Chainsaw Charlie - Kommentare

Alle Kommentare von Chainsaw Charlie

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    Chainsaw Charlie 18.07.2025, 22:34 Geändert 18.07.2025, 23:51

    "Franklyn - Die Wahrheit trägt viele Masken" ist der cineastische Beweis dafür, dass ein Film gleichzeitig tiefgründig wirken und dabei hohl wie ein leergefressener Schoko(Sitz)hase sein kann. Regisseur Gerald McMorrow serviert uns ein dystopisch-psychologisches Mosaik, das aussieht, als hätte jemand "V wie Vendetta", "Donnie Darko" und einen Gothic-Poesie-Wettbewerb durch einen Reißwolf gejagt - und dann die Reste mit Pathos zu einem 'Kunstwerk' gepappt. Die Handlung? Nun ja… sie ist da. Irgendwo. Vermutlich unter all den Schichten aus bedeutungsschwangerem Voice-over, überbelichteten Parallelwelten und fragwürdiger Frisurenentscheidungen. "Manche Menschen beten zu Gott. Ich spreche mit dem, der mir zuhört."

    "Franklyn - Die Wahrheit trägt viele Masken" pendelt zwischen einem futuristischen Stadtstaat, in dem Maskenpflicht offenbar schon lange vor der Pandemie ein modisches Statement war, und einem zeitgenössischen London voller kaputter Seelen und noch kaputterer Drehbuchentscheidungen. Ryan Phillippe trägt einen Mantel und eine Gesichtsmaske, als würde er für eine nihilistische Superhelden-Convention posieren, und murmelt kryptische Lebensweisheiten, die wirken, als hätte ein Emo-Kalender mit einer theologischen Seminararbeit geschlafen. Der Rest des Casts tut sein Bestes, sich irgendwie durch das Skript zu schauspielern, das so viele Metaphern enthält, dass man irgendwann vermutet, der Autor sei selbst eine Metapher für Überambition. "Der Glaube ist ein kindisches Spiel. Ein Märchen für diejenigen, die zu schwach sind, die Wahrheit zu akzeptieren."

    Visuell gibt sich "Franklyn - Die Wahrheit trägt viele Masken" größte Mühe, Eindruck zu schinden - und schafft es zumindest, dass man permanent den Eindruck hat, jemand habe sehr lange sehr tief ins Symbollexikon geblickt. Kruzifixe, Masken, Uhren, Spiegel - es fehlt nur noch ein Schmetterling, der aus einer zerbrochenen Glühbirne schlüpft, und das Tarot-Set wäre komplett. Leider verheddert sich "Franklyn - Die Wahrheit trägt viele Masken" derart in seiner eigenen pseudo-intellektuellen Bildsprache, dass man nach einer Weile einfach aufhört zu versuchen, irgendetwas zu verstehen, und stattdessen anfängt, gedanklich die Wohnung zu renovieren.

    Am Ende bleibt von "Franklyn - Die Wahrheit trägt viele Masken" vor allem ein Gefühl: Das dumpfe Bedauern, dass so viel Aufwand betrieben wurde, um so wenig Substanz zu liefern. "Franklyn - Die Wahrheit trägt viele Masken" ist wie ein philosophischer Luftballon - groß, schillernd, und mit dem intellektuellen Nährwert von Helium. Wer das Gefühl liebt, beim Schauen gleichzeitig belehrt, verwirrt und leicht beleidigt zu werden, ist hier goldrichtig. Alle anderen dürfen getrost weiterklicken. Denn manchmal tragen Wahrheiten viele Masken - aber in diesem Fall ist es nur ein wirrer Blick in den Spiegel eines Films, der lieber klug wäre, als auch nur einen Moment lang ehrlich. "Ich bin nicht wahnsinnig. Ich weiß nur Dinge, die sonst niemand weiß."

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      Chainsaw Charlie 10.07.2025, 23:48 Geändert 10.07.2025, 23:58

      Manchmal fragt man sich, was passiert, wenn ein Regisseur ein Kloster betritt, alle Uhren abgibt und beschließt, die Zeit einfach sterben zu lassen. "Die große Stille" von Regisseur Philip Gröning ist genau das: Ein filmgewordenes Schweigegelübde, das 162 Minuten lang die spannendsten Aspekte des Nichtstuns feiert. Es ist wie ein Besuch im Museum der Langsamkeit - nur ohne Ausstellungsstücke. Wer beim Gedanken an minutenlange Einstellungen einer Suppe beim Verdunsten oder einer Kutte beim Trocknen leise jauchzt, wird hier die kontemplative Ekstase eines Schranks erleben, der leise altert. "Oh Herr, Du hast mich verführt, und ich ließ mich verführen."

      "Die große Stille" beobachtet das Leben der Kartäusermönche in den französischen Alpen - eine Gemeinschaft, die offenbar beschlossen hat, dass Worte überbewertet und Geräusche sowieso eine Erfindung des Teufels sind. Man erlebt den Alltag dieser Männer, deren Tagesablauf spannender klingt, wenn man ihn rückwärts erzählt. Philip Gröning will nicht unterhalten, er will hypnotisieren - mit der Gemütlichkeit eines sedierten Faultiers. Ironischerweise ist "Die große Stille" der lauteste Film über Stille, den man sich vorstellen kann, weil man plötzlich jeden eigenen Magenknurrer als akustische Explosion empfindet.

      Formal ist "Die große Stille" eine Offenbarung. Keine Musik, keine Interviews, keine erklärenden Kommentare. Nur Bilder, die sich ziehen wie Kaugummi auf der Kirchenbank. Die Kamera gleitet bedächtig durch Gänge und Zellen, während der Betrachter sich fragt, ob das Leben wirklich so lang sein muss. Es ist ein cineastisches Fasten, bei dem man nicht weiß, ob man am Ende gereinigt oder einfach nur geistig dehydriert ist. Man verlässt "Die große Stille" mit dem Gefühl, selbst in Klausur gelebt zu haben - und eventuell einem kleinen Hirnkrampf verfallen zu sein.

      Trotz (oder gerade wegen) seiner meditativen Monotonie besitzt "Die große Stille" eine stille Radikalität, die man respektieren muss - wie man auch jemanden respektiert, der freiwillig Fingernägel kaut. "Die große Stille" ist ein Dokument der Entsagung, sowohl für die Mönche als auch für uns, das zweieinhalb Stunden lang auf den dramaturgischen Höhepunkt wartet wie ein Hund auf die Wiederkunft seines Herrchens. Und obwohl man am Ende weder Erleuchtung noch was zu essen bekommt, bleibt immerhin die Erkenntnis: Manche Filme sprechen nicht zu dir - sie schweigen dich an. "Wenn du in die Einsamkeit gehst, wird dich die Einsamkeit lehren, was du nicht hören willst."

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        Chainsaw Charlie 08.07.2025, 22:05 Geändert 08.07.2025, 22:11

        "Abwärts" von Regisseur Carl Schenkel ist der Beweis, dass man für knisternde Spannung kein Weltuntergangsszenario braucht - ein steckengebliebener Aufzug reicht völlig, um vier Menschen in ein soziales Vivarium zu sperren, in dem Anstand, Nerven und Contenance schrittweise verdampfen. Carl Schenkel entwirft ein Kammerspiel, das so ungemütlich ist wie ein kaputter Zahnarztstuhl, nur mit mehr Zynismus und Schweiß. Schon nach zehn Minuten hat man das untrügliche Gefühl, "Abwärts" wolle einem nicht einfach nur Angst machen - sondern einem die hässlichsten Winkel der menschlichen Eitelkeit mit grellem Neonlicht ausleuchten. Und das tut er mit fast schon sadistischem Vergnügen. "Ich hasse Aufzüge. Immer schon."

        Die Figuren sind ein Paradebeispiel deutscher Präzisionsarbeit: Jede ein wandelndes Pulverfass, randvoll mit Neurosen, Selbstmitleid und schlecht kaschierten Minderwertigkeitskomplexen. Götz George gibt den cholerischen Alphamann mit so viel Testosteron und Hass im Blick, dass man sich fragt, ob der Aufzug wirklich sein größtes Problem ist. Renée Soutendijk brilliert als undurchschaubare Femme fatale mit einer Miene, in der sich Verachtung und Langeweile zu einer tödlichen Mischung verbinden. Und Hannes Jaenicke verkörpert einen verhuschten Jüngling - er ist ein wandelndes Mahnmal dafür, dass man besser nie mit Fremden im Aufzug fährt, schon gar nicht in deutschen Bürogebäuden der 80er. "Wir sitzen hier fest. Das ist alles. Kein Grund zum Ausflippen - jedenfalls noch nicht."

        Atmosphärisch ist "Abwärts" ein beklemmendes Meisterstück: Sterile Neonröhren, enge Kabinenwände, das unheilvolle Rattern des defekten Mechanismus - alles ist darauf ausgelegt, dass man sich selbst als Teil dieser klaustrophobischen Hölle empfindet. Mit jeder Minute wird die Stimmung toxischer, bis man sich wünscht, jemand würde die Notbremse nicht reparieren, sondern endgültig durchsägen. "Abwärts" seziert Machtspielchen, verletzte Eitelkeiten und psychische Abgründe mit chirurgischer Präzision, als wäre das Drehbuch von einem besonders bösartigen Therapeuten verfasst worden. Wer sich nach Eskalation sehnt, bekommt hier eine Überdosis. "Wissen Sie, was Sie sind? Ein armes Würstchen, das in seinem ganzen beschissenen Leben noch nie was auf die Reihe gekriegt hat!"

        "Abwärts" ist ein brillantes Psychodrama in Aufzuggröße - und das meine ich wörtlich. Er hat nicht nur den Mut, seine Figuren bis zur Unkenntlichkeit zu zerlegen, sondern auch den Anstand, daraus keine platte Morallektion zu basteln. Stattdessen serviert "Abwärts" ein bitteres Menü aus Aggression, Angst und schäbigem Triumphgefühl. Wer nach dem Abspann noch glaubt, der Mensch sei im Kern ein sympathisches Wesen, sollte den Hausmeister rufen - vermutlich steckt er immer noch in diesem verdammten Aufzug fest. "Wir werden hier nicht verrecken. Irgendwer wird uns schon finden."

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          "Savage Love" von Regisseur Olaf Ittenbach ist der cinematische Beleg, dass es manchmal besser gewesen wäre, wenn die Kamera einfach ausgefallen und stattdessen ein Blumenkübel Regie geführt hätte. "Savage Love" ist wie der feuchte Fiebertraum eines Hobby-Schlächters mit Videokamera, der zwar jede Sorte Fleisch kennt, aber beim Wort 'Handlung' nervös zu zucken beginnt und 'Dialog' für eine italienische Wurstsorte hält. Der Filmtitel verspricht 'Savage (Wild)', doch was man bekommt, ist eher unfreiwilligige Sabberei'.

          Die Prämisse ist ein wildes Sammelsurium aus esoterischem Geschwurbel, Dämonen-Quatsch und pseudophilosophischem Tiefgang, der so krampfhaft auf Bedeutung macht, dass man meint, einem Duschvorhang beim Existieren zuzusehen. Statt subtiler Horrorästhetik bekommt man eine Ansammlung von Szenen, die wirken, als hätte jemand ein Dutzend Softair-Spieler mit Kunstblut bespritzt und ihnen gesagt: 'Macht mal was Dämonisches, ich film das einfach.' Es gibt mehr rote Farbe als Handlung, mehr Soundeffekte als Subtext und mehr Fremdscham als Spannungsbögen. Das einzig Gruselige an "Savage Love" ist die Tatsache, dass er tatsächlich produziert wurde.

          Die Schauspieler agieren mit der emotionalen Bandbreite nasser Pappkartons und liefern ihre Zeilen so ab, als würde jemand sie mit einem Elektroschocker daran erinnern, dass gerade gefilmt wird. Jeder Dialog ist ein dramaturgischer Kopfschuss und jede Szene ein Schlag in die Fresse des guten Geschmacks. Die Effekte sind freundlich gesagt: Handgemacht. Ehrlicher wäre: Als hätte jemand seinen Halloween-Keller ausgeräumt und beschlossen, daraus einen Film zu basteln. Der Schnitt wirkt, als hätte jemand mit geschlossenen Augen auf 'Strg+X' und 'Strg+V' gehämmert.

          "Savage Love" ist eine cineastische Totgeburt mit der intellektuellen Eleganz eines vollen Aschenbechers. Ein Punkt in der Wertung gibt’s - nicht aus Mitleid, sondern weil selbst dieser Trümmerhaufen es irgendwie geschafft hat, die Laufzeit durchzuhalten, ohne dass die Kamera in Flammen aufging. Wer "Savage Love" freiwillig schaut, sollte entweder dringend Hilfe suchen oder ein Buch schreiben: 'Wie ich lernte, mich selbst nicht mehr ernst zu nehmen - und Olaf Ittenbach mir dabei half, alles aufzugeben'.

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            Wer glaubt, Neuseeland habe außer Schafen, Hobbits und atemberaubender Landschaft nicht viel zu bieten, hat eindeutig noch nie erlebt, wie sich ein genetisch manipuliertes Wollvieh in eine fleischgierige Killermaschine verwandelt. "Black Sheep" ist genau das, wonach es klingt - und gleichzeitig viel absurder, blutiger und dreister. Regisseur Jonathan King liefert eine Splatterkomödie, die aussieht, als hätte Peter Jackson in seiner "Braindead"-Phase einen Werbespot für Bio-Wolle gedreht und dabei das Drehbuch an einen sadistischen Grünen Politiker verloren. "Das ist mein Bauernhof! Das sind meine Schafe!"

            Die Story ist herrlich grotesk: Wissenschaftliche Hybris trifft ländliche Idylle, und das Resultat sind Schafe, die sich benehmen, als wären sie auf Crystal Meth - mit dem Unterschied, dass die Droge weniger tödliche Nebenwirkungen hat. Die Dialoge sind mitunter so trocken wie das Klima auf einem abgelegenen Bauernhof, und der Humor pendelt zwischen köstlich makaber und herrlich geschmacklos. Es wird gegrunzt, gerissen und gemetzelt, als stünde der Weltuntergang bevor - allerdings mit Wolle. Viel Wolle. Wer sich schon mal von einer Herde auf einer Weide beobachtet gefühlt hat, wird nach "Black Sheep" endgültig das Gefühl haben, seine Socken könnten ihn im Schlaf meucheln.

            Darstellerisch gibt es solide B-Movie-Kost mit erfreulich wenig Selbstachtung - genau richtig für ein Werk, das seine eigene Dämlichkeit mit der Eleganz eines blutbespritzten Gummistiefels umarmt. Die Effekte sind größtenteils handgemacht und überraschend effektiv, auch wenn gelegentlich die Grenze zur Lachnummer bewusst überschritten wird. "Black Sheep" ist kein Horror für schwache Nerven - sondern für starke Mägen und noch stärkere Lachmuskeln. Die Mischung aus Splatter, Öko-Satire und grün-hirnverbranntem Nonsens ergibt ein Trash-Menü, das wunderbar absurd ist und sich dabei nie zu ernst nimmt. "Ich bin kein Baum. Ich bin ein verficktes Schaf!"

            "Black Sheep" ist das, was passiert, wenn "Jurassic Park" mit einem Bauernkalender kollidiert und alle Beteiligten beschlossen haben, Ethik sei was für Vegetarier. "Black Sheep" ist kein großartiger Film - aber ein grandios unterhaltsamer - mit einer Prämisse, die so blöde ist, dass sie auf brillante Weise funktioniert. "Black Sheep" ist der klatschnasse Alptraum eines Tierschützers und der feuchte Traum eines Splatter-Fans - ein grotesker Wollmassaker-Reigen, nach dem selbst harmlose Strickjacken plötzlich etwas Bedrohliches an sich haben. Wer danach noch ohne Argwohn an einer Weide vorbeigehen kann, hat die Warnung nicht verstanden. "Black Sheep" ist eine cineastische Schafschlachtplatte, garniert mit Genlabor-Paranoia und serviert in einem blutigen Strickmuster, das selbst Alpakas Albträume beschert. Wer sich nach "Black Sheep" noch freiwillig in einen Wollpullover zwängt, sollte sich nicht wundern, wenn Ricarda Lang dich nachts von hinten anblökt. "Ich habe keine Angst vor Schafen... Ich habe Angst vor mutierten, mörderischen Schafen."

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              Chainsaw Charlie 25.06.2025, 23:53 Geändert 26.06.2025, 03:21

              "Königin für tausend Tage" von Regisseur Charles Jarrott ist ein histo-romantisches Prachtstück voller brokatverzierter Blickduelle, höfischer Intrigen und politisch verlogenem Drama auf Samtkissen gebetet- oder einfacher gesagt: Eine Art "Game of Thrones" für Leute, die lieber Pralinen sortieren als Menschen zu enthaupten, oder an Baukränen aufzuhängen. "Königin für tausend Tage" zeigt das tragische Schicksal von Anne Boleyn als prunkvolle Oper ohne Gesang, aber mit so viel Pathos, dass man meinen könnte, jede Szene sei auf einem Marmorpodest geschrieben worden. Die historische Exaktheit ist hier so akkurat wie ein Biopic über Napoléon Bonaparte, gedreht von einem leidenschaftlichen Bäcker.

              Geneviève Bujold spielt Anne Boleyn mit einer Mischung aus Stolz, Trotz und der emotionalen Durchschlagskraft eines bewässerten Schlagbohrers - ihre Leistung ist das schillernde Zentrum dieses aristokratischen Seifenopernpalasts. Richard Burton als Heinrich VIII. hingegen wirkt wie ein aggresiver Hautkrebs mit Krone, der in jeder Szene kurz davor steht, entweder einen Krieg zu beginnen oder ein sehr lautes Nickerchen zu machen. Ihre Beziehung ist das toxische Rückgrat von "Königin für tausend Tage": Leidenschaftlich, manipulativ, tragisch - kurzum, ein königlicher Albtraum, wie geschaffen für eine Netflix-Produktion, falls man das Skript noch einmal durch den Fleischwolf dreht.

              Optisch ist "Königin für tausend Tage" wie ein barockes Hirngespinst: Kleider rascheln wie beleidigte Gardinen, Paläste glänzen, als hätte jemand das Schloß Versailles poliert, und jedes Gemälde an der Wand scheint leise mitleiden zu wollen. Doch so pompös das alles auch ist - irgendwann beginnt das exquisite Geplänkel zu ermüden, wie ein hochwohlgeborenes geführtes Streitgespräch über Porzellanfarben. Charles Jarrott vertraut zu sehr auf Dialog und Dekoration, während die eigentliche Spannung hinter dicken Vorhängen durchlauchtiger Etikette erstickt wird. Selbst die Todesdrohungen haben hier Manieren. "Seid Ihr in Eure eigene Falle getappt, Mylord? Alle Beweise, die Ihr gegen mich habt, habt Ihr selbst gewählt und bezahlt."

              "Königin für tausend Tage" ist ein geschmackvoll serviertes, leicht überwürztes Historiendrama, das seine Stärken in der Darstellung und Ausstattung hat - aber beim Tempo und der Dramaturgie gelegentlich wirkt, als hätte jemand dem Hofstaat Baldrian in den Wein gemischt. Das royale Schauspielkino, der prunkverliebte Kostümrausch und die lehrreiche Erkenntnis, dass selbst das schönste Lächeln nutzlos bleibt, wenn man sich an einen Mann (Nicht alle Männer; aber immer Männer!) bindet, dessen Ego größer ist als sein Reich - all das macht "Königin für tausend Tage" zu einem vornehmen Lehrstück in Sachen Selbstverrat mit Spitzenkragen. Wer distinguierten Herzschmerz mag - mit Dekor, Drama und drohendem Fallbeil - darf sich hier bedenkenlos die Krone richten. "Ihr liebt euch beim Fressen, mit viel Lärm und ohne jede Subtilität."

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                Chainsaw Charlie 22.06.2025, 20:48 Geändert 23.06.2025, 00:42

                "Sissi - Schicksalsjahre einer Kaiserin" von Regisseur Ernst Marischka ist (zum Glück) der letzte Teil der Trilogie gewesen, und es fühlt sich an, als hätte man zu lange mit blankem Arsch auf einer Sacher-Torte gesessen: Zu süß, zu moll, und am Ende klebt die Monarchie überall in der Ritze. Was hier als bewegendes Historiendrama durchgehen will, ist im Kern eine ausgedehnte Porzellanorgie höfischer Betulichkeit, bei der selbst der Zuckerguss vor Langeweile kristallisiert. Ernst Marischka schwenkt erneut die Kamera durch barocke Kulissen wie ein Besoffener auf einer Palastführung, und das Resultat ist ein Film, der daherkommt wie ein postmortaler Instagram-Filter auf Geschichte gestellt: Alles weichgespült und nichts ist echt. "Dieses demonstrative Schweigen ist vernichtender als ein Attentat!"

                'Sissi' selbst, verkörpert von Romy Schneider mit einer Mischung aus sanftem Augenaufschlag und emotionaler Ohnmacht, stolpert durch das kaiserliche Elend, als würde sie permanent auf Rosenblättern ausrutschen. Die Probleme des Adels - ach, diese tragischen Reitstunden und seelischen Verwehungen bei Kaffee und Prunk - werden mit der Dringlichkeit eines Telefongesprächs in einem Seniorenheim inszeniert. Jeder Dialog trieft vor gespreizter Schicklichkeit und Seelenpein im Wattebauschformat. Man könnte meinen, ein zu stark gezogener grüner Tee sei die dramatische Zuspitzung der gesamten Handlung.

                Optisch ist das Ganze eine Mischung aus Heimatfilm-Ballett und einem sehr teuren Lavendel-Schnulzentraum, bei dem selbst die Kamera irgendwann resigniert. Die Musik schwillt in einem derart unerträglichen Gleichmut an und ab, dass man sich wünscht, jemand würde einfach mit einer Tuba durch das Bild rennen, nur um etwas Leben in diese schillernde Geisterbahn zu bringen. Es wird geschnieft, gelächelt und liturgisch gelitten - doch echte Emotion bleibt auf der Strecke wie ein liegengebliebener Kutschbock in der Hofeinfahrt.

                "Sissi - Schicksalsjahre einer Kaiserin" ist ein emotionaler Fiebertraum für Monarchie-Romantiker und Menschen mit pathologischer Affinität zu Spitzendeckchen. Wer diesen zähflüssigen Monarchie-Scheiß übersteht, ohne dabei in eine existenzielle Krise zu geraten, sollte ernsthaft darüber nachdenken, ob sein Schmerzempfinden noch richtig kalibriert ist - oder ob man längst Teil der Kulisse geworden ist, mitsamt Spitzenkragen und seelischer Taubheit. Der Rest ist Schund in seiner reinsten Form - man könnte "Sissi - Schicksalsjahre einer Kaiserin" in Schokolade gießen und er würde trotzdem noch weniger Zucker vertragen. Wer auf Geschichte steht, sollte lieber ein Lexikon in seiner Badewanne lesen - das ist entspannender und vor allem: Ehrlicher. "Seht. Das ist alles vor hunderten von Jahren entstanden, was müssen das für Künstler, für Baumeister gewesen sein."

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                  Chainsaw Charlie 20.06.2025, 18:03 Geändert 20.06.2025, 18:13

                  "Sissi - Die junge Kaiserin" von Regisseur Ernst Marischka ist der zweite Teil dieser feudalen Trilogie, und bereits hier wirkt alles, als hätte man aus Versehen die gleiche Szene 90 Minuten lang in wechselnden Monturen gedreht. Was als romantisierte Erzählung eines historischen Märchens daherkommt, entpuppt sich schnell als dröhnender Biedermeier-Monolog über distinguiertes Klagen, repressiven Familiendruck und eine Kaiserin, die mehr mit Vorhängen zu kämpfen scheint als mit politischer Realität. Ernst Marischka bannt ein Werk, das aussieht wie eine Hochglanzwerbung für Monarchie, bloß ohne Ironie - oder Dramaturgie. Wer denkt, die Habsburger wären tragisch, sollte mal diese Inszenierung sehen. Danach wirkt selbst ein vertrockneter Strauß Tulpen wie ein aufregender Plot-Twist.

                  Romy Schneider stolziert als 'Sissi' durch die kaiserlichen Gänge wie ein elegantes Möbelstück mit Gefühlskonflikt, während Karlheinz Böhm als Franz Joseph aussieht, als wolle er jederzeit kultiviert um Erlaubnis bitten, existieren zu dürfen. Emotionen werden mit einem derartigen Maß an Zurückhaltung gespielt, dass man gelegentlich glaubt, man beobachte eine aristokratische Therapiesitzung unter Vollnarkose. Die großen Konflikte werden in pastellfarbenem Schweigen ertragen und mit steifen Umarmungen entschärft. Es ist ein Film, in dem selbst eine höfliche Meinungsverschiedenheit aussieht wie ein Staatsstreich - allerdings mit Marzipanwaffen. "Kroatisch werde ich nie lernen. Was kommt jetzt?"

                  Die Ausstattung ist prachtvoll - und zwar in dem Sinn, dass man sich irgendwann fragt, ob "Sissi - Die junge Kaiserin" aus Versehen von einer Pralinenfirma gesponsert wurde. Überall Brokat, Samt, Stickereien und seelischer Verfall. Man kann "Sissi - Die junge Kaiserin" kaum vorwerfen, kitschig zu sein - denn er ist Kitsch. Würde man ihn in flüssiger Form trinken, bekäme man spontan Karies. Die Musik tut ihr Übriges: Aufdringlich sentimentale Klangteppiche, bei denen selbst der ÖRR betreten zur Seite schaut. Es wird so intensiv gelitten, geliebt und gelächelt, dass man als Betrachter nur noch auf eine manierliche Hinrichtung hofft - aus dramaturgischen Gründen, versteht sich. "Ich werde nie, nie wieder heiraten! Auch wenn das Land keinen Thronfolger bekommt."

                  "Sissi - Die junge Kaiserin" ist eine Hochglanz-Farce mit dem narrativen Biss eines Vanillekipferls. Ein Punkt in der Bewertung für die unfreiwillige Komik und das anthropologisch wertvolle Dokument einer Zeit, in der Frauen schweigend litten und Männer Anzugträger mit Bart waren - also quasi wie heute, nur mit mehr Spitzentischtüchern. Wer sich von "Sissi - Die junge Kaiserin" berühren lässt, sollte seine Wohnzimmerdekoration dringend auf Staub überprüfen. Alle anderen: Finger weg, Hirn retten.

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                    Chainsaw Charlie 18.06.2025, 19:37 Geändert 18.06.2025, 19:40
                    über Sissi

                    "Sissi" von Regisseur Ernst Marischka ist ein Film, der wie ein rührseliges Märchen daherkommt, bei dem man nach einer Weile denkt, ob der wahre Albtraum nicht doch in den 95 Minuten steckt, die einem den Atem rauben - und nicht der königliche Glanz. Dieses Werk ist eine reine Zeitmaschine, die einem die Frage stellt: Was würde passieren, wenn 'Disney' im 19. Jahrhundert einen Familienurlaub in der Hölle verfilmt hätte? Die Prinzessin (Romy Schneider), die die Welt retten soll, erscheint nicht nur wie die fleischgewordene Unschuld, sondern auch wie ein lebendig gewordener Instagram-Post der 50er-Jahre - gestelzt, perfekt frisiert und stets so aufgedreht wie ein Roboter aus der Welt der übertriebenen Märchenromantik. "Ich weigere mich, meine Gewohnheiten zu ändern und anders zu leben als jetzt! Ich will frei sein, ohne Zwänge."

                    Die Handlung, die so flach wie das Gesicht der Protagonistin ist, wälzt sich über den Bildschirm wie eine seidenweiche Teppichrolle, deren einziges Ziel es ist, in jeder Szene unnötig viele Tränen zu vergießen und die Gefühle durch einen endlosen Strom von Kitsch zu verarbeiten. "Sissi" ist so überladen mit idealisierten Bildern von Romantik und unerreichbarem Adelsstand, dass man das Gefühl hat, man schaut eine in Zeitlupe durchgeführte Parodie auf ein Fotoalbum von 1890. "Sissi" fühlt sich an, als würde er versuchen, "Die Schöne und das Biest" zu erzählen, ohne ein einziges Biest, dafür aber mit einer Menge ungesunder Zuckergüsse.

                    Visuell ist "Sissi" genauso charmant wie ein Porzellanpüppchen, das bei einem Erdbeben zerbricht. Die Farben sind so übertrieben lebendig, dass man sich fragt, ob Ernst Marischka einfach jeden Farbtopf im Fundus durchgeweht hat - vom glitzernden Himmel bis hin zum perfekt grünem Grashügel. Hier stimmt alles bis ins kleinste Detail - alles außer der Atmosphäre. Statt den Betrachter in eine magische, historische Welt zu entführen, wirkt das Ganze wie ein Museum voller Requisiten, das vergessen hat, die Leichen aus den Vitrinen zu räumen.

                    Die schauspielerischen Leistungen sind… nun ja, wie das restliche Set: Entzückend, aber glattpoliert. Romy Schneider als 'Sissi' bewegt sich wie ein Lächeln in einem Hochglanzmagazin, mit so viel Charisma wie ein Werbeplakat für Hautcremes, die 'die Haut von innen heraus verjüngen'. "Sissi" ist in seiner unnachgiebigen Liebe zu Äußerlichkeiten so liebevoll wie ein Barbie-Puppenhaus, das einen dicken Hinweis auf die Unzulänglichkeiten der Realität gibt. "Sissi" ist ein emotionaler Vulkanausbruch, der nie wirklich ausbricht - der einzige 'Ausbruch' sind die inneren Seufzer des Betrachters, wenn "Sissi" versucht, sich in etwas Tieferes zu stürzen und dann prompt wieder in den Brunnen der Regenbogen-Märchenwelt fällt. Man wird "Sissi" überstehen wie ein Familientreffen-Marathon, bei dem niemand weiß, warum man überhaupt dort ist - aber am Ende sehnt man sich nach dem Abspann und der Aussicht auf eine weniger dramatische Realität.

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                      Wer dachte, "Familienradgeber" sei bereits das filmische Äquivalent zu einem Verkehrsunfall auf einem stillgelegten Parkplatz, wird mit "Familienradgeber 2" eines Schlechteren belehrt. Regisseur Olaf Ittenbach liefert hier eine Fortsetzung ab, die weniger wie ein Film wirkt - mehr wie ein missglückter Erste-Hilfe-Kurs für die Seele. Man weiß nicht genau, ob man sich das anschauen oder lieber mit der Hand in einen rotierenden Mixer greifen sollte. Der Versuch, auf dem Fundament des Vorgängers aufzubauen, fühlt sich an wie eine Renovierung im Irrenhaus - mit Dynamit und einem Hammer aus Butter.

                      Die Handlung - oder das, was man mit viel Fantasie dafür halten könnte - stolpert durch eine wirre Aneinanderreihung von Szenen, die wirken, als hätte man ein Familienalbum mit einem Metzelfilm überblendet. Charaktere tauchen auf, sagen Sätze mit der emotionalen Tiefe einer leeren Bierflasche auf und verschwinden wieder - wahlweise aus dramaturgischen oder blutbedingten Gründen. Es ist unklar, ob das Ganze als Gesellschaftssatire gedacht war oder einfach ein sehr persönlicher Rachefeldzug gegen die Idee familiärer Verbundenheit. Zwischen Küchenpsychologie und Kellerfolter findet man wenig, was man als echtes Drama bezeichnen könnte - außer vielleicht das Schicksal der Betrachtenden.

                      Technisch gesehen ist "Familienradgeber 2" irgendwo zwischen No-Budget und No-Hoffnung angesiedelt. Die Kamera pendelt zwischen zu nah, zu wacklig und zu spät, während der Ton klingt, als wäre er in einer Blechdose mit posttraumatischer Belastungsstörung aufgenommen worden. Die Spezialeffekte - Olaf Ittenbachs eigentliche Spezialität - sind zwar erneut reichlich vorhanden, wirken diesmal aber mehr wie der blutige Versuch, fehlende Handlung mit Kunstblut zu übertünchen. Wer auf viszerale Gewalt steht und auf Charakterentwicklung pfeift, kommt hier immerhin auf seine Kosten - allerdings zum Preis der geistigen Unversehrtheit.

                      Unterm Strich ist "Familienradgeber 2" wie ein schlecht gelüfteter Keller voller Familiengeheimnisse - stickig, dunkel und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, auf etwas Totes zu stoßen. "Familienradgeber 2" ist weder spannend noch unterhaltsam im klassischen Sinn, aber er besitzt eine bizarre Konsequenz in seiner Geschmacklosigkeit, die man fast schon bewundern muss. Ein Ratgeber ist das Ganze sicher nicht - es sei denn, man sucht nach Tipps, wie man eine Fortsetzung dreht, die selbst dem Vorgänger noch das Niveau untergräbt. "Sag mal, war das ein Familienratgeber oder ein Alptraum auf Autoplay?"

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                        Wer bisher glaubte, Animes bestünden ausschließlich aus knuddeligen Katzenwesen mit riesigen Augen und moralischen Buntstift-Parabeln über Freundschaft, sollte sich "Perfect Blue" ansehen - oder besser: Sich bei einem Glas Schnaps darauf vorbereiten, sein Vertrauen in die Realität in einen Mülleimer zu werfen. Regisseur Satoshi Kon nimmt uns mit auf einen alptraumhaften Trip durch Ruhm, Wahnsinn und das feine Schleifpapier der Identitätskrise - ein Film wie ein nervöser Zusammenbruch auf LSD, nur mit besserem Soundtrack. Es ist wie Alfred Hitchcock auf Kokain, bloß animiert und mit mehr Make-up-Tutorials. "Entschuldigung... wer bist du?"

                        Die Erzählweise ist so geschickt verschachtelt, dass selbst ein Uhrmacher mit Tourette den roten Faden verlieren würde. Realität, Wahnvorstellungen und Medienbilder tanzen miteinander in einem blutigen Tango, während der Betrachter sich fragt, ob das gerade wirklich passiert oder ob ihm jemand etwas ins Glas gemischt hat. Satoshi Kon hat offensichtlich ein Messer geschluckt und beschlossen, die Betrachtenden langsam damit zu filetieren - und zwar seelisch. Das ist kein Film für nebenbei - wer dabei die Spülmaschine ausräumt, riskiert, am Ende mit einem Löffel Selbstgespräche zu führen. "Ich kann auf keinen Fall gegen eine Fälschung verlieren."

                        Optisch ist "Perfect Blue" ein unverschämt stilvolles Desaster: Die Ästhetik schwankt zwischen 90er-Nostalgie, Großstadt-Paranoia und dem inneren Monolog eines ausgebrannten Instagram-Influencers, der langsam merkt, dass sein Selfie ihn beobachtet. Jede Szene ist durchdacht bis ins kleinste psychotische Detail - ein Fest für Cineasten, Masochisten und alle, die morgens aufwachen und sich nicht mehr ganz sicher sind, ob sie heute noch sie selbst sind. Die Animation nutzt dabei jede Gelegenheit, sich mit chirurgischer Präzision in dein limbisches System zu schleichen.

                        Wer "Perfect Blue" schaut, bekommt keine Antworten, sondern Fragen - viele davon unangenehm, manche existenziell, doch alle wunderschön verstörend. "Perfect Blue" ist ein düsterer, brillanter Mindfuck mit künstlerischer Ambition und einem bittersüßen lächeln, das aussieht, als würde es dich im Schlaf erwürgen. Warum nicht 10 Punkte? Den einen reservieren wir für den Moment, in dem wir endlich herausfinden, ob wir überhaupt noch im richtigen Film sind. "Es ist an der Zeit, zu meinem wahren Ich zurückzukehren."

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                          Chainsaw Charlie 11.06.2025, 15:52 Geändert 12.06.2025, 02:09

                          "Dard Divorce" ist der Versuch, ein Familiendrama mit einem Horror-Thriller zu kreuzen - ungefähr so, als wenn man versucht, eine blutverschmierte Kettensäge mit einem Poesiealbum zu kombinieren: Das Ergebnis ist laut, blutig und voller ungewollter Reime. Regisseur Olaf Ittenbach, der Godfather des deutschen Gore-Kinos, zeigt hier, was passiert, wenn man psychologische Tiefe mit einem Eispickel modelliert. "Dard Divorce" will verstören, schockieren und aufrütteln - stattdessen wirkt er, als hätte ein Scheidungsanwalt mit einem Fetisch für Kunstblut das Drehbuch nachts bei Rotwein und Rachefantasien verfasst. "Blut wäscht keine Schuld rein, aber es kaschiert ganz gut die Tapete."

                          Die Hauptfigur (Martina Ittenbach) taumelt durch die Handlung wie eine aufgeschreckte Doku-Moderatorin, die aus Versehen im falschen Genre gelandet ist. Zwischen overactender Hysterie und Momenten, in denen man sich sicher ist, dass gleich jemand 'Cut!' ruft und das Ganze als missglückter Sketch entlarvt wird, bleibt nur eines invariabel: Der konstante Kontrollverlust über Ton und Tempo. Emotionale Szenen kippen schneller ins Absurde als ein schlecht ausbalancierter Jenga-Turm, und man ertappt sich dabei, sich mehr für das Innenleben der Möbel im Hintergrund zu interessieren als für die Charaktere selbst.

                          Handwerklich ist "Dard Divorce" ein kurioses Patchwork: Die Kamera schwankt zwischen ambitioniertem Thriller-Look und Soap-Opera-Ästhetik, während der Soundtrack mit der Subtilität eines Presslufthammers Stimmung erzeugen will. Besonders bemerkenswert ist der Splatter-Einsatz - handgemacht, exzessiv, und mit der Zurückhaltung eines Kettensägenverkaufs im Sommerschlussverkauf. Man merkt: Olaf Ittenbach liebt seine Effekte, auch wenn sie dramaturgisch manchmal so sinnvoll sind wie eine Wurstplatte auf einer Beerdigung.

                          Trotz aller Defizite hat "Dard Divorce" seinen seltsamen Reiz - wie ein Familientherapeut mit Burnout, der plötzlich mitten in der Sitzung ein Messer wetzt und Friedrich Schiller zitiert. "Dard Divorce" ist ein Paradebeispiel für überambitionierten Indie-Horror mit zu wenig Budget und zu viel Enthusiasmus. Wer Blut, bizarre Wendungen und das Gefühl liebt, permanent in einem sehr langen, sehr aggressiven Albtraum festzustecken, wird sich zumindest amüsieren. Und wenn nicht: Man hat immerhin eine neue Antwort, wenn jemand fragt, wie schlimm Scheidungen wirklich sein können. "Wenn das hier Liebe war, will ich beim nächsten Mal bitte nur einen One-Night-Stand in fluffigen Handschellen."

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                            "Das schöne Ende dieser Welt" von Regisseur Rainer Erler fühlt sich an wie eine Einladung zu einem Weltuntergangs-Szenario mit Kaffee und Kuchen - höflich, kultiviert, aber mit einem leichten Geruch nach verbranntem Fleisch in der Luft. Rainer Erler, bekannt für seinen Hang zur dystopischen Gesellschaftskritik mit Science-Fiction-Flair, präsentiert hier eine Mischung aus Philosophie, Paranoia und postmoderner Verzweiflung, die angenehm nachdenklich stimmt und gleichzeitig den Betrachter daran erinnert, dass die Apokalypse nicht immer laut sein muss - manchmal reicht auch eine gesittete Pressekonferenz mit nervösem Lächeln.

                            "Das schöne Ende dieser Welt" nimmt sich Zeit, um seine Welt aufzubauen - eine Welt, die aussieht wie unsere, sich aber anfühlt, als hätte jemand das Bedienungshandbuch der Zivilisation auf einem Kopierer vergessen. Die Charaktere sind vergnüglich vielschichtig und sprechen mit einer Ernsthaftigkeit, die so trocken ist, dass selbst ein Wüstensandkorn um ein Glas Wasser bitten würde. Dabei schimmert immer wieder dieser typisch Rainer-Erlersche Sarkasmus durch: Die Menschheit als tragisch-komische Fehlkonstruktion mit Drang zur Selbstoptimierung durch Katastrophen. Es ist, als würde Franz Kafka das Drehbuch für eine ZDF-Zukunftsvision schreiben - und niemand merkt es, weil alle gerade ihre moralische Überlegenheit polieren. "Wir haben den Planeten nicht zerstört. Wir haben ihn optimiert - nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten."

                            Inszenatorisch wirkt "Das schöne Ende dieser Welt" erstaunlich modern für sein Entstehungsjahr (1983), mit einer ruhigen, fast klinischen Ästhetik, die dem Stoff nur noch mehr Kälte verleiht - wie ein Kühlschrank voller unbeantworteter Fragen. Die Musik bleibt dezent, fast medizinisch, und verstärkt das Gefühl, dass man sich in einer sehr eleganten Art von Untergang befindet. Wer hier Krawalle oder Detonationen erwartet, wird enttäuscht - doch wer sich gern langsam in ein philosophisches Desaster hineinziehen lässt, darf sich auf einen sanften Abstieg ins Unbehagen freuen, begleitet von niveauvollen Monologen über das Ende der Welt und den Beginn der Dummheit.

                            "Das schöne Ende dieser Welt" ist kein Film, der mitreißt - er flaniert sich an, mit einem Lachen, das nicht die Zähne zeigt, sondern den Zahn der Zeit. Rainer Erler inszeniert das große Finale der Menschheit mit einer zynischen Präzision, die weniger an den Weltuntergang erinnert als an eine Verwaltungsmaßnahme im Rathaus: Emotionslos, überorganisiert und von jemandem durchgeführt, der aussieht, als würde er heimlich hoffen, dass alles endlich vorbei ist - inklusive seiner Schicht. Und in Zeiten, in denen echte Apokalypsen wie schlechte Reality-TV-Shows wirken, ist "Das schöne Ende dieser Welt" fast schon ein Trost: Wenn schon Ende, dann wenigstens mit Stil und einem bitteren Lächeln. "Das Ende der Welt ist kein Ereignis. Es ist ein Verwaltungsprozess."

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                              Chainsaw Charlie 09.06.2025, 14:55 Geändert 10.06.2025, 04:38

                              "The Last Winter" von Regisseur Larry Fessenden hat eine faszinierende Prämisse: Umweltschäden, Isolation und eine Gruppe Menschen, die mitten in der arktischen Einöde langsam den Verstand verlieren - oder etwas viel Unheimlicherem zum Opfer fallen. Leider wirkt "The Last Winter" dabei oft so, als hätte man eine Naturdokumentation von David Attenborough mit einem verstaubten John Carpenter-Drehbuch gekreuzt und dann vergessen, Spannung hinzuzufügen. Der Horror schleicht hier langsamer als ein Rentier mit existentialistischem Dünnpfiff - voller Anlauf, aber nie an der richtigen Stelle. "Warum sollte die Wildnis uns nicht bekämpfen, so wie jeder Organismus einen Virus bekämpfen würde?"

                              Die Charaktere reden viel, meistens über Öl, Klima und Verantwortlichkeiten. Manchmal hat man das Gefühl, man wohnt einer Greenpeace-Konferenz mit schlechter Beleuchtung bei. Wenn das Grauen zuschlägt, dann meist in Form von deklamatorischen Blicken, die so leer sind wie das WLAN-Signal in der Arktis. Wäre Nervosität messbar, die Figuren würden sie vermutlich per Formular beantragen müssen. "Möchte einer von euch etwas zu der Tatsache sagen, dass es im Februar in der Arktis verdammt noch mal regnet?"

                              Kameratechnisch kann man "The Last Winter" kaum etwas vorwerfen - die eisigen Weiten sind beeindruckend eingefangen und erzeugen tatsächlich eine bedrückende Atmosphäre. Leider nutzt "The Last Winter" diese Aura dann nicht, um Spannung zu erzeugen, sondern eher, um sich darin wie ein müder Eisbär einzurollen. Der Horror ist mehr angedeutet als ausgespielt - was subtil erscheinen könnte, wenn man nicht zwischendurch so oft auf die Uhr schauen würde.

                              Larry Fessenden wollte offenbar ein ökologisches Statement in Horrorform liefern - das Resultat ist ein Film, der eher nachdenklich stimmt als Gänsehaut erzeugt. Wer auf Slow Burn mit philosophischer Kälte steht, könnte hier auf seine Kosten kommen. Andere wiederum werden vermutlich das Gefühl haben, in einer Kühlkammer nach dem Lichtschalter zu suchen - und dabei von einer besonders unbefriedigten Wetterfee beobachtet zu werden.

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                                Chainsaw Charlie 08.06.2025, 02:33 Geändert 08.06.2025, 02:44

                                Regisseur Olaf Ittenbach, der in Horror-Kreisen so etwas wie der verrückte Onkel ist, den man nur zu Familienfeiern einlädt, wenn man die Kinder vorher wegschickt, serviert uns mit "Chain Reaction - House of Horrors" erneut einen Cocktail aus Blut, Wahnsinn und filmischer Eigenwilligkeit. Leider hat jemand beim Mixen vergessen, das Drehbuch zu schütteln - oder überhaupt eins reinzutun. "Chain Reaction - House of Horrors" bemüht sich redlich, eine apokalyptische Horrorgeschichte mit gesellschaftlicher Allegorie zu verweben, wirkt dabei aber eher wie ein schlecht geöltes Uhrwerk, das in Zeitlupe auseinanderfällt - blutig, laut und ohne klaren Takt. "Ich hab dir doch gesagt, die Kettensäge ist kein Familienerbstück!"

                                Die Charaktere in "Chain Reaction - House of Horrors" sind keine Menschen, sondern wandelnde Zielscheiben mit halbherzigen Lebensläufen, die ihre Dialoge aufsagen, als hätten sie diese fünf Minuten vor Drehbeginn mit einem Edding auf ihre Handflächen geschrieben. Die emotionale Tiefe dieser Charaktere reicht von 'leicht genervt' bis 'offensichtlich tot', was für einen Horrorfilm zwar thematisch passend ist, aber leider nicht auf dramaturgischer Ebene funktioniert. Man fragt sich unweigerlich, ob die Schauspieler unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln standen - oder einfach nur die Regieanweisungen ernst genommen haben, nichts zu übertreiben. "Mama sagte immer: Wenn du nichts Nettes sagen kannst, nimm eine Machete."

                                Technisch ist "Chain Reaction - House of Horrors" eine merkwürdige Mixtur aus ambitioniert und absurdem Heimwerker-Horror. Die Spezialeffekte - und davon gibt es reichlich - schwanken zwischen handgemachter Kreativität und dem Charme einer explodierenden Tomatensuppe. Die Kameraarbeit ist bemüht, aber gelegentlich so unkoordiniert, dass man sich fragt, ob das Stativ aus einem dreibeinigen Opa mit Parkinson bestand, der zufällig am Set eingeschlafen ist. Der Soundtrack ist stellenweise durchaus passend, wenn man gerade in einem verlassenen Baumarkt eingeschlossen ist und auf einen Herzinfarkt wartet.

                                Trotz all dieser Schwächen hat "Chain Reaction - House of Horrors" einen gewissen Trash-Reiz, den man nicht ganz leugnen kann. Für Fans von Olaf Ittenbachs Blutorgien gibt es hier genug rote Soße, um eine mittelgroße Dorfmetzgerei zu versorgen - garniert mit einem nihilistischen Augenzwinkern. "Chain Reaction - House of Horrors" ist nicht gut, nicht rund und schon gar nicht subtil, aber er hat diese ganz spezielle, krankhafte Energie, bei der man als Betrachter zwischen angewidertem Lachen und ungläubigem Staunen schwankt. Kurz gesagt: Ein Desaster mit Stil - zumindest mit dem Stil eines Amok laufenden Fleischers.

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                                  Chainsaw Charlie 06.06.2025, 20:11 Geändert 11.06.2025, 23:23

                                  Manche Filme sind wie das peinliche Getanze eines Betrunkenen auf einer Familienfeier: Man will sich abwenden, bleibt aber wie hypnotisiert. "Familienradgeber" von Deutschlands Gore-Guru Olaf Ittenbach, fühlt sich an wie ein Clown auf einem Dreirad, der mit voller Geschwindigkeit in einen Zementmischer rollt - unfreiwillig komisch, tragisch auf eine schräge Weise, und am Ende nichts weiter als eine träge Masse aus Pseudo-Tiefsinn und gescheitertem Splatter-Klamauk. "Familienradgeber" bemüht sich sichtlich, satirisch und sozialkritisch zu sein, scheitert dabei aber auf eine Art, die fast schon künstlerisch wertvoll wirkt - wenn man sein Gehirn vorher in Formaldehyd eingelegt hat. "In unserer Familie reden wir nicht über Gefühle. Wir vergraben sie."

                                  Die Dialoge klingen, als hätte ein schlecht bezahlter Praktikant mit multipler Persönlichkeitsstörung versucht, ein Familiendrama mit einem Selbsthilfebuch für Serienmörder zu vermischen - und dabei versehentlich die Seiten vertauscht. Jeder Satz hört sich an wie ein missglückter Kalenderspruch eines Wahnsinnigen mit 'Thesaurus'-Zwang. Die Schauspieler nenne ich liebevoll 'engagierte Laien', die es schaffen, selbst die einfachsten Sätze so klingen zu lassen, als hätten sie sie zum ersten Mal gesehen - und gleichzeitig nicht verstanden. Es ist eine Leistung, Emotionen zu zeigen, ohne auch nur eine Sekunde glaubwürdig zu wirken. Bravo.

                                  Technisch bewegt sich "Familienradgeber" irgendwo zwischen VHS-Heimvideo und dem peinlichen Imagefilm einer Sekte, die versucht, junge Erwachsene mit Gratis-Bratwürsten zu rekrutieren. Die Kamera hat die Ausdruckskraft eines verwackelten Handyvideos, das während eines epileptischen Anfalls aufgenommen wurde, und der Ton klingt, als hätte man das Mikrofon tief im Verdauungstrakt eines Waschbären platziert. Der Schnitt folgt einer geheimen Logik, die vermutlich nur in Paralleluniversen Sinn ergibt - vielleicht dort, wo "Sharknado - Genug gesagt!" einen Oscar gewonnen hat.

                                  Trotz alledem - oder vielleicht gerade deswegen - hat "Familienradgeber" einen komischen Unterhaltungswert. Wer schwarzen Humor liebt, wird sich zwischen Kopfschütteln und hysterischem Lachen wiederfinden. "Familienradgeber" ist kein Film, den man sehen sollte - aber einer, den man gesehen haben muss, wenn man endlich mal wieder das Gefühl haben möchte, dass selbst der schlechteste Tag im echten Leben besser gescriptet ist. Olaf Ittenbach hat mit diesem Werk unfreiwillig den ultimativen Ratgeber erschaffen - dafür, wie man keinen Familienfilm dreht. "Der Ratgeber sagt: Probleme gemeinsam lösen. Also hab ich dir die Schaufel mitgebracht."

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                                    "Garden of Love" klingt zunächst wie ein romantisches Indie-Drama mit Blumenkohlherz - tatsächlich handelt es sich aber um einen Splatterfilm, der aussieht, als wäre er unter Einfluss von drei Litern Kunstblut, zwei Liter Selbstüberschätzung und null Konzept entstanden. Regisseur Olaf Ittenbach liefert hier wieder das, was er offenbar für seine Spezialität hält: Eine Mischung aus Geistergeschichte, Familientrauma und einem Massaker, das aussieht, als hätte jemand ein Metzgerpraktikum mit der Kamera dokumentiert - leider ohne Script.

                                    Die Darsteller spielen, als hätten sie kurz vor Drehbeginn erfahren, dass Emotionen steuerpflichtig sind - und sie sind fest entschlossen, nichts zu deklarieren. Die Mimik pendelt irgendwo zwischen Tiefkühlpizza und Wachkoma, mit gelegentlichen Ausschlägen in Richtung verlegener Grabstein. Es ist das filmische Äquivalent zu einer Familienfeier, bei der niemand weiß, wer der Gastgeber ist und alle sich trotzdem betrinken - nur dass hier auch noch Köpfe rollen, allerdings nicht vor Begeisterung. Man fragt sich irgendwann nicht mehr, ob das alles ernst gemeint ist - nur wieviel Promille man schon intus hat.

                                    Die Splattereffekte sind - in typischer Ittenbach-Manier - handgemacht, brutal und absurd übertrieben. Allerdings wirkt das Ganze wie die blutige Variante eines Praktikantenfilms für eine Bewerbung bei 'Saw 12: Kleinkunst trifft Kettensäge'. Man kann "Garden of Love" nicht ernst nehmen - was an sich nicht schlimm ist, wenn er wenigstens unterhaltsam wäre. Doch zwischen den Gore-Szenen und dem konfusen Plot sitzt man oft da wie bei einer PowerPoint-Präsentation über Innereien: Fasziniert, verstört und irgendwie hungrig, aber man weiß nicht, warum.

                                    "Garden of Love" ist ein Film, der sich anhört wie ein Gedicht, aber sich anfühlt wie eine insuffizient durchgeführte Exhumierung. Wer Freude an Trash hat, bei dem ordentlich Blut fließt und seinen Verstand an der Garderobe abgegeben hat, findet hier vielleicht ein groteskes Kleinod. Wer jedoch nicht auf sowas steht, der sollte lieber Gartenzwerge betrachten - die sind meist subtiler und verursachen weniger Kopfschmerzen. "Ich weiß nicht, was ich gesehen habe... aber es hat nach Blut gerochen und irgendwie nach Mama."

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                                      Wenn man sich freiwillig einen Film mit Hulk Hogan anschaut, erwartet man keine tiefenpsychologische Charakterstudie. Aber was "Hulk Hogan - Der Hammer" von Regisseur Thomas J. Wright abliefert, ist nicht einmal eine stumpfe Nagel-in-die-Wand-Geschichte - eher ein verzweifelter Versuch, aus Muckis ein Drehbuch zu pressen. "Hulk Hogan - Der Hammer" versprüht den Charme einer überproduzierten Werbepause aus den 90ern, nur ohne die Nützlichkeit eines Staubsauger-Demonstrators. Es geht um Action, Testosteron und den Versuch, Hulk Hogan als Schauspieler zu etablieren - ein Vorhaben, das ungefähr so glaubwürdig ist wie ein Diätbuch vom Metzger seines Vertrauens. "RIP ONE!"

                                      Thomas J. Wright scheint entweder mit der Kamera eingeschlafen, oder von Hulk Hogan höchstpersönlich in einen Sleeperhold genommen worden zu sein - anders lassen sich manche Szenen nicht erklären. Die Dialoge wirken, als hätte man eine Achtjährige gefragt, wie 'coole Typen' reden und dann das Skript nie überarbeitet wurde. Es ist eine Art sentimentale Zeitreise in die Ära, in der Männer noch Neonbandanas trugen und ernsthaft dachten, eine Sonnenbrille mache sie unsichtbar. "Was stinkt denn hier so? Rede!"

                                      Schauspielerisch ist "Hulk Hogan - Der Hammer" ein Workout für die Schmerzgrenze. Hulk Hogan spielt sich selbst - nur mit weniger Tiefe. Seine Gegner sind so bedrohlich wie ein Plüschtier mit Aggressionsproblemen, und der Spannungsbogen ist ein linearer Strich, der sich irgendwann mit einem resignierten 'Plopp' ins Nirvana verabschiedet. Auch musikalisch gibt es wenig Lichtblicke: Die Musik klingt, als hätte ein Synthesizer einen epileptischen Anfall auf einem Laufband.

                                      "Hulk Hogan - Der Hammer" mutet an, als hätte jemand einen Actionfilm mit einer Wrestling-Promo verwechselt - und sich dann in der Mitte verlaufen. Wer sich Trash-Filme gerne mit Freunden und viel Alkohol anschaut, könnte daran seine Freude haben. Manch andere sollten sich lieber von einem Stahlstuhl ins Gesicht schlagen lassen - das ist ehrlicher, kürzer und darstellerisch nicht weit entfernt. "Ich kann das nur sehr schwer schlucken, Du Schießbudenfigur."

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                                        Chainsaw Charlie 03.06.2025, 20:08 Geändert 04.06.2025, 03:35

                                        "Der Totmacher" von Regisseur Romuald Karmakar ist kein gewöhnlicher Serienkillerfilm. Wer auf blutige Messer, nächtliche Schockeffekte oder panische Opfer wartet, wird enttäuscht - oder erlöst, je nach Geschmack. Stattdessen bekommt man ein Kammerspiel, das so klinisch daherkommt, dass man sich fragt, ob man versehentlich in einer besonders makabren Fortbildung für Gerichtsmediziner gelandet ist - mit Kaffee, Keksen und tiefem menschlichem Verfall. Das Setting ist ein schmuckloser Verhörraum, die Action besteht aus Gesprächsfetzen, und der Horror sitzt stumm in der Ecke und kaut gedanklich an deiner Psyche. Es ist spannender als jeder Slasher, bei dem Gedärme fliegen - hier springen höchstens moralische Sicherungen raus. Und das ist fesselnder, als es jedes billige Slasher-Spektakel je sein könnte. "Erzählt was ihr wollt, ich bin anständig!"

                                        Götz George liefert hier eine schauspielerische Glanzleistung ab, die einen gleichzeitig schaudern und staunen lässt. Fritz Haarmann, den berüchtigten Serienmörder, spielt er so nüchtern, so entwaffnend banal, dass einem das Grauen wie ein kalter Luftzug über den Rücken fährt. Kein Wahnsinn mit Schaum vorm Mund - sondern ein höflicher Mann mit strukturiertem Tagesablauf und gelegentlichem Kannibalismus. Wenn Fritz Haarmann über seine Taten spricht, klingt es stellenweise wie eine Einkaufsliste mit asymmetrischen Kommentaren zu den Lieferengpässen im Fleischregal.

                                        Die Gespräche zwischen Fritz Haarmann und dem Gutachter, gespielt von Jürgen Hentsch, sind das Rückgrat von "Der Totmacher" - sachlich, analytisch und beängstigend kontrolliert. Es ist wie ein Schachspiel zwischen zwei Männern: Der eine will verstehen, der andere will reden - und vielleicht doch nicht zu viel verraten. Man ertappt sich dabei, wie man genau zuhört und innerlich hofft, dass der nächste Satz nicht noch verstörender wird. SPOILER: Er wird es doch. Und irgendwann lacht man - nicht, weil es lustig ist, sondern weil der menschliche Geist eine Art Ventil braucht, wenn der Abgrund plötzlich so gepflegt spricht. "Haben Sie manchmal auch geweint?" - "Ja, wenn sie so schön waren!"

                                        "Der Totmacher" ist eine Tour de Force der Reduktion: Kein unnötiger Ballast, keine moralischen Leitplanken, keine gefällige Musikuntermalung. Nur zwei Männer, ein Tisch, ein Diktiergerät - und das Böse in seiner trivialsten Form. Man verlässt "Der Totmacher" mit einem seltsamen Gefühl: Intellektuell bereichert, emotional verstört und innerlich ein bisschen so, als hätte man mit einem Fleischer Tee getrunken, der zufällig gerne über Philosophie spricht. Wer anspruchsvolles Kino sucht, das provoziert, exaltiert und zum Nachdenken anregt, ist hier goldrichtig. Und wer beim Wort 'Totmacher' an einen mittelmäßigen Wrestler denkt, sollte sich besser setzen - "Der Totmacher" zerschmettert eher Weltbilder als Nasenbeine. "Als Mensch gehst du rein, als Wurst kommst du raus."

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                                          "Legion of the Dead" wirkt, als hätte man ein altes Schulreferat über ägyptische Mythologie mit einem selbstgedrehten Musikvideo einer Metal-Garagenband gekreuzt - unter Einfluss von Koffein, Verzweiflung und zu viel Kunstblut aus dem Baumarkt. Regisseur Olaf Ittenbach, bekannt für seine Vorliebe für Splatter, präsentiert hier ein Gericht, das aussieht wie eine Mischung aus Bauschaum, Latex und Genre-Verwirrung. Ob man lacht, weint oder den Fernseher um Vergebung bittet, ist letztlich Geschmackssache - "Legion of the Dead" jedenfalls ist es nicht. "Was kann schon passieren? Ich meine, es sind ja nur uralte ägyptische Flüche, Zombies und ein Ritual mit Tierblut."

                                          Die Darsteller wirken größtenteils, als seien sie direkt aus einem Fast-Food-Schichtplan ins Set gefallen - voller Enthusiasmus, aber mit dem emotionalen Spektrum von angebranntem Frittenfett. Die Dialoge kommen rüber, als hätte ein schlecht bezahlter Wahrsager versucht, mit einem Backofen und einer Flasche Absinth das Drehbuch aus dem Jenseits zu channeln - leider meldete sich nur ein gelangweilter Praktikant aus der Hölle. Und auch die Dramaturgie ist so flach, dass man sie vermutlich unter einer Tür durchschieben könnte - was allerdings nur hilfreich wäre, um "Legion of the Dead" schneller wieder loszuwerden. "Ich hab ein schlechtes Gefühl… oder vielleicht war’s nur das Burrito-Menü von gestern."

                                          Natürlich erwartet niemand bei Olaf Ittenbach Hochglanzkino - doch hier übertreffen sich die Effekte in einem absurden Wettlauf zwischen unfreiwilliger Komik und einer Bastelstunde mit Fleischresten. Es wird geschnetzelt, gespritzt und geschrien, doch das alles wirkt eher wie ein missglückter Grillabend auf einem Friedhof als wie ernstzunehmender Horror. Zwischen wackeliger Kamera und wildem Musikgegröle bleibt leider kaum Raum für so etwas wie Spannung - nur für das stille Gebet, dass bald der Abspann einsetzen möge.

                                          "Legion of the Dead" ist wie eine alte VHS-Kassette aus der Videothekenhölle - man weiß nicht, ob man sie aus Nostalgie behalten oder direkt einem/einer Exfreund/Exfreundin schenken soll, den/die man hasst. "Legion of the Dead" hat seine Momente, allerdings hauptsächlich solche, in denen man sich fragt, was zur Hölle da gerade passiert - und warum. Wer Splatter liebt und keinen Wert auf Logik, Qualität oder Sehnerven legt, darf sich gerne opfern. Allen anderen sei geraten: "Legion of the Dead" ist nicht tot, er riecht nur so. "Der alte Mann hat gesagt, wir dürfen das Buch nicht anfassen. Also hab ich’s gelesen. Dreimal. Beim Kacken."

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                                            Chainsaw Charlie 01.06.2025, 13:52 Geändert 01.06.2025, 23:12

                                            Bei "Bong of the Dead" von Regisseur Thomas Newman hab ich mich schon nach fünf Minuten gefragt, ob die Produktionskosten nicht besser in eine große Tüte Chips und einen Seelsorger investiert worden wären. Thomas Newman inszeniert einen Stoner-Zombiefilm, der sich vermutlich für clever, trashig und ironisch hält - in Wirklichkeit aber aussieht wie das Ergebnis eines Filmseminars auf Ketamin, geleitet von einem Toaster. Es ist der filmische Beweis, dass man auch mit null Budget, null Spannung und null Skrupel tatsächlich etwas drehen kann - nur leider nichts Gutes.

                                            Die handgemachten Gore-Effekte wirken wie mit Ketchup, Plastilin und dem Willen zur Peinlichkeit zusammengerührt. Die Zombies sehen aus, als hätten sie sich selbst geschminkt - und zwar mit verbundenen Augen nach drei Joints. Der Humor ist ein Gemisch aus pubertären Peniswitzen und Dialogen, die selbst einem sprechenden Hund peinlich wären. Wenn das alles wenigstens konsequent absurd wäre - aber leider ist es mehr 'YouTube-Sketch von 2009' als kultiger Splatter-Spaß. Der einzige echte Horror besteht darin, dass es tatsächlich Menschen gibt, die "Bong of the Dead" freiwillig zu Ende geschaut haben...

                                            Die Prämisse klingt auf dem Papier vielleicht noch halbwegs originell - Zombies, Gras, Weltuntergang - aber in der Umsetzung fällt alles auseinander wie ein feuchter Blättchen-Rest. Die Story taumelt ziellos durch schlecht ausgeleuchtete Szenen, unterbrochen von Dialogen, bei denen selbst ein überfüllter Aschenbecher schauspielerisch überlegen wäre. Es ist, als hätten die Filmemacher "Shaun of the Dead" gesehen, dann fünf Gramm Marihuana konsumiert, und beschlossen: 'Das können wir auch - nur schlechter.' Leider hat sie niemand aufgehalten. "Wenn wir das Zombiehirn rauchen, kriegen wir vielleicht ihre Kräfte. Oder Tollwut. Let’s find out."

                                            "Bong of the Dead" ist kein Trash-Meisterwerk, sondern ein Paradebeispiel dafür, wie schwer es ist, schlechte Filme gut schlecht zu machen. Er will kultig sein, ist aber eher kulturschädlich. Das einzige, was hier wirklich brennt, ist die Hoffnung auf Unterhaltung. Wer sich das antut, sollte wenigstens dafür sorgen, dass sein Geisteszustand dem Titel entsprechend angepasst ist - oder eine schriftliche Patientenverfügung parat haben. Immerhin: "Bong of the Dead" ist so vergesslich wie sein Zielpublikum.

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                                              Chainsaw Charlie 30.05.2025, 21:13 Geändert 01.06.2025, 13:58

                                              Wer dachte, Horror finde nur bei Nacht statt, wird von "Midsommar" auf hellsichtige Weise des Besseren belehrt - und zwar mit der Eleganz eines LSD-getränkten Vorschulrituals. Regisseur Ari Aster, der bereits mit "Hereditary - Das Vermächtnis" das kollektive Nervenband zerschnitten hat, entführt uns diesmal in die skandinavische Idylle, wo die Sonne nie untergeht und die Albträume freundlich lächeln. Es ist ein Film, der so aussieht wie ein Instagram-Post über Selbstfindung in Schweden - aber sich anfühlt wie ein sehr langsamer, aber umso sicherer Nervenzusammenbruch auf grünem Tee.

                                              Florale Deko, volkstümliche Tänze und Menschen, die aussehen, als würden sie gleich in Leinengewändern einen glutenfreien Kreis schließen - was kann da schon schiefgehen? Antwort: Alles. Die Spannung in "Midsommar" entsteht nicht durch klassische Gruseleffekte, sondern durch permanente emotionale Beklemmung, die sich wie eine klamm sitzende Tracht auf die Seele legt. Florence Pugh spielt ihre Hauptfigur mit derartiger Intensität, dass man zwischendurch am liebsten laut "Lauf!" rufen - oder wenigstens eine Fluchtroute per Google Maps schicken möchte.

                                              "Midsommar" ist ein Augenfest - zumindest, wenn man seine Nachtmahre gerne in pastellfarbener Auflösung erlebt. Ari Aster beweist erneut, dass er das Unheimliche in Schönheit tauchen kann, bis es nicht mehr loslässt. Die Kamera ist so präzise, dass man beinahe glaubt, das Brennen der Sonne auf der eigenen Haut zu spüren - metaphorisch gesprochen natürlich, außer man schaut "Midsommar" mit einer UV-Lampe. Der Soundtrack lullt einen ein wie ein satanischer Wiegenlied-Versuch von Sigur Rós. Das Tempo ist bewusst quälend langsam - wie eine Urlaubsdiashow vom Schicksal selbst.

                                              "Midsommar" ist kein Horrorfilm im klassischen Sinne, sondern ein psychologischer Sonnenstich mit Kultanschluss. Wer schnelle Schnitte, Schockmomente und dämonische Clowns sucht, wird hier verzweifeln - oder lernen, was echtes Unbehagen bedeutet. Ari Aster liefert einen eindringlichen, bitterbösen Abgesang auf toxische Beziehungen, Gruppenzwang und das, was passiert, wenn man Menschen zu viel Raum für Rituale lässt. Es ist ein Film, der bleibt - wie ein Sonnenbrand auf der Seele oder ein veganer Leichenschmaus, den man nie bestellt hat. Aber irgendwie... war er verdammt gut gewürzt.

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                                                "Hereditary - Das Vermächtnis" beginnt wie ein klassisches Familiendrama mit leichtem Friedhofsbeigeschmack und entpuppt sich schnell als eine Art Höllenfahrt im Schaukelstuhl. Regisseur Ari Aster gelingt das seltene Kunststück, aus dem scheinbar Vertrauten etwas zu formen, das sich langsam, aber gnadenlos unter die Haut frisst - wie ein Erbstück, das man nicht zurückgeben kann, weil es dämonisch versichert ist. "Hereditary - Das Vermächtnis" spielt mit Atmosphäre, nicht mit Jumpscares. Und das macht ihn gefährlich: Er schreit nicht, er flüstert - direkt in dein Nervenkostüm.

                                                Toni Collette liefert eine Performance ab, bei der man sich fragt, ob ihre Oscar-Nominierung per Post verloren ging - oder vom Teufel höchstpersönlich unterschlagen wurde. Ihre Darstellung ist so intensiv, dass man gelegentlich geneigt ist, ihr eine Tasse Kamillentee durch den Bildschirm zu reichen. Der Rest des Casts funktioniert hervorragend als emotionale Abrissbirne, besonders wenn der Wahnsinn langsam durchs Wohnzimmer kriecht wie ein Verwandter, der plötzlich seine wahre Persönlichkeit zeigt - und leider bleibt. Man glaubt diesen Menschen zu kennen - und hofft gleichzeitig, nie mit ihm verwandt gewesen zu sein.

                                                Optisch wirkt "Hereditary - Das Vermächtnis" wie ein eleganter Albtraum, der sich bei Stanley Kubrick eingemietet hat, sich aber heimlich "Der Exorzist“ anschaut. Die Kameraarbeit ist so präzise, dass man sich fragt, ob das Bild selbst Angst hat, sich zu bewegen. Licht, Schatten und Tonkulisse verschmelzen zu einer bedrückenden Choreografie der Ausweglosigkeit. Kein Blutspektakel, sondern eine seelische Obduktion - und man liegt selbst auf dem Tisch. Der Horror entsteht hier nicht durch Monster, sondern durch die Erkenntnis, dass die wahre Hölle möglicherweise die eigene Familie ist - mit optionalem Pentagramm.

                                                "Hereditary - Das Vermächtnis" fühlt sich an wie eine Therapieeinheit in der Hölle: Teuer, sinnlos und am Ende weint nur der Betrachter - und zwar aus existenzieller Höflichkeit. Wenn man danach noch ruhig schlafen kann, hat man entweder eine beängstigende emotionale Robustheit oder bereits zu viel Stephen King gelesen. Ari Aster erschafft hier ein unvergessliches Stück modernen Horrors, das sich weniger wie ein Film anfühlt und mehr wie der seelische Totalschaden einer Beerdigung, bei der man selbst auf der Gästeliste steht - aber nicht weiß, ob als Trauernder oder Leiche. Wer psychologische Tiefe, intensive Darstellungen und subtilen, aber gnadenlosen Terror sucht, wird hier bestens bedient. Alle anderen sollten vielleicht einfach die Familienfotos von der Wand nehmen - man weiß ja nie.

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                                                  Chainsaw Charlie 28.05.2025, 17:19 Geändert 28.05.2025, 18:14

                                                  "Beyond the Limits" von Regisseur Olaf Ittenbach beginnt, wie man es bei einem Ittenbach-Film erwarten darf: Mit Blut, Gedärm und der Art von Dialogen, die wirken, als hätte jemand ein Horror-Drehbuch durch Google Translate gejagt - rückwärts. Die Story, so vorhanden, versucht sich in epischer Mythologie mit Rückblenden, Nekromantie und tiefgründigem Gedankengut über das Böse. Leider stolpert sie dabei über ihren eigenen Splattereifer und landet mit dem Gesicht in einer Pfütze aus kunstblutgetränktem Pathos. Wer hier Logik oder Figurenentwicklung sucht, hat vermutlich auch schon versucht, aus einem Verkehrsunfall ein Theaterstück zu machen - nur mit mehr Struktur.

                                                  Die Darsteller wirken größtenteils, als seien sie entweder in einem anderen Film oder einfach auf dem Weg zum Getränkemarkt falsch abgebogen. Es wird geschrien, gestöhnt, geflüstert - manchmal alles gleichzeitig. Emotionale Tiefe erreicht man hier nur dann, wenn man beim Sitzen auf der Couch in eine verlorene Chipsflocke rutscht. Sicher, sie geben ihr Bestes, aber wenn das Beste aussieht wie ein Schultheaterstück über Satanismus, das unter Drogenproblemen leidet, dann hilft auch kein Method Acting mehr - außer vielleicht als Methode zur Selbstverteidigung.

                                                  Olaf Ittenbachs Spezialität ist natürlich der Splatter, und hier spart er nicht: Gedärme, explodierende Köpfe, Gesichtsmatsch deluxe - alles dabei, als hätte ein Fleischereifachverkäufer beim Praktikum in der Filmbranche freie Hand gehabt. Leider ist das Effektfeuerwerk irgendwann genauso ermüdend wie eine Dauerschleife von "Saw". Es fehlt der erzählerische Unterbau, der aus Gore mehr als nur ekliges Augenkino macht. Stattdessen wirkt das Ganze, als hätte man einen Metzger gefragt, ob er nicht mal was Künstlerisches machen will - und den dann niemand mehr gestoppt hat.

                                                  "Beyond the Limits" ist ein Film, der Horror mit Philosophie kreuzen will, aber irgendwo zwischen einem Kunstblutkübel und einer Latexmaske stecken bleibt. Die Ambitionen sind da - episch, düster, fast schon metaphysisch - aber sie werden ertränkt in einem Meer aus dilletantischen Effekten, dämlichen Dialogen und einer Inszenierung, die selbst in den 2000ern alt aussah. Für Splatter-Fans mit niedrigem Anspruch oder nostalgischer Ittenbach-Romantik mag das Ganze einen gewissen Reiz haben. Für alle anderen wirkt "Beyond the Limits" vielleicht wie ein wilder Trip durch einen Albtraum, der nie ganz weiß, ob er Angst machen oder einfach nur provozieren will. Am Ende bleibt man zurück mit der Frage: War das jetzt Kunst, Trash - oder ein Bewerbungsvideo für einen Posten als Höllenpförtner?

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                                                    Chainsaw Charlie 26.05.2025, 16:04 Geändert 26.05.2025, 16:15

                                                    "Riverplay" von Regisseur Olaf Ittenbach ist einer dieser Filme, bei denen man sich fragt, ob der Titel nicht ironisch gemeint ist - denn gespielt wird hier zwar viel, aber leider meist mit der Geduld der Betrachtenden. Olaf Ittenbach, bekannt für seine kompromisslosen Splatter-Orgien, versucht sich in diesem Werk an etwas, das wohl Thriller-Drama heißen soll, dabei aber eher wie ein Schulausflug in die Untiefen des schlechten Geschmacks wirkt. Die Geschichte ist vorhanden, versteckt sich aber so gut hinter bedeutungslosen Blicken, schmerzlich gestelzten Dialogen und dem wiederkehrenden Geräusch von Stirnklatschen in der Runde, dass man sie nur mit sehr viel gutem Willen erkennen kann.

                                                    Die Figuren irren durch "Riverplay" wie verwirrte Wandergruppen ohne Karte - mal tiefsinnig, mal gewaltbereit, immer aber am Rande des Overactings. Der Versuch, psychologischen Elan zu erzeugen, geht dabei ungefähr so subtil vor wie ein Elefant im Porzellanladen. Dazu kommen Kameraeinstellungen, die wirken, als hätte jemand das Stativ bei eBay ungeprüft, ohne Rückgabe ersteigert, und Musik, die irgendwo zwischen "Sexy Sport Clips" und Horror-Tamagotchi pendelt.

                                                    Natürlich dürfen bei Olaf Ittenbach auch ein paar derbe inszenierte Szenen nicht fehlen - man muss schließlich seinem Splatter-Image gerecht werden. Doch statt Schockmomenten liefert "Riverplay" vor allem unfreiwillige Komik: Blut spritzt, Körper fallen auf den Boden, Logik stirbt. Und trotzdem - oder gerade deswegen - entwickelt "Riverplay" einen gewissen Trash-Charme, der ihn immerhin davor bewahrt, völlig in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Man kann ihm nicht vorwerfen, er hätte nichts gewagt. Nur, dass er eben fast alles verliert.

                                                    "Riverplay" ist wie ein schlecht gemixter Cocktail: Zu viel Kunstblut, zu wenig Substanz, und man weiß nie, ob einem davon schlecht wird oder man einfach betrunken genug sein muss, um das zu genießen. Wer auf absurdes, ambitioniertes Chaos steht, könnte hier eine morbide Freude finden. Für alle anderen bleibt die Frage: Was war das - und wie kann man das rückgängig machen?

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