Nebenniveau - Kommentare

Alle Kommentare von Nebenniveau

  • 8

    ‘When Evil Lurks’ ist ein faszinierender Horrorfilm, der sich klassischen Strukturen und Tropes bedient, aber dabei weit über diese hinausgeht. Das liegt vor allem an der großartigen Inszenierung und dem Drehbuch. Ein Film, mit Szenen, die mich erschüttert haben, mit einer Gänsehaut, die sich über den ganzen Körper zog. Mit einem phänomenalen Worldbuilding, das mich von der ersten bis zur letzten Minute gefesselt hat.
    Der Film handelt von zwei Brüder, die auf ihrer Farm, mitten in der Pampa, eine schreckliche Entdeckung machen. Die einen eigentlich schon fast vergessenen Horror erwachen lässt, der eine grausige Schneise der Zerstörung zurücklässt. Man merkt, dass es Demián Rugna mit seiner Geschichte und Inszenierung ernst nimmt. Alleine die ersten Gespräche zwischen den zwei sehr unterschiedlichen Brüdern machen klar, wie diese Ticken und wie die Dynamik zwischen ihnen funktioniert. Während Jaime versucht, einen Sinn in der Situation zu finden und Theorie um Theorie aufstellt, nimmt sich Pedro erst einmal Zeit, um die Situation überhaupt voll zu erfassen. Das wirkt erst nicht nach viel, aber genau das beschreibt die Charaktere, ihre Entscheidungen und Handlungen bis zum Schluss, ohne dabei eindimensional zu werden. Der Fokus der Geschichte bleibt dabei auf den zwei Brüdern, welches es dann auch möglich macht, diese Schleife um das Ende zu ziehen.
    Aber der wahre Star ist das Worldbuilding! Man kauft dem Film ab der ersten Sekunde alles ab. Auch wenn man als Zuschauer einfach hineingeworfen wird, agieren alle Charaktere unter der gleichen Prämisse von Rotten, Cleanern und das Böse welches bekannte Formen annehmen kann. Das Nachspiel eines Grauens, welche die Religion, Gesellschaft und die Menschen darin zutiefst verändert hat, auch wenn es heute nicht mehr so Prävalent ist, wie es einmal war. Die Symbole der Kirche sind noch überall vorhanden, doch ihre Bedeutung hat sich geändert. Die Regeln, die sich wahrscheinlich unter viel Leid und Schmerz herauskristallisiert haben, sind zwar noch bekannt, aber wirken wie ein Relikt aus der Vergangenheit. Und genauso werden sie auch ignoriert und man muss dann einen teuren Preis dafür zahlen. Mit den Werkzeugen der Cleaners, welche auch eher wie Reliquien wirken, als nützliches Werkzeug gegen eine unsichtbare Gefahr. Bei dem der Aberglaube tatsächlich zu einem Überlebensmechanismus wird, der oftmals über Leben und Tod entscheidet. Und das, was dort nirgendwo abgeht, wirkt so abwegig, dass man es einfach ignorieren möchte. Das wird nur noch verstärkt, wenn klar wird, an was für einem Gottverlassenen Ort sie sind. Die Polizei ist nicht bereit zu helfen, auf Anraten des Bürgermeisters, der die Probleme am liebsten verschwinden lassen möchte. Bei der man auf sich gestellt ist und deswegen dumme Entscheidungen trifft, die dann große Konsequenzen nach sich ziehen. Bei der man zwischen Menschlichkeit und Pragmatismus entscheiden muss.
    Ich möchte gar nicht tiefer in die Geschichte eintauchen, aber gerne ein paar Aspekte ansprechen, bei denen ich etwas spoilern muss. Wenn ihr Blut geleckt habt, will ich euch gar nichts mehr vorwegnehmen, sondern den Film empfehlen. Ab jetzt wird vor Spoilern nicht mehr halt gemacht.
    Der Film ist wirklich spannend und teilweise verstörend grausam inszeniert. Ob es der zerfetzte Cleaner am Anfang des Filmes, oder der Transport des Rotten ist. Man muss schon sehr abgehärtet sein, dass diese Bilder einen kalt lassen. Aber richtig erwischt hat es mich erst in den Suburbs. Mit einer großartig inszenierten Szene, bei der sich die Familienmitglieder mit ihren Stimmen überschlagen, während man als Zuschauer genau weiß was auf sie zukommt. Vor allem mit dem Familienhund, der einen immer nervöser macht. Fast beiläufig packt er das kleine Mädchen, reißt es mit seinen Zähnen brutal herum, bevor er mit ihrem schlaffen Körper aus dem Haus rennt. Eine gewaltsame Entladung, die sich ständig aufgebaut hat und dann doch so viel grausamer war, als man es erwarten würde. Mit der verzweifelten Mutter, die dann freudig wieder ihr fucking Creepy Kind in den Arm nimmt. Bei dem die Brüder dann auch nichts anderes machen können, als abermals zu flüchten. Mit einer brutal angespannten Atmosphäre im Auto, die durch vibrier- und klingelnden Handys und das Stöhnen des Behinderten Kindes sich immer tiefer gräbt. Und die Suche nach Hilfe bei einer Frau, die sich besser mit dem Thema auskennt als irgendjemand anderes. Die einen viele neue Lore bieten, die ich gierig aufgesaugt habe. Mit Hinweisen von etwas größeren, mit einem alten Orden, der ihr damals alles beigebracht hat. Die das Vorgehen des Bösen kennt und deshalb warnt. Die weiß wie hinterlistig dieses sein kann, und es sich eine Freude daraus macht, ihre Opfer zu quälen. Bei der man aber auch mit all dem Wissen und jeglichen Vorkehrungen nicht alles abschätzen kann. Mit einem geteilten Finale, das die Brüder gebrochen zurück lässt. Mit einem Twist am Ende, der nur abermals beweist, dass man sich zwar gegen das Böse wehren kann, doch es zu besiegen ist schier unmöglich.
    Handwerklich ist der Film ein Traum. Mit einer großartig genutzten Bildsprache, gespickt mit starken Special Effect die auch die abgehärteten Horrorfans das schaudern lehren lässt. Mit einer unfassbar detaillierten und glaubhaften Welt, bei der man einem schier hoffnungslosen Kampf beiwohnt, gegen wahrliches Böse, das nur Zerstörung und Zermürbung auf allen Ebenen anstrebt. Mit eindrücklichen Szenen, die diesen Eindruck auf den Punkt bringen, gestützt durch ein starkes Drehbuch und fantastische schauspielerische Leistungen. Es passiert nicht oft, dass man so schnell und so intensiv in eine Welt hineingezogen wird, die mit jeder Information nicht zwingend klarer wird, aber man das Ausmaß des Ganzen erahnen kann. Eine Welt in der ich auch penibelst die Regeln einhalten würde, auch wenn ich alles andere als Abergläubisch bin.

    PS: Die Regeln werden zwar im Film erklärt, aber ich wollte sie nochmal an das Ende der Rezession packen, für alle, die sie nochmal nachlesen wollen.
    Nutze kein Elektrisches Licht (es ermutigt die Dämonen sich in deren Schatten zu bewegen)
    Halt dich von Tieren fern (diese können ebenfalls Besessen werden)
    Nimm nichts was in der nähe ‘ihrer’ ist (damit sind besessenen gemeint, da sich der Fluch scheinbar an alles fest greifen kann)
    Verletzte sie nicht (auch nicht ihre Gefühle)
    WICHTIG: Nenne das Böse nie beim Name
    Benutze keine Feuerwaffen (tut mir leid all ihr Ash Williams da draußen, keine Boomsticks)
    UND NOCH WICHTIGER: Habe keine Angst vor dem Tod.

    5
    • 5 .5

      ‘Final Destination’ ist nach 14 Jahren wieder zurück. Eine Legendäre Filmreihe wird mit neuer Lore und vor allem Todesarten. Ein Film, der eigentlich alles macht, was einen Final Destination Film ausmacht… leider auch inklusive furchtbarer Protagonisten und ein Film, der im letzten Drittel zerfällt.
      Der Film fängt sehr vielversprechend an. Mit einer Sequenz in den 1960ern, bei dem ein schäbig zusammengeschraubter Turm einstürzte. Dabei werden alte Familiengeheimnisse gelüftet und abermals die Mechaniken des Todes erörtert. Handwerklich ist der Film ziemlich gut. Das Wichtigste, die verschiedenen Kills, sind vom allerfeinsten. Ich mochte den Penny als Instigator des ganzen, weil er aus einem Wunschbrunnen geraubt wurde und dahin zurück möchte. Auch das klassische Spiel des Franchises, den Tod so absurd und komplex wie möglich zu gestalten, mit unzähligen kleinen Hinweisen, die sich dann herrlich in einer Symphonie des Grauens entwickelt, ist großartig. Ich wünschte mir nur, dass es mehr allgemeine Beispiele gewesen wäre, wie damals zum Beispiel das Solarium oder die Autobahn mit dem Baumstamm Truck. Aber das ist jammern auf hohem Niveau. Vor allem die Intro-Szene bietet so viel Unterhaltsames und Wahnwitziges! Da waren perfide & kreative Köpfe am Werk, die sich richtig auslassen konnten. Würde der Film nur aus diesen Sequenzen bestehen, hätte er auch ne gute Bewertung bekommen. Es ist vielmehr die Struktur des Franchises. Mit einem super unterhaltsamen und spaßigen ersten Drittel, das dann von Lore und verzweifelten Versuchen im zweiten Drittel ausgebremst wird und eigentlich fast immer mit einem enttäuschenden letzten Drittel endet. Mit einer Protagonistin, die leider jeglichen Spaß aus den Szenen saugt. Die sich ein Gesichtsausdruck im Spiegel antrainiert hat und ihn den ganzen Film lang durchzieht.
      Ab hier wird die Geschichte des Films gespoilert, wenn euch das wichtig ist. Kleine Twists und die verrückten Tötungsarten werde ich trotzdem nicht verraten. Der Film baut einige Aspekte auf, die aber nie wirklich erörtert werden. Z.B. das Trauma mit der Mutter oder das Verhalten der Protagonistin, die die Familie genauso zurückgelassen gefühlt hat. Bei der sich bis auf den Vater (mit Vorbehalt) und der Onkel sich über ihre Anwesenheit freut. Das macht alles schon etwas schwieriger. Vor allem, weil sie nicht aufhört zu pushen, egal was ihre Familie zu ihr sagt. Wenn dir dein Vater sagt, sprich nicht mit dem Onkel über die Großmutter, weil es verstörend für ihn ist, sollte man darauf hören. Auch wenn deine Tante fast zusammenbricht weil diese Frau kurz davor stand die Familie auseinander zu reißen, sollte man das nicht ignorieren. Aber nein! Ihr Albtraum ist wichtiger! Und ihre Verschwörungstheorie ebenso! Wer braucht schon Menschlichkeit, wenn man immer schockiert aussieht und recht behalten muss. An sich mag ich auch, dass sie keine wirklichen Vorahnungen hat, das ist immerhin etwas anders. Dass dann aber krankhafte Paranoia zur Superkraft gemacht wird, finde ich nicht so knorke. Man hätte damit spielen können, dass der Tod sich erst mal eine Tötungsart heraussuchen und vorbereitet, bis sie auftaucht und etwas ganz anderes aufbringt, wobei der Tod nur die Schultern zuckt und kurzerhand umdisponiert. Das hätte auch einen Aspekt der Serie herausgebracht, den ich persönlich sehr mag. Dass man quasi besser dran ist, wenn man nichts weiß, denn wissen schützt nicht und macht den Tod nur noch so grausamer. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass einige darüber hinwegsehen können, aber mich hat es so gestört, dass all die guten Aspekte des Films gegen Ende der Dröge Erzählung gewichen sind. Dabei mag ich eigentlich auch die neue Lore. Davon, dass der Tod sich dann durch die Familienmitglieder durcharbeitet. Auch, dass endlich mal erklärt wird, warum Bludsworth der Typ ist, den er schon die ganze Serie lang spielt.
      Ich verstehe nicht, warum sie sich bei so vielen Aspekten des Filmes Mühe gegeben haben, aber dann bei der größten Schwäche des Franchises, die Geschichte und Protagonisten, abermals in dieselbe Falle treten. Das raubt dem Film viel Spaß und Drive. Immerhin haben sie das Decoden der Regeln etwas besser gestaltet. Wenn man aber nur für die absurden Kills da ist, kann man wirklich viel Spaß haben, und auch die Lore Erweiterung hat mir persönlich gut gefallen. Aber der Film ist leider kein Runder und würde ich deshalb auch nicht zwingend empfehlen.

      2
      • 8

        ‘Dog Day Afternoon’ basiert auf einer faszinierend wahren Geschichte, die drei Jahre nach dem spektakulären Fall ins Kino gekommen ist. Nachdem John Wojtowicz den Film “Der Pate" im Kino gesehen hatte, bekam er die Idee, mit seinen Kumpels eine Bank auszurauben. Aus dem minder erfolgreichen Raub entwickelt sich eine Geiselnahme, die sich über 14 Stunden erstreckt und kein wirkliches Happy End bereithält. Und wer hätte gedacht, dass er drei Jahre später von dem Schauspieler gespielt wird, der ihn zu dieser Tat inspiriert hat. Unter der Regie von Sidney Lumet mit dem Drehbuch von Frank Pierson wird die Geschichte in überraschender Art und Weise auf die Leinwand gebracht.
        Die Geschichte hat damals schon großes Interesse geweckt, bei dem die Bank nicht nur von Polizisten umstellt wurde, sondern auch von den Medien. Ein Zirkus und ein Spektakel, das Sonny als Protagonisten und konträre Kraft hervorhebt, welche von den Schaulustigen wie eine Seifenoper angesehen wird. Ein Bankraub, der mit jeder weiteren Information bizarrer wird. Von einem Akt aus Liebe für einen Mann, der lieber eine Frau sein möchte. Mit einem verstörten Assistenten, der wahrlich bereit ist, für diese Sache zu sterben. Und Sonny selbst, der den Raub eigentlich so flott und effektiv durchziehen möchte. Was dann aber durch einen arroganten Fehler eines Polizisten zunichte gemacht wird. Es ist eine Geschichte, die dazu neigt, Protagonisten und Antagonisten zu zeichnen. Und es wäre auch das einfachste, den Film so zu inszenieren. Aber das war nicht die Intention von Sidney Lumet. ‘Dog Day Afternoon’ ist ein überraschend neutraler Film, der näher an einer Dokumentation liegt als einem klassischen Film. Das macht den Umgang mit Themen wie Homosexualität oder Genderdyphormie, die damals sicherlich Tabu waren (und traurigerweise heute von Vollidioten wieder zum Tabu gemacht wird), so besonders. Es wird nicht schlecht geredet und es wird auch nicht unnötig aufgebauscht, sondern es wird genommen wie es ist. Es ist so herrlich menschlich! Zumindest kam es bei mir so an. Und das schlägt sich natürlich auch auf die Charaktere nieder, die allesamt in diesem neutralen Ton dargestellt werden. Sonny ist kein Psychopath, aber auch kein Held. Genauso auch der Polizist, der die meisten Verhandlungen führt. Oder Sal, der am Anfang einen sehr nervösen und gefährlichen Eindruck abgibt. Der ständig einen zwiespältigen Eindruck hinterlässt, mit den größten Puppy Eyes, die so viel Traurigkeit beherbergen. Der leider auch nicht der hellste ist, und mit der Waffe in der Hand etwas bekommt, das er normalerweise nicht hat: Autorität. Der aber auch nicht weiß was er damit anfangen soll. Man entwickelt auch echt eine Zuneigung zu den Geiseln, die schnell verstehen, was für handzahme Typen ihre Entführer eigentlich sind.
        Diese Atmosphäre der Neutralität und der damit einhergehenden Authentizität kommt stark von der Narrative und deren Inszenierung. Der Film beginnt mit einem Elton John Song und Bildern von New York City. Doch sobald man auf der Straße vor der Bank ankommt, wechselt der Film diese neutrale Sichtweise. Der Schauplatz ist überschaubar. Mit der Bank auf der einen Seite, der Straße und der von der Polizei als Zentrale missbrauchte Geschäft auf der anderen Seite. Die einzige Musik, die man jetzt noch hört, ist diese, die auch in der Szene vorhanden ist. Die Erzählstruktur hält auch nicht an klassischer Exposition fest. Nein, die Szenen nehmen sich Zeit. Das erschafft ein ganz besonderes Pacing, bei dem die angespannten und ruhigen Szenen genauso dazugehören wie die interessanten Gespräche oder Handlungen. Was man dafür aber braucht, sind gute Schauspieler, da es sonst schnell zu einem furchtbaren Laientheater verkommen kann. Aber hier lassen sie sich nicht lumpen. Es gibt keine einzige Schwäche in dem Cast. Von den nervösen Geiseln, zu dem Polizisten, der verzweifelt seinen Fehler ausbügeln möchte, zu den kalkülen Typen des FBI, der ersten Ehefrau, seiner Mutter und der aktuellen Frau von Sonny. Ich mag auch, wie schier beiläufig (der Machart passend) die Charaktere dargestellt und entwickelt werden. Vor allem in kleinen Worten und Gesten. Vor allem von Sonny bekommt man einen faszinierenden Blick, der sich viel mehr durch Taten erweist, als durch Worte. Und hier muss ich aber Al Pacino nochmal gesondert hervorheben. Er ist ein fantastischer Schauspieler, der meistens aber immer sehr ähnliche Rollen spielt. Deswegen war ich so überrascht, wie gut er Sonny verkörpert. Dieser schon fast manisch getriebene, mit einem starken Bedürfnis für Glück und Gerechtigkeit derer, die er liebt. Der mit dieser Aktion heillos überfordert wird und nach seinem besten Gewissen handelt, damit alle gesund und zufrieden aus der Situation herauskommen. Vor allem in Gesprächen mit seiner Ex-Frau, seiner Mutter und vor allem Leon beweist er die Stärken, die ich ihm gar nicht zugetraut hätte.
        Ich mag auch den Umgang mit den Entführern, der Polizei und den Medien. Moretti wollte die Räuber mit einem Anruf einschüchtern, damit es nicht zu unnötigem Blutvergießen kommt, und erreicht dabei genau das Gegenteil. Ein grober Schnitzer, an dem er den ganzen Film lang arbeitet. Mit einem Bataillon von Polizisten und Sondereinheiten, die nicht wirklich auf ihn hören. Die dann mit den Waffen auf die erste Geisel zielen, nur weil dieser Schwarz ist. So kann ich auch gut verstehen, dass sich die Schaulustigen dann auf Sonny versteifen. Vor allem mit seinen kleinen Ansprachen, dem Umherwerfen von GELD und dem Kampfruf ‘Attica’, welches auf einen brutalen Gefängnisaufstand anspielt, der alles andere als gut geendet hat. Bei dem auch später die Freunde von ihm und Leon kommen, um ihre Unterstützung kundzutun. Bei dem auch die Medien in Kontakt mit ihm treten wollen, aber dann bei leichter Gegenwehr schon das Weite suchen. Bei dem kleinen Kampf um den Luftraum, die einen bewaffneten Polizisten und die anderen bewaffnet mit einer Kamera. Mit einem Finale, das einem das Herz bricht. Bei dem die vorgetragenen Miranda Rights unter dem Lärm des Flughafens untergeht.
        ‘Dog Day Afternoon’ hat mich wirklich überrascht. Mit einer anfangs gewöhnungsbedürftigen Inszenierung, die dann seine ganz eigene Atmosphäre erzeugt. Ein zärtlich neutraler Blick auf eine wahre Geschichte, die das Leben so geschrieben hat.

        2
        • 8
          über Warfare

          ‘Warfare’ ist kein konventioneller Actionfilm. Es ist der Versuch von Alex Garland und Ray Mendoza, den realistischen Kriegsfilm aller Zeiten zu kreieren, was ihnen wirklich gut gelungen ist. Die beiden haben sich beim Dreh von Garlands ‘Civil War’ gefunden, wo Mendoza als Militär Supervisor gearbeitet hat. Zusammen stellen sie eine Überwachungsmission in Ramadi dar, bei der Mendoza selbst als Funker gearbeitet hat. Aus den Erinnerungen der Soldaten wird genau diese Mission in Echtzeit erörtert.
          Der Film startet mit einer Gruppe Soldaten, die vor einem kleinen Fernseher absolut abdrehen. Nach einem kurzen Text geht der Film in Echtzeit weiter. Wenn es heißt, dass wenn gesagt wird, dass der Casevac noch fünf Minuten entfernt ist, kann man auf die Uhr schauen und sehen, dass sie fünf Minuten später tatsächlich auftauchen. Das funktioniert besonders gut, durch den militärischen Komplex, den sich die USA aufgebaut haben, die vor allem auf akkuraten Informationswechsel spezialisiert sind. Die Darstellung der modernen Kriegsführung ist faszinierend. Davon, dass jedes Mitglied des Teams eine wichtige Position innehält. Mit präzise geplanten Schaustellungen von Macht, dem Blick vom Himmel und der Abstimmung mit den anderen Truppen in der Nähe. Und das Problem, wenn diese plötzlich unterbrochen wird. Das alles war wirklich faszinierend zu sehen und ist eine ganz eigene, effektive Sprache. Und auch wenn ich überhaupt kein Fan des Militärs bin, packen mich solche Aspekte. Das strategische Einnehmen des Domizils, das Aufteilen von Aufgaben innerhalb des Hauses, die präzise Beobachtung der Situation, die sich entwickelt, und dem antrainierten Verhalten, um auch in unübersichtlichen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Ich wünschte nur, dass Soldaten und Krieg ein Aspekt der Fiktion wären, bei denen man sich in Filmen, Büchern und Spielen austoben kann, anstatt wirklich sein Leben für Dinge wie einen Vorschlaghammer zu riskieren.
          Die Kamera fängt das Geschehen sehr gut ein. Aber der handwerkliche Star ist eindeutig die Klangkulisse. Das Geräusch der Soldaten auf den sandigen Straßen, mit dem Klackern der Ausrüstung. Die bellenden Hunde und das geschäftige Treiben, das beobachtet wird. Die Schusswechsel und Explosionen nah und fern. Das Sounddesign ist absolut brillant und es ärgert mich, dass ich den Film nicht im Kino gesehen habe. Vor allem weil der Film bis auf Eric Prydz und den Abspann komplett ohne Musik funktioniert. Die Geräuschkulisse wird dabei so unglaublich wichtig. Nicht nur für die Narrative an sich, sondern auch für die Soldaten in einer Situation, bei dem man hinter jedem Geräusch den Tod erwarten kann.
          Das Echtzeit Gefühl schlägt sich auch in einem eigensinnigen Pacing nieder, das überhaupt nicht schlecht ist, aber eben etwas ungewohnt. Ich glaube, wenn sie daraus einen One-Shot Film gemacht hätten, würde das Gefühl noch besser rüberkommen, aber das kann man auch bei so einer komplexen Geschichte und auch klaren Blickwinkeln nicht machen. Vor allem die Minuten zwischen den Konflikten oder beim Warten auf eine Veränderung zieht sich die Zeit schier ins Unendliche. Ob man mit dem Sniper zusammen mit dem Fadenkreuz über den Markt blickt, die administrative Aufgabe des Funkers lauscht oder mit Liegestützen die Zeit totschlägt. Es hilft der Spannung, die sich in der Luft zusammenbraut und sich dann plötzlich entlädt. Auch nach einer Explosion nehmen sie sich Zeit für die Konsequenzen dessen, bei dem man nicht einfach wegschneidet, aber sich auch nicht unnötig lange auf das Leiden verweilt. Es ist einfach so wie es ist. Und das liegt auch an der Struktur des Films. ‘The Film Only Uses Their Memories’ ist der Kern dabei. Es wird gleich klar gemacht, dass die Geschichte nicht nur eine Wahre ist, sondern sich auch die Mühe gemacht hat, die echten Soldaten bei den Szenen dabei zu haben, um ein möglichst akkurates Bild von der Situation zu bekommen. Und auch hier schafft der Film einen guten Spagat. Kriegsfilme können sehr schnell in Propaganda ausarten, und gerade weil es aus der Erinnerung der Navy SEALS stammt, werden diese wahrscheinlich eher als Helden oder Opfer inszeniert. Das ist auch der Fall. Aber man muss nicht groß zwischen den Zeilen lesen, um zu sehen, was für ein unnötig grausamer Akt die ganze Mission ist. Davon, dass die arme Familie mit gezückten Waffen geweckt wird und sich die ganze Zeit in einem Zimmer quetschen, machtlos was gegen die Gewalt und Zerstörung zu tun. Die, nachdem die Soldaten weitergezogen sind, blicken sie auf ein blutverschmiertes, zerstörtes Zuhause. Ich mochte auch sehr, dass man die Familie am Ende des Filmes, bei dem die realen Personen und Schauspieler Seite an Seite gezeigt wird, nochmal zeigt. Es war auch alles andere als eine Heldentat, erst die zwei lokalen Kräfte auf die Straße zu schicken, bevor man das scheinbar 'wertvolle' Leben der Seals in Gefahr bringt. Interessant finde ich auch noch das, was im Abspann passiert, wo die fein säuberlich aufgebaute Atmosphäre mit Hintergrund-Bildern der Produktion und Soldaten gebrochen wird.
          Warfare ist ein besonderer Film, dem das Konzept und die Intention wichtiger sind als alles andere. Und das ist ihm auch geglückt! Mit einer starken Inszenierung, die vor allem durch die großartige Klangkulisse punktet. Ein Film, der genau weiß was er sein möchte und das mit Brillanz erreicht.

          3
          • 7

            Ich bin nicht der größte Stephen King Fan. Nicht all seine Geschichten erreichen mich. Aber es gibt ein paar, die bei mir direkt ins Schwarze treffen. Und Carrie ist eine von ihnen. Als ich den Film irgendwann mal nachts im Fernsehen gesehen habe, hat er einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen, den ich auch noch nach all den Jahren spüre. Jetzt, beim abermaligen Anschauen habe ich zwei Sachen gemerkt: Der Film hat einige Probleme, vor allem was das Pacing angeht, aber er hat auch wirklich großartige Aspekte, die so viel besser sind, als man es erwarten würde.
            Der Film handelt um die junge Carrie White. Ein einsames Mädchen, das regelmäßig von ihren Mitschülern ausgeschlossen und gemobbt wird. Die nach einer Sportstunde ihre Periode bekommt, und aus Unwissenheit in absolute Panik verfällt. Bei dem sich auch die Personen, die für sie da sein sollten, sich schwer mit ihr tun, ihr beizustehen. Die in einem von Religiösen Symbolik getränkten, düsteren Haus lebt. Mit einer Mutter, die nach dem Verrat des biologischen Vaters sich in bizarre Dogmen des Christentums verloren hat. Die dann für ihre arme Tochter kein Mitleid parat hat, sondern ihr die Schuld an der untilgbaren Sünde gibt, die in ihrer psychotischen Keuschheit Sinn ergibt. Ihre Peiniger aus der Schule werden bestraft. Einige nehmen die Strafe hin und ignorieren es, andere schwören Rache und Sue erkennt an, dass sie eine Fehler begangen hat und möchte Carrie immerhin einen schönen Abschlussball mit ihrem Freund Tommy bieten. Und auf der anderen Seite hat man Chris, die zusammen mit ihrer Posse und ihrem Freund Carrie eins auswischen wollen. Doch bei Carrie entwickelt sich etwas anderes während der Zeit. Mit ihrer ersten Periode wurden neue Kräfte in ihr geweckt, die sie noch nicht wirklich kontrollieren kann. Bei der sie eine Wahrheit zwischen dem furchtbaren Schuld Dogma der Mutter und dem Hass, dem sie in der Schule ausgesetzt ist, finden möchte. Mit einem ikonischen Prom, der in einem grausigen und beeindruckenden Massaker endet.
            Der Film hat ein paar großartige Aspekte. Allen voran Sissy Spacek, die sich hier wirklich die Seele aus dem Leib spielt. Scheinbar hat sie sich beim Dreh von den anderen Schauspielern abgegrenzt und ihr Zimmer voll mit Gustave Dorés Bildern aus der Bibel dekoriert, um gleich im richtigen Modus zu bleiben. Sie hat auch Darstellungen von Personen, die gesteinigt werden, studiert und Carries Körpersprache damit gefestigt. Ein armes Mädchen, mit dem man richtig mitfühlt und der man bei dem Ausbruch am Ende auch nicht wirklich böse sein kann. Vor allem wenn solche Psychopathen wie Chris und Billy sie auf dem Kieker haben, die vor nichts zurückschrecken, um ihre Rache zu bekommen. Nancy Allen und John Travolta waren sich übrigens nicht sicher, ob der Film eine Schwarze Komödie oder ein Horrorfilm sein soll. Genauso auch die Mutter, gespielt von Piper Laurie, die scheinbar ab und zu lauthals loslachen musste, weil alles so überzogen war. Aber davon spürt man nichts beim Anschauen des Films. Mit Szenen, die wirklich verstörend sind, vor allem durch das Schauspiel von Spacek. Vom Wandeln zwischen menschlichen Schwächen und Grausamkeiten. Die auch filmtechnisch richtig schön dargestellt sind. Der Film nimmt ab und zu Freiheiten heraus, die man so nicht erwartet. Ob es die ätherische (nicht die Öle) Umkleide Szene am Beginn ist, oder die sonderbare Sport Bestrafung, das Einsperren in der Gotteskammer, das Ermorden eines Schweines, oder der One-Shot am Prom selbst. Ich verstehe, warum sie es so gemacht haben, vor allem als die Gewinner angekündigt wurden. Es ist so schnulzig inszeniert, weil es sich für Carrie so anfühlt. Ich liebe auch die Stille im Raum, als das Blut sich über sie ergießt. Und dann der Bruch, von Schnulz zur chaotischen Zerstörung, bei dem Carrie auch das Bild splittet, um die Intentionen dahinter klar zu machen. Auch der letzte Konflikt mit ihrer Mutter schneidet tief, mit dem gespiegelten Symbolismus des Heiligen Sebastian, der als Märtyrer seines Glaubens gestorben ist. Wenn es funktioniert, ist der Film richtig stark. Aber an anderen Stellen wirkt es einfach nur befremdlich und sonderbar. Ich habe den Film auf jeden Fall nicht so sexuell an Erinnerungen. Das macht den Film leider nicht ganz so rund wie er sein könnte. Er hat auch ein ziemliches Pacing Problem. Einige Szenen werden absichtlich gestreckt, um an die 94 Minuten hereinzureichen. Und das spürt man leider auch. Vor allem mit einigen Szenen, welche die Geschichte nicht wirklich vorantreiben und man als Zuschauer anfängt abzudriften.
            Carrie ist ein Film den ich glaubte ich lieber in Erinnerung behalte, als nochmal anzuschauen. Das heißt nicht, dass er schlecht ist, mitnichten, aber das Gefühl danach ist einfach so viel kohärenter und eindrucksvoller, als es im Film direkt dargestellt wird. Zurecht ein Klassiker!

            3
            • 6

              ‘Hot Rod’ war ursprünglich als Film für Will Ferrell konzipiert und wurde dann von ‘The Lonely Island’ angenommen und umgeschrieben. Und was sie dabei geschaffen haben, ist wahrscheinlich nicht für jedermann. Ein Film mit unzähligen Witzen und Ideen, die aber leider nicht alle landen. Aber ‘Hot Rod’ macht genau das, was er machen möchte, und das respektiere ich. Die Geschichte dreht sich um den jungen Stuntman Rod Kimble, der in die Fußstapfen seines verstorbenen Vaters treten und nebenher den Respekt von seinem neuen Vater im Zweikampf ergattern möchte. Mit einer treuen Freundesgruppe aus seinem Stiefbruder, dem Tausendsassa Dave, dem abgefahrenen Rico und später dann auch dem Girl Next Door Denise. Durch ein kaputtes Herz braucht der Ziehvater dringend eine Operation und Rod setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um an das Geld zu kommen.
              Das, was der Film für mich ausgemacht hat, war tatsächlich die Machart. Auch wenn der Satz “Boys will be Boys” eher negativ konnotiert ist, finde ich es hier passend und charmant. Denn es geht darum, dass gerade solche Jungs immer nur Schwachsinn im Kopf haben und es mit voller Energie und Passion ausleben. Es erinnert mich an meine eigene Jugend, wo man sich mit seinen Freunden alle möglichen Projekte vorgenommen hat und sich gegenseitig unterstützt, egal wie doof es auch sein mag. Und das wird durch die Inszenierung auch schön rübergebracht. Kevin hat nicht nur aus ästhetischen Gründen ständig eine Kamera in der Hand, der ganze Film hat den Vibe eines Homevideos. Ich habe auch das Gefühl, dass Kernthemen und die Machart direkt miteinander verbunden sind. Von etwas hohlen Nüssen, die all ihre Energie in Dinge stecken, die zwar kindisch wirken, aber für sie alles andere als das sind. Die gnadenlose Dummheit und Träume von Teenagern, die immer noch in der Brust der Junggebliebenen schlägt. In dem Mikrokosmos ihrer Ortschaft, der wirklich die ganze Welt für sie widerspiegelt. Bei dem der Film wie auch die Charaktere sich treu bleiben, egal wie blöd es auch sein mag. Dabei erinnert mich ‘Hot Rod’ an den Zucker’s Klassiker ‘Airplane’. Vollgestopft mit Witzen, die bis zum Schmerzgrenze durchgeführt werden, ob man will oder nicht. Das bedeutet leider auch, dass manche Szenen einfach nicht ziehen wollen, aber dafür die Szenen, die man mag, sich richtig ausleben können. Ein gutes Beispiel für mich ist das Wut tanzen im Wald, was mich kalt gelassen hat, aber ich bei der Szene danach nicht mehr aus dem Lachen gekommen bin, als er nonstop immer weiter stürzte. Wenn die Gruppe versucht, zum Klang einer Glocke zu harmonieren, oder sie über Partys und ihre eigenen Namen bei der Vorstellung von Denise quatschen, zieht das vielleicht nicht bei jedem, aber das ist auch okay. Der Film ist eben nicht für jeden. Er ist hauptsächlich für die Jungs selbst, die etwas machen wollen, was sie zum Lachen bringt, und wir haben das Glück dem beiwohnen zu dürfen. Auch innerdiegetisch schön gezeigt im Kino, bei dem manche Leute über ihn lachen, wogegen andere glühend mit ihm gehen. Mit einem richtig coolen Finale, bei dem der vergessene Underdog AM Radio zur Hilfe eilt. Mit einer großartigen kurzen Musical-Szene, die mich richtig erwischt hat, neue Ausrüstung, die richtig toll aussieht, und ein kurzer Blick in das Paradies von Rod, der aus Wrestling-Maskottchen besteht.
              Und obwohl alles ein etwas amateurhaftes Gefühl mit sich bringt, klotzen die Jungs mehr als zu kleckern. Die Stunts von Rod sind doch beeindruckender und brutaler, als man vielleicht annehmen würde. Genauso auch die Kampfszenen zwischen Rod und Frank, die sich wirklich nicht zurückhalten. Genauso auch die Charaktere. Ian McShane als Stiefvater Frank macht es großartig. Mit seiner sehr speziellen Ausdrucksform der Liebe, wenn es um Rod geht. Danny McBride als Rico fand ich auch großartig, mit grandios chaotischer Energie, die sich ständig überraschend entlädt. Und auch wenn Träume von anderen meistens nicht interessant sind, habe ich mit dem Wizard Traum mitgefühl. Bill Hader als Dave ist auch gewohnt großartig, vor allem wenn er völlig High und Kopfwunde Rod um Hilfe fragt. Und sein Stiefbruder Kevin wird auch so charmant von Jorma Taccone gespielt, dass der die kleine Bruder Energie wirklich toll rüberbringt. Und natürlich noch den Protagonisten selbst, gespielt von Andy Samberg. Er hat mich sehr an den Waititi Film ‘Eagle vs Shark’, bei dem Jemaine Clement einen sehr ähnlichen Charakter spielt. Ein Typ, der denkt, er müsste sich ständig beweisen. Der sich als harter Typ inszeniert, mit einer hauchdünnen Haut. Aber unter seiner fahlen harten Schale schlägt ein gigantisches Herz. Der eigentlich nur geliebt und geachtet werden möchte und das mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, erreichen möchte. Der sich die Welt so macht wie er möchte, toll dargestellt in dem tod des Vaters, welche erst übertrieben brutal ist und dann von der drögen Realität eingeholt wird: “So, how did he die?” “He choked on some pie.” “What? Come on. Seriously?” “He wanted to win that contest so badly.”
              ‘Hot Rod’ ist sicherlich nicht für jeden was. Einige Sachen haben bei mir auch gar nicht gezogen. Aber ich liebe den Stil des Films, bei dem sich sichtlich viel Mühe gegeben wurde. Wie ein Portal in eine andere Welt, in der die Welt kleiner und einfacher ist.

              • 7

                The Yellow Sea ist ein Action-Thriller mit dem Fokus auf die Bevölkerungsgruppe der Joseonjok: Koreaner die in China leben oder in diesem Fall, in der sonderbaren Zwischenzone Yanbian. Über verschiedene Bosse krimineller Vereinigungen, einem Mord, einer verschwundenen Ehefrau und unser Protagonist Gu-Nam mittendrin. Ich rede am Anfang etwas über die Geschichte (nicht mehr als man in einem Klappentext lesen würde) und möchte auch relativ spoilerfrei bleiben.
                Der Film beginnt richtig depressiv. Mit einer Geschichte über tollwütige Hunde, die dann vom geliebten Haustier zu Bestien werden, bis sie vor Schwäche zusammenbrechen und dann aufgrund fehlender Nahrung in der Nacht ausgegraben und verspeist werden. Yanbian ist ein dystopischer Ort, bei dem Gu-Nam sich über den Tag verteilt als Taxifahrer sein Geld verdient und es in der Nacht beim Mahjong verzockt. Eigentlich wartet er nur auf seine Frau, der er die Chance gegeben hat, in Südkorea ein neues Leben aufzubauen. Aber es herrscht Stille und die Kredithaie wollen nicht länger warten. Doch dann kommt ein Wink des Schicksals, der ihm die Möglichkeit bietet, seine Schulden loszuwerden und seine Frau zu suchen. Er soll über umständliche Wege nach Süd-Korea um dort einen Mord auszuführen.
                Es ist klar, dass das Schicksal dieser vergessenen Bevölkerungsgruppe dem Regisseur und Autor Na Hong-jin nah ans Herz geht. Nicht nur in Yanbian haben sie es schwer, während der Überfahrt, in China und Korea gehören sie teilweise nicht mal zu den Bürgern zweiter Klasse. Sie werden misshandelt, ausgetrickst und brutalst gegängelt. Wenn darüber geredet wird, die Organe aus einem auszuschneiden, sind das nicht nur schnöde Worte. Dabei gibt sich Gu-Nam wirklich viel Mühe, komplett fokussiert auf die Mission. Ich mag auch, wie es dargestellt wird. Der Film hält einem nicht an der Hand, sondern man muss selbst aus den Bildern schlau werden. Aber das schafft der Film überraschend gut, auch wenn etwas Verwirrung währenddessen nicht ausbleibt.
                Aber obwohl der Film sehr depressiv anfängt, bietet er in der Action richtig unterhaltsame Ware. In dieser Hinsicht erinnert mich der Film an die Werke von Takeshi Kitano oder gar Quentin Tarantino, mit sehr rauen aber auch stilisierter Gewalt. Am Anfang war ich kein Fan von den vielen Schnitten. Aber es passt zu der Perspektive von Gu-Name, der kein harter Typ oder professioneller Auftragskiller ist, sondern nur jemand, der sich über Wasser halten möchte. Mit richtig brutalen Sequenzen, bei dem das Blut das Treppenhaus herunter tropft, Körper mit Messern und Äxten malträtiert werden oder sich Unmengen von Gangster wie eine Horde Zombies auf den Protagonisten werfen. Ich habe das noch nie außerhalb eines Zombiefilms gesehen, und ich wünschte, es gäbe mehr davon. Auch als die Polizei Gu-Nam verfolgt, erinnert es am ehesten an Terminator oder Matrix, mit einer unnachgiebigkeit und der Zerstörungswut, die es mit sich zieht. Ich liebe auch den nicht gerade zimperlichen Umgang mit Autos, das mich tatsächlich an Blues Brothers erinnert. Mit ein paar Charakteren, die nichts lieber machen als zerstören und töten.
                “The Yellow Sea” ist ein brachialer Film, der einen an die Substanz gehen kann, mit einer interessanten Geschichte, die trotz der Komplexität und dem fehlenden Händchenhalten wirklich gut und verständlich gestaltet ist. Mit einem depressiven Kern, der durch unterhaltsame Action aufgelockert wird, aber seine Gravitas dabei behält. Und eine Kapitelstruktur, die den Wandel des Protagonisten beschreibt.

                4
                • 8 .5

                  Ich liebe die akutelle Filmlandschaft, die solch Talentierten Regisseuren wie Jordan Peele (Get Out), Gerard Bush (Antebellum), Boots Riley (Sorry To Bother You) und natürlich Juel Taylor (They Cloned Tyronne) die Chance geben ihre und damit auch teilweise die kollektive Wahrnehmung von Rassismus in den USA zu nehmen, und clever zu erörtern. Und auch wenn ‘Black Panther’ eins und zwei ordentliche Filme sind, haben sie mich nie wirklich überzeugt. Aber ich bin froh, dass Ryan Coogler für dieses Projekt Zeit und Ressourcen bekommen hat, um seinen ganz eigenen Vampirfilm mit Twist zu kreieren. Weg von den Fast Food Franchises, hin zu einem speziellen Mahl, das dem Zuschauer etwas Besonderes bietet, mit Zutaten, die man kennt, doch in diesen kreativen Umgang ganz neue Aromen entwickeln.
                  Der Film und die Welt, in der dieser spielt, fühlt sich wie aus einem Guss an. Eingelebt und auch mit all den Absurditäten in sich stimmig. Es erinnert mich wohlig an die Filme der Coen Brothers. Mit sehr sympathischen, aber moralisch höchst ambigen Charakteren. Mit einer ähnlichen Struktur wie “From Dusk Till Dawn”, ist es meiner Meinung nach auf JEDER Ebene besser als das Rodriguez/Tarantino Werk. Ich bin auch kein wirklicher Vampir Fan (mit ein paar Ausnahmen), aber dieser Film holt mich sogar voll ab. Mit einer oberflächlich erscheinenden Geschichte, die dann ungeahnte Tiefen erreicht. Und das alles gestützt auf einem starken Drehbuch, mit einer Riege an Schauspielern, welche diese Charaktere großartig zum Leben erwecken. Mit einer Ästhetik und Bildsprache, die einem die Kinnladen runterknallen lässt (endlich kommt mal wieder Farbe auf die Leinwand!), mit einem netten Spiel von ständig wandelnden Steinen, Verhältnisse, die wirklich geschickt mit dem Bild spielen. Und ein grandioser Soundtrack, der auch Teil der Narrative wird. Mit einem richtig schönen Drive und Pacing, welcher ansteckend ist. Leider gibt es mitten im Film ein kleinen Dämpfer (wenn man ‘From Dusk Till Dawn’ gesehen hat, wird man wissen was ich meine), aber statt zu einem ‘ulkigen’ Gemetzel zu verkommen, wird auf intensive Art und Weise über das Leben und den Tod philosophiert, während das Blut spritzt, das fleisch brennt und die Kugeln niemals aufhören zu fliegen.
                  Ich liebe das Thema des Films, das (ich weiß ich wiederhole mich) auf wirklich vielschichtige Art und Weise beleuchtet wird. Von den Zwillingen Smoke und Stack, die wieder in ihre Heimat zurückkehren, um einen Blues Club aufzumachen. Und obwohl sie einige Jahre weg waren, eilt ihnen ihr Ruf immer noch voraus. Als knallharte Gangster, die es aus der Provinz geschafft haben. Welche scheinbar überall auf der Welt waren, darunter auch die Schützengräben des Ersten Weltkrieges. Die zuletzt unter der Fahne von Al Capone und seinem Syndikat in Chicago gewütet haben. Und obwohl sie sich sehr ähnlich sehen, merkt man doch die Unterschiede (auch abseits der farbigen Hüte). Einer mit seiner treuen Pistole, der andere mit seinen treuen Messern. Ein Vater ohne Kind mit einer tiefen Liebe, die er vor langer Zeit zurückgelassen hat. Der andere, der dann von einer alten Flamme überrascht wird, der sie zum eigenen Schutz abstoßen möchte, sich aber ihren Zauber nicht verwehren kann. Aber beide haben einen Plan, große Ambitionen und die Fähigkeiten diese zu verwirklichen. Das schwappt auch auf die anderen Charaktere über, wenn Smoke dem jungen Mädel zeigt, dass man seinen eigenen Wert nicht zu tief stapeln sollte. Oder die Sexualkunde Einheit von Stack, die innerhalb des Films schon Früchte trägt. Sie sammeln Ressourcen und Leute für die große Eröffnung am Abend. Mit Sammie, dem Priester Jungen, der den Blues im Blut hat und endlich weg von diesem Ort möchte. Zu dem alten Hasen Delta Slim, der sein Leben mit Musik und Trinken verbrachte, mit einer heftigen Geschichte über Ungerechtigkeiten und ungeahnte Konsequenzen aus Hass von anderen. Zu der Voodoo-Priesterin, die eine tiefe Verbindung mit Stack hat (wunderbar und schmerzhaft zusammengefasst in einem kleinen Stein mit Handabdruck). Den Chows, welche die Jungs auch sofort tatkräftig unterstützen. Und dem Giganten Cornbread, der als Rausschmeißer fungieren soll. Innerhalb eines Tages verwandeln sie eine alte Mühle (die früher als Schlachthaus fungiert hat) zu einem bebenden Club. Bei dem alle Unterdrückten zusammenkommen können, um das Leben und Zusammensein zu feiern. Egal ob Schwarz, Mexikaner oder auch Asiate. Alle haben ein ähnliches Erlebnis in einem Land, das sie toleriert, aber nicht akzeptiert. Bei dem der Großteil der schwarzen Bevölkerung immer noch Baumwolle von den Feldern sammeln oder in Ketten gebunden Zwangsarbeit verrichten muss.
                  Und der Laden brummt. Die Leute kommen von überall her, um einen Abend alles zu vergessen. Das kumuliert sich in einer fast magischen Szene. Eine wunderschöne Sequenz, die man nicht anders als ein Kunstwerk der rauen und spirituellen menschlichen Kraft der Kultur und ständig wandelnder Geschichte beschreiben kann. Bei dem die ganze Hütte von der Musik verzaubert wird, und sich dann verschiedene Ebenen anachronistisch übereinander legen. Und das alles auf eine so audio-visuell beeindruckende Art und Weise. Dadurch entsteht eine ganz besondere Kraft und Sog, der aber auch sonderbare Gestalten anlockt. Ein dämonisches Wesen, welches sich Unterstützung bei zwei Klan-Mitgliedern geholt hat und nun hungrig nach der Musik lechzt. Hier beginnt dann der zuvor angesprochene Bruch in der Geschichte. Mit klassischen Vampiren, die ohne Einladung nicht hereinkommen können. Die aber sonst durch großartige Stärke und Agilität glänzen. Zuerst als absolute Feindbilder inszeniert. Mit den altbekannten Lügen und Manipulationsversuchen. Aber man merkt auch schnell, das diese Vampire keine Zombies sind. Sie agieren aggressiv und brutal, aber in ihnen steckt noch der Kern des Lebenden. Die vielleicht keine Lügen erzählen, sondern einem eine zweite Chance auf das Leben geben, mit neuer Kraft, Energie und Zielen. Das gibt dem Pflock ins Herz nochmal eine ganz andere Bedeutung. Die Vampire sind wie ein weiteres Sammelbecken der Ausgestoßenen, nicht großartig anders als der Club selbst. Bei denen Musik als ein wichtiges Ventil für den Ausdruck des Leidens und als Symbol Zusammenhalts fungiert. Diese Art der Vampire erfindet das Genre nicht neu, gibt den Blutsaugern aber eine interessante Ebene, die ich so noch nicht erlebt habe. Ich war mir auch echt nicht sicher, wie das in irgendeiner Weise positiv enden soll. Aber der Tod und die Befreiung der Seele und das Dasein als Vampir wird beides als etwas Positives angesehen. Mit einer beeindruckenden Gebets-Szene, welche in eine Taufe übergeht, die nochmal klar macht, dass das grausame Schicksal dieser Leute, leider nicht ein Ausrutscher der Menschheit ist, sondern leider Status Quo. Mit einem fantastischen Sonnenaufgang, welcher die Entscheidungen festigt, und einer herzzerreißenden Szene nach einem Shootout und die Post-Credits, die auch nochmal eine andere Seite des Daseins beschreiben.
                  ‘Sinners’ ist ein beeindruckender Film. Mit einer großartig ausgearbeiteten und in sich kohärenten Welt, die von vielschichtigen Charakteren bewohnt wird. Um einen Tag, der das Leben von so vielen Radikalen verändern wird. Mit einer brillianten Bildsprache, die sich in den Hirnwindungen festsetzen wird. Bei dem der schwarze Rahmen des Bilds auch großartig genutzt wird, wenn man zum Beispiel den Vampiren Einlass gebietet. Oder wenn man von einer kleinen Hütte im Wald zu den weiten Feldern der Plantagen übergeht. Das schafft so eine großartige Dynamik, die auch erzählerisch gut genutzt wird. Ich bin nach wie vor kein Fan von dem kurzen Stopper in der Mitte, aber durch den wirklich brillanten Umgang mit der Thematik hat der Film mich dann am Ende doch vollends überzeugt.

                  5
                  • 6 .5

                    ‘The Monkey’ ist eine abstruse Horror Komödie aus der Feder von Stephen King und inszeniert durch den ‘Longlegs’ Regisseur Osgood Perkins. Ein Film, der sicherlich nicht jedem zusagt, der aber genau das macht, was er machen möchte: Herrlicher schlocky Horror mit perfiden Gewaltexzessen, überzogenen Charakteren und einem verfluchten, titelgebenden Artefakt.
                    Das Intro des Films spielt in einem sonderbaren Pfandhaus, bei dem ein Pilot (Adam Scott) sein sonderbares Affenspielzeug loswerden will. Nach der Entwarnung, dass das Blut an seiner Kleidung nicht von ihm stamme, möchte er den Verkäufer über den Fluch aufklären. Doch noch nicht mal ganz ausgesprochen beginnt die Rube Goldberg Maschine des Todes und zieht dem Verkäufer seine innersten Werte hinaus. Mit einem Flammenwerfer möchte er dem ganzen ein Ende setzen, zum Wohl von sich, seiner Familie und dem Rest der Welt. Und ich mag diese Intro-Sequenz, weil sie schon von vornherein alle Aspekte des Filmes ansprechen. Von der Atmosphäre durch das Licht und die Kameraeinstellung. Den überzogenen Kostüme, Dialogen und ausschweifenden Gewaltexzess. Wenn man keine Freude an dem Intro hat, dann ist der Film nichts für einen. Aber wenn man dabei bleibt und die Absurdität genießen kann, hat man eine interessante Reise vor sich. Ein oder zwei Sachen werde ich vorwegnehmen, aber der Rest soll spoilerfrei bleiben.
                    “I don't know if every father passes some secret horror onto his kids. But mine sure did.” Und so geht es in dem Film um die eineiigen Zwillinge Hal und Billy. Billy ist der älteste der beiden und lässt das Hal gnadenlos spüren. Doch nicht nur zuhause wird er gequält, auch in der Schule wird seine sanftmütige Art ausgenutzt. Eines Tages durchsuchen sie die hinterbliebenen Gegenstände des Vaters und stoßen dabei auf einen Affen. Als erstes muss ihre Babysitterin Annie Wilkes (zum Glück für Paul Sheldon) unter wahnwitzigen Umständen daran glauben. Dass es dabei nicht bleiben wird, sollte ja klar sein. Mit einem Tod, der die beiden Brüder erschüttert. Davon, wie man mit Trauer und Tod umgeht. Bis zum Zeitsprung, welcher eine nette und sonderbare Geschichte zwischen Vater und Sohn erzählt und dem Wahn einer sich selbst verlorenen Seele. Mit herrlich kreativen und grotesken Arten zu sterben. Ich möchte gar nicht mehr darüber erfahren, sondern das sollte man eher selber mal erleben.
                    Es ist schon kein Zufall, dass man im Hintergrund auch mal ein Goosebumps Cover sieht. Ganz ehrlich hat der Film mich sehr an die Show erinnert, nur in viel, viel besser und brutaler. Aber es hat den gleichen, etwas kindischen Charme: in der Geschichte, Charaktere und vor allem auch dem Horror (ich sage nur Cheerleader). Mit echt kreativen Tötungsarten, wie man sie sonst nur aus ‘Final Destination’ kennt. Und ein paar curveball Würfe, die einen dann von der Seite erwischt. Schauspielerisch ist der Film sehr ordentlich. Sie schaffen es, die vielen ulkigen Persiflagen gut zum Leben zu erwecken. Ein gutes Beispiel ist Elijah Wood, der leider nur kurz auftaucht, aber in seiner Rolle als Pädagogischer Self-Help Guru überzeugen konnte.
                    The Monkey ist jetzt nicht der beste Horrorfilm aller Zeiten. Er ist auch nicht mal wirklich gruselig. Aber was er hat, ist Charm und eine Vision, die wirklich schön zusammenkommt. Ein kurzweiliger und unterhaltsamer Horror-Trip.

                    4
                    • 7 .5

                      ‘This Is Spinal Tap’ ist ein absoluter Kultklassiker, den ich jetzt endlich nachholen wollte. Und was soll man sagen, die Bezeichnung passt. Eine herrliche Mockumentary, welche die Grenzen zwischen Echtheit und Fiktion verschwimmen lässt. Das fängt schon im Intro an, als der Regisseur des Films, Marty DiBergi (gespielt von Regisseur des Filmes Rob Reiner) uns auf die Reise einlädt. Ein Blick hinter die Kulissen der britischen Hard Rock Gruppe ‘Spinal Tap’, die zum ersten Mal seit Jahren wieder in den USA auf Tour gehen. Mit einem neuen Album, das nicht ganz so gut ankommt wie sie wollen.
                      Und ich kann auch verstehen, wenn jemandem der Film nicht direkt als Mockumentary aufgefallen ist. Gerade Rockstars wie Ozzy Osbourne oder ‘The Edge’ von U2 haben sich auch selbst in der Dokumentation wiedererkannt. Das spricht dafür, wie scharf und clever das ganze Drehbuch ist. Dabei gab es kein Drehbuch im klassischen Sinne. Natürlich gab es einen Plot und Szenen, aber die meisten von Ihnen sind komplett improvisiert. Das gibt dem Film auch so ein authentisches Gefühl. Und für einen Witz ist die Musik auch zu gut. Tatsächlich, eingespielt von den Schauspielern selbst, bieten sie ein breites Spektrum der Rock- und Pop-Musik. Von Hippy Gedudel, zu Songs über Sex Farms oder melodisches Storytelling über die Druiden von Stonehenge. Und die Persiflagen, die sie dabei mimen, sind auch toll ausgearbeitet und in sich stimmig. Von den zwei exzentrischen Front Männern, die immer mal wieder aneinandergeraten. Dem gechillten Bassisten und sonderbaren Keyboarder, die mit dem Flow gehen und ihr bestes Leben leben. Und natürlich der Drummer, der in der Band eine sehr gefährliche Rolle einnimmt, mit unzähligen Vorgängern mit ulkigen Spitznamen. Die als alte Hasen die Hallen rocken wollen, aber dann von ständigen Misserfolgen und Stornierungen verfolgt werden. Von einem neuen Album, das noch Startprobleme hat, vor allem was das Albumcover angeht. Als ob sie wirklich eine Aussage treffen wollen, als subversion der Kultur, mit Songs über Sex und Parties. Von verschiedenen Egos, welche sich und ihre Art der Kunst viel zu ernst nehmen. Oder eben nie wirklich zurückstecken mussten, und deshalb so überfordert davon sind. Und dann natürlich noch die Yoko Ono des Films: Jeannin. Die mit ihrem Einfluss ständig die Band beeinflusst. Die dann nach der Kündigung des Managers immer abstrusere Gigs an Land zieht. Mit tatsächlich ehrlichen Frustmomenten, die man auch als Zuschauer nachvollziehen kann. Das führt dann zu einem natürlichen Bruch, der auf sehr nette Art und Weise dann auch grob wieder repariert wird.
                      Die Persiflage des Rock and Roll Lifestyles ist auch fantastisch gelungen. Von dem Rant über nicht richtig zubereitete Schnittchen, zu der Selbstverständlichkeit welche die Bandmitglieder verlangen, bis hin zu solchen netten Momenten wie der Rant über Frank Sinatra vom Chauffeur. Und natürlich die Frage, wie tief ihre Musik und ihre Texte in den Zeitgeist und das Kulturverständnis greifen. Oder ob sie doch nur eine Modeerscheinung sind, die ihr Haltbarkeitsdatum überschritten haben. Von Solo Projekten oder Ideen, die man sich dann erträumt, aber durch die Allüren des Geldes wahrscheinlich nie Wirklichkeit werden.
                      Und gerade weil die Welt der Stars und Sternchen so sonderbar sein kann, verstehe ich auch, dass nicht alle Witze gleich als solche zu erkennen sind. Wenn man durch eine breite Sammlung an Gitarren durchgeht, und der Musiker schwadroniert, kann man das einem schon abkaufen. Auch wenn dieser dann durchdreht, weil man eine spezielle Gitarre anschaut. Und auch wenn es lächerlich aussieht, wundert mich ein Solo mit zwei Gitarren, einer Geige, mit Hand und Fuß, überhaupt nicht. Und natürlich braucht man keine 11 auf dem Verstärker, aber es macht dann doch einen Unterschied. Die Angst und Panik, wenn man im Backstage irgendwo falsch abbiegt und den Weg zur Bühne nicht findet, kann ich auch gut nachvollziehen. Vor allem wenn man in der Menge steht, klatscht und kreischt, aber nichts passiert. Und das Konzert mit den Alien Kokos war auch zum Wegwerfen komisch. Wie der Bass irgendwann ganz ausfällt und Leute auf der Bühne mit Flammenwerfern das störrische Behältnis öffnen wollen. Und da natürlich der Drummer am Schluss noch explodiert, das muss einfach sein.
                      ‘This Is Spinal Tap’ ist eine brillante Satire, die das Leben der fiktionalen Band real erscheinen lässt. Bei der alles mit einer großartigen Ernsthaftigkeit gespielt wird, egal wie absurd es sein mag. Mit einer dynamischen Geschichte und einigen super unterhaltsamen Ausflügen in die Gepflogenheiten der Band. Zurecht ein Kult-Klassik, den man auf jeden Fall mal gesehen haben sollte.

                      1
                      • 9

                        ‘The Devils’ ist ein Film, der sich tief in mein Hirn gegraben hat und mich seitdem nicht mehr loslässt. Ein ästhetischer, bizarrer Trip über Glaube und die Perversion davon, Liebe und Hass, Verlangen und Abscheu, Menschlichkeit und was passieren kann, wenn man sich von dieser entledigt. Ein atemberaubender Film, der viel mehr einem intensiven Trip als einer klassischen Geschichte ähnelt. Und all das basiert auf historischer Wahrheit, verpackt in einem faszinierenden Gewand.
                        Von einem Spiel um Macht, mit dem König und der Kirche, die sich wieder profilieren möchte. Und die Stadt Loudun, welche als eigenständige Verwaltung einen Hafen für alle auch ausgestoßenen bietet. Das ist der Kirche natürlich ein Dorn im Auge, die aber dank eines Versprechens vom König nichts an der eigenständigen Autorität von Loudon ändern darf. Und ein Priester, Urbain Grandier, der nach dem Tod des Gouverneurs, Dreh und Angelpunkt für geistliche wie politische Entscheidungen der Stadt wird. Der erst ein junges Mädchen schwängert, dann eine andere Frau heiratet und damit eine andere Frau in den Wahnsinn treibt. Er ist schon ein charmanter Typ, der seine aufgeblasene Art nicht wirklich abstellen kann und sich als Mann und Geistlicher einiges herausnimmt, ohne wirkliche Konsequenzen zu verspüren. Im Gegensatz zu den Konsequenzen für Verbrechen, die er nie begangen hat, losgetreten vom rachsüchtigen Baron de Laubardemont. Mit einem Fall der Massenhysterie, für welche Grandier zur Verantwortung gezogen wird, ist der Bereit für seine Sünden gerade zu stehen, aber nicht wenn er unschuldig ist oder sie auf falschen Tatsachen fußt. Er ist nunmal ein Mensch und fehlbar, aber dafür wollen sie ihn nicht bestrafen. Durch einen cleveren Trick des Königs findet er kurz Rast. Aber der Wahn und die Machtgeilheit anderer treiben es so lange, bis nicht nur Grandier, sondern auch der Rest der Stadt einen bitteren Preis bezahlen muss.
                        Der Film ist eine absolute Augenweide. Loudon ist nicht sehr realistisch, aber dafür künstlerisch großartig dargestellt. Man könnte so viele Bilder des Filmes sehen und in Galerien aufhängen. Von den verwinkelten Mauern der Stadt, dem runden Domizil von Grandier, oder auch den Archiven des Vatikans. Auch die Charaktere und Kostüme sind großartig. Vater Mignon sieht einfach gruselig aus und der Inquisitor Barre hat einen anachronistischen Stil, der aber komischerweise perfekt in die Welt passt. Zu den Showeinlagen des Königs, der seine Vorstellung einer perfekten Welt auslebt. Bis zu den Visionen von Jeanne, welche sie im Wahn nicht mehr mit der Realität unterscheiden kann. Getränkt in den tiefen Symbolismus des Christentums und pervertiert durch die Lust des Menschen. Und den harschen Momenten, die einem die Nackenhaare hochstehen lassen. Von den furchtbaren Experimenten der zwei “Wissenschaftlern”, zu dem Massengrab und der grausamen Hinrichtung. Der Film geht unter die Haut. Vor allem auch in den Szenen des Wahnsinns, bei dem das Sammelbecken unerwünschter Frauen immer weiter gereizt wird.
                        Ich liebe diesen Film! Ein wahrlicher Trip auf visueller und auditiver Ebene, getränkt von menschlichen Schwächen und religiöser Symbolik, die dabei bestätigt und/oder pervertiert wird. Ein Werk, das anzieht und gleichzeitig abstößt und sich (zumindest bei mir) tief in das Hirn gefressen hat.

                        3
                        • 8
                          über Bottoms

                          Bottoms ist eine fantastische Teenager Komödie, die gerne in einem Atemzug mit ‘Super Bad’ oder ‘Booksmart’ genannt werden darf. Eine zum Wegwerfen derbe Komödie, die das Coming-of-Age-Genre mit dem Konzept von Fight Club auf 11 Gedreht auf den Kopf stellt.
                          Der Film spielt in einer herrlich überspitzten Variante unserer eigenen Welt. Ein Aspekt, der eigentlich am Anfang schon klar gemacht, aber immer weiter ausgereizt wird. Und das funktioniert fantastisch! Vor allem mit den absurden Situationen, die dabei zustande kommen. Anders kann man einen High School Fight Club auch nicht inszenieren. Bei dem der Quarterback wie ein Gott verehrt wird, und eine Rivalität zwischen zwei Schulen auch tödlich enden kann. Bei dem eine Cheerleader-Performance auf das Nötigste destilliert wird: Pompoms und nasse Shirts. Bei dem unsere zwei Protagonisten, nach einem drögen Sommer, es noch einmal geben wollen. Mit kleinen Lügen die sich dann immer weiter aufbauschen, bis PJ irgendwann sagt “Fuck it” und sich von dem fragilen Gerüst treiben lässt. Was angefangen hat, als vager Plan, um die niedrigsten Gelüste zu befriedigen, entwickelt sich schnell zu einer brutalen aber wholesome Verbindung zwischen den Mädels. Die sich dann gegen Widrigkeiten stellen müssen, um den Tag für die Leute zu retten, die sie am Boden zerschmettert sehen wollen. Von den Motivationen, zum Verlauf der Geschichte und den Konsequenzen, denen sie sich stellen müssen. Alles ist auf das Maximum aufgedreht, so wie es sich eben als Teenager anfühlt. Mit einer Reihe von großartigen Charakteren, die allesamt extreme und unnachgiebige Persiflagen sind, die einen dann aber doch immer wieder überraschen können.
                          Die Dynamik zwischen PJ und Josie ist großartig. Wenn man ‘Superbad’ oder ‘Booksmart’ kennt, weis man auch sofort was einen Erwartet. Aber das heißt nicht, dass sie nicht ihre eigene Energie und Dynamiken mit sich bringen. PJ ist eine Gaslighting Queen, die mit ihrer Variante der Realität alles und jeden nieder wälzt. Mit herrlich chaotischem Rizz, die am Anfang eines Satzes keine Ahnung hat, wo er enden wird, aber es trotzdem dann schafft, mehr oder weniger elegant auf den Füßen zu landen. Und dagegen ihre Freundin Josie, die ein nervöses Wrack sein kann. Die im Gegensatz zu ihrer Freundin jeden Gedanken und Handlung viel zu weit überdenkt und missinterpretiert. Davon, dass ihre Träume nur erreichbar sind, nach zwanzig Jahren Unglück für ihr Mädel.
                          In dem ‘Fight Club', den sie aus Versehen ins Leben gerufen haben, agiert PJ als kopflose, aber nicht auf die Zunge gefallene Anführerin. Große Reden mit wenig Inhalt. Bei dem sich halt auch richtig aufs Fressbrett gegeben wird. Ein Befreiungsschlag, denn viele Teilnehmer lernen es zu schätzen lernen. Bei dem auch mit dem gemeinsamen Schicksal als Frau, irgendwann mal sexuell belästigt worden zu sein, zusammenschweißt. Oder sie auch mal Worte statt Fäuste fliegen lassen, weil es endlich einen Safe Space gibt. Mit Hazel, einer Außenseiterin, die endlich jemanden gefunden hat, bei dem sie auch ihre wilde Seite (Sprengstoff) zeigen kann. Der überdrehte Sylvie, welche viel zu früh dafür bereit ist, alles für die Gruppe zu tun. Und dazwischen Mr G, als herrlich überzogener Mann, der an sich gute Intentionen hat, aber ab und zu auch mal wirklich vom Weg abkommt. Mit den Crushes der beiden, die ein tieferes Verständnis und Selbstbewusstsein ausbilden. Die dann in zwei wirklich schöne Szenen übergehen, bei denen die Protagonisten tatsächlich ihrem Ziel so nahe kommen. Doch wie es mit Lügen Gerüsten so ist, fällt dieses irgendwann in sich zusammen. Das sorgt für mächtig viel Spannung, die sich dann auch richtig gut in einem Streitgespräch zwischen PJ und Josie entlädt. Mit einem Finale, das zum Wegwerfen komisch ist. Es ist genau so wie man sich das Finale von so einem Film vorstellt, nur eben zusammengestellt von zwei egozentrischen aber herzlichen Idioten. Die ganze Gefahr, und der Plan des gegnerischen Teams, sind so herrlich überzogen wie auch vage. Bei dem man mit anderen rummacht, um eine Ablenkung zu erreichen, während andere versuchen den Plan zu dechiffrieren, bis zum letzten Puzzlestück. Und eine wunderbar inszenierte Schlacht, die aus dem Nichts kommt und sie am Ende als Sieger dastehen lässt. Herrlicher Klamauk nach meinem Geschmack, der genau weiß was er macht.
                          ‘Bottoms’ ist eine richtig erfrischende Komödie. Bei dem man so einiges verpasst, wenn man nur auf die Dinge im Vordergrund achtet. Wie zum Beispiel ein Footballspieler im Käfig, der später tatsächlich freigelassen wird und zu einer ziemlich starken Kampfszene führt. Oder der armer Mr. G, der getröstet werden muss, während die Protagonisten ihren Bullshit um sich werfen. Ich liebe auch, wie sehr Jeff hier verehrt wird. “Jeff! Fill me with your seed.” “For a crime against Jeff!” “Pineapple is worse than drugs” “Shut up nerd I fucked your mom.” “What did these evil women do to you?” Und natürlich das fantastische Poster: ‘You’re prettier when you SMILE! He could be looking at you right now!”. Die Montagen machen auch richtig Lust und treiben das Pacing des Films fantastisch voran. Mit einem ordentlichen Soundtrack, der auch richtig gut und komödiantisch eingesetzt wird. Und natürlich einen Cast aus großartigen Comedy-Schauspieler:innen, die allesamt ihr Bestes geben und so zu diesem ulkigen Kleinod beisteuern. Ich kann mir vorstellen, dass derbe Humor vielleicht für einige abschreckend ist. Ich persönlich hatte eine richtig gute Zeit mit dem Film und würde ihn auch sofort weiterempfehlen.

                          PS: Ich wusste nicht genau, wo ich diese Zitate hinpacken sollte. Aber sie haben mir so gut gefallen, dass ich ihnen hier noch etwas Raum gebe.
                          “In your dreams, which you don't deserve to have. When you sleep it should be like total darkness.”
                          “Yeah, we killed a couple. We killed… we killed a lot of guys.I-- Let's just– We'll process it later.”
                          “I really value when people use violence and raise their voices for me. It's actually one of my love languages.”
                          “My Dad left me, and I’m incredibly punctual “

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                          • 7 .5

                            Ich bin ein Fan von Lonely Island. Immer mal wieder habe ich Phasen, wo ich die Alben hoch und runter laufen lasse. Und trotzdem ist der Film irgendwie an mir vorbeigegangen. Es ärgert mich etwas, dass ich so lange darauf gewartet habe, aber ich bin sehr froh, jetzt endlich ‘Popstar: Never Stop Never Stopping’ nachgeholt zu haben.
                            Normalerweise mache ich mir ständig Notizen während des Filmes. Aber dieser Film hat so eine Dichte an Witze und Gags, dass ich quasi nie dazu gekommen bin, weil ich nichts verpassen wollte. ‘Popstar: Never Stop Never Stopping’ ist eine herrliche Mockumentary über das Musikgeschäft, eine eigene Art von Kunst und das Treffen von gigantischen Egos auf die Fakten der Realität. Mit schier unzähligen Cameos von Stars aus Musik, Film und anderen Entertainment Bereichen, die dem Film auch ein Gefühl der Authentizität geben. Scheinbar wurden bei den Interviews nach den ‘Beastie Boys’ und ‘Lonely Island’ gefragt und dann einfach mit den ‘Style Boyz’ und ‘Conner4Real’ ersetzt, um ein authentische Reaktion zu bekommen. Über die illustre Geschichte der Band, den Bruch und neuen kometenhaften Aufstieg des Frontmanns Conner als Solo Artist. Der mit seinem neuen Album etwas Großartiges schaffen möchte. Der bei schlechten Kritiken und nicht ausverkauften Stadien sich mit anderen Künstlern kurzschliesst, die ihm aber langsam sein Scheinwerferlicht stehlen. Dazwischen versucht er, mit allen möglichen Gimmicks Aufmerksamkeit zu erregen. Und wenn es nur dafür da ist, um das vorherige Fettnäpfchen aus dem Nachrichtenzyklus zu entfernen. Der natürlich dabei viel über Musik, Kunst und vor allem Freundschaft lernt.
                            Bei dem Film steht Lonely Island drauf und genau das bekommt man. Inklusive einer gigantischen Riege an Comedians und überraschenden Cameos von Stars. Bei denen sie sich teilweise einfach austoben konnten, wie zum Beispiel der Writer Room von CMZ, mit ständig wechselnden Trinkgefäßen und manisch- bis psychotische Lachflashs. Mit Seal, der seine Narben nicht wegen Lupus, sondern Lupus Canis bekommen hat, Justin Timberlake als nervöser Koch, Maya Rudolph, welche das neue Album auf alle möglichen Haushaltsgeräte abspielen lässt, wie damals U2 mit dem iPhone. Über ihren Manager dem das ? zum Verhängnis wurde, ein Tyler, The Creator Pendant der die Sache wirklich ausgezeichnet macht und den Konflikt innerhalb der Style Boyz. Und natürlich großartige Songs, die nicht nur fantastisch produziert, sondern auch zum Wegwerfen komisch sind. Von den Themen, den Texten oder auch nur der Inszenierung. Mit einem großartigen Pacing, so dass die Laufzeit wie im Flug vergeht.
                            Ich glaube, mehr brauch ich auch erstmal nicht mehr sagen. Außer dass, wenn man auf den Humor der Jungs steht und noch nicht zu dem Film gekommen ist, sollte man das dringend nachholen. ‘Popstar: Never Stop Never Stopping’ ist echt ein unterschätztes Kleinod, das mehr Fokus verdient hat.

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                              Den ersten Accountant habe ich als unterhaltsamer Actionfilm mit ein paar netten Kniffen in Erinnerung (der leider so lange zurück lag, dass ich am Anfang etwas verwirrt war, aber das legt sich schnell). Der Nachfolger schließt sich dabei an das Original an. Mit einer Mischung aus klasse Actionszenen, einer spannenden aber nicht zu komplexen Geschichte und einer guten Prise Humor.
                              Christian Wolff, der namensgebende Accountant, wird durch eine Schnitzeljagd von Raymond King und Marybeth Medina abermals auf den Plan gerufen. Mit der Hilfe des verlorenen Bruders versuchen sie den ganzen Komplex aufzudecken und das Rätsel um das Familienfoto zu lösen. Ich find die Dynamik zwischen Christian und MArybeth auch sehr nett. Vor allem wenn er all seine Ressourcen nutzt, wie zum Beispiel die Harbor Support Gruppe, die bei ihr dann sauer aufstößt. Zu einer Pizza Fabrik, deren leichte Steuer Ungereimtheiten die Situation schnell zum eskalieren bringen, mit dem ständig professionellen und effektiven Buchhalter. Als Braxton zu der kleinen Gruppe dazustößt, wird das Konzept von dem, was sie machen können und dürfen, nochmal kräftig aufgewirbelt. “Will you hurt him?” “Do you want us to?” “Please!” Mit einem wunderschönen Punch, der nicht ganz an das Versprechen, das er leiden wird, herankommt, aber dennoch richtig Laune macht. Marybeth wird es zu viel und sie möchte lieber nichts mit diesen zwei fragwürdigen Gestalten zu tun haben. Gut, dass die Brüder auch separat weiter ermitteln und dem Ziel immer näher kommen. Die ganze Juarez-Sequenz ist wirklich spannend gemacht, mit schön brachialer Action mit Gewehr, Pistole und Fäusten. Ich mag auch den Henchman des Bösewichts, der mich an Donald Pierce aus Logan erinnerte. Mit seiner treuen Sniper und dem fehlen jeglicher Skrupel. Ich mag auch Cobb als unscheinbarer Drahtzieher der ganzen Geschichte, dessen Albtraum einer Kettensäge nach dem Duschen am Ende doch wahr wird.
                              Und auch wenn der Wandel der unscheinbaren Edith zur Überkillerin Anaïs etwas übertrieben ist, funktioniert es doch. Genauso auch die Hacker Kiddi Gruppe in Harbour, vor denen nichts auf der Welt sicher ist. Der Film schafft einen super Spagat aus einer gewissen Ernsthaftigkeit (als das Massengrab ausgehoben wurde, hab ich echt etwas Gänsehaut bekommen) und kompletter Übertreibung. Ob es das Dechiffrieren der Liebe durch Christian ist, Braxtons Ausschweifungen über die unfaire Behandlung im Hollywood der 30er Jahre oder der fast schon verzweifelte Suche nach einem Tierischen Lebensgefährten für ihn, der dann richtigerweise auf einer Katze landet. Auch solche Szenen wie der Squaredance in der Country-Kneipe haben etwas. Die Dynamik zwischen den beiden ist einfach richtig toll und macht Laune. Der Film wagt sich sogar, die zwei Charaktere emotional gegenüberzustellen, in einem schönen zärtlichen Gespräch auf dem Dach eines Wohnmobils. Und auch wenn Marybeth etwas in Vergessenheit gerät, bin ich doch sehr froh, dass sie am Ende sich selbst und einen passenden Bürostuhl findet.
                              Der Film hat ein wirklich tolles Pacing und Gavin O'Connor zeigt richtig was er drauf hat. Mit starken Actionszenen, die einem richtig das Blut in Wallung bringen. Aber auch mit viel Humor und tatsächlich überraschend netten, gefühlvollen Momenten. Besonders gut haben mir die Montagen gefallen. Ob es das Date Hacking von Christian oder das Vorbereiten auf ein Telefonat von Braxton ist. Diese Szenen sind wunderschön übereinander gelegt und schaffen einen fantastischen Drive, den man selten so sieht. Auch die Introsequenz funktioniert wunderbar als ein Werk aus einem Guss. Bei dem die Musik den ständigen Rhythmus angibt, ob nervöses Warten, Panisches flüchten oder präzises kämpfen.
                              The Accountant 2 ist wie schon sein Vorgänger ein sehr netter Actionfilm, der das Genre nicht erschüttern wird, aber das, was es kann, sehr gut macht. Mit eigenen kleinen Kniffen und Ideen, die sehr gut in der Welt aufgehen und beim Zuschauen Spaß macht. Ben Affleck spielt den Inselbegabten Killer, aber auch wirklich ausgezeichnet. Aber auch alle anderen Schauspieler machen einen guten Job. Dass J.K. Simmons in seinem Alter noch so eine Szene zu packen, ist beeindruckend. Und all das wird durch ein unterhaltsames Drehbuch und eine ordentlich bis sehr gute Inszenierung vollendet. Wenn man schon den Vorgänger mochte, macht man mit diesem Film nichts falsch.

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                                Shiva Baby ist das ausgearbeitete Konzept des gleichnamigen Kurzfilms von Emma Seligman. Dass es nicht leicht war, den Film auf die Beine zu stellen, zeigen die unzähligen Produktionsfirmen am Anfang. Aber ich bin froh für diese abstruse, aber geerdete düstere Komödie über Erwartungen, Verrat und das Erwachsenwerden. Der Film handelt von Danielle, die sich mit einem Sugardaddy über Wasser hält, während sie ihrer Familien und Verwandten eine Geschichte von einem spezifischen Studium auftischt, um in Ruhe gelassen zu werden. Sie wird von ihrer Familie dazu gedrängt, bei einer Shiva (jüdischen Trauerfeier) beiwohnen, die dann schnell in alle möglichen Richtungen zerfällt. Allein die Dynamik mit ihren Eltern würde reichen, um Danielle eine unangenehme Zeit zu bescheren. Aber das Auftauchen einer alten, etwas verbitterten Freundin/Partner und das des zuvor genannten Sugar Daddys, hinter dem viel mehr steckte, als Danielle einst annahm, treiben das Chaos immer weiter an. Der Star dabei sind eindeutig die Charaktere und die Dynamiken zwischen ihnen. Verfeinert durch teilweise sehr radikales Filmhandwerk, das die Gefühle und Ängste der Charaktere dem Zuschauer auf viszerale Art klar gemacht wird.
                                Ihre Eltern könnten aus einem Textbuch über das prototypische Verhalten jüdischer Eltern stammen. Freundlich, aber auch neurotisch. Unterstützend, aber auch brutal fordernd. Und beide sind auch ziemliche Quaselstrippen. Wenn ihre Mutter auf den AB quatscht, zieht sich das schon fast komödiantisch lang. Wenn Danielle endlich gehen möchte, muss sie erst mal ihren Vater von allen möglichen Gesprächen wegzerren. Und die Gespräche mit ihren Eltern sind brutal. Gerade wenn es um eine ungewisse Zukunft geht, will man so wenig Aufmerksamkeit darauf lenken wie nur möglich. Nur blöd wenn die Faktenlage dabei so vage ist, das nicht nur Danielle sondern auch ihre Eltern während der Gespräche einen Sinnigen Faden suchen. Bei ständigen Konflikten knallen Informationen aufeinander und enttarnen hier und da mal eine Lüge. Und wie unverblümt sie dabei teilweise sind, tut schon weh. Und obwohl gerade die Mutter es besser wissen sollte, sticht sie immer weiter in die offenen Wunden ein. Was dann wieder schön kontrastiert wird, als Danielle mit Kaffee überschüttet wird. Hier ist sie natürlich für ihre Tochter da, keine Frage. Als jemand, der auch mal jung war und im Gegensatz zu meiner Schwester einen etwas vageren Lebenspfad eingeschlagen hat und deshalb auch meine Probleme mit solchen Fragen hatte, kann ich sie gut verstehen. Das ganze wird schön zugespitzt mit der Frage, ob ihre Eltern stolz auf sie sind. Das ist es, worauf so vieles hinausläuft. Vor allem bei Minderwertigkeitskomplexen und der Angst, die damit einhergeht. Aber wie soll es auch anders sein? Man lernt ja noch einige der anderen Verwandten kennen, die allesamt auch sehr exzentrisch sind. Mit den Fragen nach einem Freund und der Zukunft, welche das einzige ist, was einen scheinbar Wert in dieser Welt gibt. Dann gibt es da noch Maya mit einer erstmals unbekannten Geschichte mit Danielle, die man vor allem daran merkt, dass die Mütter der Beiden sie ständig scharf beobachten. Und die Stimmung zwischen den beiden ist auch sehr angespannt, bis toxisch. Die sich dann schön entwickelt, sich kurz zerfrisst, um dann nochmal einen Bogen zu finden. “I still like you” “I like you too.” “Sick!”. Und dann gibt es natürlich noch den Sugardaddy Max. Dessen Dynamik in den ersten Szenen sehr interessant ist und dann mit dem Auftauchen von ihm, seiner Frau und Kind einen Schock verpasst, den man erst mal verarbeiten muss. Mit einem faszinierenden Spiel darüber, wie sich beide irgendwie in der Hand haben und das Abstecken von neuen Machtverhältnissen. Das Spiel der Aufmerksamkeit ist dabei herrlich inszeniert und lässt bis zum Schluss nur vage Vermutungen zurück, in einem Auto, das viel zu viele Leute beherbergt.
                                Shiva Baby glänzt mit seinen Charakteren und Dynamiken untereinander. Mit einem bissigen Drehbuch, das sich gnadenlos durch den ganzen Film zieht. Mit tollen handwerklichen Kniffen, um die Gefühle oder zumindest das interne Chaos darzustellen. Bei großem Stress wird gerne mal der Hintergrund ausgeblendet oder unverhältnismäßig laut. Mit einem großartigen Einsatz des Soundtracks, der sich gerne mal über den Klangteppich legt, die Gesprächsfetzen nicht komplett überdeckt, aber alles kaum unterscheidbar macht. Ein gutes Beispiel dafür ist das Trauergebet, bei dem Danielle noch etwas die Worte nachahmt, bis langsam alles von der Musik und dem kreischenden Beweis des Verrats überschattet wird. Oder im Moment des Hyperfokus, der über alles eine Vignette legt, bei der alle Stilmittel, die einem zur Verfügung stehen, die Abstrusität immer weiter zulaufen lässt, bis sie wieder aus dem Zustand erwacht.
                                Shiva Baby ist ein richtig schönes Indie-Kleinod, das ein fantastisches Konzept nimmt und wirklich wild damit umgeht. Mit einem Einblick in eine für mich fremde Kultur, die dennoch einen genauen Kern trifft. Mit großartigen Schauspielerischen Leistungen von allen Teilnehmern. Alle Hauptakteure machen einen fantastischen Job. Aber selbst kleine Nebenrollen, auch wenn es nur eine kurze Interaktion ist, machen ihre Sache richtig gut! Ein sehr cooler und besonderer Film, den man als Cineast nicht missen sollte.

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                                  Nach dem furchtbaren Spectre (welches tatsächlich für mich zum schlechtesten Bond-Film zählt) war die Frage, ob das Franchise nochmal die Kurve bekommt. Ich habe den Film auch damals schon Reviewed und falls euch das interessiert, findet ihr diese am Ende. Aber gerade jetzt, wo ich alle James Bond Filme gesehen habe, stehe ich dem Film doch ganz anders gegenüber.
                                  Dass sie viele Probleme des Vorgängers ausbügeln müssen, macht die erste Szene schon klar. Madeleine hat genau diese Geschichte im letzten Film erzählt, welche aber gar keinen Eindruck hinterlassen hat. Sie nochmal zu zeigen und auszuschmücken, war eine großartige Idee. Ich mag auch die Ästhetik des Bösewichts, mit der Noh-Maske, welche das zerstörte Fleisch dahinter verstecken soll. Eine spannende wie auch stylische Szene, die dann gleich in das Hier und Jetzt übergeht. Und auch wenn ich Madeleine davor gehasst habe, haben sie es hier hinbekommen, die Beziehung glaubhaft zu machen. Etwas, das ich für unmöglich hielt. Die Szene um das Grab von Vesper, der starken Actionszene an der Brücke und mit dem Motorrad durch die engen Gassen ist großartig. So auch die Verfolgungsjagd mit dem gepanzerten Sportwagen, bei dem Bond nicht mehr weiß wem oder was er trauen soll: “We all have our secrets, we just didn’t get to yours yet”. Ein krasser aber auch verständlicher Bruch, der dann den Intro Song einläutet.
                                  Der Film erreicht nie ganz das Niveau von 'Skyfall', aber was die Action und Ästhetik angeht, rockt er. Ich liebe den Überfall des Labors, vom Kopfüber Einstellung, dem gemächlichen 90° Spaziergang, bis hin zum kaltblütigen ausschalten der Wissenschaftler, mit einer Ausnahme (der mich mit seiner Line Delivery von “I like animals” lauthals zum lachen gebracht hat). Es wird auch klar gemacht, dass die Welt sich verändert hat und der Film sich vielleicht manche Freiheiten herausnimmt wie ein Magnet-Tunnel, der einem eine sanfte Landung garantiert. Bond ist endlich im Ruhestand (lustigerweise in Jamaika, wo Ian Fleming auf GoldenEye die meisten Romane geschrieben hat), bis er von Felix und seinem neuen Kollegen rekrutiert wird. Dabei trifft er auf eine CIA Agentin Paloma, gespielt von Ana de Armas, die leider viel zu kurz im Film ist. Sie ist so charmant, chaotisch und etwas unbeholfen, aber gleichzeitig auch unfassbar tödlich, wenn es sein muss. Und das ganze Szenario bietet so einiges. Von der Dynamik zwischen Bond und Paloma, dem tödlichen Virus, der plötzlich alle von Specter ausschaltet, bis zu der neuen 007, welche den Preis einfach nur an sich nimmt und nach oben yoinkt. Ich muss auch sagen, dass ich Cyclops als Henchman richtig toll finde. Der Film hat Spaß mit seinen Konzepten und nicht mit sich nicht so bierernst wie ‘Spectre’. Der Twist und der Verrat des Pfadfinder CIA Agenten waren auch stark, mit einer harschen Szene in einem sinkenden Boot, bei dem Bond Felix leider zurücklassen musste. Alles ist etwas fokussierter und eine biologische Waffe haben die Bond Bösewichte so auch noch nicht im Arsenal. Es ist natürlich etwas übertrieben, aber gerade mit dem Fuck up von Mallory wirkt das ganze auch schön Rund. Die Dynamik zwischen Bond und M ist hier echt nochmal eine andere, bei der Bond auch nicht vor Konflikten zurückschreckt. “My god you’re thirsty this moment.” “Has this desk got bigger? Or have you got smaller? [...] It's definitely the same desk” haut halt schon rein.
                                  Und so tun sich Moneypenny, Q und Bond zusammen, um hinter den neuen Bösewicht zu kommen. Bei der Madeleine auch wieder auf die Bühne tritt. Wie bereits, fand ich die erste Szene schon stark, aber vor allem der Zeitsprung hilft der Dynamik ungemein. Man bekommt richtig Mitleid mit ihr. Und auch die Inszenierung von Lyutsifer Safin ist an sich ganz gut. Ich mag, wie man ihn zu Beginn nur im Profil sieht, und erst wenn er sich preisgibt und sie die Schachtel öffnet, kommt das vernarbte Gesicht richtig zur Geltung. Er möchte, dass sie den letzten Specter Blofeld mit seinem Gift tötet. Der ist nach wie vor unausstehlich, aber durch die verringerte Relevanz zieht auch das ganze nicht in den Keller. Ob in der sonderbaren Podcast-Form bei der Party in Kuba, oder auch persönlich, in einer Glaszelle, die sie so schnell bewegt wie Tante Ernas Treppenlift. Aber immerhin ist die Szene richtig gut gemacht. Bond weiß nichts von dem Anschlag und hat rein zufällig das Gift an seinen Händen. Während des Gesprächs kommen sie sich immer näher, bis Bond ihn aus Versehen tötet, was aber auch kein großer Verlust ist.
                                  Leider beginnt der Film dann an Fahrt zu verlieren. Bond macht Madeleine natürlich schnell ausfindig, aber die ganze Szene und Dialoge sind einfach etwas zu dick aufgetragen. Vor allem mit dem Kind mittendrin. Ich kann nicht direkt mit dem Finger darauf zeigen, der Anfang der Verfolgungsjagd gefällt mir noch recht gut, wo jedes vorbeifahrende Auto sie vielleicht töten möchte. Und an sich ist das Heizen über Stock und Stein auch cool inszeniert. Genauso wie die Kriegsführung im Wald, die trotz guter Ideen und Umsetzung einfach nicht funktionieren will. Ich glaube für mich liegt das ganz stark an dem Kind. An sich sollte es die Dynamik komplett ändern. Man sollte sich mit dem Kind fühlen und sich Sorgen machen, aber dafür muss es auch gut inszeniert sein. Klagt es am Anfang noch über Moskitostiche, hätte man sie auch durch einen Sack Kartoffeln ersetzen können und es hätte keinen Unterschied gemacht. Es ist fast so, als ob die Filmemacher sich dafür schämen, ein Kind in die Narrative einzubinden und deswegen es so weit herunterspielen möchte, wie sie nur können. Ein billiger McGuffin, der sich auch so anfühlt.
                                  Jetzt ist auch der richtige Moment etwas über die neue 007 zu reden. An sich find ich sie nämlich ein guter Charakter. Eine weiterführung von Eve Moneypenny aus Skyfall. Jung, fähig und arrogant, wie es Bond auch einmal war. Das Banter zwischen den beiden macht Sinn, auch wenn es etwas einseitig ist. Am besten zusammengefasst mit dem Titel 007, den sie ihm am Schluss wiedergibt, was Bond im Grunde egal ist. Sie kommen Safin immer näher und machen sich dann gemeinsam bereit für eine heikle Mission. Und auch wenn ich Safin etwas verschenktes Potential finde, liebe ich seinen Unterschlupf. Oldschool Bond Villain, typische brutalistische Architektur mit einem persönlichen Flair des Bösewichts. Das ganze ist auch richtig schön in Szene gesetzt, mit den kalten Grau, dunklen Pools voller giftiger Flüssigkeit und Leuchtstoffröhren, bei denen Menschen in bunten Schutzanzügen ihrer Arbeit nachgehen. Vom Kernstück des Ganzen, einem giftigen Steingarten. Das ergibt auch Sinn, als ehemaliges Raketen-Silos, welches zu einer Plantage und Fabrik für Gifte umfunktioniert wurde. Bei denen Bond und die zwei 007 stilsicher mit einem Gleiter sich einschleichen.
                                  Und jetzt komme ich nochmal zum Bösewicht des Films. Wie schon zuvor angedeutet, bleibt Safin weit unter seinem Potential. Rami Malek gibt sich auch sichtlich Mühe, eine gewisse Vision zu verkörpern, die leider nicht so zieht. Sie wollen dabei ganz klar auf Dr. No anspielen. Der Chemiker von Spectre, der halb japaner mit seiner steifen aber Skrupellosen Art und Weise. Die Noh Maske ist dabei das klarste Indiz. Aber auch der Tatami Raum in seiner Zentrale hat mich beim ersten mal nur verwirrt. Aber leider steckt nicht mehr als diese grobe Ästhetik hinter dem Charakter. Er hat ja einen klaren Plan und auch ein gewissen Wertesystem das man aus dem Film schließen kann. Besonders klar gemacht in einem Aussage den er zu Madeleine spricht: “Saving someone's life connects you to them forever, the same as taking it. They belong to you”. Es geht ihm darum, einen weltweiten Reset zu tätigen, bei dem unerwünschte Aspekte komplett aus dem Genpool gelöscht werden, um andere zu fördern. Ja klar, kann man machen. Und der Gott Komplex passt dazu auch. “I'm not angry, just passionate”. Aber es hätte dem Film und dem Bösewicht gut getan, wenn man sich mehr auf das Gift konzentrieren würde. Im Grunde hat er Heracles und braucht kein anderes Gift, vor allem wenn es auch von anderen entwickelt wurde. Das lässt den letzten Schauplatz und die Fokussierung des Charakters leider ins Nichts verlaufen. Auch der Tod von ihm ist leider antiklimaktisch. Immerhin ist der Weg dahin sehr stark. Mit einem heftigen Shootout in einem Treppenhaus, das alles in einer Einstellung eingefangen wird. Zu dem finalen Kampf gegen den Cyklopen, der brutal durch die Uhr EMP ausgeschaltet wird. Mit einem am Schluss gebrochenen Bond, der mit seiner reinen Existenz eine tödliche Gefahr für Madeleine und das Kind darstellt. Hätte man doch nur die DNA Austauschtherapie aus Stirb an einen anderen Tag. Als ich den Film damals sah, hat mich der tod von Bond relativ kalt gelassen. Aber nun, nachdem ich alle Filme gesehen habe, hat sich schon eine Wehmut in mir breit gemacht. Mit einer sehr netten Trauerrede von M und dem Song aus einem der besten Bond-Filme “On Her Majesty's Secret Service”.
                                  ‘No Time To Die’ ist ein Film den ich (kann man gleich unten nachlesen) damals echt unterschätzt habe. Mit einer recht spannenden Geschichte, großartigen Actionsequenzen und vielen liebevollen Anspielungen an das ganze Franchise. Den Fernminen aus GoldenEye, die klassische Bond Bösewicht Architektur, das Spiel mit den Autos und einer wunderbaren Hommage an die Gunbarrel Sequenz inmitten eines röhrenhaften Gangs. Der leider nach der Hälfte (vor allem durch das nervige Kind) viel an Geschwindigkeit und Glaubhaftigkeit verliert, aber einem doch ein sehr gutes Bond Filmerlebnis bietet.

                                  Meine Alte Review (bei Interesse gerne lesen, aber sonst ist die Kritik hier vorbei)
                                  Erst mal muss ich zugeben, dass ich nie ein großer Bond-Fan war und auch nicht so viel Herzblut in das Franchise investiert habe. Ich mag Goldeneye (N64 und als Film) und ich liebe Skyfall, aber da hört es auch schon wieder auf. Die neue Richtung, die Craig als Bond eingeschlagen hat, hat so seine Up‘s and Down‘s und findet jetzt sein endgültiges Ende.
                                  Fangen wir erstmal so an: Der Film sieht wunderschön aus. Die Kinematographie und das Art Design sind wirklich klasse. Der Soundtrack schwankt zwischen gut und vor Pathos nur so triefend. Genau dasselbe ist auch bei den Charakteren und den Schauspielern der Fall. Manche von Ihnen sind richtig toll ausgebaut und holen auch aus ihren Nebenrollen (Ralph Fiennes als M, Jeffrey Wright als Felix, Billy Magnussen als Logan Ash, und mein persönlicher Favorit des Filmes Ana de Armas als Paloma) wogegen andere es entweder unter oder übertreiben (Rami Malek als Safin, Christoph Waltz als Blofeld und Lashana Lynch als Nomi). Sie sehen alle aus, wie man es sich vorstellt, aber da hört es leider schon auf. Blofeld bleibt auch nach Specter unfassbar blass und Safin hätte ein richtig cooler Bösewicht werden können, endet dabei leider als flacher Bösewicht, der in pathetischer Gesülze untergeht mit einem Plan, der weder Hand noch Fuß hat.
                                  Dennoch unterhält der Film einen ganz guten, bis zu einem gewissen Grad. Die Action ist teilweise gut bis sonderbar langweilig und ab und an sogar lächerlich (Miniguns im Kreis mit Rauch). Die Geschichte ist etwas konfus und unnahbar, mit vielen Zwischenfragen, die einfach ignoriert oder nicht wirklich erörtert werden. Immerhin ist alles etwas kohärenter und spaßiger als Spectre, aber das kann ja niemals das Ziel sein.
                                  Und auch wenn ich froh bin, dass es ein wirklicher Abschluss ist und tatsächlich ein kurzes Gefühl der Melancholie entwickelt habe, war der Film an sich doch eher aufgeblähtes Mittelmaß, mit ein paar Höhen aber viel mehr und länger andauernden Tiefen.

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                                    Der letzte Film, bei dem die Geheimorganisation SPECTRE und Blofeld bei der EON Reihe namentlich erwähnt wurden, war der 1971 erschienene Sean Connery Bond ‘Diamonds Are Forever’. Schon zuvor aber vor allem danach herrscht eine angespannte Atmosphäre um das geistige Eigentum, das sich McClory vor Gericht erstritten hatte (woraus der 1983 ‘Never Say Never Again’ entstanden ist). Sieben Jahre nach dem Tod von McClory wird der Streit endlich beigelegt und die Rechte gehen wieder an EON. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sie das feiern wollten, vor allem nach dem unglaublichen Erfolg von ‘Skyfall’. Und ich war damals auch sehr aufgeregt. Sam Mendes ist wieder dabei, mit denselben Autoren von Skyfall und einem erweiterten Cast mit Andrew Scott und Christopher Waltz in prominenten Rollen. Aber aus der anfänglichen Freude entwickelt sich langsam Skepsis, bis der Film mich komplett verloren hat.
                                    Der Bond in Spectre ist nicht derselbe Bond aus ‘Casino Royale’ oder ‘Spectre’. Während er dort ein knallharter und getriebener Typ war, hatte er auch Schwächen, die er im Film überwunden hat. Er hatte eine skrupellose Art mit allen umzugehen, aber er konnte auch den Charm aufdrehen und sogar Zärtlichkeit zeigen, wenn es die Situation verlangt. Von diesem Bond ist hier nichts mehr vorhanden. In ‘Spectre’ ist er wieder ein eindimensionaler Superheld. Bei dem weder im Drehbuch noch in der Inszenierung sich wirklich Mühe gegeben wird. Ein gutes Beispiel ist die Beerdigung in Rom. Auch wenn gerade Daniel Craigs Bond auch sehr gnadenlos sein kann, ist alles was mit der Witwe zu tun hat einfach nur furchtbar. Ob ihr Leben zuvor so gut war, kann man nicht sagen. Aber Bond hat mit den Mord ihr Leben aktiv zerstört. Auch wenn er sie von den zwei Henkern gerettet hat, steht sie immer noch vor dem Abgrund. Dass er sie, nach all diesen aufreibenden Ereignissen in ihrem Leben, halb vergewaltigt, ist befremdlich und verstörend. Vor allem, weil erst anschließend darüber geredet wird, sie in ein Zeugenschutzprogramm aufzunehmen. Das hat mich beim ersten Mal anschauen schon gestört, und ist für mich bezeichnend für diese Art Bond. Sie nehmen die geerdeten Elemente der vorherigen Filme und entscheiden sich einfach, ein Cartoon daraus zu machen.
                                    Aber das hört leider bei Bond nicht auf. Das Bond Girl, Dr. Madeleine Swann und der große Bösewicht, den sie wirklich hoch hypen wollen, sind durch und durch enttäuschend. Und das tut weh! Ich mag Léa Seydoux und ich weiß das sie auch Schauspielern kann. Aber sie ist so nervtötend und eindimensional, das sie es auf Platz 3 der schlechtesten Bond Girls für mich geschafft hat (für alle die es interessiert: Dr. Swann auf Platz 3, Miss Goodnight aus ‘Der Mann mit dem goldenen Colt’ auf dem zweiten und Rosie Carver von ‘Leben und Sterben Lassen’ auf dem ersten Platz). Vor allem bei einer Filmreihe, die bis 1962 zurückreicht und für den sehr grobschlächtigen Umgang mit Frauen bekannt ist, will das schon was heißen. Ich hasse Charaktere, die sich unnötig gegen den Plot stellen. Und sie macht quasi nichts anderes. Wie ein Kleinkind, das sich die ganze Zeit beschwert, vor der Reise, auf dem Rücksitz und es auch nicht lassen kann zu jammern, wenn man da ist. Dann bleib halt zuhause. Aber nein, Madeleine muss überall hingeschleppt werden, da sie sonst sauer ist? Es gibt auch keine Chemie zwischen Bond und Madeleine, was an sich nicht schlimm ist, aber es wird so inszeniert, als OB die beiden eine tiefe und innige Beziehung führen. Es fühlt sich eher so an, als ob man zufällig mit der Schwester eines Kumpels rumhängt. Man kennt sich etwas, hat vielleicht auch schon Seiten voneinander gesehen, die man normalerweise privat hält, und deswegen ist es so sonderbar unangenehm. Es wird auch nicht besser mit ihrer Backstory, die sehr platt und dröge inszeniert ist. Und auch wenn ihr Schicksal kein leichtes war, kauft man es ihr nicht wirklich ab. Da beißen sich abermals die cartoonhafte Narrative des Filmes und der geerdete Ton, den sie dabei treffen wollen. Außerdem betreibt sie einen Trope, den ich gar nicht mehr ausstehen kann. Ein weiblicher Sidekick die man ständig an der Hand halten muss. Die den Plot nur voran treibt mit solchen Fragen wie: “What do we do now?” oder “What is this?”. Arg! Ich hasse es! Und das Liebesgeständnis gegen Ende kauf ich auch niemanden ab. Und das Schlimmste dabei, sie wird auch eine große Rolle im nächsten Film spielen (Nachtrag: Dr. Swann ist Welten besser in ‘No Time To Die’ inszeniert, was einem gerade im Kontrast besonders auffällt.
                                    Ein weiteres Problem des Films ist die titelgebende Organisation. Ich verstehe, warum sie so ein Augenmerk darauf legen und auch endlich mal wieder Blofeld inszenieren wollen. Aber all das ist so furchtbar erzählt, dass am Ende nur noch Frust zurückbleibt, vor allem bei all dem Potential. Es ergibt Sinn, dass sich die ganze Gruppe nur selten trifft und deswegen Bond sich beeilen muss. Aber es ist ein ultra krasser Geheimbund! Warum wird das Treffen für ein Business Meeting benutzt? Ja, ganz nett das Nummer drei wieder da ist und auf Deutsch von Menschenhandel redet, aber das gehört hier nicht dazu. Da hätte ich mir gewünscht, dass sie mehr in das Kultische gegangen wären. Es geht darum, jemand neues in ihre Reihen aufzunehmen, zeigt doch irgendwelche Abstruse und von mir aus auch grausame Psycho- Spielchen, in denen sich der neue Anwerber beweisen muss. So fühlt es sich wie ein Business Meeting an, bei dem Dave Bautista jemandem recht Blutarm die Augen ausdrückt und es sich anschließend gemütlich macht. Auch die Errungenschaften, wovon sie zuvor reden, ist so übertrieben, dass man es einfach nicht ernst nehmen kann. Und dann betritt einer der schlechtesten Faktoren des Films die Bühne: Blofeld! Bevor der Film rauskam, war ich sehr gehyped auf Christopher Waltz, der sich ja gerade als Bösewicht einen Namen gemacht hat. Sein Schauspiel in 'Spectre' ist nicht wirklich schlecht, aber unglaublich dröge. Gerade in einem Franchise wie Bond, mit so vielen großartigen Bösewichten, muss man sich schon etwas anstrengen. Vor allem weil sie in ‘Skyfall’ mit Silva einen wirklich großartigen Bösewicht entwickelt haben, der vielschichtig, clever und grobschlächtig zugleich ist. Der im Grunde jede Szene, in der er auftaucht, mit seiner bizarren Art und Weise komplett einnimmt. Das ist bei Blofeld überhaupt nicht so. Selbst der nicht benannte Blofeld, den man aus rechtlichen Gründen nie ganz gezeigt hat und innerhalb von Minuten in einem Schornstein entsorgt wurde, ist ein besserer Blofeld als dieser hier. Als er die Konferenz betritt, geraten alle in ein betretenes Schweigen. Das soll zeigen, wie mächtig er ist. Aber für mich hat es sich so angefühlt, als ob der alte, out of touch CEO, mit mehr Geld und Seniorität als Verstand den Raum betritt und alle einfach nur kurz seine Anwesenheit ertragen müssen, bevor er wieder Golf spielen geht oder sowas. Bei dem jeder weiß, man ist lieber leise, weil er vielleicht nicht alles versteht, aber sich überall einmischen möchte. Der sich als Hansel im Halbschatten über das Mikrofon beugt, um seinen Senf dazu zu geben. Dafür, wie lange sich die Szene anfühlt, wird Blofeld quasi gar nicht inszeniert, bis auf das Spotlight auf Bond. Aber auch hier, ich mochte die persönlichen Aspekte in ‘Skyfall’. Sie waren dezent und wunderbar symbolisch gestaltet. Hier wird Bond ein kurzzeitiger Bruder zugeschrieben, mit halbgaren Ambitionen und Verbindung zu Bond und seiner Vergangenheit. Und es wird leider im Verlauf des Filmes auch nicht besser. Es gibt nichts, was dieses Blofeld auszeichnet. Und einfach nur zu sagen: “Ich stecke hinter allem! Krass oder?” ist einfach nur lahm. Es lässt ihn nicht nur kindisch aussehen, sondern entwertet auch die vorherigen Bösewichte. Er hat sich nichts erarbeitet, oder zumindest fühlt es sich nicht so an.
                                    Bezeichnend für diese Diskrepanz ist das Videomaterial, das Blofeld, Dr. Swan und Bond von dem Gespräch mit Mr. White vorgestellt hat. Bond verhält sich dabei so irrational. Und das ganze wird auch aufgezogen, als ob er Madeleine betrogen hat. Aber das stimmt nicht, da auch keine wirklich neuen Informationen zu tage treten. Und als ob MR FUCKING WHITE nicht ne Pistole in seinem Doomsday Bunker hat, c’mon. Und das wird nicht besser durch den furchtbaren Monolog von Blofeld, der triefend Bedeutungsschwanger und gleichzeitig nichtssagend ist. Im Allgemeinen haben sich die Macher gedacht, die Geschichten und Metaphern haben so gut in Skyfall funktioniert, also lass uns das einfach nochmal machen, nur ohne wirkliche Tiefe oder Aussage. Und das mündet in der furchtbarsten Bond-Szenen im ganzen Franchise. Bond findet sich in einem gleißend weißen Raum wieder, festgebunden an einen Stuhl, während Dr. Swann panisch zusieht und Blofeld weiter Monologe führt (mach halt ein Podcast). Das Folterinstrument wird immer weiter aufgebauscht und von Blofeld im genauesten Detail erklärt. Aber dennoch ist die Szene so gestaltet, dass man kaum Blick was abgeht. Dargestellt mit aufreibenden Sounddesign und Bildsprache, die nirgendwo hinführt, was den Frust nur noch steigen lässt. Sein Gleichgewichtssinn sollte zerstört sein. Genauso Teile seines Gehirns, die ihm Prosopagnosie bescheren sollte. Aber nein, er stolpert kurz und schaltet anschließend sein Auto im Cheat Code ein und jagt alles mit einem Schuss in die Luft, als ob die Sprengsätze schon gesetzt waren, aber sie keinen Bock mehr hatten und noch schnell nach Hause wollten. Und das beschreibt so viel in diesem Film. Es ist genau das, was auf dem Papier steht, aber es funktioniert einfach nicht. Sie versuchen auf Aspekte von ‘Skyfall’ aufzubauen, geben sich dabei aber gar keine Mühe. Die Bruderschaft mit Blofeld ist einfach so erzwungen. “I’m The Man Who’s Inside Your Head!”, übertreib mal nicht deine Rolle. Ich muss mich auch noch kurz über die Entscheidung auskotzen, ihn zu verschonen. Klar, hat gerade Blofeld auch ein paar Filme überlebt, aber nicht weil Bond ihn verschont hat, sondern weil man ihn einfach nicht kaputt machen kann. Es ist auch kein Fall von Charakterentwicklung oder Ähnlichem, es sei denn man sieht die lahmen Narbe als Entwicklung an. Es ist einfach nur dafür da, den schlechtesten Bond-Bösewicht in den nächsten Film mitzunehmen.
                                    Einer der Aspekte, der mir an der Geschichte gefallen hat, war tatsächlich der Subplot mit M. Am Anfang war ich etwas genervt davon, vor allem weil niemand darauf reagierte. Auch weil der Konflikt einer ist, den man schon so oft bei Bond gesehen hat. Seit dem Ende des Kalten Krieges kommen sie einfach nicht mehr aus der Frage raus, ob man Geheimagenten überhaupt noch braucht. An sich eine valide Frage und auch die Geschichte mit dem Überwachungssystem hätte toll sein können. Aber man hat sich wirklich satt daran gefressen. Und wenn man sich dann nicht mal wirklich Mühe mit der Inszenierung macht, fällt das einfach nur flach. Da fand ich tatsächlich ‘Der Morgen Stirbt Nie’ besser, mit der Kraft der Narrative. Aber immerhin konnte M etwas glänzen, was mir gut gefallen hat. Auch wenn Andrew Scott einfach nur verschwendet ist. Und was ist mit den Bösewichten des Films und ihrem Hang zu furchtbaren Monologen? Und Dave Bautista ist auch ein Glanzstück des Filmes, der aber leider im Großen und Ganzen untergeht. Und auch wenn der Tag der Toten Szene aggressiv Gelb ist, hat sie nach wie vor etwas. Mit den ganzen Extras und ständiger Bewegung. Die versehentliche Explosion ist stark und auch der Kampf im Helikopter. Auch wenn Bond mir dabei zu viele Leute in Gefahr bringt, was nie wirklich angesprochen wird. Dave Bautista ist ebenfalls großartig, mit einer starken Kampfszene in einem Zug. Und ich mochte die Anspielung an ‘On Her Majesty’s Secret Service’ mit der Klinik auf der Bergspitze.
                                    Ich kann auch nach wie vor nicht fassen, dass es die selben Filmemacher von ‘Skyfall’ sind. Ein Film, der mit der Kamera als Narratives Stilmittel brilliert. Etwas, womit sie sich hier kaum Mühe geben. Auch wenn der Vergleich hinkt, als M bei den Särgen mit den Union Jack steht und grübelt, hat das einen richtigen Effekt gehabt. Als Bond zu der Beerdigung in Rom ging, habe ich gar nichts verspürt, außer vielleicht eine leichte Verwirrung. Auch das Drehbuch ist so viel schlechter. Hatte in ‘Skyfall’ alles, was gesagt und getan wurde, mehrere Ebenen, geht es hier nicht über Exposition und flache sexuelle Innuendos hinaus. Schlimmer wird es nur noch mit Stinger / Trailer Material, womit fast jede Szene endet. In einem Thriller, der nicht mehr als eine Schnitzeljagd ist, ohne irgendwelche Konsequenzen oder aktive Probleme, die daraus entstehen. Selbst so coole Szenen wie ‘Der Tag der Toten’ werden durch die wohlbekannten Mexiko-Filter kaputt gemacht. Vor allem der Übergang zu Tangier hat sich wie ein Piss Filter Flashbang angefühlt.
                                    Der Film hat auch ein ziemliches Identitätsproblem. Er möchte alle vorherigen Filme zusammenfügen, aber gleichzeitig von denen abgrenzen. So bekommt man diese sonderbare Mischung aus Geerdeter Geschichte und Goofy Cartoon Bond. In ‘Skyfall’ schnappt sich Bond Silva nur mit einer Pistole und Radio. Und hier wird er mit magischem Blut versehen und raubt einen Supersportwagen aus Qs Garage, ignoriert eine Gehirn-OP und steckt eigentlich nie wirklich in der Klemme. Q zu überzeugen, dauert keine Minute und macht das magische Blut quasi irrelevant. Über die Verfolgungsjagd mit den Supersportwagen muss ich mich auch noch kurz auslassen. Das Potenzial ist gigantisch, da die Autos echt nochmal auf einem anderen Level sind. Aber man merkt, dass die Filmemacher diese Autos nur unter strengsten Auflagen bekommen haben. Statt sich durch die Stadt zu schlängeln, knapp um die Ecke zu biegen oder etwas Blechschaden auf sich zu nehmen, um eine Ablenkung zu verschaffen, wird nichts daraus gemacht. Absolut nichts! Mit der Ausnahme des letzten Crashes, der aber auch recht zahm verläuft. Es fühlt sich eher an wie eine Cutscene aus einem Need For Speed Sprintrennen, statt einer knallharten und tödlichen Verfolgungsjagd. Die Verfolgungsjagd durch den Schnee hätte cool sein können, aber es übertreibt meiner Meinung nach. Mit dem Supersportwagen, die genau vom Gegenteil leiden. Über das Treffen von Spectre und der Folter hab ich mich ja schon ausgelassen. Und das Finale schießt dabei den Vogel ab, mit einem ramschigen Laientheater, bei dem das zerstörte MI6 zu einer kreativ bankrotten und kitschigen Finale, das niemanden pakt.
                                    Spectre ist für mich eine totale Katastrophe. Und auch wenn ‘Ein Quantum Trost’ handwerklich echt nochmal schlimmer ist, funktioniert der Film als Gesamtwerk einfach nicht. Was für eine blutleere und dröge Fortsetzung, die immerhin von einem kompetenten Nachfolger überflügelt wird.

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                                      Skyfall ist für mich persönlich der wichtigste Bond Film. In meiner Kindheit und Jugend war ich kein richtiger Bond-Fan, mit Ausnahme von GoldenEye. ‘Casino Royale’ und vor allem ‘Quantum of Solace’ haben mich damals kalt gelassen. Doch dann kam ‘Skyfall’ und hat alles verändert. Ein Film, der mich beim ersten Mal restlos begeistert hat. ‘Skyfall’ ist auch meine erste Filmkritik, die ich damals noch auf einem Blog geschrieben habe. Und auch jetzt, wo ich den Kontext aller Bonds habe (inklusive der nicht EON Titel) kann ich erfreulich sagen, dass der Film nichts an seinem Glanz verloren hat. Also schnallt euch an, denn ich werde es nicht schaffen, die Klappe zu halten.
                                      Wo Casino Royale schon einen sehr guten Grundstein gelegt hat, erhebt ‘Skyfall’ den Agenten zu ungeahnten Höhen. Mit einem großartigen Drehbuch, Schauspielern und vor allem einer beeindruckenden Bildsprache welche die Narrative unter die Arme greift. Every Frame A Painting trifft bei diesem Film einfach zu. Das beweisen sie schon von Anfang an mit der vielschichtigen Intro-Sequenz. Es beginnt mit einem verschwommenen Hintergrund, in dem eine Gestalt näher kommt, bis ein goldener Lichtstrahl seine Augen zeigt und man Bond erkennt. In einem düsteren Zimmer riecht es nach Schießpulver und Blut. Bond möchte einem sterbenden Mann helfen, wird aber aus dem Off zurechtgewiesen. Das stickige Innere wird mit einem Portal nach außen gebrochen. Statt Stillstand und Tod tobt auf den belebten Straßen voller Passanten und Fahrzeuge das Leben. Mit einem goldenen Staub, der vom Leben aufgescheucht wird. Bond steigt zu einer Frau ins Auto und die Verfolgung beginnt. Nach kurzem und professionellem Geplänkel merkt man, dass die andere Agentin, Eve, auch vor nichts zurückschreckt und sofort aggressiv an die Situation herangeht. Bei der Bond ihr soweit vertraut, bis auf einen Handgriff, den er durch seine Erfahrung präzise einschätzen kann. Auf einem gut besuchten Basar kommt es zu einer einseitigen Schießerei. Der Assassin flüchtet auf einem Motorrad, Bond knapp auf den Fersen und Eve schlägt kurzerhand das zerborstene Glas ein und versucht, auf anderen Wegen an den beiden dran zu bleiben. Eine starke Verfolgungsjagd über die Dächer von Istanbul, über einen Zug mit einem Bagger, der effektiv und clever genutzt wird. Mit einem brutalen Faustkampf, den man aus drei Perspektiven sieht. Direkt von Bond, durch das Fadenkreuz von Eve und in dem Kopf von M, die indirekt in Kontakt steht. Eine Entscheidung zieht heftige Konsequenzen nach sich und mit dem Fall von der Brücke geht es in den Intro-Song über. Wahnsinn! Es wird so viel in dieser Szene erzählt. Wie Bond sich in diesem Film verhalten wird. Wie effektiv aber noch Grün hinter den Ohren Eve ist. Wie M bereit ist, alles zu opfern, um die Mission zu beenden. Und was für Konsequenzen das eben haben kann.
                                      Diese spürt M natürlich am stärksten. In einem tollen Streitgespräch mit Mallory, als eine andere Instanz in der Hierarchie, die nach Verantwortlichkeit verlangt. Mit einem beeindruckenden Shot, als M gebrochen hinter mehreren Särgen steht, die allesamt mit dem Union Jack bedeckt sind. Opfer ihres Fehlverhaltens. Bond hat sich in ein tropisches Paradies zurückgezogen, bei dem er die Tage mit Alkohol und Adrenalin Spielchen vertreibt. Als er von dem Angriff liest, treibt es ihn doch wieder zurück. Und hier müssen er und alle anderen sich eingestehen, dass er etwas von seiner Schärfe und Stärke eingebüßt hat. Mit einer kurzen aber effektiven Szene mit einem Psychologen, bei dem Bond bei einem Assoziationsspiel mehr preisgibt als er vorhatte. Bei der auch die Frage im Raum steht, ob Bond es überhaupt noch drauf hat. “Why not stay dead? It’s a young man’s game.” Das wird auch nochmal toll gezeigt, mit dem Q der neuen Generation, der Bond nicht viel mitgibt, außer eine Waffe und einen kleinen Sender.
                                      Und das geht dann in eine der besten Szenen in der Bond Geschichte. Der Assassin, der in Istanbul mit der Liste entkommen ist, wird von Bond nach Shanghai verfolgt. Eine brodelnde Stadt, welche die Nacht pervertiert und im Schein und Farben der Neonlichter badet. Kaltblütig schält der Assassin alle Ablenkungen aus, mit Bond heiß auf den Fersen. Der sich an den Aufzug dranhängt, um unerkannt auf dasselbe Stockwerk zu gelangen. Dieses besteht aus einem großen leeren Raum, aufgebaut wie ein Labyrinth aus Glas, in kompletter Dunkelheit, bis auf die Leuchtreklame, die sich zigfach in den Wänden widerspiegelt. Bei dem sich Bond im Schutze dieser Zwischenwelt voran bewegt und den Assassin bei seiner Arbeit beobachtet. Mit einem Gerät wird ein Loch in die dicke Glaswand gefräst, welche den gefühlt hermetischen Raum plötzlich aufatmen lässt. Bond geht auf Nummer sicher und lässt den Anschlag zu, während er immer näher kriecht. Nach der Enttarnung entsteht ein heftiger Kampf, der weder von Musik noch irgendwelchen Schnitten gebrochen wird. Ein brutales Handgemenge zwischen zwei Silhouetten, bei dem der Sieger noch Informationen möchte, aber so weit kommt es nicht. Und so steht er nun da, mit einer mysteriösen Frau im Gebäude gegenüber, die ihn näher an sein Ziel bringen wird.
                                      Es geht weiter nach Macau, wo Bond wieder auf Eve trifft und ihr abermals sein Leben in ihre Hand legt. Leider sieht man nicht so viel von Macau (ich war selbst 2011 einmal dort), aber das, was man sieht, ist wunderschön inszeniert. Das Casino auf dem Wasser, mit all den Laternen und einem Feuerwerk im Hintergrund. Ich muss auch zugeben, dass ich Severin bis jetzt immer unterschätzt habe, und diesmal ein ganz neues Gefühl für sie entwickelt habe. Das Gespräch ist richtig toll gemacht, bei dem beide sich vortasten und gerade sie zwischen Überheblichkeit, Angst und am Ende einem traurigen Funken Hoffnung schwankt. Wie sehr sich Bond mit diesem Versprechen übernommen hat, wird eindrucksvoll geschildert. Nach einer netten Action-Szene mit gigantischen Echsen verschlägt es ihn zu einem sonderbaren Ort. Eine ganze Stadt, mitten im Meer. Mit allem, was man in einer Stadt so braucht, komplett leergefegt. Keine Menschenseele, nur noch Gegenstände, die an sie erinnern, welche unter einer dicken Staubschicht von den Elementen zersetzt werden.
                                      Und dann taucht er auf: der Bösewicht des Films. Nach einer Stunde und zehn Minuten. Ein Mann, der sich nimmt, was er möchte. Der mit ein paar Klicks die ganze Insel an sich riss. Der großartig inszeniert ist. In diesem sonderbaren Raum, als Gestalt aus der Ferne (ähnlich inszeniert wie Bond zu Beginn), der immer näher an Bond herangerückt. Bei dem die Kamera still steht, bis Silva und Bond sich endlich gegenüberstehen/sitzen. Er erzählt eine Geschichte, wie man aus einer Kokosnuss fressende Rattenpopulation Kannibalen macht. Wie man das ändert, was man nicht ändern dürfte: die Natur des Wesens. Der Konflikt ist auch toll inszeniert. Von M ihrer Lügen über Bonds Testresultate, über das, was am Anfang stattgefunden hat und auch sein eigener Verrat, den er durch M erleiden musste. Das geht über eine extrem unangenehme Verhörszene, die aber genau den Nerv trifft. Das gegenüberstellen der beiden erreicht dann mit Severin den Höhepunkt. Bei der Silva Bond herausfordert, wo es ihm weh tut: seine Kompetenz. Bei der er mit einem knappen Schuss daneben zwar Severin nicht verletzt, aber die Mühen fruchtlos waren, da Silva nach eigenen Regeln spielte. So macht man das! So baut man einen Bösewicht auf und zeigt gleich, wer er ist, wofür er steht und was er kann. Der dann oberflächlich von Bond geschnappt wird, welche sich aber als Möglichkeit herausgestellt hat, welche Silva schon längst bedacht und durchgeplant hat.
                                      Und die Szene um die Glaszelle ist auch abermals toll inszeniert. Für mich schon fast ironisch. Wie er endlich der Frau gegenübersteht, die ihn so antreibt. In einem toxischen Cocktail aus tiefster Liebe und Hass. Man hat ähnliche Elemente schon mit Alec aus GoldenEye oder gar Bond selbst in ‘Die Another Day’ erlebt. Aber Silva ist auf einem anderen Niveau. Vor allem mit der großartigen Struktur, die nach einer schweißtreibenden Verfolgungsjagd mit dem Verrat von M endet. Ich liebe die Verbindung und auch das Persönliche daran, dass es in dieser Weise, Intensität und Qualität noch nie bei Bond gab. Wunderbar erzählt und dann grausig auf den Punkt gebracht, als Silva alle Prothesen entfernt “Look upon your work mother”. Überragend! Dass Silva noch ein Ass im Ärmel hat, wird schnell klar. Und da ich weiß das der ganze Plan gerne als Kritikpunkt genutzt wird, möchte ich gerne darauf eingehen. Angefangen mit Silva: Wir wissen, dass er ein Ex MI6 Mitglied ist, wahrscheinlich ebenfalls mit 00-Status. Ein Experte auf seinem Gebiet, der sich, genau wie auch Bond selbst, sehr schnell in neue Situationen herausfinden und umdisponieren kann. Aber wie man an seiner ganzen Operation sieht, hat er etwas, das Bond fehlt: Ambitionen und Weitsicht. Er wusste genau, wohin MI6 ihre Organisation verlegen wird, falls das Hauptgebäude beschädigt werden sollte. Und von dort aus hat er wahrscheinlich tagelang über verschiedene Pläne gegrübelt, welche Optionen ihm zur Verfügung stehen würden. Als ein Hacker, weiß er um Schwachstellen und wie man diese nutzen kann. Und als Ex-Agent und Anführer seiner eigenen Miliz hat er die Mittel und Skrupellosigkeit, diese auszuschlachten. Natürlich wirkt es komisch, wenn er von Bond in einer leeren Halle gestellt wird, um dann mit einer überraschenden U-Bahn zu entkommen. Aber ich glaube, das war ein Kontingenzplan von Silva, und wenn es nur Ablenkungsmanöver wäre. Ob Silva nun genau in diesem Moment gefangen werden wollte, das weiß ich nicht. Aber ich glaube, die Spielsteine waren schon lange im Spiel und hätten Silva die Fluchtmöglichkeit geboten, ob man ihn früher oder später erwischt hätte. Einzig Q werf ich hier etwas vor. Einen fremden Rechner an das gemeinsame Netzwerk zu packen ist an sich schon sehr gefährlich. Wenn dieser aber von einem Hacker stammt, dann ist das einfach nur fahrlässig. Aber das ist wahrscheinlich menschliche Arroganz, da er sich für den besten hält, da er ja dieses Sicherheitsverfahren erfunden hat. Schön, dass er in ‘No Time To Die’ daraus gelernt hat. Aber ansonsten finde ich es, zumindest so wie der Film es erklärt, sehr einleuchtend. Auch dass es Silva in der MI6 Zentrale leichter hat als unter den Zivilisten. Es folgt eine intensive Verfolgungsjagd, die mit einer heftigen Schießerei im Gerichtssaal mündet, bei dem M gerade mit glühenden Worten ihren ‘Way of Life and Work’ verteidigt. Auch Mallory kommt hier zum Scheinen, der schnell den Unterschied zwischen Bürokrat und Feld-Agenten lernt.
                                      Bond macht sich dann mit M aus dem Staub, hin zum großartigen Finale! Tief in das Herz von Schottland (was abermals wunderschön in Szene gesetzt ist) steht ein einsamer, düsterer Block inmitten der landschaftlichen Tristesse. Ein fast vergessenes Relikt der versteckten Geschichte Bonds. Der zwar auf cool machen möchte, dabei aber von all den Eindrücken überwältigt wird. In den alten Gemäuern wartet noch ein weiteres Relikt, der Hauswart Kincaid, dem man danken muss, dass dieser Monolith überhaupt noch steht. Der gleich bereit ist, alles mögliche für den verlorenen Hausherren zu machen. Ich mag die Szene, als Kincaid Bond helfen möchte, mit der Flinte des verstorbenen Bond Patriarchs zu schießen, bis er schnell merkt, dass Bond in all den Jahren alles andere als untätig war. Gleichzeitig zeigt es richtig schön, dass die Auseinandersetzung und vielleicht auch eine gewisse Klärung von Bonds Geschichte ihm helfen, sein Mojo wieder zurückzuerlangen. Ich liebe auch die ‘Bond allein Zu Haus' Szene, bei der die drei alle Ressourcen und Hirnschmalz zusammen nehmen, um eine Chance gegen den drohenden Angriff zu haben. Als die Vorbereitungen abgeschlossen sind beginnt das warten, während das Eis immer näher an das Haus kriecht
                                      Und meine Fresse hat sich das Warten gelohnt! Die Actionszenen rund um den Skyfall sind großartig. Von der ersten Welle, die stetig über den Hügel näher rückt, zu dem Überraschungsgegner in Form eines Helikopters, einem ausgeklügelten Plan, der in einer eindrücklichen Szene in einer verlassenen Kapelle endet. Und all diese Szenen sind abermals großartig inszeniert. Von der sehr präzisen und clever ausgeschalteten ersten Angriffswelle mit Fallen und einem Oldtimer. Zu dem Helikopter, der sich musikalisch lautstark ankündigt und alles in den alten Gemäuern mit einer Minigun zerfetzt. Silva läuft um das Haus und versucht sie ausräuchern, bis eine Explosion den Helikopter vom Himmel holt und nichts in seinem Weg zurücklässt. Das alles wird mit so einer wunderschönen Klarheit gezeichnet. Eine Meisterleistung im Nutzen Farben und dem feinfühligen Spiel von Licht und Dunkelheit. Etwas, das mir beim diesmal zum ersten Mal aufgefallen ist, ist, dass der brennende Skyfall in der Ferne den gleichen Effekt wie das Turner Bild im Museum hat. Atemberaubend. Mit einem verräterischen Schein, einer brutalen Szene im eisigen Nass bis zum Finale in der Kapelle. Und hier bietet Javier Bardem abermals ein grandioses Schauspiel, welches seinen Charakter abermals als meinen Lieblings- Bond-Bösewicht zementiert. Die Wut und Angst, als er sieht, dass M verletzt ist, ist spürbar. Er hasst diese Frau wie nichts anderes. Aber er liebt sie auch zu einem äußerst ungesunden Maß. Mit einer überraschenden Lösung für das Problem, bei dem M Silva endgültig erlösen kann, nur um dann von Bond überrascht zu werden. Aber das macht nichts. Denn selbst wenn Silva es nicht mehr erlebt, hat er doch am Ende das Letzte Lachen.
                                      Ich liebe die Vielschichtigkeit des Filmes. Etwas recht ungewohntes für Bond. Meistens sind die Filme sehr geradlinig. Das höchste der Gefühle sind dabei die sexuellen oder gewaltsamen Innuendos. Hier ist das anders. Jede Szene hat ihren Sinn, jeder Dialog hat mehrere Ebenen. Es geht dabei nicht nur darum wer was sagt, sondern auch darum was nicht gesagt wurde. Die Geschichten von Silva sind dabei mehr als nur etwas Interessantes zu hören, es geht tiefer und greift in die Handlungen und Reaktionen der Charaktere ein. Gerade der Umgang mit Bond und seiner Geschichte finde ich hier überragend. Bond ist eigentlich immer ein Charakter, der zu 100% im Hier und Jetzt ist. Der nur auf die Mission bedacht und genau deswegen auch so effektiv ist. Hier ist das aber anders. Durch den zwar einverständlichen Verrat von M ist Bond dennoch verletzt, auf eine Art, wie man sie bis jetzt noch nie gesehen hat: seine Fähigkeit und Kompetenz. Und dann muss er ein Gespenst verfolgen, das im Grunde sein Spiegelbild ist. Jemand, der sich für Land und Krone geopfert hat. Dem M genauso übel mitgespielt hat wie Bond selbst. Richtig schön gezeichnet durch zum Beispiel das erste Treffen der Beiden und das anschließende Duell. Bis hin zu seiner Kinderwiege, die das einzige ist, was von ihm noch bleibt, wenn er auf den Rest der Welt verzichten muss. Der im Verlauf der Geschichte wieder zu sich findet und dann am Ende abermals schier unmögliche Dinge möglich macht.
                                      Der Film versteht es auch, eine Geschichte zu erzählen. So sind nicht nur die Charaktere, Konflikte und Dialoge vielschichtig. Die Kamera, Sets, Choreographie und der Schnitt werden ebenfalls großartig genutzt, um die Narrative zu vertiefen. Bei dem zum Beispiel die Orte mehr sind als nur das. Von der verlassenen Stadt, die Silva sein Eigen nennt, zu der Untergrund Zentrale und natürlich Skyfall selbst. Auf der Bildebene wird auch sehr viel gemacht. Das beste Beispiel ist die Betrachtung von Turner im Museum mit Q und dem brennenden Skyfall in der Nacht, die dieselben Emotionen hervorrufen. Die Szenen sind auch herrlich dynamisch gemacht. Ob es ein Regenfall ist, die Neonfarben, die im Glas ihre Schlieren ziehen, ein prächtiges Feuerwerk in Macau oder die einsame Weite um Skyfall herum. Dazu hat der Film auch ein fantastisches Pacing, welches mit der schön geschickt verwobenen Geschichte richtig gut tut. Ich mag auch solche Kleinigkeiten, wie zum Beispiel das Wolf Blitzer die Nachrichten verkündet, was die Diskrepanz zwischen der Welt von Bond und unserem eigenen schrumpfen lässt.
                                      Skyfall ist ein großartiger Thriller, der alle Werkzeuge nutzt, um die spannende und vielschichtige Narrative zu stützen. Auch ohne Bond wäre der Film großartig, aber dadurch DAS es ein Bond ist, wirkt der Film noch besser. Mit großartiger Kamera, einem tollen Pacing, fantastischen Sound-Design und schauspielerischen Leistungen. Ein Film, der auch nach all den Jahren nichts an Glanz verloren hat.

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                                      • 4 .5

                                        Nachdem Luther nach Staffel drei so ziemlich alles verloren hat, was ihn so ausgemacht hat, und er zuletzt auch zurecht hinter Gittern gelandet ist, war ich tatsächlich nicht so erpicht darauf, dass die Serie irgendwie weitergeht. Aber vielleicht finden sie ja eine neue Richtung oder zeigen das Luther aus der Vergangenheit gelernt hat. Und auf vielen Ebenen, ist der Film besser als die letzten paar Staffeln, aber wenn es um den Kern geht, bleibt die Enttäuschung leider sitzen.
                                        Alles, was man von der Serie erwartet, ist hier auch vorhanden. Ein Psychokiller der ganz Gotham, ähm, ich meine London, in Angst & Schrecken versetzt. Aber anstatt einfach Menschen umzubringen, macht dieser Killer eine Show daraus. Kommt mir irgendwie bekannt vor… naja. Er nutzt auch Red Rooms um Menschen ein perfiden Genuss zu bieten, bestehend aus Tortur und Mord. Kommt mir auch bekannt vor… naja. Und wie kommt er an all die Leute dran? Er beobachtet sie durch elektronische Geräte! Das kommt mir auch bekannt vor… ach ja! Ein Kritikpunkt der Serie, vor allem in den späteren Staffeln, ist das ständige Wiederkäuen von schon gezeigten. Und dieser Film macht es leider auch nicht anders. Naja, es gibt noch den Aspekt, das der Bösewicht so viele Leute mit Informationen erpresst. Aber auch das hat man schon in Black Mirror besser gesehen. Das ist echt schade, denn Andy Serkis macht seine Sache eigentlich ziemlich gut. Er ist um einiges besser als die letzten Killer der Show, aber es sind dennoch nur Aufgüsse von Aufgüssen. Ich finde es lächerlich, dass es nicht Luthers Verschulden in der letzten Staffel war, das ihn ins Gefängnis gebracht hat, sondern dass dieser Typ das gewesen sein sollte. Und man wird auch irgendwann abgestumpft von dem, was man sieht. Ein gutes Beispiel ist die Szene, in der die Tochter von DCI Rain nervös durch die Wohnung läuft, gelockt von Alexa und anderen Geräten. Die Szene ist spannend gemacht, keine Frage, aber es zieht nicht, weil solche Szenen IMMER gleich enden, und hier ist es leider auch nicht anders.
                                        Immerhin haben sie diesmal nur einen Fall am Laufen, statt wie in der Serie immer mindestens zwei. Der Film hat auch einige gute Aspekte. Man merkt das größere Budget und die bessere Cinematographie. Die Locations sind auch diesmal etwas mehr als nur Beton auf Beton. Und auch wenn der Film mir insgesamt nicht so gut gefallen hat, muss man einfach die Piccadilly Circus Szene erwähnen, die wirklich großartig war! Von der Verfolgung von Luther, zum herausfinden wo und wer der Killer ist, zu der Geiselnahme und dem Suizid Schauspiel und das ein übles Chaos das es auslöst. Aber dann denkt man zurück an die Verbrennung der Entführten und an die Zerstörung der Familienmitglieder. Konzeptuell richtig verstörend und krank, aber so fühlt es sich nicht an. Vor allem mit dem Creepy Pasta Gesicht, das dann auch in dem ultra cringey Red Room Video aufgebauscht wird. Puh. Und dann noch die eisige Villa im Norden, mit den Leichen unter dem gefrorenen See und einer hängenden Roten Hering. Das war mir dann doch alles zu viel und wirkte schon fast kitschig. Zugespitzt von der selbstzufriedenen Rede des Killers. Das kommt mir auch bekannt vor…naja. Dieser wird dann immerhin in klassischer Luther manier fachmännisch mit verletzenden Worten auseinandergenommen.
                                        Aber leider gehört das zu den wenigen guten Luther Momenten (vielleicht noch Jamal in der U-Bahn). Nach Staffel drei wurde mir alles in der Show zu grell gedreht. Die Killer werden immer wahnsinniger und die Gewalt immer Ästhetischer. Und wo Luther in der ersten Staffel ein extrem fähiger, aber auch selbstzerstörerischer Detektiv ist, hat er jetzt gar keine negativen Aspekte an sich, außer vielleicht etwas schroff zu sein. Die Wut und der selbstzerstörerische Drang sind kaum noch vorhanden. Er ist ein einfacher grumpy Superheld geworden. Ob er jetzt einen aus dem Gefängnis ausbricht, den Bösewicht über Piccadilly Circus, eine vergessene U-Bahn bis hin zur sonderbaren Villa im Norden verfolgt. Er kann auch in einem eiskalten See noch etwas am Handy spielen, um kurz danach gerettet zu werden und die nervige Heizdecke in die Ecke zu werfen. Natürlich stößt er immer wieder mal auf Probleme, aber die sind wirklich der Rede wert. Und wenn wir ehrlich sind, hat er ein Zimmer im Knast, nach der letzten Staffel, redlich verdient. Aber nein, keine Konsequenzen für den Superheld! Lasst uns den Film lieber damit enden, dass Luther zu unserem eigenen James Bond oder Ethan Hunt werden kann. Ich kann ehrlich gesagt gerne darauf verzichten.
                                        Luther: The Fallen Sun ist an sich kein schlechter Film. Es ist ein mittelmäßiger Thriller, auf dem sicherlich auch einige drauf stehen. Aber als jemand, der Luther mal mochte, ist es leider eine weiterführung der katastrophalen Richtung.

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                                        • 7
                                          über Luther

                                          Als die Serie damals herauskam, habe ich sie gefeiert. 9 Punkte für die ersten drei Staffeln. Die letzten zwei habe ich nie gesehen und das wollte ich jetzt nachholen. Und ja, die Serie hat immer noch gute Aspekte. Luther ist toll, Alice ist großartig und die Fälle sind meistens sehr spannend. Aber es gibt auch einiges, das mir nicht so gefallen hat, vor allem in den letzten zwei Staffeln aber auch schon davor. Ich werde jetzt erst etwas Allgemeines zu der Serie sagen, bevor ich dann auf die Staffeln einzeln etwas eingehen werde.
                                          Die Inszenierung ist an sich ganz gut. Die erste Staffel ist vielleicht für moderne Sehgewohnheiten schwieriger, aber an sich ist die Kamera und Produktion richtig gut. Die Charaktere sind auch toll gemacht. Von dem ständig getriebenen Luther, zu Alice und der daraus blühenden Freundschaft. Aber auch die Kollegen sind allesamt nett inszeniert und bekommen alle auch mehrere Momente, wo sie richtig scheinen können. Aber auch die Killer sind ganz nett in Szene gesetzt, zumindest noch am Anfang. Das liegt vor allem an der tollen Atmosphäre die die Serie erzeugt. Alles hat einen sehr düsteren Unterton, der sich sehr auf jegliche verruchte Aspekte der Menschheit stürzt. Am Anfang funktioniert das noch, vor allem weil Luther selbst auch nicht so überzogen dargestellt wurde. Suizidal und getrieben, mit keinem Respekt vor dem Gesetz, wenn es seinem Gefühl von Gerechtigkeit im Weg steht. Entwickelt er sich über die ersten drei Staffel, beginnt er ab Staffel 4 auf der Stelle zu treten. Eine Verwandlung zum flachen Superheld, der in Staffel 5 kaum noch etwas von dem hat, das ihn ausgezeichnet hat. Mehr eine Ansammlung von Eigenschaften, die Luther sein sollte, ohne Sinn und Verstand. Und so ähnlich ist es mit den Killern. In den ersten Staffeln fand ich sie allesamt noch ziemlich spannend, aber je weiter die Serie voranschreitet, desto platter werden sie. Bis am Ende die Killer nur almagation von anderen Killern sind, nur in schlecht. Etwas das mir auch sauer aufstößt, ist die Welt in der Luther spielt. In den ersten Staffeln würde ich das noch als Edgy Tatort bezeichnen, aber auch hier übertreiben sie es maßlos, je weiter die Serie fortschreitet. Man muss zu Extremen gehen, um die größten Psychopathen aller Zeiten (die es scheinbar wie Sand am Meer gibt) zu überführen. Es fühlt sich nach Polizei Propaganda a la CSI an. Man lebt in London (auch wenn es sich gegen Ende eher wie Gotham angefühlt hat) in ständiger Angst vor Gewalt und Zerstörung, die nicht nur großteils Zufällig, sondern auch unnachgiebig ist. Dabei trifft es natürlich auch irgendwie ins Schwarze. Der Terror kommt nicht wie gewohnt von außen, sondern von Innen. Und der Überwachungsapparat, den man über die Jahre aufgebaut hat, scheint auch nur bedingt zu helfen.
                                          Aber eines der größten Probleme der Serie ist der fehlende Fokus. Es ist in Ordnung, dass es neben dem Hauptplot noch einen Subplot gibt. Serien und Filme machen das ständig. Aber der Subplot muss sich von dem Hauptplot unterschieden. So bekommt man zwei intensive Geschichten, die der Protagonist auch nicht gleichzeitig machen kann, die ständig die Aufmerksamkeit und Spannung rauben. Es erinnert mich an Dexter, der neben seinem Killer Lifestyle einen Vollzeitjob, Familie und Freunde hat. Aber selbst er hat das andere ausgeblendet wenn es auf das Finale zulief. Hier gibt es das nicht. Luther muss eine Armee von Assassinen abwehren, ein kleines Mädchen beschützen und gleichzeitig noch drei Serienkiller überführen. Wenn beide Geschichten spannend sind, kann es funktionieren, aber gut ist dennoch was anderes. Schlimmer ist es wenn eine der Geschichte nicht interessant ist. DAnn hat man einen Story Strang den man flammend folgt, der immer wieder von einer Geschichte unterbrochen wird, die einen kalt lässt.

                                          Staffel 1 (7.5)
                                          Man merkt der ersten Staffel an, dass sie ein Kind seiner Zeit ist. Vor allem in der Inszenierung und Musik wirkt alles sehr altbacken. Aber die Stärken der Serie sind auf jeden Fall auch schon vorhanden. Luther, Alice, spannenden Killer und Szenarien, in einer “Fall der Woche” Struktur, während sich die Beziehungen von Alice, Luther und Zoe entwickeln.
                                          Die erste Folge fühlt sich wie ein Pilot an, bei dem man Unmengen von Informationen und Brotkrumen streuen muss. Man hat das Gefühl, dass Luther schon mit Hufen scharrt und sich deshalb so in Alice verbeißt. Ein sehr cleverer und aufmerksamer Typ, der aber auch viele heftige Probleme mit sich trägt. Der kein gesundes Ventil für seine Wut hat und es dann auch gerne zu weit treibt. Und genau das ist es, was Alice so an Luther interessiert. Sie ist eine herrliche Psychopathin, die gerne mit dem Leben von anderen spielt. Zusammen entwickeln sie eine schöne Moriarty / Sherlock Dynamik, die auch richtig Spaß macht. Folge Zwei dreht sich um einen gnadenlosen Polizisten Killer den Luther psychologisch fertig macht und dabei fast mit seinem Leben bezahlt. Der Killer der dritten Folge hat mich persönlich jetzt nicht so abgehoben. Dafür ist der Serienmörder in der vierten Folge mir wirklich unter die Haut gegangen. Gesetze gegen Vergewaltigungen in der Ehe wurden für solche Typen geschaffen. Der Psycho aus den USA in Folge fünf war dagegen eher langweilig. Aber die Geschichte mit Reed, dem Freund und Kollegen von Luther, hat dann richtig gezogen. Man spürt, wie er sich übernommen hat, bei etwas, das er normalerweise nicht machen würde. Etwas, das er sich höchstwahrscheinlich von Luther abgeschaut hat. Die Spirale der Paranoia ist toll dargestellt und findet immer weitere Tiefpunkte. Die letzte Folge ist auch sehr spannend gestaltet, mit verschiedenen Loyalitäten, Tricks und Kniffen. Vor allem die direkte Zusammenarbeit von Luther und Alice ist mir eine Wonne. Mit einem Finale, das sich wunderbar aufbaut und dann in binnen von Minuten komplett in sich zusammenstürzt. Der interne Ermittler Schenk verfolgt Luther über die Episode, um herauszufinden was es wirklich mit DCI John Luther auf sich hat. Natürlich macht er alles etwas schwerer für unseren Protagonisten, aber er ist macht seinen Job gut und gewissenhaft.
                                          Die Show ist auf jeden Fall mehr Edgy als ich es in Erinnerung hatte. Ich mag das düstere Gefühl der Welt, welches Luther immer zu Extrem treibt und Alice als ständige Begleiterin des Chaos ist ebenfalls großartig. Aber ein paar Episoden könnte genauso gut auch eine Edgy Tatort-Episode sein.

                                          Staffel 2 (8)
                                          Luther ist wie auch schon in der ersten Staffel am Rande des Suizid, weswegen er sich auch so rücksichtslos verhält. Die Fälle sind richtig gut gemacht und werden mit der Geschichte um Jenny und die komischen Menschenhändler zugespitzt.
                                          Die zweite Staffel startet stark. Schenk ist wieder dabei, aber in einer neuen Rolle und Luther findet sich schnell mit den neuen Dynamiken zurecht. Cameron aka Spring Heeled Jack ist der Killer, der mir am stärksten im Gedächtnis geblieben ist. Es ist wirklich verstörend wie Wild und Rücksichtslos er tötet. Aber auch die demaskierung und zerstückelung seiner Psyche durch Luther und später auch Alice ist großartig. Er hat ein herrlich fragiles Ego und eine Philosophie eines Edgy Teenagers. Der das Konzept der Banalität des Bösen nicht verstanden hat und wirres Zeug vor sich hin labert, von einer zu sauberen Welt. Besonders ironisch ist das mit dem Subplot um Jenny, der teilweise extrem düster ist. Ripley hat sich auch wunderbar in diesen Folgen entwickelt als Gegenpol zu Cameron (dem Killer). Der sich immer weiter selbst sabotiert, je länger man mit ihm redet. Sag halt, dass die Maske ein Symbol der unberechenbaren Angst sein soll, ähnlich wie die Geschichten, die ihn inspiriert haben. Es ist einfacher, ist eine ehrliche Antwort, demaskiert ihn aber auch, dass hinter all den Gedanken, die er sich gemacht hat, nichts Handfestes steckt. Und dann das großartige Finale des Falls mit einem Bus voller entführter Kinder, die großartig von Luther und Ripley clever entschärft wird. Ein wirklich toller und durchweg spannender Thriller, bei dem man leider am Ende fürs erste Auf Wiedersehen zu Alice sagen muss.
                                          Der zweite Fall ist auch ziemlich stark. Die würfelnden Zwillinge sind ein wunderbarer Ausdruck von anarchischer Zerstörungswut mit unbekanntem System. Sie sind auch inszenatorisch toll gemacht, mit viel Stille, durchtränkter Atmosphäre. Es fühlt sich tatsächlich so an, als ob jemand bei der GTA oder Hitman Lobby falsch abgebogen ist. Aber es funktioniert! Ich mag auch die Frustration von Luther über das Spiel, weil es einfach so unlogisch ist. Und die Szene mit dem Bombengürtel ist auch richtig spannend, mit einem fulminanten Finale, das sich richtig schön erarbeitet fühlt.

                                          Staffel 3 (7)
                                          Die dritte Staffel baut leider wieder etwas ab. Vor allem der übergreifende Fall, bei dem neue interne Ermittler alles daran setzen, Luther festzunageln, zerrt sehr an dem Pacing der Folgen. Es wird auch noch schlimmer, wenn einiges davon bis zum Ende nicht geklärt wird. Extra frustrierend wird es dadurch, dass Luther, der extrem viel Schindluder in den ersten zwei Staffeln getrieben hat, plötzlich relativ zahm ist. Natürlich schlägt er gerne mal über die Stränge, aber nicht so krass, dass es dem Druck der internen Ermittlung angemessen wäre. Wie sie auch persönlicher werden und dann selbst Charaktere wie Ripley darunter leiden, ist einfach nervig.
                                          Es gibt wieder zwei große Fälle im Verlauf der Staffel. Der erste Fall dreht sich um einen Copycat Killer, den man einfach nicht dingfest machen kann. Was mir hier aufgefallen ist, war die sonderbare Inszenierung von ihm, der immer mal wieder mit trauriger Musik unterlegt war. Es ergibt mehr Sinn, wenn sich der Fall in der zweiten Folge entfaltet. Die Dynamik und die Geschichte dahinter ist interessant, aber so wirklich gut erzählt ist es leider nicht. Vor allem mit dem Ende, das dann doch sehr abrupt kommt. Man hätte sich gerne noch mehr Zeit nehmen können, davon das er in die Privaten Räume eindringt und die Bewohner auf so eine Art und Weise auf die Pelle rückt, das es einen wahnsinnig macht.
                                          In den nächsten Folgen geht es um einen Vigilante, der sich vom System vergessenen Menschen annimmt und seine eigene Art von Gerechtigkeit zur Schau stellen möchte. Die Dynamik in der ersten Folge ist ziemlich gut, vor allem weil auch der Rückhalt aus der Bevölkerung kam. Nach dem spannenden Ende der ersten Episode geht es etwas anders weiter. Der Vigilante ist jetzt gebrandmarkt und beginnt ähnlich wie Reed in der ersten Staffel, Wild durch die Gegend zu morden, um Luther dann die Schuld zu geben. Es ist toll, dass Alice wieder da ist und er bloßgestellt wird. Mit einem brutalen und spannenden Ende, das endlich reinen Tisch macht und Luther mit Alice eine Chance bietet.

                                          Staffel 4 (5.5)
                                          Die vierte Staffel ist mehr wie ein Fernsehfilm aufgebaut, mit zwei Folgen die direkt ineinander greifen. Ich mochte die erste Szene, mit Luther und Ripley am Abgrund das ihn dann auch einsam an einer Klippe zurück lässt. Er wird auch erst wieder nach London gezogen, als ihn die Hiobsbotschaft von Alice erreicht. Und hier beginnt für mich der Absturz von Luther. Hier wird auch das, was ich vorhin beschrieben habe, schon fast ad absurdum getrieben. Würde sich der Fall nur um Alice und den neuen Bösewicht Cornelius drehen, hätte das gut funktionieren können. Aber der obligatorische "Serienkiller Fall” war wirklich unnötig. Vor allem, weil sie die eher raue und nicht allzu explizite Gewaltdarstellung der ersten Staffeln durch ästhetische Gewalt ersetzt. So bekommt man Tatorte und Morde zu sehen, die eher an Hannibal erinnern. Das schafft auch für die Glaubhaftigkeit eine Diskrepanz. Und so werden Aspekte, die Luther immer toll gemacht hat, plötzlich irgendwie langweilig. Mit einem Killer und Morden, die man einfach nicht ernst nehmen kann. Es kommt halt auch noch dazu, dass der Killer sich nicht wirklich frisch anfühlt. Eine Fusion aus den drei Killern aus Staffel zwei. Das, und dass Luther sich gerade sehr viel lieber mit Alice beschäftigen möchte, führt dazu, dass der Nebenplot irgendwie vor sich hindümpelt, mit immer größeren Leichenbergen. Und dazwischen hat man noch ein falsches Medium, das Luther auf noch eine andere Fährte führt. Es kommt am Ende irgendwie schon zusammen, aber zufriedenstellend ist was anderes.

                                          Staffel 5 (4.5)
                                          Der Wandel des düsteren und geerdeten Luther zu einem flachen Superhelden ohne Ecke und Kanten hat sich ja in Staffel 4 schon angekündigt. Jetzt, in der fünften Staffel, ist es leider zur nervigen Realität geworden. Die Staffel besteht aus vier Folgen, bearbeitet dabei aber nur zwei Fälle. Und obwohl man denken sollte, dass fast vier Stunden reichen sollten, zwei Geschichten gut erzählen zu können, ist das leider nicht der Fall.
                                          Die eine Geschichte dreht sich um Alice, die plötzlich wieder auf der Bildfläche erscheint und einen Racheplan an Cornelius durchführen möchte. Der andere Fall handelt abermals um einen Psycho-Serienmörder. Und waren gerade die Gegenspieler das Highlight der ersten Staffeln, ist den Autoren offensichtlich die Puste ausgegangen. Das Killer-Paar ist eine Amalgamation von schon vorherigen Killern, ohne dabei eine eigene Identität zu finden. Aber schlimmer wird es noch dadurch, dass Luther (wie in Staffel 4) eigentlich gar keine Zeit für den Fall hat. Der Fokus, der von der Geschichte verlangt wird, liegt auf Alice und Cornelius. Es ist wie das Spongebob-Meme, bei dem das Publikum jubelt, wenn er seine dürre Hand hinter dem Vorhang vorhält und komplette Stille einsetzt, wenn Thaddäus seine Tentakel ausstreckt. Auch wenn sie versuchen, das ganze interessant zu gestalten, ist sie so enorm vom Rest der Geschichte getrennt, dass sich jede Sekunde mit diesem Fall verschwendet anfühlt. Als fader Aufguss und, weiter verwässert durch die extrem stilisierte Gewalt, entsteht eine Diskrepanz zwischen dem, was die Killer sein wollten und wie es im Endeffekt bei mir ankam. Es hat auch nicht geholfen, dass die Dynamik der Killer auch sehr undurchsichtig war. Das fängt schon an, mit einer Jagd nach einem roten Hering, der fast eine ganze Stunde braucht, nur um dann irrelevant zu sein. Aber auch die andere Geschichte war in der ersten Stunde so vage, dass man sich einfach nur die Zeit zurück wünschte. Das geht dann über eine arrogante Psychologin und ihr mordender Mann, die zusammen ein System um seine Gelüste aufgebaut haben. Ein Gerüst, das durch einen Tumor ins Wanken gebracht wird. An sich interessant, aber es wäre gut gewesen, mehr davon zu erfahren. Man hat quasi keine Ahnung, wie die beiden vor diesem Fall waren. Was war Normalität? Was waren vielleicht gewisse Ausbrüche oder Taten, die sie zusammengeschweißt haben? Es hilft auch nicht, dass die Psychologin einfach ein extrem nervender Charakter ist, die man einfach nicht ernst nehmen kann. Sie wirkte die ganze Zeit schon etwas off, aber wenn sie sich dann irgendwelche Arroganz anmutet, wenn die anderen alle Karten in der Hand haben, ist es einfach jämmerlich. Auch dass ihr Mann so tiefe Geheimnisse vor ihr hatte, macht sie als Charakter eigentlich überflüssig. Und all das mündet in ein Finale, welches das eh schon angeknackste Ansehen von Luther weiter in den Dreck zieht. An sich ist das Mörderhaus ne gute Idee. Auch die Maske ist visuell klasse. Aber es wird halt kaum aufgebaut oder erörtert. Und das hätte nicht so sein müssen. Luther hat eh kaum Zeit in den Fall reingesteckt. Da wäre es doch viel effektiver gewesen, wenn der Fall wirklich nur so nebenher vorangeht und Luther keine Zeit dafür findet. Dass er zurückgekommen ist, um den Menschen zu helfen und nun genau das Gegenteil zu machen. Da hätte das Mörderhaus auch richtig gut ziehen können, wenn Luther es nach all der Abwesenheit betritt und merkt, wie sehr er vom Pfad abgekommen ist. Aber nein… Auch die Art und Weise, wie der Killer ausgeschaltet wird, ist so antiklimaktisch wie der Fall an sich. Immerhin mochte ich DS Halliday die den Fall quasi im Alleingang gelöst hat.
                                          Der Star dieser Staffel ist aber eindeutig Alice, die mich nach der ersten Stunde aus dem Schlaf gerissen hat. Und auch wenn sich vieles innerhalb der Show zum schlechten gewandelt hat, ist Alice sich tatsächlich treu geblieben. Die ihre eigene Gerechtigkeit sucht und dabei gerne über die Stränge schlägt. Der Konflikt zwischen Luther und Alice ist einer der wenigen guten Aspekte der Staffel. Es würde auch besser funktionieren, wenn Luther Alice ernst nehmen würde. Aber das passt nicht zu dem flachen Superhelden, zu dem er sich entwickelt hat. Der die gemütliche Elektro-Schockzeit seiner Folter nutzt um Schrauben herauszudrehen um ein lockeren Spruch loszulassen. Ich verstehe wie er einen Kompromiss zwischen Alice und Cornelius schaffen möchte, aber irgendwann muss es doch auch mal in sein dicken Schädel gehen, das hier zwei ‘Nothing to lose, everything to prove’ Persönlichkeiten sich gegenseitig auseinander nehmen. Es hätte niemals so weit kommen müssen, wenn Luther einfach bescheid gesagt hätte, wer und was Alice ist. Das wird auch richtig schön erörtert, in einem introspektiven Gespräch an einem alten Tatort, der klar macht, wie und was Alice ticken lässt. Von Fantasien, die dann irgendwann zur erlösenden Realität werden, bis der Zahn der Zeit dann die Erinnerung immer weiter verblassen lässt. Bei der die Perfektion des Handwerks ihr klar gemacht hat, dass ihre (ich nennen es mal) Kunst niemals vollendet sein wird und nur das nach vorne Schreiten hilft. Deswegen möchte sie auch, dass sich Luther endlich entscheidet, nachdem sein Verschwinden nichts gebracht hat. Aber nein, Luther hört gar nicht zu und macht einfach das, was er für das beste hält. Dieses Pussyfooting wird wird irgendwann ziemlich nervig, bis Alice dann endlich ein Schlussstrich unter den scheinfrieden zieht. Mit einer Situation, die vollkommen aus dem Ruder gerät und sogar die engsten Freunde von Luther abermals in Gefahr bringen. Ich verstehe nicht, wie Luther nach alldem immer noch an der scheiternden Strategie festhält. Und das ist eine Sache, aber dann bekomm doch einfach dein Maul auf! Alice sagt wirklich immer die Wahrheit zu Luther und wenn sie nochmal mit Nachdruck klar stellt, dass es um Leben und Tod geht, gibt Luther ihr nur dröge Plattitüden. Hätte er einfach gesagt, was sein Plan war, der ja auch zum großen Teil aufgegangen ist, dann wäre Alice vielleicht nicht glücklich gewesen, aber so einige Menschen wären heute noch am Leben (darunter auch die frische DI, deren Tod mich wirklich kalt erwischt hat). Und dann der letzte Showdown, bei dem Alice lieber den Freitod wählt, als noch eine Sekunde länger in derselben Welt wie dieser Verräter zu verweilen. Und es ist so frustrierend, dass es bis zum Schluss nicht in seinen Schädel geht und er sich auch kaum entwickelt. Auch die Reue, die gezeigt wird, kauft man dem kantenlosen Charakter nicht mehr ab. Man hätte das ganze auch besser erzählen können: Von einem gebrochenen Held, der denkt, er müsste alles wieder gerade biegen und deswegen sich und alle um ihn herum in eine brutale Spirale ziehen. Wenn am Ende klar gemacht wird, dass er gescheitert ist. Dass er zurecht ins Gefängnis kommt. All das, was er davor gemacht hat, auch wenn es am Rande des Wahnsinns war, doch sich irgendwie noch in Wohlgefallen aufgelöst hat. Hier aber nicht. Er hat es zu weit getrieben, aktiv alle in Gefahr gebracht, und nicht mal wirklich beim Lösen des Falles dabei.
                                          Was für ein trauriges Ende für die Serie. Alles, was sie so großartig gemacht hat, ist hier nur noch der Schatten seiner selbst. Und auch wenn ich Alice sehr genossen habe, vor allem mit einem tieferen Einblick in ihr Denken und Verhalten, macht das diese mittelmäßig erzählte und viel zu lange Geschichte leider nicht wett.

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                                          • 3 .5

                                            Nachdem ich Casino Royale im Kino verpasst habe, wollte ich den gleichen Fehler nicht wiederholen und war gespannt auf ‘Quantum of Solace’ auf der großen Leinwand. Aber meine Vorfreude ist binnen Minuten in pure Frustration umschlagen. Jetzt, bei der Bond Retrospektive, war ich gespannt, ob der Film mich immer noch so nerven wird, oder ob es mit dem Kontext der anderen Filme besser ist. Aber es hat auch wieder nur zwei Minuten gedauert, bis ich genau wusste, warum ich diesen Film hasse.
                                            Mit so einer langen Filmgeschichte, mit vielen Bangern und Nieten, ist es wahnsinnig das ein Film einen noch auf so eine Art und Weise überraschen kann. Die Kamera und der Schnitt sind absolut furchtbar! Man kann kaum erkennen, was gerade passiert. Viel zu nah und viel zu viele Schnitte. Wenn man so eine Actionszene in z.B. ‘28 Days Later’ hat, macht das Sinn. Der Protagonist ist kein Profi und genau so müssen sich die Angriffe anfühlen. Aber hier hat man Bond, einen absoluten Profi, der auch in den härtesten Situationen einen kühlen Kopf bewahrt. Da ergibt es keinen Sinn, die Action so wild zu inszenieren. Aber auch sonst ist die Inszenierung vor allem im Schnitt furchtbar. Wie haben sie das gefilmt? Eine Szene mehrmals gedreht mit fünf verschiedenen Kameraleuten, die irgendwo hinstarren? Es gibt einfache Filmregeln, wie zum Beispiel die 180° Regel, die dabei einfach komplett missachtet werden. Das führt dazu, dass das Hirn bei den Actionszenen einfach abschaltet. Man hat keine Ahnung, was passiert, wer gerade was macht und was als nächstes passieren wird, deswegen wartet man einfach ab, bis das Ergebnis klar ist. Besonders tragisch finde ich, dass dadurch die wirkliche gute Arbeit von so vielen talentierten Menschen komplett zunichte gemacht wird. Nehmen wir die Seiltanz-Szene mit dem Gerüst, die auf dem Papier richtig toll sein könnte. Davon wie sie wild umher schwingen und Bond auch mal schnell tödlichen Glassplittern ausweichen muss. Es war sicherlich extrem viel Arbeit das Set aufzubauen, die Stunts zu koordinieren und dann endlich zu filmen. Aber all das kommt überhaupt nicht zur geltung weil man nicht weiß was gerade abgeht. Wenn eine Actionszene mal akzeptabel ist, dann ist sie von anderen Filmen geklaut, wie der kurze Faust-Austausch mit dem spitzen Ende in Bonds Hotelzimmer.
                                            Aber auch außerhalb der Action macht die Kamera so viel des Filmes kaputt. Das Framing ist furchtbar und man merkt, dass dem Regisseur die Ästhetik so viel wichtiger ist, als alles andere. Wenn diese Ästhetik gut wäre, hätte man das vielleicht verzeihen können. Aber warum schneidet ihr immer den Kopf der Charaktere mit der Kamera ab? Bitte, einen Schritt zurück oder die Kamera etwas höher! Und das sind Probleme, die sich durch den ganzen Film ziehen, vor allem auch wenn es um Exposition geht. So hat der ganze Film ein sehr einengendes Gefühl, das durch die Actionszenen nur noch verstärkt wird. Hier wurde die Ästhetik des Filmes vor allem gestellt. Traurigerweise auch vor Kohärenz oder Qualität der Geschichte und Charaktere.
                                            Ich hab angenommen dass der Plot das größte Problem des Filme sein wird, da ja sehr bekannt ist das ‘Quantum of Solace’ mit einem kaum vollendeten Drehbuch gestartet ist und dank des Autoren-Streiks sich der Regisseur und Daniel Craig (um keine Regeln zu brechen) zu zweit sich am Drehbuch ausgelassen haben. Aber damit habe ich tatsächlich viel weniger Probleme als angenommen. Es wird eine düstere Seite aufgezogen, bei der die CIA und MI6 sich an politischen Intrigen mitmischen, die im Grunde entgegen aller Ideale sprechen. Auch das internationale Spiel der Machtverteilung ist überraschend gut gelungen. Der Plot an sich ist auch eine klassische Agenten-Schnitzeljagd, wovon ich kein großer Fan bin, vor allem wenn er teilweise zufällig nach vorne stolpert. Aber das Bond auch schon schlechter hinbekommen und irgendwie war ich schon unterhalten. Die Idee, dass diesmal Wasser als Druckmittel genutzt wird, finde ich ansich auch gut. Es spiegelt eine noch düstere Weltsicht wider, bei dem den Menschen die grundlegenden Dinge zum Leben erschwert werden. Natürlich sind Mikrochips, Öl oder Gold auch viel Wert, aber nicht so grundlegend wie Wasser. Ich hätte auf die platte Goldfinger anspielung verzichten können, und Bond hätte den verdurstenden Menschen auch gerne den Weg zu der Wasserquelle zeigen können, aber dafür ist er scheinbar zu cool.
                                            Aber trotz all den negativen Aspekten, bietet ‘Ein Quantum Trost’ auch etwas. Das Treffen von Quantum bei den Bregenzer Festspielen ist ikonisch! Auch wenn es ziemlich dumm von all den Quantum Mitgliedern direkt aufzustehen und zu zeigen wer man ist. Ich mochte auch DK Harbour, der seine Rolle als zwielichtiger Schreibtischtäter gut rübergebracht hat. Der Bösewicht war nicht herausragend, hatte aber die Unscheinbarkeit, Charm und Skrupellosigkeit, die man braucht, um solche politischen Intrigen zu spinnen. Und so dumm es auch ist, sich im einsamsten und explosivsten Hotel im Umkreis von hunderten Kilometern zu treffen, war es doch ganz nett. Und auch wenn ich die Geschichte um das Bond Girl etwas zu dick aufgetragen fand, hat es doch ein zufriedenes Finale gegeben, als sie ihn umgebracht hat und dann Bond sie buchstäblich aus ihrem PTBS herauszieht.
                                            ‘Ein Quantum Trost’ war damals im Kino eine Qual, und auch zuhause vor dem Fernseher nicht besser. Ein Film, der unter widrigen Umständen entstanden ist, aber keine der Kernprobleme auf diese verweisen kann. Der Film wird für mich immer DAS Paradebeispiel sein, wenn es darum geht, wie man Action nicht inszenieren sollte. Wenn er handwerklich ordentlich wäre, wäre der Film aber leider auch nur mittelmäßig. Aber durch die wirklich katastrophale Machart, die sich auch auf die Narrative ausweitet, fällt der Film komplett durch. Weniger schlimmer als erinnert, aber trotz kürzerer Laufzeit eine Tortur.

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                                            • 7 .5

                                              Casino Royale ist für einige DER James Bond Film. Deswegen war ich als damaliger Bond Muffel mit großen Erwartungen an den Film gegangen, der mich aber auch nach mehrmaligem Anschauen eher kalt gelassen hat. Aber ganz ehrlich, nachdem ich alle anderen Bond Filme bis dahin gesehen habe, war ich sehr gespannt, wie dieser im Vergleich abschneiden wird. Und es hat wirklich geholfen. Denn jetzt verstehe ich endlich, warum dieser Film so beliebt ist, auch wenn die Kritikpunkte, die ich davor immer mitgenommen habe, leider auch noch ein fester Bestandteil des Filmes sind.
                                              Seit den ersten Filmen spucken die Produzenten der Bond Filme immer wieder große Töne, das es jetzt ganz anders wird, vor allem bei einem Bond Wechsel. Und war Lazenby schon anders als die Moore Filme, ist der Bruch von der Brosnan- und Craig-Ära ein radikaler. Der überraschend Schwarz-Weißer Anfang legt gleich ein großartiges Fundament. Die Kamera wird viel kreativer genutzt und macht endlich mehr als nur die Dinge zu zeigen. Es greift der Narrative und somit auch der Atmosphäre kräftig unter die Arme. Mit einer Actionszene in der Rückblende zeigen sie auch gleich wie brutal und gnadenlos Bond ist. In schnellen, aber präzisen Schnitten kommt das Gefühl sofort rüber und lässt das Blut schneller pumpen. Und bevor der Bösewicht überhaupt anfangen kann zu monologisieren, zieht dieser Bond einen flotten Schlussstrich, der direkt in den klassischen Gun Barrel Shot übergeht. Was für ein Anfang und was für eine tolle Inszenierung des neuen James Bond!
                                              Nach einem klasse Introsong geht es in Farbe stark weiter. Mit einem Bösewicht, der den Bürgerkrieg fördert und sich gleichzeitig daran bereichert. Richtiger Abschaum, der wirklich toll von Mads Mikkelsen gespielt wird. Allein sein Aussehen und Aura wären genug für einen Bösewicht, aber mit seinem strikten Style, den blutigen Tränen, die immer wieder über seine Wange laufen und seinem treuen Inhalator wird das ganze noch gesteigert. Er ist skrupellos und berechnend, der seine coole Fassade zur Schau stellt, aber dann bei den Schuldeneintreibern zusammenknickt wie ein Junkie. Und im Grunde ist er ein Junkie. Du kannst so viel Mathe im Glücksspiel anwenden wie man möchte, doch am Ende ist es doch ein Glücksspiel, und das ist ihm leider nicht immer hold. Ich mag auch sehr die Gegenüberstellung von Bond und ihm. Wenn Le Chiffre Poker spielt, ist sein Vorgehen sehr kalkulierend und ordentlich. Alleine, wie theatralisch er immer seine Chips einsetzt, ist das genau das Gegenteil von Bond, der diese einfach auf den Tisch wirft.
                                              Der Bösewicht passt auch sehr gut zu diesen Rookie-Bond, der gerade erst seinen 00 Status verdient hat und damit schon viel Schindluder treibt. Er ist jung, clever und getrieben. Und gerade zum Anfang eine unbeugsame Maschine! Ein Terminator, der vor nichts halt macht. Natürlich bringen alle Bonds auch mal Zivilisten in Gefahr, aber das ist hier auf einem ganz anderen Niveau. Schön Illustriert von der flotten und intensiven Actionszene in Afrika. Von einem Tierkampf, durch eine Baustelle, auf den Kranen, geht es direkt über fantastische Parkour-Szenen zu einer heiklen Situation in einer Botschaft. Gerade bei der Verfolgungsjagd wird nochmal klar gemacht, dass dieser Bond ein anderer ist. Während der Bombenbastler sich elegant durch kleine Öffnungen gleiten lässt, rennt Bond einfach durch die Wand. Was für ein getriebener und wahnsinniger Typ, der wirklich vor nichts halt macht, um das zu bekommen, was er will. Bond bekommt dabei richtig von M auf den Deckel, eine Dynamik die schon immer so war, hier aber eine andere Ernsthaftigkeit hat. Ich mag auch den cleveren Schlagabtausch zwischen den beiden, bei dem dieser gnadenloser Typ auch seinen Charm spielen lassen kann. Was er dann abermals mit der Freundin von Dimitrios zeigt, die er erst umgarnt und dann mit Champagner zurück lässt. Ein kurzer und intensiver Abstecher in Körperwelten mündet dann in einer weiteren wilden Action-Szene am Flughafen, die sich ständig steigert, mit einem Assassin, der genauso gnadenlos wie Bond ist. Überraschend spät stößt die dritte Hauptakteurin hinzu: Vesper Lynd. Als Agentin des Finanzministeriums, steht sie Bond für sein Poker Plan zur Seite. Und sie gehört auf jeden Fall zu den besseren Bond Girls. Sie ist nicht einfach nur eine Kerbe in Bonds Bettrahmen, sondern bietet ihm die Stirn. Die Dynamik zwischen den beiden ist wirklich charmant. Diesen dreht Bond in der Zugszene auch nochmal extra auf, mit einem tollen Gespräch, das nicht nur auf spielerische Art und Weise Exposition an den Zuschauer bringt, sondern die Dynamik zwischen den Beiden ertastet und erörtert.
                                              Der nächste Teil des Filmes frisst viel Zeit. Ich erinnere mich auch, dass mir das ganze Pokerspiel einfach viel zu lange ging, aber beim jetzigen Anschauen ging es tatsächlich. Die Szenen sind spannend aufgebaut und schön vielschichtig erzählt. Und dazwischen gibt es auch Ablenkung: Spielchen von Bond, zwei Warlords, Höhen und Tiefen und eine kleine Vergiftung Aktion. Gerade die zwei Warlords wurden in einer großartigen Kampfszene ausgeschaltet und Vesper komplett verstört zurückgelassen. Hier sieht man auch eine Seite von Bond, die ich bis jetzt noch gar nicht gesehen habe. Die Szene, wie sie zerstört in der Dusche sitzt und sich zu ihr gesellt und das Gefühl des klebrigen Blutes von den Fingern löst, ist wirklich zärtlich gemacht. Auch die Vergiftungsszene ist eindeutig dafür da, um das Pacing etwas aufzulockern, aber es funktioniert auch. Mit dem panischen Tech Support der sein Bestes tut und Vesper, die in letzter Minute zur Rettung kommt.
                                              Nach dem Sieg über Le Chiffre nimmt der Film für mich sonderbare Züge an. Die Entführung von Vesper ist brutal abrupt und suckerpunched den Zuschauer und Bond, der gerade noch so ausweichen kann. Zu einer Folterszene, die echt nochmal was anderes ist als gebunden auf einem Tisch zu liegen und den Laser langsam näher kommen sieht. Die dann auch so abrupt endet und in einen Fiebertraum mündet. Ich war mir echt nicht sicher, was gerade los ist. Er ist in irgendeiner Klinik, gerade wieder aufgewacht, redet über Mathis und schon kommen zwei Gestalten und nehmen ihn mit. Augen zu und wieder auf, und plötzlich ist Vesper, die von Bond angetan war, aber auch ganz klaren Abstand gehalten hat, plötzlich super Horny auf ihn. Es wirkt alles so surreal! Auch die Bildsprache und Musik ist plötzlich so voller Pathos und Schmalz. Ich habe echt ne Weile gebraucht, um zu merken, dass es KEINE Halluzination ist, sondern wirklich passiert. Meine Frau ging es dabei genau so. Nachdem er stilsicher mit einer Mail gekündigt hat, beginnt der letzte Ark der Geschichte. Hat man davor Vesper noch vertraut, war mir diese neue sofort suspekt, was dann in einer starken Actionszenen mündet: mit Faustkämpfen, Explosionen und einem Nagelgewehr, bei dem ein ganzes Haus im Canale Grande versinkt. Bei dem neue Akteure auftauchen, die über Le Chiffre stehen, inklusive einer Anspielung an Nummer Zwei, mit dem modernen Pendant einer Augenklappe. Dabei steckt Vesper in einem Aufzug fest, der sich dann ins kalte Nass abtaucht. Eine wirklich eindringliche und verstörende Szene, die Bond auf immer verändern wird. Mit einer kleinen aber feinen Szene, bei dem Bond auf Mr. White trifft und mit seiner ikonischen Begrüßungsfloskel einen eleganten Schlussstrich zieht.
                                              Casino Royale ist ein guter Film, da gibt es nichts dran zu rütteln. Er erhebt das Franchise auch auf eine neue Ebene: Mit tollen Schauspielerischen Leistungen, einem guten Drehbuch und toller Direktion, Kamera und Schnitt. Ich liebe auch, dass der Film, wie schon damals die ersten Bond Filme, vor Farben und interessanten Szenarien nur so strotzt. Aber ich verstehe auch, warum mir der Film damals nicht so gefallen hat. Der Fall hätte etwas spannender gestaltet sein können. Die erste Stunde ist eigentlich nichts mehr als eine Schnitzeljagd. Diese geht dann über in eine Menge Poker, mit ein paar Actionszenen, um das ganze aufzulockern, welches in einem Fiebertraum mündet, der eigentlich kein Fiebertraum sein möchte. Und obwohl eigentlich alles richtig gut ist, muss man sagen, dass sich das Pacing doch irgendwann etwas zieht. Aber selbst das ist hier jammern auf hohem Niveau. Casino Royale wird es auch diesmal nicht schaffen, 'Skyfall' vom Thron zu stoßen, aber endlich verstehe ich den Hype darum und kann das Werk auch als solches genießen.

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                                              • 6 .5

                                                ‘Die Another Day’ ist der letzte Pierce Brosnan Bond und er schmeißt dabei alle Karten auf den Tisch. Sie versuchen nicht mal eine geerdete Geschichte zu erzählen, sondern drehen alles gleich auf 180. Angefangen mit einer ulkigen Verfolgungsjagd, geht es alsbald um eine schmerzhafte DNA-Umwandlung bis hin zum gigantischen Weltraum Laser. Mit starken SciFi-Einflüssen, auf deren Niveau man zuletzt bei Moonraker gesehen hat. Und was soll ich sagen? Ich hatte richtig Spaß dabei. Lieber geradliniger Wahnsinn, als das, was die letzten zwei Filme versucht haben.
                                                Ein Waffendeal mit einem nordkoreanischen Queerschläger soll von Bond gesprengt werden und das ist natürlich nicht das einzige, das dabei in die Luft fliegt. Und das erste Mal seit Tracys Tod in ‘On Her Majesty's Secret Service’ muss Bond tatsächlich Konsequenzen ertragen. 14 Monate lang wird er gefoltert, während Madonna irgendwelches Zeug in das Mikrofon kreischt. Protokoll besagt, dass man ihn eigentlich nicht retten sollte, aber nachdem bei MI6 ein Leck gefunden wurde, muss geprüft werden, ob Bond noch vertrauenswürdig ist. Ein Verrat, den er nicht ertragen kann und einfach mal sein Herz zum stoppen bringt, um dann auf eigene Faust zu ermitteln. So gefällt mir Bond am besten. Es ist nochmal was anderes, wenn er aus eigenem Antrieb voranschreitet. Und das hat oftmals auch den Vorteil, dass die Narrative geradliniger und straffer erzählt wird. Und genau so ist es auch hier! Die Geschichte wirkt im ersten Moment etwas zu chaotisch, aber im Grunde werden alle Konflikte auf den Kern heruntergebrochen. Er möchte herausfinden, wer der Maulwurf im System ist, und sich gleichzeitig an Zao rächen. Dabei trifft er auf die mysteriöse Jinx, die großartig und ikonisch von Halle Berry verkörpert wird. Und der schrullige Milliardär Graves, der in die ganze Geschichte verwickelt ist. Die Dynamik zwischen den beiden macht richtig Spaß. Vor allem bei dem Fechtkampf, der wirklich toll inszeniert ist: Angefangen mit Rüstung und Degen, endet die Szene in Unsummen von Sachschaden.
                                                Ich mag Colon Moon, der eigentlich die Brücke zwischen Westen und Osten schließen sollte, aber vom Kapitalismus dekadent verzogen wurde. Der sich ein Wut-Therapeut holt, um an sich zu arbeiten, nur um ihn am Ende in einen Boxsack zu packen, dass er zumindest irgendwie seine Wut loswerden kann. Der sich durch den Krieg und eine Reihe an Sportwagen profilieren möchte. Daneben seine rechte Hand Zao, ein sau cooler Typ: Kaltblütig und effektiv. Der Eindruck wird nur noch verstärkt mit Glatze, zwei blendenden Augen und Diamantsplitter, die sein Gesicht zieren. Graves hat auch richtig Spaß gemacht, mit seiner arroganten und sehr kurz angebundenen Art und Weise. Auch wenn der Twist natürlich etwas viel ist, klappt es doch irgendwie. Wer diesen Film zu ernst nimmt, sucht nach etwas, das nicht da ist. Man muss sein Hirn auch bei den Actionszenen etwas abschalten, aber dann hat man ne gute Zeit. Von den schon angesprochenen Intro-Sequenze, zu einer Flucht mit einem Dragster Bob, der trotz der wahnsinnigen Geschwindigkeit nur knapp dem Weltraum Laser entkommen kann. Allein dieser gefällt mir richtig gut! Es ist das erste Terraforming Werkzeug, das in einem Bond genutzt wird (mit Ausnahme von Atombomben natürlich). Der Laser, auch wenn er rechtzeitig gestoppt hat, löst eine gigantische Tsunami aus, die von Bond mit Surfboard und Fallschirm genommen wird. Mit CGI, das so schlecht ist, dass es schon fast wieder gut wird. Die Verfolgungsjagd durch den Eispalast und später mit den zwei Jungs, die einfach ihr Spielzeug austesten wollen, ist großartig. Die überzogenen Gadgets werden ganz nett genutzt, auch wenn die Tarnung gerne etwas robuster laufen könnte. Rosamund Pike muss auch noch erwähnt werden, die ihre Rolle als Sonderling sehr gut gespielt hat.
                                                Aber manchmal wird der Bogen auch überspannt. Ich hätte gerne komplett auf Madonna verzichten können. Die Geschichte mit dem DNA Austausch war mir etwas viel. Genauso auch der Roboteranzug von Graves. Aber das ist nicht so schlimm, da der Rest des Filmes, so überdreht es auch ist, tatsächlich sehr gut funktioniert. Mit toller Architektur und einem Soundtrack, der die Bond Themes nutzt wie kein anderer.

                                                • 4

                                                  ‘The World is Not Enough’ ist der dritte Pierce Brosnan Film, der das Bond Familienmotto als Titel nimmt und dabei eine Geschichte um eine reiche Erbin, eine Ölpipeline und ein Bösewicht der durch eine Kugel im Kopf superkräfte erlangt hat. Der Film hat ähnliche Probleme wie ‘Tomorrow Never Dies’, diesmal aber leider mit weniger guten Aspekten, die von negativen Faktoren überschattet werden. Das soll nicht heißen, dass der Film schlecht ist, aber ich weiß nicht, ob ich ihn beim nächsten Mal nicht einfach überspringen werde.
                                                  Der erste Konflikt war etwas verwirrend, aber die Verfolgungsjagd machte richtig Spaß. Schön mal eine Verfolgungsjagd auf der Themse zu haben. Vor allem wenn die Gegenspielerin ein GTA Endgame Protagonisten Waffenarsenal hat. Bei dem Bond so viel mehr aus dem Hightech Boot heraus, als ich es für möglich gehalten hätte. Mit einem abhebenden Finale, das alsbald in Flammen aufgeht. Aber das ist leider schon eines der großen Highlights. Es gibt auch eine obligatorische Ski-Szene, die nur im Plot ist, weil Bond und Elektra Lust haben, Ski zu fahren. Eine lustige Fahrt durch eine Pipeline, ein Kettensägen Helikopter, eine unangenehme Folterszene und ein letzter Kampf in einem stürzenden U-Boot. Aber leider bleiben die meisten der Szenen unter ihrem Potential, was vor allem an der mittelmäßigen Kamera liegt.
                                                  Die Geschichte und die Charaktere sind leider auch eher enttäuschend. Konzeptuell funktioniert es, mit der verstörten jungen Dame mit tieferen Intentionen, dem Anarchisten, der den kurzen Rest seines Lebens für eine Sache verschrieben hat. Aber all die Aspekte gehen nicht wirklich auf. Vor allem die Kugel im Kopf und die dazugehörigen Superkräfte kann man getrost ignorieren. Einzig das Spiel um ‘Wer hat jetzt Stockholmsyndrom?’ und die Entführung von M fand ich packend. Es hilft auch nicht, dass die Geschichte nichts weiter als ein fader Aufguss von ‘A View To Kill’ ist. Nur mit Öl anstatt Mikrochips. Bond wird dabei leider auch sehr an der Nase herumgeführt. “How sad to be threatened by a man who can't grasp what he's involved in”, trifft hier schon ins Schwarze.
                                                  Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ich gar keinen Spaß mit dem Film hatte. Aber der Plot und die Szenen sind alle so dröge, dass man den Film sehr schnell vergessen wird.

                                                  • 5 .5

                                                    ‘Tomorrow Never Dies’ möchte an den Erfolg von GoldenEye anknüpfen. Der Plot wird politischer, die Gadgets einfallsreicher. Mit spektakulären Actionszenen, eingebettet in einen Film, der gerade als Thriller nicht besonders gut funktioniert.
                                                    Nach einem starken Einstieg geht es mit großen Ambitionen weiter. Von einem potentiellen Krieg zwischen China und dem Vereinigten Königreich, die seit der Rückgabe von Hongkong ein angespanntes Verhältnis haben. Und dazwischen der Bösewicht: Elliot Carver. Ein ganz anderer Typ Bösewicht, wie man ihn sonst kennt. Der sich nicht bedeckt oder versteckt hält, sondern sich abfeiert, und überall, wo er seine Finger im Spiel hat, auch sein Gesicht draufgeklatscht. Und an sich finde ich ihn auch interessant. Er ist der erste Bösewicht im Informationszeitalter. Der Obsessiv daran arbeitet, ein Monopol aufzubauen, welches den ganzen Globus bedeckt. Ein iPad Kind, bevor es diesen Begriff überhaupt gab. “Words are the new weapons, satellites the new artillery” ist schon ein ausgezeichnetes Konzept. Aber ich wünschte mir, dass sie dabei etwas weiter gegangen wären. Dass es nicht nur um ein Monopol geht, sondern darum, Weltweit seine Narrative zu verbreiten und somit (wie man schon in diesem Film sieht) Geschichte zu schreiben. Jonathan Pryce spielt die Rolle gut, aber so wirklich erinnerungswürdig ist er leider nicht. Dasselbe gilt für Stamper, der passend für die Rolle gecastet wurde, aber sich leider auch nicht auszeichnet. Und das ist das größte Problem des Filmes. Die Geschichte ist einfach nicht sehr spannend erzählt, auch wenn es auf dem Papier so aussieht. Eine dritte Schattenpartei, welche die Riesen gegenseitig aufstachelt, ist eine gute Idee, wirft aber nie wirklich Früchte.
                                                    Aber das Hauptaugenmerk des Filmes wird schon in der Intro-Sequenz klar gemacht: Mit einem Waffenbasar, einer Zusammenarbeit mit den Amerikanern, die scheinbar einen sehr lockeren Zeigefinger haben. Wo aus einer einfachen Späh Mission ein blutloses Massaker wird, um nicht zufällig alles im weiten Umkreis Atomar zu verseuchen. Eine wirklich sehr unterhaltsame Sequenz, wovon es noch einige im Film gibt. Von einem Kampf in einem schallisolierten Zimmer, wo klanglos Instrumente und Möbelstücke durch die Gegend fliegen. Von einer wilden Verfolgungsjagd durch ein Parkhaus mit einem N-Gage. Mit einer echt kreativen Motorrad Verfolgungsjagd und einem richtig gut choreographierten Kampf in einer Fahrradwerkstatt, die sich dann als mehr herausstellt, als man zuerst angenommen hat. Ich mag auch Wai Lin. Es ist immer gut, wenn Bond nicht alleine ist und jemand ultra kompetent neben sich hat.
                                                    Aber leider zieht auch vieles einfach nicht bei dem Film. Ich verstehe nicht, warum Moneypenny und M, die Bond im letzten Film so scharf kritisiert haben, plötzlich nicht mehr aus schlechten Sexual innuendos herauskommen. Auch die Beziehung zu Paris ist einfach Dröge. Vor allem weil die Inszenierung so schnulzig dick aufgetragen ist. Der Soundtrack ist mir in dem Film auch mehr negativ als positiv aufgefallen. Für mich ist Pierce Brosnan ein sehr guter Stock Bond, der seinen Job gut macht, aber keine Tiefe vertragen kann. So haben all die emotionalen Szenen bei mir einfach komplett versagt, was schade ist. Und auch die Thriller-Inszenierung ist hier leider nicht gut gelungen, weil der Fall, der an sich interessant ist, aber nicht interessant erzählt wird. Man stolpert von einer zugegeben unterhaltsamen Szene zur nächsten, aber man darf nicht wirklich nachdenken, was gerade passiert.
                                                    Der Film hat schon so seine Momente. Das Grundkonzept ist toll, die Actionszenen machen super viel Spaß, vor allem mit Wei Lin, wenn man klasse Hong Kong Action inszenierung bekommt. Aber gerade die Geschichte ist leider sehr schlecht erzählt.

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