Cineast_Driver - Kommentare

Alle Kommentare von Cineast_Driver

  • Tolle Wettbewerbsliste!

    Ganz oben in meiner Must-See Liste sind Birdman, Three Hearts, Pasolini, Manglehorn, The Cut, A Pigeon Sat On A Branch Reflecting On Existence, The Look of Silence und außerhalb des Wettbewerbes ganz klar In the Basement und Hill of Freedom

    <3

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    • Hier fehlt sein Regie-Debüt "Of Horses and Men"!

      http://www.imdb.com/title/tt3074732/?ref_=nv_sr_1

      Wäre cool, wenn dies hier hinzugefügt werden würde.

      Danke!

      • Wie gerne ich dabei wäre, neben "Inherent Vice" mein absolutes Must-See nächstes Jahr.

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        • Diese Frau ist derzeit mit Abstand meine Lieblingsschauspielerin, ihre Ausstrahlung, ihre Natürlichkeit und schönheit, dazu das unfassbare schauspielerische Talent mit voller Hingabe.

          Und auf diesen Film bin ich seit Cannes 2013 extrem scharf und in England erscheint der zum Glück auch bald.

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            Jonathan Glazer's "Under the Skin" ist faszinierendes Sci-Fi Arthaus, was seine dramatischen Untertöne mit einem höchst philosophischen Anstrich stützt.
            Was macht uns Menschen aus? Was sind Gefühle, Interaktionen, sexuelle Erfahrungen für unsere Spezies? Und wie ist es unter unserer Haut zu atmen und leben?

            Scarlett Johannson spielt mit Bravur und im Grunde nur einer mimischen Grundhaltung ein außerirdisches Wesen, welches durch einen "Transitraum" ihre Opfer verspeist und nur deren Haut zurücklässt. Sie selber jedoch merkt nach und nach, dass sie längst in dieser menschlichen Welt gefangen ist und entdeckt nach und nach ihre eigenen menschlichen Züge.

            Die humane Interaktion, die sexuelle Lust und das organische Nahrungssystem sind nur ein kleiner Teil, den Glazer seinem Zuschauer als "Fakt" zuwirft, während wir uns anhand der stilistisch bahnbrechenden Erfahrung und dem brillanten Soundtrack, der mich heute Nacht wirklich in meinen kühnsten Alpträumen verfolgt hat, ein eigenes Bild versuchen zu malen.

            Dies ist dennoch nicht immer einfach, denn wie kommt dieses mysteriöse weibliche Wesen auf unsere Erde? Wer ist der Fremde Motorradfahrer, der hinter ihr und ihrem Versagen aufräumt und wie ein stiller Beobachter einen reflektierten Blick auf uns wirft?

            Das ist stark radikales Kino, denn einige Szenen und Close-Ups sind zutiefst verstörend und bizarr, erschreckend und doch wunderschön. Allein die Schottlandaufnahmen sind schon ein eigener Mythos, welcher wir ein Gefängnis der unbändigen menschlichen Freiheit wirkt, aus dem es sich zu befreien gilt. Unsere außerirdische Frau entdeckt ihre eigenen Gefühle, sie fängt an ihre Haut zu lieben und sucht den menschlichen Kontakt, ist dabei auch angeregt von der sexuellen Begierde eines fremden Mannes, der sie bei sich aufnimmt.

            Die parabelartige Erzählung wird zu keinem Zeitpunkt gebrochen, stets schwebt einem das Universum vor den Augen, man versucht sich den Sinn hinter allem zu erschließen und doch endet diese Erfahrung und Begegnung mit dem extraterrestrischen Wesen mit dem Feuer und der erneuten Erkenntnis, dass die wahren menschlichen Züge nicht nur wir Menschen besitzen können, im Gegenteil diese sogar zunehmend schwindet und wir alles zu zerstören versuchen, was wir nicht verstehen.

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              über Mommy

              Verdammt, ja!!!

              Einkaufsmeldung: Weltkino sicherte sich in Cannes die Rechte an Nuri Bilge Ceylans WINTERSCHLAF (www.facebook.com/Winterschlaf.Film), der mit der diesjährigen Goldenen Palme für den besten Film geehrt wurde, und Xavier Dolans gefeierten MOMMY (www.facebook.com/Mommy.DerFilm), der sich mit Jean-Luc Godards ADIEU AU LANGAGE den Preis der Jury teilte. Sowohl MOMMY als auch WINTERSCHLAF werden in diesem Herbst in den deutschen Kinos starten. Ein weiterer spannender Neueinkauf aus Cannes ist der hochemotionale, unter anderem von Werner Herzog und Jerry Weintraub produzierte Dokumentarfilm RED ARMY von Gabe Polsky über das legendäre sowjetische Eishockeyteam. Außerdem erwarb Weltkino zwei hochkarätige Genretitel: David Robert Mitchells herausragend
              fotografierter, intelligenter Horrorfilm IT FOLLOWS, der in Cannes als Geheimtipp gehandelt wurde, und THE TARGET – das furiose Remake des französischen Thrillers POINT BLANK vom koreanischen Regisseur Chang.

              Quelle: Facebook.de

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                  "The Raid 2" ist kompromissloses, energetisches Hochdruck Action-Kino pur und liefert durch seine brillanten Choreografien und Kamerafahrten eines des besten Genre-Stücke seit mindestens einer Dekade.

                  Gemächlich baut sich der Spannungsbogen auf, führt seine Charaktere ein und entledigt sich noch einiger unerwünschter Elemente aus dem Vorgänger. Dabei ist der Protagonist ist in diesem Spektakel derselbe und begibt sich dieses Mal als "Ratte" in einen Mafia-Clan, in dem die Autoritäten klar gesetzt sind. Der alte, erfahrene Herr als Clanführer, sein machtgieriger Sohn und deren treuster Untergebener. Das Dilemma ist perfekt, als der Sohn die Machtergreifung plant und durch die Verbündung mit einem feindlichen Clan die Unterwelt in ein Chaos stürzt. Fressen werden eingeschlagen, Gesichter vollkommen zu Brei verarbeitet und jegliche Glieder erfahren mehrfache Brüche. Dabei spitzt sich die Situation immer mehr zu und mündet in ein kinetisches Bilderinferno, was man mit solch einer intensiven Inszenierung lange nicht mehr gesehen hat.

                  Wie bereits in Kim Jee-Won's "I saw the Devil" gleicht die Kameraführung einem auktorialen und ums Geschehen schwebenden Auge, welches selbst die kompliziertesten Takes mit Bravur meistert. Da kann man die Autoverfolgung inklusive der Kampfszenen beinahe wirklich schon als Referenz zum Südkoreaner sehen, wenn man das Gefühl bekommt mittendrin in der Aktion zu sein. Da mag man Evans und seinem Team einige nervige Wackelkameras in zwei, drei Szenen verzeihen.

                  Was ebenfalls sofort auffällt, ist der angenehme Schnitt, den Evans auch selbst übernahm. Nie arten die Actionszenen in ein Schnittfestival aus, wie dies bei den zig tausend Blockbustern aus der Traumfabrik pro Jahr der Fall ist, ganz im Gegenteil, einige der atemberaubendsten Choreos sind fast gänzlich ohne Schnitt und stark komponiert. Auch der sogartige, elektrisierende Soundtrack tut sein übriges die unterkühlte, gewalttätige und gottverlassene Atmosphäre zu tragen und hämmert sich dabei folglich bei seinen brutalen Exzessen ins Bewusstsein des Zuschauers.

                  Evans gelingt mit "The Raid 2" wahre Genre-Kunst und ist in der Tat ein Maßstab für zukünftige Genre-Projekte und es ist kaum vorstellbar, wie er dieses Spektakel mit einem abschließenden Teil noch überbieten möchte, lediglich eine noch intelligentere und originellere Story könnten ein Gradmesser sein.

                  "No. I'm done."

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                  • Was ein Schwachsinn, OGF ist extrem starkes Arthaus-Kino, ein cineastisches Todesballett!

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                    • Danke dir liebe Jenny und durch dich werde ich mich jetzt auch endlich Béla Tarr widmen, auch weil mein absoluter Lieblingsregisseur sowas wie die inspirierende Kraft und Quelle für Tar zu sein schien :)

                      Allerdings mal eine Frage, wie komme ich an seine Werke ran? Ich weiß, dass es einige Artificial Eye Releases gibt, aber wie sieht's mit den restlichen aus?

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                      • ENDLICH ein neuer Refn, dabei ist OGF gerade mal 1 Jahr her. ^^

                        Bin da wirklich sehr gespannt drauf!

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                          • ?

                            Der erste Trailer mit engl. Subs.

                            http://www.blu-ray.com/news/?id=14136

                            Bin so froh, dass ich ihn doch noch durch den UK-Release zu sehen bekomme, alleon wegen der wundervollen Léa Seydoux! <3

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                              Die Zerstörung einer Kindheitserinnerung! Die Ergänzungen zu dem eigentlichen Bilderbuch sind einfach abartig und vollkommen deplatziert. In dem Moment, wo Schweigers Stimme zu hören ist, hat der Film sowieso schon keinerlei Chance auf eine Wiedergutmachung. Schweiger als Synchronsprecher ist hier das unpassendste Element in einer Reihe von heterogenen Filmgefügen. Einfach fürchterlich, da somit als Gesamtwerk die liebevolle und für mich als Kind damals die, aufgrund der Kürze, leicht mythisch angehauchte Erzählung zum flachen Witz mit 08/15 Charme verkommt.

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                                Cineast_Driver 28.05.2014, 22:52 Geändert 31.03.2016, 20:58

                                Nachdem "Man of Steel" wirklich der größte seelenlose Mist war, ist das Teil hier so interessant und nötig wie Geschlechtskrankheiten nach einer Nacht mit Typ 3.

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                                  BITTE, BITTE komm nach Deutschland!

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                                    "Tom at the Farm" ist das vierte Regiewerk des frankokanadischen Regisseurs Xavier Dolan und lief bereits bei den Filmfestspielen von Venedig vergangenen Jahres im Wettbewerb (gewann den FIPRESCI Award). Dabei gelingt ihm mit seinem Psycho-Thriller eine ruhig inszenierte Gewaltparabel über die besessene Einsamkeit und das Entkommen aus einer lustvollen Gefangenschaft.
                                    Nach dem Tod von Guillaume reist Tom zur Farm der Familie des Liebhabers und muss schon bald schmerzlich erfahren, dass weder die Mutter, noch der finstere Bruder Francis, von den Liebschaften ihres verstorbenen Familienmitgliedes Bescheid wussten. Francis, welcher seit geraumer Zeit vor dem plötzlichen Tod seines Bruders bereits einen Verdacht hatte, sieht sich daran bestätigt, als er Tom's Stimme wiedererkennt und sich dabei an ein Telefonat erinnert, in dem es um einen leidenschaftlichen Urlaub ging. Tom wird daraufhin von Francis aufgefordert den Ruhestifter zu spielen und alle möglichen Probleme zu besänftigen, ohne, dass die Mutter von der geheimen Liebe zum Verstorbenen erfährt. Doch je mehr sich Tom in das Farmer-Leben eingliedert, desto aggressiver und besitzergreifender wird Francis.
                                    Regie-Wunderkind Xavier Dolan hat nach seiner Trilogie über die "impossible love" ("I killed my mother", "Herzensbrecher" und "Laurence Anyways") einen genretechnischen Regiewechsel angekündigt. Er wolle sich einem Film widmen, welcher ihm die Spielerei mit Gewalt, Lust und Ermächtigung erlaube und fand diese Gelegenheit in dem Theaterstück "Tom á la ferme" von Michel Marc Bouchard. Dolan inszeniert dabei ungewöhnlich dezent und ruhig, weg sind die voller Leben und Farbe strotzenden Montagen, die clipartig unterlegten Musik-Hits der 70er - 90er Jahre und ästhetisch höchst wundervoll anzusehenden Zeitlupen aus seiner Trilogie. Ein tristes, mit dunklen Brauntönen gefärbtes, stark unterkühltes Bild beseitigt diese bisherigen Regiekonstanten und die fantastisch, atmosphärisch verstörenden Klänge des Academy-Award Gewinners Gabriel Yared ("Der englische Patient") runden das Gesamtbild sehr authentisch ab. Und doch ist es ein typischer Dolan mit einigen Szenen und Kameraperspektiven ganz nah an den Protagonisten von hinten, ganz wie bei Wong Kar-Wei. Zudem hat Dolan einige Regiekünste parat (Stichworte: Augen, Tanz und Kamerafokus)
                                    Die Gewalt ist in nahezu jeder Szene zu spüren. Sie ist wie ein omnipräsentes Mittel, sei es die Musik, die Körperlichkeit oder die Psyche. Stets wechseln diese einzelnen Elemente ihren Fluss und ihre Anordnung, je nach Interaktion zwischen den Charakteren. Mitten drin ist die von Regisseur Dolan höchstpersönlich gespielte Figur Tom, welche durch Druck und Einsatz dieser Gewalt schon bald einen wahren Käfig um die Farm zu sehen scheint, aus dem es kein Entrinnen zu geben mag. Denn der Verlust des Liebhabers ist mit dem des Bruderverlustest von Francis zu keinem Zeitpunkt äquivalent. Es sind Gegensätze, die sich vor allem Francis zu eigen macht und durch die beängstigende Einsamkeit Lust und Gefallen daran findet Tom zu besitzen.
                                    Thematisch ist der Psychothriller ein starkes Brett, leider fehlt es an ambivalenten Charakteren, die dieser Thematik samt Inszenierung gerecht wierden. Dolan verzichtet auf eine psychologische Komplexivität, was somit die Regieorientierung auch auf Ebene des Drehbuches anscheinend perfekt machen soll. Nur bleiben diese "Figuren" damit stets nicht mehr als "Mittel zum Zweck". Das ist schade, da somit die Hinterfragung und Konkretisierung von Motiven, allen voran bei der Mutter-Figur und die als Zwecklösung angedachte, vermeintliche "Freundin" des Verstorbenen, in ein klares und statisches Konzept fallen.
                                    Das mag man ihm vielleicht verzeihen, jedoch war es in seinen vorangegangenen Filmen immer eine der vielen Stärken des jungen, 25-jährigen Quebecer, die Charaktere so lebensnah und natürlich zu schreiben, dass sie fast schon einen dokumentarischen Stil unterstreichen und uns emotional fesseln können.
                                    Ansonsten gibt es nur wenige Schwachpunkte neben der oberflächlich geschriebenen Charaktere, vielleicht noch, dass die grundlegende Story definitiv keine Revolution darstellt. Auch das Pacing in den letzten 10 Minuten ist zu sehr notgedrungen auf ein schnelles Ende, was zwar im Einklang mit der Psychologie der Charaktere steht, für den Plot dann aber doch zu hektisch ist. Immerhin gibt es im Abspann noch eine kleine Erweiterung der Szenerie, was einem Ausklang gleichkommt.
                                    Mit der Theateradaption "Tom at the Farm" ist Xavier Dolan ein Film über die Gewalt im possessiven Sinne gelungen. Nicht immer eine runde Angelegenheit und bis auf den Protagonisten psychologisch und charakterentwicklungstechnisch eher durchwachsen, ist das Werk durch seine gute und präzise kalkulierte Inszenierung und seinen orchestralen Score letztlich starkes Kino und einer der wenigen Vertreter des "Queer" Noir Filmes.

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                                    • Und noch bevor "Tom at the Farm" in den deutschen Kinos anläuft und "Mommy" überhaupt erstmal einen deutschen Starttermin hat, ist schon das 6. Projekt Dolan's bekannt und es wird sein erster englischsprachiger Film:

                                      http://www.filmstarts.de/nachrichten/18486079.html

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                                      • Für mich einer der überbewertetsten Regisseure überhaupt. Mir hat kaum ein Film gefallen, wenn, dann noch am ehesten "Looking for Eric". Und "The Wind That Shakes the Barley" ist mMn einer der schwächsten Palme d'Or Gewinner überhaupt.

                                        Naja, gebe dem hier auf jeden Fall mal wieder eine Chance, vielleicht wird's ja doch noch was mit uns beiden Herr Loach.

                                        • Ich kann es kaum erwarten endlich diesen Film zu sehen. Dolan ist wirklich mit Abstand einer meiner absoluten Regie-Lieblinge und seine Filme sind einfach nur herausragend und meisterhaft.

                                          Dass Dolan aber so gut ankommt und inzwischen überall bis in den Himmel gelobt wird, hätte ich nicht erwartet, hatte sich aber ob seines großartigen Talents angedeutet.

                                          Ich hoffe Dolan wird ausgezeichnet, egal ob Palme d'Or, Screenplay oder Regie.

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                                          • Wen wundert's?

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                                            Wird wieder ein klasse Film werden, ganz bestimmt.

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                                            • Absolut einer meiner Most Wanted aus dem diesjährigen Wettbewerb, zusammen mit Dolan und Zvyagintsev.

                                              Das wird so großartig! <3

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                                              • Gott, bin ich neidisch und dann ist die Vorfreude auch noch auf Seiten Dolan's gegeben.

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                                                • Ich hoffe wirklich so sehr auf einen Sieg für Die andere Heimat, Love Steaks und Finsterworld.

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                                                    "Blau ist eine warme Farbe" basiert lose auf der Graphic Novel von Julie Maroh. Dabei ist Regisseur Abdellatif Kechiche in seinen Filmen immer auf der Suche nach der Wahrheit, nach dem Lösen der aufgebauten Fassade und Maske im Leben und so dreht er sein Liebesdrama auf sehr natürliche Weise. Hier gibt es überwiegend Großaufnahmen von Gesichtern und Körpern, wenige Schnitte unterbrechen den Filmfluss und er bleibt seiner naturalistischen Inszenierung in jeder Minute treu, denn sowohl Menschen als auch Umgebung werden hier ungeschönt und realistisch (die Darstellerinnen trugen z.B. keinerlei Set-Make-up) dargestellt, im Kern banale Themen zwischen den Dialogzeilen aufgegriffen und hintergründig mit Problemen zwischen Unterschicht/Oberschicht der Kontrast ästhetisiert.

                                                    In dem Moment, wenn Adéle, die auf dem Weg zu einer Verabredung mit einem Mann ist, ganz zufällig der Kunststudentin Emma begegnet, dann stoßen hier zwei verschiedene Gesellschaftskreise aufeinander, die sich in ihrem Kontrast gegenseitig anziehen, gleichzeitig aber auch von einander entfernen. So ist die Protagonistin Adéle aus dem Proletariat (schlichtes Elternhaus, Spaghetti als Festmahl, gefangen in klassisch, traditionellen Idealen ect.), während Emma, eine Künstlerin, der Oberschicht angehört (starker Drang zur Kunst, in wohlhabenderen Kreisen gern gegessene Austern, Brechen aus sexuell, sozialpolitischen Idealen ect.) und dennoch herrscht trotz dieser "Komplikationen" ein gegenseitiges Verlangen nacheinander.

                                                    Dabei ist die homosexuelle Liebe vollkommen unwichtig, Abdellatif Kechiche selbst sei enttäuscht gewesen, dass sein Film von Teilen seines Publikums als "Queer"-Film angesehen werde. Kechiche's Inspiration dieses Werk zu verfilmen war es die wunderbare, natürliche Liebe zu zeigen, Schicksale und Zufälle, wie auch Schmerz und Leid darzustellen. Dabei ist die homosexuelle Beziehung nur ein Deckmantel, der sich im Hintergrund abspielt. Im Innern wird die Liebe in Verbindung mit der Wahrheit, welche bereits in seinem Film "La graine et le mulet" Anklang fand, präsentiert, denn wenn Adéle direkt nach dem Sexakt mit einem männlichen Partner merkt, dass sie kein Gefühl der Besänftigung, der Offenbarung, letztlich der Liebe erfährt und selbst der Orgasmus sich nicht in seiner vollen Kraft entfalltet, wird sie mit der bitteren Wahrheit konfrontiert, dass sie sich selbst etwas vorspielt und sie in ihrer derzeitigen sexuellen Orientierung kein Glück finden kann.

                                                    Mit Emma tritt jene Emotionalität von der ersten Begegnung an ein. Die Nacht darauf träumt Adéle gar von einem geschlechtlichen Akt mit dieser blauhaarigen Schönheit, während sie sich dabei gefühlvoll und voller Hingabe bis zur Ekstase masturbiert.
                                                    Auch Emma ist von der jungen Schülerin fasziniert und in dem Moment, wenn sie Adéle in einer Lesbenbar bemerkt, scheut sie sich in keinster Weise, spricht sie direkt an und führt eine Konversation über Kunst (Literatur) und recht banale Dinge. Dies ist der Beginn einer Beziehung, welche Lust und Freiheit, Liebe und Trauer, Schmerz, Streit und Versöhnung den ganzen Film über trägt und somit die gesamte Palette einer Liebesbeziehung vorzeigt.

                                                    Dabei hilft Kechiche's inszenatorischer Stil dieser Beziehung eine emotionale Nähe zum Publikum zu verschaffen, denn gerade die im Diskurs umstrittenen, expliziten Sexszenen zwischen den beiden Frauen schaffen eine starke Intimität, sodass wir uns ganz dem Verlangen und der Obsession der beiden Frauen hingeben können.

                                                    Erstmals wurde die Palm d'Or nicht nur an den Regisseur, sondern auch an die beiden Hauptdarstellerinnen vergeben (Jurypräsident Steven Spielberg begründete dies, dass der Regisseur ohne seine beiden Darstellerinnen diesen Film in keinster Weise hätte so realisieren können) und das vollkommen verdient, denn Kechiche selber sagte in Interviews, dass er bei Castings ganz strikt nach der für ihn perfekten Chemie auf der Suche war, welche er vom ersten Moment an in Adéle Exarchopoulos und Léa Seydoux gefunden hat und so hat er die Figur der Protagonistin auch voll und ganz auf Adéle zugeschnitten, die nicht umsonst im Film denselben Namen trägt (was übrigens einer der vielen Unterschiede zur Vorlage ist). Auch haben die beiden Darstellerinnen die gleichen Ideale und kommen aus derselben Gesellschaftsschicht wie ihre Figuren.

                                                    Und was die beiden auf die Leinwand "zaubern", ist lebensnah und gerade dadurch so hochintensiv; hier stimmt die Chemie in jeder noch so kleinen Geste und Mimik, bei den Sexszenen herrscht eine permanente erotisch aufgeladene Spannung und ihre Begegnungen sind, ganz gleich ob Freude oder Trauer, zu jeder Sekunde glaubhaft, ihre Konfrontationen explosiv und natürlich; ganz großes und prägnantes Schauspielkino!

                                                    Sowohl die Anfangs-, als auch die Endszene stehen schließlich in einer obligaten Symbiose und beim Abspann wird der Zuschauer aus einem der ehrlichsten, natürlichsten und wundervollsten Filme über die Liebe, Sehnsüchte und Selbstfindung gelassen.

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