Nebenniveau - Kommentare

Alle Kommentare von Nebenniveau

  • 7 .5

    Ich bin kein großer Fan klassischer Musik. Aber wenn ich einen Komponisten hervorheben müsste, dann wäre das an erster Stelle Maurice Ravel. Seine Musik ist so herrlich vielschichtig, bricht auch gerne mal mit den Normen und erzählt immer eine Geschichte. Richtige Kopfkinomusik eben. Aber über ihn persönlich wusste ich gar nichts, weswegen ich sehr froh bin, dass ich das in Form des Anne Fontaine Biopic “Bolero” erleben durfte. Wie der Titel des Filmes schon sagt, geht es um das berühmteste Stück von Ravel: Bolero! Ein Ballett, das er für die Diva Ida Rubinstein geschrieben hat. Und wie einflussreich Ravels Stück ist, wird toll im Vor- und Abspann gezeigt. Das Stück wird in allen möglichen Facetten gezeigt: Von vollen Orchestralen, Jazz Ensembles oder mit afrikanischen Twists. Und auch am Ende mit der glaubhaften Statistik, dass alle 15 Minuten jemand auf der Welt das Stück hört und mit seinen 17 Minuten Laufzeit quasi zum Dauerbrenner seit Jahren geblieben ist. Und der Film lässt uns Hautnah den Schaffensprozess erleben. Ravel hört zu. Ob es an einem frühen Morgen auf dem Balkon, in einem vollen Restaurant oder in einer Fabrik um die Ecke ist. Ravel hat die Musik in sich, ständig lauschend nach den Melodien in seinem Kopf. Und das wird auch wunderschön inszeniert. Sehr oft stehen die Ohren von Ravel im Mittelpunkt und man lauscht gemeinsam hinaus in die Welt. Und irgendwann hört man selbst die Melodien und Rhythmen der Welt.
    Man kann ebenso wie Ravel die Melodie und den Rhythmus ständig spüren und erfreut sich, wenn die Nachforschung Früchte trägt. Wenn er vor Frust die vorhandenen Noten verwirft, aber dann von seinem Wecker im passenden Rhythmus verspottet wird, ist das gut. Und man kann sagen, was man will, der Song bleibt einem im Ohr. Auch nach über einer Woche, seitdem ich den Film gesehen habe, schleicht sich der Rhythmus und die Melodie immer wieder durch mein Unterbewusstsein nach oben. Dabei fand ich den Konflikt von Ravel und seinem Stück sehr spannend erzählt. Dass er den passenden Gedanken in einer Fabrik hat, kommt nicht von ungefähr. Er möchte mit dem Stück ein modernes Zeitzeugnis erstellen, bei der die Musik und das Ballett einhergehen. Ein fantastisches Konzept, das bei der ersten Probe an den zuvor leeren Worten Rubinsteins zerschellt. Aus dem Stück, das über das Leben erzählen soll, wird mit billiger Erotik übertüncht. Man soll doch an die Zuschauer denken, die sich nicht für solche niveaulose Bereiche des Lebens interessiert. Statt ein Stück über das Leben wird ein Abklatsch von Carmen übergestülpt, was bei Ravel auf Unmut stößt.
    Ich mag auch sehr, wie die Musik in dem Film inszeniert wird, vor allem via Ravel selbst. Gewissenhaft spielt er ein Stück auf einer Feier der Gehobenen, nur um dann mit wirklicher Freude im Freudenhaus auf die Tasten zu schlagen. Dabei ging es weniger darum, dass er irgendjemand imponieren wollte, sondern seine Liebe in einer gemeinschaftlichen Handlung zu zelebrieren. Den auch wenn er öfters mal in so ein Etablissment geht, hat er an Sex kein Interesse. Ravel ist Asexuell. Eine Sexuelle Orientierung die aus der fehlenden lust für die Lust besticht. Das ganze wird sehr feinfühlig im Film erzählt. Den nur weil er kein verlangen nach Sex hat, heißt das nicht das ihm an Leidenschaft fehlt. Sie drückt sich eben nur anders aus. Den an Gefühlen und Hingabe mangelt es in seinen Werken nicht. Er ist auch klar Neurodivergent, das heißt, er fühlt und denkt anders als die Norm. Von seinen Problemen in Sozialen Situationen oder im Alltag. Seine Phasen von Apathie zur absolut einnehmenden Manie. Ich find das auch in einer frühen Szene schön dargestellt. Bei dem die Kamera auf ein offenes Fenster mit einer rauchenden Zigarette verweilt und man anschließend Maurice im Krankenhaus sieht. Ob es jetzt ein Suizid Versuch nach dem abermaligen Scheitern bei einem Vorspiel, ist oder doch nur eine Melodie aus der ferne, die zu verlockend war, ist im Grunde egal, da beides valide ist. Der ohne seine Lackschuhe nicht zur Probe gehen kann, sie aber ständig vergisst. Zu der tiefen Liebe zu der Schwester seines besten Freundes, einer nie getrennten Band mit seiner Mutter und der Liebe zur Musik. Das wird auch nochmal am Ende sehr schön auf den Punkt gebracht. Man sieht Ravel liegen, mit bandagen um den Kopf gewickelt. Das Bild wird plötzlich schwarz weiß und schemenhafte Gestalten zeichnen sich aus dem Licht ab. All die Frauen, die ihn begleitet und sein Leben geformt haben, zu dem Stück, das ihn für immer zeichnen wird.
    Die Darstellung der Zeitlichkeit, was manchmal etwas knifflig sein kann, ist sehr charmant gemacht. Von Autos, die man ankurbeln muss, bis zu immer grauer werdenden Haaren. Aber auch inszenatorisch wird der fließende Umgang mit der Zeit interessant genutzt. Es bricht nicht wirklich mit dem Blickwinkel des Protagonisten und teilweise ist es auch schon fast egal, auf welcher Ebene man sich gerade befindet, da sich alles gegenseitig beeinflusst. Das wird vor allem gegen Ende klarer, wenn die mysteriöse Krankheit immer weiter an Ravel zerrt. Das Aktuelle und die Erinnerungen verschwimmen weiter und es wird immer schwerer mit dem Alltag zurechtzukommen. Die Musik ist noch da, er kann sie immer noch spüren, aber er kann die Noten nur noch schwer aus der Welt greifen. Und auch wenn das Finale dramatisch ist, findet es mit der letzten Szene doch ein wunderschön versöhnliches Ende.
    Handwerklich ist der Film sehr ordentlich. Die Schauspieler sind nicht nur visuell gut gecastet, sondern spielen auch allesamt sehr gut. Das Drehbuch ist toll und die Geschichte kommt auch fantastisch zusammen. Die Inszenierung der Musik, innerdiegetisch sowie in der Natur, ist wirklich wunderbar einfühlsam gemacht. Man merkt, dass sich hier jemand sichtlich Mühe gegeben hat, die filmische Mittel so gut wie möglich zu nutzen. Ob es die Melancholie des Protagonisten, seine Schaffensperiode und -krisen oder die Inszenierung der direkten und indirekten Musik, ist großartig gelungen. Ein wirklich sehr ordentlicher Film, der mich vielleicht noch mehr anspricht als andere, aber genau deswegen auch nicht loslassen konnte.

    2
    • 7

      After This Death ist ein feinfühliges und etwas anderes Drama. Von der eigenen Rolle im Leben, über Liebe, Lust, Obsession, zu den Schritten nach vorne und der Frage nach dem Fatalismus.
      Der Film dreht sich um Isabel, eine Argentinische Frau, die ihr Geld als Synchronsprecherin verdient. Sie gibt fremden Bildern und Personen eine Stimme. Sie ist schwanger und hat ein frei fließendes Leben. Bei einer Wanderung trifft sie auf den enigmatischen Elliot, dessen Schicksal bald mit ihrem verzwirbelt wird. Und ich muss sagen, dass ich die Beziehung der beiden sehr mochte. Sie haben beide eine sehr sonderbare Art, die sich irgendwie gut ergänzt. Ein ständiges Ziehen und Schieben, das funktioniert, weil sie sich später auch komplett offen zeigen. Auch die Beziehung mit ihrem Mann war interessant , von einer Zweigleisigkeit, die akzeptiert wird, welche dann aber an einem Ereignis zu brechen scheint.
      Einer der Hauptaspekte des Filmes dreht sich um die Band. Ein Projekt, das von zwei Brüdern aus dem Boden gestampft wurde, die nun an ihrem elften und letzten Album arbeiten. Mit einer kleinen aber sehr engagierten Fanbase, die, ähnlich wie Charles Manson in dem Song “Helter Skelter", irgendwelche Symbole und Aufträge erkennen. Das ganze wird toll dargestellt durch den Hunchback in der Höhle oder das Konzert, das Isabel erst mal recht kalt lässt. Manchmal braucht man etwas mehr Fantasie oder zumindest Kontext, um Dinge zu erkennen. Ob sie dann vorhanden sind, ist eine andere Sache. Vor allem, wenn klar wird, wer das Schild aufgehängt hat. Und wie es sich für einen richtigen Kult gehört, folgen sie absolut ihren Führer, auch wenn dieser keiner sein möchte. Sie denken, dass sie eine tiefere Wahrheit entdeckt haben, die sie von anderen unterscheidet. Mit Worten und Gesten, die für sie stehen. Aus Zufällen werden Zeichen und wenn man sie selbst erschaffen muss. Die Blumen am Fenster, die einem Cover entsprechen. Die Pfeffermühle, die bei seinem ersten Besuch heruntergefallen ist und nun auch in der neuen Wohnung ohne Grund in Scherben liegt. Und den Umstand des Verschwindens, der für sie als absoluter Beweis gilt. Dabei kann man als Zuschauer auch schwer unterscheiden zwischen dem, was wahr ist oder sich im Wahn gerade zusammensetzt. Aus einer persönlichen Geschichte über ihre Mutter wird ein weiterer Beweis, der zu dem logischen Ziel führt, bei dem unsere Protagonistin abermals als Stimme für fremde Bilder herhalten muss.
      Handwerklich ist der Film sehr gut. Die Schauspieler machen ein fantastischen Job um die vielschichtigen Charaktere zum Leben zu erwecken. Die Geschichte ist auch alles andere als Standardware mit einem Gefühl des Kontrollverlustes. Ich mag auch sehr die verschiedenen Orte, an denen der Film spielt, die allesamt etwas sehr Organisches an sich haben. Der Film spielt nicht nur inmitten des Blättermeers sondern das Blättermeer spiegelt auch etwas tiefes wieder. Der Soundtrack fand ich auch sehr gut gelungen… bis auf die Songs der Band, die allesamt… Geschmackssache sind.

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      • 6 .5

        Wrath of Man ist ein Remake des französischen Originals aus dem Jahr 2004. Ich hab das Original nicht gesehen und kann deswegen nur über die Guy Ritchie Version sprechen.
        Etwas, das mich beim Anschauen verwirrt hat, war die Struktur des Filmes. Man erwartet zu Beginn einen relativ geradlinigen Film, der dann plötzlich von einer Rückblende unterbrochen wird. Einer Rückblende, die einfach nicht aufhören möchte. Die Kapitel sind keine schnöde Worte, sondern Programm. Sobald einem das klar ist, kann man sich viel besser auf das Erlebnis einlassen. Und statt zu gähnen, wenn man denselben Heist nochmal sieht, saugt man gierig die neuen Informationen auf. Aber nichtsdestotrotz hat der Film für mich darunter gelitten, allen voran am Pacing. Ich bin mir nicht sicher, ob eine klassische Herangehensweise vielleicht sogar besser funktioniert hätte. Man merkt ja gleich das, was mit Mr. Statham nicht stimmt und er mehr ist als er vorzugeben scheint. So war die Entschleierung seiner Rolle jetzt nicht besonders überraschend, aber nichtsdestotrotz gelungen. Er strahlt eine wirkliche Kälte und Kalkül aus, die sich auch auf seine Untergebenen ausweitet. Ein Team von Pros, wie man sie aus Heat oder Ähnlichem kennt. Wenn einem auch klar wird, warum er bei der Schießprüfung dort hinschießt, wo er es tut, war dann doch ganz nett, aber vielleicht nicht diese Struktur wert. Dagegen wurde der dritte Part, der Söldner, die sich etwas dazuverdienen wollen, ausgezeichnet inszeniert. Und hier hat das Einsetzen der Puzzleteile auch besser funktioniert. Vor allem die Frage um den Insider bleibt wirklich bis zur Enthüllung spannend. Und der letzte Heist zieht auch richtig gut.
        Ich glaub ich hätte es aber auch nett gefunden, wenn der Film an manchen Stellen nicht so übertreibt oder alles etwas runterdreht. Der Auto-Aim von Statham war schon etwas viel, genauso auch die kugelsicheren Typen. Wahrscheinlich ist das zu einem gewissen Grad auch möglich, aber mir persönlich haben sie den Bogen etwas überspannt.
        Handwerklich ist er sehr ordentlich. Die Action ist toll in Szene gesetzt und hat auch mächtig Wumms. Ich mag auch die Inszenierung des Heists, den man mehrmals sieht. Das erste Mal nur mit einer statischen Kamera, die einem nicht alles zeigen möchte, vor allem mit der klaren visuellen Abtrennung im Truck, die auch noch öfters genutzt wird. Ich mag auch, dass sie sich genügend Zeit für die wichtigsten Szenen nehmen. Nur an der Struktur habe ich zu meckern, da gerade auch die Zeitlichkeit oftmals nicht sehr klar ist. Aber es ist nichtsdestotrotz ein unterhaltsamer Actionfilm, den man sich mal anschauen kann.

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        • 7

          The Brutalist ist der neueste Streich von Brady Corbet, der mich mit Vox Lux schon überzeugt hat. Ein 3 ½ Stunden Epos über die Invertierung des amerikanischen Traums und des grausamen Traumas der Juden.
          László Tóth ist ein ehemaliger Architekt, der vor dem Grauen in Europa nach Amerika flüchtete. Von einem berühmten Architekt in Europa zu einem einfachen Flüchtling, der irgendwie versucht, sich über Wasser zu halten und seine Familie nach Amerika zu retten. Von einem gefeierten Künstler mit Beton und Stahl zu jemanden, der in einem Lager schläft und Möbel verkauft. So freut man sich, wenn er endlich sein Talent zeigen kann. Er nimmt sogar einen Mann, den er in der Suppenküche kennengelernt hat, unter seine Fittiche. Eine Freundschaft, die auch weiter geht, nachdem er aufgrund einer Laune seines Auftraggebers wieder vor dem Nichts steht. Nicht nur als Protagonist, sondern auch als Mensch fühlt man mit ihm mit. So freut man sich abermals, wenn endlich sein Talent anerkannt und ihm mit seiner Familie geholfen wird. Auf Kosten und Prestige eines Superreichen soll er ein modernes und gigantisches Projekt übernehmen. In einem ständigen Kampf mit den Regulationen, dem Budget und Gefahren, die mit so einem Unternehmen einhergehen. Es gibt auch eine schier unüberwindbare Kluft zwischen den Aussenseiter der ferne und den “alt” eingesessesen Amerikanern. Eine konflikt für den László auch bereit ist zu zahlen, wenn er zum Beispiel einen Teil seines Honorars für die Verwirklichung seiner Vision hergibt.
          Daneben steht Harrison Lee Van Buren. Ein reicher Geschäftsmann, der die Welt so formt wie er möchte. Für den sein Vermächtnis und der Familienname gerade das Wichtigste ist, und dabei seine Wurzeln verabscheut. Die Dynamik zwischen László und Harrison ist faszinierend. Der Harrison ist wirklich verzaubert von dem Talent des ungarischen Architekts. Die Faszination ist dabei sehr einseitig, aber László erfreut sich endlich das tun zu können, was er am besten kann. Und er versteht auch, was es mit sich bringt, in die Welt eines so egozentristischen Menschen einzutreten. Natürlich braucht das Gemeindezentrum keinen Pool, weil Harrison ja nicht schwimmen kann. Was für eine dumme Frage! Allein, wie sehr sie von den Launen anderer abhängig sind und sich auch damit zurechtfinden, wenn sie wieder vor dem Nichts stehen. In einer wirklich schönen Szene, in der die beiden Männer nach Italien gehen, um sich einen Marmor für den Altar herauszusuchen. Ein Treffen von verwundeten Seelen, das bei Harrison nur zu einem Monolog und einer grausamen Tat führt, für die er niemals irgendwelche Konsequenzen erwartet. Ein ständiger Konflikt und klares Klassenbewusstsein mit dem Unterschied in Talent und Geld. Mit einem getragenen Trauma von Krieg und Verfolgung, das man niemals sieht, aber ständig spürt. Das führt dann auch zu einem sehr einprägsamen Epilog, der viel sagt, was während des Filmes verschwiegen wurde.
          Filmisch ist “The Brutalist” toll. Man hat eine großartige Kamera, einen tollen Soundtrack und die Schauspieler machen auch allesamt einen großartigen Job. Auch wenn es mir etwas sauer aufstößt, dass sie AI nutzten, um Adrien Brodys Akzent etwas zu frisieren. Guy Pearce spielt den quasi Bösewicht mit einem großartigen Gefühl von Gravitas und Präsenz. Aber am besten hat mir eindeutig Felicity Jones als die Frau von László gefallen. Erzsébet und die verstummte Zsófia bringen eine wirklich tolle und interessante Dynamik mit sich. Und Erzsébet ist auch eine so clevere und starke Frau, dass man versteht, warum er so lange auf sie gewartet hat. Die Atmosphäre, die der Film aufbaut, ist auch richtig stark. Mit der Kamera so nah an László, dass man kaum versteht, wo er ist und was er macht, bis man die Freiheitsstatue verkehrt herum sieht und die Freude der Leute verstehen kann. Von dem Zugunfall, der mit einer tollen Abstand und Rot aufflackern den Wolken das Gefühl des Chaos gibt.
          An sich ist The Brutalist ein wirklich toller Film, der auch etwas erzählen möchte und sich die Zeit dafür nimmt. Aber leider hat er mir persönlich nicht so gefallen. Ich bin kein Fan von Brutalistischer Architektur und fand auch die Bibliothek, die er gebaut hat, leer von jeglichen Charm. Es fühlt sich wie ein zu hohes Büro an, bei dem man unzählige Aktenordner hinter der Wand versteckt, mit einer sonderbaren Liege, die nicht wirklich einladend, sondern eher wie ein Kunstwerk wirkt. Statt einer Zelebrierung der Bücher und der Geschichte, die in ihnen steckt, wird der Raum kahl gemacht. So geht es mir auch mit den Gebäuden, die er baut. Ich liebe, dass das Gemeindezentrum mich an Tarkowskis Stalker erinnert, aber da hört es schon auf. Es wird auch nur minimal besser mit dem Kontext des Epilogs. Kunst und auch Architektur sollen etwas in einem auslösen. Gerade auch hier soll es den Abgrund darstellen, der irgendwann zurückschaut. Aber ich habe nichts dabei empfunden, oder wenn, dann war ich eher genervt. Das ist aber Geschmackssache und muss nicht bei jedem so sein. Und es nervt mich, dass es mir nicht gefällt. Ich würde gerne auf dem Dach stehen und Lobeshymnen für den Film singen. Aber hier hat es mich einfach nicht ergriffen.
          The Brutalist ist ein beeindruckendes Werk. Eine feinfühlige und opake Erörterung von Trauma, Talent, Geld, das mich leider nicht so ergriffen hat, wie ich es erhofft hatte. Der aber filmisch objektiv etwas Besonderes ist.

          5
          • 6 .5

            Meet Cute wirkt oberflächlich wie eine normale Rom-Com mit den Twists der Zeitreise. Aber Meet Cute ist vielmehr eine Erörterung von Depressionen, Daseins müdigkeit und das panische Klammern an ein kleines bisschen Hoffnung. Die Review enthält Spoiler!
            Sheila hat nur Augen für Gary. Nach kurzem Ansporn des Bartenders fängt sie an mit ihm zu sprechen. Und es läuft eigentlich ganz gut. Beim gemeinsamen Essen eröffnet sie ihm, das es nicht ihr erstes Date ist, da sie in einem Nagelstudio eine Zeitmaschine entdeckt hat. Gary belächelt das erstmal, aber gegen Ende ihres Dates wird sie immer sonderbarer. Und dann fängt es von vorne an. Täglich Grüßt das Murmeltier oder Spring Break schießen einem sofort in den Kopf. Aber die Vergleiche hinken etwas, da die Protagonisten dort nicht so obsessiv und klar psychisch am Ende sind. Am selben Tag wollte sich Sheila eigentlich umbringen und hat dann nur durch Zufall die Zeitmaschine und Gary entdeckt und dabei ihr Glück gefunden. Ein scheinbar (fast) Opferloses "Verbrechen", bei dem Gary sie jedes Mal aufs Neue kennenlernen kann, und Sheila diesen perfekten Abend niemals loslassen muss.
            Und Gary muss eine ziemlich heftige Rot-Grün-Schwäche haben, anders kann ich mir nicht erklären, wie er all diese Red Flags verpasst hat. Sie hat schon eine charmante Art, die aber sehr schnell in etwas Düsteres übergeht. Sie fühlt sich gehört, hört ihm liebend gerne zu und mag in einer Situation zu sein, in der sie die Kontrolle hat. Aber die zermürbende Realität scheint auch immer wieder strahlend durch. So führt sie Gary immer wieder zu dem Ort, an dem sie sich umbringen wollte. Aber so sehr sie auch möchte, kann sie sich nicht an ihn binden. Es kann einem nicht besonders gut gehen, wenn man routine mäßig jeden Tag mit externen Suizid beginnt. Und auch wenn ihr Herz höher flattert, setzt auch hier irgendwann einmal Gewöhnung ein. Da sie genügend über ihre Traumata geredet haben, weiß sie genau wo sie ansetzen muss und gibt ihm eine zweite Chance als Uncle Charlie. Doch wer hätte gedacht, dass jemand, der panische Angst vor Veränderung hat, nicht zufrieden mit dem neuen Gary ist und dann auf Reset drückt. Gary, der diesmal ihre Geschichte abkauft, versucht selbst die Dinge richtig zu biegen. Eine selbsterfüllende Prophezeiung, die leider nichts verändert. Mit einer Lüge und einer netten Interpretation der Geschichte von Orpheus und Eurydice finden die beiden dann doch einen Weg nach vorne. Dabei habe ich es so interpretiert, dass sie nicht zwingend zusammen kommen, sondern es ihr einfach die Möglichkeit Geschenkt hat, aus der Statis zu erwachen und tatsächlich einen Schritt nach vorne zu wagen. Und gerade für Menschen, die unter Depression leiden, ist dieser oberflächlich einfache Schritt, in den nächsten Tag zu gehen, eine Mammutaufgabe, die Respekt verdient.
            Der Film hat kleinere Schwächen. Das Pacing zieht nicht immer, die Geschichte ist von Natur aus heftig und teilweise schwer verdaulich. Es wird auch sehr viel “Tell Don’t Show” abgeliefert, wovon ich eigentlich kein Fan bin. Aber all diese Kleinigkeiten sind am Ende dann doch nicht mehr wichtig, weil das ganze so schön zusammenkommt. Auch Tage danach muss ich immer wieder daran denken. An die faszinierende Prämisse und wie gut sie diese umgesetzt haben. Die Geschichte ist sehr nachdenklich und zärtlich inszeniert mit viel empathie für die Charaktere, egal wie verrückt sie auch anmuten. Ich mag auch, dass die Zeitreise tatsächlich nicht der Kernpunkt des Filmes ist, sondern ein Device, um die Geschichte zu erzählen. Von Obsession und Depression. Davon, dass man jeden Tag aufwacht, ohne einen Funken Hoffnung, ohne Freude und Motivation. Den fanatischen Klammern an das bisschen Hoffnung, das sich dann doch aufgetan hat. Wie schlecht es Sheila geht, wird auch toll bei Gary seiner Zeitreise erörtert. Dort lernt er sie als Kind kennen, die verzweifelt versucht, eine Form zu erzwingen und somit immer weiter etwas Falsches probiert, um zu einem richtigen Ergebnis zu kommen.
            Handwerklich ist der Film in Ordnung. Wie bereits gesagt, der Film zieht sich manchmal etwas und ist auch inszenatorisch keine Offenbarung. Eine Romcom eben. Aber das Drehbuch ist gut und die zwei Hauptdarsteller haben eine schöne Chemie zueinander. Gerade Kaley Cuoco hat mich mit ihrem sehr vielschichtigen Schauspiel wirklich überzeugt. Sie hatte kein Problem, den Bogen auch mal zu überspannen. Die Obsession und die Verzweiflung dahinter ist auch toll dargestellt. Wenn man so wie ich die Prämisse gelesen und Blut geleckt hat, kann man den Film schon empfehlen. Er ist sicherlich nicht für jeden etwas, aber er hat bei mir einen tieferen Eindruck hinterlassen, als ich anfangs angenommen habe.

            2
            • 7 .5

              Companion ist eine richtige Überraschung. Ein Film, der sich ein interessantes Konzept vornimmt und im kleinen aber perfekten Rahmen erörtert. Eine Geschichte mit vielen interessanten und passenden Twists und einem kurzen Blick in eine vielleicht nicht allzu ferne Zukunft. Mit einem Mix aus Humor, Spannung und Gewaltexzess.
              Der Film beginnt, wie viele andere Filme in letzter Zeit, mitten im Nirgendwo, in der Villa einer reichen Person. Schon lustig, früher war es einfach nur eine verfallene Hütte, heutzutage sind die Ansprüche scheinbar höher. Und wie bei ‘Bodies Bodies Bodies’ oder ‘Blink Twice’ folgt man einer gewissen Außenseiterin in der neuen Situation. Dass etwas nicht stimmt, merkt man schnell. Man bedankt sich höflich beim Auto, trägt den Spitzname Beep Boop und kommt mit perfektem Make Up aus der Dusche. Manche Formulierungen sind auch sonderbar: “I wasn’t built that way.” Und nach einem kurzen Abstecher an den See wird auch schnell klar, was los ist. Iris ist kein Mensch, Iris ist ein… Fuckbot ist so ein harscher Ausdruck… ein elektronischer Escort. Eine Wahrheit, die toll entschleiert wird. Mit der Erkenntnis, dass alles in ihrem Leben eine Lüge ist. Die Liebe ihres Lebens, den sie damals beim Shoppen kennengelernt hatte, war quasi nur ein Meet Cute. Und das alles bis hier ein abgekartetes Spiel war. Er hat sie gejailbreaked und an ihren Parametern rumgepfuscht. Ein perfider Plan, der sie als Bauernopfer ansieht, um den stylischen und exzentrischen Sergey auszurauben (sorry, aber die Kombination des Bartes und des Mullets ist pures Gold). Doch in einem Moment der Schwäche kann sie sich befreien, mit ihrem Schicksal und Leben in ihrer/seinem Hand/y.
              Ab hier geht es richtig los! Der Film spielt wunderbar mit dem Konzept einer KI, die sich aus der Situation befreien möchte. Es werden all die netten Konzepte und Regeln um die Companions aufgebaut, die später relevant werden. Den Intelligenzgrad, die Stimme, die Sprache und die vorprogrammierten Meet Cutes. Ich liebe es, dass es in dieser Welt ‘Meet Cute Designer’ gibt, die immer wieder mit neuen Konzepten des Verliebens auftischen müssen. Sie sind herrlich cheesy und der Film macht auch keinen Hehl daraus. Im Allgemeinen ist der Humor des Filmes wirklich gut gelungen. Der Film nimmt sich niemals zu ernst, klatscht einem aber dann mit der brutalen Realität immer wieder ins Gesicht. Die Dynamiken zwischen den Charakteren sind auch herrlich. Ob es der vorschnelle Josh ist, die egozentrische Kat, der aufgedrehte und eigentlich eher passive Eli und sein T1000 Partner Patrick. Bei dem der die Intelligenz oder Aggression auf 100% gedreht, Pläne geschmiedet und in der Panik zu deutsch gegriffen wird. Ich mag auch den Wandel zu einer ehrlichen Erörterung über missbräuchliche Beziehungen, wofür man kein Roboter sein muss.
              Die Welt fühlt sich auch einfach glaubhaft an. Mit all den verschiedenen Möglichkeiten und Limitation der Roboter und der einfachen Realität, dass die meisten Leute zu faul sind ein User Agreement zu lesen. Über auch so nette Details, dass zum Beispiel die Companions nur aus einem Auge weinen können, da man damit den Punkt gut genug rüberbringen kann, ohne Ressourcen zu verschwenden. Es ergibt auch Sinn, warum es diese in dieser Welt gibt. Die Art und Weise, wie Josh Iris bekommen hat und alles um herum aufgebaut wird, ist sehr sehr creepy. Ein Incel Traum! Bei der Frage, ob sie weiß dass sie weiß das sie ein Roboter ist, bekommt er die Antwort: “She’ll be so fixated on you, your wants, your needs, that’ll never occur to her”. Auch die Bezeichnung docile fand ich dann echt hart. Wer möchte denn sowas? Scheinbar genügend Leute. Und gut das es dann den Verlauf nimmt, den es hier nimmt. Es wird auch eine klare Unterscheidung gemacht, sobald sie in den Schlaf geschickt werden. Der Körper ist erschlafft, die weiße Augen blicken ins nichts. Und ich mag auch das Design der Roboter, da sie quasi einem Schönheitsideal entsprechen, aber die Uncanny Valley mit kleinen Makel überspringt. Und den Techniker, die keine Sekunde auf Josh sein Laienschauspiel hereinfallen, aber dann doch von den älteren Modellen überrascht wird. Companion hat ein wirklich ordentliches Drehbuch, das durch die tolle Inszenierung wirklich glänzen kann. Ein Film, der nichts Revolutionäres macht, aber in dem, was es sich vornimmt, brilliert.

              3
              • 3

                Ich persönlich bin gar kein Fan von Steven Soderbergh. Die Ocean's Filme sind auf jeden Fall unterhaltsam. Aber Filme wie “Solaris”, “Unsane” und ein sehr räudiger Schnitt des brillanten Films “Keane” von Lodge Kerrigan lassen bei mir eher Skepsis aufkochen, als volle Begeisterung. Was schade ist, denn immerhin probiert er immer mal wieder neue Sachen aus oder sucht sich interessante Prämissen heraus. Ein Film komplett aus der Perspektive eines Geistes. Eine tolle Idee, die mir persönlich aber in der Inszenierung nicht weit genug gegangen ist. Ein typisches Beispiel von seinen Ideen, die dann aber an dem schludrigem Handwerk und Erzählung zerschellt.
                Ein Grund, warum ich mich so auf den Film gefreut habe, ist, dass ich absolut vernarrt in das Found Footage Genre bin, was hier zwar nicht zu 100% passt, aber im Kern die gleichen Herausforderungen und Vorteile bietet. Alles, was man als Zuschauer sieht, ist aus einer speziellen Perspektive. Eine Perspektive die auch innerdiegetisch vorhanden ist. Das bedeutet aber auch, das man sich viel mehr mühe geben muss. Man kann nicht einfach nur schöne Shots erstellen und diese hängen lassen. Nein, jeder Shot, jeder Schwenk der Kamera und jede Bewegung muss sinnig und stimmig sein. Man folgt einem Wesen mit einer speziellen Sichtweise und somit hat alles, was gezeigt und nicht gezeigt wird, eine Relevanz. Und, etwas, das ich auch wichtig finde, ist die Zeitlichkeit der Bilder. Wenn man den ganzen Tag eine Kamera laufen lässt, ist wahrscheinlich das meiste Bildmaterial nicht sehr spannend. Aber das gehört nunmal dazu. Das macht das Genre so spannend und gibt dem Film ein gefühl von Authentizität. Das wichtige dabei ist, das alles wirklich (und ich meine WIRKLICH) gut durchdacht sein muss, da sonst das Konzept schnell auseinanderfällt. Dabei muss ich aber auch zugeben, das ich da schon sehr genau hinschaue und das nicht bei jedem so wichtig ist.
                Dementsprechend besteht jede Szene nur aus einer zusammenhängenden Kamerafahrt. Es ist auch immer die gleiche, etwas schwebende Perspektive, die durch den unsichtbaren Äther watet. Wo bei mir das größere Problem liegt, ist der Schnitt. Bei Found Footage muss es Sinn machen, dass sie auf Record drücken oder die Kamera gerade läuft. Ein Schnitt ist eine bewusste Entscheidung, dass jemand die Kamera gestoppt und dann später wieder aufgenommen hat. Bei einem Geist ist es etwas anders. Wenn man sich voll der Prämisse verschreibt, sollte es eigentlich gar keine Cuts geben. Das heißt nicht, dass alles am Stück ablaufen muss, die Zeitlichkeit kann ja auch sonderbar sein, aber dann wünsch ich mir sowas wie in Birdman, das einem vorgaukelt, dass der Film keinen einzigen Schnitt beinhaltet. Stattdessen wird sich hier entschieden, hart zu cutten. In der Perspektive bedeutet das für uns als Zuschauer, dass auch das Bewusstsein des Geistes hier einen Cut macht. Und auch wenn ich es toll finde das der Film sich dieser Perspektive verschreibt, hat er sich es mit den unzähligen Schnitten auch viel zu einfach gemacht. Man hätte auch die Zeit im Raffer verlaufen lassen können oder klar machen, das wenn sich der Geist bewegt, sich die Zeit drumherum auf sonderbare Weise mitbewegt. Die harten Cuts haben mich ständig aus der Erfahrung herausgezogen. Es gab auch ein paar Szenen die nur aus einer statischen Kameraeinstellung bestanden. Wenn man genau darauf achtet, sieht man, dass es immer noch Handheld ist, aber es hat das eigene Konzept und die schöne Fluidität, die sonst vorhanden war, kaputt gemacht. Hier kann man den Vergleich mit dem Film „A Ghost Story“ machen, der das Gefühl eindeutig besser hinbekommen hat. Und nebenbei auch eine interessantere Geschichte erzählt.
                Es ist dann auch wichtig, was gezeigt wird. Die Perspektive der Kamera ist absolut und deswegen ist es wichtig, dass sie auch Sinn ergibt. Aber die Schnitte und Szenen wirken viel zu sehr gestellt. Ich würde mich nicht so beschweren, wenn sich der Film auch mal Momente vor oder nach dem Geschehen genommen hätte. Aber so wirkt der Film unnötig gehetzt, ohne einem ein interessantes Gefühl beim Anschauen zu geben. Im Grunde müsste der Geist ja die ganze Zeit wach und aufmerksam sein. Die Zeit sollte sich ewig ziehen, mit vor allem Belanglosigkeiten. Und ich meine jetzt nicht, dass man den Film damit füllen sollte, aber es hätte viel ausgemacht, dort etwas mehr Mühe reinzustecken. Ich habe gehofft, dass es auch darum in dem Film geht, die Ewigkeit der Zeit und das überwältigende Gefühl der Hilflosigkeit rüberzubringen. Dass sich Soderbergh nicht dafür entschieden hat, ist okay. Etwas schade, aber nicht schlimm. Aber es kommt gar kein Gefühl von Zeitlichkeit herüber. Warum braucht man einen Schnitt am selben Tag, nur 20 Minuten später? Warum werden einem manche Momente ausgiebig gezeigt und andere nicht? Warum gerade jetzt? Tatsächlich nimmt sich der Film einmal die Zeit, eine Szene länger zu halten, und das hat mir auch richtig gut gefallen, was all die anderen Szenen wie… Szenen angefühlt hat.
                Ein weiteres Problem, was ich mit dem Konzept habe, ist, dass die Kräfte des Geistes nicht wirklich klar wird. Warum kann er in einer Szene Bücher hochheben, um dann in der anderen komplett machtlos zu sein? Es ergibt Sinn, dass er in der Wut das Zimmer zerstört oder das Regal aus der Wand runter reißt. Aber warum muss er dann an einer anderen Stelle am Tisch rütteln, um ein Glas loszuwerden, anstatt sie einfach zu nehmen. Warum kann der Geist zu beginnen so viel und ist dann am Ende quasi machtlos. Nochmal, wenn man sich so einer Prämisse verschreibt, muss alles passen. Natürlich können auch noch Mysterien vorherrschen, aber man sollte zumindest ein Gefühl der Kräfte haben. Etwas, was mir dann auch noch sehr sauer aufgestoßen ist, war die Musik. Das Konzept funktioniert am besten ohne jegliche Filmmusik. In vielen Szenen hat man gemerkt, dass die Szene alleine nicht das Gefühl rüberbringen konnte, und Soderbergh mit dem Soundtrack nachhelfen musste.
                Das Drehbuch und die Schauspieler waren leider auch sehr durchwachsen. Man hat nur eine Handvoll Charaktere, die allesamt sehr platte Stereotypen sind. Gerade bei der Mutter und dem Bruder hätten sie gerne etwas mehr machen können. Die beiden waren durch und durch grauenhaft und haben keine Szene gehabt, in denen man sie in einem positiven Licht gesehen hätte. Es gibt noch ein Moment am Schluss, der ganz gut funktioniert, aber da ist es leider auch schon zu spät. Die Tochter war gut und verständlich zermürbt und der Vater als einziger in der Familie, dem scheinbar das Konzept Empathie ein begriff ist. Dazu der komisch blonde Typ und das Medium, das ich tatsächlich ganz cool fand. Ich mochte das sie wirklich dem Geist ins Gesicht schaut, das hat wirklich gut funktioniert. Und ich mag den Aspekt der Athazagoraphobie (die angst vergessen zu werden), ein Wort das ich hier zum ersten mal gehört habe und hoffentlich merken kann. Aber ich fand die Geschichte mit den zwielichtigen Geschäften etwas überzogen und am Ende auch ein ziemlicher roter Hering, was selten spaßig ist. Das hätte man auch besser machen können (Beispiel: Exhibit A). Genauso das Mysterium um die verstorbene beste Freundin. Ich wünschte mir einfach das sie sich eine weniger dramatische Geschichte herausgesucht hätten und mit mehr feingefühl an die Sache herangegangen wären. So war es viel zu Holzhammer mäßig und dementsprechend platt. Vor allem am Ende in einem Dialog, bei dem ich vor Fremdscham fast in den Boden versunken bin. Das gelaber von “Du bist in Kontrolle” war so dick aufgetragen und ging mir irgendwann echt auf die nerven. Aber dafür kann der Schauspieler nicht wirklich was, und das Drehbuch ist auch nur bedingt schuld. Die Direktion ist einfach furchtbar. Man hat das Gefühl man schaut von allen Szenen der ersten und einzigen Versuch an. Soderbergh ist wie ein Typ der gerne auf dicke Hose macht, der durch das MOMA schlendert, ein Bild sieht, und sagt “Das kann ich auch! Sogar besser!”. Aber nein, er beweist abermals, dass dies nicht der Fall ist. Ich mag, dass er Sachen probiert, aber ihm fehlt einfach das Feingefühl und das tiefere Verständnis, um aus den Filmen etwas wirklich besonderes herauszuholen. So ist es einfach nur ein Gimmick auf mittelmäßige Art und Weise umgesetzt.

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                  Flight Risk ist der neueste Streich von Mel Gibson, der nach seinen letzten sehr ausgiebigen und dramatischen Filmen, scheinbar etwas kleines und handliches gesucht hat. Als Fan von Kammerspielen bin ich bei der Prämisse natürlich sofort dabei. Ein Krimineller muss in einer kleinen Propellermaschine überwiesen werden. Nur blöd wenn anstatt des Piloten ein Assassin die Maschine betritt. Aber statt einer spannenden Geschichte mit ständig wechselnden Dynamiken, bekommt man einen recht drögen inszenierten und nicht gut geschriebenen Thriller vorgesetzt, der aus irgendeinem Grund viel zu viel erzählen möchte und dabei quasi nichts erzählt.
                  Dabei hat der Film auch eine komödiantische Ader. Es gibt nichts traurigeres, als sich eine Cup Noodle in der Mikrowelle zu machen. Und auch so agiert Topher Grace als nerdiger Hacker und Crypto Bro, der selber nicht genau weiß in was er da reingeraten ist, als Comedic Reliefs für den Film. Dazu die Taffe US Marshal, gespielt von Michelle Dockery, die neben dem Gefangenentransport und ersten Flugstunden auch noch eine heikle Intrige aufdecken muss. Und Marky Mark als nicht sehr subtiler Killer, der klar etwas in dem Film versucht hat, das für mich niemals aufgegangen ist. Es ist halt Marky Mark. Und auch wenn er sich die Haare wie der BTK Killer schneidet, macht das noch lange kein guten Film. Vor allem wenn die Dynamik sich ständig im Kreis dreht. Drohungen, Kampf, Ausgeknockt, Drohungen, Kampf, Ausgeknockt und so weiter und so fort. Warum niemand mal sein Maul stopft oder sich einfach Kopfhörer aufsetzt, will sich mir nicht erschließen. Vor allem, weil das Gelaber von ihm alles andere als clever oder manipulativ ist. In einem Kammerspiel, was dieser Film klar sein möchte, ist das allerwichtigste die Charaktere und das Drehbuch. Normalerweise werden dabei die wenigen Charaktere aufs Tiefste durchleuchtet und durch ihre Worte und Taten gezeichnet. Dabei soll man ein Verständnis für die Charaktere bekommen oder einen interessanten Entwicklung beiwohnen. Hier versagt der Film einfach. Die Dynamik zwischen den drei ist von Anfang an klar und ändert sich im Verlauf auch kaum. Keiner wächst über sich hinaus. Und selbst in Szenen, die das andeuten sollen, verkacken sie es am Ende selbst noch. In einer Szene schüttet ein Charakter einem anderen das Herz aus. Er beginnt mit “It was all my fault” und endet mit “I did the right thing”. Wie bitte? Was meinst du damit? So schreibt man doch keinen Monolog! Auch die Geschichte mit der Intrige ist alles andere als gut erzählt. Es fühlt sich an, als ob man es dazu gefügt hat, sodass der Film auf dem Papier nach mehr aussieht als er ist. Aber es funktioniert einfach nicht! Vor allem weil man ja auch unsere US Marshal gar nicht kennt, geschweige denn die anderen, mit denen sie dann telefoniert. Flight Risk ist halt kein Guilty. Es hätte mehr Spannung und Geheimnisse zwischen den Charakteren geben müssen. Das sich wirklich innerhalb der 90 Minuten die Dynamiken so radikal ändern und man gebannt vor der Leinwand sitzt. Es ist einfach so, das keine der Storylines mich irgendwie gepackt hat. Von mir aus hätten sie auch am Anfang abstürzen können, dann hätte ich immerhin meine Zeit nicht verschwendet. Wobei… ich mochte Hasan. Er hat den Kernaspekt, das sichere landen und das Navigieren der Maschine, immer wieder gut vorangebracht und einfach eine sehr sympathischen und frechen Umgang mit der Protagonistin. Und eine Szene fand ich tatsächlich auch sehr gut. Ich sag nur Gurt, Chekhov's Flare Gun und einen Feuerlöscher, der nicht korrekt verwendet wurde.
                  Mein Beileid für jeden Piloten oder Luftfahrt interessiert, der sich diesen Film anschaut. Ich habe (bis auf ein paar Stunden Flight Simulator) keine Ahnung davon und musste mir ein paar mal mit der flachen Hand gegen den Kopf schlagen. Klar, zieht das Flugzeug nach einem Sturzflug einfach hoch. Ach, durch die Bergspitze fliegen tut auch nicht weh. Das bisschen Eis. Leider ist der Film auch auf handwerklicher Basis nicht besonders gut. Er macht oberflächlich alles richtig, aber das Ergebnis ist dann doch mehr als nur durchwachsen. Flight Risk ist leider ein sehr dröger und schlecht geschriebener Film, der sich trotz der relativ kurzen Laufzeit nicht wirklich lohnt.

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                    Hundreds of Beavers ist ein wirklich besonderer Film, der angetrieben von wenigen Mitteln mit großartiger Kreativität nur so strotzt. Dazu hat er einen wunderschönen universellen Ansatz. Wenn man weiß worauf man sich einlässt, kann wirklich jeder mit dem Film Spaß haben. Ob mit Freunden, Fremden auf einem Filmfestival, der Lehrerin, die kurz vor den Ferien noch die Zeit überbrücken möchte, oder auch Menschen im Altersheim. Ein ulkig und clever gemachter Slapstick Komödie, die sich nicht hinter den großen Meistern des Genres verstecken muss. Es würde mich auch nicht wundern, wenn Hundreds of Beavers zu einem absoluten Kultfilm wird, mit ausverkauften Kinosälen und Leuten in Kostümen und gehäkelten Fischen.
                    Der Film dreht sich um unseren Held Jean Kayak, der ein sehr erfolgreiches Obstbrand Geschäft führt, bis ein paar Biber ihn mit einem geschickten Akt von Sabotage mittellos zurücklassen. Nun muss er langsam nach oben arbeiten. Und hier kann der Film sich etwas ziehen. Aber wenn man dabei bleibt, bekommt man ein fantastisches Gefühl einer Charakterentwicklung. Aus jedem Fehler lernt er. Ideen werden nicht gleich verworfen, nur weil es das eine mal nicht geklappt hat. Bis er es am Ende richtig drauf hat und das hochgesteckte Ziel von hunderten Bieber tatsächlich auch erreicht. Dabei trifft er ein liebliches und schelmisches Mädchen, ihr sehr aufmerksamer Vater, ein Veteran von dem er viel lernt und ein Bieber Sherlock und Holmes, die ihm irgendwann auf die Schliche kommt.
                    Ich bin auch ein großer Verfechter der Philosophie, dass Limitationen die Kreativität anregen. Und dieser Film ist dabei ein absolutes Paradebeispiel! Die ganze Produktion strotzt nur so vor Charm. Ob es die gehäkelten Fische sind, die ulkigen Kostüme, die effektiv eingesetzt werden und der Artstyle und die Inszenierung. Mit so großen Vorbildern wie Charlie Chaplin und Buster Keaton. Dabei werden die Stummfilm-Elemente nicht genommen, um künstlerisch zu wirken, sondern einfach weil sie funktionieren und man sich kaum dagegen wehren kann. Und die körperliche Komödie ist einfach großartig! Von Konzeptionellen lustigen Ideen bis zu quasi Jackass Artige Szenen, bei denen man versucht, mit einem Schlitten einen Hasen zu erlegen. Eine weitere, sehr klare Inspirationsquelle sind tatsächlich auch Videospiele. Der Artstyle erinnert etwas an mehrere Indie Titel, allen voran “Don’t Starve”. Und das fulminante Finale fühlt sich auch wie ein wahrgewordener Traum eines “Donkey Kong Country: Tropical Freeze” Fans an. “Hundreds of Beavers” ist auch sehr experimentierfreudig, mit Animationen, die direkt aus Monty Python stammen könnten. Wenn ein Plüsch Waschbär auseinander genommen wird, sind die Organe natürlich auch aus Plüsch. Der Film ist auch ein Vorzeigebeispiel, wenn es darum geht, die Erwartungen zu untergraben. So viele Szenen fangen auf eine Art an und enden dann komplett anders als erwartet. Und das hält der Film durchgehend! Es hilft auch, dass man im Verlauf des Filmes ein wirkliches Gefühl für die Welt bekommt. Nicht nur von den Örtlichkeiten und wie diese miteinander verbunden sind, sondern auch wie die Dynamiken zwischen den Tieren funktionieren.
                    Hundreds of Beavers ist ein wirkliches Kleinod, das heutzutage nicht mehr so gemacht wird. Mit geringen Mitteln (150.000$) ist den Filmemachern etwas wirklich Großartiges gelungen, welches auch eine gewisse Zeitlosigkeit mit sich bringt. Ich glaube, ich kann diesen Film wirklich jedem empfehlen. Greift eure Freunde, eure Cider und gehäkelte Fische und lasst euch auf ein super unterhaltsames Abenteuer ein.

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                      The Whisper in Darkness ist in den ersten zwei Drittel eine der besten direkten Lovecraft Adaptionen, die leider im letzten Drittel abbaut.
                      Das erste, was einem bei dem Film auffällt, ist die Ästhetik. The Whisper in Darkness ist ein Passion-Projekt der H.P. Lovecraft Historical Society, die sich stark an den Horrorfilmen der 1930er orientiert. Das heißt, man bekommt süße Modelle, sehr theatralisches Schauspiel und heutzutage etwas ins Alter gekommene Special Effects. Aber das gibt dem Film auch einen besonderen Charme. Und mit einem geschätzten Budget von 50.000$ ist es eine brillante Idee, das Beste aus dem knappen Etat zu schlagen. Mit Dialogen, die direkt aus dem Original stammen und die Stimmung der Szenen gut einfangen.
                      In dem Film geht es um den Folklore Forscher Albert Wilmarth, der sich für eine Diskussion mit einem berühmten paranormalen Ermittler vorbereitet. Es gehen Gerüchte umher, von sonderbaren Wesen um Vermont. Eine lächerliche Prämisse, wie Wilmarth findet, der aber dann durch ein paar beeindruckende Beweisstücke seinen Vorbehalt irgendwann überdenkt. Er möchte sich selbst ein Bild von der Situation machen und muss dabei eingestehen, dass seine Ansicht vielleicht doch zu engstirnig war. Insektenartige Wesen, ein Kult aus dem fernen Asien und ein Ritual, das es zu verhindern gilt. Dabei sind die ersten zwei Drittel richtig gut gelungen. Sehr nah am Original wird die Novelle äußerst geschickt auf die Leinwand gezaubert. Doch sobald die Wahrheit hinter dem Bettlägerigen Akeley zu Tage kommt, ist die Originalgeschichte nach einer Flucht eigentlich vorbei. Aber der Film zieht die Mi-Go und einen Tunnel, der das Ende der Menschheit einläuten könnte, heran. Thematisch passend zu Lovecraft merkt man sehr schnell, dass in der Narrativ- und Inszenierung das Fundament fehlt. Am besten kann man es mit Game of Thrones vergleichen, die bei schon vorhandenen literarischen Vorlagen glänzte und dann im Endspurt heftig ins Straucheln geriet. Die Geschichte fühlt sich an wie eine überschwängliche Fan-Fiction, bei der der Autor etwas ins Straucheln gerät. Alle Dialoge und Handlungen ergeben Sinn. Aber da hätte man sehr gerne den Rotstift ansetzen können. Wilmerth ist leider eh nicht der hellste und es macht dann auch nur semi-Spaß, zwei Charaktere im Kreis drehen zuzusehen. So geht es auch weiter, wenn man jemanden versucht, sich ein Buch anzusehen und dieses mit immer wieder den gleichen Phrasen, und ein paar Schüssen abgeblockt wird. Und auf eine dritte Zusammenfassung im Schuppen hätte ich auch gerne verzichten können. Es fühlt sich alles einfach sehr kopflos an. Man hat eine grobe Idee, wohin es gehen soll, aber versteht die Schritte nicht wirklich. Schön dass die Idee mit dem geyeeteten Hirn funktioniert hat, aber es hätte auch ganz anders ausgehen können. Und die letzte Flucht, die klar an solche Filmklassiker wie King Kong erinnern soll, wirkte eher lächerlich und dröge. Dazu der erfolgreiche Wurf des Mädchens und das darauf folgende yoinken derselben. So nimmt der Film nicht nur innerdiegetisch einen Sturzflug hin, sondern auch metaphorisch. An sich ist die Geschichte mit den Mi-Go eine gute, aber die Weise wie es erzählt wird, ist leider sehr dröge und zerrt an dem eigentlich fantastischen Pacing des Films. Man merkt einfach das sich die Filmemacher dabei etwas verkünstelt haben und mit einer guten Vorlage auch wirklich gutes Leisten können, aber es dann an Erfahrung mangelt, die eigenen Sachen besser zu inszenieren.
                      Was der Film aber sehr gut hinbekommt, ist der Kosmische Horror. Die Geschichte der Wesen ist wirklich gruselig. Von den zirpenden Geräuschen, die sich dann irgendwie in den Kopf bohren und dort zu Bilder werden. Und auch das Bild des erlegten Insekts, das nur durch ein Stereoskop wirklich betrachtet werden kann, da sie so abstrakt und sonderbar sind. Ich mochte auch das Gespräch mit Akeley und die Mi-Go mit ihrem Hirnzylindern und sonderbaren Gerätschaften. Hier kommt das Gefühl des Größeren und Abstrakten sehr gut rüber. Auch schön gezeigt durch die sonderbare Leiter, die nicht für Menschen gedacht ist, aber auch von ihnen genutzt werden können.
                      Handwerklich ist der Film zum großen Teil richtig klasse. Das Gefühl des klassischen Hollywood Kinos zwischen Stummfilm und Talkies ist toll eingefangen. Sie nutzen die Mittel auch richtig gut. So kann man die klaren Modelle, etwas kargen Sets, Kostüme und das CGI am Ende auch liebend gerne verzeihen. Besonders gut haben mir tatsächlich die Schauspieler gefallen. Es ist alles etwas durchwachsen. Von Charakteren, die ihre Rolle viel zu ernst nehmen und anderen (looking at you Noyes), die auch sichtlich Spaß dabei haben, zu übertreiben. Besonders gut hat mir dabei Matt Foyer als Albert Wilmarth gefallen. Sein Schauspiel schlägt einen guten Spagat zwischen theatralisch und natürlich. Jede Geste und jede Zeile ist mit einem gewissen Pathos vorgetragen, was dem ganzen Film gut tut. Es ist alles etwas laienhaft, aber in sich kohärent, was so viel des Charms ausmacht. Das Pacing des Filmes ist auch, bis zum Übergang zur Fanfic, auch wirklich herausragend. Die ganzen Requisiten und das Design der Aliens und Geräte ist auch lobenswert. Gerade bei den Aliens mag ich auch, dass sie viel mit Schatten arbeiten. Aber auch wenn man sie sieht, haben sie was für sich.
                      The Whisper in Darkness kann man am besten mit Lovecraft meets Twilight Zone beschreiben. Eine sehr interessante Lovecraft Adaption, die man als Fan des Horror Autors auf jeden Fall nicht missen sollte. Ich wünschte nur, dass sie sich mehr Mühe für das letzte Drittel gegeben hätten. So hat man einen interessanten und coolen Film, der leider am Ende viel zu wünschen übrig lässt.

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                        über Mimic

                        Mimic ist ein ziemlich klassischer Monsterfilm, der in ein paar Elementen brilliert, aber dabei nie wirklich großartig wird. Und wenn man sich ein bisschen über die Produktionsumstände liest weiß man auch warum. Mimic ist nicht der Film der Guillermo Del Toro machen wollte. Allein das Miramax Logo am Anfang sagt eigentlich schon alles. Scheinbar haben die Weinsteins ständig in der Produktion rumgepfuscht. Und das spürt man auch. So viele Szenen werden unnötig und wirklich ineffektiv von dem sehr mittelmäßigen Soundtrack gepusht, auch wenn es gar keinen Sinn macht. Und das zieht sich durch den ganzen Film. Die Geschichte und ihre Charaktere sind allesamt okay, aber nicht herausragend. Man merkt dem Film leider auch sein Alter an. Von dem Intro, zu der Cinematographie, dem sehr platten und drögen Soundtrack und den damals leider standardmäßigen, furchtbaren Action-Szenen.
                        Worin der Film aber besticht, ist das Creature Design und die praktischen Effekte. Die Käfer sehen schon echt eklig und gruselig aus. Die Idee mit der Maske ist auch großartig und funktioniert wunderbar. Auch die Erkenntnis, wie groß das Ganze ist, um so tiefer man in den Bau kriecht, war toll. Ich mag auch sehr die Szene am Anfang, wo Dr. Tyler den Kindern die Käfer näher bringen will und man so auch eine sehr geschickte Einführung in den Film bekommt. Wenn man in der großen Halle ankommt, erkennt man die Nester am Boden und die sonderbaren Dinge, die von der Decke hängen. Die Idee mit den Drüsen ist auch gut und wird auch widerlich eklig inszeniert. Mir hat auch der sonderbar verwinkelte Untergrund gefallen, auch wenn man sich irgendwann daran satt gesehen hat. Das Ende ist dann auch etwas zu einfach, mit dem einzigen männlichen Käfer und dem unglaublichen Abbiege Skillz von Dr. Tyler, während sie Chuy auf dem Gleis stehen gelassen hat. Chuy fand ich übrigens auch ganz nett. Vor allem mit dem Titel des Filmes. Das die Kreaturen vor allem aus ihrer Nachahmung Fähigkeiten zehren und deshalb Chuy mit seinen Löffeln sehr gut dazu passt. Und auch wenn der Film dazwischen etwas an Fahrt abbaut, die Explosion am Ende war dann doch spaßig.
                        Wenn man auf Monsterfilme steht und Mimic noch nicht gesehen hat, kann man das auf jeden Fall machen. Aber leider ist der Film nicht besonders gut gealtert und war damals auch schon eher Mittelmaß.

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                          A Real Pain ist ein richtiges Kleinod. Ein wunderschöner und sehr zärtlicher Film über Verlust, die Suche nach dem Sinn und das Leiden der jüdischen Bevölkerung unter dem NS-Regime. Bei dem es, auch wenn es vielleicht erst nicht ersichtlich ist, um die Suche und das Spüren nach echten Schmerz geht.
                          David und Benji sind Cousins, wobei sie so eine innige Vergangenheit und Beziehung haben, das man sie auch getrost als Brüder bezeichnen könnte. Und auch wenn sie nicht denselben Vater oder dieselbe Mutter haben, teilen sie sich doch ihre Großmutter. Und bei dieser Reise nach Warschau möchten sie nicht nur ihren jüdischen Wurzeln auf die Spur gehen, sondern auch das Geburtshaus der Großmutter aufsuchen, die vor kurzem gestorben ist. Sie treffen dabei auf eine illustre Gruppe von Weggefährten, die alle anderen Hintergründe und Motivationen haben, aber gemeinsam diese Reise erleben wollen. Dabei lernt man die zwei “Brüder” auch auf verschiedene Art und Weise kennen. David ist ein sehr neurotischer Typ. Statt einfach zu vertrauen, dass Benji den Termin nicht verschwitzen wird, ruft er lieber zig mal an, oftmals mit den Worten "Ignoriere, was ich davor gesagt habe”. Für ihn geht es hauptsächlich darum, für Benji da zu sein, auch wenn es manchmal schwer ist. Benji dagegen wartet schon seit Stunden auf den Flughafen. Statt zurückhaltend ist er eher forsch. Ein junger Mann mit einer schier unendlichen Quelle von Charm, die nicht nur die anderen Reisenden, sondern auch den Zuschauer in den Bann zieht.
                          Dabei entwickeln sich im Verlauf faszinierende Dynamiken zwischen Personen, die sich in sehr intensiven Szenen ab und an entladen. Ob es David ist, der komplett überfordert über die Geschichte Benjis redet und eine freundliche Schulter für sein Leid sucht, oder Benji, der mit seinen eigenen Gefühlen nicht zurecht kommt. Denn so energetisch Benji auch sein kann, so sehr kann er auch jegliche Energie aus dem Raum ziehen. Er erwartet sich von der Reise Epiphanien. Er möchte sich und die Leute um ihn herum bis an die Grenze pushen, um den gewünschten Gefühlen gerecht zu werden. So widert es ihn an, wenn er in der ersten Klasse sitzt, da seine Vorfahren leiden mussten, hat aber kein Problem schwarz zu fahren. Er hat das Gefühl die lasten der Vergangenheit zu tragen und wird frustriert wenn er spürt das es nicht so ist. Dabei ist er auch ein begnadeter Demagoge, der auch in der Panik die richtigen Argumente trifft. Natürlich ist es nicht James seine Schuld das er keine Vorfahren aus Polen hat, aber ihn deswegen so anzufahren ist auch nicht korrekt. Und auch wenn es stimmt das sie mit keiner einzigen Polnischen Person geredet haben, liegt das vor allem auch an Benji selbst. Aber es fällt eben leichter um sich zu schlagen, anstatt die Leere wahrzunehmen. Ich verstehe auch die innige Beziehung die er mit seiner Großmutter hatte, einer der Aspekte welche die zwei wirklich verbindet. Und der zermürbenden Depression, für die er auf dieser Reise immerhin einen Sinn finden wollte. Er braucht eine volle Dosis menschlicher Grausamkeit um sein eigenes Leid ausdrücken zu können. Das alles funktioniert natürlich nur bedingt. Genauso das Haus der Großmutter, das dann viel unscheinbarer und belangloser wirkt. Selbst die nette Geste des Stein legens wird dann von den neugierigen Nachbarn zunichte gemacht. Und so kommen sie dann wieder in New York an, für immer verändert von der Reise, doch nicht in allen Aspekten die sie sich gewünscht haben.
                          Handwerklich ist der Film sehr kompetent. Die Cinematographie ist toll, der Schnitt passt sich wunderbar den Dynamiken an. Man bekommt ein wirklich tolles Bild von Polen und der Reise. Ich finde es ist sehr schwer einen guten Umgang mit dem Holocaust und Konzentrationslagern (spätestens seit dem Schimpftirade von Michael Haneke) zu finden. Und meiner Meinung nach ist Jesse Eisenberg fantastisch gelungen. Wie auch James schon davor sagt, sprechen die Bilder für sich. Die unsägliche Grausamkeit kommt gut zur Geltung mit der Neutralität der Bilder. Ich fand auch die Auswahl an Chopin Stücken und andere Musik von polnischen Musiker ist gut gewählt und richtig toll eingesetzt. Es gibt dem Film auch noch eine extra Portion Charm, auch wenn er das eigentlich gar nicht braucht. Das Wichtigste bei diesem Film ist das Drehbuch und allen voran die Schauspieler. Auf dieser Ebene brilliert der Film. Man will keine Sekunde des Films verpassen. Nicht weil die Geschichte so unfassbar spannend ist, sondern weil die Dialoge so gut sind. Auch die ständig schwankenden Dynamiken und der Wechsel von einer entspannten zu einer schier zerreisenden Atmosphäre ist großartig. Und alle Schauspieler machen einen richtig guten Job. Aber besonders hervorheben muss man Kieran Culkin. Seine Rolle ist der in Succession schon recht ähnlich, aber auch dort war er einfach nur großartig. Er kann so charmant sein und dann wieder so grobschlächtig. Es ist ein Fest!

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                            über Upgrade

                            Upgrade ist ein überraschend cooler SciFi-Cyberpunk Film, der nicht nur mit frischen und guten Ideen daherkommt, sondern auch filmisch ein paar interessante Kniffe hat.
                            Man folgt unserem Protagonisten Grey, der in einer sich ständig technologisch weiterentwickelten Zukunft gerne old school bleibt. Statt mit den automatisch fahrenden, persönlichen Taxis, liebt er es, alte Autos wieder auf Vordermann zu bringen. Und auch wenn es scheinbar gang und gäbe ist, sich das Leben mit technologischen Implantaten leichter zu machen, ist er noch frei von alledem. Bis er nach einem überraschenden Unfall und Überfall nicht nur seine Frau verliert, sondern auch Hals abwärts Querschnittsgelähmt wird. Durch einen Bekannten, für den er auch immer mal wieder an Autos werkelt, bekommt er einen neue Chance. STEM, ein kleiner Mikrochip, der ihm wieder die Möglichkeit zu gehen geben soll. Bei der Frage, was es alles kann, kommt die simple Antwort: alles! Und plötzlich beginnt STEM mit ihm zu reden.
                            Dann legt der Film endlich richtig los. Die Einführung zieht sich etwas, ist aber auch dringend nötig für die sehr gut emotionalen Post Unfall Szenen. Grey ist nicht zufrieden damit, seine motorischen Fähigkeiten zurück zu haben. Schnell entwickelt sich der Film zu einer Art Buddy Cop Movie mit Grey und STEM. Er muss herausfinden, wer hinter dem Anschlag steckt, um dann möglicherweise Rache ausüben zu können. Das möglicherweise wird dann auch schnell gestrichen, als STEM die Befehle von Grey etwas zu wörtlich nimmt. Denn ähnlich wie in den Matrix Filmen, hat auch Grey plötzlich übermenschliche Kräfte und Reaktionsgeschwindigkeit, mit einem unfassbaren Rechner, der jede Bewegung und Schlag aufs Genaueste berechnet. So kommt er des Rätsels Lösung und den sonderbaren Cyberpunk Typen immer näher. Grey ist mit der Situation, die immer weiter aus dem Ruder gerät, überfordert. Doch er genießt auch die Superkräfte, die er durch STEM bekommen hat. Er hat sichtlich Spaß die Leute immer weiter zu pushen und dann auch mit gnadenloser Gewalt zu malträtieren. Der Gewaltgrad ist für den Film fantastisch gewählt. Sehr explizit, aber nie verweilen. Es gibt den Szenen eine richtige Durchschlagskraft, ohne es dabei zu übertreiben. So arbeitet er sich immer weiter voran, mit einer Polizistin, die ihm langsam misstraut, bis zum Finale, das einem einen wirklich tollen Twists auftischt, der im Kontext des Ganzen viel Sinn ergibt.
                            Die Geschichte ist interessant und es bietet einem ständig etwas Neues. Der Plotpunkt mit der Polizistin zerrt etwas am Pacing, macht aber dafür das Ende so viel besser. Der Film ist auch viel mehr Cyberpunk als ich es am Anfang erwartet hätte. Eine tolle Geschichte über Transhumanismus, in der Form einer sich immer weiter brodelnden Revolution (eine Evolution, die plötzlich stattfindet). Von Schusswaffen, die in die Arme verbaut sind, zu sonderbaren Scannern, die man in die Augen einführt, zu kleinen Nanomaschinen, die den gegenüber in null komma nichts ausschalten können. Nur noch mit dem sehr tollen Zusatz der AI, die gerade in Zeiten von Chat GPT, GROK und Deep Think genau ins Schwarze trifft. Zu Beginn lässt er nur ein paar Sachen von STEM erledigen. Vor allem Dinge, die ihm selbst nicht möglich wären. Aber man sieht, wie einfach und effektiv das ganze ist. Das geht dann soweit, dass man das Gefühl hat, dass er am besten fahren würde, wenn er die Kontrolle abgeben würde. Wobei das Verb fahren hier nicht zu 100% korrekt ist, da STEM bei einer Verfolgungsjagd mit Autos Grey wieder die Kontrolle übergibt. Aber auch so lustige Kleinigkeiten, wie dass er als Drucker funktionieren kann, wenn man ihm einen Stift in die Hand drückt. Aber auch die anderen Technologischen Spielereien sind nett. Ob es die VR Junkies sind, die gar nicht mehr in die Realität zurückkehren möchten. Oder irgendwelche (aus HCI Sicht schrecklich designte) Monitore auf der Arbeitsfläche. Zu den Hackern, die sich in irgendwelchen Ruinen niederlassen, um zwischen den Zeilen zu leben. Was ich auch noch lustig fand, waren die persönlichen Taxis. Wenn man es heute sieht, muss man sofort an die fürchterlichen Cybertrucks von Tesla denken, nur dass dieser Film VOR der offiziellen Ankündigung des polygonarmen Fahrzeuges herauskam. Logan Marshall Green (bei dem ich mehrmals schauen musste, ob es nicht doch Tom Hardy oder Cosmo Jarvis ist) spielt die Rolle ausgezeichnet. Die steife Art und Weise, wie er sich bewegt, gibt dem ganzen ein richtig authentisches Gefühl. Und auch in den Kampfszenen wird richtig toll mit seiner Querschnittslähmung gespielt. So muss STEM auch mal den Kopf von Grey physisch drehen, da er keine Kontrolle über alles oberhalb der Schulter hat. Die Kampfszenen sind im Allgemeinen auch sehr gut gelungen. Nicht nur durch die Präzision und Brutalität, die dort an den Tag gelegt wird, auch wie der Raum oder Gegenstände genutzt werden, ist richtig unterhaltsam. Vor allem wenn Grey panisch mittendrin ist und quasi nichts machen kann. Jemand hatte sichtlich Spaß, sich all die Szenen auszumalen, um sie anschließend zum Leben zu erwecken. Ich mag aber auch die Limitationen, die STEM hat. So kann er zwar mit Grey über irgendwelche Vibrationen reden, aber er kann nicht in seinen Kopf schauen. Das lässt Raum für Missverständnisse und Geheimnisse. Ich mag auch die erste Szene mit STEM, wo Grey verständlicherweise sagt, es soll bitte ruhig sein, nur um danach halb durchzudrehen, wenn niemand antwortet. Es ist eben auch irgendwie ein Mann, der dem Wahn verfällt. Der bei all seinen Handlungen effektiv unterstützt wird.
                            Handwerklich ist der Film sehr ordentlich. Das Drehbuch hat ein paar kleine Schwächen, aber am Ende geht alles auf. Die Schauspieler sind ebenfalls alle gut. Und gerade was das Worldbuilding angeht, scheint der Film wirklich. Ich mag z.B. die Kamera, die ihn in jeder Bewegung verfolgt. Man bekommt das Gefühl, dass man via Third Person einen Charakter steuert, was hier ja auch der Fall ist. Wenn man auf Cyberpunk oder Science Fiction und Action steht, kann man nichts mit dem Film falsch machen.

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                              über Humane

                              Humane ist ein Film mit einem faszinierenden Konzept, der leider auf fast jeder Ebene versagt und es nicht schafft, tiefer in diese einzutauchen.
                              Die Klimaziele wurden offensichtlich nicht erreicht und um den Fortbestand der Menschheit zu sichern, muss eine radikale Populationskontrolle stattfinden. Einige Länder haben das perfide Ziel schon erreicht. Nordamerika ist dabei noch hinten dran und versucht mit hilfe eines Entlisments dem Ziel rapide schneller zu kommen. Wenn man sich freiwillig meldet, wird man auf Humane Art und Weise getötet und die Nachfahren bekommen eine viertel Millionen. Ähnlich wie bei dem militärischen Enlistment, leiden darunter meistens die ärmsten der Armen. Sie geben ihr Leib und Leben für Krümel, in der Hoffnung, dass dabei ein besseres Leben für ihre Familie herauskommt. Das Worldbuilding ist in groben Zügen auch nett gemacht. Das niemand wirklich in die Sonne kann, ohne abgeschirmte Schirme zeigt einem gleich wie ernst die Sache ist. Alle Türen und Fenster müssen auch mit einer Folie belegt sein, damit man geschützt ist. Dinge wie die Propaganda und die Poster sind dann etwas überzogen, aber das ist nicht wild.
                              Die Familie, um die es sich in diesem Film dreht, gehört nicht zu den Unterdrückten, die sich am ehesten für diese Massnahme melden. Sie gehören ganz klar zu den 1% der Bevölkerung. Der Patriarch hat die Familie versammelt, um ihnen zu sagen, dass er und seine Frau sich freiwillig gemeldet haben. Als seine Frau Reißaus nimmt, wird alles etwas chaotischer. Den Mitarbeitern von DOCS ist es vollkommen egal, wen sie mitnehmen, nur die Anzahl der Leichen muss stimmen. Und so beginnt das Spiel! Und um ehrlich zu sein, ab hier wird es auch extrem schlocky. Der Umgang mit der Prämisse und den Themen ist auf einer Ebene mit YA Romanen, die sich gerne extreme Umstände nehmen, um darum eine einfache Geschichte zu wickeln. Darunter fallen auch die Informationen, die der Staat sammelt, um einen zu erpressen, wenn es so weit kommen sollte. Auch die Probleme, die sie lösen müssen, lassen den Film wie ein etwas weniger aufgedrehtes Mr. Beast Video wirken. Das kann immer noch gut sein, aber hier verfehlt es leider sein Ziel. Der Film ist gleichzeitig zu abstrakt in seiner Prämisse und zu detailliert und persönlich im Umgang mit der Familie. Das Problem dabei ist, dass die Charaktere nichts anderes als eine Ansammlung von Cliches sind. Ob es Jared ist, der das System tagtäglich verteidigt. Der es als eine Asiatische Plage bezeichnet, worunter auch die Stiefmutter tagtäglich zu leiden hat. Er ist auch nicht dumm und versteht das all die Regeln und Entscheidungen durch und durch Fehlerbehaftet sind, aber das war ihm egal solange er nicht die Konsequenzen tragen muss. Genauso auch die CEO Rachel, der eigentlich alles egal ist. Die erfolglose Schauspielerin Ashley, die wie ein Fähnchen im Wind dreht und der jüngste Adoptivsohn, Noah mit seinen eigenen Problemen. Es hat bei mir einfach gar nicht funktioniert, vor allem wenn man ähnliche Charaktere und Dynamiken schon so viel besser gesehen hat (z.B. Haunting of Hill House, The Fall of the House of Usher und Succession). Der Sprung der Diskussion zum aktiven Töten ging mir auch etwas zu schnell. Vor allem, weil die Motivation durch das Erbe noch weiter undurchsichtig wird. Wollen sie einfach nur überleben? Warum geht es plötzlich um drei Millionen Dollar? Das sich Ashley über so ein Erbe freuen würde ergibt sinn, aber gerade CEO Rachel und Euthanasie Enabler Jared sagen sicherlich nicht nein zu extra kohle, aber nötig war es nicht. Die Konflikte und auch die “Action” darin sind leider auch sehr mau. Und da ist es egal, ob sie es erst mal im Licht besprechen oder später ein Home Invasion-Vibe hat. Und vor allem war es mir im Endeffekt egal, wer jemanden umbringt oder umgebracht wird. Bis auf eine Tochter oder eine unbekannte Freundin bietet keiner der Kids irgendetwas Interessantes. Die Sicht auf nur diese super Nische der Familie mit ein paar Reichen und egoistischen Prototypen ist einfach nicht sehr interessant oder zumindest eine Verschwendung der an sich Interessenten Prämisse. Warum hat man nicht noch Bedienstete, die sie dann stattdessen töten wollen und sich gegen die Familie wehrt? Oder wenn es eben gar nicht um die Familie geht, sondern es ist tatsächlich eine kleine Ortschaft von 100 Leuten, die dann entscheiden müssen, 20 Menschen umzubringen. Wie macht man das? Wählt man nach Alter? Nach Potential? Werden einfach Familien ausgelöscht? Kann man dann seinen Nachbarn noch vertrauen? Wie weit würde das gehen? Oder stellen sie sich gegen die Regierung auf die Gefahr hin, dass sie alle sterben. Das ganze wird auch noch schlimmer, wenn man das Ende in Betracht zieht. Die Entführung ist ein ganz netter Twist. Genauso auch die Propaganda am Ende. Aber soll ich wirklich glücklich sein, dass all die reichen Arschlöcher davongekommen sind? Vielleicht geht es manchen so, aber bei mir ist das nicht auf Gegenliebe gestoßen. Immerhin gibt es einen interessanten Charakter: Bob. Ein perfekter Lawful Evil Charakter, der klar Freude an dem hat, was er macht. Auch hier hätte man gerne etwas tiefer eintauchen können. Von all den moralisch bankrotten Menschen, die sich eine Freude daraus machen, Menschen zu quälen und zu töten, alles in dem strengen Korsett der Gesetzgebung. Auch die Dynamik mit der CEO Tochter ist ganz nett. Auch wenn es eigentlich nirgendwo hin führt. Schön gezeigt in der Szene, wo sie für eine Sekunde das Wohnmobil klaut und dann sofort aufgibt.
                              Es hilft auch nicht, dass das Drehbuch sehr mittelmäßig ist. Nicht nur im Umgang mit der Prämisse oder den Charakteren, sondern auch einfach in den Dialogen. “He also fucking killed that woman in the accident”, liest sich wie ein erster Draft, nicht wie ein finales Skript. Aber auch auf anderen handwerklichen Ebenen ist der Film enttäuschend. Die Cinematographie geht so gut wie nie über grobes zeigen der Dinge hinaus. Genau so auch der Schnitt und der mittelmäßige Soundtrack. Und dann gibt es noch ein paar sehr explizite Gewaltszenen, die Handwerklich toll sind, aber überhaupt nicht in den Film passen. Die Schauspieler machen allesamt einen guten Job, wenn auch nicht herausragend.
                              Humane hätte eine wirklich tolle Erörterung über Klimawandel und harte Entscheidungen sein können. Stattdessen bekommt man einen inszenatorisch und erzählerisch drögen Film, der auf keiner Ebene brilliert. Spart euch die Zeit.

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                                über Scratch

                                Neben Filmen gehört Musik zu meinen absoluten Lieblings Hobbies. Ob es darum geht, Musik zu hören, zu erleben oder selbst zu machen. Und schon seit meiner Jugend liebe ich Hip-Hop. Damals habe ich auch diese Dokumentation gesehen, die mich absolut umgehauen hat. Nach ein paar sparsamen Monaten konnte ich dann endlich ein Turntable und ein Mixer mein eigen nennen. Mit dem alten Plattenteller meiner Eltern auf der anderen Seite hatte ich viel Spaß, eigene und aussortiertes Vinyl zu bearbeiten. Scratch The Movie ist eine Dokumentation, die mir persönlich viel bedeutet und die ich alle paar Jahre wieder anschaue.
                                Die Dokumentation war damals schon ausgezeichnet und reifte über die Jahre immer weiter. Ein faszinierender Einblick in die Geschichte der Hip-Hop Subkultur, der Entstehung und ständigen Entwicklung der Kunst des Turntablism. Von der Rolle des DJ, wie dieser sich gewandelt und entwickelt hat. Wie es Dendemann so schön in Discjockeys sagt: “Und der DJ vor dem MC auf dem Flyer stand. Ich will nich' sagen, ohne die Jungs wär's ganz verschwunden Aber naja, Sie haben's erfunden”. Zum Aufstieg der MCs durch technologischen Fortschritt und Drum Machines. Über dem Song “Rockit” der Jazz Legende Herbie Hancock zu DJ Q-Bert, wie er über Aliens und metaphysische Transformation redet. Zu der Kunst des Samples, was mich auch bis heute noch am Hip-Hop begeistert. “I remember I was stealing old records from my aunt's closet. Back in the days I didn't even know that I could make a profit off it [...] The selective approach provides the essential conditions for creative freedom” (Quasimoto - Loop Digga). Mit den Stimmen von absoluten Koryphäen der Kultur wie Grand Wizard Theodore (der Erfinder des Scratchens), Mix Master Mike (Beastie Boys), Cut Chemist (Jurassic 5), DJ Babu (Dilated People), DJ Shadow, DJ Premiere (Gang Starr) und die ganze Crew der X-Ecutioners und Invisibl Skratch Piklz. Von den verschiedenen Künstlerischen Ausdrucksweisen die man mit einem Turntable erreichen kann, zu der absoluten Hingabe für ihr Handwerk.
                                Und auch auf handwerklicher Basis glänzt dieser Film absolut. Das Pacing ist fantastisch, man bekommt in so einer kurzen Zeit so ein großartiges Gefühl für die Geschichte und Passion dahinter. Der Schnitt und die Verwebung der Bilder, Interviews und Musik sind absolut großartig! Es ist halt auch faszinierend, wenn man bedenkt, wann die Doku entstanden ist. Es war quasi eine hochzeit des Turntablism, die sich über die Jahre etwas verlaufen hat, aber nie ganz versiegt ist. Wenn man Interesse an dem Thema und der Musik hat, ist die Doku ein absolutes Muss. Man kann sie auch ohne Probleme auf YouTube in seiner Gänze betrachten!

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                                  Conclave ist ein Film, bei dem nach zehn Minuten mein Herz höher geschlagen hat und meine Begeisterung von Szene zu Szene stieg, sodass ich am Ende keine andere Wahl hatte, als dem Film einen perfekte Bewertung zu geben. Eine wunderschöne Erörterung über so große Themen wie Glaube, Politik und den Konflikt zwischen Idealismus und Pragmatismus.
                                  Ich war schon vorher sehr gespannt, da ich die Prämisse faszinierend finde. Der Vatikan ist wirklich eine kleine Welt für sich, in die man normalerweise keinen tiefen Einblick erhält. In eine tausende Jahre alte Institution, die sich mit Hilfe von großen Einflüssen, gelenkt durch alte Traditionen, so lange halten konnte. Ein großartiger Nährboden, um so viele interessante Themen zu bieten und vor allem ein tolles, in sich geschlossenes politisches Drama. Die Review enthält Spoiler.
                                  Der Papst ist plötzlich gestorben und die Welt im Vatikan kommt zum Stillstand. Abgeschlossen vom Rest der Welt müssen sie im innersten Zirkel einen neuen Papst wählen. Unser Protagonist Lawrence ist der Dekan des Kardinalskollegiums und somit für die Papstwahl verantwortlich. Dabei gibt es verschiedene Fraktionen, die für den heiligen Stuhl in Frage kommen. Ein konservativer Bischof aus den USA, Tremblay. Der erzkonservative Bischof aus Nigeria, Adeyemi. Der italienische Kandidat, der am liebsten das Rad der Zeit zurückdrehen möchte, Tedesco. Und ein italienisch liberaler Kandidat Bellini. Doch bevor die Konklave beginnt, taucht ein überraschungsgast auf, der seinen hohen Titel in Pectore (an der Brust/im Herzen also im Geheimen) vom letzten Papst bekommen hat. Ein Mexikaner der sich vor allem in Krisengebieten einen Namen gemacht hat. Der etwas anderes in das eher starre Kollegium bringt.
                                  Die verschiedenen Fraktionen sind gut abgestochen und die ständig wandelnden Dynamiken bleiben durchweg spannend. Auch wenn es eigentlich eine Wahl für den fähigsten Kandidaten sein soll, ist es im Grunde ein Spiel um Überzeugung und Einflüsse. Der Film hat auch ein Krimi-Element, mit gewissen Ungereimtheiten, die sich in der abgekapselten Welt entwirren. Angefangen mit einem Gerücht, dass der alte Papst jemandem seine Bischoff-Rolle aufgrund eines Verstoßes entziehen wollte. Eine besorgniserregende Information, der es aber an Beweisen fehlt. Vor allem weil der Bischoff nicht dumm ist und genau weiß, wie man das Spiel spielt. Von einem Kandidat dessen Sünde aus der Vergangenheit ihn einholt und ihn aufgrund eines potentiellen Sex Skandals nicht mehr möglich ist, Papst zu werden. Zur Überzeugungsarbeit in der Kantine. Bei dem sich aus einer Beobachtung eine brennende Rede entwickelt. Von den Clustern, die sich immer und überall bilden. Das wenn man nicht weiß, wo man sich setzten solll, am ehesten zu den eigenen Landsleuten tendiert. Eine kleine Spaltung innerhalb der Kirche, basierend auf der Sprache. Eine Anspielung an den Turm von Babel. Ein Bauprojekt aus dem Genesis: “Er sprach: Seht nur, ein Volk sind sie und eine Sprache haben sie alle. Und das ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein, was sie sich auch vornehmen. Auf, steigen wir hinab und verwirren dort ihre Sprache, sodass keiner mehr die Sprache des anderen versteht. Der Herr zerstreute sie von dort aus über die ganze Erde und sie hörten auf, an der Stadt zu bauen.Darum nannte man die Stadt Babel (Wirrsal), denn dort hat der Herr die Sprache aller Welt verwirrt, und von dort aus hat er die Menschen über die ganze Erde zerstreut.” (Genesis 11:6-9). Er spricht von einem frühen Moment der Welt, direkt nach der Flut, in dem die Menschen eine Einheit waren. Verbunden und vereint über eine Sprache, die für ihn Latein ist. Aber es hat schon einen Grund, warum Latein nicht mehr die einzige Sprache der Kirche ist, denn auch wenn es vielleicht die Kirche unter sich einigen würde, entsteht dabei auch eine gigantische Kluft zu allen anderen. Eine tolle Beschreibung von dem, was er möchte. Ein Abheben und eine Besonderheit, die sie vom Rest der Welt trennen soll. Und dazwischen: Mit einem Kandidaten, der als einziger irgendwelche progressive Ideen hat, aber diese auch aus strategischen Gründen unter Verschluss halten möchte.
                                  Jede Wahlrunde läuft dabei äußerst strikt ab. Ein Beisammensein in der sixtinischen Kapelle, bei der jeder Bischoff einzeln seine Stimme abgibt und die Ergebnisse dann Stück für Stück herausgegeben werden, bis es klar ist, ob es einen Gewinner gibt. Der stärkste Indikator des Films, wie sich die Dynamiken zwischen den Wahlrunden ändert. Und auch wenn man denkt, dass gerade politische Entscheidungen eigentlich relativ fest sein sollten, wandeln sich diese doch dramatisch. Der Film macht auch großartig klar, wie es in solch einer Situation keine Neutralität gibt. Jede Handlung und jedes Wort hat eine Bedeutung, selbst wenn es eine strategische Stille ist. Und den Konsequenzen sind die Intentionen egal. Die Wechselwirkungen von allem werden hier wunderschön und klar gezeichnet. Das wird besonders in Lawrence klar, der versucht, mit Worten andere zu erreichen, der im moralischen Twists steht, inwiefern er die Wahl mit den neuen Informationen beeinflussen soll.
                                  Und dann gibt es noch die erschütternden Signale von außen, die den Ablauf eigentlich nicht stören sollten. Einer der Kardinäle nutzt die Angst, sich zu profilieren. Als eine Gegenbewegung zum Wahnsinn, der in der Welt herrscht. Reaktionär und Populistisch heizt er die Stimmung immer weiter auf, bis sich eine Stimme gegen ihn stellt. Von einer Seele, die Krieg miterlebt hat, der den Auftrag sich um die verzweifelten Seelen zu sorgen angenommen hat, und deshalb etwas anderes bietet. Statt politischen Richtungen beruht er dabei auf dem Kern der Wahrheiten der Kirche.
                                  Es geht in dem Film um den Seiltanz zwischen Idealismus und Pragmatismus und die Rolle, die der Papst dabei einnehmen sollte. Von der Erpressung und Manipulation, um sich nach oben zu katapultieren. Von extremen Ansichten, welche den Fortschritt der Kirche um 60 Jahre zurück setzen würde. Von einem progressiven Plan, bei dem man aber lieber die Rolle der Frau auslassen sollte, weil man sich damit zu viel verärgert. Mit gewaltsamen Signalen aus der Welt, für die man gerade eigentlich da sein sollte. Und hier ist Lawrence als Veranstalter der Wahl in einer besonderen Situation. Als es zu hitzig wird, greift er zu klaren Worten. Darüber wie ihre Diversität eine unabdingbare Stärke der Kirche ist (It is this variety, this diversity of people and views which gives our church its strength) und über die Gefahr der Gewissheit (There is one sin which I have come to fear about all others. Certainty. Certainty is the great enemy of unity. Certainty is the deadly enemy of tolerance). Worte, die an den Kern des Glaubens appellieren sollen, aber ihr Ziel verfehlen. Bellini hat es am spitzesten gesagt: “Save your precious doubts for your prayers." Und die Frage, die in diesem Konflikt steckt, was einen guten Papst/Anführer ausmacht. Ist es Überzeugung? Ist es Stärke? Ist es das Bewahren von Idealen oder das Leiten in eine neue Zeit? Soll er ein Politiker sein, der vielleicht auch etwas bewegen kann. Oder doch ein Idealist, um diesem Ideal auf Erden näherzukommen. Soll er diese Ambitionen haben oder macht ihn das für das Amt ungeeignet? Oder soll es jemand sein, der das Amt gar nicht haben möchte, weil er es dann mit tiefstem Respekt trägt, und nicht aus Machtgier. Und was hat eigentlich der alte Papst ausgemacht, der in Paranoia alle seine engsten Vertrauten überwacht hat und einen Brief in seinem Bett versteckt hat. Der vielleicht aus Druck von außen dazu gedrängt wurde. So oder so, fühlt er sich nicht an wie eine passende Repräsentation für die Vertretung Jesu auf Erden.
                                  Und was hat es mit dem enigmatischen Charakter auf sich? Schon in der ersten Wahl hat er eine Stimme erhalten, bei dem er sich verbürgt, dass er es selbst nicht wahr. Und wenn bei allen anderen die Anzahl der Stimmen fluktuieren, sammelt er stetig weitere Stimmen. Was hat er zu den anderen Kardinälen gesagt? Der auch den Nonnen für das Essen dankt, was von der Oberschwester nur mit einem sarkastischen Schnauben gewürdigt wird. Mit einem Lebensweg, der dem Geiste Christus am ehesten entspricht. Der auch lange Gespräche mit Lawrence führt, und ihm sein Vertrauen ausspricht, auch wenn Lawrence das gar nicht möchte. Und dann die letzte Wahl, die ein Ergebnis liefert, das sich einfach korrekt anfühlt. Inklusive dem letzten Twist, den ich echt nicht kommen gesehen habe. Der einerseits egal für die Entscheidung sein soll und dadurch, dass es egal ist, auch so wichtig ist. Ein faszinierender Curveball, der dem eh schon guten Ende noch so viel mehr Bedeutung und Klarheit gibt.
                                  Ich möchte noch gerne über Lawrence als Charakter, außerhalb des politischen Geschehens, betrachten. Er ist ein absoluter Profi, ein waschechter Diplomat, der den dekadenten Pfad vor ihm durchwandert. Der alles in seiner klarsten und korrektesten Form machen möchte. Der selbst bei größtem Stress den anderen den nötigen Respekt und Raum gibt. Der Arme verstörte Nonne aus Afrika, der er durch eine Beichte ein Gefühl der Sicherheit geben konnte. Der dem entblößten Kardinal klar macht, dass es nicht an ihm oder gar an Gott liegt, sondern nur auf politischer Ebene nicht mehr möglich sein kann, dass er Papst wird. Der mich mit seiner Ansprache über Gewissheit komplett überrollt hat. Eine wunderbare erörterung von Glauben, Überzeugung, der ambigen und fragilen Natur einer ‘Wahrheit’ und dem Verhalten und denken des Menschen. Gewissheit macht es einem einfach, aber sie ist unflexibel und selbst sabotieren, um eine wirkliche Wahrheit einfangen zu können. Der über die Brille des alten Papstes zum ersten Mal den Verlust richtig spüren kann. Der inmitten der Wahl mit seinen eigenen Unzulänglichkeiten zurechtkommen muss. Meine Frau denkt, dass er Parkinson haben könnte. Die starre Mimik, wie steif der Körper sich bewegt, wie er statt die Hände übereinander zu legen, sich an ihnen festhält und natürlich den Ziplock, den er nicht aufbekommt. Der sich wirklich nicht in der Lage fühlt, die Rolle des Papstes einzunehmen. Der dann am Schluss auch mit seinen Entscheidungen zufrieden sein kann. Der eine kleine Schildkröte zurück in den Tümpel gibt, während mit Rauch das Ergebnis der Wahl verkündet wird, und sich alles mit dem Jubeln der Masse füllt. Der nach alledem endlich wieder seine Fenster öffnen kann und dabei sieht, dass sich im Grunde nichts geändert hat. Denn das ist auch ein schöner Aspekt des Filmes. Ob der neue Papst der Kirche gut tut oder welche Konsequenzen sich auch immer daraus entwickeln, finden wir nicht heraus.
                                  Ich mochte den sehr feinfühligen Einblick in die Welt des Vatikans sehr. Von dem Ring, der dem gerade Verstorbenen abgenommen wird, und dann mithilfe eines wirklich schönen Gerät unbrauchbar gemacht wird. Das Zerstören des Siegels, um mögliche Coups und Fälschungen zu verhindern. Eine uralte Tradition, die für den Erhalt der Päpstlichen Autorität geschaffen wurde. Auch das Siegel, mit dem das Zimmer des alten Papstes verschlossen wird, hat bei mir ein Gefühl der Ehrfurcht ausgelöst. Genauso auch das Brechen desselben, um der Wahrheit ein Schritt näher zu kommen. Und die Reaktion der Oberschwester, der dieses unheilige Verhalten bemerkt. Der Wahlvorgang, mit den Durchlöchern und verbinden der Wahlscheine und dem Verbrennen derselben, ist ebenfalls sehr ehrfürchtig inszeniert. Die Rituale haben Pathos in sich und die werden gut an den Zuschauer rübergebracht. Es fühlt sich wie ein mittelalterlicher Prozess an. Aus einer Zeit mit Königen und Fürsten. Und das liegt daran, dass es genau das ist. Ein eigener kleiner, strikt regulierter Mikrokosmos, der sich für die Wahl auch gegen außen abgeschirmt. Es fühlt sich so befremdlich an. Handlungen so tief triefend in Tradition. Erarbeitet über tausende von Jahren, in einer Welt, die sich dabei extrem verändert hat.
                                  Handwerklich kann brilliert der Film auf jeglicher Ebene. Der Vatikan ist wunderschön inszeniert mit großartigen Bildern. Das Ganze wird auch narrativ gut kontrastiert, mit Bilder und Eindrücken aus einem der beeindruckendsten Gebäude der Welt, begleitet von dröhnenden Bohrern und dem Ausrollen eines roten Teppichs. Vor allem wenn die Räume leer sind, spürt man das Paradox des Bedeutungsschwangeren Räumlichkeiten und der Mondänität, dass alle Kardinäle einen Platz zum Sitzen haben müssen. Der Film geht auch großartig mit Farben um. Gerade die Kostüme geben der Kirche einen Swagger, den ich nicht erwartet hatte. Mit Roben, die ebenfalls aus tiefer Geschichte und Bedeutung zehren. Aber auch erzählerisch werden die Stilmittel gut genutzt. Bei der ersten Befragung von Tremblay sieht man nur Lawrence, wie er über ihm steht, bis zu dem Schock, den Tremblay dann plötzlich ganz klein wirken lässt. Der Soundtrack ist ebenfalls großartig und wird extrem effektiv eingesetzt. Aber noch besser sind tatsächlich die stillen Momente, die durch das grandiose Sound Design in unendliche Höhen gehoben werden. Lawrence seine Atemgeräusche sind wie der Herzschlag des Films, die ihn auch in den einsamen Momenten nicht allein lassen und trotz alledem eine Beständigkeit bieten. Und die Besonderheit von allen Geräuschen, die aus dieser Stille leise hochkochen. Das ganze wird wunderschön in einer Szene zusammengefasst, in der bei den Wahlen ein leichter Luftzug und das Zwitschern eines Vogels alle kurz inne halten lässt. Edward Berger versteht es, einen Film zu machen. Und er versteht es die richtigen Leute um sich zu haben. Mit einem Drehbuch, das so wunderbar vielschichtig und prägnant ist. Mit keinem Fett in dem Plot, den Bildern und der Erzählung. Und eine Riege an Schauspielern, die alle in ihren Rollen absolut überzeugen. Ralph Fiennes ist eh ein fantastischer Schauspieler. Aber das, was er hier liefert, ist selbst für so einen außergewöhnlichen Schauspieler außergewöhnlich.
                                  Conclave ist ein Film, der mich zutiefst berührt hat. Der sich unmengen von Themen und Ideen vor nimmt und auf allen Ebenen liefert. Ein Film, bei dem man in jeder Szene spürt, wie viel Mühe und Geschick man gegeben hat. Der all meine Erwartungen bei weitem übertroffen hat. Ein Meisterwerk der Erzählkunst.

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                                    Nach dem 1995 Power Rangers Film ist das Reboot 22 Jahre später der einzig nächste logische Schritt. Ein Film, der trotz der damaligen Starpower von Bryan Cranston und einem sicherlich unendlichen Nostalgie Potential einfach nicht abheben konnte. Aber warum? Superhelden verkaufen sich immer noch und Breakfast Club ist ein fantastischer Film. Warum hat es dann nicht geklappt?
                                    Ich glaube, das liegt allen voran an dem Versuch, eine Ernsthaftigkeit mit viel Pathos in die Welt der Power Ranger zu injizieren. Das funktioniert schon gar nicht, bevor die Geschichte überhaupt losgeht. Power Rangers ist eine Show um Spielzeug zu verkaufen. Eine Power Fantasie für Kinder, in dem jeder ein Superheld mit coolen Gadgets sein kann. Ernsthaftigkeit hat da erstmal nichts verloren. Und das soll nicht heißen, dass es nie funktionieren kann. Aber damit es funktioniert, muss man eine gute Geschichte auf phänomenale Art und Weise inszenieren. Nehmen wir “The Dark Knight” von Christopher Nolan, bei dem man irgendwann vergisst, dass es sich um einen Comic Buch Charakter handelt, der in einem Fledermauskostüm gegen einen Clown antritt. Das schafft dieser Film an keiner Stelle. Es fühlt sich eher so an, als ob sich der Film dafür schämt, die Power Rangers als Vorlage zu haben. Dabei sind diese Szenen die besten. Aber was will man auch erwarten mit fünf verschiedenen Leuten, die allesamt am Drehbuch mitgewirkt haben. Der Film fühlt sich leider nicht nach einem Passion-Projekt an, sondern ein kalküler Zug, um die Power Ranger wieder besser vermarktbar zu machen. Und das Produkt das dabei entstanden ist, wirkt wie ein Film für niemanden.
                                    Zugegeben, es ist auch nicht leicht, in einem Film so vielen Charakteren genügend Raum zu geben. Man hat Jason, der nach einem Kuh-Masturbationsdelikt eigentlich das Haus nicht verlassen darf, mit einem Vater, der klar von allem überfordert ist. Dem dann die Bürde des Team Leaders aufgetragen wird, die dann nicht wirklich gut ausgearbeitet ist. Man hat Kimberley, die ihre Freunde cybermobbte und jetzt mit den Konsequenzen leben muss. Man hat Trini, die einfach nur ein angsty Teenager ist, deren Mutter scheinbar ein Problem mit ihrer Sexualität hat. Zach, der starke soziopathische Züge und eine kranke Mutter zu Hause hat. Und Billy, der eigentlich nur autistisch ist und bis auf zurückschlagen eigentlich nichts dabei lernt. Den seit 65 Millionen Jahren toten Zordon, der die Kraft der Kinder nutzen möchte, um wieder auferstehen. Und Rita, die einfach nur Böse ist. Alle Konflikte sind nicht besonders interessant oder gut erzählt. Teenager sind nunmal dramatisch. Es nimmt zu viel Zeit ein und das, was am Ende erzählt wird, ist die Zeit, die es gebraucht hat, einfach nicht wert. Das hätte man auch spielerischer erzählen können. Klar, es wäre nicht so düster gewesen, aber da man eh kaum mit den Charakteren mitfühlt, hätte man auch darauf verzichten können.
                                    Ich verstehe auch nicht genau was sie mit Zordon machen wollten. Ich habe keine Ahnung von dem Charakter und fand die Idee, ihn etwas ambig zu machen, auch ne gute. Es führt leider zu nichts, die wundersame Wiedergeburt mit eingerechnet. Ich fand die Sequenz, bei der Zordon Visionen von Rita in ihre Köpfe beamt, auch überraschend verstörend. Er ist so distanziert und kühl, das ich gar nicht verstehe warum die Teenager ihm überhaupt trauen. Wenn jemand mein Vestand auf diese Weise vergewaltigen würde und mir anschließend eine Grube zeigen will, wäre ich glaub ich nicht so begeistert. Rita ist auch so eine Sache. Es ergibt kein Sinn das sie nach 65 Millionen jahren gerade JETZT wieder auftaucht. Es ist interessant, dass sie früher ein Ranger war. Aber damit wird leider auch nichts gemacht. Sie ist im Grunde einfach nur Böse. Und das kann man ja auch machen. Aber nicht wenn sich der Film so ernst nimmt.
                                    Der Film hätte stark davon profitiert, den Fokus auf Jason und seine Rolle als Anführer zu legen. Die anderen hätten auch allesamt die gleichen Probleme haben können, nur dass sie diese mit Hilfe der anderen Rangers überwinden und somit wirklich zu einem Team zusammenwachsen. Oder man hätte Rita einfach besser nutzen können. Dass sie zu Jason geht und ihn davon überzeugt, dass Zordon lügt und sie nur ausnutzen möchte. Oder auch ein Star Wars, bei dem jemand auf die dunkle Seite der Macht gezogen wird. Und gerade Kimberly als Cybermobber hätte sich da perfekt angeboten, um ihr auch einen Ark zu geben, in dem sie aus ihren Fehlern lernt und nicht einfach nur das Auto ihrer Opfer mit ihrem Roboter zu schrotten.
                                    Der komisch geerdete Ton funktioniert auch nicht in den Actionszenen. Soll ich wirklich glauben, dass die Kids vom Breakfast Club eine brutale Verfolgungsjagd veranstalten würden, bei dem die Leute auf Autodächer einschlagen, nur um dann am Ende von einem Zug erwischt zu werden? Auch wenn sie ihre Kräfte testen wollen und über die Schlucht springen, wirkt es nur halb so cool, wie sie es gerne hätten. Es ist einfach kein Chronicles. Und das ist auch okay. Aber dann macht es doch bitte anders. Die ganzen Szenen auf dem Schiff und die drögen Trainings Montagen zehren ebenfalls an dem eh schon dürftigen Pacing.
                                    Die Schauspieler machen allesamt einen okayen job. Ich habe das Gefühl, dass hier die Direktion einfach nicht da war. Lass uns was vor dem Greenscreen aufnehmen und den rest machen wir in der Post. Man spürt förmlich, wie Bryan Cranston die Dialoge von Zordon an einem Tag aufgenommen hat. Man sieht, wie Elizabeth Banks verschiedene Sachen ausprobiert, die aber allesamt nicht so gut zusammenkommen. Auch die Kids in den Cockpits sind leider alles andere als überzeugend. Apropos Zords, da hätte ich mir auch gerne mehr gewünscht, außerhalb einer Sonntagsfahrt, die fast einige Familien für immer zerrissen hätte und der Kampf am Ende. Immerhin ist dieser ganz nett inszeniert und erinnert tatsächlich etwas an den 1995 Film. Dagegen war Megazord um einiges enttäuschender. Es ist cool, dass die einzelnen Zords transformieren, um einen gigantischen Roboter zu erschaffen. Es ist weniger cool, in eine Grube geschubst zu werden und durch Zauberhand mit einem gigantischen Roboter herauszukommen. Auch wenn man bei Goldar auch manchmal das Gefühl hatte, dass sie aus Kostengründen nochmal auf GCI Aufnahmen aus dem 1995 zugegriffen haben. Nicht in jedem Shot, aber gerade wenn es um das flüssige Gold geht, steht Goldar Ivan Ooze in nichts nach. Das Design der Anzüge und der Megazord waren auch sehr enttäuschend. Es ist ein Franchise das hauptsächlich Spielzeug verkaufen möchte. Wer aber bitte möchte Actionfiguren mit diese komischen unansprechenden Design? Was sie mit Alpha 5 gemacht haben ist auch etwas schade. Ich mag Bill Hader, aber da hätten sie gerne auch noch mehr machen können. Er ist doch ein guter Comedian. Experimentiert doch etwas mit irgendwelchen Filtern!
                                    Aber der Film hat auch einige kompetente Sequenzen, wie zum Beispiel die sich drehende Kamera bei der zuvor genannten Flucht. Ich finde tatsächlich auch das Angel Grove, auch wenn man nicht so viel davon sieht, auch sehr nett inszeniert ist, als kleine unbedeutende Stadt im nirgendwo. Ich mag die Szene in der Cafeteria, in der die Medaillons alles zum Kochen bringen. Und auch wenn sich am Finale vieles unausgegoren anfühlt, war der Rita Bitch Slap into Space schon was schönes.
                                    Ich habe ehrlich gesagt etwas Schlimmeres erwartet. Aber es ist auch kein Wunder, dass es nie einen Nachfolger für den Film gab. Zu lang und dröge, mit dem fehlenden Fokus was das Franchise ausmacht. Ein Versuch einen Film zu machen, der möglichst viele Erreichen soll, und dabei für niemanden ist.

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                                      Ich mochte den ersten Joker Film. Es war ein sehr feinfühlige Erörterung eines psychisch gestörten Menschen, der bis an seine Grenzen gepusht wurde und zurückgeschlagen hat. Ein wirklich toller Film, bei dem oftmals die Realität und Fiktion untereinander verschwimmen. Folie Á Deux versucht dabei, die Geschichte nach dem furiosen Finale weiterzuführen. Mit einer Erörterung, die sich für mich im Kreis dreht und zu keinem Ergebnis kommt. Gespickt mit Musical-Einlagen, die die Abgrenzung zwischen Realität und Fiktion klarer gestalten möchten, sich dabei aber einfach unnötig anfühlen. Folie a Deux ist ein Experiment, das für mich nicht funktioniert hat.
                                      Die Frage diesmal ist aber, wer ist Arthur Fleck und wer ist der Joker? Das wird auch schon schön in dem Cartoon Intro dargestellt, wo er gegen seinen eigenen Schatten kämpft. Dabei wird schnell klar, das der konflikt Arthur an sich nicht wirklich berührt. Es ist eine Strategie seiner Anwältin um ihn von der Todesstrafe zu retten. Und es ist der Konflikt zwischen dem Bild das die Außenwelt vom Joker hat, und dem was Arthur Fleck wirklich ist. Die Prämisse an sich ist eine gute. Aber sie ist in sich schon sehr ambig, und wird durch die verwässerte Narrative noch weiter zerfranst. Mit Entscheidungen, die so wirken, als ob man sie nur getroffen hat, um den Zuschauer zu nerven. Und das muss auch passieren, wenn man die Erwartungen von Joker mit der Realität von Arthur Fleck kontrastiert. Destilliert durch Lee, die einzig allein eine eigene Wunschvorstellung von Joker vergöttert und nur der offensichtlichen Hülle von Arthur Gehör schenkt. Das merkt man auch in zärtlichen Szenen zwischen ihnen, wo sie ihn anmalt und kleidet wie ein Mädchen eine Puppe hübsch machen würde. Aber er wird eh nicht ernst genommen, was auch in der dynamik mit den Wächtern gezeigt wird. Er ist ein williges Mobbing Opfer, mit dem man es machen kann. Sie sehen nichts von dem grausigen Joker, den andere aus ihm herauskitzeln wollen. Die Gerichtsverhandlung an sich hätte auch sehr faszinierend sein können, gerade mit den unzähligen Anhänger von Joker, die dann seine Sologang feiern. Er hat eine Wirkung auf andere und weiß selbst nicht was er damit machen soll. Er wird zu einer abziehfigur von etwas, das aus ihm herauskam, aber nichts mit authentizität zu tun hat. Seine Verteidigung fühlt sich dabei auch nicht clever oder subversiv an, sondern nach einer weiteren Geduldsprobe. Die Befragung von Puddles ist meiner Meinung nach die stärkste Szene des Filmes, bei dem auch die Fassade des Jokers bröckelt, der sich über alles hinwegsetzen möchte. Arthur muss erkennen, dass er einen Menschen, den er eigentlich mag, für immer auf eine besondere Weise zerstört hat. “Cause I can’t be who you want me to be. It was all just a fantasy. There is no Joker. It’s just me.” Der wichtigste Punkt des Filmes, auf den alles hin lief, und dann jäh von einer Explosion gebrochen wird. Einer weiteren enttäuschten Flucht und einem Twist, der an sich Sinn ergibt, aber sich nicht zufriedenstellend oder erarbeitet anfühlt. Es ergibt alles schon Sinn. Szenen, Dialoge und Charaktere reagieren logisch aufeinander und der Film geht auch irgendwie voran. Aber da man in den Schuhen von Arthur Fleck steckt und er selbst nicht weiß was er möchte, wabbert alles grob vor sich hin bis zum Ende. Es greift zwar die gröbsten Aspekte des ersten Films auf, geht dabei aber auch niemals wirklich in die Tiefe. Vor allem wenn es auch so ins Extreme gedreht wird wie hier. Und man kann auch gerne die Aussage am Ende machen, das alles inkonsequent ist. Aber das hinterlässt immer ein bedrückendes Gefühl der Leere, das ohne einen Fokus, verschwenderisch anfühlt. Er hat die Morde begangen. Wenn die Strategie seiner Verteidigerin aufgegangen wäre, hätte er auch keine rosige Zukunft gehabt. Wenn er auf Harley und die anderen Joker anhänger hört, gibt es auch quasi keine Zukunft. Er ist ein Fähnchen im Wind und die egal wohin dieser ihn treibt, landet er in einer Sackgasse. Er lebt, quält sich, versucht irgendwelchen Ansprüchen zu entsprechen und endet am Ende blutend am Boden. Und das Ding ist, ich mag auch deprimierende Filme. Aber selbst diese müssen einen Punkt haben, und den finde ich hier nicht.
                                      Und jetzt, wo ich mit der Geschichte fertig bin, kann ich auch über die Musical Nummern reden. Für die Geschichte an sich sind sie traurigerweise allesamt sehr irrelevant. Sie werden genommen, um das Innenleben von Arthur zu widerspiegeln, das am Ende leider zu nichts führt. Nur wo eine Musical Nummer normalerweise eine innere Wahrheit der Charaktere darstellen soll, fühlt es sich hier nach dem Aufbau eines Lungengerüstes an. Alle Songs spielen auf einer klaren Bühne und stehen im starken Kontrast zu dem Rest des Filmes. Sie haben auch nie einen direkten Einfluss auf das, was geschieht. Sie wirken eher wie Fußnoten für Zuschauer, die nichts aus dem Kontext des Filmes ziehen können. Das gibt den Szenen auch ein Gefühl von einer unnötig “künstlerischen” Art und Weise, den Zuschauer bloßzustellen. Es hilft halt auch nicht, dass es allesamt Coversongs sind, was ihnen nicht mal ein authentisches Gefühl gibt. Sie sind allesamt nicht schlecht inszeniert und auch an sich schön vorgetragen. Aber das Gefühl, dass man ständig auf der Stelle tritt, wird durch die Songs nur noch verstärkt.
                                      Die Kamera wird gut genutzt, um die gespaltene Narrative darzustellen. Vor allem in den auffälligen Szenen, die mit einer intradiegetischen Kamera gedreht wurden, gibt einem ein Gefühl von Authentizität auf allen Ebenen. Der Film hat auch ein paar wirklich schöne Szenen, die dann leider im gesamten Kontext des Films nicht wirklich tief gehen. Die Szene mit den vier Wächtern mit Schirmen und Arthur in der Mitte ist schon ein gutes. Auch wenn er im Regen festgekettet wird und lauthals lacht, ist stark. Aber ohne tiefere Introspektion führt das leider auch nirgends hin. Denn Arthur ist am Anfang zermürbt, einsam und gespalten, und am Ende ist er zermürbt, einsam, gespalten und erstochen. Er versucht, sich etwas in der Maske von Joker zurechtzufinden, aber auch hier merkt man, dass er nur ein Laienschauspieler ist. Joaquín Phoenix ist genauso gut wie der erste Teil. Aber der Film gibt einfach nicht mehr her. Die Narrative ist zu zerstückelt und unklar und das wird auch nicht besser durch die ständigen Songs, die sich wie ein Fremdkörper anfühlen. Lady Gaga macht ihren Job auch gut, wie auch der Rest des Casts. An ihnen liegt es nicht, dass der Film einfach dröge erzählt ist. Der Film tropft vor sich hin, ohne eine merkbare Direktion oder Ziel. Ein Film, der nichts Neues erzählt und auch den titelgebenden Helden keinerlei Nuancen gibt, sondern diese eher raubt. Todd Phillips wollte ein Film drehen, bei dem es darum geht, das diese arme Seele nicht der Joker aus dem Comic Universum ist und auch nicht sein kann. Hier ergeben die Szenen, der Plot, die Aktionen und Reaktionen Sinn. Aber er hat das ohne eine interessante Geschichte oder Entwicklung der armen Seele erzählt. Es geht nicht mehr wie im ersten Teil um Arthur Fleck, sondern um den imaginären Joker. Das Ergebnis ist dabei leider sehr dröge und enttäuschend.

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                                      • 4

                                        Babygirl ist ein an sich sehr guter Film, der mich leider gar nicht erreichen konnte. Ich verstehe die Geschichte, die Charaktere, die Beziehungen und wie sie aufeinander reagieren. Ich erkenne auch das gute Filmhandwerk und sehe was sie mit den Szenen bezwecken wollen. Aber es hat mich einfach nicht erreicht und emotional leider etwas kalt gelassen. Die Review enthält Spoiler!
                                        In Babygirl geht es um eine CEO, die zwischen ihrer Familie und ihrer Arbeit eigentlich keine Zeit für nichts hat. Aber sie ist unglücklich in ihrer Beziehung und wünscht sich etwas, das mehr ihrer fantasie entspricht. Wenn ihr jetzt denkt, warum redet sie nicht einfach mit ihrem Mann? Keine sorgen, das ist auch etwas das sie am Ende des Filmes herausfinden. Währenddessen lernt sie einen Praktikanten kennen, der sie herausfordert und das gibt was sie sucht. Der Film zeigt dann die innerliche Zerrissenheit von Romy. Davon, wie falsch es ist, was sie dort machen, aber das hilft nicht, wenn es genau der Zweck der ganzen Sache ist. Sie verhält sich wie ein Teenager und ich glaube, das ist auch der Kern der Sache. Dass es egal ist, wie alt man ist, egal welche Macht Dynamiken vorhanden sind, wenn das Herz springt, kann jeder wieder zu einem Teenager werden. Ihre Eifersucht gegenüber ihrer Assistentin ist auch mehr jämmerlich als irgendwas anderes. Kindisches Verhalten eben. Was ich mag, ist das Samuel tatsächlich Grenzen aufbaut. “You're making me mad. I don't want to feel like this. Why are you making me like this?”. Man hätte auch dezenter sein können als zwei Szenen im selben Raum spielen zu lassen, mit jeweils den dynamiken in sich gekehrt, aber es funktioniert. Ich find es auch so sonderbar wie unfassbar perfide sich Romy für ihre Wünsche hält. Ich glaub ihr Mann hat es am besten ausgedrückt mit “I don't give a shit about your pathetic banal sexual fantasy, because it's not about that.”
                                        Die Dynamik zwischen den beiden ist auch an sich interessant. Aber ich bin leider gar nicht das Publikum dafür. Ich fand viele der Flirtversuche und sexuellen Begegnungen nicht sexy oder heiß, sondern hauptsächlich fremdschämen. Das ist ein Problem auf meiner Seite. Ich komme mit Filmen in denen es hauptsächlich um Sex geht, selten faszinierend. Vielleicht ist es einfach eine A-Sexuelle Neigung in mir, aber es zieht einfach nicht. Deswegen hat sich vieles in dem Film für mich sehr gezogen. Es ist toll, dass sie sich Zeit für die Szene und die Beziehung nehmen und diese auch geradlinig zeigen wollen. Es ist halt nichts für mich. Für irgendjemand schlägt das Herz richtig hoch, wenn Samuel zu “George Michael” tanzt… für mich war es leider nichts.
                                        Handwerklich ist der Film gut. Die ganze Inszenierung hat etwas sehr kaltes, distanziertes, weswegen ich wahrscheinlich noch mehr probleme hatte, in die unzähligen Sex Szenen hereinzukommen. Die Kamera und der Schnitt schaffen eine Bildsprache, die mich persönlich nicht abgegriffen hat, aber bei weitem nicht schlecht ist. Es ist ein Stil und dazu ein sehr zärtlicher. Ich mochte den Soundtrack sehr, der spärlich und effektiv eingesetzt wurde. Die Schauspieler waren auch allesamt gut und passend für den Film.
                                        Ich habe selten einen Film wie Babygirl erlebt. Er macht oberflächlich nichts falsch. Im Gegenteil, er ist teilweise sogar herausragend. Mit einer in sich interessanten Geschichte, Charaktere und Dynamiken. Es ist wie ein Gericht, das von den Zutaten her toll sein sollte. Man kennt auch den Koch und vertraut ihr. Aber es will einfach nicht schmecken. Ich mach die Augen zu, lass mir alles auf der Zunge zergehen und nehm auch die wichtigen Kontexte in Betracht. Aber es will einfach nicht. Das macht die Kritik auch etwas schwer. Natürlich sind meine Kritiken immer subjektiv, aber ich versuche es auf Objektivität zu fussen. Aber hier bringt mir meine Objektivität nichts. Ich mag es nicht. Aber wenn ihr Spaß mit dem Film hattet, finde ich das klasse. Ich wünschte, es würde mir auch so gehen…

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                                        • 8 .5

                                          Mit Smile hatte ich so meine Probleme. Eine gruselige Prämisse mit einem recht guten Handwerk, das an seinem sehr drögen und uninspirierten Geschichte und Charaktere für mich gescheitert ist. Der zweite Teil hingegen hat meiner Meinung nach alle Schwächen des Vorgängers ausgemerzt und etwas wirklich Besonderes erschaffen. Anstatt nochmal dieselbe Geschichte durch zu kauen, wird ein komplett anderer Weg eingeschlagen. Die Prämisse bleibt, das Handwerk erreicht ein neues Level und erzählt dabei eine spannende Geschichte, die gnadenlos, geradlinig und herrlich zermürbend ist.
                                          Dass hier nicht gespaßt wird, wird großartig mit dem Prolog gezeigt, der ein paar Tage nach dem Ende des ersten Teils spielt. Joel weiß das er nicht viel machen kann, doch möchte zumindest den Fluch an jemanden weitergeben, der es verdient hat. Doch etwas läuft schief und alles aus dem Ruder. Das alles wird wunderschön und richtig grausam dargestellt, in einem einzigen Take, das der Szene auch noch ein besonderes Gefühl gibt. Eine wirklich tolle Szene, die nochmal die wichtigsten Aspekte von Smile aufgreift und für den zweiten Teil klar abstechen. Ein Mann, der schier wahnsinnige Dinge tut, der irgendwelche grausigen Visionen hat und am Ende ein großes rotes Lächeln auf dem Asphalt endet. Es geht dann smooth von einer Couch direkt zu unserer neuen Protagonistin weiter. Skye Riley ist ein Popstar, die nach einem Jahr Auszeit wieder ins Rampenlicht tritt. Wie auch schon im Vorgänger, braucht das Böse Wesen ein Trauma als Einladung, und davon hat Riley genügend. Und nach einem kurzen Besuch bei ihrem Dealer, der zufälligerweise Teil des Prologs war, ist sie ein Kreisrundes Trauma und einen Fluch reicher. Die Mischung aus Eskapistischen Drogenkonsum und dem Fluch lassen Lewis komplett wahnsinnig wirken. Die Szene mit dem Gewicht war großartig und schafft einen schönen Gewalt spagat aus überzogen und irgendwie authentisch. Und von hier wackelt die Grenze zwischen Realität und Wahn auf teilweise sehr klare, aber auch manche schön subtile Art und Weise. Gaslighting fällt mir da als Begriff ein. Der Wahnsinn muss sich nicht immer aus kreischenden Monstern oder Gewaltexzessen äußern. Es geht auch kleiner und feiner, um ihr Fundament langsam abzugraben. Von einem kleinen Mädchen, das aus dem Grinsen nicht rauskommt. Ein potentieller Stalker, der plötzlich nackt da steht. Bis zu einem technischen Problem, das sie immer weiter zu schwimmen bringt.
                                          Und dann bekommt man einen Einblick in das einschneidende Erlebnis, welches den Boden für den Dämon fruchtbar gemacht hat. Der Autounfall, bei dem man sieht, was man sich eh schon gedacht hat. Und zwar, dass sie nicht wirklich unschuldig an dem Malheur ist. Mit einem großartigen Hin und Her zwischen den beiden und einem schrecklich befangenen Gefühl nach dem Crash. Und die Fransen ihrer Psyche werden immer offensichtlicher. Gerade im Kontakt mit der Außenwelt kann sie sich gar nicht mehr fangen und schlägt in alle Richtungen. Und selbst wenn sie sich einschließen würde, wäre sie nicht sicher. Was in einer wirklich tollen Szene dargestellt wird, in der eine Menge von Grinsegesichtern, die sich teilweise stapeln, immer näher rücken. Eine wirklich beeindruckende Szene, die nicht rar in diesem Film ist. Ich mag, wie sie immer weiter dem Wahnsinn verfällt und ihr Fundament immer morscher wird. Der Mord an der Mutter, der Twist mit Gemma (der mich auch echt klat erwischt hat) und die verzweiflung die einem in einen Pizza Hut begehbaren Gefrierschrank führen. Von verzweifelten Handlungen, die sie weit über jegliche Grenzen treibt, aber am Ende nichts bringt. In einer weiteren grandiosen Szene, die nur durch ein Mikrofon und den schockierenden Reaktionen der Fans etwas Besonderes bietet.
                                          Der Film ist handwerklich herausragend. Schon angefangen mit dem Prolog am Stück, mit heftiger Brutalität, Chaos und flammenden Visionen. Zu den reichhaltigen und grandiosen Horror Sequenzen, die sich teilweise richtig Zeit für den Spannungsaufbau nehmen und dabei immer groteskere Züge annehmen. Gerade die Kamera wird hier sehr effektiv genutzt. Der Streit im Auto wäre so oder so intensiv gewesen, aber durch die ständig drehende Kamera, bekommt man ein mittendrin Gefühl, das man sonst nicht bekommen hätte. Nach dem Unfall hängt man dann auch dort mit ihr, die Kamera extrem nah und beengend und desorientierend. Bis Skye und dem Zuschauer nach etwas anstrengung das Ausmaß des Horrors klar wird. Es ist alles so nah bar und man hat keinen Raum, in den man davor flüchten könnte.
                                          Der Gewaltgrad ist ebenfalls großartig gewählt. Es ist alles übertrieben, wird aber gerade in dem sehr zweifelhaften Realitätsgrad, der hier dargestellt wird, überraschend authentisch. Wie es sich für einen guten Horrorfilm gehört, sticht der Film auch durch das richtig tolle Sounddesign heraus. Der Soundtrack kann sich auch hören lassen. Von den Songs von Skye zu den atmosphärischen Titeln. Und der Soundtrack kann sich auch richtig hören lassen. Ich muss auch sagen, dass die Kostüme (ich mag ihren Pullover, der halb verbrannt aussah… sowas würde ich auch tragen) und Sets überragend gut für diese Art von Film sind. Und die Maske ist ebenfalls großartig, ob hergerichtet für die Show oder komplett am Ende mit geröteten Augen. Die Filmschaffenden haben hier wirklich eine tolle Riege von talentierten Menschen gesammelt, die allesamt mit ihren Augen fürs Detail, den Film besser machen. Mit einem Cast, der keine Schwächen zeigt. Naomi Scott finde ich dabei sogar herausragend. Ich hab noch nicht viel mit ihr gesehen, aber in dem Film hat sie ihre stärken klar gezeigt. Es gibt aber einen Aspekt den ich nicht so knorke fand. Das Monster Design an sich ist ganz gut, aber die Szene, in der es zum Vorschein kommt, merkt man das schlechte CGI leider an. Parker Finn hat hier die Fundamente des ersten Teils genommen und in allen Bereichen eine mächtige Schippe draufgesetzt hat. Mit einer interessanten Geschichte, die ausgezeichnet inszeniert wird und mit tollen Horror Elementen gespickt ist. Wenn ihr auf Horror steht, schaut euch Smile 2 an.

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                                            über Heretic

                                            Heretic ist ein Film, der eigentlich komplett mein Ding sein soll. Ein Horror-Kammerspiel über Religion und Glaube, bei dem alle monotheistischen Glaubensrichtungen kritisch betrachtet und destilliert werden. Der leider am Ende für mich ziemlich an Fahrt verloren hat, aber dennoch Sehenswert ist.
                                            Ich mag die grobe Prämisse. Von Missionaren, die einen die frohe Kunde teilen möchten. Nur dass der etwas akwarde Mann, der sie in ihr Haus gelassen hat, kein verzweifelter Mensch auf der Suche nach spiritueller Führung ist. Nein, er ist ein verkappter Theologe mit einem tieferen Verständnis der Materie als die meisten anderen Menschen. Er sucht nicht nach spiritueller Führung, ist aber genauso verzweifelt. Er arbeitet sich fast Religiös durch die verschiedenen heiligen Schriften, um einen Funken der Wahrheit darunter zu finden. Das ganze führt zu einer persönlichen Apokalypse (Entschleierung), die er nun seinen Gästen vorführen möchte.
                                            Mormonen sind eine religiöse Splittergruppe, die zu einem bestimmten Kanon gehört. In diesem Fall der monotheistische Gott, der damals den Bund mit Abraham geschlossen hat. Aber so sind auch die Juden, Muslime und Christen. Deswegen haben sie die Wahrheit in weiteren Spezifikationen gesucht, wie zum Beispiel goldenen Platten, die nur der Prophet einsehen durfte. Die sich dabei die Autorität zuschreiben, die absolute Wahrheit entdeckt zu haben. Das ist etwas, wovon die zwei Mädels auf jeden Fall auch überzeugt sind. Wie kann man sich sonst das Entgleisen eines Gesichtsausdrucks bei einem Amateur Porno erklären? Ich fand es ganz interessant, einen Einblick in das Dogma der Mormonen zu bekommen. Aber es hätten auch nicht die Mormonen sein müssen. Es hätten auch die Zeugen Jehovas, die Baptisten, Katholiken oder irgendeine andere Bekenntnisgemeinde sein können. Es geht im Herzen um den Glauben und was dieser bedeutet.
                                            Als jemand, der gerade die Tanach liest und anschließend mit dem neuen Testament und dem Koran weitermachen möchte, spricht der Film mir teilweise aus der Seele. Die Darstellung der monotheistischen Religionen durch das Brettspiel Monopoly hat auch sehr gut funktioniert. Aber spätestens bei den verschiedenen Göttern und dem Blueprint für Jesus, hat mich der Film etwas verloren. An sich ist das, was er sagt, schon richtig. Das Christentum hat sich unzählige Heidnischer Rituale und Geschichten genommen und auf ihre Religion gemünzt (das Fachwort dafür ist Synkretismus). Diese Vermischung macht es den nicht gläubigen leichter, zu der gewünschten Religion zu wechseln. Keine Religionen entstehen in einem Vakuum. So ist zum Beispiel die Figur von Noah schon vor Tanach in der Region bekannt. In einer der ältesten niedergeschriebenen Geschichten, dem Epos von Gilgamesch, sucht der titelgebende Held auf der Suche nach Unsterblichkeit Ziusudra auf, der quasi eins zu eins dem Noah aus dem alten Testament entspricht. Aber einiges, was er gesagt hat, war faktisch einfach nicht richtig. Die Geschichte um Horus hat zwar gewisse Überschneidungen mit Jesu. Aber seine Mutter Isis war keine Jungfrau. Er ist auch nicht am 25ten Dezember geboren und hatte, je nach Quelle, auch mehr als 12 Anhänger. Und gekreuzigt wurde er auch nicht. Krishna wurde auch in eine Königsfamilie geboren und war niemals ein Zimmermann, der dann gestorben und wieder gekommen ist. Es kann sein, dass dies zu dem Lügenspiel von Mr Reed gehört, aber da frage ich mich, warum?
                                            Und hier hat mich der Film leider etwas verloren. Ich liebe die Idee, immer tiefer zu bohren und den Kern der Wahrheit zu finden. “They are merely a conduit to a more ancient truth”. Dafür, dass er alles zuvor so fachgerecht auseinander genommen hat, beginnt Mr Reed sofort zu schwimmen, sobald er seine absolute Wahrheit vorstellen möchte. Die Prophetin an sich ist eine nette Idee, aber die Inszenierung davon hat sehr zu wünschen übrig gelassen. Und damit meine ich nicht direkt die Inszenierung des Filmes, sondern die innerdiegetische Inszenierung von Mr. Reed. Ich war wirklich angefixt, bis Sister Barnes umgebracht wurde. Bis dahin hatte ich die Hoffnung, dass die Wahrheit, die er gefunden hat, wirklich tief geht. Ein Abtauchen in Cosmic Horror, das einem ein wirkliches Wunder zeigt, im Gegensatz zu dem passiven Gott, der hauptsächlich durch die Blume redet. Dann hätten wir ein Spielfeld mit unzählig neuen und interessanten Regeln aufbauen können, welches das Thema des Glaubens auf viel tiefere und interessante Art und Weise erörtert.
                                            Es hat dem Film auch nicht gut getan, dass die einzige Charakter mit mehr Tiefe so urplötzlich umgebracht wird. Den Fokalpunkt auf eine Charakter zu legen, die vor allem durch ihre Passivität, Konfliktscheue und anpasserische Haltung glänzt, ist sonderbar. Mr. Reed macht es ihr relativ einfach, sein lausiges Lügengerüst zum Einsturz zu bringen. Aber das ist keine wirkliche Charakterentwicklung. Die Geschichte von Implantaten und Simulationen fühlt sich einfach wie eine billige Ausrede an, was es ja am Ende auch ist. All die großartige Vorarbeit für das, ist einfach enttäuschend und bei weitem nicht so clever wie man denkt. Und selbst wenn die Prophetin einen Hinweis fallen lassen würde, hätte man auch besser damit umgehen können. Die zweite Auferstehung und drei Nägel haben sich auch mehr nach zurechtbiegen der Geschichte für Bequemlichkeit an. Das Auseinandernehmen der Theorie von der sonst eher naiven Sister Paxton war ganz gut, aber die Schlüsse, die daraus gezogen werden, finde ich leider enttäuschend. Die letztendliche Motivation von Mr. Reed ist dabei einfach zu schwach. Das Leben von jemandem mit brutalem Trauma zu ändern ist an sich nicht schwer. Der Twist ist so schrill, dass man ihn als solchen auch schon fast ignorieren kann. Es hat nichts mit Glaube zu tun und das ist sehr schade. Das hätte man mit viel mehr Vorsicht und Zärtlichkeit erzählen sollen. Natürlich geht es in der Religion um Kontrolle! Was glaubst du, warum in den meisten Religiösen Texten ein gewisser Verhaltenskodex beinhaltet? Warum es sich von anderen abgrenzt und gewisse Regeln aufstellt, die durch das Übernatürliche überwacht werden. Vor allem demaskiert es den Bösewicht auf eine Weise, die auch nicht zu dem passt, wie er sich davor darstellt. Wenn er wirkliche Kontrolle über die Frauen hätte, müsste er sie nicht misshandeln, unter Drogen setzen und in Käfige sperren. Hätte er wahrlich Kontrolle, dann hätte sich eine der Frauen als seine Ehefrau ausgegeben und ihm geholfen.
                                            Handwerklich ist der Film ordentlich. Ein Kammerspiel braucht ein großartiges Drehbuch und wirklich gute Schauspieler, um zu funktionieren. Und auch wenn es mich am Ende enttäuscht hat, funktioniert das meiste doch sehr gut. Die Schauspieler sind durch die Bank gut. Sophie Thatcher und Chloe East spielen ihre Rollen ausgezeichnet. Und Hugh Grant hat auch sichtlich Spaß als unbeholfener Charmeur mit listigen Hintergedanken. Die Kamera wird gut genutzt, um die Atmosphäre einzufangen. Als die Panik in den beiden steigt, drängt sich die Kamera immer näher auf. Für ein Kammerspiel wichtig ist auch die Kammer, in der es stattfindet. Und ich finde, hier hat man es sehr gut geschafft, ein gutes Gefühl für die Räumlichkeiten zu bekommen, mit all den geheimen Gängen und Schaltern. Besonders mit dem kleinen Modell, das dann selbst noch ein paar Geheimnisse beherbergt. Plus die Sonderbarkeiten, von sich nicht öffnenden Türen, Zeitschalter in jedem Raum und ein sonderbarer Einrichtungsstil. Man wird auch aus Mr Reed wirklich nicht schlau, was die Spannung ständig oben hält.
                                            Heretic ist ein an sich guter Horrorfilm, der mir persönlich nicht zu weit gegangen ist. Aber die Atmosphäre, die Erörterung und vor allem Hugh Grant machen den Film auf jeden Fall sehenswert.

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                                            • 7 .5

                                              The French Connection ist ein Krimi-Klassiker des “Exorzismus” Regisseurs Friedkin. Ein Regisseur, den ich auf persönlicher Ebene seit “The Devil and Father Amorth” wirklich nicht ausstehen kann. Aber French Connection ist ein guter Film, teilweise sogar extraordinär. Und auch wenn ich Friedkin nicht mag, konnte ich mich dem Sog der French Connection nicht entziehen. Das liegt vor allem an der guten Bildsprache und der Inszenierung. Marseille und New York sind wirklich toll inszeniert. Man bekommt ein gutes Gefühl der Städte und der Atmosphäre. Das liegt auch an dem guten Einsatz der Handheld Kamera, um den Bildern eine geerdetes Feeling zu geben. Leider beißt sich das ganz extrem mit den paar kurzen und expliziten Gewaltszenen, die sich befremdlich anfühlen. Gerade der Autounfall wirkt schon fast cartoonish. Aber das ist Kritik auf sehr fein granularer Ebene. Das Pacing ist durch den Film gut und lässt keine Langeweile aufkommen. Dazu ein besonderer Soundtrack, den ich nochmal extra erwähnen möchte. Und natürlich die Verfolgungsjagd, die den Film für mich einen halben Punkt besser gemacht hat. Die wilde Fahrt unter den Schienen, während sich der Assassin dort oben durchkämpft, ist wirklich großartig inszeniert. Ich mag auch die kleineren Verfolgungen, bei denen ein Franzose fröhlich in und aus einer U-Bahn springt.
                                              Womit ich persönlich ein Problem hatte, waren die zwei Protagonisten. Zwei Clowns, die in der High School Kids in Schließfächer gepackt haben und nun ausgerüstet mit einer Marke und Waffe weiter fröhlich auf schwächere einhacken können. So war es auch nicht wirklich überraschend oder schockierend, dass am Ende sein Revolver das falsche Ziel gefunden hat. Die Dynamiken sind interessant. Ob es zwischen den beiden, intern in der Polizei oder nach außen zu den Verbrechern ist. Ein Film ohne Helden, zumindest kam es bei mir so an. Ein Spiel ohne Regeln das am Ende unnötig viel Leid nach sich gezogen hat.

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                                              • 7

                                                The Apprentice ist eine faszinierende und handwerklich sehr starke Charakterstudie. Ein neutraler Blick in die Vergangenheit eines Menschen, der heute am Zenit seiner Macht steht, und dem Zuschauer es erlaubt, ihn dadurch besser zu verstehen.
                                                Der Film dreht sich um eine turbulente Zeit in Trumps Leben. Er sieht, dass das Imperium seines Vaters ins Wanken kommt und möchte sich von demselben emanzipieren, um sein Ego und sein Vermögen ständig zu vergrößern. Er findet dabei zufällig einen Mann, der sein gesamtes Leben verändern wird. Der Anwalt Roy Cohn, der vor allem durch seine exzentrische und skrupellose Art bekannt ist. Von ihm bekommt er auch die wichtigsten Regeln seines Lebens vorgekaut: Attack, attack, attack! Admit nothing! And no matter what happens, no matter how beaten you are, you never admit defeat. You declare victory. Fake it till you make bis ins extreme. Alles immer weiter aufputschen. Die Superlative der Superlative. Und wer hätte gedacht, dass dieses soziopathische Regelwerk so einen fruchtbaren Boden bei Trump finden würde? Der schier unüberwindbare Fall, den die DOJ gegen die Trumps zurecht gestartet hat, wird so geschickt ausgelotet. Und es geht auch so weiter. Egal welches Problem sich Trump in den Weg stellt, es wird gnadenlos von seinem Dickschädel überrannt. Die kleinen Rückschläge ignoriert man und im Großen und Ganzen wird es schon alles gut gehen. Und wenn man sich wünschen würde, dass es nicht so wäre, oder dass zumindest irgendwie eine kosmische Gerechtigkeit herrscht, muss man erkennen, dass es nicht so ist. Trump ist ein Con-Artist, der sich mit dicker Hose und aggressiver Attitüde zum zweiten Mal ins Weiße Haus geschafft hat. Eine dekonstruktion des Amerikanischen Traum
                                                Die Darstellung von Trump fand ich dabei auch interessant. Ich wünschte mir, aber das man tatsächlich mehr von außerhalb seiner Geschäfte und dem aufplustern gesehen. Was für ein Mensch ist er eigentlich? Oder ist davon nichts mehr vorhanden? Ein sehr biederer Typ, dem er sich immerhin treu bleibt. Ein biederkeit die sich aus der Angst vor Kontrollverlust entwickelte. Das merkt man, wie er auf den Suzid seines Bruders reagierte, den er am Ende nur ignoriert hat und nun unwiderruflich weg ist. Der die Regeln so tief integriert hat, dass er dabei jegliche Selbstreflexion verloren hat. Es kann nicht das Speed sein, dass er sich ständig rein pfeift, warum sein Sexdrive plötzlich am Boden ist. Es muss an seiner Frau liegen. Oder an den Arzt, der ihm das direkt ins Gesicht sagt.
                                                Aber wie soll es auch anders sein, wenn er Roy Cohn als Vorbild hat. Ein Mann, der wirklich jede Möglichkeit nutzt, um einen Vorteil zu erhaschen. Der sein Handeln und seine Taten eiskalt rationalisiert. You play the man, not the ball. This is a nation of man, not laws. It’s an advantage to not care what people think of you. There is no moral, no truth, it’s all fiction, man made. So kann man sich alles erlauben wenn man einem Ideal nacheifert. You have to do anything for america, to safeguard democracy, fühlt sich unglaublich hohl aus seinem Mund an. Der dann auch Trump sein Geld zurück gibt, weil er versteht, dass sein Einfluss viel mehr Wert sein wird als die popeligen 10.000$. Ein Teufel in Menschengestalt. Der auch gegen seine eigenen Interessen wettert, wenn es ihm passt. Und das schon fast traurige Ende von ihm. Denn es ist egal wie viel Macht man um sich scharrt, wenn man am Ende doch alleine ist. Und da hat mich Trump nochmal überrascht. Mit einer Feier für Roy, der nicht mehr lange zu leben hat. Einerseits respektiere ich es, dass er diesen Mann mit AIDS in seinem Haus aufnimmt, vor allem zu einer Zeit, als noch sehr viel Falschinformationen über die Krankheit im Umlauf waren. Aber das Geschenk, das billige Steinchen mit seinem Namen drauf, dreht das alles wieder auf den Kopf.
                                                Handwerklich ist der Film klasse. Das Casting ist fantastisch gelungen und gerade Sebastian Stan und Jeremy Strong bieten eine wirklich brillante schauspielerische Leistung. Vor allem mit solchen belasteten Charakteren schafft der Film ihn und alles um ihn herum neutral darzustellen. Ich mag auch sehr, wie das Framing genutzt wird, um die Geschichte zu erzählen. Und das sehr ordentliche Pacing, das keine Langeweile aufkommen lässt. Und die Bildqualität, die sich von den 70ern zu den 80ern wandelt, gibt dem Film auch ein besonderes Flair.

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                                                  Ich kann es immer noch nicht ganz fassen, dass es schon DREI Sonic the Hedgehog Filme gibt. Und diese auch alle ordentliche Filme sind! Was für ein Wunder, dem Fluch der Spieleverfilmung nicht nur zu entgehen, sondern auch mit einer solch durchwachsenen IP wie Sonic. Eine Spieleserie, bei der ich über die Jahre wirklich alle Titel gespielt habe. Aber nicht aus Nostalgie oder Liebe zum Gameplay, sondern weil mein bester Freund mich so gut damit ärgern kann. Und man kann nicht so viele Spiele spielen, ohne automatisch eine Zuneigung zu dem Thema zu finden… Stockholm-Syndrom halt. Aber egal woher es kommt, mag ich die Charaktere und Filme wirklich. Und es scheint so, als ob sie mit dem dritten Teil ein besonderes Equilibrium erreicht haben, welches sich nicht mehr für seine Videospiel Herkunft schämt, sondern diese voll und ganz, mit Stolz geschwellter Brust, zur Schau stellt. Das lässt nicht nur das Herz von Sonic Adventure 2 und Shadow The Hedgehog Fans höher schlagen, sondern funktioniert auch abseits davon fantastisch als Film.
                                                  Das fängt schon mit Live and Learn auf der Gitarre an, über dem wirbelnden Goal Schild, dem Jingle und der Idle Animation der Hologramme. Der Film steckt voll mit Anspielungen an die Spiele, die mein Gamer Herz zuletzt bei dem Mario Film so wild umherspringen lassen hat. “Talk about low-budget flights. No food or movies?”, klingt nicht nur cheesy, sondern ist auch direkt aus Sonic Adventure 2, kurz bevor Sonic aus einem Helikopter springt. Der Chao Garden ist auch eine absolute Wonne, mit ihren Maskottchen, die während der Panik zum Wegwerfen komisch herumwackeln. Sega, wir brauchen Chao Gardens in allen Hauptstädten der Welt. Bis zum Ende, wo man tatsächlich mit Crush40 überrascht wird, zu einem der epischsten Kämpfen aus dem Sonic Universum. Wie er auch durch die Station schießt, ist atemberaubend. Man merkt einfach, dass jemand dem Film und seine Welt wirklich am Herzen lag. Dazu ist der Film auch richtig lustig und unterhaltsam. Gerade mein Favorit Knuckles, bei dem ich immer noch nicht glauben kann, wie gut Idris Elba das macht. “I have dishonored my marshmallow” ist eine Line, die einfach richtig hart geht. Genau so wie “Please, join me in the crab!”. Der kleine Gag mit Pokemon hat mir auch gut gefallen. Stylisch war der Film noch dazu und diesmal auch besser zusammengefunden als im zweiten Teil. Aber ähnlich wie Teil 2, hängt der Film etwas in der Mitte. Alles, was um das GUN Hauptquartier zu tun hat, zieht sich einfach zu lange. Vor allem, weil die Allianzen nicht allzu klar sind. Aber das ganze wird mit einem großartigen Finale wieder Wett gemacht.
                                                  Etwas, das man nochmal besonders hervorheben muss, ist Shadow. Er ist so ein überraschend edgy Charakter im Sonic Universum, mit einer ziemlich düsteren Geschichte. Ich war mir nicht sicher, ob sie es schaffen, ihn richtig darzustellen, weil es selbst die Spiele selten hinbekommen. Aber das kann man hier nicht sagen. Die Geschichte von Shadow wird hier wirklich toll inszeniert. Von seiner unbekannten Herkunft, zu der wirklich schönen Freundschaft mit Maria und dem Verlangen nach Rache, das dann auch gut mit der Motivation von Gerald Robotnik übereinstimmt. Allein, wie er im Intro inszeniert ist, ist großartig. Wie all diese Soldaten vor diesem kleinen Männchen zittern, und wie sich auch herausstellt, zurecht! Er nutzt die Chaos-Kontrolle sehr effektiv und sie wird großartig in Szene gesetzt. Auch als kein großer Fan von Shadow The Hedgehog, konnte ich nicht anders als vor Freude aufspringen, als Shadow auf dem Motorrad sitzt und sich die Pistole in die Hand wirft. Die Actionszenen mit ihm sind wirklich, wirklich gut gelungen. Nicht nur für einen Sonic- oder Videospiel-Film, sondern einfach als Action-Szenen. Und auch Keanu hat mich überrascht. Er ist ja nicht gerade der beste Schauspieler. Und gerade seine Arbeit als Synchronsprecher, sehe ich nach Cyberpunk auch etwas kritisch. Aber all die Sorgen waren schnell verschwunden. Man merkt, dass er sich sichtlich Mühe bei der Rolle gegeben hat, was sich auch auszahlt hat. Selbst die dramatischen Szenen sind toll inszeniert und funktionieren wunderbar.
                                                  Aber Shadow ist nur einer der Protagonisten der Geschichte. Die Robotnik bekommt diesmal viel Raum eingeräumt. Vom depressiven Eggman in seiner Krabbe, zum Familientreffen, die ganz neue Gefühle in Eggman wecken zu der gewaltigen Entscheidung am Ende. Es fühlt sich wirklich auf eine bizarre Art und Weise wholesome an, das dieser vereinsamte Bösewicht plötzlich eine verwandte Seele gefunden hat. Man merkt auch, wie Jim Carrey sichtlich Spaß mit dieser Doppelrolle hat. Da verstehe ich auch, wie sie ihn, mit einem in Gold geschriebenen Drehbuch, wieder einspannen konnten. Und dann das Ende, bei dem Robotnik merkt, dass der Wahn seines Großvaters viel zu weit geht. Und als Fan von Agent Stone fand ich die letzte Nachricht an ihn tatsächlich sehr schön. Mit einem herrlich dramatischen Ende.
                                                  Ich fand es auch sehr gut, dass der Film sich hauptsächlich um Robotnik und Shadow gedreht hat, und Sonic etwas in den Hintergrund gerät. Er hat immer noch genügend Raum bekommen und das Zusammenwachsen des Teams war auch schön. Mit einem Teaser am Ende, der Lust auf mehr macht. Und ich bin mir auch sehr sicher, dass all das funktioniert, wenn man auch kein Sonic Fan ist. Ewig können Sie dieses Tempo nicht halten, aber ich freue mich schon auf den nächsten Film, wenn Sie so liebevoll und detailverliebt weitermachen.

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                                                    Emilia Pérez ist ein Film, der gerade sehr spaltet. Mit so vielen Nominierungen für die Oscars, musste ich mir ein eigenes Bild davon machen. Und was Emilia Pérez für mich ist, ist ein inszenatorisch sehr interessanter Film, der gerade auch auf handwerklicher Ebene vieles bietet. Der aber durch seine Geschichte, seine Charaktere und vor allem die Themen, die sie ansprechen, stößt bei mir eher auf Zweifel. Wenn man ein Cineast ist, sollte man sich den Film auf jeden Fall anschauen. Aber für alle anderen kann ich den Film nicht wirklich empfehlen.
                                                    Handwerklich ist der Film etwas besonderes. Wenn ihr bis jetzt nur einzelne Szenen aus dem Kontext gerissen gesehen habt, lasst mich sagen, schaut euch erst den ganzen Film an. Die Kamera und das Framing schaffen immer eine schöne Dynamik im Bild. Aber wo die Inszenierung und der Schnitt am stärksten scheinen, sind die Musikszenen. Die Mischung von Drama und Musical wirkt erst etwas befremdlich, wird aber meiner Meinung nach gut genutzt, um die Narrative voranzutreiben. Um Worte zu finden, die leichter gesungen als gesagt werden. Der Film ist auch in seiner Inszenierung und Pathos mehr eine moderne Oper inklusive sehr theatralischer Inszenierung. Die Songs an sich sind jetzt vielleicht getrennt von der Narrative, nicht gerade Banger. Aber dafür sind sie ja auch gar nicht da. Der Soundtrack abseits vom Musical ist wirklich gut gelungen und hilft der Stimmung immens. Die Sets und Kostüme sind ebenso effektvoll. Da hat jemand Erfahrung mit der Inszenierung auf einer Bühne, und das spürt man. Die Schauspieler sind auch durch die Bank sehr gut. Auch wenn ich kein Freund von Selena Gomez, ihrem überzogenen Spiel bin, passt es zu ihrem Charakter und zur Geschichte im Allgemeinen. Allein auf dieser Basis ist der Film etwas Besonderes. Aber das Handwerk allein macht einen Film nicht aus.
                                                    Ich hatte beim Anschauen von Anfang an ein komisches Gefühl, von dem, was der Film einem erzählen möchte. Bis zum Ende habe ich versucht, offen für die Message des Films zu bleiben. Aber als der Abspann über den Bildschirm zog, war ich sehr gespalten. Habe ich irgendwas falsch verstanden? Warum geht es um den Kopf eines Kartells? Was soll die Transgender Geschichte darin? Ist sie gut umgesetzt oder nicht? Währenddessen habe ich mich auch um die Produktion und Rezeption des Filmes belesen. Für einen Film, der in Mexiko spielt, ist eine (in Zahl 1) Mexikanische Schauspielerin leider echt etwas mager. Auch die Darstellung von Mexiko und vor allem der Kartelle war sonderbar, was viele Mexikaner scheinbar auch so empfanden. Der Drehbuchautor und Regisseur hat selbst zugegeben, dass er keinerlei Nachforschung zu Mexiko gemacht hat. Und dann frage ich mich warum? Und für so einen Film, mit solch heiklen Themen, hätte ich mir da schon etwas mehr Sorgfalt gewünscht.
                                                    Man hat eine recht skrupellose Anwältin, die der anziehenden Kraft von Geld machtlos ausgesetzt ist. Ein großer und beängstigender Kartellboss, der von einem Er zu einer Sie werden möchte. Seine Familie, vor allem seine Frau, die mit der neuen Situation zurechtkommen muss. Und zwei Liebesgeschichten, die dann ein gewaltsames Ende finden. Die Anwältin Rita fungiert dabei als unsere Augen in dieser Welt. Man sieht schön dargestellt, wie man das Plädoyer formuliert und dabei auch die Stimme des Volkes widerspiegeln möchte. Vorgetragen von einer Puppe, die dann auch den Ruhm einheimst. So verstehe ich, dass sie das Geld und die Freiheit nimmt, die ihr Manitas bietet. Besonders toll hat mir ihr Treffen post-OP gefallen, in dem sie wirklich um ihr Leben fürchtet. Sie hat auch einen schönen Ark mit der NGO, bei der sie sich und ihre Talente einbringen kann für etwas Gutes. Ihr Tanz bei der Ansprache von Emilia war toll, auch wenn ich nicht glaube, dass es so eine revolutionäre Idee ist, dass jegliche Gewalt zum Stillstand kommen würde. Aber dennoch habe ich die Nähe zu Emilia nie wirklich verstanden. Dass diese so weit geht, dass sie ihr Leben für sie aufs Spiel setzt, bei der Geldübergabe, hat sich nicht als eine Entscheidung angefühlt, die sie treffen würde.
                                                    Bei Emilia tu ich mir um einiges schwerer. Etwas, von dem ich gerne viel mehr gesehen hatte, war ihre Vergangenheit. Auch wenn du keine andere Wahl hattest, und vielleicht grausame Dinge gemacht hast um zu überleben ist das eine Sache. Aber niemand wird der Kopf eines Kartells, ohne unzählige unaussprechliche Verbrechen zu begehen. Gerade die Kartells sind ja auch dafür bekannt, mit äußerster Brutalität vorzugehen. Ich kann verstehen das sie nichts mehr mit diesem Leben zu tun hatte wollte und in ihrer Rolle als Frau sich wirklich neu und authentisch zu fühlen. Aber das kann man nicht einfach so machen. Auch wenn sie nach der Operation komplett von vorne anfangen möchte, geht es alleine schon nicht wenn sie das Geld aus ihren Verbrechen nimmt. Schlimmer wird es wenn ein Redemption Ark aufgezogen wird. Ich mag die Idee der NGO sehr, aber es missfällt mir, das es so inszeniert wird, als ob sie damit ihre alten Sünden wieder wett macht. Sie wird buchstäblich am Ende zu einer Heiligen erhoben. Das hätte man machen können, wenn alles etwas feiner erzählt wäre. Oder wenn man eine stärkeren Unterschied zwischen Manitas und Emilia spüren würde. Aber vor allem durch ihr ständig für andere irrationale Verhalten und den übergang zu brutaler Rache, sobald ihr Plan nur ein bisschen ins Wanken gerät, ist furchtbar. Das müsste nicht sein, wenn man die Unterscheidung stärker gezeigt hätte. Aber man weiß nichts über Manitas, außer das er Rita würgen lassen hat, weil sie etwas länger für die Suche gebraucht hat. Es ärgert mich auch, dass das Ende für Emilia nicht in ihrer Vergangenheit liegt, sondern an einem sehr chaotischen Liebes-Plot. Das geht für mich einfach nicht weit genug.
                                                    Und hier stört mich tatsächlich auch der Umgang mit Gender-Dysphorie. An sich ist die Suche nach möglichen Ärzten toll inszeniert. Von einem erhebenden Gefühl, das aus dem monotonen Geschäfts-Talk entsteht, mit den Wundern, was heutzutage alles möglich ist. Zu der wirklich schönen Szene, als Emilia aufwacht und sich überglücklich im Spiegel betrachtet. Ich habe den Song des Sohnes auch sehr geliebt. Aber wenn es wirklich nur eine physische Veränderung braucht, verstehe ich nicht, warum es eine Geschlechtsumwandlung sein muss. Es fühlt sich im Kontext der ganzen Geschichte an, wie die Bestätigung des Arztes an, der gesagt hat, dass er immer ein er bleiben wird. Ich verstehe nicht, was damit gesagt werden soll. Natürlich können trans Menschen genauso grausam sein wie alle anderen. Es sind am Ende auch nur Menschen und das Geschlecht ist dabei relativ egal. Ich verstehe einfach nicht, warum die Inszenierung ihrer Transition so schön und zärtlich inszeniert ist, um es dann später in den Sand zu setzen. Aber warum dann gerade eine Geschlechtsumwandlung, wenn das Buch, auf dem die Geschichte basiert, nur einen Identitätswechsel aufweist? Das ist an sich auch kein Verbrechen, aber es hinterlässt bei mir einen bitteren Beigeschmack. Vor allem wenn es eine Bevölkerungsgruppe trifft, die sehr klein ist und gerade heutzutage viel unnötigen Hass entgegen geworfen wird.
                                                    Und dann kommen wir noch zu Jessi, der Frau von Manitas und der Mutter ihrer Kinder. Sie folgt seinen Befehlen aufs Wort und ihr Herz bricht bei der Nachricht seines Todes. Aber sie hat keine Freude an der neu gewonnenen Schwägerin, die ständig mit ihrem übergriffigen Verhalten auffällt. Sie sucht sich einen neuen Weg und findet darin Freude, bis Emilia durchdreht und alles zu einem Extrem geführt wird. Mit einem Geständnis und einem letzten Liebesbeweis, der den Tod für alle in dem Auto bedeutet. Und Jessi ist auch ein Aspekt, auf den man gerne verzichten könnte. Ihr Song auf dem Bett ist noch ganz nett, aber die Karaoke-Szene geht viel zu lange, vor allem wenn man weiß wie das ganze ausgeht.
                                                    Ich würde jedem, der Interesse an Film hat, den Film empfehlen. Gerade wenn man sonst nur Szenen ohne Kontext gesehen hat. Denn gerade handwerklich und inszenatorisch bietet der Film schon einiges an. Aber statt einer faszinierenden Geschichte über Identität, Macht und Geld, bekommt man etwas Halbgares geboten, das einen nicht nur einen nicht wirklich packt, sondern auch direkt enttäuscht.

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