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Alle Kommentare von filmschauer
Würde man ganz nüchtern auf "Westwind" schauen, mit seinen Figuren, den verschiedenen Verflechtungen oder den ganzen Umständen wie der historischen Einordnung, dann wäre die Angelegenheit sicherlich schnell durchsichtig. Doch es zeichnet einen gelungenen Film aus, wenn das Offensichtliche gekonnt verpackt wird. Robert Thalheim schafft genau das und präsentiert eine sehr stimmige Liebesgeschichte, die folglich das Schicksal der beiden ostdeutschen Ruder-Schwestern bestimmen wird. Entscheidend - wie so oft in diesem Metier - sind natürlich die Darsteller, wobei insbesondere die beiden Damen Friederike Becht und Luise Heyer eine harmonische und jederzeit glaubhafte Kombination abgeben. Ihrem Zusammenspiel ist es zu verdanken, dass sowohl die im Verlauf intensivierte Emotionalität als auch die zeitliche Besonderheit (Sommer '88 in Ungarn) niemals zu einem Klischee verkommt. Vielleicht hätte der eine oder andere Nebencharakter trotz größerer Präsenz mehr individuellen Raum bekommen können, ist jedoch im Angesicht des locker-leichten und zugleich präzisen Timings sowie durch den verständlichen Fokus auf das diffizile Innenleben der beiden Protagonistinnen mehr als verschmerzbar. Eine angenehme Überraschung und beispielhaft für junges, deutsches Kino mit Potential.
Obwohl "Solitary Man" schon drei, vier Jahre auf dem Buckel hat, ist diese Produktion bisher völlig an mir vorbeigegangen. Wenn man sich jedoch alleine das deutsche DVD-Cover ansieht, welches mit einem auffallend coolen Michael Douglas mit Sonnenbrille eher an einen ausgelutschten 08/15-Thriller erinnert als dass er an die eigentlichen Stärken von "Solitary Man" appelliert, verwundert das insgesamt sehr schwache Ergebnis am Box Office nicht. Insofern geht der wirtschaftliche Misserfolg fast einher mit dem eigentlichen Inhalt. Douglas' Charakter repräsentiert jene Altersklasse, die wahrscheinlich die Midlife Crisis schon hinter sich gebracht haben sollte. Doch dieser Ben Kalmen, ein selbstsicherer Ex-Autohändler, ist in dieser Hinsicht ein Beispiel, wie Lebenswege mustergültig gegen die Wand gefahren werden kann - ohne die Einsicht, selbst wirklich grundlegend etwas falsch gemacht zu haben. Dies bietet einerseits eine ungeheure Tragik, doch zugleich durch Kalmen offenkundigem Fehlverhalten gegenüber Mitmenschen und Systemen auch eine treffende Komik. Das hier zuständige Regie-Duo Brian Koppelman und David Levien nutzen Letzteres, um zuerst für den Zuseher einen lockeren Einstieg in die Welt des Protagonisten zu schaffen, nur um peu à peu diese brüchige Schale von Kalmens letzten Idealen langsam davon bröckeln zu sehen. Auf diesem beschwerlichen Weg der Selbsterkenntnis vermeidet der Film zwar nicht manche extreme Situation, die richtigen (Lebens-)Fragen stellt dieser dennoch. Dies unterscheidet den Film dann doch von ähnlichen Genrekollegen. Außerdem zeigt "Solitary Man" neben interessanten Nebenrollen (Sarandon, DeVito, Poots) mustergültig auf, dass mit Michael Douglas schauspielerisch immer noch zu rechnen ist. Der Blick hinter die vermeintlich langweilige Fassade hat sich also gelohnt.
Schöne Sachen gibt es da, danke an die Technikabteilung!
Apropos App-Weiterentwicklung: Wird eigentlich noch an der mobilen Seite gewerkelt? Die frist ja schon seit einiger Zeit 'nur' ein offizielles Beta-Dasein und bietet noch einige Optimierungsmöglichkeiten (Zugang zu älteren Artikeln, mobiles Profil, Erkennung von Serientiteln in der Suche, usw.). Oder geht die Richtung vielleicht eh langfristig in Richtung Responsive Webdesign?
Heimatbesuch at its worst: Da gibt's nach vielen Jahren mit dem nicht vergessenen Ex-Kollegen Carlo Menzinger ein Wiedersehen in München und gleich gerät er in einen Sumpf von Gewalt, Intrigen und mysteriösen Todesfällen - meistens gar mit zweifelhaftem Logenplatz. Kein besonders guter Zeitpunkt, um die frohe Hochzeitsbotschaft seinen Freunden mitzuteilen. "Macht und Ohnmacht" bietet emotional sowieso weniger Licht als viel mehr Schatten, sobald es um die knallharte Arbeitswelt der hiesigen Polizei geht. Speziell die ersten zwanzig Minuten, in denen das Stammpersonal Batic und Leitmayr noch komplett außen vor bleiben, bieten einen intensiven Anfang in diese Kriminalgeschichte (spezielles Lob an den für mich bisher unbekannten Darsteller Emilio De Marchi). Dem Film von Regisseur Thomas Stiller sieht man gleich an, dass er nicht den üblichen Tatort drehen will, schaut man mal allein auf die ungewohnt hartkörnige Bebilderung des Geschehens. Darüber hinaus versucht das Drehbuch, sich nie in die Karten schauen zu lassen. Zeitweise müssen sogar mehrere Todesfälle zeitgleich geklärt werden, was nicht nur beim Zuseher zahlreiche nebulöse Thesen in den Raum werfen lässt, sondern ferner auch auf die Verbindung zwischen Schutz- und Kriminalpolizei eingeht. Schade jedoch, dass sich die Macher dazu hinreißen ließen, diese Schraube etwas zu weit zu drehen, weshalb die schlussendliche Auflösung des Ganzen der aufgeworfenen Problemfelder zu Beginn nicht mehr so ganz gerecht wird, sondern eher der herkömmlichen Whodunit-Prozessur im Baukastenformat gleichkommt. Dies hinterlässt einen kleinen faden Nachgeschmack, denn ansonsten war das ziemlich vielversprechend, was uns der Münchner Tatort diesmal geboten hat. Auch wenn Carlo bedauerlicherweise kein Stammgast werden wird. Naja, wer will es ihm verdenken?
Reibung erzeugt Wärme, nicht nur in der Physik, sondern auch manchmal in Filmen. Besonders, wenn auf dem Regiestuhl ein gewisser Alexander Payne sitzt, der immer wieder ein gutes Händchen dafür hat, Schauspieler durch eine funktionierende, lebensechte Geschichte brillieren zu lassen. In "Sideways" sind es Paul Giamatti und Thomas Haden Church, die enge Kumpels in mittlerem Alter verkörpern und eine gemeinsame Urlaubswoche vor der Hochzeit des einen zu verbringen. Allerdings könnten ihre Charakterzüge unterschiedlicher nicht sein: der eine ist notorisch verklemmt, der andere auffallend kontaktfreudig (zweimal darf man raten, wer hier wen spielt). Mal glückt dem einen eine Situation, während dem anderen wieder ein Missgeschick passiert und vice versa. Dazwischen gibt es viele intensive Weinproben, abenteuerliche Frauengeschichten und schließlich das klassische Hinterfragen über das eigene Schaffen. Payne gelingt es, das Situationskomik mit ernsten Momenten wunderbar zu vereinen, ohne das der Pegel großartig nach links oder rechts ausschlägt. Diese auf eine Woche eingegrenzte Tragikkomödie vermag zwar an bestimmten Stellen den vorhersehbaren Weg einzuschlagen, vollführt dies jedoch auf so sympathische Weise, dass man locker darüber hinwegsehen kann. Denn selten war das Lachen über die Sinnkrise entspannter.
Auf den ersten Blick scheint es eigentlich eine sichere Nummer zu sein, wenn die vorher schon die Welt von "Dark Shadows", einer ehemaligen ABC-Serie, mit der eines Tim Burton zusammenschmilzt. Das Wort 'sicher' kann allerdings einerseits bedeuten, dass Burton damit nicht unbedingt sein künstlerisches Repertoire in ganz neue Gefilde ausbreitet, andererseits sollte daraus ja wohl kaum ein schlechter Film herausspringen, oder? Immerhin sind mit Johnny Depp oder Helena Bonham Carter die üblichen Verdächtigen am Start, ebenso gibt es mit Chloe Moretz, Eva Green oder diversen anderen Schauspielerkollegen eine sehr attraktive Figurenkonstellation. Auch das charmante Retro-Setting der 70er hat, anders wie Burtons Vorgängerwerk "Alice im Wunderland", grundlegend genügend atmosphärisches Schauer-Potential. Doch irgendwie will der Film nicht so recht für Begeisterung sorgen. Der Grund ist schnell gefunden: die von einer Serienidee in einen Spielfilm adaptierte Drehbuchversion ist weitaus weniger originell wie vielleicht vermutet, nimmt mit einer überflüssig genauen Einleitung, bevor die eigentliche Handlung beginnt, einige Überraschungen vorweg und lässt gegen Ende arg konventionell und mau diese Geschichte enden. Was schade ist, da es durchaus schöne (Familien-)Szenen zwischen der Depp-Figur Barnabas Collins und den Menschen zu sehen gibt, obwohl mancher Charakter sicherlich noch mehr in die Geschichte einbezogen werden hätte können (wo wir wieder beim Serienursprung wären). Viele Genrebereiche werden versucht anzureißen, ohne wirklich dabei Nachdruck zu verleihen, womit der mögliche Tragik des Hauptdarstellers weitestgehend flöten geht. Es ist mal etwas witzig, mal etwas gruselig, mal etwas spannend, mal etwas nachdenklich. Im Großen und Ganzen mag das ganz nett sein, im Angesicht des prominenten Regiepostens muss "Dark Shadows" aber mindestens als leichte Enttäuschung eingestuft werden. Bitte Tim, mach doch mal was richtig Neues!
Schlager, Spinnen und Stalkerei: Vor wenigen Jahren hätte man bei der Sichtung von "Summ, summ, summ" noch gefragt, ob dies eine Folge aus dem vergessenen Giftschrank sein würde: Eine Episode, bei der man in der ganzen Umsetzung ad hoc eher auf das Produktionsjahr 2003 als 2013 tippen würde und zudem zwar die Klaviatur der liebgewonnenen Krimikomödie bedient, jedoch in keiner Situation aus der breiten Tatort-Masse hinaufsteigen kann. Nun gut, Thiel und Boerne bleiben eben Thiel und Boerne, die immerhin in vereinzelten Szenen noch humorige Momente erzeugen können. Die weiteren Personen bleiben wie üblich mordsmäßige Staffage, seien es ein schauspielernder Roland Kaiser oder eine bemitleidenswerte Fritzi Haberland. Immerhin: Wer sich auf die sehr gediegene Geschichte einlässt, bekommt einen halbwegs funktionierenden Whodunit-Plot präsentiert. Dieser vollbringt nach dem jüngsten Wolbeck-Fiasko ein bisschen Rehabilitierung in eigener Sache, wenn auch auf niedrigem Niveau. Aber vielleicht müssen ja bei den Münsteraner in Bezug auf die Erwartungen bis auf weiteres kleinere Brötchen gebacken werden, denn noch müssen sie mich davon überzeugen, dass sie nicht doch so langsam qualitativ ihre große Zeit hinter sich haben.
Es gibt viele Dokus, bei dem der jeweilige Sprecher analytisch alles erklärt - akkurat und klassisch erkenntnisvermittelnd. Und dann gibt es Dokus, die sich genau dieser üblichen Gangart entziehen und dabei lieber nur zeigen, was man als stiller Partner zu sehen bekommt. "Work Hard - Play Hard" gehört in diese Sparte, die tendenziell mehr vom Zuschauer erfordert, aber vielleicht deshalb umso spannender sein können. Verblüffend ist zudem, dass sich Carmen Losmanns bemerkenswerter 'Atmo-Film' mit dem Thema (Büro-)Arbeit der Zukunft auseinandersetzt, was vordergründig weniger geeignet erscheint. Diese objektiv gehaltene, impressionistische Einsicht in verschiedene Unternehmen mit ihren gut gemeinten Arbeitskonzepten ist aber der eigentliche Clou: So enthusiastisch die Menschen von ihren Personalwesen-Visionen in vielen hochgestochenen Denglisch-Phrasen in verschiedenen Interviews oder anderen Situationen plaudern, so unterschiedlich kann der jeweilige Eindruck bei jedem Einzelnen sein, sei es nun eher positiv, neutral oder negativ. Die unterkühlte Distanz der Filmemacher, bei der nur ganz subtile Bild- und Tonideen den Takt vorgeben, lässt die Entscheidung im Großen und Ganzen offen. Dieser unvoreingenommenen Herangehensweise ist wahrscheinlich dann auch zu verdanken, dass die Szenen mit den Beteiligten so ungemein realistisch und echt wirken, als wäre das Kamerateam unsichtbar gewesen. Dies wirkt in manchen Momenten mal höchst unspektakulär, dann wiederum beinahe unheimlich. Dass es über die scheinbar unendlich optimierbare Ressource Mensch sich nachzudenken lohnt, wird nicht erst durch diese empfehlenswerte Doku klar. Oh, du schöne, moderne Arbeitswelt...
Als Freund von Wortspielen hat auch "Schwarzer Afghane" gewissermaßen seine Qualitäten, wenngleich das Titelmotiv eher makabere Züge hat. Dies ist jedoch schon eines der wenigen Besonderheiten, die der neueste Leipziger Tatort für sich verbuchen kann. Business as usual, wenn mal wieder die klassischen Themen abgegrast (höhö) werden. Konstruiert ist dabei noch eine Untertreibung, wenn man sich den vermeintlichen Brandunfall genauer vor Augen führt. Selten tiefgründig oder gar originell (Klischee-Stichwort: Afghane), allerdings dramaturgisch einigermaßen funktional für einen 90-Minüter. Wenig Neues auch auf Seiten der Ermittler. Keppler kommt frisch aus dem Urlaub zurück, was ihn jedoch keineswegs davon abhält, noch am Flughafen das Ruder des Handelns an sich zu reißen und Saalfeld wie üblich blass aussehen lässt. Symptomatisch: Sie hat eigentlich nur eine erinnerungswürdige Szene, wenn es ausgerechnet mit hohen Absätzen am Bachufer zu balancieren gilt, um das explosive Fundstück des Tages aufzunehmen. Der Rest hat bis auf einen großen Twist wenig zu bieten und auch das im Grunde brisant aussehende Finale unterläuft konsequent die Erwartungen an den wirklichen Thrill, das das Geschehen hätte auslösen können. Nicht sonderlich schlecht, aber auch nie sonderlich gut. Eben der handelsübliche Tatort-Durchschnitt, vor dem man im Jahr 2013 bisher meist verschont wurde.
"Mordanklage gegen einen Studenten" vereint im Filmtitel schon ganz gut seine Absichten: brisantes Politkino über Generationenkonflikte, der Suche nach Gerechtigkeit und einer besseren Zukunft. Themen, die in diversen italienischen Filmen aus der Zeit vor 40 Jahren ihre Verwendung erfuhren. Mauro Bolognini greift dies dadurch auf, indem er vordergründig eine verhängnisvolle Vater-Sohn-Geschichte erzählt, nachdem es bei einer Demo zwischen Polizei und Studenten zu schweren Krawallen und Toten auf beiden Seiten kommt. Dies ist sehr nüchtern, manchmal sogar kühl umgesetzt, wirkt deshalb aber nicht weniger eingängig, weil auch die handelnden Schauspieler wie Massimo Ranieri oder Martin Balsam sehr glaubwürdig in ihren Rollen wirken. Sowieso lässt sich die moralische Komponente, die der Film unabhängig seines damaligen Zeitgeistes heraufbeschwört, noch durchaus auf das Hier und Jetzt übertragen. Sicherlich ist Bologninis Werk vergleichsweise unspektakulär und vielleicht deshalb auch ein wenig aus dem Blickfeld der Filmgeschichte geraten. Wer deshalb etwas Zusatzmotivation braucht, um dem Film doch mal eine Chance zu geben, dem sei noch gesagt, dass darüber hinaus ein gewisser Ennio Morricone für eine gewohnt gute Musikuntermalung sorgt.
Hessen 3? Diese Bezeichnung gibt es eigentlich seit den späten 90ern nicht mehr. ;)
Das dürfte sich für alle Cronenberg-Fans & -Interessierten lohnen: Die findigen TV-Planer wissen sicherlich schon, dass 3sat ihm morgen einen Themenabend gönnt, passend zum bevorstehenden 70. Geburtstag. Neben der "Scanners"-Ausstrahlung gibt es aber vorab schon das 90-minütige (!) Komplett-Interview im O-Ton zu sehen, welches extra für das Cronenberg-Feature gedreht wurde. Eine sehr nützliche Kapiteleinteilung gibt's obendrauf. Sehr vorbildlich!
http://www.3sat.de/page/?source=/film/reihen/168417/index.html
Bei vielen Filmen ist man regelrecht froh, wenn der Abspann kommt. Es gibt jedoch auch welche, bei denen man sich in kindlicher Manier erhofft, derjenige Streifen möge nie enden. "Ein seltsames Paar", ursprünglich ein Broadway-Stück, gehört für mich ohne Frage in diese Kategorie. Hier kommt erschwerend hinzu, dass das normale 'Filmzeitgefühl' teilweise außer Kraft gesetzt wird: Ohne als vollkommenes Kammerspiel zu gelten bietet Regisseur Gene Saks mit seinem Werk einige wunderbare Einzelszenen in ausufernder Langform, in die man sich aufgrund origineller Situationskomik und funktionierendem (Wort-)Witz förmlich fallen lassen kann - zu umwerfend die turbulente Pokerrunde mit Kumpels, zu amüsant und tragisch zugleich der Abend mit zweifachem Damenbesuch. Das Ganze wäre selbstverständlich nicht möglich, würden die beiden Hauptdarsteller mit Walter Matthau als der eher bequeme Lebemann sowie Jack Lemmon als hoffnungsloser Spießer nicht so grandios harmonieren in ihrer Männer-WG. Letzterer sorgt mit seinem mitunter ernsten Schicksal mitunter dafür, dass der Film neben den lustigen Momenten auch einen relevanten Erzählbogen und darüber hinaus kleine Lebensweisheiten spendiert bekommt. Schon dicke 45 Jahre auf dem Buckel und schwer das Sixties-Flair atmend, aber so gut wie nichts von seinem enormen Potential verloren.
"Fuck" - So lautet das erste Wort von Tschiller, was ziemlich schnell die Taktgabe des neuen Hamburger Tatorts einleitet: Kompromisslos, blutig, actionhaltig und ein bisschen amerikanisch. Dass Kurtulus' Erbnachfolger Schweiger nicht direkt in eine vergleichbare Undercover-Rolle schlüpfen würde und als veritabler Einflussfaktor für die Produktion sich vom klassischen Krimi per se distanzieren wollen würde, war genauso logisch und vorhersehbar wie die anschließenden Verrisse seiner treuen Gegnerschaft. Man konnte sich also schon vorher ausmalen, wie das Ergebnis aussehen würde. Nach dem Motto eben: Wo Til draufsteht, ist auch Til drin. Selbst wenn keineswegs alles geglückt ist - bspw. bekommt Kollege Fahri Yardim eine ziemlich undankbare Position zuteil - und berüchtigte Schweiger-Essentials wie das erkennbare Nuscheln, die Interpretation seiner Ego-Rolle oder der enervierende Einbezug min. eines Familienmitglieds (hier: Tochter Luna) auftauchen, so ist die Premiere doch besser als vermutet.
Der Grund ist vielleicht mal wieder in der eigentlichen Regie zu finden. Christian Alvart hat sich schon durch starke Frankfurt-Tatorte nachweislich profilieren können (die ebenfalls nicht nach dem obligatorischen Whodunit-Konzept gestrickt waren). Seine Handschrift in Sachen Kamera, Schnitt und Montage sorgt erneut für gehobenes TV-Kino und passt zudem zur ausgewiesenen Actionprämisse. Die Geschichte selbst braucht nicht keine großen Erklärungen: Ziemlich schnörkellos und geradlinig geht der Kampf zwischen gut und böse vonstatten. Sie gesellt sich zudem sehr passend zum erkennbaren Actionthriller-Metier mit Bodycount-Attitüde, das Alvart sowie Schweiger wohl mehr bevorzugen als den handelsüblichen Krimi, bei dem in Ruhe der Büroarbeit nachgegangen wird. Nicht von ungefähr orientiert man sich dabei an so manchen Klassiker des Genres ("Heat" und "Stirb langsam" lassen grüßen). Ob das immer noch "Tatort" in seiner ursprünglichen Idee darstellt, ist natürlich diskutabel. Allerdings haben unter der Vielzahl an Ermittlern nicht zuletzt die Münsteraner gezeigt, dass man gerne mal aus der bekannten Etiketten-Schale ausbrechen darf. Auch deshalb kann ich mit der Hamburger Ausgabe erst einmal gut leben.
Sachen gibt's, die könnte nicht mal ein Drehbuchschreiber ernsthaft in Erwägung ziehen. Zu kitschig, zu unglaubwürdig, zu hochmütig. Damit ist jedoch nicht der Plot innerhalb von Michel Hazanavicius' "The Artist" gemeint, sondern viel eher die reale Erfolgsgeschichte dieses Films. Dass 2012 ein Stummfilm den Bester-Film-Oscar oder andere wichtige Preise abräumen würde, hätte vor wenigen Jahren wohl noch jeder als albernes Hirngespinst abgetan. Doch die Liebe für das Kino und ein Stück nostalgischer Zeitgeist machen es möglich. Nostalgie ist auch das Stichwort für den Inhalt von "The Artist". Der Erfolg des Tonfilms vor gut 80 Jahren war zugleich der Niedergang des Stummfilms. Diese Verknüpfung wird hier durch zwei Hauptfiguren verdeutlicht und bebildert. Sie macht Karriere, er stolpert gehörig über seinen Stolz, der Wahrheit ins Auge zu blicken. Eigentlich eine sehr simple Prämisse, jedoch vielleicht genau der richtige Weg, um nochmal diese ausgestorbene Art von Filmkunst nochmal generisch aufleben zu lassen und die Brücke zum heutigen Zuseher so breit wie möglich zu schlagen. Dafür sorgt nicht nur die verblüffend detailgetreue Nachahmung der Stummfilmästhetik, sondern ganz gehörig die grundsympathische Darstellerriege (und ein ganz treuer Hund). Dass am Ende die Geschichte doch ziemlich glatt über die Bühne geht und alles irgendwie butterweich wirkt, verschmerzt man schließlich gerne. Denn alleine dafür, um solche amüsanten Kommentare wie "Warum ist der nicht in Breitbild?" oder "Mit Filmen, wo nicht gesprochen wird, kann ich nichts anfangen." an unterschiedlichsten Stellen lesen zu müssen, muss man der Realisierung dieses ungewöhnlichen Filmprojekts dankbar sein - selbst wenn es wahrscheinlich der einzige erwähnenswerte Stummfilm für die nächsten Jahre bleiben wird.
Ob Ellen Page, Juliette Lewis, Drew Barrymore, Kristen Wiig oder Zoe Bell - die Girl-Power ist reichhaltig in "Roller Girl". Barrymores erster und bisher einziger Langfilm ist ein waschechter Coming-of-Age-Kandidat mit semi-nostalgischen Einfluss, der gleichzeitig einer ziemlich ungewöhnlichen Sportart eine breite Plattform spendiert: dem Roller Derby. Alleine dafür lohnt sich schon der Film, denn dadurch habe ich erst überhaupt von dessen Existenz erfahren, das sogar eine richtige Tradition und ausgeklügelte Spielregeln aufweisen kann. Würde man dagegen dieses Element jedoch mal außen vor lassen, so bleibt tendenziell wenig in Sachen Plot zu erwähnen, der sich fast ausschließlich auf Bliss Cavendars Schicksal fokussiert. Das Drehbuch bedient sich einigen Genremechanismen, die man schon in diversen Coming-of-Age-Filmen oft genug sehen musste: der Zwist mit den spießigen Eltern über das eigene Tun (Rollschuhe vs. Schönheitswettbewerb), voreilige Knutschereien mit einer neuen Bekanntschaft, der Knatsch mit der besten Freundin und am Ende die finale, vorhersehbare Entscheidung, nachdem das Kartenhaus halb eingestürzt ist. Die Botschaft wird nicht allzu subtil verpackt, sondern in passend rebellischer Manier herausposaunt. Immerhin werten die sympathischen Darsteller das Geschehen an vielen Stellen merklich auf, sodass Barrymores Werk nach Anlaufschwierigkeiten doch an vielen Stellen so unterhaltsam sein kann, wie es die spaßigen Szenen der Dreharbeiten im Abspann suggerieren möchten. Sowieso schön, mal wieder Juliette Lewis in einer erwähnenswerten Rolle sehen zu dürfen (als Antagonistin, allerdings sehr abgeschwächt), ebenso einen etwas älter gewordenen Daniel Stern als kumpelhaften Daddy. Und die eisigen Ellen-Page-Fans werden sich diesen Streifen höchstwahrscheinlich sowieso nicht entgehen lassen, wenngleich sie vorher wie nachher schon Besseres abgeliefert hat.
Folge 1 war besser als befürchtet. Eben der erwartbare Spagat, um sowohl treue Fans als auch komplette Neulinge ohne erkennbaren Identitätsverlust anzusprechen. Immerhin geht "Circus HalliGalli" für ProSieben-Verhältnisse glatt als intelligentes Fernsehen durch. Sowieso werden erst die nächsten Monate zeigen, ob die Crew das größere Budget und die gestiegene Aufmerksamkeit für eine etwaige Entwicklung werden nutzen können. Denn auch schon bei neoParadise war längst nicht alles so super und aufregend wie oft kolportiert.
Manchmal sind die schönsten Filmerfahrungen jene, bei der vorweg auf dem Papier nur wenige Faktoren für ausgewachsene Begeisterung sorgen. "Moneyball" ist in dieser Hinsicht ein sehr passender Kandidat für diese These. Einerseits geben die wenigen Oscar-Nominierungen im letzten Jahr bestimmte Erwartungsmuster vor, andererseits ist das vordergründige Thema - Baseball - keines, mit dem ich unbedingt täglich in Berührung komme. Letzteres lässt sich jedoch schon relativ schnell nach Beginn des Films entkräften: Hier geht es nicht um den Baseball-Sport im Speziellen, sondern um das Prinzip des professionellen Mannschaftssports an sich, inklusive dem hartnäckigen und manchmal auch gnadenlosen Management drumherum. Zwar ist eine gewisse Affinität für diesen Bereich nicht von Nachteil, doch funktioniert Bennett Millers Werk über eine denkwürdige Phase der Oakland Athletics ausdrücklich auch auf universelle Weise. Dies geht sogar soweit, dass Szenen des Sports überraschenderweise Mangelware sind. Der Fokus liegt viel eher auf die Drahtzieher zwei Ebenen darüber, womit Trainer und Betreuer gleich außen vor sind. Die sportliche Führung in Person von Billy Beane bildet das eigentliche Zentrum von "Moneyball". Wie Brad Pitt diese Figur interpretiert, ist genauso außergewöhnlich wie die gegen den Strich des üblichen Sportfilms gebürstete Inszenierung. Beane ist nämlich nicht etwas das ultimative Genie, doch er vermag als Manager den richtigen Leuten zu vertrauen. Symptomatisch ist da die eindrucksvolle Begegnung mit Peter Brand (sehr ungewöhnlich: Jonah Hill) und dessen Ideen, mithilfe er dem üblichen System ein Schnippchen schlagen will. Wie alternative Wege, die viel Mut und Überwindung benötigen, zum Erfolg oder zum Scheitern führen können, zeigt "Moneyball" in ruhigen und wenig effekthascherischen Momenten. Doch insbesondere diese Intensität, die in den zwei Stunden peu à peu aufgebaut wird, die ist unbeschreiblich und spürt man so nur in ganz wenigen Filmen. Und darum versteht man auch, warum es dann eben gewisse Nominierungen gab. Ganz großer Sport.
Das Frühstücksfernsehen ist eigentlich so ein Thema, wo fast jeder eine Meinung zu hat - und welche sicherlich im Leben gewisse Veränderungen erfährt. Es gibt Phasen, da mag man es als täglichen Begleiter, ein anderes Mal ist es einem vollkommen egal und man wendet sich ab. In den USA hat dieses Programm eine lange Tradition und deshalb war zumindest ein starkes Grundinteresse für Roger Michells "Morning Glory" vorhanden. Nicht zuletzt sind es die Namen Harrison Ford, Jeff Goldblum oder Diane Keaton, die auf einen überzeugenden Film hoffen ließen. Das Ergebnis ist jedoch weitaus weniger spektakulär als vielleicht erwartet. Zuallererst muss man sich mit einer Rachel McAdams arrangieren, die das Heft des Handelns in die Hand nimmt und deren zappeliger Habitus gewöhnungsbedürftig ist. Darüber hinaus bleibt wenig von der Hoffnung, dieser Teil der Medienbranche würde auf bissige Art und Weise unter die Lupe genommen. Viel eher erkennt man spätestens ab der zweiten Hälfte ein weiteres Mal die Mechanismen einer stinknormalen Komödie mit den immergleichen Figurenentwicklungen und Plotsträngen, wie man es schon seit den 80ern bestens kennt. Speziell die zuvor aufgelisteten Darsteller bleiben notorisch unterfordert in dieser Geschichte. Symptomatisch ist etwa die Rolle eines Patrick Wilson, die nicht mehr als ein männliches love interest abbildet. Das Ergebnis ist folglich wenig berauschend: Für den Moment zwar ganz nett und gefällig mit dem ein oder anderen Lacher, am nächsten Tag jedoch wohl genauso vergessen wie ein durchschnittlicher Bericht im hier angesprochenen TV-Format.
Das Tatort-Jahr 2013 geht mit großen wie kleinen Überraschungen weiter. Diesmal sind es die Bremer, die nach sehr schwachen Geschichten endlich wieder für etwas Aufsehen sorgen können. Das liegt nicht nur an dem Fall selbst, sondern zuallererst an der Variation der Stammbesetzung. Ausgerechnet Antoine Monot Jr., den ich noch gut aus "Absolute Giganten" in Erinnerung habe, schickt sich an, festes Mitglied beim Ermittlerteam zu werden (Worte über die weiteren personellen Veränderungen verkneife ich mir an dieser Stelle). Ähnlich wie einst Fabian Hinrichs in der München-Ausgabe "Der tiefe Schlaf" vor knapp zwei Monaten sorgt dies für reichlich neuen Wind in den bewährten Strukturen, sei es privat oder beruflich. Monots Leo Uljanoff ist zwar weniger als Comic Relief angelegt, für schräge Auftritte ist dieser Typ allerdings scheinbar gern zu haben. Auf die zukünftigen Auftritte bin ich schon sehr gespannt. Schwieriger zu beurteilen ist dagegen die Geschichte, die in "Puppenspieler" präsentiert wird. Was als regelmäßiger Zuseher stark auffällt: Wie in der letzten Woche beim ORF-Tatort geht es erneut um die ganz großen Fische unserer Gesellschaft, die nach vielen Enthüllungen und Skandalen vermeintlich an der Angel zu hängen scheinen. Was in Wien aber mittels Charme und Unberechenbarkeit auf seine ganz eigene Weise sehr gut aufgegangen ist, wirkt diesmal ein Stückchen konstruierter in seiner Prämisse, was im weiteren Verlauf für etwas Stirnrunzeln sorgt. Trotzdem gelingt es Regisseur Florian Baxmeyer, das Ganze durchaus spannend aussehen zu lassen. Erwähnen muss man dabei besonders den visuellen Stil dieser Episode, bei dem ausgefeilte Splitscreen-Ideen oder Kamerafahrten ihre ambitionierte Wirkung nicht verfehlen. Vielleicht ja schon ein kleiner imaginärer Vorgriff auf den nächsten Tatort mit einem gewissen Til Schweiger...
Leichtgewichte sind und waren Haneke-Werke nie. Auch dann nicht, wenn es mal nicht um Formen von Gewalt und dessen Diskurs geht, sondern wenn dieses eine starke Wort gemeint ist, das auch zugleich den Titel seines neuesten Films repräsentiert. Liebe kann vieles bedeuten und wurde bekanntlich schon in den unterschiedlichsten, zumeist positiv gestimmten Bereichen des Filmspektrums angesprochen. Doch Haneke wäre nicht Haneke, würde er diesen Begriff nicht weiter umfassen, ihn an Grenzen des Machbaren stoßen lassen. Die leidvolle Geschichte des hochbetagten Ehepaares Anne und Georges visualisiert sozusagen diese schmerzhafte Kehrseite einer engen Bindung, die jedem irgendwie bewusst ist, jedoch allzu gerne verdrängt wird. Haneke wäre aber auch nicht Haneke, würden nicht bestimmte Eigenheiten seines Filmverständnisses, sei es die explizite Wahl der hochkultivierten Gesellschaftsschicht, der Einsatz und das Verständnis von Musik und Kamera, die das Geschehen in einem bestimmten Licht erscheinen lässt. Dies mit seinen ganzen Konsequenzen muss man gewissermaßen schlucken können, damit "Liebe" funktionieren kann (hierbei sind so einige Interview-Aussagen von Michael Haneke in der Nachbetrachtung ziemlich aufschlussreich). Dass Jean-Louis Trintignant als aktiver Teil und Emmanuelle Riva als passiver Teil eine eindrucksvolles Zusammenspiel abgeben, muss darüber hinaus nicht groß betont werden. Ihre Darstellung von Liebe ist eine ganz spezielle, mit Sicherheit keine allgemeingültige. Sehenswert in seiner Gesamtkonzeption, aber besagte schwer verdauliche Kost. Wer sich diese nicht in aller Ausführlichkeit geben will, dem sei einfach nochmal der Trailer empfohlen, den ich gleich nach dem Kinobesuch nochmal anwarf. Der umfasst zwar bewusst längst nicht die ganze Tragweite der Geschichte, ist allerdings durch seine subtile Art schlichtweg wunderbar.
Eigentlich braucht es keine weitere naheliegende Umschreibung à la 'kleiner Mann, großer Film', um "Station Agent" entsprechend würdigen zu können. Thomas McCarthy hat schlicht einen wunderschönen Film geschaffen, bei dem wie bei vielen US-Indie-Produktionen vergleichbare Eigenschaften wie Lakonie, das Gefühlschaos einzelner Personen oder lässiges Understatement zutreffen würden. Was ihn aber ganz speziell und liebenswert macht, ist nicht der Auftritt eines Kleinwüchsigen an sich in einer Hauptrolle, sondern die konkrete Besetzung. Peter Dinklage ist nicht erst durch seinen zweiten Karrierehöhepunkt "Game of Thrones" als ein begnadeter Schauspieler berühmt, sondern er zeigt auch schon hier sein außerordentliches Talent auf eindrucksvolle Weise. Seine Rolle als Fin ist jedoch nicht unbedingt der typische Außenseitertyp, der beim Zuschauer automatisch Mitleid erregen soll. Es ist anfangs sogar schwer, außer der inbrünstigen Eisenbahn-Leidenschaft sein Verhalten genauer zu durchschauen, was auch die ersten menschlichen Begegnungen in seiner neuen, ziemlich ruhigen Heimat zu spüren bekommen, die teilweise ebenfalls so etwas wie verlorene Seelen darstellen (in ihrer Leistung erwähnenswert: Patricia Clarkson und auch Michelle Williams). Umso unterhaltsamer, lustiger und spannender, wenn diese unterschiedlichen Mikrokosmen aufeinanderprallen und nach einiger Zeit so etwas wie verschmelzen. Der Rest ist bis auf kleinere Problemchen, die sich mit der Zeit auftun (müssen), sympathisch unaufgeregtes Wohlfühlkino über Freundschaft, Toleranz und Langmut. Außerdem zeigt sich eindrucksvoll, für welch ausgeklügelte Metaphern das Zug-Thema geeignet ist, ohne dass je in einem gefahren werden muss. Auf jeden Fall besser als etwa... Zeppeline.
Schau mal einer an, die Ösis. Die trauen sich ja was. Erst ein explosiver Anschlagsversuch in Wien, dann die großen Verschwörungstheorien und viel Hin und Her im Zuge der angestellten Ermittlungen von Eisner und Fellner. Seien es brisante Politthemen wie Terrorismus, Sicherheitsdebatten, Rechtsradikalismus oder die Protestbewegungen im Netz, sie alle werden fast genüsslich nach und nach durch den Reißwolf gezogen und zu einem teilweise amüsanten, teilweise auch sehr spannenden Krimiplot zusammengemischt. Was in seinem Konzept leicht scheitern kann, gelingt hier jedoch mit verblüffender Leichtigkeit. Da darf auch mal albernes Denglisch gesprochen oder auch mit einem ziemlich diskutablen Ende kokettiert werden. Speziell Krassnitzer und Neuhauser muss man dabei ein dickes Lob aussprechen. Sie steigern sich nach einigen Anfangsschwierigkeiten immer mehr in ihrem harmonischen Zusammenspiel und kriegen durch das launige Drehbuch zudem wunderbar trockene Oneliner zugereicht. Genauso gut fügen sich die leicht überzeichneten Nebencharaktere wie Susanne Wuests antagonistische BVT-Major-Darstellung in diese Umgebung ein. Auf den Punkt gebracht: Selten dermaßen unterhalten worden. Und obwohl der unschöne Inhalt im Einzelnen nicht wirklich gute Werbung für das österreichische Innenleben wäre, so ist die Tatort-Verpackung das gelungene Gegenteil davon.
Nach dem wunderbaren Vorgängerfilm "Coraline" folgt vom noch jungen Animationsstudio Laika ein weiterer Versuch, die unterschiedlichsten Sorgen eines Teenies mit einer möglichen Grusel- und Horrorwelt zu verknüpfen. "Paranorman" heißt dieser und deutet durch das nette Wortspiel im Titel seine Devise sofort an: ganz normal geht es in Blithe Hollow nicht zu. Denn unser kleiner Protagonist (Typ Eigenbrötler) vermag das zu sehen, was andere nicht können, nämlich tote Menschen in Geistermontur. Fluch und Segen zugleich für ihn, was in einer ziemlich verrückten Geschichte mündet. Und lustig geht's zu, wodurch man auch mal über das Thema Tod herzhaft hinweglachen darf. Gerade jene, die sich ein wenig mit den Mechanismen vergleichbarer Genrekonventionen auskennen, erleben hier ein Amüsement nach dem anderen. Der Grusel-Faktor, den "Coraline" noch ausgezeichnet hat, wird dieses Mal etwas pointierter ausgelebt, ohne an Schauwerten zu geizen. Besonders die unterschiedlichen Figuren in diesem Städtchen, ob nun durch den schrulligen Charakterzug oder durch die äußere Form geprägt, machen sehr viel Freude. Die Liebe der Macher ist förmlich spürbar, wieder einmal. Da sieht man auch ein wenig über die Geschichte selbst hinweg, der, trotz eines wahrlich imposanten Finales, hier und dort ein ganz kleines Stück fehlt, um für die ganz große Euphorie zu sorgen. Sympathisch und unterhaltsam bleibt diese Fantasiewelt von "Paranorman" dennoch durch und durch. So langsam sollte jeder, der es mit dem Genre des Animations- bzw. Stop-Motion-Films gut meint, das Laika-Studio fest und mit mit Unterstrich auf dem Zettel haben. Zweimal hat es sich schon gelohnt.
Für alle, die noch neues, knapp halbstündiges Serienfutter suchen: die kurzweilige Consultingfirma-Satire "House of Lies" hat heute ihre Free-TV-Premiere (ZDFneo, 23:15 Uhr).