BobbyStankovic - Kommentare
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Alle Kommentare von BobbyStankovic
[...] Zunächst ist “Enter the Void” bereits aus handwerklicher Sicht ein Meilenstein, schon aus dieser Hinsicht ein mehr als außergewöhnlicher Film und darüberhinaus noch ein nicht für möglich gehaltenes Toppen, der Kameraleistung aus “Irreversibel“. Wie auch in seinem 2002-Meisterwerk, stellen die bloßen Bilder, Farben und Kamerafahrten die Paraphrase zu den improvisierten Wortfetzen seiner Figuren dar. “Enter the Void” ist nicht zu lang – ist zeitlos. Wer sich wirklich auf den Film einlässt vergisst Raum- und Zeitgefühl. Farbrausch, Kamerafahrten, Synthetische Hallozinogeneffekte alles verwischt zu einem einzigartigen Flow, der so in der Filmgeschichte unerreicht ist. [...] Der Film ist inhaltlich stark, handwerklich eine Meisterleistung und als waschechter Drogentripsimulator eine unvergessliche Filmerfahrung. Man kann nicht nur, man muss bei diesem Film vom zweiten großen Meisterwerk Noès nach “Irreversibel” sprechen. Die oft kritisierte Laufzeit ist eine Freiheit, die sich Noé als Kinovisionär einfach mal rausnehmen darf.
[...] “Irreversibel” beendet alle Diskussionen um die Rechtfertigung von Selbstjustiz und Rache in filmischen Geschichten, indem er die totale Rache mit größtmöglichster Brutalität bereitstellt, sie aber durch seine unkonventionelle Erzählweise von Anfang an unsinnig und unmöglich zu rechtfertigen macht. Im Gegensatz zu Racheepen lädt “Irreversibel” nie zum Mitfiebern mit dem Racheengel ein, der schmale Grat zwischen Faszination und Verurteilung für den Akt der Selbstjustiz stellt sich nie auf, weil die Idee der Rache von Anfang an mit größter Gnadenlosigkeit vernichtet wird. [...] “Irreversibel” ist der Magengrubenhieb der Filmgeschichte, unkonventionell erzählt und mit grandioser Kameraarbeit versehen, zeigt er in allen Belangen das herausragende Autorenfilmertalent Gaspar Noés. Was mir besonders gefällt ist, dass die drastische Gewalt, die visionären Kamerafahrten und der Erzählstil des Rückwärtslaufens nie des Effektes wegen stattfinden, sondern immer als Mittel fungieren, um der Botschaft des Films zu dienen.
[...] Man könnte rein theoretisch “In My Skin” auch als Bulimie-Allegorie lesen, aber man kann auch “Hangover 3″ als Konsum-Kritik verstehen. Will sagen: Nur, weil man das kann, macht sich der Film in dieser Rolle immer noch nicht gut. So sollte man “In My Skin” wohl vordergründig so verstehen, dass er selbstzugefügtes Leid als sexuelle Befriedigung thematisiert. Nur machen Blut, Wunden und Stiche auch mit noch so vielen Splitscreen-Spielereien noch keine zureichende Auseinandersetzung damit. Irgendwie scheint permanent eine im Film selber recht wortkarge Marina De Van durch, die regelrecht herausschreit, wie unglaublich kontrovers, antikonventionell und unbrav sie doch sei. Durchschaubar. [...] Wer sich also von der in diesem Fall ungewöhnlichen Auslegung des Wortes “Fleischbeschau” nicht schocken lässt, kann in diesem Film nicht viel finden, außer leere Andeutungen und einen weiteren abgehakten Stichpunkt auf der “Kontroverse-Filme”-Liste.
[...] Wer fest daran glaubt, krank zu sein, der ist es irgendwann auch. Genauso verhält es sich auch mit der Besessenheit. “Requiem” postuliert einen religiösen Placebo-Effekt. Auch wenn die Möglichkeit einer tatsächlichen dämonischen Besessenheit bis zum Schluss offen gehalten wird, geht Schmid mit deutlicher Härte gegen die erzkatholische Erziehung von Michaela Klingler, so der Fiktivname von Anneliese Michel im Film, vor. [...] “Requiem” vereint schmid-typische Stärken und rekonstruiert die Vorkomnisse, die zum Hungertod Anneliese Michels führten. Sein Film ist bedrückend, spannend und stellt die richtigen Fragen gegen die Alltagsdroge Religion und gegenüber denen, die sie missbrauchen.
[...] Dabei ist der Film der durchaus ernste Versuch ein totalitäres, faschistisches System im Kleinen nachzuzeichnen. Inhaltlich tut sich also ein Vergleich zu Pasolinis radikaler Faschismusabrechnung “Die 120 Tage Von Sodom” auf, stilistisch bleibt der griechische Regienewcomer Lanthimos nah am modischen Haneke. Aber auch die dramaturgische Vorgehensweise erinnert stark an den österreichischen Cannesdoppelgewinner. [...] Dogtooth” überzeugt mit einer klugen, unverbrauchten Prämisse und unvergesslichen Erlebnissen. Letztlich fehlt aber dezidiertes Vorgehen in eine bestimmte Richtung. So ist “Dogtooth” nicht Ursachenforschung und nicht Abrechnung und für ein einfaches Schreckgespenst vor menschlichen Abgründen zu wenig radikal. Der kontroverse Debütfilm ist aber unbestritten ein spannender, sehenswerter Bruch mit unseren Sehgewohnheiten und eine Visitenkarte für Europas Autorenfilmerelite. “Mama, ich hab’ zwei Zombies gefunden.”
[...] Von Trier demonstriert uns hier wie man mit einfachsten Mitteln und niedrigsten Budgets stimmige Filme drehen kann, wenn man eine kreative Prämisse (oder eine unkreative Prämisse, die man kreativ persifliert) hat, der man den Inszenierungsstil komplett unterordnet. Die Automavision-Technik macht den Film kühl und computer-gesteuert wie die IT-Branche, die er zeigt und gleichermaßen kann der Regisseur ebenso wie Ravn seine Verantwortung auf den Computer abschieben; wenn dem Zuschauer die Optik nicht passt, ist nicht Lars von Trier, sondern der Zufall schuld. Ganz einfach. [...] Sie haben uns mal wieder belehrt, Lars von Trier. Wer intelligent unterhalten werden will, sollte einen Blick riskieren.
[...] Aber egal wie übertrieben das Gezeigte ist und wie überdimensioniert der Erfolg von Mux und seinem Partner Gerd im Film auch wird, der Film schafft es, nie seinen semidokumentarischen Stil zu verraten, nie kitschig oder vorhersehbar zu werden, stets bleibt das Werk so unkonventionell-jugendlich wie viele Filmhochschulstudenten sich wohl mal vornahmen zu inszenieren und am Ende doch nur einen Film von der Stange drehten. [...] In Sachen Humor, Handwerklichkeit und angehender Ideologie-Analyse hat “Muxmäuschenstill” so seine Überschneidungen mit Lars von Triers “Idioten”, trotzdem ist den Machern dieses Films ein wahres Kleinod gelungen, das absolut eigen ist, dabei anstößt, polarisiert und zumindest niemanden kalt lässt. Genau so wie der deutsche Film mal wieder sein darf. Ein Film, den jeder verkopfte Jugendliche immer mal machen wollte. Perfekt-unperfekt und ein eingelöstes Versprechen für alle, denen die immer wieder aufgekochten Standardfilme zum Halse heraushängen. Auslaufmodelle der Republik halt. Und jetzt — still.
[...] Von Trier zeichnet hier tausende Jahre menschlicher Missverständnisse als grotesken Geschlechterkampf. Sein Film spielt zu den größten Teilen in einem finsteren Wald, der etwas reißerisch “Eden” genannt wird und wird so mit Mystizismus und Okkultismus aufgepumpt bis er für sich stehend und universell ist, keinem aktuellen politischen Sachverhalt, nicht einmal aktuellen Geschlechterrollendebatten irgendeiner Art Rechenschaft schuldig ist. Von-Trier-Filme nehmen sich gerne das Recht heraus, zu zeitlosen Betrachtungen der Menschheit und ihrer Geschichte zu werden. [...] “Antichrist” ist ein unbedingt sehenswerter, kompromissloser, ja sogar seine eigenen Okkultimus erschaffender und damit sicherlich schon als Kultfilm in der Metalszene prädestinierter Film, den man zu den eindrucksvollsten Werken Von Triers zählen kann.
Die Dogma95-Filme sind streitbar, ohne Frage. Viele sehen vor allem die ersten beiden Werke “Idioten” von Von Trier und eben Vinterbergs “Das Fest” als künstlerisch-arrogant, erzwungen-naturalistisch und in der Radikalität der Reduktion probater filmischer Mittel nahezu lächerlich (Tatsächlich gibt es ja kaum einen Film der nach Dogma95-Vorgaben gedreht wurde und tatsächlich alle Dogmen berücksichtigt). Handwerkliche Machart hin oder her: “Das Fest” besticht vor allem in dramaturgischer Hinsicht. Vinterberg schuf ein Werk im naturalistischen Gewand, das aber auch auf jeder Theaterbühne oder als gelbes Reclambüchlein im Schulunterricht seine Wirkung entfalten würde. [...] “Das Fest” funktioniert als Familientragödie, wie als Bürgertumskritik gleichermaßen und lässt dem Zuschauer lange Zeit miträtseln, welche der vertrackten Figuren, wirklich das falsche Spiel spielen. Ein so intelligentes dramaturgisches Glanzstück wie das Vinterbergs dürfte noch in Jahrzehnten Gültigkeit besitzen. Möglich, dass die ungewöhnliche handwerkliche Aufmachung den Status des Klassikers in Zukunft sogar noch manifestieren wird.
[...] Spielbergs Filme sind gerne in zwei Hälften unterteilt: Die erste, die sich mit dem Kernthema und seiner Funktionsweise beschäftigt – oft bemerkt man Spielbergs fast schon kindliche Begeisterung für wissenschaftliche Streitfragen (vor allem im Science-Fiction-Bereich) — und die zweite, die dann schlagartig explodiert und seine Figuren auf ein atemloses Abenteuer schicken. Das ist Fluch und Segen zu gleich, einerseits macht es seine Filme unbeschwert und leicht zu konsumieren, andererseits vermasselt er es damit immer wieder nachhaltige Meisterwerke zu schaffen, weil er den ernsten Diskurs mit dem Thema irgendwann einfach über Bord wirft oder wissenschaftliche Erkenntnisse zugunsten einer einfacheren Dramaturgie abändert. “Jurassic Park” ist ein solcher Film. [...]
[...] “Chungking Express” ist wie eine wunderschöne Frau. Was Kar-Wai hier auf die Leinwand zaubert, rechtfertigt zumindest im Unterhaltungsfilm-Sektor jegliche Berufsausübung im Hollywood-Sektor. [...] Aber Aussehen ist eben nicht alles, “Chungking Express” ist vor allem eine wunderschöne Frau mit einem sehr eigenen Charakter. Man will es ihr ja gar nicht als böse Absicht auslegen. Sie ist nunmal so. Die einen finden sie faszinierend-liebevoll, die anderen nervig und anstrengend. Die einen erfreuen sich, dass sie genau den richtigen Maß an Romantik mitbringt, die anderen — und dazu gehöre leider ich — merken, dass das Weib auf Dauer ganz schön kitschig und irgendwie irrational ist. [...] Ein Film, der nur höchst subjektiv zu bewerten ist. Mit offensichtlichen Stärken und klug verborgenen Unzulänglichkeiten, aber vielen Eigentümlichkeiten, die sich im Bereich eines Geschmackstreites befinden. Um mal wieder auf dieses Frauen-Gleichnis zurück zu kommen: Ich freue mich ja, wenn mein Kumpel eine hübsche bessere Hälfte gefunden hat. Er hat sicherlich Spaß mit ihr. Aber wenn wir was zusammen machen wollen, soll er sie und ihre scheiß California-Dream-CD doch bitte zuhause lassen. [...]
“1941″ wird gerne als Tiefpunkt von Spielbergs Gesamtwerk angesehen. Man muss den Film maximal 10 Minuten lang anspielen, um schmerzlich zu erfahren warum das so ist. Die Action-Komödie ist ein greller Dauerzustand von lautem Getöse und wohl der Urahne von dem Standard-Drehbuch, das uns immer wieder in gerinfügig abgeänderter Fassung in Form von jämmerlichen TV-Radau-Filmen wie “Autobahnraser” oder “Morgen, ihr Luschen – Der Ausbilder-Schmidt-Film” aufgetischt wird. Alles was dagegen spräche, Spielberg als Regisseur Respekt zu zollen, ist in diesem Film gebündelt und auf ungenießbare zwei Stunden gestreckt. [...] Spielberg hat 1979 mit seiner sinnlosen Familiengaudi “1941″ Hollywood mehr zu Grabe getragen als parodiert. Ein zu Recht vielerseits verrissenes Ärgernis, das man für meinen Geschmack in zu vielen Spielberg-Filmen noch herausschmecken kann.
“Jaws” von Steven Spielberg hat so manches Unheil über die Welt gebracht. Blockbusterkino zum Beispiel, die Sequel-Wirtschaft ebenso. Und auch, dass der Carcharodon carcharias, besser bekannt unter dem deutschen Verleihtitel von “Jaws” mittlerweile als vom Aussterben bedroht gilt, schreibt man zu großen Teilen der öffentlichen Meinung über Haie zu, die Spielbergs Film ausgelöst hat. Bei all den Unannehmlichkeiten, die Spielbergs großer Wurf mit sich brachte, darf man jedoch nicht vergessen, dass “Der Weiße Hai” ein äußerst gelungener Thriller ist, wenn auch der Hype, ihn als einer der besten Thriller der Filmgeschichte darzustellen, sicherlich übertrieben ist. Wahrscheinlich liegt es daran, dass viele Filmkritiker mit diesem Film aufgewachsen sind. [...] Irgendwo zwischen B-Movie und Hitchcock erzeugte Spielberg etwas völlig Neues. Einen Blockbuster-Film. Notgedrungen durch die Schwierigkeit des Drehs entstanden eine der besten Momente des Films und eine der kultigsten in der Filmgeschichte. Unterhaltsam wie eh und je, aber in seiner Gesellschaftskritik natürlich rudimentär. Gegenüber “Duel” sicherlich der schwächere Film, dennoch wird “Jaws” seinem Kultstatus im U-Film gerade so gerecht.
[...] Das Motiv eines besessenen Cops, der auf eigene Faust an einem Fall arbeitet ist ein ziemlich ziemlich alter Hut. Aber will Friedkin da überhaupt hin? Dazu ist sein dunkelmoralischer Held wohl zu unsympathisch und sein Antagonist zu charismatisch. Das Fangspiel erzählt Entwicklungen auf Cop- wie auf Kriminellenseite parallel, was dem Film der Spannung seines Kriminalfalles beraubt und dokumentarischer macht. Spannend sind dafür die menschlichen Zweikämpfe und die Rolle die New York darin spielt. Überhaupt einer DER New-York-Filme. Wie hier verlassene Hafengebäude, schmutzige Hinterstraßen, Metro-Schienen und Straßenkreuzungen sowohl als stilgebendes als auch als erzählerisches Mittel angewandt werden, gibt “The French Connection” etwas einer tragischen Großstadtballade. [...] “French Connection” ist bis zum letzten Schuss auf seine eigene Weise spannend, die die Genres, die der Film einst höchstselbst entscheidend prägte, mal wieder für sich entdecken könnten. Seine unfreundliche Authentizität macht ihn zeitlos, auch wenn andere Filme schon mit höherer Geschwindigkeit zur Verfolgungsjad antraten.
[...] Die damalige Filmkritik, der “Night of the Hunter” ausgeliefert war, kann ich leider ziemlich gut nachvollziehen. Hinter all der wirksamen Schönheit steckt ein Blender. Eine Inkonsistenz, so albern und bigott wie seine Hauptfigur. [...] Zur luminös leuchtenden Weißglut hat mich “Night of the Hunter” nicht gebracht, enttäuscht dafür umso mehr. Fraglich wie sehr man den Film dafür verurteilen muss, dass das Schauspiel der Kinderdarsteller unterirdisch ist, jede Figur schablonenhaft und sein Frauenbild nur naive Dummchen und Beschützerinnen der “heilen Welt Familie” zulässt. Der religiöse Unterton, der in regelmäßigen Abständen unterwürfig Bibelverse zitieren und diese in einen schlecht gedachten Zusammenhang mit der Geschichte bringen muss, ist aber definitiv nervig, war schon immer nervig und wird auch noch nervig sein, wenn “Night of the Hunter” in 50 Jahren in der Filmforschung einen noch größeren Kult genießen sollte. Warum auch immer.
[...] Realität gegen Traum, Hier und Jetzt gegen Vergangenheit, Genuss gegen Verzicht. Dabei sind sich beide Parteien doch einig darüber, dass sie sich ihrer Einsamkeit entledigen wollen. Tatsächlich ist “Weiße Nächte” ein Film, der einen emotional treffen kann, gerade weil er den Spieß umdreht und den Profiteur der ewigen, romantischen Liebe zum Antagonisten macht. Aber so tragisch die Geschichte sein mag und so schön die Bilder, die Visconti hier für findet, wieder ein mal sind, die Schwäche des Films liegt darin, dass er gerade zum Ende hin nicht selten in Kitsch abrutscht und den Protagonisten damit zu einer Figur macht, mit der man nicht so richtig mitfühlen will. [...] Dafür dass Visconti hier einen der Großen der Weltliteratur zitiert, ist die erzählte Geschichte im Grunde eine einfache. Trotz leichtem Abdriften ins zu melodramatische, ist “Weiße Nächte” ein Muss für jeden Schwarzweißfilmfan oder Kulturvernarrtem, weil er das Dostojewski-Werk auf ganz eigene Weise paraphrasiert und eine einzigartige Atmosphäre schafft.
[...] Das Genialste an “M” ist, dass er Verbrecher einen Verbrecher jagen lässt. Die Seitenhiebe auf die Nazis sind überdeutlich. Nichts anderes als Verbrecher wollen einen Menschen jagen und mit Selbstjustiz zur Rechenschaft ziehen, der nichts für sein Tun kann, der dennoch als staatsgefährlich und subversiv erachtet wird und aus der Gesellschaft entfernt werden muss. [...] Eine Schwäche des Films: [...] Wenn wir hier von einem Kranken sprechen, der nichts für sein Schicksal als pädophiler Schänder kann, warum verhöhnt er dann die Öffentlichkeit? Hier passen Ende und Anfang des Films nicht vollends zusammen und schmälern die intentionale Kohärenz des Films ein wenig. Der Schlusssatz ist zwar etwas aufmerksamhascherisch in die Kamera gesäuselt, aber mit der Konsequenz, die dem Film hier und da abhanden gekommen ist.
[...] Doch so offensichtlich sich der Film als Kommunikator zwischen den beiden Lagern versteht (nicht zuletzt wird mehr über den Job des Dolmetschers als der des Soldaten dokumentiert), so sehr wählt er auch von Anfang an einen schwierigen Weg dazu: den der Sentimentalität. [...] Feo Aladags Film beansprucht für sich selbst den Austausch zwischen zwei Welten zu ermöglichen, liefert aber bestenfalls eine bessere TV-Produktion mit ausgelutschter Botschaft ab, dass man den Helden spielen und sich der deutschen Befehlsgenauigkeit widersetzen muss, um den Menschen in Afghanistan wirklich zu helfen. Davon gehe ich nicht aus.
[...] In “Nymph()maniac Volume II” geht es um die Gesellschaftsunfähigkeit von Fetisch und Perversion (nicht ohne Grund schiebt Von Trier hier einen Mini-Diskurs zur Pädophilie ein, zu der er sehr richtige humanistische Schlüsse parat hat), sowie um die Auslebung dieser dort wo Gesellschaftsfähigkeit aufhört: in der Kriminalität. So spielt der zweite Teil auch vorwiegend in sterilen (Folter)-Kellern, trostlosen Hotelzimmern und eingebrochenen Villen irgendwo am Rande der Stadt. Es ist ein Film, der versucht die dicke Hälfte des Knüppels hervorzuholen, die Von Triersche Härte, die Subversivität, die dem ersten Teil gefehlt hat, aber darin tut er sich selbst unrecht, denn eigentlich ist auch der zweite Teil eine ungewöhnliche Komödie zwar, aber eine Komödie geworden. [...] Als Gesamtwerk ist “Nymph()maniac” der zugänglichste und leider auch schwächste Teil der Depressions-Trilogie. Im zweiten Teil vergreift sich Von Trier leider mehrmals erzählrhythmisch, schafft unglaubwürdige Zeitsprünge und verpasst es im Finale anstatt eines konsequenten Film versus die Liebe einen Film zu machen, der im Verdacht steht, hier wolle ein bitterböser dänischer Regisseur in den letzten Minuten noch seinen Marktwert als Enfant Terrible retten. Das ist zwar komisch, aber auch schade.
[...] “Stromberg – Der Film” übernimmt die cineastischen Stützen der Serie und verbindet sie mit legitimen grammatikalischen Regeln der Kinosprache. Ein Titelsong mit Zeug zum Kulthit (geschrieben von Stefan Raab) wird genauso subtil eingebaut wie das Stromberg-Tag oder “Marvins Rakete” als Logos mit Vermarktungspotenzial. Dass die wichtigsten Figuren der Serie noch einmal mit einem charakteristischen Auftritt eingebaut wurden, kann der Film ebenso in seinen dramaturgischen Aufbau integrieren, ohne sein Kapital, seinen authentischen Humor, für kinoaffine Überdimensionierung der Handlung und Gags aufzuopfern. Wenn “Stromberg” mit seinen kleinen finanziellen Mitteln die deutschen Kinocharts stürmt, spiegelt sich darin der antikapitalistische Wutbürger zudem sich Stromberg selbst im Film erhebt, ohne wirklich hinter seinen Idealen zu stehen. Wie man Stromberg eben kennt: Immer auf sein Vorteil bedacht und nur dann stark, wenn man ihn missversteht. Aber wer braucht schon eine starke Figur, wenn man über sie und ein bisschen auch über sich selbst lachen will? [...]
“Stromberg – Der Film” ist ein Glücksfall für die deutsche Kino-Komödie und eine fantastisch aus der Serialität herausübersetzte Erfolgsgeschichte. Nicht besser als die Serie, aber dieser ebenbürtig.
Die Strategie ist voll aufgegangen. Schon vor Kinostart war “Nymphomaniac” als der absolute pornografische Tabubrecher-Film in aller Munde, was dem Interesse an Lars Von Triers neuem Film natürlich nicht geschadet hat. Nach Sichtung des ersten Teils seines Depressions-Triptychon-Abschlusses muss man jedoch eine dringende Entwarnung aussprechen: Nein, der Tabu-Film schlechthin ist Nymphomaniac nicht geworden, Von Trier hat schon pornografischere und brutalere Filme gedreht. Überraschenderweise ist “Nymphomaniac I” sogar unglaublich lustig und geht beinahe als reinrassige Komödie durch. Wer hätte das gedacht? Ein typischer Von Trier ist “Nymphomaniac I” trotzdem geworden, nur eben anders als man es noch in den ersten Filmminuten erwartete als ein Slow-Mo-Bild einer düsteren Vorstadt von Rammstein-Klängen durchbrochen wird. Hier bahnte sich noch ein zweiter “Antichrist” an. [...] “Nymphomaniac” zeigt Licht- und Schattenseiten der Nymphomanie und schafft es, nicht zuletzt aufgrund einer Aufteilung in fünf Kapitel, das Komödische und Tragische gegeneinander auszutarieren. Bereits im ersten Teil von “Nymphomaniac” ist Von Trier eine wissenschaftliche Studie über die Lust und ihre Auswüchse gelungen.
Wie muss es sein, blind zu sein? Natürlich kann man seine Augen schließen und sich vorstellen als wäre man blind, aber die reale Lebenserfahrung blind zu sein mit all ihren Alltagsfacetten kann so auch nicht simuliert werden. Viel wird über “Blind Massage” geschrieben werden, dass er die Erfahrung blind zu sein, erfahrbar machen möchte, aber das ist eine paradoxe Halbwahrheit. Mit betörend schönen Bildern vermag es Lou Ye eher ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie es ist, als Blinder schlagartig wieder sehen zu können. Die Bilder des Films sind nicht nur wunderschön, sondern auch hektisch, überfordernd und anstrengend. [...] Der philosophische, optische beeindruckende “Blind Massage” hinterlässt ein überwältigendes Gefühl von (Über)forderung. Einem Gefühl noch nicht alles verstanden zu haben. Einem Gefühl noch nicht alles gesehen zu haben.
[...] Der Film zeigt, dass es für Mobbing keinen Grund, sondern einzig einen Anfang benötigt. Alejandra ist ein schönes, nettes und von den Mitschülern gemochtes Mädchen. Eine peinliche Sex-Video-Affäre, die Alejandra nicht einmal verschuldet hat, bringt jedoch den Stein ins Rollen und provoziert den point of no return. Von nun an wird Alejandra von der ganzen Schule gemobbt und die Grausamkeiten werden immer entmenschlichender. Eine präzise Themenabend-Analyse des Mobbingteufelskreis ist aber nicht das Ziel von Francos Film. Viel mehr ist er ein geschicktes Spiel mit Zuschauererwartungen und verbindet geschickt die Mobbingexzesse mit der Vorgeschichte der verstorbenen Mutter, um Gedankenexperimente bishin zu einem alternativ-auslegbarem Ende zu gewährleisten. [...] “Después de Lucía” ist ein unbedingt empfehlenswerter Independent-Film, der sich auf atemberaubende Weise mit dem Thema Mobbing auseinandersetzt, ohne diesem eine wirklich neue Erkenntnis hinzufügen zu wollen.
[...] Da scheint ein kanadischer Nachwuchsregisseur den modischen Haneke nicht ganz verstanden zu haben. Als psychologische Studie oder Millieustudie eines Bürgertums etc. eignet sich der Film keineswegs. Er ist eine feige verpuppte Todesstrafen-Proklamation. Alles ist auf eine besonders perverse Torture-Porn-Gallerie angelegt. Natürlich ist der Protagonist — wie könnte es anders sein? — Chirurg.
Sicher könnte man an diesem Film noch die schwach ausgearbeiteten Plotpoints und profillosen Figuren kritisieren, aber diese Kritik wäre nicht Warnung genug vor diesem scheußlichen Machwerk. [...] Wieder ein Film, der mich überlegen ließ, ob ich nicht eine Spendenaktion starte, die Geld dafür sammelt, alle DVDs des Films zu kaufen und dem Feuertod zuführen zu lassen. Wieder ein Film, der mich überlegen ließ, die 0/10-Wertung einführen zu lassen. Aber halt, dann wäre ich nicht besser als der Film, denn das wäre in gewissermaßen eine filmrezensorische Todesstrafe. In diesem Sinne: NICHT ANSEHEN!
[...] “Après Mai” gewinnt durch seine epische Erzählweise, die schon in “Carlos – Der Schakal” der entscheidende Trumpf war. Der ausführliche Erzählstil, reich an Ort- und Zeitsprüngen, ist ein Spiel mit dem Feuer, das Assayas aber bestens beherrscht. Das Leben nach dem Mai setzt in Gilles Schulzeit ein und leitet dann in eine Nachjugend hinein, die sich an keine exakten Daten hangelt, sodass das Zeitgefühl des Protagonisten zu dem des Zuschauers wird. Hingegen anderer Geschichtsfilme/Biografien wirkt Assayas Film weniger bemüht, eine bestimmte Abfolge von Schlüsselerlebnissen abzuarbeiten. Dieses erzählerische Talent wird von den wenigsten Zuschauern des Films gewürdigt werden, da es so unauffällig ist. [...] “Après Mai” ist ein anspruchsvolles Drama, das zu einem eigentlich ausdiskutiertem Thema — der 68er-Generation — noch etwas zu sagen hat, indem es einfach alles sagt. Nicht jeder wird sich vollends für den Film begeistern können, denn das Herzstück ist ein ausgeklügeltes Drehbuch, dem eine Ausformulierung jeder erzählerischen Fragmente weniger wichtig als eine konsequente Artikulation von Gefühl und Ideologie einer Generation samt aller Nuancen und Widersprüchlichkeiten ist.