alex023 - Kommentare

Alle Kommentare von alex023

  • Ich hab jetzt gerade schon wieder 3 Filme gefunden, die ich mal in der Schule gesehen habe, also es kann sein, dass da noch ein paar hinzukommen. ;)

    • Wir waren in meiner gesamten Schulzeit nie im Kino...

      1
      • 7
        alex023 21.03.2013, 16:52 Geändert 07.11.2014, 21:56

        »I have a love in my life. It makes me stronger than anything you can imagine.«

        Barry Egan ist anders als die meisten Menschen. Er kauft Pudding, nur um die Meilen einer Fluggesellschaft abzustauben, und das, obwohl er gar nicht fliegt. Er trägt einen blauen Anzug und weiß nicht einmal warum. Er spielt auf einem Piano-ähnlichen Instrument, was jemand vor ihm auf der Straße abgestellt hat, obwohl er Angst davor hat. Außerdem hat er 7 Schwestern. SIEBEN! Und mit ihm ist nicht zu spaßen, er kann schon mal leicht aggressiv werden. Aber nur etwas. Doch dann trifft er die Liebe seines Lebens und schlagartig verändert sich alles…

        Schon von Beginn an ist klar, dass man es hier nicht mit einem normalen Film zu tun hat. Man spürt förmlich, dass »Punch-Drunk Love« das PTA-Etikett trägt. Was sich auf den ersten Blick wie eine etwas aufgepeppte, typische Lovestory anhört, ist es auf den zweiten schon gar nicht mehr. Ein verrückter, spezieller und gesonderter Typ, Barry Egan, verliebt sich hier in Lena Leonard, eine viel aufgeschlossenere und sich über ihre eigenen Ziele bewusste, starke Frau. Anderson inszeniert von Sekunde eins an quasi perfekt, eine solch ausgewogene und fast durchweg ideale Regie habe ich selten gesehen. Die Kamera bietet stets die genau richtige Perspektive auf den Protagonisten und sein Leben, ruhig und langsam folgt sie ihm durch das Geschehen, darauf wiederum ein harter Schnitt und schon kehrt die Ruhe wieder ein. Viele Szenen werden nur mit der Steady-Cam eingefangen, ohne Schnitt sehen wir hier mehrfach ganze Szenen immer aus dem gleichen Blickwinkel, was zum einen die Atmosphäre weiterhin ruhig, melancholisch und nachdenklich anhaucht und andererseits die gleichzeitige, paradox-wirkende Distanz und Nähe zur Hauptfigur und deren Handlungen offenbart. »Punch-Drunk Love« ist in den Momenten ganz besonders stark, wenn das Leben von Barry Egan einfach nur in Chaos zerfällt, wenn eine seiner Schwestern die liebenswerte Lena mitbringt und ihn damit auf dem völlig falschen Fuß erwischt. Denn Barry ist in vielen Situationen einfach unfähig, selbstbewusst und stark genug zu sein, um diese zu meistern, er verstrickt sich in Widersprüche und/oder beendet Sätze einfach nicht, lässt für seine Gegenüber zu viel offen und verhält sich wie jemand, den man gerade aus der Irrenanstalt entlassen hat. Aber seine Entschlossenheit kehrt ein, sein Selbstbewusstsein bekommt einen Schub und erreicht einen ungeahnten, neuen Höhepunkt, als er die Liebe Lenas erfährt, er fühlt sich so stark wie nie zuvor. Zu belegen ist das mit seinem Auftritt in dem Matratzengeschäft, in welchem er den Besitzer (zugleich Geschäftsführer einer Telefonsex-Hotline, mit der Barry zuvor erhebliche Probleme hatte, ja sogar hatte er deshalb einen Autounfall und Lena wurde verletzt) dazu bringt, die Handlungen gegen ihn einzustellen, und dies auf besonders beeindruckende Art und Weise.

        »Punch-Drunk Love« ist eine Befreiung aus dem Einheitsbrei der romantischen Komödien, gespickt von subtilen Anspielungen und einer authentischen und vor allem wichtigen Charakterentwicklung, die sogleich symbolisch für einen ganzen Typus von Mensch steht, und zugleich die Entfesselung von Adam Sandler. Er spielt ganz groß auf, geht an seine Grenzen und kann so jede noch so winzige Facette des Charakters Barry Egan erfassen, auch wenn man noch deutlich merkt, wie limitiert er gegenüber vielen anderen ist. Die weibliche Hauptdarstellerin soll in diesem Kontext nicht unterwähnt bleiben, Emily Watson ist sogar noch stärker als Sandler, bekommt leider doch viel zu wenig Screentime. Aber es ist eben Sandlers großer Auftritt und der Film auch eine Studie seines gebeutelten Charakters. Insgesamt kann man in diesem Werk natürlich auch eine Abrechnung mit seiner bisherigen Art von Filmen erkennen, was aber dadurch widerlegt werden kann, dass er danach noch viel schlimmere Werke vollbracht hat. (Bewusst verweise ich hier auf keine Filmtitel, da diese diesen Kommentar nur einen hässlichen Anstrich verleihen würden.) Aber vordergründig steht hier die stille Explosion eines besonderen, etwas anders wirkenden Menschen, der doch nur genau das will, was die meisten Menschen wollen: er möchte einfach geliebt werden und selber Liebe geben. Man kann davon halten, was man möchte, aber dieser Film spiegelt es auf ganzer Linie wider. Paul Thomas Anderson will dem Zuschauer vermitteln, dass ausnahmslos jeder dazu fähig und in der Lage ist, durch Liebe etwas zu erreichen, einen Partner zu finden und selbst geliebt zu werden. Es ist nicht zwingend, es ist kein Muss, er behauptet nicht, dass es so sein wird, auf der Leinwand wird lediglich gezeigt, dass es keine von vornherein festgelegten Grenzen, Regeln oder Gesetze gibt.

        Fazit: Paul Thomas Anderson schafft mit »Punch-Drunk Love« eine Konventionen brechende Lovestory, sowie bahnbrechende und atemberaubende romantische Komödie, welche inszenatorisch und inhaltlich, sowohl von der Synopsis als auch von Charakter- und Beziehungsentwicklung her, fast jedem anderen Genre-Vertreter überlegen ist. Natürlich gibt es auch andere, etwas mehr konventionelle, dafür aber gut geschriebene und fein inszenierte Werke, aber »Punch-Drunk Love« setzt hier Maßstäbe in Sachen Regie, Drehbuch und Aussage. Ein wundervoller, stiller, nachdenklicher, und dabei so viel transportierender Film vom besten Regisseur der Welt.

        9
        • Du weißt aber schon, dass du beim bewerten unabsichtlich einen halben Punkt vergessen hast?!

          • *ausgrab*

            Ellen Page?!
            Auf den Scheiterhaufen mit dir!!! :P

            1
              • Der hat, wenn ich richtig zählen kann (nicht sicher), dann in den letzten Monaten/Jahren so mal eben selber 5 Filme gemacht, wo er Regie führt und sowas?!

                • Dir gefällt Alien, obwohl's da keine tanzenden Schwäne gibt? :o

                  • “Ich meinte zu ihm, ’Du hattest es einfach Kumpel, du hattest die Bücher als du Teil zwei und drei von Der Herr der Ringe geschrieben hast. Ich muss mir mein eigenes Buch im denken und daraus ein Skript machen.”

                    Naja, ich weiß ja nicht wie schwierig es ist, einfach Handlungsstränge, Inhalte und Motive aus diversen anderen Filmen zu klauen und sie dann zusammenzufügen, aber wenn das tatsächlich so ist...

                    • Heute Abend also Allen Ginsberg und Truffaut...hm, schwierige Entscheidung... :/

                      • 10
                        alex023 16.03.2013, 17:38 Geändert 07.11.2014, 21:58

                        SPOILER!

                        »I have a competition in me. I want no one else to succeed. I hate most people.«

                        Daniel Plainview ist ein Ölmann. So nennt er sich selber, er ist stolz darauf. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzt sich der gerissene und clevere Geschäftsmann an die Spitze des gerade erst beginnenden Erdölbooms. Als er von einem riesigen, aber noch nicht benutzten Ölfeld erfährt, macht er sich auf, um es zu erwerben, aber natürlich zum geringen Preis, so wie er es bisher immer tat. Doch er hatte nicht mit dem Widerstand des Priesters Eli gerechnet…

                        Paul Thomas Anderson präsentiert dem ahnungslosen Zuschauer hier zugleich Charakterstudie, Gesellschaftskritik und die Welt, aber nichts davon im klassischen Sinne. Angefangen mit einer Schwärze, so tiefschwarz und böse, so unerkannt und geheimnisvoll, wie es zuvor nur die anfängliche Schwärze in Stanley Kubricks „2001: A Space Odyssey“ war. Und so setzt sich hier auch die Hommage an einen der größten Filmemacher aller Zeiten fort. In Kubricks Ultrakunstwerk war es der Monolith, der ständig anwesend und präsent war und den Film geprägt hat, schon von der ersten Sekunde an, er leitete den Film, das Geschehen und alles, was danach kam, ein. So ist es auch hier. Die tiefe Schwärze gleich zu Beginn steht einfach und schlicht für das Öl, was ein Hauptaspekt des Films ist, wie auch in der nachfolgenden Betrachtung sein wird. Die Einleitung, in abermals tiefen und dunklen Schwarztönen gehalten, zeigt uns den Ausbruch der Gewalt in Daniel Plainview, so wie es der (ebenfalls schwarze) Monolith mit der Menschheit in „2001“ getan hat. Die Einführungssequenzen dauern hier länger als eine Viertelstunde und bleiben beinahe komplett ohne ein gesprochenes Wort. Lediglich Plainviews »No!« bleibt in Erinnerung und brennt sich tief ein. Auf der einen Seite die Gewalt der Menschheit (Kubrick), auf der anderen Seite die von Plainview, dem Menschenhasser als Kontrastbild (Anderson)? »No!« – ein Nein zu Menschheit?

                        „There Will Be Blood“ zeigt zunächst einmal den Charakter des Daniel Plainview, ein skrupelloser, gerissener, überaus intelligenter Geschäftsmann, der jedoch jegliche positive Gefühle vermissen lässt. Denn Plainview ist kein Mensch, er ist ein Monster, ein bösartiges, von Hass auf die Menschen zerfressenes Monster, was in seiner Gier nach Geld und Reichtum zu stets höherem strebt. »I hate most people. « bringt es wohl am treffendsten auf den Punkt, wenn man seinen Charakter beschreiben möchte, was gar nicht so einfach ist, denn Anderson verzichtet hier bewusst auf eine stilistische Aufarbeitung dessen, da er vordergründig die Geschichte nur klassisch aus der Sicht des Protagonisten erzählen wollte, ohne irgendeinen Einfluss auf die Wahrnehmung des Zuschauers zu nehmen. Weiterhin ist Plainview aber nicht zu charakterisieren, da durch diese stilistische Gestaltung zwar Platz für weitere Ausarbeitung des Charakters, inklusive Vor- und Familiengeschichte wäre, Plainview selbst aber eine Menge offen lässt, was dazu führt, dass es eben auch für den Zuschauer offen bleibt. Als Beispiel kann man hier H.W. anführen: es ist dem Zuschauer nach guten 158 Minuten Laufzeit nicht klar geworden, ob dieser nun der Sohn des verunglückten Grubenarbeiters war oder Plainviews eigener, auch dessen Bezeichnung für H.W. als „Bastard“ ist kein klares Indiz, da die Intention Plainviews nicht zu 100 % deutlich wird und man so keine klaren Rückschlüsse ziehen kann. Alles was wir also wissen ist, dass Plainview es nicht erträgt ein Mitglied dieser Gesellschaft zu sein, Menschen hasst und am liebsten irgendwo zurückgezogen allein leben würde, wenn er genug Geld gescheffelt hat, wozu es gewissermaßen am Ende auch kommt. Er ist erzürnt darüber, dass sich ihm Menschen überhaupt in den Weg stellen, auch wenn er für diese eine stetige Gefahr ist, was seine Präsenz und Gegenwart allein schon zeigt. Daniel Day-Lewis stellt die Figur des Daniel Plainview in einer für mich bisher nie dagewesenen Art und Weise dar, er geht bis an die Grenzen des nur möglichen, aber für ihn scheint es keine Grenzen zu geben. Overacting? Auf keinen Fall! Hier ist es völlig, aber auch wirklich angebracht, Day-Lewis Sprache, Gestik und Mimik verwandeln Plainview erst in das dreidimensionale, undurchdringbare Monster, welches eine so große Gefahr für alles und jeden, was sich ihm in den Weg stellt, ist. Mit elektrisierender Diversität und großem Facettenreichtum zeigt Daniel Day-Lewis eine der besten Performances, wenn vielleicht nicht sogar die beste, die jemals ein Schauspieler auf die Leinwand gezaubert hat. Bedanken kann er sich selbstverständlich bei Paul Thomas Anderson, dessen Regie und Anweisung ihn wohl erst dazu bringt, auch wenn er selbst natürlich den größten Beitrag leistet. Er ist einfach so unfassbar gut in diesem Film, um es mal salopp zu formulieren. Durchweg spiegelt er die komplette Figur Plainviews wieder, er lebt sie förmlich und lässt dennoch keine
                        Identifizierungsmöglichkeiten zu, weil das Drehbuch sie einfach nicht hergibt, man muss sich damit abfinden, einem Protagonisten durch seine Geschichte, die sein Leben ist, zu folgen, in der man wohl nie etwas wie Sympathie empfinden kann. Oder etwa doch? Da Daniel Plainview die anderen Menschen hasst, sind sie ihm so auch total egal. Selbst H.W. ist hier nur Mittel zum Zweck, so erscheint es für Grundbesitzer doch immer freundlicher, wenn ein süßer, kleiner Junge der Geschäftspartner des großen Ölmannes. Als er ihn nicht mehr benötigt, schiebt er ihn einfach ab, indem er ihn mit dem Zug wegbringen lässt. Taub und emotional durcheinander nach dem Abbrennen des Förderturms ist er ohne Nutzen. Plainview erfährt aber auch eine andersartige Begegnung mit einem Menschen, als er Henry kennenlernt, der vorgibt, sein Bruder von einer anderen Mutter zu sein. Er bleibt ihm gegenüber zwar misstrauisch, nimmt ihn aber dennoch auf und schnell lässt er ihn zu seiner rechten Hand aufsteigen, die unabdingbar bei jeder seiner Verhandlungen mit von der Partie ist, so wie es H.W. zuvor gewesen war. Hier hat Plainview auch seinen einzigen menschlichen Moment im Film, den man zunächst nicht für möglich gehalten hatte: Plainview findet heraus, dass Henry gar nicht ein Bruder ist, sondern nur seinen – mittlerweile toten – Bruder kannte und dessen Geschichte genutzt hatte, um ihm nahezukommen und an den Platz in seinem Unternehmen zu gelangen. Nachdem er ihn dafür gerichtet hat, verfällt Plainview in wenige, vereinzelte, aber dennoch klar erkennbare Emotionen, die nicht von Hass oder Gier geprägt sind. Er ist traurig, vermutlich weil er dachte, er hätte endlich mal jemanden gefunden, der zu ihm passt und den er nicht hassen würde.

                        Plainview strebt unaufhaltsam nach Öl, immer mehr Öl, das prägende Element des Films, es hält die Handlung zusammen, die sonst schon so unverbunden wirkt, aber ständig taucht dieses Öl auf. Es ist ein ganz spezieller Faktor im universellen Ganzen. Wie der Monolith in Kubricks „2001“ verbindet und verbandelt das Öl die einzelnen Stationen zu einem großen Ganzen. Hier sind es die Lebensstationen von Daniel Plainview, die vom Ausbruch der Gewalt, bis zum leichten Erfolg, über den Tiefschlag nach dem Abbrennen des Förderturms bis zum maximalen, angestrebten Reichtum nach dem Bau der Pipeline und zur letztlichen Erlösung führen. Auch die Farbführung der Bilder ist hiermit verbunden, so sind es doch vermehrt dunkle, graue, braune oder auch häufig schwarze Farbtöne, die das Gesamtbild bestimmen. Nicht ohne Grund, denn so symbolisiert es doch den Charakter des Plainview, für den Öl aufgrund des Profits alles ist.

                        Außerdem kämpft Plainview gegen die Kirche, speziell gegen den Laienpriester Eli Sunday, dessen Familie ihm – zunächst gegen dessen Willen – das Land verkaufte, damit er das Öl fördern konnte. Aber beteiligte er die Familie nicht mit den Entschädigungen in Höhe von Ölpreisen, sondern von Wachtelpreisen, wie er es nennt, als er es H.W. erklärt, da er zunächst vorgibt, nur ein Mann für die Wachtel-Jagd zu sein. Das erzürnt den Priester und so vergrößert sich der bereits zu Anfang vorherrschende Konflikt nur noch mehr. Eli Sunday versucht in jeder Sekunde seines Daseins, die Machenschaften Plainviews zu unterbinden, was ihm aber durchweg nicht gelingen will. Auch wenn er ihn zwischenzeitlich dazu bringt, sich als Sünder in der Kirche zu entblößen, dient das doch alles nur dem Zweck, den letzten verbliebenen Grundbesitzer, der nicht an ihn verkauft hat, mit seinem Eingeständnis und seiner Leidenschaft für den Glauben zu überzeugen. Kurz vor Schluss des Clinchs, der tief verwurzelt war und theoretisch metaphorisch den Kampf von Kapitalismus gegen Kirche, von Gier gegen Glauben darstellt. Aber auch Sunday ist nicht von der Sünde der Gier befreit, so strebt er doch ebenfalls nach Macht und ist auch Reichtum nicht abgeneigt, was sich am Ende beweist, als er Plainview unbedingt ein scheinbar noch nicht erschlossenes Ölfeld andrehen und dafür entsprechend bezahlt werden will. Doch Plainview war schneller. Dennoch bleibt bei Sundays Charakter einiges offen, da wir ihn auch praktisch nur mit den Augen Plainviews sehen. So wird Eli Sunday vom großartigen Paul Dano dargestellt, der hier seine beste Karriereleistung abliefert (es wird schwierig für ihn, das alles noch einmal zu toppen), jedoch trotz seiner Virtuosität im Spiel nie an Daniel Day-Lewis heranreicht, der einfach eine Liga höher spielt, wofür er im Grunde genommen aber auch nichts kann, aber auch Paul Sunday, Elis augenscheinlicher Bruder, wird von ihm gespielt. Dieser Paul Sunday war der Indikator für alles, was danach passierte. Er berichtete Plainview von den nicht erschlossenen Ölfeldern auf dem Grund seiner Familie. Doch danach verschwindet er von der Bildfläche, als Plainview beim Anwesen der Sundays eintrifft, findet er nur den Vater, die Mutter, die zwei Töchter und jenen Eli. Es wird also offen gelassen, ob Eli, wie Paul es erwähnte, der Zwillingsbruder ist oder Eli hier sogar ein falsches Spiel spielt und Paul gar nicht existiert. Einen möglichen Beleg für letzteres gibt es in der Szene, wo Paul Sunday Daniel Plainview von dem nicht erschlossenen Ölfeld erzählt: er fragt, ob Plainview ein Anhänger der Kirche sei, im Hinblick auf Eli Sundays Priesteramt eine höchst brisante Frage. Aber natürlich kann es auch eine Frage sein, die damals alltäglich (oder ähnlich) gestellt wurde. Beweisen kann man weder das eine, noch das andere, weil es einfach offen gelassen wird. Aber für das Gesamtbild ist es auch nicht von eminenter Bedeutung, denn man kann Plainviews und Sundays Schlagabtausch als eine Entwicklung sehen, in der zwar Plainview stets die Oberhand behält, Sunday sich aber vom Priester mit gewollter Aussicht auf finanzielle Unterstützung zu einem ebenso gierigen wie besessenen Angehörigen seiner Kirche macht, der nur noch auf den eigenen Vorteil wie auch Macht, Reichtum aus ist. Alles, was zuvor vorgefallen ist, scheint ihn nun nicht mehr zu interessieren. Es geht ihn nur noch ums Geld, er ist verzweifelt, und das sieht man ihm auch an. Plainview hat ihm das genommen, was er als einziges zuvor ihm gegenüber voraus hatte: positive Gefühle, Zugang zu anderen Menschen. Ob dies nun besser ist, ist eine völlig andere Frage, die in diesem Kontext aber nicht sinnvoll zu diskutieren ist. Fraglich auch, ob Plainview diese Eigenschaften oder Gegebenheiten überhaupt besitzen wollte, höchstwahrscheinlich nicht.
                        Paul Thomas Anderson zeigt mit „There Will Be Blood“ aber auch das Bild eines Amerikas im frühen zwanzigsten Jahrhundert, die große Zeit der Kapitalisten, Öl fördern war noch relativ einfach und großes Geld ließ sich mit dem schwarzen Gold machen. Ja, Öl war damals Gold und ist es heute immer noch, wenn man den ideellen Wert von Gold auch als Beispiel heranzieht. Doch hat die Medaille hier auch, wie fast immer, zwei Seiten, so ist Öl nicht nur Segen sondern auch Fluch.

                        „There Will Be Blood“ – der Titel ist eine Metapher und Allegorie. Zum einen knüpft er an das folgende Bibelzitat an:
                        »The LORD said to Moses, „Tell Aaron, ‘Take your staff and stretch out your hand over the waters of Egypt—over the streams and canals, over the ponds and all the reservoirs’—and they will turn to blood. Blood will be everywhere in Egypt, even in the wooden buckets and stone jars.”« (Exodus 7, 19)

                        Es spielt darauf an, dass Daniel Plainview etwas anderes finden wird, als er sucht. Das bedeutet, dass für ihn das Öl auch wie Blut sein kann, etwas, was notwendig für alles im Leben ist, aber aus den Wunden, die man sich zuzieht, nur so herausspritzt und womöglich von höllischen Schmerzen begleitet wird. Ist das Leben für Plainview nicht eine einzige Qual, die Hölle auf Erden (selbst in der Formulierung eine Art christliche Anspielung), weil er mit den verhassten Menschen verbleiben muss, auch als er unverschämt reich ist? Zum anderen beschreibt der Titel auch den Verlauf des Konflikts zwischen Plainview und Sunday, also dem zwischen Kapitalismus und Kirche. Am Ende besucht Sunday Plainview in seinem neuen Haus und bettelt ihn förmlich an, ihn für Information über das scheinbar nicht genutzte Ölfeld zu bezahlen, seine Gier hat hier nämlich gesiegt. Doch lässt Plainview das alles nicht auf sich sitzen, er hat nicht vergessen, wie Sunday ihn in der Messe vorgeführt hatte, als er den Sünder spielte, um doch noch Land erwerben zu können. Nun führt er Sunday vor, in dem er ihn sich selbst als falschen Propheten hinstellen lässt mit der Aussicht auf Annahme des Angebots, was er jedoch nie im Sinn hatte, da die Ölfelder bereits erschlossen worden waren. Es ging ihm schlicht um die Erniedrigung des Priesters. Gleich danach richtet er auch ein letztes Mal über diesen und dabei sehen wir eine ganze Menge Blut, die sich um Plainview herum ausbreitet. Dort wird Blut sein. Der Abschluss des Konflikts, das unvermeidbare Ende ist geschehen, der bildliche Kreis geschlossen. Und es war von vornherein angekündigt worden.

                        Anderson untermauert seine Geschichte mit Bildern, oft in establishing shots, aber er zeigt die Szenerie nie komplett, nur entweder im Low-Angle-Shot oder im starken High-Angle-Shot. Dabei schweift die Kamera kurz über das kahle, öde Land, welches die Menschen als kleine Figuren darstellt. Nur gegen Ende, wenn das Blut dort ist, wo sich der Kreis schließt, wenn die Bowlingbahn Plainviews diesen neben dem toten Prediger zeigt, wird das gesamte Bild enthüllt, was also gegen Ende zu einem Stilbruch führt. Unterlegt ist das Werk mit einem der besten je komponierten Scores der Filmgeschichte vom großartigen Jonny Greenwood, der so nervenaufreibend und thrilling ist, wie kaum eine andere Filmmusik. Sie fängt auf den Punkt die Stimmung, die gegeben ist, ein und bringt so die Atmosphäre auf ein ganz anderes, viel ausgedehnteres Level.

                        Fazit: Somit wirft man mit „There Will Be Blood“ einen Blick auf den Charakter eines Kapitalisten, der zugleich auch noch jeden anderen hasst, der irgendwie ein Vertreter der menschlichen Gattung ist. Dieser strebt unaufhaltsam, gierig, besessen und clever, mit aller Macht nach Reichtum und Abgeschiedenheit und benutzt und zumeist erniedrigt dazu jeden, der sich ihm in den Weg stellt. Daniel Plainview als Kapitalisten-Monster, symbolisch für die gesamte amerikanische Konsumgesellschaft, dazu auch noch heute gültig, einer Zeit, in der die Kritik am bestehenden Wirtschaftssystem nie größer war? Anderson bestritt seine Absichten in dieser Richtung, er hatte aus der Vorlage „Oil“ alle politischen Aspekte herausgestrichen und lediglich den Konflikt zwischen dem Ölmann und dem Prediger zeigen wollen. »Politische Filme sind langweilig« soll er gesagt haben. Aber wie großartig und unglaublich erstaunend ist es dann bitte, wenn trotz seines Willens, eine politische und auf die heutige Zeit bezogene politische Botschaft oder Kritik zu vermeiden, sie dennoch enthalten ist? Sehr subtil, aber eben dennoch vorhanden. „There Will Be Blood“ kritisiert die heutige auf den Konsum ausgerichtete, kapitalistische Gesellschaft aufs Härteste, in dem er den Anhängern, Befürwortern und Ausführenden dessen die menschlichen Eigenschaften nimmt. Weil auch hier der Kapitalist und Menschenhasser Plainview den Kampf gegen den Prediger und Priester Eli Sunday gewinnt, hat der Kapitalismus also gegen die Kirche, das Streben nach Geld und die Besessenheit von Macht gegenüber dem Ideellen, dem Glauben oder vielleicht auch einfach nur dem der Realität abgewandten oder der Philosophie, gesiegt.
                        Für den Zuschauer ist der Film eine Qual, ungemein anstrengend anzuschauen, er bekommt nie eine helfende Hand gereicht, die in die richtige Richtung weist. Der Zuschauer muss sich damit abfinden, für keine dargestellte Figur auch nur etwas Ähnliches wie Sympathie zu empfinden oder sich vom Film unterhalten zu lassen. Paul Thomas Anderson hat ein jetzt schon zeitloses, elektrisierendes und fesselndes Meisterwerk geschaffen, welches Motive und Themen aus Stanley Kubricks „2001“ aufgreift, zugleich beste Grüße an diesen Klassiker sendet, aber selbst sich noch darüber hinweg setzt und neue Maßstäbe setzt.

                        Ultrakunst.

                        10
                        • 7
                          alex023 13.03.2013, 19:56 Geändert 07.11.2014, 22:00

                          SPOILER

                          „When you get to the right place with the right people, quarter this.“

                          „A man was looking for America, but he couldn’t find it anywhere“ spiegelt vielleicht am ehesten eine Art Botschaft, die „Easy Rider“ dem interessierten Zuschauer mitgeben will, wider. Dieser oder vielleicht auch nur ein ähnlicher Satz prangte auf den Filmplakaten seinerzeit und ist wohl der einzige Hinweis auf eine gewisse Deutung des Ganzen, was sich auf der Leinwand abspielt. Die Freunde Dennis Hopper und Peter Fonda wollten diesen Film unbedingt drehen und machten es dann einfach, unterstützt von ihrer Lieblingsband Steppenwolf, deren Songs wie „Born to be wild“ oder „The Pusher“ natürlich atmosphärisch perfekt in das Setting hineinpassen. Dennis Hopper führt hier Regie und bekleidet zusammen mit jenem Peter Fonda die Hauptrollen der Easy Rider, die Biker, immer auf der Suche nach Freiheit und dem Gefühl davon. Peter Fonda spielt dabei Wyatt, als Captain America verkleidet und Dennis Hopper ist Billy, der Cowboy. Während ihrer ganzen Reise geraten die beiden an eine Hippie-Kommune, in der sie diese Seite des Lebens kennen lernen, an einen alkoholabhängigen, freiheitssuchenden Anwalt, gespielt von Jack Nicholson (und hier muss man an dieser Stelle diesen Mann einmal loben, das war für mich fast schon seine beste Leistung überhaupt. Natürlich hat er in „Shining“ und „One Flew Over the Cuckoo’s Nest“ und diversen anderen Filmen brilliert, aber hier setzt er meiner Meinung nach dem noch mal die Krone auf.) und nach New Orleans, das eigentliche Ziel ihres Trips. Während ihrer Odyssee bekommen wir eine Menge musikalisch wunderbar unterlegter Fahrten zu sehen, dann wiederum wieder sehr ruhige, fast schon nachdenkliche Szenen. Allgemein hat man das Gefühl, dass sehr wenig gesprochen wird im gesamten Film, was sich erst mit dem Auftreten des Anwalts George Hanson (Nicholson) ändert. Es spiegelt vielleicht die innere Sehnsucht nach Freiheit wider, die in den Bikern unaufhörlich lodert. Wie eine kleine Flamme, die nicht zu erlöschen vermag. Und doch können sie ihr Verlangen nicht stillen, am Ende bleiben sie mit der Gewissheit zurück, dass Amerika nicht der Ort ist, für den sie ihn gerne hielten und immer noch halten würden. Sie waren zu ihrem Trip aufgebrochen, um Freiheit, Unabhängigkeit und das Leben zu fühlen, es mit Leib und Seele zu spüren. Doch es ist nie dazu gekommen, die Welt und das ganze Land waren dafür viel zu verbittert, dass sie ihre einzige Offenbarung während ihres unheimlichen LSD-Trips mit zwei Prostituierten hatten. Die wirkliche, einzig wahre Offenbarung der Freiheit und jenes unendliche Gefühl der Grenzenlosigkeit, nachdem sie von Anfang an suchten, haben sie nie gefunden. Und als wäre das noch nicht genug, sterben sie am Ende einen zufälligen und auch noch sinnlosen Tod. Deprimierender kann ein eigentlich auf etwas Wunderbares wie das Freiheitsgefühl ausgerichteter Film nicht enden.

                          EASY RIDER zählt zwar nicht zu den größten Filmen der Geschichte, als Klassiker kann er aber dennoch gelten, da er bereits sehr viele Elemente, Aspekte und Motive späterer Werke aufweist, weshalb er durchaus ein wichtiger Film für den weiteren Verlauf Hollywoods und der sonstigen Filmlandschaft ist.

                          7
                          • Hat ja noch letztens bei NCIS mitgespielt. Kann es immer noch. :-)

                            1
                            • Ok, es war besser, aber so euphorisch bin ich nach wie vor nicht. ^^

                              • Nackte Fakten und kein Wort zu "Palo Alto Stories"? Ich bin enttäuscht. :(

                                Toller Typ.

                                • Aha. Ja, man kann sagen, dass das die beste Folge war ("Episode 6 von Homeland gehört nicht zu den herausragenden Folgen der Serie." -> seh ich dementsprechend anders^^)...
                                  Aber ok. Ich weiß nicht genau, wie ich das beschreiben soll, aber...mir wurde Homeland als intelligent geschrieben angekündigt. Ok. Da ist zum einen das unfassbare Klischee, dass der beste Freund mit der Ehefrau schläft. Muss natürlich sein. Aber ok. Aber dann: Brody (im Ernst: warum nennt seine Frau ihn beim Nachnamen? Das ist doch totaler Nonsense!) und Carrie treiben es im Auto. DAS WAR NICHT (!!!) VORHERSEHBAR! NEIN! Ich hätte damit NIE IM LEBEN gerechnet. Ich bin so geflashed von diesem Mindfuck.

                                  Aber gut, sonst war es ja in Ordnung. Zwar keinesfalls so super toll toll toll und herausragend, wie es alle immer schildern, aber irgendwas muss ja demnächst passieren. Hm. Straft mich dann lügen, wenn es so kommt.

                                  • 9
                                    alex023 06.03.2013, 17:11 Geändert 13.12.2014, 00:04

                                    Auch die dritte Staffel der SONS OF ANARCHY ist mehr als überragend. Die Handlung schließt direkt an Staffel 2 an und macht auch qualitativ da weiter, wo es vorher aufhörte.

                                    Jax Teller sucht sein Baby in Irland. Dass dabei Unruhen entstehen, ist vorprogrammiert. Aber Staffel 3 konzentriert sich nicht nur auf die Suche nach dem entführten Baby des Teller-Jungen, sondern verwebt gekonnt Handlung der vorangegangenen Staffeln zu einem zunächst undurchschaubaren Gesamtkonstrukt. Wir hätten da nicht nur den Konflikt mit den Iren, der weniger einer mit der IRA und mehr einer mit Jimmy O’Phelan ist, sondern müssen sich die Biker ebenfalls mit dem ATF und deren fieser Agentin Stahl herumschlagen. Weiterhin haben sie noch Probleme mit den Mayans und deren Anführer Alvarez, einem weiteren MC aus Mexiko und einem skrupellosen Politiker.

                                    Die Schauspieler wachsen in ihrer Aufgabe immer mehr. Charlie Hunnam überragt, sein virtuoses Spiel in Zusammenhang mit seiner fantastischen Modulation seiner Stimme ist so facettenreich, dass man nicht durchdringt zu diesem Charakter, was aber unter keinerlei Umständen negativ gemeint ist. Katey Sagal ist ebenso fast nicht mehr zu halten, sie trumpft durchweg auf und zeichnet die Serie mit aus. Ron Perlman bleibt zwar hinter den beiden zurück, kann jedoch in seinen Szenen auch große Präsenz und Klasse beweisen. Was mich besonders freut ist die Entwicklung von Maggie Siff, die einfach immer besser wird. War sie in Staffel 1 noch etwas schüchtern, legte sie das in Staffel 2 komplett ab und steigert sich in Staffel 3 immens. Der Rest des Casts wäre eigentlich auch eine Erwähnung wert, aber dafür ist hier gar nicht genug Platz.

                                    Außerdem muss ich hier einmal etwas zur Musik sagen: der Soundtrack ist einfach überragend. Wenn am Ende „Hey Hey My My“ ertönt, hat man nicht nur Gänsehaut, sondern fühlt man sich so auch viel eher in alles hinein.

                                    Die Drehbuchautoren trauen sich hier immer mehr, lassen den Zuschauer nie zur Ruhe kommen, immer wieder taucht ein neues Problem oder ein neuer Konflikt auf. Die rasante Inszenierung wechselt sich mit ruhigen Momenten ab, stets schwebt etwas alles überbordendes Bedrohliches über allem. Ständig ist was los und ständig unruhig. Die immer mehr faszinierende Geschichte zieht den Zuschauer nun total in den Bann.

                                    Jax Teller wandelt sich immer mehr, aber hier wohl in eine andere Richtung als zunächst erwartet. Er entfernt sich immer mehr von den Idealen seines Vaters und fühlt sich zunehmend mehr zu Clay hingezogen, was suggeriert, dass er den Konflikt mit ihm völlig verdrängt hat, aber durch John Tellers Briefe, die Maureen Ashby an ihn übergeben hat und die Tara Knowles am Ende liest, bleibt das Bedrohliche aufrecht und man vermutet, dass es zu einem finalen Konflikt kommen wird, irgendwann, nur dass es noch mehr hinausgezögert wird.

                                    Die folgenden Staffeln werden den weiteren Verlauf zeigen und ich kann es kaum noch erwarten, die weitere Story- und Charakter-Entwicklung zu genießen. Jede Sekunde dieser großartigen Serie ist nämlich ein Genuss.

                                    7
                                    • Nachdem hinter The Master nun ein Haken gemacht werden kann, ist The Place Beyond the Pines der Most-Wanted in diesem Jahr. Kann nur gut werden mit Gosling, Cooper und Liotta. Cianfrance trau ich es zu, ein virtuoser seiner Zunft zu werden, da Blue Valentine schon so überragend war.

                                      1
                                        • 8
                                          alex023 02.03.2013, 17:44 Geändert 07.11.2014, 22:00
                                          über Oldboy

                                          „Laugh and the world laughs with you. Weep and you weep alone.“

                                          Das war also mein Einstieg in das koreanische Kino und das zudem mit dem hochgepriesenen und weitaus oft als herausragend rezensierten OLDBOY aus den Händen von Chan-wook Park, der diesen Film als zweiten Teil seiner Rache-Trilogie sieht, die lediglich stilistisch und nicht inhaltlich verbunden sind. Die weiteren Teile werde ich mir in Zukunft noch ansehen müssen, denn dieser Film macht durchaus Lust auf mehr.

                                          Die riesigen Euphorie-Wellen, die Hand in Hand mit Unmengen von hohen Bewertungen gingen, kann ich natürlich nicht nachvollziehen, ich sehe hier keineswegs eine der besten Schauspielleistungen überhaupt oder gar den besten Film des neuen Jahrtausends. Aber, und das kann man durchaus so sagen, ist „Oldboy“ nicht bloß ein ausgezeichneter Thriller, sondern im Grunde genommen noch viel mehr. Allein schon ob seiner Inszenierung ein kleines Kunstwerk, greift hier doch jedes Rädchen ins andere. Ist der Film an manchen Stellen ziemlich brutal, so übertreibt Park es nie und bleibt stets bei der Sache, fokussiert auf den weiteren Verlauf. Auch wenn es nicht beste Leistung aller Zeiten war (wie bereits angemerkt, siehe oben, aber auch nur deshalb so überdramatisiert, weil viele das behaupteten), sind die Schauspieler dennoch solide bis gut, Hauptdarsteller Min-sik Choi sogar sehr gut. Inhaltlich gesehen kann man einen Rache-Thriller fast nicht besser kreieren, alles wirkt stets authentisch und plausibel. Die Auflösung am Ende hin fand ich dann im Gegensatz zu manchen sogar gelungen, hat für mich perfekt in das Gesamtkonstrukt hineingepasst.

                                          Abschließend lässt sich also sagen, dass es sich bei „Oldboy“ zwar nie um Meisterwerk, als welches es von vielen stets betitelt wird, aber dennoch um ein kleines Rachethriller-Kunstwerk mit einigen inszenatorischen Stärken handelt.

                                          7
                                          • 8
                                            alex023 27.02.2013, 16:07 Geändert 07.11.2014, 22:02

                                            „I couldn't stop running it over and over and over in my mind. The vague and distant suspicion that we never understood what happened that night; what our role was.“

                                            Nachdem Ben Affleck im letzten Jahr mit Argo für einigen Aufruhr in der Filmwelt sorgte und womit sogar jemand nach langer Zeit mal wieder einen Oscar als bester Film einheimste, ohne ebenfalls als Regisseur ausgezeichnet zu werden, wollte ich mich höchstpersönlich von seinem Talent als überzeugen, als ich dann noch sah, dass sein Bruder die Hauptrolle bekleidete, stieg das Interesse umso mehr. Vor Spoilern sei hier durchaus gewarnt.

                                            Ben Affleck hat, und das hört man immer öfter, noch nicht so häufig als Schauspieler brilliert, was jeden wohl umso skeptischer ob seiner Regiearbeiten macht. Aber jedem, der so denkt, sei einmal GONE BABY GONE empfohlen. Wie B. Affleck hier inszeniert, ist ganz groß und zeigt sein enormes Talent geradewegs. Die Kameraeinstellungen verleihen den teils wunderschönen bis melancholischen Bildern Authentizität und verbinden somit Inhalt, Botschaft und Bebilderung auf außergewöhnliche Weise miteinander.

                                            Boston ist nicht gerade eine nette Stadt, hier passieren wahrlich schlimme Dinge. Ein vierjähriges Mädchen namens Amanda aus dem Stadtteil Dorchester wurde entführt und die Polizei kommt nicht weiter, also engagiert die Tante den Privatdetektiv Patrick Kenzie und seine, sowohl im Beruflichen als auch Privaten, Partnerin Angela Gennaro, die nun zusammen mit der Polizei der Sache auf den Grund gehen, sie können relativ schnell mit einigen Informationen aufwarten, da sie sich in der Nachbarschaft auskennen und auch bekannt sind und somit einfacher als Cops an wichtige Details gelangen können. Es stellt sich heraus, dass die drogenabhängige Mutter des Mädchens zusammen mit einem Kleinkriminellen einem etwas größeren Fisch eine Menge Geld abgenommen hatten und so denken nun alle, dass dieser Typ hinter der Entführung stecken muss, weil ja sonst keine andere Möglichkeit bleibt. Oder etwa doch nicht? Patrick Kenzie beginnt daran zu zweifeln, hierbei sei zu erwähnen, dass er nur darauf kommt, weil sich die wahren Strippenzieher selbst verraten.

                                            Casey Affleck spielt hier wie auch schon in Jesse James ganz groß auf und verleiht seiner Figur sehr viel Glaubwürdigkeit, seine Mimik und Gestik sind stets obenauf und präsent, er stellt die innere Zerrissenheit seines Charakters unheimlich gut dar. Seine Szenen mit Morgan Freeman zusammen, sie sind rar gesät, sind einfach verdammt großes Schauspielkino, sie spielen sich beide bildlich die Bälle zu und der jeweils andere kann sie immer verwerten. Ed Harris hat natürlich ebenso seine Szenen zusammen mit C. Affleck und diese sparen ebenfalls nicht an großem Spiel. Insgesamt ist das Ensemble gut aufgelegt, auch wenn die beispielsweise in Kiss Kiss Bang Bang gut aufgelegte Michelle Monaghan ein wenig enttäuscht, da sie fast nur durch herumschluchzen und –weinen auffällt.

                                            Ben Afflecks Stil erinnert mich phasenweise wirklich an die Filme aus der Hand von Sam Mendes, welche stets ein ernstes Thema mit tiefgehender Story behandeln, aber nie den Bezug zu ihren Charakteren verliert und deren Hintergrund sogar beleuchtet, so geschieht es auch hier, nicht nur eingefangen durch die tollen Kameraeinstellungen, sondern auch die wunderschönen Bilder verfeinern dies noch, vor allem weil sie so hübsch musikalisch unterlegt sind. Es ist die Balance, die hier gefunden wird, die so passt, denn B. Affleck verliert nie das Thema aus den Augen und sich selber in endlosen Kamerafahrten, sondern fokussiert sich auf das Wesentliche und baut diese Charaktereinblicke nur gelegentlich, aber dann auch konsequent, ein.

                                            Zudem wird hier auch die durchaus nicht einfache Beziehung zwischen Patrick und Angela beleuchtet. Sie sind beide ein Paar, sowohl beruflich als auch privat, wodurch es ihnen sehr schwer fällt, die Dinge zu trennen, sie tragen ihren ersten richtig bedeutenden Fall noch lange mit sich herum, wahrscheinlich für immer. Patrick fragt Angela gleich zu Beginn: „Du weißt doch, dass ich dich liebe?“ und wiederholt diese Frage erneut, nachdem der Fall scheinbar abgeschlossen zu sein scheint, weil jeder das Mädchen als tot glaubt. Er ist sich also nicht sicher, ob seine Freundin sich seiner Liebe bewusst ist, weil sie möglicherweise die Geschehnisse nicht verkraften konnte. Es bildet auch quasi eine Klammer die den Anfang und den scheinbaren Abschluss des Falles umgibt. Es ist ihr erster großer Fall und vielleicht war es auch zu viel, vielleicht war der Fall eine Nummer zu groß, was man auch vor allem an Patricks innerer Zerrissenheit erkennen kann.

                                            Gone Baby Gone regt sehr stark zum Nachdenken an, es ist nicht bloß ein Kriminalthriller über eine Kindesentführung, deren Folgen und die Geschichte über die Entführer und den Aufklärer, den Privatdetektiv Patrick Kenzie, sondern B. Affleck appelliert an die menschliche Moral, stellt die Frage nach dem, was richtig und was falsch ist und beantwortet sie nicht, er hebt nicht den mahnenden Zeigefinger und will uns eine Richtung vorgeben. Auch wenn Patrick sich am Ende dazu entscheidet, die Polizei zu rufen, wird dies nicht als alles in den Schatten stellende Lösung verkauft, da auch noch gegen Ende hin Zweifel an deren Richtigkeit geschürt werden, wenn zum Beispiel Helene ihr Kind einfach zurücklässt und nur weil Patrick gerade anwesend ist, kann er den Babysitter spielen. Auch zieht er persönliche Konsequenzen aus der Geschichte, wie angekündigt „hasst“ seine Freundin ihn nun und beendet scheinbar die Beziehung, da sie auszieht.

                                            Fazit: Alles in allem ist Ben Affleck mit Gone Baby Gone ein vielschichtiges und ziemlich starkes Regiedebut gelungen, in welchem er eine auf den ersten Blick simple Kriminalgeschichte präsentiert, die sich im Nachhinein als ganz schön verstrickt herausstellt und diese mit moralischen Fragen verknüpft. Dies wirkt alles stets authentisch und ist verdammt gut gefilmt, basiert auf einem exzellenten Drehbuch und wird getragen vom virtuosen Casey Affleck.

                                            7
                                            • Und wieder nix großartiges passiert...so langsam werde ich etwas ungeduldig, wo bleibt denn bitte das GROßE, TOLLE, RIESIGE an Homeland?! Ich hoffe da kommt noch was, sonst wird das hier zur Enttäuschung des Jahres...

                                              • Eine Verleihung, bei der die Wallflowers einen Award gewinnen, mag ich immer.

                                                5
                                                • Es ist natürlich so: jeder wusste vorher, wie das ablaufen wird. Blablabla Nominees for Best Actor in a Leading Role blabla, the Oscar goes to Daniel Day-Lewis. Das war klar. Deshalb musste Meryl Streep auch nicht in den Umschlag gucken. Aber DDL reicht es natürlich nicht, als erster überhaupt den dritten Hauptdarsteller-Oscar zu bekommen. Nein, er muss auch noch die beste Rede des Abends auspacken. Sensationell der Typ. Glückwunsch. Hochverdient.

                                                  13
                                                  • Danke an Jenny, ebenso an alle die hier mitgefiebert haben und man liest sich!

                                                    Ich geh duschen und ab in die Schule :) tschüss!

                                                    1