filmschauer - Kommentare

Alle Kommentare von filmschauer

  • 7 .5

    Für spannende Sportdokumentationen bin ich immer gern zu haben - speziell, wenn Bilder gezeigt werden, die man noch nicht in unzähligen Medienberichten durchgekaut hat. Filmemacher Aljoscha Pause besitzt da einen relativ guten Riecher, sich ungewöhnliche Geschichten am Rande der Hauptaufmerksamkeit herauszusuchen, die nicht schon jeder Fan bzw. Interessierter sofort auswendig wiedergeben könnte. Für seinen zweiten Film mit Kinoverwertung hat er sich mit Heidenheims Frank Schmidt, Paderborns Stephan Schmidt sowie Paulis André Schubert drei 'unterklassige' Fußball-Trainer (2x Liga 2, 1x Liga 3) rausgesucht, die er die abgelaufene Saison an den verschiedensten Orten mit begleitete. Dass der Trainerberuf sehr besonders ist und sowohl Chance als auch Risiko bietet, wird der eine oder andere schon mitbekommen haben. Deshalb war die Wahl auf gleich drei Personen fast schon symptomatisch, wenn man schaut, wer von denen heute noch im Amt ist.

    Dadurch ergibt sich jedoch auch ein aufschlussreicher und intimer Blick in die Gefühlswelt nach einer unschönen Entlassung. Oft bekommt "Trainer!" fast schon den Charakter einer Making-Of-Doku, wo die Kamera noch fokussiert ist, wenn die handelsüblichen Medien schon längst weg sind (wer sich hierbei genauere Antworten über die etwas rätselhafte Entlassung in Paderborn erhofft, wird leider enttäuscht). Darüber hinaus versucht Pause, einige Facetten des Berufs Trainer wie den Umgang mit der Öffentlichkeit, den Weg zum Trainerschein oder die psychische Komponente zu umfassen. Die kurzen Interview-Schnipsel bekannter(er) Veteranen des Spielfeldrandes bieten zudem ein paar nette Anekdoten, wirklich essentiell sind diese für die Doku allerdings nur selten. Viel schöner ist das Kennenlernen dieser drei Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten, wobei der Typ Frank Schmidt sicherlich am stärksten einen bleibenden Eindruck hinterlässt (von dem ich zugegebenermaßen am wenigsten wusste im Vorhinein). Nach Pauses vielbeachteten "Tom Meets Zizou" ein weiteres kleines Doku-Highlight.

    8
    • 7

      Einfach und gut: Martin Ritts "Der Wildeste unter Tausend" repräsentiert, vielleicht weil nicht in der klassischen Western-Zeit, sondern in den damals aktuellen 1960er Jahren spielend, einen sehr ehrlichen und realitätsnahen Cowboy-Film, der weniger die bleihaltige Fehde mit etwaigen Gegnern als mehr eine innerfamiliäre Auseinandersetzung zum Thema nimmt (und wo die eigene Herde noch schicksalhaft im Mittelpunkt steht). Paul Newman, dessen Name aus heutiger Sicht sicherlich der prominenteste unter den Darstellern ist, lässt ein weiteres Mal seinen nicht zu unterschätzenden Charme spielen und könnte somit sogleich (wie so oft) der Liebling des Zuschauers sein. Was allerdings diesmal tückisch ist, denn eigentlich erweist er sich als das schwarze Schaf in der Bannon-Ranch und bildet den rebellischen Gegenpol zum distanzierten Vater sowie zum jüngeren Neffen. Dies projiziert sich in verschiedenen erinnerungswürdigen Momenten mit punktgenauer Dramatik, welche die relativ simple Geschichte über das manchmal schmerzhafte Erwachsenwerden und diffizile Familienhierarchien sehr gekonnt aufhübschen. Ein sehenswertes Werk, das im Kern für den jetzigen Zeitgeist noch immer Relevanz besitzt.

      6
      • 6

        Über die Sinnhaftigkeit von Remakes lässt sich immer trefflich streiten, so auch über den Versuch, Philip K. Dicks "Total Recall" nach 1990 ein weiteres Mal zu verfilmen. Doch schon bei der Besetzung hinter der Kamera war eigentlich ersichtlich, dass die neue Version nur wenig mit dem filmischen 'Original' zu tun haben würde. Mit Len Wiseman als Regisseur und auch Kurt Wimmer als Drehbuchschreiber geht die Reise inszenatorisch viel direkter in Richtung des stylischen Actionkinos mit der berüchtigten "Underworld"-Reihe im Geiste. Inhaltlich gibt es alleine schon mit dem Ort bzw. Planet des Geschehens gehörige Unterschiede – ketzerisch gemein könnten auch 'Abstufungen' genannt werden. Man merkt einfach an einigen Stellen: Wiseman will dem Publikum gar nicht groß vorgaukeln, dass die Geschichte im Kino noch nie zu sehen gewesen wäre, was das Ganze sogar etwas sympathischer macht als vergleichbare Remake-Versuche. Natürlich liefert die Verhoeven-Version mehr Spielräume zur Interpretation dieser verrückten Rahmenhandlung und ist im Gesamtergebnis natürlich der Gewinner im direkten Vergleich. Dies betrifft auch die schauspielerischen Neubesetzungen, bei dem ein relativ austauschbarer Colin Farrell gegenüber einem entfesselten 90er-Jahre-Arnie deutlich das Nachsehen hat. Selbst mit Wisemans berühmter Ehefrau muss traditionell wieder Bekanntschaft gemacht werden. Sehr hübsch neben kleineren Gimmicks und einer etwas ungewohnten, aber durchaus aufregenden Zukunftswelt ist jedoch die feine CGI-Umsetzung, die diese lange Verfolgungshatz ganz angenehm wegschauen lässt. Solides Action-Futter eben, das mit der richtigen Erwartungshaltung und womöglich in der passenden Stimmung seinen Spaß macht. Der Verhoeven-Klassiker wird deshalb ja nicht gleich in Vergessenheit geraten.

        10
        • 8

          Unwissenheit ist bekanntlich manchmal ein Segen. Da ich bisher eher unbewusst literarisch oder filmisch an F. Scott Fitzgeralds berühmtem Werk vorbeigegangen bin, konnte ich ganz unbefleckt und neugierig an Baz Luhrmanns Version des großen Gatsbys heranschreiten - ähnlich, wie es auch unserem Stellvertreter Nick Carraway (dargestellt vom scheinbar ewigen Junggesicht Tobey Maguire) in dieser Geschichte widerfährt, der uns quasi an die Hand in die Zeit der frühen 20er Jahre nimmt. Was gezeigt wird, ist eine verlockende Aura, die eine einzige Person umgibt: Jay Gatsby (neue Benchmark in der Schauspielkunst des Leonardo DiCaprio) ist eine höchst bemerkenswerte Figur, die wenig greifbar, fast unwirklich wirkt. Zu Beginn ist sind es die offenen Fragen, die ihn betreffen, bevor sich nach und nach der Weg durch das Labyrinth seines Lebens abzeichnet, das allerdings in finaler Form umso tragischer erscheint. Ein bisweilen erstaunliches Gefüge breitet sich zuvor aus, was jede Schattenseite durch den schieren Reichtum und dekadenten Lebenstil verwischen lässt.

          Der ideale Stoff für einen Baz Luhrmann, der inszenatorisch in die Vollen geht und unverkennbar seine bekannte Handschrift einfließen lässt. Purer Kitsch, ausschweifende Kamerafahrten und Klangstücke mit Verbindungen zur heutigen Musikwelt bilden das Fundament für den beständigen Wechsel von ausführlichen Innenaufnahmen, rasanten Autofahrten oder eben ausschweifenden Partys. Eigenwillig, aber irgendwie doch passend, um einen künstlerischen Schwenk zum Hier und Jetzt anzudeuten. Ein sehr harmonisch zusammengeklebter Mix, der für 142 Minuten Laufzeit ausgesprochen kurzweilig ausfällt und zwischen überbordender Dramatik, hoffnungsloser Romantik (Ihr Einsatz, Carey Mulligan!), charmant-lustigen Momenten und kleineren Überraschungen einiges bereithält. Es ist in dieser Form ohne jegliche Kenntnis meinerseits über Fitzgeralds Vorlage genau das, was ich von einem Luhrmann-Film erhofft habe: Großer Gatsby, großer Leo und großes Kino.

          8
          • 4

            Ein Tatort, der in schon fast vergessene Muster des biederen TV-Krimis verfällt. Regisseur Roland Suso Richter, dessen Name kein Unbekannter in der Fernsehlandschaft ist, und die ARD-Krimiserie scheinen bisher keine innige Liebschaft zu werden. Nachdem vor eineinhalb Jahren schon der Lindholm-Fall "Schwarze Tiger, weiße Löwen" weniger Begeisterungsstürme hat aufkommen lassen, ist nun auch die Stuttgarter Episode "Spiel auf Zeit" eine Enttäuschung. Eigentlich kann ich die gleichen Punkte aufführen, die schon damals mir sauer aufgestoßen sind: Klischees, die einen Stammzuschauer mittlerweile fast schon automatisch aus der Handlung rausschmeißen (bzw. die unterschiedlichsten Fauxpas der beiden Kommissare), und ganz besonders eine sehr aufgeblähte Bootz-Privatstory im Parallelflug zum Kriminalfall, die sich quasi gegeneinander ausbremsen. Einzig der daraus resultierende Jähzorn, den der Kollege an vielen Stellen seiner Arbeit auslässt, bildet den mentalen Verknüpfungspunkt und Grundlage für undefinierte Lebensfloskeln. Dabei hätte die Kriminalgeschichte im Sinne eines Heist-Movies, die mittels der charismatischen Gangster-Figur Victor de Man konkret Bezug zu einer 2009er Folge und die Verwicklungen mit Lannert nimmt, Potential für mehr gehabt. Allerdings funktioniert dessen Spannungsbogen nur selten, woran neben den genannten Problemen auch die sogar für Tatort-Verhältnisse anspruchslose TV-Optik und Inszenierung ihren Anteil hat, der großen Ballerei zum Trotz. Der alberne Clou zur Lösung des substanzlosen Falls bildet dann das fragwürdige Sahnehäubchen. Na ja, bleibt wenigstens die Hoffnung, dass Rambo-Bootz beim nächsten Mal wieder seelisch genesen ist.

            3
            • 7 .5

              Der gute George kann nicht nur spielen, produzieren oder einfach schnieke aussehen, sondern offenbar auch Drehbücher (mit)schreiben und Regie führen. Sein gekonnt inszenierter Politthriller "The Ides of March" stellt das nachhaltig unter Beweis (nachdem der etwas artifizielle "Good Night, and Good Luck." bei mir nicht so ganz auf Gegenliebe gestoßen ist). Auf den ersten Blick könnte dabei ein wenig Übermut vermutet werden, dass Clooney darüber hinaus als aufstrebender US-Demokrat mit dem Ziel 'Weißes Haus' den wichtigen Mann in dieser Geschichte verkörpern würde, doch dies täuscht. Viel mehr sind es die Geschicke unterhalb der obersten Ebene, die das dramaturgische Zentrum des Films bilden. Insbesondere Ryan Gosling als relativer Jungspund im Geschäft gibt die ambivalente Schlüsselfigur in diesem Spiel zwischen den Wahlkampfteams inmitten der Ohio-Vorwahlen. Ein unbarmherziges Spiel, welches nach schwer zu durchschauenden Regeln des Inoffiziellen funktioniert und das im weiteren Verlauf frappierend genau Jubelstürme und tiefste Depression porträtieren kann. Das Drehbuch geht dabei äußerst akkurat vor, was gewissermaßen die hochklassige Darstellerriege eng an ihren Rollenmustern verwurzeln lässt und nur wenig Luft für eigene Akzente setzt - speziell, wenn derart hochklassige Namen wie Giamatti, Hoffman & Co. aufeinandertreffen und man so gerne viele Szenen mit jenen auskosten möchte. Doch hier wird sich sprichwörtlich in den Dienst gestellt, was man gewiss nicht gegen den Film auslegen sollte, denn dieser macht insgesamt sehr viel richtig in seinen rund 100 Minuten Laufzeit. "The Ides of March" hat nicht den Anspruch, das Politsystem als Ganzes bloßzustellen, sondern nur Teilaspekte auf clevere Art und Weise zu durchleuchten. Dies gepaart mit der spannenden Geschichte macht Clooneys nunmehr viertes Regieprojekt zu einem sehr lohnenswerten Unterfangen. Versprochen!

              8
              • 5

                Immerhin: Doppeldeutige Titel wie dieser hier sind bei mir stets willkommen, auch wenn der Wiener Tatort sich einem mittlerweile bekannten Whodunit-Konzepts bedient. Diesmal ist es Krassnitzers Eisner, dessen zeitweilige Amnesie - selbstverständlich verursacht am Ort des Tatort-Geschehens - die Grundlage für das weitere Ermitteln bzw. Stochern im Kärntner Dorfnebel bildet. Ebenso ist dies ein willkommener Anlass für Regisseur Sascha Bigler, verspielte Übergänge und nette Flashback-Spielereien zu inszenieren, was schon das eigentliche Highlight dieser Episode ausmacht. Leider. Denn der Plot, dessen konstruierte Prämisse mit Gedächtnisstörung & Co man lieber nicht allzu sehr hinterfragen sollte, mag zwar ambitioniert klingen und klopft im Verlauf zudem nicht unwichtige Gesellschaftsthemen mehr oder weniger ab, dem Fluch der alltäglichen Krimikonventionen mit seinen kleinen Fallstricken kann aber auch diese Geschichte nicht entkommen. Allen ersichtlichen Ablenkungsmanövern zum Trotz ist der Weg zur allumsagenden und in der Sache seeehr schrägen Auflösung zu kurz bemessen, um von einem großen Krimi sprechen zu können, was sich an der Erfolgsquote zahlreicher Whodunit-Rätselfreunde wohl widerspiegeln dürfte. Was bleibt, ist eine Neuhauser als Randfigur, ein partiell blutender Krassnitzer mit vollem Einsatz und eine ganz gehörige Portion spruchreifer Grantigkeit, allerdings weniger ein womöglich unvergessliches Tatort-Erlebnis mit traumatischer Nachwirkung.

                4
                • 8

                  Selbstverständlich lohnt es sich nicht nur, lediglich immer den Blick Richtung US-amerikanisches Pay-TV zu lenken, wenn man hochklassigen Serienstoff entdecken will. Und doch ist es eine schöne Überraschung, wenn gerade aus Schweden eine Science-Fiction-Serie daherkommt, die so etwas wie ein feuchter Traum für den geneigten Genre-Fan darstellt und nebenher soeben beweist, dass bei Zukunftsvisionen nicht immer die großen Effektorgien und Actionsequenzen im Mittelpunkt stehen müssen. "Real Humans" von Lars Lundström ist ungleich ruhiger in seiner äußeren Schale, jedoch nicht weniger faszinierend in seinem Inneren.

                  Die Prämisse, sich menschenähnliche Roboter in einer alternativen Gegenwart vorzustellen, ist auf den einen Seite naturgemäß günstiger für die Produktion dieser Serie, aber auch unmittelbar greifbar durch seine alltäglichen Probleme oder Chancen, die wir alle aus dem Hier und Jetzt wiedererkennen. Die sogenannten Hubots erweisen sich hier als Fluch und Segen zugleich, womit die unterschiedlichsten Themenfelder des menschlichen Lebens auf differenzierte Weise beleuchtet werden. Dies wird anhand mehrerer Erzählstränge erreicht, die die Macher mit Beginn von der ersten Folge langsam aufspannen und später schließlich mehr oder weniger kombinieren, seien es die Umstände oder Folgen in der Arbeitswelt, in einer Familie, bei einem Pflegebedürftigem oder sogar in der Liebe. Interessante Gedankenspiele tun sich da auf, die mal aufregend wirken, dann wieder einen erschaudern lässt. Thematische Schwarz-Weiß-Malerei wird man gewiss nicht auffinden, was das Ganze auch auf philosophischer Ebene ganz spannend macht.

                  Schauspielerisch ist das trotz unbekannter Gesichter alles sehr glaubwürdig, womit nicht nur die menschlichen Rollen gemeint sind. Speziell die Umsetzung der Hubots ist genial einfach, aber sehr effektiv mit gewissem Make-Up-Einsatz oder entsprechender Schnittstelle am Körper. Dazu passt auch die visuelle Umsetzung, wo die Bilder manchmal eine klinische Reinheit vorgaukeln, als hätte da selbst ein Hubot die Hände im Spiel gehabt. Hochwertig und sehr angenehm anzusehen wirkt es auf jeden Fall. Umso erfreulicher, dass schon an weiteren Staffeln gewerkelt wird. Immerhin deutet das Finale weitere Geschichten rund um die Hubots schon an. Bis dahin gilt meine ganz menschliche Empfehlung für die insgesamt sehr gelungene Staffel 1.

                  10
                  • 6 .5

                    Feuer hier, Feuer da, das Thema lässt den Norden offenbar nicht los. Nachdem Neuling Falke zuletzt mit einem brennenden Fahrzeug zu tun hatte, muss nun auch der arrivierte Borowski einen eher unschönen Fall klären. Und wäre das nicht schon genug, gibt es diesmal als nette Beigabe eine Gast-Ermittlerin zu sehen - auch als weiteren Beleg, dass sich diese Episode nicht nur durch das winterliche Ambiente und durch die gelegentliche Fahrt über die deutsch-dänische Grenze als halb-skandinavisch in seinem Tonfall erweist. Kommissarin Einigsen (gespielt von der Schwedin Lisa Werlinder) kann nicht nur Brandt zumindest für diese 90 Minuten gehörig Konkurrenz machen, sondern sorgt in einer Borowski-intimen Angelegenheit für den Lacher des Tages. Davon ab geht es jedoch ziemlich konzentriert zur Sache, was die Aufklärung dieses Falls des brennenden Manns vor einem Schulgebäude betrifft. Die Geschichte mit ihrer gesellschaftspolitischen Verwurzelung bleibt allerdings an mehreren Stellen arg zufallsbasiert, damit diese den richtigen Dreh bekommt, was bei Lars Kraume als Regisseur hinter dieser Episode doch etwas überrascht, der ansonsten durch sehr sehenswerte Frankfurt-Tatort bisher aufgefallen war. Immerhin hält er das Konstrukt weitgehend zusammen, womit auch das brisante Finale den Spannungsbogen bewahrt. Und Borowski bleibt eben Borowski: Dem kauzigen Kommissar mit der stets wohlig-adretten Ummantelung schaut man unabhängig aller jungen Hüpfer einfach immer wieder gern beim wilden Rätselraten zu.

                    5
                    • 7
                      über Rango

                      Ein Mashup-Film der etwas anderen Sorte. Es ist nicht nur erstaunlich, dass umgeben von vielen austauschbaren Stoffen oder öden Fortsetzungen im US-Animationsfilm-Segment auf Big-Budget-Niveau auch Filme wie "Rango" produziert werden, welche eher unkonventionelle Themen zusammenbringen - sondern auch, dass es in diesem Fall sogar ganz gut geglückt ist. Dass Regisseur Gore Verbinski abermals mit Johnny Depp als die prägnante Person hinter diesem ungewöhnlichen Chamäleon zusammenarbeitet, ist da schon eine der wenigen Konstanten (welche ja schon bald mit "The Lone Ranger" eine abermalige Fortsetzungen erfahren wird). Der dreckige Hauch des (Italo-)Western, die deutlichen Bezüge in Richtung "Fear and Loathing in Las Vegas" sowie die charmante Idee, archetypische Figuren des Cowboy-Genres mit ganz bestimmten Tierarten präzise zu persiflieren, sind ein sehr ansprechender Mix, womit sich "Rango" anhand einiger wunderbarer Szenen schmücken lassen kann, seien sie von komödiantischer oder ernsthafterer Natur.

                      Allen Lobpreisungen zum Trotz leistet sich Verbinski in dieser sicherlich erkennbaren Heldengeschichte aber auch kleinere dramaturgische Hänger in der Mitte. Da vertragen sich Dramaturgie, Witz und überbordende Action nicht immer. Dies reißt er jedoch mit Wucht durch eine clevere philosophische Note gen Ende wieder heraus, was man so nicht unbedingt erwarten konnte und wo die nur selten idyllische Historie des wilden Westens durchaus prägnant wiedergegeben wird (mit einer einzigen Einstellung sozusagen). Wem das noch nicht reicht, kann sich an einer wunderbaren technischen Umsetzung aus der ILM-Schmiede ergötzen, dessen Detailreichtum schon von sich aus richtig Spaß macht. Obwohl meine gehobenen Erwartungen als Genre-Anhänger nun nicht gerade übertroffen wurden, muss man den Mut der Macher um Verbinski herum, ausgerechnet ein schräges Chamäleon samt Hawaii-Hemd sowie kleineren Persönlichkeitsproblemchen in Richtung einer staubigen Western-Stadt zu schicken (welche bekloppte Idee im Grunde) und dabei inhaltlich gewiss nicht nur den Fokus auf ein Kinder-Publikum gelegt zu haben, nochmal mit Nachdruck honorieren.

                      8
                      • 4

                        Wenn die knackige Laufzeit von deutlich unter 90 Minuten schon als hervorstechendstes Argument zugunsten eines Films wie bei "Bad Sitter" herhalten muss, sollte meine grobe Einschätzung tendenziell durchschimmern. Regisseur David Gordon Green, dessen Komödien-Versuche bis jetzt nie den Weg auf meine persönliche Mattscheibe gefunden haben, versucht deutlich, den modischen Weg der etwas raueren US-Comedy-Vertreter mitzugehen. Dieser Richtung bin ich zwar nicht gänzlich abgetan, doch wenn schon so etwas produziert wird, dann bitteschön nicht so verlogen böse und dermaßen klischeebeladen wie in diesem Fall, sei es auf den Protagonisten samt seiner fadenscheinigen Motivation oder auf die nervige Baukasten-Charakterisierung der drei beteiligten Kinder bezogen. Das stößt auch deshalb stark auf, da die ganze Geschichte einer intensiveren Babysitter-Abendsitzung konstruierter nicht hätte gestaltet werden können und jede neue Szene mit einer anderen weiteren absurden Aktion eingeleitet wird. Dies trifft sicherlich auch auf andere (bzw. bessere) Komödien zu, doch in "Bad Sitter" fehlt die benötigte Gag-Dichte sowie das konsequente Ausnützen der jeweiligen Situationskomik, um das unoriginelle Drehbuch genügend zu übertünchen. Allerdings steht da noch ein Jonah Hill an vorderster Front dagegen (übrigens symptomatischerweise noch vor seiner erstaunlichen Diätphase), dem ich doch immer ganz gern zusehe, sodass der Streifen zumindest nicht komplett vor die Wand gefahren wird. Man verpasst allerdings wahrlich nichts, wenn man dieses maue Kapitel seiner Filmografie auslässt.

                        4
                        • 7

                          Ein bemerkenswertes Stückchen Film, den ich bisher sträflich ignoriert habe. Denn eigentlich sieht "Mit eisernen Fäusten" in seiner äußeren Erscheinung wie ein typischer Western der 60er Jahre aus, der nach einem locker-musikalischen Vorspann die obligatorische Fehde zwischen Indianern und einem einsamen Cowboy im gefühlten Nirgendwo auszuspielen versucht. Doch schon beim Namen des Regisseurs hätte man hellhörig werden sollen. Sydney Pollack steht nicht umsonst für die anspruchsvollere Kinokost und so verläuft der Film mal so gar nicht nach den erwartbaren Bahnen. Der Grund liegt nicht nur ausschließlich in jenem Cowboy (Musterrolle für einen wie Burt Lancaster), sondern speziell in der Figur des schwarzen Sklaven (gespielt von Ossie Davis), der mal ganz keck jedem erdenklichen Stereotyp Lügen straft. Die resultierende 'Fernbeziehung' zwischen Lancaster (auf der Lauer) und Davis (stets inmitten des Geschehens) ist der große Reizpunkt von Pollacks Western, welcher im Finale einen sehr ungewöhnlichen Höhepunkt findet. Womöglich erscheint die Geschichte etwas zu schlicht für einen richtig großen Film, wobei etwaige Nebenplots wie die mit der eigentlich immer sehenswerten Shelley Winters schon sehr pointierte Randnoten fabrizieren kann. Die zwischen den unterschiedlichen Gefühlslagen durchschimmernde Portion an gesellschaftskritischer Relevanz - speziell im Hinblick der Entstehungszeit - macht "Mit eisernen Fäusten" aber insgesamt zu einer lohnenswerten Variante des Westerns. Nicht nur, weil man hinterher weiß, dass manchmal auch ein intensives Schlammbad gewisse Probleme beheben kann...

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                          • Hatte zwar noch nicht die Zeit gehabt, hier länger reinzuhören, aber das Konzept könnte eine Bereicherung in der deutschen Film-Podcast-Szene werden.
                            Die richtige Podcast-Adresse sollte jedoch auch erwähnt werden: http://wastingaway.podspot.de/

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                            • 7 .5

                              Es war schon etwas Skepsis dabei, als die Sichtung von "Die Frau in Schwarz" anstand. Einerseits bin ich bisher kein großer Freund des Schauspielers Daniel Radcliffe gewesen, andererseits hörte sich die Prämisse auf den ersten Blick nicht unbedingt super-originell an. Das erste prominentere Zeugnis von der Wiederauferstehung des Hammer-Studios im 21. Jahrhundert ist folglich kein grenzüberschreitender Film mit allzu größer Fallhöhe, was Genre und Machart betrifft. Aber obwohl die beiden erstgenannten Problemaspekte nach dem Film nicht komplett revidiert wurden: anders als so einige Vertreter, die ihren hohen Erwartungen nicht entsprechen mögen, schafft es Regisseur James Watkins aus der gegebenen Materie einen ziemlich gut funktionierenden Grusler zu erzeugen. Dabei gelingt es auf rein handwerklicher Ebene sogar, charakteristische Retro-Elemente mit den heutigen Sehgewohnheiten zu verknüpfen. Neblige Moorlandschaften, abweisende Dorfbewohner, eine im Raum stehende Geistergeschichte und nicht zuletzt eine respekteinflößende Villa - als Freund des wohligen Haunted-House-Horrors sind dabei dann nicht wenige Momente dabei, die sprichwörtlich für Gänsehaut sorgen können, während man sich an anderen Stellen schon fast in so manche Kameraeinstellung oder in die generelle Ausstattung verlieben möchte. Speziell die düstere Atmosphäre in und um die einsame Villa herum ist ausgesprochen eindrucksvoll. Darin funktioniert auch ein Radcliffe als leidensfähiger Protagonist, der sich immer weiter in das Geheimnis dieser Geschichte wagt. Kein Geheimnis sollte allerdings bleiben, dass "Die Frau in Schwarz" formal astreines, bisweilen sehr intensives Gruselkino bietet, wie man es in den letzten Jahren fast schon zu selten erleben durfte.

                              10
                              • 6
                                über Spurlos

                                Bestimmte Kinomomente bleiben einem manchmal im Gedächtnis - egal, wie gut oder schlecht der jeweilige Film nun war. Die Szene relativ zu Beginn von George Sluizers "Spurlos", wenn ein Kiefer Sutherland mit immer mehr Verzweiflung nach seiner Freundin (Sandra Bullock) auf einem Tankstellenrastplatz sucht, ist so eine. Wie qualvoll eine solche Ungewissheit mit seinen Konsequenzen für die Folgezeit haben kann, zeigt Sutherlands Figur mit recht drastischen Ausprägungen. Jene Schlüsselszene ist es auch, die dem Film ein gutes Fundament gibt, um daraus eine packende Geschichte zu spinnen. Dass dies in der ersten Hälfte weniger der Fall ist, kann man verzeihen ob der schwierigen Umstände, die für Sutherland alias Jeff und seiner später neu gefundenen Liebe Rita eine gewisse Gratwanderung darstellen. Auf der anderen Seite haben wir es selbstverständlich mit einem obligatorischen Antagonisten zu tun. Jeff Bridges mimt diese höchst ambivalente Figur jedoch relativ imposant, wodurch die Spannungskurve auf Skala immer weiter nach oben klettert.

                                Warum "Spurlos" dennoch keine große Lobhudelei verdient hat (ganz abgesehen davon, dass ich erst nach der Sichtung vom Remake-Status erfahren habe), ist relativ klar zu benennen: Ritas Figur. Nicht nur, weil Darstellerin Nancy Travis nur wenig glänzen kann, sondern vor allem durch ihre weitere Verwicklung in diesem Plot mit all seinen absurden Unwahrscheinlichkeiten und etwas ärgerlichen Logikungereimtheiten, nur um die Geschichte in absehbare Bahnen lenken zu können. Speziell das Ende stößt einem dann doch unangenehm auf. Schade, denn eigentlich hat "Spurlos" interessante Ideen gehabt, was die differenzierte Psychologie-Komponente betrifft. Was letztendlich bleibt, ist lediglich ganz solides Genrefutter - und eben diese Erinnerung an eine schmerzlich vermisste Sandra Bullock.

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                                • 7

                                  Unruhige Zeiten am sonntäglichen Abend. Wir haben erst April, aber nun schon die dritte Premiere eines neuen Tatort-Ermittlergespanns. Nach den mindestens diskutablen Auftritten von Striesow, Schweiger & Co. war allerdings das Debüt eines gewissen Wotan Wilke Möhring und seiner Kollegin Petra Schmidt-Schaller im Vorfeld etwas in den Hintergrund gerückt. Mein Eindruck jedoch, dass gerade bei diesen beiden relativ wenig schief gehen könnte, wurde nach der ersten Folge nicht getäuscht. "Feuerteufel" von Özgür Yildirim erweist sich als eine gelungene Einführungsepisode, die eine gute Balance zwischen dem seltsamen Todesfall im Zuge eines Autobrands samt, nun ja, annehmbarer Auflösung, den innerstädtischen Problemen Hamburgs sowie einem ersten Einblick in das Leben der Kommissare findet. Dass Schmidt-Schaller noch ein wenig zurückstecken muss, ist sicherlich der Geschichte geschuldet, bietet allerdings noch viel Potential für die Zukunft. Möhrings Falke ist wie erwartet nicht unbedingt pflegeleicht für seine Mitmenschen, bleibt in der Figurenzeichnung jedoch mit seinen Ecken und Kanten plausibler als vergleichbare Tatort-Kollegen aus anderen Städten. Erhöhter Milchkonsum und weitere Laster gepaart mit einem funktionierendem Maß an Street Credibility, warum nicht? Diese unangepasste, aber auch deshalb nicht unsympathische Ermittlerrolle passt absolut zu Möhring, genauso wie der Film Yildirims Handschrift trägt, die bekanntlich auch härtere Milieu-Szenen aus seiner Heimatstadt gerne mal beinhaltet. Ich freue mich schon jetzt auf die nächsten Geschichten, wo auch immer sie dann spielen werden.

                                  7
                                  • 5 .5

                                    Tonino Valerii wird wohl auf ewig mit dem Namen Sergio Leone verbandelt bleiben. Selbst in jenen Filmen, mit denen Leone nichts zu tun hat, erscheint es in nicht wenigen Momenten überdeutlich, wo Valerii sozusagen zur Schule in Sachen Regie gegangen ist. In "Blutiges Blei" sind es diverse Beispiele, wie sowohl der fast formatfüllende Kopf einer Figur als auch eine weite Aufnahme auf eine einzige Kameraeinstellungen passen können. Diese oder andere Merkmale wie eine nette Hintergrundmelodie der Marke Bacalov oder die inszenierten Actionszenen mit Schussgarantie beweisen: der kultige Hauch des Italowesterns lebt auch hier erneut gut auf. Was nicht einmal selbstverständlich ist, weil der eigentliche Inhalt deutlicher als andere Genrevertreter Bezug auf die amerikanische Geschichte nimmt. Die Zeit vor und nach der Ermordung des US-Präsidenten Garfield 1881 als Grundthema ist in Anbetracht des Produktionsdatums des Films natürlich nicht zufällig gewählt worden. Ausgerechnet Giuliano Gemma in einer nicht zu hundert Prozent passenden Rolle ist es nun, der als rächender Gerechtigkeitskämpfer uns Zuseher durch diese Geschichte führt, die sich nicht ganz so packend darstellt wie erhofft. Das gebotene Spektakel ist mindestens solide, ohne jedoch den Schuss Originalität zu bieten, der in der Vielzahl an Italowestern dann doch nötig wäre, um eine prominentere Position einzunehmen. Der politische Ansatz ist zwar dabei eine prinzipiell stimmige Idee, erreicht aber in der Gestaltung nicht die Tragweite, wie es etwa ein Corbucci oder besonders ein Sollima mit ihren Werken meisterhaft schufen. "Blutiges Blei" bleibt somit nur akkurates Genrekino, das speziell durch handwerkliche Finessen noch reizvoll genug ist, um auch über manch inhaltliche Schwäche hinwegzusehen. In Anbetracht dessen, was Valerii sonst noch abgeliefert hat ("Der Tod ritt dienstags" oder "Mein Name ist Nobody"), muss das Wort 'Ernüchterung' zumindest erwähnt werden.

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                                    • 7 .5
                                      über Sabrina

                                      Der Name ist Programm. Sabrina hier, Sabrina dort. Jedermann lässt sich durch ihre Gegenwart ein wenig verzaubern - doch allerdings erst, sobald sie nach vollzogenem Auslandsaufenthalt nun eine selbstbewusste Frau statt das scheue Mädchen darstellt. Billy Wilder präsentiert anno 1954 nicht die unbedingt herkömmliche Coming-of-Age-Geschichte, sondern stellt sowohl die anvisierten Männer aus reichem Hause in Long Island als auch den Zuschauer nach kurzer Einleitung und französischem Intermezzo vor vollendete Tatsachen. Hier ist sie, die adrette Heimkehrerin, passend dargestellt durch eine gewisse Audrey Hepburn, die nun ihre Ziele klar gesetzt zu haben scheint: den früheren Schwarm in Gestalt von Playboy David (William Holden in einer doch relativ wenig beneidenswerten Invaliden-Rolle), der auch gleich alles stehen und liegen lässt während der x-ten Gartenparty. Da könnte die Geschichte schon ihr Ende nehmen, wäre da nicht noch das personifizierte Kontrastmittel zu David in Form seines nicht gerade ähnlichen Bruders Linus.

                                      Ein weiteres Mal, bei dem man womöglich die Begriffe Romantik und Bogart - speziell nach jener Einführung seines Charakter in diese Geschichte - bei äußerer Betrachtungsweise nicht unbedingt verknüpfen würde, wären da nicht Wilders Regiekünste und eine große Portion schauspielerisches Vermögen der Beteiligten. Genau diese wenig gezielte Zusammenkunft von Sabrina und Linus mit ihrer anfänglichen Unverbindlichkeit macht den gestiegenen Reiz dieses Films aus, bei dem man sich zurecht fragen kann, ob dies auch mit einem Cary Grant als ursprüngliche Linus-Besetzung funktioniert hätte. Sicherlich, aber anders wahrscheinlich. "Sabrina" bleibt durchweg leichtfüßig, weiß allerdings auch an wenigen Stellen kleine nachdenkliche Töne über etwaige Lebenskonzepte anzureißen. Auch wenn das Werk plottechnisch etwas hinter Wilders breitem Pool an meisterlichen Filmen minimal zurücksteht, lohnt sich doch das (Wieder-)Entdecken dieses schönen Klassikers. Insbesondere jeder Audrey-Fan wird in diesem Falle wunschlos glücklich werden.

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                                        Bei der mittlerweile sehr niedrigen Erwartungshaltung, die die Kölner Tatort-Spezis in den letzten Monaten heraufbeschwört haben, ist "Trautes Heim" immerhin ein erster Schritt in die richtige Richtung. Heraus aus der müden Krimi-Durchschnittskost, hinein in einen ungleich verheißungsvolleren Plot-Konstrukt (die Betonung liegt auf Konstrukt), der vielleicht etwas zu viele Glaubwürdigkeitspunkte flöten gehen lässt, dafür jedoch auf ziemlich gradlinige Weise seinen sich darbietenden Spannungsmomenten vertraut. Was diesen Krimi allerdings womöglich länger im Gedächtnis verweilen lässt, ist nicht mal der Whodunit selbst mit seiner hochdramatischen sowie tränenreichen Auflösung (nicht unbedingt nett gemeint), sondern der entscheidende Plottwist zuvor, der überhaupt erst den zu Beginn aufgeworfenen Unstimmigkeiten ein konkretes Bild ermöglicht. Ehegattensplitting bekommt hier eine ganz neue Bedeutung, könnte man vergnüglich spotten. Genau diese delikate Situationsbeschreibung mit ihren grotesken Folgen macht jedoch überaus Laune, die sich über die gesamten 90 Minuten erstreckt, wobei auch Schenks knackige Oneliner gewiss einen kleinen Anteil haben. Dieses Mal gönne ich den beiden Kommissaren ihr Feierabendwürstchen.

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                                          Manchmal ist es eine wundersame Entdeckung, wenn ein vielversprechendes Werk von gestern für sich quasi neu entdeckt wird. In anderen Fällen jedoch weiß man ziemlich schnell, dass jener Film genauso schnell wieder bei einem in Vergessenheit geraten wird. "Der Himmel soll warten" wird wahrscheinlich genau zu dieser Kategorie gehören. Es waren gewiss nicht die zahlreichen Oscar-Nominierungen von einst, die im Vorhinein auf ihn aufmerksam gemacht haben. Auch nicht unbedingt, dass Warren Beatty hier das erste Mal bei der Regie mitarbeitet. Vielmehr ist es der Ausgangspunkt der Geschichte, welcher mein Interesse spontan geweckt hat. Vorher (1941) wie nachher (2001) würde dieses ursprüngliche Bühnenstück in etwas unterschiedlicher Form auf die Leinwand gebracht werden, 1978 sollte es nun ein ehrgeiziger Football-Spieler sein, der mal versehentlich kurz an der Himmelspforte anklopft, bevor er in einem anderen Körper zurück auf die Erde geschickt wird.

                                          Aber obwohl Warren Beattys Charme viel wert sein, kompensiert es nicht die leider sehr altbacken wirkende Umsetzung dieses möglichen Komödienkrachers. Denn so richtig lustig wird es leider nur ganz selten und Beattys Präsenz in der ungewohnten Unternehmerhaut eignet sich tendenziell wenig dafür, dass man aus dem Schenkelklopfen nicht mehr heraus kommt. Scheinbar ist es die konkrete Adaption mit dieser ganzen Figurenkonstellation, die aus heutiger Sicht weniger gut funktioniert als damals. Zu allem Übel entfernt sich der Film, je länger er dauert, von dieser Komödienecke und versucht obendrein, noch etwas Gefühl und Moral in den Topf zu schmeißen. Man spürt zwar schon, dass der Plot von seiner Struktur Potential besäße (was ich anhand der beiden anderen Filmversionen in Zukunft noch prüfen könnte), die 1978er Version allerdings erfüllt die gesteckten Hoffnungen auf ein durchweg himmlisch-unterhaltsames Filmvergnügen zu wenig, als dass mich dieser Streifen noch länger in meiner cineastischen Gedankenwelt herumspuken wird.

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                                            Hier spukt's! Zumindest, wenn man sich darauf einlässt. In "Bis das Blut gefriert" ist das die nicht unwichtige Vorüberlegung, auf die sich gewissermaßen das komplette Filmkonzept stützt. Ein altes, großes Gebäude, ein verlassenes Umland, eine mysteriöse Vergangenheit und eine klassische Schwarz-Weiß-Bebilderung mit visuell ansprechenden Ideen bilden zwar die genretypischen Grundlagen, woraufhin vier Quasi-Laboranten das Grauen erkunden. So weit, so normal womöglich. Dass Robert Wise' Film allerdings weitaus weniger plakativ und direkt wie andere Genre-Kollegen die Charaktere und auch den Zuschauer mit diversen Schockmomenten konfrontiert, verwundert allerdings dann doch. Somit kommt das obligatorische Nägelkauen weniger quantitativ als qualitativ zur Anwendung. Der Clou ist dabei besonders, dass die Personen während der Zeit in diesem Haus verschiedene Konzeptionen verkörpern, wie man mit diesem Ort und den unheimlichen Vorkommnissen umgeht.

                                            Hervorstechend ist sicherlich die Protagonistin Eleanor Lance (herrlich irritierend gespielt von Julie Harris), die anhand des sehr viel benutzten Voice-Overs für uns einen schwer zu fassenden Seelenstriptease vollführt, wohingegen der Rest in dieser Beziehung zurückstehen muss. Die zweite wichtige Säule bildet der Professor, der die rein wissenschaftliche Sichtweise in diese Spuk-Geschichte einbringt. Die letzten beiden Personen sind hingegen eher herkömmliche Charaktere in diesem Metier, bereichern das Vierer-Ensemble jedoch mit etwas Ironie, sofern es gerade angebracht erscheint. Es ist folglich kein ganz so herkömmlicher Streifen seiner Art mit den handelsüblichen Haunted-House-Schauwerten, erzeugt durch die angesprochene Psychologisierung aber seine Weise ungemein viel Charme und Atmosphäre. Und darum muss man kein Auge zu viel zudrücken, um diesen Genre-Klassiker auch heute noch in seiner Gänze genießen zu können.

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                                            • 5 .5

                                              Das war sie also, die letzte Folge mit Nina Kunzendorf alias Conny Mey. Obwohl diese Tatsache seit Monaten bekannt ist, wirkt es immer noch sehr schade, dass diese wunderbare Kombination mit Joachim Król als Steier nun der Vergangenheit angehören wird. Die gemeinsame Zeit ist und bleibt ein origineller Hingucker, da hier die emotionale Tragweite zwischen beiden jedes Mal aufs Neue ausgelotet wird. Dieser Stärke sind sich die Macher bewusst und nutzen diesen Aspekt nochmal stark aus, was angesichts des plötzlichen Abschieds verständlich erscheint. Allerdings gibt es in "Wer das Schweigen bricht" natürlich auch einen Fall zu lösen, der durch die unliebsame Ermittlung im Gefängnismilieu zuerst schnell auf eine wenig erbauliche Atmosphäre baut (anbei eine ästhetische Warnung an die Fußfetischisten unter uns). Die generelle Spannungskurve mag zwar nicht gerade rekordverdächtig erscheinen, jedoch rechtfertigt das nur bedingt den unverkennbaren Wechsel der erzählerischen Prioritäten. Denn ab einem bestimmten Punkt geht es fast nur noch um Meys Fortgang. Diese beiden unterschiedlichen Themenkomplexe harmonieren leider nur wenig - zu Lasten eines wirklich überzeugenden Krimis, da die restliche Geschichte des Mordfalls beinahe zu Staffage wird, was dieser eigentlich nicht verdient hätte. Wer jedoch zuallererst einen guten Einblick in das Innenleben von Mey und besonders auch den notorisch leidenden Steier bekommen will, wenn die Trennung naht, wird durch manch ikonischen Moment sicherlich nicht enttäuscht werden. Nun ja, machen Sie's gut, Frau Mey!

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                                                über Serpico

                                                Es ist nicht mal allzu lang her, da war New York City nicht die wunderschöne, florierende Stadt, die heute fast jeden in den Bann zieht - egal, ob man schon mal dort war oder nicht. Vor rund 40 Jahren gab es ein anderes NYC auf den Straßen zu sehen: dreckig, verarmt und kriminell. Doch man müsste lügen, würde man nicht genau deshalb die besten und spannendsten Kino-Geschichten erwarten. Der ehrenwerte Sidney Lumet, ein Kind dieser Stadt, hatte sich nicht nur einmal an unbequeme Themen gewagt, die an diesem Ort ihr Zentrum haben. In "Serpico" geschieht dieses Aufreißen einer tiefen Wunde auf Basis einer realen Person. Jener Frank Serpico war ein paar Jahre zuvor zwischenzeitlich das Enfant terrible der New Yorker Polizei. Dies äußerte sich neben dem modischen Aspekt auch anhand seines Egos und dem Idealtraum einer korrekten Polizeiarbeit. Sein bitterlicher und zugleich kämpferischer Weg durch die Schikanen dieses Apparats, der durch Korruption und anderen Krankheiten regelrecht zernagt erscheint, bildet gemeinsam mit einer erzählerischen Klammer die Grundlage für Lumets packenden Streifen. Bemerkenswert ist, wie systematisch dieser Zerreißprozess von statten geht, den der Regisseur gewohnt nüchtern und punktgenau inszeniert. Hochglanzbilder wird man hier gewiss nicht auffinden. Zugleich lässt sich dieser beispielhafte Widerstandskampf auch generalisieren, was moralische Ansprüche und Gerechtigkeitssinn innerhalb einer Organisation betrifft. Davon abgesehen kann "Serpico" nicht ohne den Namen Al Pacino genannt werden, der diesen Film mit seiner Präsenz fast alleine stemmen kann. Er überstrahlt sämtliche Mitstreiter, was allerdings auch passenderweise mit der isolierten Stellung Serpicos bei seinem Kampf einhergeht. Und er schafft es, dass man als Zuschauer über zwei Stunden gebannt diesem bedrückenden Portrait folgt, bei dem Erfolg und Scheitern leider kein direkter Widerspruch sein muss. Ein starker Vertreter aus der Blütezeit des New Hollywood.

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                                                  Die Welt der Musik und die der Maschinen sind nicht erst seit gestern auf gewisse Weise kompatibel miteinander. Beide folgen einer gewissen Taktfrequenz, wobei Letzteres auch die Lebenswelt der Menschen in den letzten Jahrhunderten entschieden revolutioniert hat. Keine schlechte Idee also, diesen Aspekt auch mal für filmische Zwecke zu verwenden. Regisseur Walther Ruttmann hat vor über 85 Jahren hierdurch Berlin ein cineastisches Denkmal verliehen, welches geschickt Bildmontage und Orchestereinsatz verknüpft, wenn ein einziger Tag in dieser pulsierenden Metropole an einem vorbeizieht. Berlin ist hier die Hauptfigur, die wir nach der Zugankunft am frühen Morgen in den unterschiedlichsten Facetten kennenlernen dürfen, bis irgendwann die nächtlichen Leuchtreklamen das Ende des langen Tages markieren. Ein ungewöhnliches Experiment in fünf Akten, das aber funktioniert, weil künstlerischer Anspruch und das dokumentarische Potential gut Hand in Hand gehen. Mag die damals wegweisende Schnittfolge für heutige Augenpaare kein sonderlich aufregendes Element mehr darstellen, so beeindruckt doch der realistische Einblick in das Großstadtleben der 20er Jahre. Damit dürfte das Werk selbst bei so manch notorischem Stummfilm-Muffel noch Anklang finden.

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                                                    Vielleicht ist es noch zu früh, nach erst zwei Episoden ein abschließendes Urteil über den neuen Saarbrücker Tatort abzugeben. Bei Devid Striesow, den ich eigentlich für einen der begabtesten Schauspieler in diesem Land halte, besteht zumindest immer wieder die Hoffnung, dass da doch noch was kommt. Allerdings haben er sowie alle unmittelbar Beteiligten sich mit dieser grotesken bis albernen Kunstfigur Stellbrink, dessen mögliche Vorbilder lieber nicht ausgesprochen werden sollten, so sehr in die Krimiklamauk-Nesseln gesetzt, dass es fast schon unmöglich erscheint, dies noch in erträgliche Bahnen zu lenken. Klar, der Tatort könnte sicherlich neben den momentan etwas müden Münsteraner eine zweite Stadt vertragen, die einem komödiantischen Konzept nachjagt. Wenn denn das Konzept funktionieren würde. Stellbrink ist jedoch ein realitätsferneres Comic Relief, als es Boerne und Thiel gemeinsam je sein könnten, was den bisher gezeigten Krimifällen die völlige Spannung herauszieht, ohne dass der beabsichtigte Humor dies irgendwie kompensieren könnte. Hinzu kommt das weitere Ermittler-Personal wie die erstaunlich blasse Lisa Marx oder die zweite Kunstfigur einer enervierenden Staatsanwältin, die gemeinsam weiterhin keinen tragfähigen Gegenpol zu ihm verkörpern können. So kommt eins und eins zusammen, wenn dann in "Eine Handvoll Paradies" die eine Rockerbande-Geschichte (ach, schon wieder?) im völlig unpassenden Degeto-Look aufgetischt wird, was bei den sowieso vorhandenen Problemen wenig hilfreich erscheint. Darüber hinaus schafft man es doch tatsächlich, den einzig nennenswerten Bad Guy (Claude-Oliver Rudolph) in diesem Plot vollkommen zu verschenken. Das Resultat? Wie schon im Vorgänger "Melinda" wirkt das viel mehr wie eine Langfolge einer dieser Vorabendserien als wie möglicher Tatort, sofern man den Titelvorspann mit Doldingers Musik nicht mitbekommen hat. Nein, nein, nein, das will ich nicht sehen, auch ihn Zukunft nicht.

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