unfassbar schlecht sind. Das hat einige Szenen echt unerträglich gemacht, vor allem wenn sie mich in irgendeiner Art und Weise emotional ansprechen wollte. Die herzliche Szene mit Tina war ein Rohrkrepierer. Ähnlich den Szenen mit Liliths Mutter. Und dann das Finale, das weder gut aufgebaut noch abgearbeitet wird. Immerhin gibt es ein paar nette Actionszenen. Und auch wenn das Drehbuch sonst furchtbar ist, die Zeile: “I have something that a man like you will never have. Enough”, ist schon richtig stark! Aber ich glaub da hört es auch auf.
                Wenn man sich etwas in die Entstehungsgeschichte des Filmes einliest, merkt man, dass es eine äußerst schwere Geburt war, die auch nicht spurlos vorbeigezogen ist. Ein typisches Phänomen von zu vielen Köchen in der Küche, Missmanagement und eine fehlende Vision. Mich würde interessieren, wie das Skript von Craig Mazin ausgesehen hat, das dann vor allem von Eli Roth immer weiter zerfleddert wurde. Es wurde einfach nicht verstanden, dass es NIEMANDEN gibt, der die Borderlands Spiele für die Story spielt. Wenn dann höchstens den Telltale Offshoot. Das macht es schon extrem schwer einen guten, kohärenten Film aus Stoff zu entwickeln. Und das ist ihnen auch gar nicht gelungen. Der Film ist nicht für Fans der Spiele gemacht, sondern für Leute, die noch keine Ahnung davon haben. Und das funktioniert einfach nicht. Eine Verschwendung von 115 Millionen Dollar und Unmengen von Zeit. Es tut mir vor allem für all die Leute leid, die ihr Herzblut in den Film gesteckt haben. Bisher ist er, bis auf das teilweise sehr grottige CGI, fantastisch gelungen. Nur schade, dass weder bei den Charakteren noch bei der Geschichte dieselbe Sorgfalt an den Tag gelegt wurde.

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                  Die Zeit der YA Verfilmungen liegt Gott sei dank hinter uns. Aber scheinbar hat das niemand Netflix und McG gesagt. Ich bin mir auch im klaren, das ich nicht die Zielgruppe für den Film bin. Aber ich vertrete die Philosophie das man sich bei einem Film mühe geben muss, auch wenn die Zielgruppe jünger ist. Viel zu oft wird ihnen der größte Rotz vorgesetzt, weil es sind ja nur Kinder. Und Uglies fällt zu 100% in diese Kategorie. Dabei hat der Film Aspekte, die mich eigentlich ansprechen müssten. High Concept Sci-Fi Dystopien gehören zu meinen liebsten Genres. Vor allem für jüngere Menschen kann es toll sein, sie schon früh mit solchen Gedankenexperimenten abzugreifen. Aber gerade bei YA Geschichten, ist meistens das Konzept extrem überdreht, und der Rest der Geschichte, allen voran die Charaktere, sehr sehr platt. Unsere Helden müssen immer die besten und tollsten in allen sein, aber auch so schüchtern und clever, aber auch schlagfertig wenn es drauf ankommt. Ein räudiger Balanceakt zwischen anbiedernder Zugänglichkeit und komplett überzogener Wunscherfüllung. Ein billiger manipulationsversuch auf wackeligen Konzepten.
                  Die Prämisse ist die: Nachdem die Welt von uns Menschen (“Rusties”) durch den Klimawandel fast zerstört wurde, hat man eine Wunderpflanze gefunden, die jegliche Probleme löst. Sie bietet unmengen von Energie und erlaubt es, dass wir Technologisch alles sofort und ohne Umschweife zugänglich machen. Ob es nun ein Essen, ein Bungie Anzug oder eine Zahnbürste in Pillenform ist. Um die Menschheit zu einigen, werden nach und nach weitere Reibungspunkte abgeschwächt, bis hin zum Aussehen. Am 16ten Geburtstag bekommt jeder eine Schönheits-OP , welche jegliche Probleme oder Fehlbildungen, die man in und an sich hat, ausmerzt. So gibt es in der Stadt also eine Utopie, bei dem jeden Tag ein Fest und jedermann Perfekt ist. Doch bis zu diesem schicksalhaften Tag müssen die Kids in einem Internat außerhalb der Stadt leben, die sogenannten “Uglies”. So werden auch Aspekte wie Reichtum oder Einfluss der Eltern abgemildert, da alle dort gleich sind. Auch die Gebäude und Klamotten sind auf maximale Gleichschaltung getrimmt. Soweit so gut, damit kann man ja was machen. Aber das ist wirklich nur die absolute Basis. Man erfährt im Film nichts mehr über die gesellschaftlichen Aspekte der Uglies oder der Leute in der Stadt. Das wären die interessanten Aspekte, aber die werden einfach komplett ignoriert. So ‘bangt’ man dann mit der Protagonistin in einem Konflikt, den weder sie noch der Zuschauer irgendwie richtig versteht, geschweige denn interessiert. Vor allem wenn es zu “The Smoke” geht, die dann einen alternative Lebensstil anpreisen, ohne wirklich mit den anderen kontrastiert zu werden. An dieser Stelle verlieren sie meiner Meinung nach auch komplett den Plot. Aus einer Körperposition Prämisse, wird ein Boomer Rant, das alle nur noch vor dem Bildschirm sitzen und nichts mehr von Hand machen können. Gleichzeitig wird eine Diskrepanz zwischen den beiden Extremen aufgebaut, bei dem die einen als besonders gut und die anderen als Gehirngewaschene Schafe dargestellt werden. Keine wirklich tolle Message. Einer der Aspekte fand ich auch richtig perfide, und zwar das Bücher lesen Verboten ist. Ein Trope der auch mal gut funktionieren kann, aber nicht so halb arschig. Es wird sich eher die leicht beeinflussbare Zielgruppe angebiedert, damit man ihnen sagt, dass SIE gerade ganz besonders sind, weil sie lesen, und das sie so viel besser macht als die anderen. Richtig eklig. Auch der Kommentar, “Ey, ihr wisst ja gar nicht wie es ist Hand anzulegen” bei einer überzogenen Protagonistin die einfach mal dreißig Stockwerke hochklettert oder sich in unfassbare Gefahren wirft, ist so dumm. Und der Twist, den jeder von Anfang an gesehen hat, hat dann natürlich auch nicht gezogen. Die Geschichte zerfällt einfach bei der kleinsten kritischen Betrachtung, mit seinen ausgereiften Ideen. Es wirkt so, als ob sich niemand hier wirklich Mühe gegeben hat. Wie kann man sonst Dialoge wie “You don’t have to trust me, you just have to follow me” nach all dem, was passiert ist, erklären? Keinerlei Selbstreflektion! Und dann das Finale mit dem Text im Himmel, dem Diskurs über Consent, einer unzerstörbaren Phiole, spawnende Helikopter und einer bedeutungsschwangeren Narbe in der Hand… was für ein vermaledeites unausgereiftes Chaos.
                  Es hilft auch nicht, das die Inszenierung so schlecht durchdacht ist. Keiner der ‘Uglies’ in ‘The Smoke’ sehen wirklich hässlich aus. Ich meine, unsere Protagonistin ändert ihre Meinung über ihr ganzes Weltbild, nachdem sie den perfekt durchtrainierten Körper von David sieht. Was soll das? Und auch das die Perfekten Versionen einfach nur Yassified Filter von Instagram oder TikTok sind, ist schon fast deprimierend. Auch die Aufgaben, welche sie überwinden will, sehen vielleicht teilweise nett aus, aber ergeben keinen Sinn. Schön, dass es scheinbar überall Bungie-Anzüge gibt, in die man einfach reinschlüpfen kann. Oder dass sie die Technologie haben, alles physisch auftauchen zu lassen (der Skatepark), ohne es irgendwie zu nutzen. Oder die verdammte Brille, mit der man wunderbar alles auf der anderen Seite sehen kann. Warum hat sie Nose nicht mal damit gesucht? Oder die Karte, die ihr gegeben wird, um the Smoke zu finden. Woher wusste Shay davon? Sie hat doch einen ganz anderen Pfad gewählt. Sowas stört und zieht einen aus der eh schon schwachen Immersion heraus. Das wird auch nicht durch die schlechte Exposition (warum erklärt ihr mit Voiceover was in der Welt passiert ist, wenn ihr es innerhalb von fünf Minuten nochmal erklärt?) und teilweise richtig räudigen Schauspiel besser, bei dem ich tatsächlich ab und an ein richtiges Gefühl von Fremdscham verspürt habe. Immerhin klingen die Scouts wie Düsenjets, das ist für einen Lacher gut.
                  Etwas, das mich an YA Novels und vor allem auch an Fantasie stört, sind die Bezeichnungen für verschiedene Gruppierungen oder Ideen. Als ich “Rusties”, “The Smoke”, “Uglies” und “The Transformation” gehört habe, kam es mir schon hoch. Auch der Umgang mit dem Klimawandel und diesen ominösen Blumen ist so inspirierend, auch mit den Twists der Verwüstung. Und etwas, das ich auch auf den Tod nicht ausstehen kann, sind die flachen Charaktere. Würde man ein YA Stereotypen Bingo machen, hätte man in binnen von 5 Minuten die gesamte Karte voll. Sie ist die Allerbeste. Super klug, kann dreißig Stockwerke klettern wie nix, steht zwei mal auf dem Hoverboard und wird dann zum Pro und jeder liebt sie. Auch dass sie in der Nacht, in der sie ihren alten besten Freund verliert, sofort eine neue innige Beziehung findet, ist so dröge. Keine Ecken, keine Kanten. Und das geht auch bei Konflikten weiter. Es wird hier nichts Interessantes oder gar Spannendes erzählt. Es ist einfach nur die billigste Wunscherfüllung mit Unmengen von Fremdschahm. Die billigen Manipulationsversuche von allen Seiten sind auch so durchschaubar, machen es aber durch die kaum ausgearbeitete Welt und Charaktere dann nicht verständlich. Ich weiß das die Kids die der Film ansprechen soll, noch nicht so reif sind, aber es sind doch auch keine Vollidioten. Ein respektloser Mist und Geld- und Zeitverschwendung.

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                    Als ich viel zu jung war, habe ich eines unbeobachteten Abends Jurassic Park auf VHS reingehauen. Ich war absolut begeistert und verängstigt. Auch heute ist der Film noch ein wirklicher Meilenstein in allen möglichen Bereichen. Aber irgendwie ist der zweite und dritte Film an mir vorbeigegangen, was ich jetzt endlich mal nachholen wollte. Und gerade bei dem zweiten Teil, war ich sehr gespannt, was Spielberg diesmal zaubern wird. Dass es so eine herbe Enttäuschung wird, habe ich nicht erwartet. Und noch eine kleine Anekdote, ich habe mich so sehr auf Jurassic World gefreut und wurde so bitterlich enttäuscht. Und leider stammen viele Aspekte, die ich an World gehasst habe, aus diesem Film.
                    Ein paar Jährchen nach dem Vorfall auf Isla Nubla, ist diese nur noch eine Verschwörungstheorie, da Hammond seine Firma das ganze scheinbar sehr gut vertuschen konnte. Aber dennoch steht die Firma kurz vor dem aus. Es gibt aber noch die Isla Sorna, auf denen scheinbar auch Dinosaurier, auf wilde Art und Weise gezüchtet wurden. Das widerspricht dem ersten Teil etwas, aber das ist nicht so wild. Hammond, der geheime Bösewicht aus Teil eins, überzeugt Ian Malcolm abermals, sich in Gefahr zu bringen. Er soll mit einem Team Informationen sammeln und diese dann der Welt bereitstellen. Widerwillig begibt sich Malcolm auf die Insel, die dann auch alsbald von alle möglichen Personal der InGen überrannt wird. Dort kämpfen sie ums Überleben, und um irgendwie von der Insel wieder runterzukommen. So weit so gut. Die Prämisse ist jetzt nicht die beste, aber auch nicht katastrophal. Wo es eher katastrophal zugeht, sind die Charaktere, die allesamt sich nicht nur dumm anstellen, sondern noch viel schlimmer dumm bleiben und sich kein Stück entwickeln. Im ersten Teil haben sich Dr. Alan Grant stark weiterentwickelt, genauso auch seine Kollegin Dr. Ellie Sattler und vor allem John Hammond.
                    Hier hat man Jeff Goldblum, der Ian Malcolm so gut mimt, wie er kann. Gerade am Anfang werden ein paar Plot Points um ihn herum aufgebaut, die dann aber niemals einen Abschluss finden. Weder mit seiner Tochter, noch mit seiner Ex Dr Sarah Harding. Und normalerweise mag ich Julianne Moore, aber dieser Charakter hat mich teilweise in den Wahnsinn getrieben. Schön und gut, das sie dem Baby T-Rex helfen möchte, aber als Forscherin muss sie doch wissen wie unfassbar gefährlich das ist. Und das, wenn man ihn behandelt, doch bitte nicht im einzigen nützlichen Fahrzeug, das ihr habt. Das akkumuliert sich in einem ewig langen Set Piece, mit immer wieder plötzlich auftauchen- und verschwindenden Dinosaurier, und einem Bus, der ähnlich dem Jeep aus dem ersten Teil über einer Klippe hängt. Und das ist auch ein Aspekt, der mich genervt hat. Sie haben so oft versucht, irgendwelche Erinnerungen an den ersten Teil zu triggern, ohne dabei etwas Neues oder Interessantes zu machen. Nein, es fühlt sich oftmals wie eine billige Kopie an, die nicht verstanden hat, was die Szene davor so großartig gemacht hat. Was aber eigentlich nicht sein kann, da es ja vom selben Typen stammt. Etwas, das sich merkbar gewandelt hat, waren die Merchandise-Möglichkeiten! Immerhin kann man sich aber bei all dem Chaos auf eines verlassen: feinste deutsche Ingenieurskunst! Und dann noch diese starke Form. Bei einem Mercedes Benz kommt wirklich alles zusammen: Stärke, Zuverlässigkeit und Style! Teilweise kann man vergessen, dass man in einem Dinosaurier-Spektakel sitzt, und nicht in einer Autowerbung. Genau so der Fokus auf Waffen, gepanzerten Fahrzeugen, riesigen Satellitenschüsseln und herausklappbare Jeeps, damit man die Dinos besser verfolgen kann. Klar gab es auch Schleichwerbung und potentielles Merch im ersten Teil, aber Teil zwei treibt es schon ad absurdum. Dem Film fehlt auch einfach der Charm. Und auch wenn Teil 1 es auch gerne mal etwas übertrieben hat, muss ein zeitgesteuertes, fliegend- und brennendes Fahrzeug nicht unbedingt sein.
                    Ein Punkt, der mich auch noch extrem gestört hat, war der Fokus des Films. Ich möchte Dinosaurier sehen, und kein Drama zwischen Charakteren, das dann doch nirgendwo hinführt. Vor allem wenn sich alle so dumm anstellen, das es irgendwann keinen Spaß mehr macht. Apropos Spaß: Ich war ganz überrascht, dass es noch ne halbe Stunde Film gab, nachdem sie die Insel verlassen hatten. Und tatsächlich hat der Film mich hier wieder mehr gepackt. Ich könnte mich beschweren, dass Charaktere wie Vince Vaughn als Öko-Terrorist und Jäger nicht mehr dabei sind, aber das war mir dann auch egal. Ein Dino stampft durch die Stadt, feuchtet seine Kehle in einem Pool an und macht im ganz allgemeinen viel Chaos. Das ganze hat sich komplett anders angefühlt, als das, was davor kam. Es hat sogar richtig Spaß gemacht, weswegen ich mich frage, warum man sich nicht einfach den Rest spart und sich nur darauf fokussiert.
                    Was für eine unnötige und gleichgültig gestaltete Fortsetzung, bei den man nicht das Gefühl hatte, dass derselbe Regisseur wie Jurassic Park hinter der Kamera stand. Ich hatte das Gefühl, dass er einfach auf Nummer sicher gehen wollte: Viele Referenzen, viel Merchandise für einen “gesicherten Blockbuster”. Ein Film gestaltet von Marktforschung und nicht als Ausdruck für irgendwas, außerhalb des Geldes. Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen und wieder fröhlich in meiner Welt leben, wo ich einfach noch nicht zu diesem Film gekommen bin.

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                    • 6

                      M. Night Shyamalan Filme sind bei mir meistens eher Miss- statt Hits. Alle seine letzten Filme waren echt nicht mein Ding. Von dem furchtbaren Finale in “Glass”, zu dem absonderlichen und richtig schlechten "Old", zu dem an sich interessanten Konzept von “Knock At The Cabin", was auf keiner Ebene wirklich funktionieren wollte. Aber dennoch kann ich ihn nicht von ihm ablassen. Denn immerhin versucht er etwas Interessantes zu machen, auch wenn es mir nicht gefällt. Es ist wie ein Eichen und Fuß fassen, wie schlecht bzw spaltend ein Film sein kann. Und obwohl die meisten Leute laut Wertung , den Film auf jeden Fall eher schlecht als recht bewerten, muss ich sagen, das ich tatsächlich eine gute Zeit hatte. Auch wenn ich einige eigene Überzeugungsarbeit leisten musste, um nicht in eine der Logik Löchern zu stürzen.
                      Ich glaube, ich kann verzeihender sein, weil ich die Prämisse so mag, und auch die Atmosphäre des Filmes, die mich an Thriller aus den 90er und 2000er erinnert. Ein Serienmörder soll zu einem großen Konzert auftauchen und die Polizei und FBI nutzen das, um ihm eine Falle zu stellen. Man erlebt die Geschichte von ebendiesen, der natürlich den Braten gerochen hat und nun irgendwie herauskommen möchte. Teilweise ist der Film auch handwerklich sehr ordentlich, etwas das er eigentlich schon bei “The Sixth Sense” drauf hatte, und dann immer weiter verloren hat. Als er, und by proxy wir mit der Kamera, die Polizisten vor der Halle betrachten, springt die Tochter in den Frame und nimmt so die Aufmerksamkeit auf sich. Im allgemeinen wird schön mit Bildern gearbeitet, um die Gedanken des Protagonisten auszudrücken. Was auch der Atmosphäre beigetragen hat, war, dass sie ein wirkliches Konzert stattfinden lassen haben. Alle Extras wussten nichts von dem Film und waren dafür da, das Konzert zu genießen und zu feiern. Es hilft dem Film auch enorm, das Josh Hartnett so verdammt gut in ihm ist. Ich mochte ihn schon immer und fand es schade, dass man lange nichts mehr mit ihm gesehen hat. Er hat den Sympathischen und höchstgradig manipulativen Cooper richtig gut gespielt. Die Leichtigkeit und Skrupellosigkeit von ihm habe ich so noch nicht gesehen. Wie er nonchalant die betrunkene Frau die Treppe runter stößt, nur um was zu testen. Oder eine arme Arbeiterin vielleicht dauerhaft enstellt, um eine Tür zu betreten. Bei seiner Tochter stellt er sich nicht sehr clever an, aber sonst weiß er genau was zu sagen ist, damit er das bekommt, was er will. Allein der kleine Zuckeraustausch mit den SWAT Teilnehmer war großartig. “Du kannst gerne was von meinem haben”, zeigt gleich, was für ein guter Typ er ist und dass man irgendwie auch in seiner Schuld steht.
                      Aber ich mochte auch die anderen Schauspieler. Ariel Donoghue hat es super gemacht, genauso wie die aufdringliche Mutter von Jody, die von Marnie McPhail gespielt wird. Ich mocht sogar das Cameo von Shyamalan. Bei Saleka Shyamalan, der Tochter von M Night, tu ich mir leider etwas schwerer. Ich mochte überraschenderweise die Musik, die wirklich ganz catchy war. Und ich mochte sie auch noch im Stadion als Popstern. Es wurde dann nur etwas zu viel, als sie plötzlich zur heimlichen Protagonistin auserkoren wurde. Auch wenn ich das hin und her zwischen ihr und Cooper ganz nett fand, war es dann doch zu viel des Guten. Das Fallenlassen der Maske und das Katz- und Maus spiel danach hat mir eigentlich auch gut gefallen. Nur wird es dann irgendwann zu viel. Warum bekommt der Feuerwehrmann die Tür nicht auf? Wie ist er so schnell an eine SWAT Ausrüstung gekommen und wie konnte er ungesehen aus dem von gierigen Fans umzingelte Auto entkommen? Das war alles etwas zu flach, aber während des Anschauens konnte ich es noch unterdrücken. Auch der abermals sehr problematische Umgang mit psychischen Krankheiten, der halt schon eher flach ist. Das Finale fand ich dann nochmal gut, mit dem gepflegten, aber elektrisierenden Gespräch über ein Stückchen Kuchen. Und mir hat tatsächlich die letzte Einstellung gefallen. Klar heißt das nicht das er gleich entkommen kann, aber das Spiel geht eben weiter, und das bereitet ihm Freude.
                      Natürlich ist es ziemlich schwachsinnig, so eine gefährliche Falle mit solchen Menschenmassen zu gestalten. Aber es funktioniert. Und auch wenn gerade später etwas lächerlich wird, hab ich mich doch gut unterhalten gefühlt. Bei weitem nicht der beste Film von ihm, aber ich hatte ne ganz gute Zeit, was vor allem an der netten Prämisse und Josh Hartnett lag.

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                      • 7 .5

                        End of Watch ist ein interessanter Thriller, der statt durch eine klare Narrative eher aus einzelnen Episoden besteht, die sich teilweise im Verlauf des Filmes zu einem roten Faden verweben. Als Found Footage Fan fand ich auch die Mittel, die sie einsetzten, sehr cool, auch wenn die Ebene so oft gebrochen wird, dass es nicht wirklich in das Genre passt und es nur als immersives Stilmittel genutzt wird. Wenn man sich von diesem Dogma löst, macht es auch nichts, dass Kameraeinstellungen auftauchen, die innerdiegetisch keinen Sinn ergeben und Kameraleute entweder unsichtbar oder unfassbar schnell sein müssen.
                        In End of Watch möchte ein Cop seinen Alltag mit einigen Kameras, als ein kleines Filmprojekt, zusammenstellen. Wer er ist und worum es geht, wird toll in dem Prolog dargestellt: Einer Verfolgungsjagd, die mit einem Shootout endet. All das wird aus der Perspektive einer Dashcam gezeigt, was ihn sicherlich auf die Idee gebracht hat. Man taucht in den Alltag der zwei Cops ein. Von Notrufen, Aufgaben, die noch auf dem Stapel liegen und auch ein paar persönliche Einblicke bei Festivitäten. So weiß man nie genau, was als nächstes passieren wird, da es sich keiner festen Struktur verschrieben hat. Dabei sind die beiden nicht die größten Sympathieträger. Mit einer Art Heldenkomplex scheuen sie vor nichts zurück, um ihre Art Gerechtigkeit durchzusetzen. Das ganze wird durch ein schon fast inzestuöses Verhältnis der Cops zu anderen Cops gefestigt. Man hat das Gefühl das sie als Polizisten nur mit anderen Polizisten rumhängen und ihr Job auch ihr allergrößtes Identifikationsfaktor. Die Cops sind allesamt schön in Szene gesetzt. Von den nervösen Wracks, zu denen, die dem Job die Ernsthaftigkeit geben, die er verdient. Und dann eben so Cowboys wie Zavala und Taylor. Die beiden haben eine wirklich fantastische Dynamik untereinander. Ob sie jetzt auch privat rumhängen, sich auf einen Einsatz vorbereiten oder mitten in der Scheiße stecken. Diese draufgängertyp hat die beiden am Anfang etwas unsympathisch für mich gemacht. Aber ähnlich wie bei Training Day (das von dem Autor und Regisseur dieses Filmes geschrieben wurde) merkt man auch einen gewissen Respekt in der Dog Eat Dog World. Schön dargestellt mit einer Prügelei am Anfang, die erst mal komplett daneben wirkt, aber dann eben diesen Respekt erzeugt. Interessant fand ich auch die darstellung der neuen Dynamiken, bei denen die schwarze Community und deren Handlungen immer weiter von den Hispanics verdrängt werden. Man bekommt auch den Blickwinkel einer mit dem Kartell verbundenen Gang zu sehen, die mit dem zuvor genannten roten Faden verzwirbeln. Und die Grausamkeit des Kartells, die immer wieder schockierend sind. Das ganze führt dann am Ende zu einer großen Schießerei, die nichts als klaffende Wunden und Särge zurücklässt. Und dann das Ende nach dem Ende, das einen echt nochmal berührt, mit Banter zwischen den Beiden, nur Stunden vor dem schicksalshaften Ruf. Aber auch andere Cops müssen die brutalen Konsequenzen ihres Jobs tragen.
                        End of Watch ist ein klasse Film, der eine sehr geerdete Geschichte mit interessanten Stilmitteln erzählt, in der man sich teilweise wie eine Fliege an der Wand fühlt. Ein cooles und besonderes Werk.

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                        • 8 .5

                          Nocturnal Animals habe ich zum ersten Mal in der Sneak gesehen und es hat einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen. Tom Ford hat mich damals schon mit ‘A Single Man’ überzeugt und erschafft abermals eine unfassbar viszerale und tief menschliche Geschichte. Es geht um Verlust, Zukunftsangst, Einsamkeit, Verrat und das Verarbeiten von Traumata, mithilfe künstlerischen Ausdrucks.
                          Der Film beginnt mit einer Ausstellung, welche üppige Frauen in völliger Extase die Pompoms und Wunderkerzen kreisen lassen. In der Galerie werden diese Nahaufnahmen in der Dauerschleife gezeigt, während die zuvor so lebhaften Tänzerinnen fast leblos auf dem grellen Plastik liegen. Die Show ist ein Erfolg, aber so fühlt sich unsere Protagonistin Susan nicht. Ihre Kunst fühlt sich für sie blutleer an, und auch wenn sie visuell interessant ist, fühlt sich sich aussagelos. Ihr Mann ist auch nicht zur Eröffnung gekommen und fragt auch nicht mal nach, als sie sich das nächste Mal sehen. Sie ist einsam. Weder im Job, noch in der Liebe oder in Freundschaften fühlt sie sich erfüllt. Eines Tages taucht ein Manuskript bei ihr auf, das von ihrem Exmann verfasst wurde und an sie gewidmet ist. Die Narrative entfaltet sich und bekommt die Ebene des Skriptes hinzu, das wir durch die Phantasie von Susan gezeigt bekommen.
                          Dann kommt die Szenen, die sich auf ewig in mein Gehirn eingebrannt hat. Als ich in Amerika war, bin ich mit meinen Freunden zusammen in tiefster Dunkelheit durch Death Valley gefahren, da unser Hotel am anderen Ende lag. Ich werde diese Atmosphäre nie vergessen, wir zusammen in unendlicher Dunkelheit, nur leicht durch unsere Scheinwerfer erleuchtet. Es war so surreal und fühlte sich nach einer Unendlichkeit an. Ich bin immer noch sehr froh, dass uns nichts ähnliches passiert ist, selbst wenn es nur ein sonderbares Auto gewesen wäre. Denn als sie sich durch die Wüste bewegen, trifft die Familie auf zwei Autos, die sie provozieren wollen, und sie alsbald auch von der Straße abdrängen.Die unterschwellige Gewalt und damit einhergehende Hilflosigkeit schnürt einem fast den Hals ab. Entscheidung um Entscheidung eskaliert immer weiter, bis ein erschütternder Schrei nicht nur Susan das Buch weglegen lässt, sondern auch dem Zuschauer wieder Luft zum Atmen gibt. Die Szene fühlt sich so grausam geerdet und ausweglos an, bei dem man nur verlieren kann. Dann die Flucht, der Schutz für sich selbst und die grausame Erkenntnis: “Is she alright", bricht einem das Herz.
                          Auf der Ebene des Buches wird die Suche nach seiner Familie und den Tätern der Mittelpunkt, während die Protagonistin immer weiter ihr eigenes Leben in der Retrospektive entschleiert. Von idealistischen Versprechen, die gebrochen wurden, Hoffnungen einen anderen Weg einzuschlagen, um nicht erdrückt zu werden, und dabei in einer Sackgasse zu landen. Es wird auf wunderschöne Art und Weise die innerliche Verarbeitung beider Charaktere dargestellt, die eigentlich nicht unterschiedlicher sein könnten. Was sie verbindet, ist ein Gefühl der Hoffnungslos- und Ungerechtigkeit. Das im Finale des Buches, so wie im Finale des Filmes, einen mit diesem erdrückenden Gefühl zurücklässt. Susans Leben, in tiefes und bedrückendes Blau und Tonys in gleißenden Gelb, welche die eh schon dröge Wüste noch allumfassender machte. Mit fantastischen Bildern, die unfassbar nahbar sind und auch gerne mal die Welt, in der sich die Charaktere befinden, als Ausdruck der Innenwelt verstehen. Dazu abermals ein brillanter Soundtrack von Abel Korzeniowski und keinerlei schauspielerischen Schwächen. Jake Gyllenhaal ist gut wie eh und je, und obwohl Amy Adams keine leichte Rolle hat, schafft sie es alleine mit Mimik und Körpersprache zu überzeugen. Michael Shannon spielt fantastisch den entzauberten Cop, der einfach nur noch etwas gerechtigkeit möchte. Aber besonders herausragend waren tatsächlich die Bösewichte. Aaron Taylor-Johnson ist verstörend und beängstigend. Auch seine Kumpanen, gespielt von Karl Glusman und Robert Aramayo sind fantastisch. Aber auch der Bösewicht auf der anderen Ebene, gespielt von Armie Hammer, schafft es richtig gut das Arschloch raushängen zu lassen.
                          Dazu ist der Film, mit seinen mehreren Ebenen, auch eine wunderbare Erörterung von Kunst. Nicht nur, dass Susan eine Künstlerin ist, die das Gefühl hat, dass sie nichts mehr in sich hat. Auch das Buch als Verarbeitung von vergangenen Traumata, funktioniert großartig. Ein Ausdruck des Menschlichen, das Sammeln und Realisieren von Gedanken und Gefühlen. Eine Art Kommunikation auf einer tieferen Ebene. Eine, die nicht nur Susan auf eine viszerale Art ergreift, sondern auch den Zuschauer. Es drückt etwas aus, das zu komplex für Wörter oder Bilder allein ist.

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                          • 8

                            Love Lies Bleeding ist ein besonderer Film, der vor allem in seiner viszeralen und surrealen Inszenierung punkt. Handwerklich brilliert der Film auf allen Ebenen. Das Schauspiel, die Kamera, das Drehbuch, das Sound- und Musik-Design schaffen etwas ganz besonderes. Dazu wird die Welt und die Zeit, in der sie spielt, toll mit Kostümen, Sets und dem allgemeinen Zeitgeist gut eingefangen. Und obwohl alle Charaktere wirklich weit weg von der Norm sind, kann man sich ihrem Sog kaum entziehen. Ein wirklich fantastisches Werk. Der Soundtrack des Films ist überragend. Ich mag Clint Mansell eh schon, aber hier hat er sich echt nochmal übertroffen. Vor allem wenn die Musik mit der teilweise verzerrten Klang- und Bildebene etwas ganz besonderes bietet. Dazu ein fantastisches Casting mit keinerlei Schwächen. Man hat das Gefühl, dass Katy O’Brian ihr ganzes Leben auf diese Rolle gewartet hat und nun endlich zeigen konnte, was sie drauf hat. Kristen Stewart ist ebenfalls gut wie eh und je, vor allem im Konflikt zwischen ihrer Schwester Beth (in der Jena Malone abermals brilliert) und ihrem Vater Lou Sr, der durch Ed Harris ein wunderbares Gefühl von schlummernder Gewalt, erarbeiteter überlegenheit und einer düsteren Weisheit. Selbst eher kleine Rollen wie die nervige Daisy und den Ehemanns JJ werden unfassbar gut von Anna Baryshnikov und Dave Franco umgesetzt. Der Film entwickelt dabei eine ganz besondere Bildsprache, die sich langwierig bei mir eingebrannt hat und niemals auch nur den Anschein erwecken möchte, objektiv zu sein. Gerade aus der Sicht von Jackie, die durch den ständigen steroiden Konsum immer weiter verzerrt wird, nehmen sie sich herrliche Freiheiten heraus, um das interne Gefühl nach außen zu tragen. Die feine Grenze zwischen Realität und Wahnsinn wird auf absolut viszerale Art und Weise aufgebrochen. Etwas, aus dem sie scheinbar bis zum Ende nicht wirklich herauskommt, was nochmal ganz andere Implikationen hat.
                            Normalerweise bin ich kein großer Fan von Sex in Filmen. Es kann sehr schnell zu einer Ausrede werden um den Anreiz des Filmes zu steigern, ohne dabei etwas tieferes zu geben. Hier hatte ich nicht das Gefühl, vor allem durch die wunderschöne Rauheit der Szenen. Dabei ist es auch egal, welches Geschlecht die Liebhaber haben. Es ist purer, animalistischer Sex, rau und befreiend. Es verstärkt auch das Gefühl der Dynamiken zwischen den Charakteren, welche ebenfalls aus etwas Tiefen und Verborgenen zehren. Man spürt die Einsamkeit in Lou, die Verzweiflung in Daisy, den Antrieb in Jacky, die dumme Niedertracht in JJ und die verkorkste Verzweiflung seiner Frau Beth. Dabei beginnt es noch klein, und bläht sich dann von Katastrophe zu Katastrophe immer weiter auf. Die unbändige Zuneigung zwischen Lou und Jacky, die sich nicht nur auf das Körperliche reduziert, sondern diese schön zelebriert. Die dann gebrochen wird und ständig zwischen Erlösung und Verdammnis schwankt. Auch Lou zu Beth und die beiden Kinder zu Lou Senior, die alle eine gewisse Eigenständigkeit vermittelt, die sich teilweise als Lüge entpuppt. Klar möchte Beth ihren Mann nicht verlieren und sie verzeiht ihm auch immer wieder, aber das dies nicht gut ist, muss man doch sehen. Und schön wenn Lou Senior einfach ihre Wünsche erfüllen möchten, ist es doch perfide, das genau das, der Wunsch von Beth ist. Auch als sie am Ende zu Lou sagt, das sie nicht weiß was wahre Liebe ist, fand ich sehr treffend. Denn ich bin mir ziemlich sicher, dass es dies nicht ist, aber auch das, was Lou für Jacky macht, kann man nicht wirklich als wahre Liebe deuten. Der Zerfall von Jacky ist dabei auch faszinierend zu sehen, hat man doch eine Sekunde alles für die andere Person gemacht, möchte diese einen plötzlich töten. Der absolute Zerfall jeglicher Basis, die einen in eine brutale Enge treibt. Lou Senior war dabei auch ein faszinierender Charakter, der zuerst sehr einseitig dargestellt wird, welche immer wieder durch Handlungen von ihm gebrochen werden, nur um dann am Ende den Vorurteilen doch gerecht zu werden. Vor allem am Ende, wenn alles aus dem Ruder läuft, greift er zu letzten Mitteln und muss schmerzlich dafür bezahlen.
                            Love Lies Bleeding ist ein faszinierender Film, der einen fantastischen Einblick in eine Parallelwelt zeigt. Ähnlich dem Werk “Saint Maude”, der ebenfalls von Rose Glass geschrieben und inszeniert wurde. Eine ganz große Regisseurin, die sicherlich noch einige interessante Filme produzieren wird. Wenn ihr den Film noch nicht gesehen habt und das, was ihr hier gelesen oder in Trailern gefallen habt, dann schaut euch dieses Kleinod an. Ein wirklich interessanter und viszeraler Film.

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                            • 10

                              Es kommen immer wieder Filme daher, die mich in meinem tiefsten Kern erschüttern. Filme, bei denen ich teilweise nicht hinschauen möchte, aber auch nicht wegschauen kann. Ein Film, den man im Kino erleben muss. Nicht nur für das brillante Sound-Design und eine große Leinwand, um das Groteske am besten zu erleben. Man kann auch nicht einfach zu seinem Handy greifen, um sich woanders hin zu flüchten. Und es ist auch eine zusammenschweißen Erfahrung, bei der keiner der Zuschauer neutral bleiben kann. Ich habe Leute aufstöhnen gehört, sich wegdrehen oder gar die Arme in die Luft werfen. The Substance ist eine Tour de Force, welche einen auf einen wahnwitzigen Ritt mitnimmt, der einen wahrscheinlich bis zum Lebensende verfolgen wird.
                              Allein der Anfang des Films sagt alles, was man sagen muss. Ein Eigelb wird mit einer mysteriösen Flüssigkeit gefüllt und beginnt sich zu teilen. Das Konzept auf eine geradlinige Art und Weise dargestellt, ohne wenn und aber. Und dann lernt man passiv unsere Protagonistin kennen, bei dem sorgsamen Bau ihres Sternchens, der Liebe und Verehrung welche im Laufe der Zeit Risse bekommt und in Vergessenheit gerät. Genau so trifft man Elisabeth, einen Star, der in den letzten Zügen am Verglühen ist. Von Oscar Prämierten Filmen zu einer Aerobics Show, welcher ihr letzter Zugang zu ihrer geliebten Welt ist. Sie kann im orangen farbigen Gang auf eine lange Schaffensperiode blicken. Mit ihrem 50sten Geburtstag sieht sie wirklich dem Ende entgegen. Der Produzent der Show (fantastisch gespielt von Dennis Quaid) ist so ein widerliches Wesen, das selbst die Fliege an seinem Hals sich am Ende des Gesprächs ertränkt. Doch es wird ihr eine Alternative geboten: Die Substanz. Du bist die Matrix, aus dir entsteht das andere Ich. Für sieben Tage wird sich dieses via Rückenmarksflüssigkeit stabilisieren, bis man einen Wechsel vollziehen muss, damit die Stabilisierung Flüssigkeit regenerieren kann. Dabei gibt es einen Fakt, den man niemals vergessen darf: Ihr seid eins. Ihr seid eigenständig, doch ihr seid immer noch eins. Wird das Equilibrium gestört, ist niemand anders schuld als du selbst. Und das ist ein Aspekt, den ich an dem Film so mag. So abstrus die Prämisse auch ist, wird alles von Anfang an klar gemacht. Keine geheimen Klausen oder irgendwelche Kniffe, die einen reinlegen sollen. Wenn etwas schief läuft, ist man ganz allein dafür verantwortlich. Ohne Liebe zu sich selbst, wird die Waagschale kippen und man muss dafür zahlen. Als Sue erwacht, lässt sie Elisabeth einfach liegen. Auch anders herum, zeigt man keine wirkliche Liebe zu dem Konterpart. Deswegen wird die Kluft zwischen den beiden immer größer. Vor allem für Elisabeth lernt früh, dass Sue’s Handlungen Konsequenzen haben, die nicht widerrufbar sind. Mit jedem Erfolg von Sue wird Elisabeth depressiver und wütender. Von einem Extrem zum nächsten. Und so wird der orange Gang geleert und Platz gemacht für den neuen Star. Sue liebt ihre Jugend und ihren Körper und zelebriert diesen, während Elisabeth an dem starken Kontrast schier zerschellen scheint. Fantastisch dargestellt, als sie dem alten Schulfreund doch eine Chance geben möchte und sich von Spiegelbildern und Plakaten in den Wahnsinn treiben lässt. Die Kluft wird so groß, dass sich Sue entscheidet, auf das Equilibrium zu verzichten und ihr bestes Leben zu leben. Da beide eins sind, ist es klar, dass Sue auch keine wirkliche Ahnung von den Konsequenzen ihres Handelns hat, was sie dann ein paar Monate später mächtig in die Bredouille bringt. Elisabeth wird abermals erweckt, als letzter verzweifelter Akt, die nun komplett enstellt ist und der ganzen Erfahrung ein Ende setzen möchte. Doch sie wäre nicht sie, wenn sie nicht die schlechtesten Entscheidungen zur absolut falschen Zeit treffen würde. Als beide Teile wach sind, nimmt der Selbsthass ein neues Level an, das ein gewaltsames Ende nach sich zieht. Doch wenn eine Hälfte stirbt, kann die andere Seite auch nicht überleben, und selbst eine weitere Zellteilung (aka Krebs) bringt auch nicht das erwartete Ergebnis. Ein groteskes Monster stellt sich auf die Bühne und fleht darum, dass sie doch immer noch sie sei, was bei den panischen Zuschauern auf taube Ohren fällt. Und so endet der Film ähnlich wie er angefangen hat, auf dem Beweis, dass Elisabeth Sparkle einst geliebt wurde.
                              Eine der größten Stärken des Films ist die absolute Geradlinigkeit und mutige Inszenierung. Mit den ersten Einstellungen der Zellteilung und des Sternes wird alles gesagt, was gesagt werden muss. Der orangefarbene Raum zeigt auf eine unmissverständliche Art und Weise, was geschieht. Sie schaffen eine fantastische Bildsprache, die paradoxerweise aus absoluter Klarheit und heillosen Chaos besteht. Man wird wirklich in diese neue Welt hineingezogen, auf schonungslose viszerale Art und Weise. Körperlichkeit nimmt so eine unfassbar wichtige Rolle ein. Egal ob es die Zweifel von Elisabeth oder das Zelebrieren von Sue ist. Egal ob sie sich überglücklich vor der Kamera verbiegt, oder einfach nur eine Cola trinkt. Alles wird unbändig bedeutungsschwanger, auch wenn die Bedeutung nur aus einer Ästhetik besteht. Es ist auch faszinierend wie viel es in dem Film um passiven oder peripheren Sex geht, um die straffheit der jungen Haut und den ansprechenden Formen. Aspekte, welche die ganze Welt einnehmen und woran sich das männliche Geschlecht ergötzen kann, ohne sich an die selben Standards zu halten. Im Allgemeinen sind die Männer herrlich überzogen und oberflächlich, dass man sich manchmal fragt, warum man das alles macht. Denn auch wenn Männer hier die Welt regieren, geht es um das Gefühl von Freiheit und Macht. So verliert die junge Sue jegliche Stärke, die sich Elisabeth über die Jahre gearbeitet hat, ohne dass sie diese vermisst. Wobei man auch sagen muss, dass wahrscheinlich Elisabeth selbst einiges vergessen hat. Sie hat immerhin einen Oscar! Und auch ihr Sternchen ziert das Zeichen des Films. Einst war sie scheinbar herausragend genug für diese Accolades. Etwas, was ihr scheinbar so fern liegt, dass sie nicht einmal den Oscar mit den anderen Preisen zur Schau stellt. Es ist deprimierend, dass sie jeglichen Selbstwert von außen bekommen muss, damit es von ihr irgendwie angenommen werden kann. Das zeigt sich auch in dem Verrat von Sue vor laufender Kamera. Ich glaube, die Geschichte mit der Mutter, die jeden Tag ihre Show angeschaut hat. Scheinbar hatte sie so eine starke Unterstützung, die wahrscheinlich irgendwann einfach weggebrochen ist, da man den Verlauf der Zeit nicht umkehren kann, auch wenn man sich zwei teilt.
                              Und auch wenn der Film keinen Hehl daraus macht, Body Horror zu betreiben, nimmt es gegen Ende eine ganz neue Dimension an. Eine absolute Übersteuerung des Fleischlichen, das sich von schockierend zur absoluten Absurdität entwickelt. Im Kino begannen die Leute zu lachen, da es so überzogen war, dass man einfach nicht anders damit umgehen konnte. Und als das groteske Wesen die Bühne betreten hat, bekommt man etwas, das man im Kampf zwischen Sue und Elisabeth vergessen hat: Mitleid. Man fühlt mit ihr mit, wenn sie verzweifelt hervorruft, dass es doch immer noch sie ist. Wenn die Männer auf sie zurennen und sie als Monster bezeichnen, blutete mein Herz. Ein unwiderrufliches Wrack, sie den Zuschauern ihren Lebenssaft gibt, wonach sie sich sehnen. Und wenn eine Brust aus einer Kopföffnung fällt, werden die zuvor so angebeteten Körperteile plötzlich zum Horror-Element. Und dann das Ende, bei dem sich Elisasue noch einmal im Glanze ihres Lebens sonnt, bevor auch der letzte Funke ihr Fleisch verlässt. Es ist ein unfassbar eindringliches Erlebnis, das ich so noch nie erleben durfte. Und dabei behält es all die Geradlinigkeit bei, die den Rest des Filmes so ausmacht. Eine unendliche Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, die einem den Schädel zu spalten droht.
                              Handwerklich ist der Film ein Meisterwerk. Von der geradlinigen Inszenierung, den Kameraeinstellungen die einen teilweise schon fast zu nahe gehen, zu absolut brillanten Schauspiel auf jeder ebene und einem herausragenden Soundtrack und Sounddesign, welches einen nicht entkommen lassen lässt. Es ist ein Film, der das Medium bis zur Schmerzgrenze gereizt und eine so menschliche Geschichte auf so eine klare Art und Weise erzählt, dass man sich dem nicht entziehen kann. Vielleicht ist es etwas voreilig, aber nach einer Sichtung würde ich “The Substance", ohne mit der Wimper zu zucken, zu einem der besten Filme aller Zeiten zählen. Nicht nur in dem Genre oder mit dem Themengebiet, sondern im Vergleich mit allen Filmen, die ich je gesehen habe. Für so etwas wurde das Kino gemacht und ich bin unfassbar froh, dem beiwohnen zu dürfen.
                              Ich muss auch abermals mein Privileg als Mann anerkennen. Ich persönlich würde das niemals machen, weil ich keinen wirklichen Wert in einer neuen Jugend sehe. Es wäre auch ein viel zu großer Aufwand für einen viel zu geringen Gewinn. Wenn ich nach meinem Aussehen bewertet werde, kann es sein, dass ich es nicht einmal mitbekomme. Und selbst wenn, dann stehe ich anders da als eine Frau im selben Alter. Aber die fehlende Erfahrung hat mich nicht in dem Durchleben des Filmes gestört. Es zeigt mir nur abermals, wie froh ich sein kann, dass diese Aspekte niemals wichtig für mich waren. Auch nach der Geburt von Sue war ich verwirrt, dass sie sich nicht besser um ihre andere Hälfte kümmert. Sich erst auf dem kalten Boden liegen zu lassen und dann später in eine dunkle Kammer zu verscharren, würde mir nicht im Traum einfallen. Es ist auch nicht so, als ob ich ein Beispiel von Selbstliebe bin, gerade körperlich könnte ich viel besser auf mich achten. Aber was ich machen kann, ist Himmel und Hölle für andere zu bewegen, und ich denke, das würde auch für einen externen Part von mir gelten. Wenn ich die Tür verlasse, werde ich nie von Selbstzweifeln über mein Aussehen zerfressen. Manchmal schaue ich tagelang nicht in den Spiegel. Und ich bin wirklich froh, dass ich nicht darunter leide und es tut so weh, dass es vielen genau anders geht.

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                                Nebenniveau 01.10.2024, 10:47 Geändert 14.10.2024, 22:15

                                Nach Siren: Survive the Island, hatten meine Frau und ich Lust auf mehr koreanische Game Shows und da kam Physical 100 genau richtig. Die Prämisse der Show fühlt sich so an, als ob sie aus den hyperaktiven Gedanken Geschwulst eines Teenagers entstammt, und das ist auch gut so. Es geht darum, den perfekten Körper zu finden. 100 Kandidaten, allesamt Athleten, Bodybuilder und Fitness Influencer treten in verschiedenen Disziplinen an, bei denen gnadenlos ausgesiebt wird. Es wurde von jedem Teilnehmer eine Gipsplastik des Torsos angefertigt, der bei Verlust des Spiels zerstört wird, bis eben nur noch einer zurückbleibt.
                                Nun könnte man meinen, dass die Show einen Typus bevorzugt, aber nein. Die Aufgaben sind sehr vielschichtig, bei denen manchmal viel Kraft, bei anderer Ausdauer, Geschwindigkeit oder Geschickt gefragt sind. So kann man in einer Disziplin klar im vorteil sein, um dann in der nächsten keinen Fuß mehr fassen zu können. Die Aufgaben sind dabei auch sehr gut durchdacht und immer wieder für Überraschungen gut. Dass es dabei nicht zimperlich zugeht, zeigt schon die erste 1v1 Challenge, bei dem mit vollem Körpereinsatz um einen Ball gerungen wird. Je nach Arena wird es zu einem wilden Katz und Mausspiel oder zu einer Schlammschlacht, bei den gleich mal die Hälfte aller Teilnehmer ausgesiebt werden. Später werden auch Teams gebildet, bei denen das vielschichtige und ausgeglicheneste Team die besten Chancen hat. Es bleibt auch bis zum Schluss spannend, durch das sehr gute Editing, das einen wirklich bei der Stange hält. So kämpft man sich voran, von 100 zu 50, zu 30, zu 20 und dann zu den finalen fünf, die sich nach und nach ausschalten. Es wird nicht langweilig und jede neue Challenge bringt ganz neue Kniffe mit. Es macht auch Spaß, den Leuten zuzusehen, wie sie über sich selbst herauswachsen und Unfassbares vollbringen.
                                Am Anfang war ich noch sehr überfordert, was all die Namen und Gesichter angeht. Aber im Verlauf lernt man die Teilnehmer immer näher kennen. Selbst Typen, die am Anfang sehr unsympathisch wirken, entwickeln sich im Verlauf der Show. Vor allem Arroganz wird schnell bestraft und mit Demut ersetzt. Und auch wenn der Wettbewerb ständig im Fokus steht, gibt es eigentlich nie böses Blut. Während des Wettstreits werden von außen Tipps und Mut zugerufen und am Ende umarmen sich alle, im Wissen, dass sie ihr Bestes gegeben haben.
                                Und obwohl das Editing sehr gut ist, was die Spannung angeht, kann es teilweise auch etwas zehrend werden. Vor allem wenn man viele Folgen hintereinander anschaut. Wahrscheinlich wurde den Teilnehmer gesagt, sie sollen irgendetwas sagen, das dann eingeschnitten wird. An sich ist die Idee gut, aber das Ergebnis ist, dass man immer wieder dieselben Sätze hört.: “Ich werde alles geben!”, “Ich bin mir sehr sicher das ich gewinnen werde”, “Es war dann doch schwerer als ich zuerst angenommen habe”, kann man halt nur so oft hören, bis es einen auf die nerven geht. Aber das ist, glaube ich, auch meine größte Kritik an der Show. Denn sonst bekommt man wirklich was geboten, das einen mitfiebern lässt und ganz neuen Respekt für die Teilnehmer und den Mensch an sich gibt.

                                Die zweite Staffel von Physical 100 bleibt sehr nahe am Konzept der ersten, mit ein paar neuen Kniffen. Mehr und verbesserte Arenen im 1v1. Ein neues Verlierspiel, welches mit einer noch stärkeren Gruppe zurück kommt. Etwas schade das die pre Finale Challenge nicht mehr so schön aufgeteilt ist, da es so manchen Athleten unmöglich macht, gegen anderen anzukommen. Das Finale fühlte sich an wie ein Mario Party Minispiel und war bis zum schluss spanned. Der Novelty Effekt der ersten Staffel ist nicht mehr da, aber es nach wie vor Folge um Folge spannend.

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                                  Als ich bei meinen Eltern war, habe ich das erste Mal seit Ewigkeiten wieder klassisches Fernsehen angeschaut und bin dabei auf diese Show gestoßen. Und ich muss zugeben, dass Pawn Stars der Grund ist, warum ich mir Joyn auf meinen Fire Stick heruntergeladen habe. Denn es ist die perfekte Show, wenn man was zum Essen anschauen möchte oder sich nochmal berieseln lässt, bevor man schlafen geht.
                                  Das Konzept ist dabei recht einfach. Es gibt ein Pfandhaus in Las Vegas, das zu Beginn der Show in drei Generationen geführt wird. Der alte, sein Sohn Rick und Ricks Sohn Corey. Dazu gibt es Chumlee, der als Comic Relief fungiert. In jeder Folge kommen einige Leute und wollen ihr altes Zeuch verkaufen oder verpfänden. Dann betet, wer gerade hinter der Theke steht, eine Art Wikipedia Kurzzusammenfassung runter, um anschließend einen Experten zu holen, der dann die Authentizität und den Wert des Stückes schätzen soll. Dann kommt man zur Verhandlung und entweder man geht mit Geld oder mit der Ware wieder nach Hause. Nichts Weltbewegendes, aber es funktioniert. Ähnlich wie Kunst und Krempel oder Bares für Rares. Es ist faszinierend zu sehen, was über die Theke so geht, welche Bedeutungen und Wert diese Gegenstände haben. Teilweise viel mehr als man denkt, aber oftmals auch viel weniger als man sich vorgestellt hat. Dazu eine Riege an Experten, die man Folge um Folge kennen und lieben lernt. Am Ende zählt aber der Dollarwert um einiges mehr, als jede andere Relevanz des Gegenstandes. Aber es macht trotzdem Spaß! Vor allem wenn am Ende alle zufrieden sind.
                                  Ich glaube das Konzept ist so ansprechend, weil jeder irgendwie oder irgendwo noch was hat, was vielleicht etwas Wert sein könnte. Und wenn dann jemand da hingeht, ein paar hundert Dollar möchte und dann mit Tausend hinausgeht, fühlt sich das gut an. Genauso wenn arrogante Verkäufer sich quer gegen die Expertenmeinung stellen und dann aufgebracht den Laden verlassen. Dazwischen gibt es immer eine kleine "Story", die schon fast Sketch Artig mit eingebaut wird. Manchmal ist es ganz lustig, aber wenn nicht, dann nimmt es nie viel Zeit ein. Und auch wenn ich mich wahrscheinlich im echten Leben nur mit Chumlee und vielleicht Rick verstehen würde, entwickelt man doch Sympathien für sie.
                                  Pawn Stars hat eine gewinnende Formel entdeckt, die einfach funktioniert und Spaß macht. Und mit so einem Korpus an unzähligen Folgen, schaut mich sich auch nicht zu schnell satt. Ein schöner Guilty Pleasure, von dem ich zumindest bis jetzt noch nicht die Schnauze voll habe.

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                                    Nach dem überragenden JFK - Tatort Dallas war ich sehr gespannt auf diese Dokumentation. Von derselben getriebenen Seele Oliver Stone werden andere Aspekte und neue Informationen zu einem der einflussreichsten Assassinationen der Moderne, noch einmal aufgearbeitet. Rein handwerklich ist die Dokumentation sehr sauber. Es gibt viele Originalaufnahmen, starke Bilder und neue Kontexte, mit einem Drive, der einen bis zum Ende bannt.
                                    Etwas, das mir besonders gut an der Doku gefällt, ist, dass sie zeigt, dass selbst diese Verschwörung von Menschen geplant und ausgeführt wurde. Es waren nicht die Illuminaten, die mit kalkulierter Perfektion das Attentat ausgeführt haben, sondern einfache Menschen, die allesamt extrem fehlerhaft sind und teilweise alles biegen müssen, um die Narrative gerade zu halten. Ich verstehe auch warum der Warren Report, mit all den Seiten, all den Ressourcen und all den Spezialisten lange als Beweis der eher fiktiven Narrative funktioniert hat. Auch wenn der Report mehr Löcher hat als JFK hat. Aber solange es oft genug und mit der richtigen Autoritäten Ton gesagt wird, werden die kleinen Dissidenten stumm gemacht. Gerade wenn man sich als einzelner dagegen stellt, kann man nicht gewinnen. Und warum sollten die Leute einen auch täuschen wollen? Dass dies in unzähligen Widersprüchen auseinanderfällt, wenn man nur gut genug hinschaut, erkennt man an den sich ständig verändernden Fakten, was faktisch eigentlich nicht möglich sein sollte. Aber was will man gegen so einen übergrößen Feind machen, wenn nicht einmal der mächtigste Mann sicher von ihnen ist! So formt man eine Narrative und mit genügend Einfluss wird daraus die allgemein anerkannte Wahrheit. Und dabei braucht man auch keine Hypnose oder langwierige Psyops, etwas Einschüchterung oder Verwischen der Tatsachen reicht da schon vollkommen aus. Man kann auch die einzelnen Stimmer gut verstehen, denen ein paar Aspekte aufgefallen sind, die aber im Großen und Ganzen dann nicht mehr wichtig erscheinen. Erst wenn man ein volleres Bild davon bekommt, kann man auch klarer darauf deuten..
                                    Der perfekte Nachschlag zu dem Hauptgang, den Oliver Stone 1991 geboten hat. Es füllt viele Aspekte der Geschichte weiter aus und liefert ein sehr klares und vielschichtiges Bild mit den neuesten Informationen. Die Doku zeigt auch nochmal, wie unfassbar detailverliebt Stone und sein Team bei der Produktion von JFK - Tatort Dallas vorgegangen sind. Mit Fotos von Gebäuden, Räumen und Menschen, die man genauso in dem Film gesehen hat. Der Film hätte auch funktioniert, wenn die Küche in der Oswald gechillt hätte, grob nach der Zeit aussehen würde, aber nein, sie gehen bis ins kleinste Detail. Zugegeben, ein komisches Argument, das eigentlich nur den 1991 Film besser aussehen lässt.
                                    Wie auch in der Doku gesagt wird: “In regards to the JFK assassination,conspiracy theories are now conspiracy facts.” Auch wie es danach politisch in den USA weiterging, wundert mich echt nichts mehr. Aber man muss auch aufpassen, nicht in eine Fallacy zu fallen. Für alle, die Interesse daran haben, empfehle ich ‘Who is the umbrella man’ auf YouTube anzuschauen.

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                                      Pain & Gain ist ein Film, der so viel lustiger ist, als er eigentlich sein sollte. Hier trifft ein fantastisches Drehbuch auf die richtigen Schauspieler und durch Michael Bay die passende Inszenierung. Der Film erinnert zurecht an die vielen “Wir kämpfen uns nach oben für den Amerikanischen Traum", Filme wie ‘Wolf of Wall Street', ‘American Psycho’ oder ‘Scarface’. Unser Protagonist liebt auch solche Filme und anstatt den ziemlich klaren Subtext zu lesen, hangelt er sich gerne an diesen Vorbildern entlang. Und der Film trifft dabei einen Nerv, der trotz der zeitlichen Einordnung in die späten Neunziger, die Geschichte so zeitlos macht. Denn wenn man denkt, dass es Hustlers und Vollidioten erst seit jetzt gibt, ist das weit gefehlt. Klar sind Dropshipping, Crypto und die Manosphere gewisse Neuerscheinungen, aber dann auch irgendwie nicht, greift gerade das Letzte auf einen großen Korpus von Pseudo-Intellektuellen und -wissenschaftlichen Aspekten zurück. Die Tradition, dass die größten Dumpfbacken manchmal aufspielen, als ob sie die Weisheit mit Löffeln gefressen haben, gab es auch vor Donald Trump, Andrew Tate und Elon Musik. “And it will never happen again, for I used my superior intelligence for wrong actions to justify a good end.”, ist eine Line die an sich schon zum wegschmeißen komisch ist, aber nur noch lustiger wird, um so mehr man unsere Protagonisten kennenlernt. Daniel Lugo ist meiner Meinung nach die beste Rolle, die Mark Wahlberg bis jetzt gespielt hat. Er trifft den Ton perfekt und zusammen mit seiner überzogenen Körpersprache und Mimik ist das auch eine Rolle, die man nicht so schnell vergisst.. The Rock als Muskelberg mit einem BREITEN KREUZ (Pun intended) sticht in der Gruppe aus Dumpfbacken noch weiter heraus, vor allem wenn er über den zuvor genannten superior intellect schwärmt. Der dritte im Bunde, gespielt von Anthony Mackie, versteht zwar, dass Lugo viel Stunk um Nichts macht, aber es hilft ihm zu pumpen und sein bestes Leben zu leben. Ich bin normalerweise kein Fan von Wahlberg und Mackie, aber in diesem Film kann man sich ihrem absolut verschrobenen Charm nicht entziehen. Aber hier hört es nicht auf: Tony Shalhoub als widerliches Opfer, Ed Harris als Hard Boiled PI und Bar Paly, die minderbemittelte, aber gut ausgestattete Stripperin könnte nicht perfekter sein. Und so sehr man Michael Bay auch zurecht mit Hollywood-Schund in Verbindung bringt, ist sein Ton vorbildlich für diese Art von Film. Dazu hat Pain & Gain einen richtig guten Drive. Es wird einem eigentlich nie wirklich langweilig und weiß auch immer wieder zu überraschen.

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                                        Der erste Film von Zoe Kravitz ist eine Ergründung von Träumen, Erinnerungen, Trauma und Machtmissbrauch. Rein handwerklich ist der Film richtig toll. Mit guter Musik, die geschickt eingesetzt wird, schöne Klang-Spielereien, die zusammen mit der großartigen Kamera besondere Szenen zaubern. Auch die Schauspieler sind durch die Bank gut und vor allem auch richtig gut gecastet. Allen voran die Protagonistin Frida, gespielt von Naomi Ackie, die teilweise richtig großartig in Szene gesetzt wird. Das Drehbuch kann sich auch sehen lassen und ergibt mit der Inszenierung ein gutes Gefühl von plötzlicher Machtlosigkeit und dem sonderbaren Zerfließen der Zeit. Aber leider habe ich ein paar Probleme mit der Geschichte, weswegen der Film nur eine 6 bekommen hat. Da ich ohne Spoiler nicht darüber reden kann, ist hier eure Warnung, wenn ihr komplett unvoreingenommen in den Film gehen wollt.

                                        Ich war mir am Anfang nicht sicher, ob es ein High Concept Film sein möchte oder doch lieber nur eine abgefahrene Geschichte erzählen will, ohne dabei zu verkopft zu werden. Für meinen Geschmack haben sie den richtigen Punkt nicht getroffen, was den Film leider eher unnötig kantig macht. Darunter fällt auch leider die Protagonistin Frida. Entweder man erzählt eine Geschichte mit starken, eigenständigen Charakteren, oder die Charaktere sind einfach nur eine weiße Leinwand für die Narrative. Leider ist mir Frida immer zu blass geblieben. Man weiß am Anfang, dass sie nicht wirklich viel Geld hat, aber gerne etwas Clout für ihre Anailmals haben möchte und dass sie einen Crush auf den Elon Musk / Mark Zuckerberg / Tom von Myspace in dem Universum hat. Man weiß aber nicht, was sie genau möchte. Man kann sie am Anfang noch gut verstehen, warum sie auf die Insel mitkommt und dass sie dieses traumhafte Leben genießen möchte. Aber was sie dann dort weiterführen will, wird nicht klar. Sie flirtet nonstop mit King, aber überall die zerfließenden Tage wird irgendwie nicht mehr daraus. Das macht auch alles etwas schwammig, wenn das passiv aggressive “Don’t forget to smile", um sich vor den reichen Leuten nicht zu blamieren, später eine ganz andere Bedeutung bekommt. Ich weiß nicht, welche Perspektive sie hat und welche man als Zuschauer auch mitfühlen soll. Im Allgemeinen hätte ich mir auf dieser Ebene mehr gewünscht, den Konflikt zwischen Reich und Arm. Zwischen Menschen, die alles haben und sich den Rest nehmen können, und anderen, die ihnen alles geben müssen. Das wäre ein so viel interessanterer Konflikt gewesen, als das, für was sie sich am Ende entschieden haben. Dazwischen hat sie einfach mal raus, dass sich ihre Mutter vor ihren Augen umgebracht hat. Ein Trauma, mit dem nichts mehr gemacht wird, als es zu einem Beispiel eines Traumas zu erheben. Genau dasselbe mit dem Titel, den ich eigentlich ganz cool fand. Es wird plötzlich am Anfang und dann nochmal am Ende angesprochen, aber das wars. Auch fand ich das Ende nicht so gut, da ich quasi keine Ahnung mehr hatte, was der Film mir überhaupt sagen will. Geht es um die Unterdrückung und Traumatisierung? Wenn das der Fall sein soll, warum gehen sie dann so mies mit einem männlichen Opfer um. Und wenn man all das sieht, und erkennt, wie unfassbar grausam das ist, soll man es dann wirklich feiern, wenn man die Geschlechter wechselt und jetzt ein Girl Boss an der Macht ist? Im allgemeinen gab es einen ziemlich störenden Shift in dem Film, nachdem ihre Freundin Jess plötzlich verschwunden ist. Aus dem sehr verträumten Film wird plötzlich eine Komödie mit ‘lustigen’ One-Linern. Es fühlt sich so an, als ob man im Nachhinein noch etwas am Drehbuch gewerkelt hat, um den Film besser verdaubar zu machen. Auch wenn es an sich nicht schlimm ist, hat es für mich die Atmosphäre des Filmes mit Witz für Witz immer weiter zersetzt. Genauso der blöde rote Stuhl. War es am Anfang noch ganz nett, wird es irgendwann, vor allem im Finale, sehr nervig. Wäre der Charakter von King mehr ausgearbeitet gewesen, hätte das gut als Quirk funktioniert, aber das klappt hier einfach nicht. Auch seine lautstarke Entschuldigung Tirade kam eher schwach an. Ich weiß auch nicht, warum sie unbedingt eine Rechtfertigung von ihrer Seite reinschreiben, wenn sie dann nichts damit machen. Das Trauma seiner Schwester und seiner eigenen sind genauso schwach wie das der Protagonistin. Außerdem ist es ja klar, so wie das Vergessen funktioniert, kann man nicht einfach irgendwelche Traumata ausblenden. Das hätten sie auch einfach ganz lassen können. Auch das Thema der Vergebung wird nur kurz aufgeworfen, ohne diese in irgendeiner Art und Weise innerhalb der Geschichte zu erörtern. Was mir gefallen hat, war, dass er am Anfang schon gesagt hat, dass das Wort Entschuldigung alle Bedeutung verloren hat. Das hat man immerhin gespürt, genau so auch die Phrase “Ich liebe dich”. Und nochmal das Ende, das die eh schon chaotische Erzählung weiter zerfransen lässt. Etwas das ich auch sehr artifiziell fand, war das es garkein Sex auf der Insel gab. Nicht einmal im heftigsten MDMA-Rausch. Dass sie jetzt nicht jede Nacht eine Orgie feiern, verstehe ich gut, aber eines der Ziele von Frida ist es, näher an King heranzukommen. Und hier kommt man trotz hedonistischer Züge nicht wirklich weit, was sich komisch anfühlt. Und um nochmal auf den High Concept versus interessanter Geschichte: ich finde die Schlange und die Blume als Symbol sehr sehr flach. Es ist wie ein Reverse aus Genesis 2-3: Die Blume wird zum Symbol des Vergessens, wogegen der Biss der Schlange die Erkenntnis bringt. Kann sein dass das nicht mal die intention war, aber was war sie dann? Es ist halt so, dass sie die selbst gewählten Themen wirklich nicht gut nutzen oder erörtern, und es dazu noch so viel Potential für interessante Gedankenexperimente bietet, das komplett brach liegt. Es gibt einfach einige Filme, die ein ähnliches Konzept haben, aber so viel besser und interessanter damit umgehen, das man zusammen mit der verwaschenen Geschichte, leider eher ein hübscher aber irgendwie blutleerer Film zurückbleibt.
                                        Aber das ist nur meine Meinung. Meine Frau hat viele der Kritikpunkte gar nicht so gestört. Empfehlenswert ist er auf jeden Fall.

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                                          Nebenniveau 28.08.2024, 11:04 Geändert 07.09.2024, 10:59

                                          JFK stand schon lange auf meiner Liste von Filmen, die ich unbedingt mal ansehen wollte. Ich habe nur etwas peripheres Wissen über den Präsidenten, das Attentat und die Verschwörung drum herum. Und am Anfang war ich erst mal hoffnungslos aufgeschmissen. Man wird so schnell, mit so vielen Informationen und Charakteren zugeknallt, dass man gar nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht (Zurück und etwas nach links). Ich muss auch zugeben, dass mir die Machart am Anfang gar nicht gefallen hat. Der wilde Mix aus ständig wechselnden Bildern, mal in Nahaufnahme, mal in der Totale, mal flüssig, mal in fünf Bildern, die Sekunde, fand ich altbacken und anstrengend. Die Tonmischung war teilweise auch sehr sonderbar, wo Gespräche einfach von Hintergrundgeräuschen übertönt werden und ab und zu richtige Kakophonien heranwachsen. Am Anfang war ich auch von den ganzen Stars verwirrt, allen voran Joe Pesci und seiner sehr auffälligen Maske. Aber all das ist schnell in den Hintergrund geraten, denn der Film entwickelt einen unaufhaltsamen Sog, der einen bis zur letzten Minute nicht loslässt.
                                          Ich habe noch nie eine so wunderschöne Symbiose von Schauspiel, Drehbuch, Kamera und Schnitt gesehen. Denn wenn man es herunter bricht, besteht der Film nur aus Exposition. Es wird nonstop geradeaus gesagt, was man denkt und was passiert. Aber durch den Schnitt wird einem niemals langweilig und beginnt, alsbald an jedem Wort zu kleben. Das ist vor allem auch der herausragenden Struktur geschuldet. Es ist so eine große und konfuse Geschichte, die den Zuschauer nicht an die Hand nimmt. So setzt man mit Jim und seinem Team Stück für Stück das Puzzle zusammen. Und auch wenn man etwas über die ganze Geschichte weiß, ist es doch nochmal was anderes, es so eindrucksvoll und lückenlos dargestellt zu bekommen. Vor allem, als das Morden mit Martin Luther King und Robert Kennedy weitergeht. Man spürt auch den mächtigen Gegenwind, der für keine Mittel zu fein ist und buchstäblich über unzählige Leichen geht. Das ganze wird fantastisch in der Schlussrede von Jim zusammengefasst und mit dem Outro-Text gerechtfertigt.
                                          Ich war am Anfang nicht so sehr von dem Schauspiel begeistert, aber sobald ich mich an den Ton des Films gewöhnt habe, hat es plötzlich klick gemacht und alles passte perfekt zusammen. Kevin Costner ist so gut wie eh und je, genauso Donald Sutherland, Kevin Bacon, Tommy Lee Jones und so viele andere. Besonders herausragend fand ich dabei Joe Pesci und Gary Oldman. War die Maske am Anfang noch abschreckend, taucht er unglaublich tief in seinen Charakter ein und bietet ein paar wirklich herausragende Szenen. Und Gary Oldman war hier mal wieder auf einem ganz anderen Level. Er verschwindet komplett hinter der Rolle, vor allem wenn er den Mund aufmacht. So habe ich Oldman noch nie gehört und ich denke mir, dass er sich viel Mühe gegeben hat, Oswald so gut wie möglich zu verkörpern.
                                          Ich mag auch die Darstellung der Zeit, die sozialen Unruhen und das enorme Konfliktpotential, das in der Luft lag. Und auch wenn ich außerhalb von Belustigungen nicht sehr auf Verschwörungstheorien stehe, kann niemand den unfassbaren Einfluss des Militär-Industriellen Komplexes weg reden. Ich liebe auch Oliver Stone, nachdem viele Leute die Kritik geäußert haben, dass der Film populistisch ist und Lügen verbreitet, eine Version des Drehbuchs bereitgestellt hat, inklusive Quellenangaben. Die Nachforschungen die sie für den Film betrieben haben, inklusive natürlich dem Buch worauf der Film fußt, ist wahnsinnig. Man merkt, wie wichtig das Projekt für Stone und die anderen Filmschaffenden war. Und ich finde, sie haben ein absolutes Meisterwerk erschaffen. Nicht nur in der Aufarbeitung des Falls um das Attentat, sondern auch in der Inszenierung.

                                          Ich habe den Film jetzt auf eine 9 und als Lieblingsfilm gekennzeichnet. Der Film erzählt eine komplexe Geschichte mit so vielen beweglichen Teilen mit so einer trügerischen Leichtigkeit, die mich in komplette Verzückung versetzt. Ein wahrliches Meisterwerk, das den Film als Stilmittel auf so eine tiefe und beeindruckende Art und Weise versteht und nutzt. Es gibt immer noch Aspekte an dem Film, die mir nicht so gefallen, aber es gibt schon einen Grund, warum ich nicht aufhören kann, über diesen Film nachzudenken.

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                                            Fantastic Four ist ein Film, der überraschend gut gealtert ist. Ich würde sogar so weit gehen, dass er heute besser funktioniert als er es jemals zuvor getan hat. Zu Zeiten von Superhero Fatigue, und der großen Schlacht zwischen dem MCU und dem DCU tut ein Comic Buch Film mit einem großen C richtig gut. Der Film ist cheesy und überzogen und macht auch keinen Hehl daraus, eine Comicbuch-Verfilmung zu sein. Von den Kostümen, zu den Sets und der Architektur, zu den Charakteren und selbst den Shots, die aussehen wie Comic-Panels. Selbst eine der größten Schwächen, das teilweise furchtbare CGI, wirkt heutzutage eher charmant. Auch strukturell ist der Film nicht schlecht, vor allem im Vergleich zu Fant4stic. Statt unnötig viel Zeit mit viel zu langsamer Exposition zu verschwenden, gehen sie gleich in die Vollen. Die Charaktere, die Dynamiken und Beziehungen werden schnell etabliert und das ist auch gut so. In 10 Minuten sind wir im All, alle Charaktere wurden eingeführt und es kann richtig losgehen. Ich mag auch die Idee der evolutionär antreibende Energiewolke (vielleicht einfach weil es mich an 2001 Space Odyssey erinnert). Die Fähigkeiten werden sehr schnell entwickelt und auf super unterhaltsame Art und Weise inszeniert. “You’re hot” “And so are you! And I’m not afraid to cry” endet in einem neu geschaffenen Hottub. Auf die Frage, wie Ben sich nach dem Absturz fühlt, folgt ein “Solid!”. Die Szene auf der Brücke ist auch ein Paradebeispiel, die Kräfte einzuführen und sie als Team arbeiten zu lassen (mit der Ausnahme der Strip-Szene, das hätte nicht sein müssen). So schafft der Film in 40 Minuten mehr als alles, was Fant4stic sich vorgenommen hat. Es geht auch unterhaltsam weiter mit spaßigen Montagen, wie sie ihre Kräfte im Alltag benutzen. Leider verliert der Film danach etwas an Drive und Fokus. Aber er findet sich wieder im Finale und dem ganz tollen Kampf gegen Doom. Solche Szenen im Dachpool oder das sandwichen von Doom zwischen zwei Fahrzeugen, bis er gechillt wieder aus dem Bus aussteigt. Selbst das Product Placement hat was charmantes an sich. Der gegrillte Burger oder die übergrößen Schuhe für The Thing ist so dumm, das es schon wieder spaß macht. Handwerklich ist der Film voll in Ordnung. Es ist schön, dass der Film sich nicht ernst nimmt und es auch gerne mal übertreibt. Auch die Schauspieler sind an sich gut. Vor allem Michael Chiklis hat mich als the Thing überzeugt. Ich war sehr überrascht das der Film mir so gut zugesagt hat, aber ja, in einer Zeit wo man an immer gleichen Comic Buch adaptionen erstickt, ist so ein Blast from the Past wirklich erfrischend.

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                                              Ich bin ein großer Fan von Graphic Novels, aber dennoch sind viele klassische Comic Helden am mir vorbeigezogen. Ich habe immer wieder gehört wie gut die Fantastic 4 sein sollen. Das sie früher einmal viel höher im Kurs standen, als die helden aus dem MCU. Und das, damit Marvel die Rechte wieder bekommt, sie aufgehört haben, neue Comics zu produzieren, um den Wert der IP zu senken. Und genau dieser Konflikt ist der Grund, warum dieser Film überhaupt entstanden ist, und das ist auch einer der Gründe, warum dieser Film entstanden ist. Nicht weil es die richtige Zeit war, oder weil sie eine gute Idee mit dem perfekten Cast und Regisseur haben, sondern einzig allein damit 20th Century Fox die Rechte nicht abgeben muss. Ich verstehe auch das Budget nicht. Den der Film sieht wirklich nicht wie ein 120 Millionen Dollar Film aus, und fühlt sich erst recht nicht so an. Dazu wurde der Film von den Produzenten komplett zerfleddert. Josh Trank seine Vision sollte zwei Stunden und zwanzig Minuten dauern, und wurde dann brutal um vierzig Minuten gestutzt. Doch selbst hier mussten ein Haufen neue Reshoots gemacht werden, die noch weiter am Zeitkontingent fressen. Das Ergebnis spricht für sich selbst. Aber ich möchte es mir nicht nehmen lassen, meinen eigenen Senf dazu zu geben.
                                              Dem Film fehlt eine kohärente Vision. Denn obwohl der Film lange nach den Anfängen des MCU und vor allem auch Avengers rauskam, merkt man hier nichts davon. Es ist ein Film, der sich viel zu ernst nimmt und dabei nicht weiß was er erzählen möchte. Eine ganz ungesunde Kombination. Es gibt drei Dinge die mir an dem Film gefallen haben: Als Reed zu Victor sagt, das er gerne bescheid geben kann, das sie jetzt fertig sind, zeigt auf eine nette Weise das es ihm nicht um sein eigenes Ego geht. Die Kraftkugel um Doom, damit das Feuer möglichst viel Schaden anrichtet. Und der Tetsuo Artigen (Akira) Amoklauf von Doom. Aber da hört es schon auf. Fant4stic erzählt eine furchtbar dröge und zusammenhanglose Geschichte, mit Charakteren, die man fast nicht als Eindimensional bezeichnen kann, denn selbst dafür bräuchte man eine gewisse Tiefe. Der Film fühlt sich wie eine Doppelfolge von “The Big Bang Theory” an, bei der die Jungs 120 Millionen Dollar bekommen haben, um einen Superhelden-Film zu drehen. Ohne jegliche Tiefe, mit einem sonderbaren Weltbild und Humor. Und natürlich der Meinung, dass wenn der Charakter viel sagt, was sich klug anhört, wird das schon reichen. Man kennt die Schauspieler aus anderen Filmen und weiß das sie großartig sein können oder zumindest kompetent sind. Aber was sie hier abliefern ist eine Tragödie. Ich glaube, das ist nur zum Teil ihre Schuld. Den die Direktion und die Atmosphäre die in dem Film aufgebaut wird, passt überhaupt nicht zusammen. Alle spielen ihre Rolle als Comic-Charaktere in dieser Hinsicht gut, inklusive überzogenen Pathos und mit dummen Sprüchen. Aber der Ton des Films soll geerdet sein, was sich dann extrem beißt. Vor allem beim Humor und dem teilweise überspitzten Gewaltgrad. Der ernste Ton passt auch überhaupt nicht auf den Plot des Films und den Entwicklungen der Charaktere. Als man Victor zum ersten mal sieht, spielt er seine Rolle wie ein richtiger Cartoon Bösewicht, was aber nicht passt weil die ganze Ausstattung und Beleuchtung einen komischen halbton geben, der in keine Richtung funktioniert. Der Film ist auch ganz schlimm was Technobabble angeht. Gibt es sowas schon immer und vor allem, in Superheldenfilmen, hab ich es selten so langweilig und leer inszeniert gesehen. Es hilft auch nicht, dass das Team zum großen Teil aus Genies besteht, und keiner der Drehbuchautoren scheinbar Zugang zu ähnlich komplexen und abstrakten Gedanken hat. Wenn man es selbst nicht ist, kann man auch von irgendwoher schöpfen.
                                              Aber das Schlimmste an dem Film ist, dass er einfach langweilig ist. Keiner der Charaktere ist in irgendeiner Art und Weise interessant. Nein! Sie sind allesamt einfach extrem unsympathisch. Bei Victor macht es noch Sinn, aber warum Ben, Johnny, Sue und Reed so unsympathisch sind, verstehe ich nicht. Vor allem, weil es bei ihnen auch innerhalb der Geschichte keinen Sinn ergibt, dass sie so unsympathisch sind. Ben war am Anfang noch ganz sympathisch, bis er aus einem Großteil des Filmes gestrichen wurde und dann plötzlich wieder auftauchte. Aber was zur Hölle ist in dem zweiten Zeitsprung passiert? Er ist zwar in einem sehr rauen Haushalt aufgewachsen, aber das er von einem normaler Typ zum massenmörder wird, versteh ich nicht. Es wäre schön, wenn man davor vielleicht schon etwas von dieser Tendenz mitbekommen hätte. Z.B. dass er kein High Schooler ist, aber vielleicht im Militär oder zumindest bei der Polizei oder sowas ist. Im Allgemeinen macht es hinten und vorne keinen Sinn, dass sie allesamt Teenager sein sollen. Den jegliche Gefühle der Gemeinsamkeit, die sich die Produzenten mit der Zuschauerschaft vielleicht erhofft haben, gehen durch die Unnahbarkeit der Charaktere (ob es nun intellekt oder was anderes ist) gleich wieder flöten. Ich versteh auch immer noch nicht warum Johnny da ist, wenn nicht durch Nepotismus. Klar ist er vielleicht sehr geschickt bei Handwerkern, aber das hätte man auch anders zeigen können, als ein Auto, das erst mal nicht anspringt und dann überdreht crashed. Sue tut mir wirklich leid. Als einzige Frau im Film sind alle Blicke unweigerlich auf sie gerichtet. Da werden dann irgendwelche Gefühle zwischen den Charakteren angedeutet, ohne dass man jemals etwas davon spürt. Aber auch sonst hat sie eigentlich keine wirklichen herausstellungsmerkmale. Und dann haben wir da noch Reed, bei dem ich mir mitten im Film mal nicht sicher war, ob er nicht der Bösewicht sein soll. Er nimmt sich das Flugzeug von einem Stand nebenan und gibt es kaputt wieder zurück. Bekommt ein Stipendium und denkt nicht mal eine Sekunde an seinen besten Freund, der ihn durch all das begleitet hat. Er kennt auch keine grenzen und quatscht Sue immer weiter zu, obwohl sie GANZ KLAR KEIN BOCK AUF IHN HAT. Ich liebe auch, dass er als erstes nach seiner eigenen Befreiung auf die Idee kam, durch einen Luftschacht zu kriechen, ohne irgendwas anderes zu probieren. Auch dass er später einfach abhaut und dann zurückkommt und nicht aufhören kann, diesen “coolen” Blick aufzusetzen. Und dann natürlich das Jimmy Newtron Syndrom (so nenne ich es jetzt einfach), wo sie am Ende wie Helden gefeiert werden, das sie ein Problem gelöst haben, das erst durch sie entstanden ist.
                                              Aber auch sonst fühlt sich der Film nicht kohärent an. Nehmen wir mal das Experiment das die Jungs da zusammengezimmert haben. Eine Sache, die wir ABSOLUT darüber wissen ist dass es sehr Laut ist. Als sie dann im Labor das Experiment in groß machen und sich alle Sonnenbrillen aufziehen, bin ich vor Lachen fast vom Sofa gefallen. Auch die PowerPoint Präsentation nach dem zweiten Zeitsprung ist wohl eine der faulsten versuche von Exposition die ich je gesehen habe. Vor allem weil sie unvollständig sind. Den das Johnny fliegen kann, haben sie scheinbar vergessen. Ich glaube, dass gerade dort viel rausgeschnitten wurde, um mehr Kate Mara zu zeigen. Auch wenn es den Film nicht gerettet hätte, wäre alles viel weniger langweilig, wenn man zusammen mit den vier auf kleine Abenteuer gegangen wäre.
                                              Der Film hat auch ein weiteres Problem: Er ist hässlich. Das Kostüm von Doom ist ein Verbrechen. Die Parallelwelt wirkt wie von generativer AI zusammen geklatscht. Ganz zu schweigen von Bens Augen in seiner steinigen Form. Und wenn ich etwas aus dem Film streichen würde, dann wäre es Reeds Maskierung Trick, der meine Uncanny Valley Sensoren zum Überhitzen gebracht hat. Ich verstehe auch so viele Entscheidungen im Film nicht. Warum sie den Trip machen wollen, ist vollkommen klar. Aber warum so kluge Köpfe, wenn das Einstechen einer Fahne schon so eine massive Reaktion auslöst, dann einfach weitermachen, und sogar ihre Hände in fremdes Goo reinpacken, versteh ich nicht. Auch das sie am Ende ohne jegliche Anzüge dort kämpfen, ergibt keinen Sinn. Hat Victor nicht nur überlebt weil er mit dem Anzug verschmolzen ist? Seine Motivation, die Welt auszulöschen, ist auch Hauchdünn. Im Allgemeinen gibt es eine ziemlich große Kluft zwischen dem ersten und zweiten Trip, das man fast vergisst, dass Doom überhaupt dabei ist. Immerhin haben sie sich beim Finalen Kampf Narrativ bei einem erzählerischen Schwergewicht inspirieren lassen. Die Dragonball Regel: Wenn du gegen einen starken Gegner kämpfst, und es aussichtslos scheint, schlag einfach viel kräftiger zu. Also wirklich, mit viel mehr Wums bitte!
                                              Der Film ist eine absolute Schande. Wie kann man solche Charaktere mit so einem gigantischen Korpus an schon existierenden Geschichten sehen und dann so etwas langweiliges und inhaltsloses runterbrechen? Hände weg davon!

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                                                Ich erinnere mich daran, als der Film 2017 erschien, gingen Stimmen im Internet umher, die den Film als einen der gruseligsten Filme aller Zeiten betitelten. Mit diesen Erwartungen hat der Film mich damals eher ernüchtert als begeistert. Aber ich bin froh, dass ich nach “Die Todesschwester” den Film nochmal reingeworfen habe.
                                                Denn wirklich gruselig oder richtig verstörend ist der Film nicht. Das heißt aber nicht, das der Film nichts auf dem Kasten hat. Veronica ist eine Charakterstudie über ein Mädchen, das sich mit bösen Mächten eingelassen hat und sich nun davor fürchtet. Die ersten Szenen ist Exposition Done Right. Man erfährt so viel über Veronica, ihre Geschwister und die familiäre Situation, bevor sie überhaupt das Haus verlassen. Man entwickelt im Verlauf des Films ein wirklich gutes Verständnis von diesen armen Mädchen. Die Aufmerksamkeit und der Blickwinkel bleibt durchweg bei ihr und macht Veronica zu einem Film mit einem unzuverlässigen Erzähler. Gerade weil es eine “wahre Geschichte” ist, finde ich diesen Blickwinkel auch wichtig! Vor allem in der Art und Weise, wie dieser Geist Einfluss auf sie nimmt. Die Paranoia wird wirklich richtig schön inszeniert, genauso auch die Traum- und Surrealen Sequenzen (z.B. als die Welt um sie herum rückwärts abläuft). Ich mag auch den Twist am Ende, mit dem Wolfshirt, dem sich verändernden Bild und der grausigen Erkenntnis. Bis zum traurigen Ende, das dann auf diese Art und Weise spanische Polizeigeschichte geschrieben hat. Warum mir der unzuverlässige Erzähler hier wichtig ist, zeigt, dass es nicht so hätte enden müssen. Wenn man die Hände nach außen streckt und nur Abneigung bekommt, kann man auch die Realität, in der man sich befindet, nicht testen. Sie wollte mit ihrer Mutter reden. Sie wollte die Türe mithilfe ihrer Freundin wieder schließen. Aber all das fiel auf taube Ohre, bis es zu spät war. Die einzige die ihr zugehört hat, war die gruselige Todesschwester, und ich weiß nicht ob das geholfen hat. Ich glaube auch, das die Rolle des unzuverlässigen Erzählers von Veronica auf den Polizisten übergegangen ist. Er wurde von dem, was er dort gesehen hatte (Verwüstung, verstörte Kinder, sonderbare Zeichen an der Wand, wahrscheinlich einen Epileptischen Anfall von Veronica den sie nicht überlebt hat) so traumatisiert, das er mit dem Kontext der erzählung der Familie diese Narrative weitergeführt hat. Den sowas ist leichter zu glauben, als das ein Kind wahnsinnig geworden ist und niemand ihr helfen wollte.
                                                Handwerklich ist der Film gut. Die Bildsprache ist schön und klar und wird auch geschickt genutzt, um den Plot und die internen Konflikte zu behandeln. Die Horrorelemente sind leider nicht so effektiv. Alles ist etwas zu grob, etwas zu hell und etwas unklar. Die Musik und die Soundauswahl sind ganz gut. Ich fand die Schauspieler auch durch die Bank gut, allen voran Sandra Escacena. Aber leider ist der Film in manchen Aspekten nicht ganz so rund, weswegen er bei mir nicht über die 7 kommt.

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                                                  Der neue Film von Paco Plaza ist ein Prequel für seinen psychologischen Horrorfilm Veronica. Eine Geschichte, welche die mysteriöse und blinde Todesschwester näher bringen soll. Ein Film, der leider die ersten zwei Drittel etwas zu langsam vorankommt, dies aber mit einem tollen dritten Akt wieder wettmacht.
                                                  Man folgt Schwester Narcissus, die ihre neue Stelle als Mentorin und Lehrerin in einem Mädchen Waisenhaus antreten möchte. Die Mutter Oberin ist überglücklich, sie für sich gewonnen zu haben. Denn als sie ein Kind war, ist ihr Mutter Maria erschienen. Etwas, das damals für viel Furore gesorgt hat und woran sie immer noch zehrt. Wo die Oberin ein menschliches Wesen berührt und gesegnet von Gott sieht, hat Narcissus selbst eher Probleme damit. Sie ist sich nicht mehr sicher, was sie damals gesehen hat, ob es wirklich göttlich war, oder etwas anderes. Und ihr Leben ist seither in einem Twist gefangen, bei der sie nicht immer zwischen Realität und Fiktion unterscheiden kann. Ich hätte es schön gefunden, wenn sie irgendwie klar gemacht hätten, dass die Albträume nicht erst in diesem neuen Kloster angefangen haben, sondern schon weiter zurückliegen. Und mit Traumsequenzen ist es auch immer so eine Sache. Natürlich kann man da coole und verstörende Bilder zaubern, aber es fehlt meistens der Kontext oder die Einsätze und irgendwelche Konsequenzen davon. Der Film fokussiert sich auf ihre Perspektive (bis auf einen sonderbaren Bruch von zwei Mädels, die mal aufs Klo müssen) und das beginnt irgendwann zu zehren, da ihr Charakter so schlecht ausgearbeitet ist. Man bekommt bis zum dritten Kapitel kein wirkliches Gefühl für sie. Was möchte sie? Warum macht sie die Dinge, die sie macht? Und wie geht sie mit den ganzen Situationen um? Sie ist einfach viel zu passiv. Man bekommt das Gefühl, dass sie nicht wirklich dort sein will, dass sie nicht wirklich zur vollwertigen Nonne aufsteigen möchte, dass sie keine wirkliche Freude am Unterrichten hat und auch die kleine Tanzeinlage mit den Kindern wirkt auch viel zu erzwungen. Ora et labora: Bete und Arbeite: wobei sie bei keinem Mantra wirklichen Enthusiasmus empfindet. Zeigt doch einfach, was sie bewegt, anstatt so vage dabei zu sein. Erst im Beichtstuhl wird klar, was sie möchte und wie weit sie dafür gehen möchte. Ab hier dreht der Film auch endlich auf, mit Traumsequenzen, die etwas über sie aussagt und auch richtige Konsequenzen hat. Narcissus sucht so verzweifelt nach einer Bestätigung für ihre Visionen, das sie auch unbewusst in Kauf nimmt das jemand anderen etwas schlimmes passiert, solange man einen Blick hinter den Vorhang erhaschen kann. Natürlich ist das überspitzt und ich glaube nicht, dass das ihre Motivation von Anfang an war, aber die Augen aus dem Beichtstuhl durchschauen ihre Vorwände und treffen genau den Kern.
                                                  Aus Schande und Scham verlässt sie das Kloster, um in der Sonnenfinsternis eine eigene, perfide Art von Buße und Wahrheitssuche zu tätigen. Statt ihr vollends die Sicht zu rauben, wird ihr aber eine zweite Sicht gewährt, beziehungsweise nicht mehr von den Bildern der Realität verschleiert. Hier dreht der Film richtig auf, in allen Bereichen. Die Ästhetik ist on point, Narcissus wird endlich aktiv und bringt dabei ein düsteres Geheimnis des Klosters ans Licht. Als Schwester Socorro auf sie zu geschwebt kommt, gefriert einem das Blut in den Adern. Ich frage mich, ob sie so aussieht, weil das das einzige Bild von ihr ist, das sie kennt, oder ob es den aktuellen mumifizierten Zustand widerspiegelt. Die Vision mit der Wahrheit tut sich auf, und die grausame Ungerechtigkeit bekommt eine zweite Chance sich zu rächen. Ich liebe es, dass sich das ganze auf zwei Ebenen abspielt. Einmal im Hier und Jetzt, und dann in der spirituellen Vergangenheit, die sich gegenseitig beeinflussen. Das war richtig cool inszeniert und lässt die reale Welt, die Welt der Hellsichtigkeit und der innerhalb der Vergangenheit wunderbar zusammenlaufen. Der Film endet kurz vor den Geschehnissen in Veronica, wo Schwester Narcissus dem armen Teenager vage Tipps gibt.
                                                  Handwerklich ist der Film gut. Ich mag die Bildbreite, die gewählt haben, und der Cinematograph hat auch ein wirklich gutes Auge für starke Bilder. Ich liebe auch den Einsatz von Symbolismus. Von den Kreuz mit unzähligen Augen auf Narcissus Kleidung, grotesque Reliquien die überhaupt nicht untypisch in der Katholischen Kirche sind, zu den Galgenmännchen als Ausdruck des verstorbenen Kindes und dem übergrößen Kreuz was jetzt dort hängt, wo sich einst eine Schwester erhängt hat. Bis zum Bild der Jungfrau Maria, das sich in Schwester Socorro spiegelt und dann zu der verzerrten Fratze wird, die man immer wieder sieht. Mit der Musik tue ich mich ein bisschen schwer, weil sie oftmals irgendwelche gruselige Musik einspielen, wenn die Situation noch gar nicht gruselig ist. Sowas stört mich und fühlt sich wie verarsche an. Und auch wenn das Finale richtig toll ist, ist der Weg dahin eher beschwerlich. Durch die Traumsequenzen und der sehr passiven Protagonistin funktioniert das Slow Cooking auch nicht wirklich. Es ist auch so schade, dass sie mit dem extrem coolen Konzept die Hellsicht nicht mehr machen. Ich fände es toll, wenn es einfach mehrere Filme mit ihr gibt, die auf die gleiche beeindruckende Art und Weise ihre Kräfte zur Schau stellen. Ich war am Anfang auch nicht wirklich von Aria Bedmar überzeugt, bis sie endlich etwas aufgedreht haben und sie wirklich zeigen konnte, was sie drauf hat. Auch die anderen Schwestern und Kinder haben allesamt überzeugen können. Ich glaube, wenn man eine halbe Stunde aus dem Film herausgenommen hätte, würde es dem Pacing und der Geschichte richtig gut tun und ein rundes Erlebnis gegeben. So bekommt man einen interessanten Film, der leider erst in die Pötte kommen muss.

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                                                    Was für ein faszinierender Film! Eine Mockumentary, die einiges in dem Film mit echten Fakten und Experten spickt und dabei tatsächlich überraschend tief und vielschichtig in das Thema Verschwörungstheorien und diejenigen, die daran glauben, eintauchen. Wenn ihr Interesse an dem Thema habt, dann schaut euch den Film an und lest dann weiter, ab hier wird gespoilert.
                                                    Zwei Freunde möchten eine Dokumentation über Verschwörungstheorien und ihre Prediger machen. Dabei finden sie zufällig einen Typ namens Terrance. Er ist ein klassischer Verschwörungstheoretiker, der in allem und jedem eine Verschwörung sieht. Um die Beweisführung nicht zu verlieren, ist alles in seiner Wohnung mit Zeitungsausschnitten beklebt und mit Fäden verbunden. Er wirkt im ersten Moment nicht gesund, worauf später eine Psychologin erklärt, was es mit Paranoider Schizophrenie auf sich hat. Und er ist einfach ein Paradebeispiel dafür. Eines der größten Stärken der Menschen liegt im erkennen von Mustern. Dazu will sich das Gehirn manchmal nicht eingestehen das es etwas nicht weiß, und findet dann überall mögliche Lösungen. Aber nur weil es so ist, und gerade bei psychisch kranken Menschen in den absoluten Overdrive gehen kann, heißt nicht das alles was sie sagen falsch ist. Vieles was Terrence da von sich gibt, ergibt auch irgendwie sinn, und schlägt deswegen auch so gut bei Aaron an. Aber er macht denselben Fehler wie Terrance, nur weil man in manchen Bereichen recht hat, heißt es nicht, dass man überall recht hat. Das wird auch toll illustriert bei der Frage, wer “Die da oben” überhaupt sind. Denn die Antworten sind vielseitig, weil alles möglich ist. Und man kann eine Verschwörungstheorie nicht widerlegen, denn die Möglichkeit besteht immer. Und wenn man irgendwann mal soweit kommt, wird man schnell von einem interessierten Menschen auf der Suche nach einer Wahrheit, zu einem Gefangenen der eigenen, überdrehten Fantasie. Terrance schreit, dass wir Schafe aufwachen sollen, erkennt dabei aber nicht, dass niemand von “denen da oben” so stark kontrolliert wird, wie er selbst. Wenn man in allem eine tiefe Verbindung sieht, kann es keine Normalität mehr geben. Jegliches Signal von außen wird umgedeutet, was einem niemals einen Moment der Ruhe gibt. Das ganze wird von Jim schön gesagt: “Entweder es gibt sie und dann hat es sie auch schon immer gegeben und man kann nicht viel machen, oder es gibt sie nicht, und dann ist der Stress erst recht unnötig.” Ich denke, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt. Ich bin immer für Entschleierungen und Aufklärungen, aber sobald sowas zu einem Heilsversprechen wird, muss man aufpassen.
                                                    Nachdem Terrance verschwunden ist, versucht Aaron seine Arbeit weiterzuführen und stößt dabei auf einen Geheimbund. Eine schöne Amalgamation von allen möglichen Verschwörung Bünden. Mit dem Proto Jesus, Titanen der Wirtschaft und Politik und einem beeindruckenden Ritual. Mit dieser Erkenntnis beginnen die Grenzen zu verschwimmen: Hat man Terrance noch ausgelacht, als er sich über einen Fahrradfahrer aufregt, wird es den beiden plötzlich ganz mulmig, als derselbe an ihnen vorbeizieht. Die ganze Sache spitzt sich dann auch richtig schön zu, als sie über unzählige Umwege einen Weg zu dem kultischen Treffen finden. Und auch wenn ich den Film generell nicht als Found Footage bezeichnen würde, kommt diese Sequence dem ganzen schon am nächsten und hat mir in seiner Inszenierung gut gefallen. Ich habe mich in meiner Jugend zum Spaß mit Verschwörungstheorien auseinandergesetzt und bin dabei auf “The Grove” gestoßen. Und auch wenn es eine andere Gruppe und ein anderes Ritual ist, finde ich, dass sie die besondere Ästhetik und Atmosphäre eingefangen hat. Ich hab mich kaum getraut zu atmen, als sie sich unter die Mächtigen gemischt haben. Bin bei jedem Wort und jeder Geste, die an sie gerichtet wurde, nervös zusammengezuckt. Die Masken, Kostüme, Flammen, Trommeln und fremdartige Trompeten sind richtig stark. Die Zeremonie hat mir auch gut gefallen, bei jeder Requisite einen tieferen symbolischen Zweck innehat (inklusive den Raum mit dem Spiegel, der direkt aus Twin Peaks hätte stammen können). Und dann der Twist, der einen in Panik versetzt und den Verrat so viel grausamer macht. Doch all das wird von dem wirklich genialen Ende des Films getoppt. Denn die Frage, ob alles was wir gesehen haben echt war, wird nochmal in sich selbst gestülpt. Natürlich würden solche Geheimbünde auch wissen, dass andere auf ihrer Spur sind. Das wurde ja schon durch den Fahrradfahrer und viel mehr durch den SUV klar. Aber die Idee, dass sie das Ritual nutzen, um irgendwelchen leichtgläubigen und motivierten Menschen einen Streich zu spielen, ist so klar wie brillant. Und auch die Entschleierung der “New World Order” mit einem einfachen Ja zu beantworten, ist irgendwie entwaffnend. Es ist auch nicht verwunderlich, dass sich vor jedem großen historischen Ereignis die Gruppe getroffen hat, wenn sie sich jährlich zusammenfinden. Das schöne dabei ist auch, dass der Film einem frei stellt, woran man glauben möchte. Es könnte genauso gut sein, dass alles genau so stattgefunden hat, wie es gefilmt wurde. Das Aaron wirklich geopfert wurde, und die Mächte nun das Medium nutzen, um sich in ein besseres Licht zu stellen. Es kommt darauf an, was man aus dem Film gezogen hat.

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