BobbyStankovic - Kommentare
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Alle Kommentare von BobbyStankovic
[...] “Die Große Illusion” zeigt Franzosen, Deutsche, Russen, Schwarze oder Juden, als das was sie sind: Als Menschen. Ihre Bedürfnisse sind Essen, Alkohol, Spiel und Spaß. Der Krieg scheint so weit entfernt, er ist aus dem Köpfen der Männer und verliert seinen Sinn, welchen er von Renoir nie erhalten hat. [...] Renoirs “Die Große Illusion” ist einer der wenigen Antikriegsfilme, die nicht auch gleichzeitig Kriegsfilm sind. Sein Film weicht existenziell-bellizistischen Fragen nach der Notwendigkeit von Krieg aus und präsentiert dem Zuschauer frech eine kriegsmüde Welt, die bereit für einen klassen- und nationenumspannenden Frieden ist. Doch hier ist der Titel des Films wohl auch angesichts der angespannten weltpolitischen Lage im Produktionszeitraum von 1935 bis 1937 in dem Sinne zu verstehen, dass die vom Film präsentierte Gesellschaft und ihrer Entwicklung wohl noch zunächst eine Utopie bleiben wird. Eine immer wieder gerne anzusehende Utopie, die dem Monstrum Erster Weltkrieg ein optimistisches Lächeln entgegensetzt.
[...] Coppolas Film handelt das adaptierte Drehbuch allerdings ziemlich übereilt und ungestüm ab. Die Todesszenen sind lächerlich inszeniert und lösen keine Empathie beim Zuschauer aus. Auch die Beziehung der Kirche und der Medien zu den merkwürdigen Vorfällen in der Familie werden angeschnitten, aber nur so lose, dass sie beim Zuschauer zwangsläufig auf eine kalte Schulter treffen müssen – hier wird sehr viel Potenzial verschenkt. [...] Zwischen Coppolas legendär-schlechten Schauspielperformance in “Der Pate Teil III” und ihrem gefeierten und oscarprämierten “Lost in Translation” liegt Coppolas Debütfilm, der eine ziemlich misslungene Umsetzung eines Jeffrey-Eugenides-Stoff darstellt. “The Virgin Suicides” ist ein Schulternzucken von einem Film.
[...] Die ersten 60 Minuten des Films klappen summa summarum super, es gibt im Positiven Sinne bescheuerte Pointen in christlich-religiöser Motivik, die restlichen 60 Minuten stellen sich aber mehr und mehr als ein Skript-Wirrwarr raus. Smith schafft es in Hälfte zwei nicht seine vielversprechenden Ansätze zu steigern, stattdessen nimmt das narrative Niveau ab und Smith geht immer weiter die Stringenz seiner apokalyptischen Komödie verloren. [...] “Dogma” ist bei weitem kein schlechter Film und für eine kleine Pseudoreligionsstunde durchaus zu gebrauchen, letztlich setzt Smith aber zu sehr auf seinen plakativen Skandal-Effekt und vergisst es seine Hausaufgaben in Sachen Erzählstruktur und Spannungsaufbau zu machen.
Mit “La Promesse” konnten die Dardenne-Brüder das erste mal international für Furore sorgen. Währenddessen sie schon zuvor mit Dokumentationen das Leben in den Abgründen unserer Leistungsgesellschaft beleuchteten, versuchteten sie es 1996 in Spielfilmform und liefen damit prompt erfolgreich auf internationalen Filmfestivals. “La Promesse” ist Menschenrechtskino par Excellence und vorprägend für den dardenneschen Cinematography-Stil. [...] Es sind Geschichten des Erwachsenwerdens in einer unmenschlichen, profitorientierten Welt, die die Dardenne-Brüder immer wieder erzählen — immer wieder neu pointiert, mit zahlreichen Querverweisen auf andere ihrer Filme. Hier stellt die soziale Kälte des Kapitalismus die Rebellion gegen den eigenen Vater, die Herausforderung des Erwachsenwerdens dar. Ein schöner, kleiner Film, der zu Mut die Moral unserer vorgesetzten Welt zu hinterfragen anregt.
[...] “Einer Flog Über Das Kuckucksnest” ist ein Film der an prinzipielles Hinterfragen und Herausfordern der Obrigkeit erinnert und ihr selbst in aussichtlosester Lage (Irrenanstalt) ein starkes Gesicht verleiht (McMurphy). Im Gegensatz zum Buch verzichtet er auf einige Elemente, die die Figuren als Individuen charakterisieren, stattdessen zielt Forman erfolgreich darauf ab, dass man die Irren trotz oberflächlicher(er), einzig aufs äußere geisteskranke Erscheinungsbild reduzierte Charakterisierung, annimmt und emotionale Nähe zu der Insassenschaft entwickelt. [...]
Das Händchen, dass die Academy Awards 1976 bei “Einer Flog Über Das Kuckucksnest” bei der Best Picture-Wahl hatten, kann man heutzutage nur vermissen. Milos Formans brillante, klinisch-weißlich fotografiertes Drama, besticht schauspielerisch, inszenatorisch wie inhaltlich und kann als zeitloser Klassiker angesehen werden, der ohne jeden Makel auskommt. Ein wahrlich perfekter Film und ein Meilenstein der Filmgeschichte.
[...] So muss sich Herzogs Film den Vorwurf gefallen lassen, der literarischen Vorlage keine neuen Facetten hinzuzufügen. Über bloßes Zitieren des Dramenfragments kommt der Münchner Regisseur nämlich in den allerseltensten Momenten hinaus. Aber das muss er auch nicht, denn wenn man „Woyzeck“ als 1zu1-Adaption begreift, bleibt kaum Angriffsfläche für Kritik. [...]
Herzog kopiert den Stil Büchners und übersetzt ihn gekonnt ins Film-Zeitalter. Wer mit der gemächlichen, viel im Kopf des Zuschauers stattfindenden Erzählweise nichts anfangen kann, wird diesen Film möglicherweise langweilig finden, für alle anderen ist er zu empfehlen. “Woyzeck” funktioniert als schlichter Crossover zwischen Film und Theater, der sich vor Büchner verbeugt ohne sich dabei lächerlich zu machen.
[...] Es ist eine links-liberale Jugend, die “Mittlere Reife” poträtiert. Eine Jugend, die rebelliert, weil sie es kann. Weil sie eine Waffe, namens Internet in der Hand hat, die in der Elterngeneration nicht (genug) verstanden oder gar missverstanden wird. Die ARD-Produktion wagt es klar Stellung zu beziehen und interpretiert Hoffnungen in diesen neuen, revolutionären Geist der Jugend (Wer weiß, wie eine ZDF-Produktion aussähe). [...] “Mittlere Reife” ist eine Ausnahme einer ellenlangen Liste an misslungener, unausgegorener Zweck-Themenfilme aus der TV-Produktion. Auch wenn die Geschichte hier und da etwas naiv scheint, ist die Aussage dahinter ein mutiges und meines Erachtens richtiges Zeichen unserer Generation zu vertrauen. Auch Schauspielerriege und Drehbuch heben sich erfrischend vom “Einheitsbrei Fernsehabend” ab. Chapeau.
[...] Brendan Gleeson ist einfach eine riesige Bereicherung für die europäische Filmlandschaft. Der Gangsterboss in “Perrier’s Bounty” gleicht für ihn eher einer lässigen Fingerübung. “Perrier’s Bounty” bietet reichlich Unterhaltungswert und eine gekonnt spannend aufgezogene Gangsterstory auf ungewohnter Dubliner Bühne. Mutig schlägt Fitzgibbon in die Kerbe von Guy Ritchie, Nicolas Winding Refn oder Anders Thomas Jensen. Ein Mut, den man beim deutschen Publisher nicht hatte und ein kommerzielles Sichergehen mit dem Langweilername “Kopfgeld” fährt. Warum eigentlich nicht mal “Olympiade der Kampfhunde”?
[...] Die Geschichte die erzählt wird, beschränkt sich auf drei Loser-Freunde, die eine Party schmeißen, die grenzenlos aus dem Ruder gerät. Eingefangen in einem ausgereiften Youtube-Foundfootage-Style, der den Zuschauer zum unweigerlichen Teilhaber dieser Party werden lässt. Eine pseudo-dokumentarische Komödie mit (gefährlichem) Kultpotenzial. [...] So hat es vielleicht auch mit konservativ-motivierter Veröffentlichungsstrategie zu tun, dass ein qualitativ deutlich stärkerer “Project X” nicht so beworben wird wie ein “Hangover”, welcher vom selben Produzententeam ist. Denn ein paar Betrunkene in Las Vegas sind für die nationale Sicherheit und Wirtschaft wohl noch deutlich erträglicher als ständige Partys, die in millionenschwerem Chaos enden. Was aus filmischer Sicht hingegen viel gefährlicher ist: Das Ende des Films deutet ein Sequel an, das diese Generationskomödie zum hirnlosen Franchise verkommen lassen könnte.
[...] Anspruchsvoll ist “War Horse” mitnichten. Die Behandlung des Krieges bleibt den gesamten Film über sehr oberflächlich und auf Grundschulniveau. Der Storybogen tut da sein übriges und siedelt Stereotypen par Excellence und vorhersehbare Storywendungen auf. [...] Wie bereits erwähnt, erhebt Spielberg im Gegensatz zu “Schindlers Liste” etwa nie den Anspruch wirklich anspruchsvolles Kino abzuliefern. Aber der Film erreicht es auch keineswegs seiner familienfreundlichen Blockbuster-Ambition nachzukommen. Für Kinder ist “War Horse” bei allem Sentimentalismus und oberflächlicher Storyline zu brutal und vor allem zu lang! So liegt hier letztendlich die falsche Melange aus Spielberg-Gefühlschaos und Spielberg-Materialschlacht vor, um wirklich existenzberechtigt zu sein. Einzig Pferdefreunden, denen die Kriegsthematik, aber auch die stereotypischen Darstellungen nicht stören, ist “War Horse” zu empfehlen. Sprich: So gut wie niemandem.
[...] Die Polizei vertickt Waffen an die IRA und der einzige Cop Irlands, der sich nicht von der Drogenmafie bestechen lässt, ist einer der selbst gerne mal eine Pappe einwirft: “The Guard”. McDonagh zieht das irische Polizeisystem schon mit einer bemerkenswerten Frechheit durch den Kakao. [...]
“The Guard” erzählt die spannende, wendungsreiche und originelle Geschichte eines irischen Hinterwäldlercops, der in seiner makaberen Lustigkeit immernoch sympathisch ist. Ein wahres Kunststück, stimmig fotografiert mit solide komponierter Hintergrundmusik. Ein runder, verdammt witziger Film, der sich auf einer Stufe mit dem genialen “Brügge sehen … und sterben?” wähnen darf. Vielleicht machen die McDonagh-Brüder ja mal was zusammen, dann dürfte auch schnell das Hollywoodtor offen stehen.
[...] Den größten Vorwurf den sich “Die Farbe Lila” machen muss, ist dass er zu keinem Zeitpunkt weiß was er will, geschweige denn wie er es stilistisch einfangen will. Der Film hat eine scheußlich inkohärente Konsistenz aus ernsthaften Drama-, prätentiösen Gefühlskino-, sowie völlig unnötigen Komödienelementen. Die klischeebehafteten Männer, die zuvor noch die gefährlichen, inhumanen Antagonisten sind, sind auf einmal die lustigen Hausmänner, die die profansten Alltagssituation wie dem Finden einer Krawatte oder dem Kochen ohne ihre Frau nicht geregelt bekommen. Wie lustig.
Besonders geistreich auch in einem Frauenrechtsfilm eine rassistische weiße Frau, die nicht Auto fahren kann zu zeigen und ihre Unfähigkeit auch mehrere Minuten zelebrieren darf. Zum Brüllen. Ist Spielberg da echt nichts besseres eingefallen, wenn er schon unbedingt seinen ambitionierten Film mit humoristischen Elementen verwässern muss? [...]
[...] “Rosetta” ist ein stilistisch gekonntes, emotional unterkühltes und daher auch unerträgliches Drama. Eine Gesellschaftskritik erreichen die Dardenne-Brüder mühelos mit ihrer elegischen Bildsprache, doch aber fehlen kleine Hoffnungsschimmer als Kontrast zu Rosettas Alltag, die ihr gesellschaftliches Scheitern zu der benötigten Tragödie avancieren ließe. So sieht man nach 95 Minuten ein Mädchen, das ihrer gescheiterten Existenz wegen bitterlich weint – und zuckt mit den Schultern. “Rosetta” ist gut, aber nicht grandios, erreicht er seine pessimistische Message doch nur aus der Aussichtslosigkeit einer Welt am Rande unserer Wohlstandgesellschaft und ihrer Unfähigkeit seiner Figuren darin glücklich zu sein.
[...] Der Film hat den Anspruch eine schwarzhumorige Komödie zu sein, die gleichzeitig die Integrationsproblematik verarbeitet, scheitert aber tatsächlich in beiden Disziplin auf fast schon beachtenswerte krasse Weise. Der Humor kommt über einige Situationswitze, in denen die Kinder ihren westlichen Lifestyle dem traditionellen Vater verbergen wollen, sowie teils sehr vulgärer Umgangssprache leider nicht hinaus und bewegt sich daher leider noch unter Scary Movie-Niveau. [...]
Intentional greift dieser Film so sehr ins Klo, dass man davon fast schon Magenkrämpfe bekommt. Was soll denn die Message des Films sein? Dass multikulturelle Familien nicht funktionieren? Oder dass Zwangsverheiratungen eine schlechte Sache sind gegen die man sich zu Wehr zu setzen hat? Das wäre gut, doch dann ist man meilenweit am Ziel vorbeigeschossen. Dieser Film ist so überzeichnet, dass er fast schon als rassistisch und anti-islamisch gelten kann. Tolle Integrationskomödie.
[...] “I Phone You” ist allerdings auch vor allem ein Film der verpassten Chancen, den alles was Regisseur Dan Tang anfässt, gelingt ihm eher schlecht als recht. Mit bemerkenswertem Tempo travelt Protagonistin Ling durch Berlin und gerät von einer skurillen Szene in die nächste, aber nie vermag es der Film die verrückten Geschehnisse wirklich auf die Spitze zu treiben, um so den Zuschauer einen enthemmten Lacher zu entlocken. [...]
Letztlich ist “I Phone You” eine abstruse, emotional unterkühlte Pseudo-Romantikkomödie und ein Beispiel für eine gescheiterte globalisierte Filmproduktion geworden. Schade, so kann Deutschland sein Standing im europäischen Film nicht wirklich aufpolieren.
Um es kurz zu machen: 21 Jump Street ist vom Storyrahmen her eine absolut konventionelle Hollywood-Komödie, die wirklich 1zu1 nach dem selben Muster abläuft wie etliche Pendants. Von der Ausgangslage eines ungleichen Paares, bis zur obligatorischen “unvorhergesehenen Lovestory inklusive dramatische Entäuschung und Wiedergutmachung”, es sind wohl alle Storywendungen, die der Film so auffährt schon unendliche Male auf der großen Leinwand gesehen worden, aber glücklicherweise füllt 21 Jump Street den aufgekochten Storyrahmen mit jeder Menge Sex, abgedreher Gags und Action – wie plakativ das klingen mag, aber hier funktioniert es und macht einfach jede Menge Spaß. Zumal der Film auch auf konservativ-amerikanische Sehgewohnheiten keine Rücksicht nimmt und auch Drogen sowie überdurchschnittlich viel nackte Haut aufbietet. [...]
Was 21 Jump Street erreichen will, schafft er auch: Ein kurzweiliges, actionreiches Spektakel für die große Leinwand, wie gemalt für Kinoabende mit Freunden (wenn auch nicht den cinephilsten). An 21 Jump Street kann man durchaus seine Freude haben.
Der 2009 in der Un Certain Regard-Sektion des Cannes Filmfestivals vorgestellte Film überzeugt mit guten schauspielerischen Darbietungen, die sich auch nicht für die ein oder andere homoerotische Nacktszene zu schade waren. Seine Stärken kann der Film aber nur bedingt ausspielen: Eine Fokussierung auf eine verbotene homosexuelle Beziehung ist anhand des Filmtitels “Du sollst nicht lieben”, in dem also die Kritik auf das Verbot und das Gleichsetzen der Liebe mit Todsünden abzielt, etwas zu sehr auf einen Eklat innerhalb Israels abgezielt. Ist nicht auch eine heterosexuelle Liebe mit den Freiheiten, wie wir sie hier kennen, in fundamentalistisch-religiösen Kreisen verboten? [...]
Alles in allem ist hinter all dem Skandal-Tohuwabohu aber ein vergleichsweise wenig mutiger Film, der in Zeiten in denen auf der Berlinale mindestens 30 Filme laufen, in dessen Filmbeschreibung das Wort “homosexuell” auftaucht auch nicht mehr sonderlich aufregt. “Du sollst nicht lieben” ist letztlich ein höchst durchschnittlicher Arthousefilm, der sein Diskussionpotenzial wenig ausreizt.
Nuri Bilge Ceylan gehört zu den zurzeit interessantesten und erfolgreichsten europäischen Autorenfilmern. Für “Uzak – Weit” bekam er internationale Anerkennung in Form des großen Jurypreis’ in Cannes. Der türkische Ausnahmeregisseur liefert mit “Uzak” nicht nur eine dramaturgische, sondern einmal mehr auch eine fotografische Glanzleistung.
Die Cousins Yusuf und Mahmut könnten unterschiedlicher nicht sein und stellen eine bipolare Figurenkonstellation heraus: Klare Pro- oder Antagonisten gibt es in “Uzak” nicht, vielmehr zeigt Ceylan beide Figuren als Symbole ihrers politischen Kontextes. Die wunderschön anzusehenden Bilder, in denen der Film erzählt werden, avancieren somit zum eigentlichen Protagonisten. [...]
Eine direkte Message verbietet sich “Uzak – Weit”, provoziert aber gekonnt eine Reflexion über die verschiedenen gesellschaftlichen Strömungen in der Türkei. Der Konflikt zwischen ländlicher und städtischer Lebensweise drängt sich dem Zuschauer förmlich auf. Dabei kann sich der Regisseur ganz auf seine Laiendarsteller und sein großartiges Kameratalent verlassen, die diesem Film viel Platz für Interpretationsspielereien verleihen.
Der Film ist an Schuberts “Winterreise” thematisch angelegt, beginnt im tiefen winterlichen Bayern und endet im sonnigen Afrika. Leider ist das an den epischen “Nebensonnen”-Akt (Zitat oben) von Schuberts Winterreise orientierte letzte Viertel des Films sehr unglaubwürdig geraten, sodass sich die Figurenkonstellation des Brenningers zum Ende hin vollkommen in der aufgesetzten Schubert-Allegorie untergeht. Außerdem entäuschend an diesem Film sind die schauspielerischen Darbietungen von Sibel Kekilli und Hanna Schygulla, zwei der renommiertesten deutschen Schauspielerinnen überhaupt. Beide bekamen äußerst undankbare Rollen zugespielt, die ihnen keinen Platz für emotionale Glanzarbeit liefern. Vor allem Kekilli entäuscht und wirkt fast schon ein wenig gelangweilt. [...] Letztlich ist ein philosophischer Film nicht zwangsläufig ein guter Film – da kann er auch noch soviel Schubert zitieren und noch so große Glanzmomente von Josef Bierbichler innehaben. Steinbichlers “Winterreise” verpasst es die vielen guten Ansätze zu einem schlüssigen Ganzen zusammenzuschmieden.