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Alle Kommentare von filmschauer
Die Science-Fiction-Filme aus der New-Hollywood-Ära von vor rund vierzig Jahren gehörten für mich thematisch schon immer zu den spannendsten Vertretern dieses Genres. Nur leider hat oftmals der Zahn der Zeit an der zumeist trockenen und kühlen Inszenierung samt damaliger Modellbauten und Kostüme kräftig genagt, die die meist pessimistische Grundhaltung zwar entsprechend unterstreicht, allerdings weniger für übermäßiges Spannungskino sorgt. "Soylent Green" von Richard Fleischer lässt sich wunderbar in dieses Muster einsortieren. Es sind quasi zwei Ebenen, die der Film anvisiert: Zum einen die Version einer Dystopie über Ressourcenknappheit und Überbevölkerung, zum anderen die Idee eines waschechten Verschwörungsfilms. Charlton Heston verkörpert den kritischen Detective, der anhand einer Mordermittlung sich auf eine gefährliche Spur begibt, die schließlich mit einem dicken Aha-Effekt enden sollte. Bis dahin ist es jedoch ein langer und auch gelegentlich zäher Weg, was besonders die erste Filmhälfte betrifft, nachdem man mit der ungewöhnlichen New-York-Szenerie vertraut gemacht wurde. Hier verhindert auch der angesprochene Stil, dass man sonderlich mitfiebert. Immerhin legt "Soylent Green" im letzten Abschnitt an Brisanz deutlich zu, wofür auch einprägsame Einzelmomente sorgen. Schön und traurig zugleich, dass man dabei den legendären Edward G. Robinson zum allerletzten Mal in einem Film zu sehen bekommt. Das Finale kann aber nicht gänzlich die unverkennbaren Schwächen kaschieren. Trotzdem sollte sich jeder Genre-Fan mal an dieses Werk herangewagt haben - speziell, wenn man (wie ich zuvor) noch nicht um des Rätsels Lösung von Soylent Green weiß.
Man soll ja den Tag nicht vor dem Abend bzw. Endpunkt der Reise loben. Dass der erste Teil von Peter Jacksons zweiter Mittelerde-Trilogie eine diffizile Angelegenheit werden sollte, war nach den ganzen Unkenrufen sowieso klar. Wie kann man eine inhaltliche Vorgeschichte eines solchen Fantasy-Epos erzählen, ohne die filmische Vorgeschichte vollends abzustreifen? Wenn man die gleichen Maßstäbe anlegt wie bei "Der Herr der Ringe", hätte Jackson mit "Der Hobbit" wohl nur 'gewinnen' können, wenn er die größtmögliche Distanzierung in künstlerischer Sicht gewagt hätte, eben weil die literarische Vorlage lediglich einem gut 300-seitigem Kinderbuch entspricht. Das Wagnis, hier zudem die HFR-Technik debütieren zu lassen, hätte vielleicht dem beschriebenen Risiko entsprochen. Ebenso die spannende Frage, wie Guillermo del Toro das Projekt umgesetzt hätte, bevor er vom Regiestuhl sprang. Allerdings war spätestens nach der überraschenden Bekanntgabe von der Realisierung gar einer ganzen Trilogie klar, dass es in die Richtung eines Ringe-Klons gehen könnte - und sich in vielen Bereichen leider auch bewahrheite.
Wer einfach nochmal die Luft von Mittelerde atmen will, wird selbstverständlich schnell glücklich werden. Es gibt sowohl das nette Wiedersehen mit altbekannten Drehorten wie auch mit bewährten Filmfiguren. Besonders gelungen ist gleich die erste erzählerische Klammer, wenn der alte Bilbo Beutlin selbst die Geschichte niederschreiben will und es eine wunderbare Einführung in die Handlung und damit auch über die zerstörte Herkunft eines Zwergenvolkes bekommt. Dies ist dann auch der große Aufhänger für eine lange Reise, die erneut im Auenland ihren Beginn nimmt. Doch schon mit dem geselligen Treiben in Bilbos Bleibe äußert sich das Hauptproblem: Hier soll etwas episch und breit erzählt werden, was nicht episch und breit ist. Zumindest nicht in jenem Maß, das "Der Herr der Ringe" noch immer so meisterlich erscheinen lässt. Es gibt immer wieder Szenen, die so ausufernd langgezogen sind, obwohl die jeweilige Substanz dies nicht zulässt. Genau das ist der Balanceakt, der Jackson diesmal nicht immer gelingt, was ähnlich zum richtigen Einsatz von humorvollen Momenten korrespondiert. Die Zwerge an der Seite von Bilbo und Gandalf wollen eben lustig und knubbelig wirken, doch an anderer Stelle soll man als Zuschauer um ihre Unversehrtheit zittern. Die Fallhöhe in Sachen Dramatik bleibt an einigen Stellen jedoch Behauptung, was auch an der unzureichenden Charakterzeichnung der allermeisten in dieser Zwergengruppe begründet ist. Das ist sicherlich alles ganz lieb und nett, doch war ich vom Schicksal von Frodo, Aragorn und Co aus „Die Gefährten“ emotional zu jeder Zeit mehr gepackt.
Deutlich überzeugender sind die Actioneinlagen selbst, die zusammen mit Howard Shores Klängen alleine schon das Anschauen lohnen. Hier bemerkt man zwar den obligatorischen Sprung in Sachen CGI-Technik (Paradebeispiel ist der Auftritt von Gollum), doch zeigt es zugleich, wie gut auch schon die alten Ringe-Teile inszeniert waren. Das Gimmick mit der erhöhten Bilderrate ist da schon schwerer einzuordnen, da sie mehr denn je die gewohnte Filmästhetik berührt. Es gibt Momente, wo sie einen Mehrwert erzeugen kann (Großaufnahmen, Zeitlupen), bei Szenen mit Bewegungen im Nahbereich wirkt das Ganze allerdings durch die fehlende Unschärfe höchst ungewöhnlich. Es ist womöglich noch zu früh, um abschließend darüber urteilen zu können, aber Filmstandard wird die Abkehr von den 24 Kinobildern pro Sekunde höchstwahrscheinlich ebenso wenig werden wie der Einsatz von 3D. Oder etwa doch nicht? Um ein weiteres Mal diese Technik zu begutachten, muss dann wohl die hoffentlich etwas schwungvollere Fortsetzung in einem Jahr herhalten. Bis dahin habe ich mich hoffentlich auch mit diesen Zwergen angefreundet.
Ich hätte nicht unbedingt gedacht, dass auch Tatort-Doppelfolgen funktionieren könnten. Zumindest hatte einige Monate zuvor die illustre Kollaboration zwischen Leipzig und Köln eher durchwachsenen Charakter ausgestrahlt. Doch siehe da, Hannover hat mich eines Besseren belehrt. War "Wegwerfmädchen" noch gewissermaßen ein Leisetreter bei der Ermittlungsarbeit in Richtung der ganz großen Drahtzieher in Sachen Zwangsprostitution, geht der zweite Teil in gutes Stück weiter in den Sumpf der holden Beziehungen mit entsprechendem Grad an Diskretion. Maria Furtwängler alias Charlotte Lindholm darf in ihrem Kampf gegen allerlei Richtungen durchaus glänzen und dabei auch die dicksten Kritiker zumindest in dieser Geschichte ein kleines Stückchen verstummen lassen. Es ist wie eine persönliche Herausforderung, wie sie hier für späte Gerechtigkeit zu sorgen versucht und man nimmt ihr diesen Elan jederzeit auch ab. Was "Das goldene Band" besonders zuspielt, ist die viel bessere Verknüpfung von Privatperson und Ermittlerin, aber auch sonst werden die in Teil 1 aufgedeckten Handlungsfäden in spannender wie kurzweiliger Manier aufgegriffen und weitergesponnen. Zwar hat die Inszenierung an manchen Stellen wie beim ausländischen Kurztrip Optimierungspotential besessen und die sozialkritische Komponente sehr breitflächig ihrem Raum bekommen (Zwangsprostitution ist damit nur Teil des Puzzles), doch mindert das insgesamt nicht den guten Eindruck. Ein Lindholm-Tatort war vielleicht noch nie besser.
Viele Filme über postapokalyptische Szenarien sind düster, ernst, höchst gesellschaftskritisch und nicht selten anspruchsvoll. Der Spaß, ob begründet oder unbegründet, ist jedoch die meiste Zeit Mangelware. Zumindest diese Nische füllt "Tank Girl" mit großem Elan aus. Rachel Talalays Film ist vielleicht zurecht nie in die ruhmreichen Annalen der Filmgeschichte eingetreten, auch wenn es durch seine Hybrid-Form aus kurzen Comic-Intermezzos und Live-Action-Szenen zum einen keinen Hehl um dessen Vorlage macht (die mir unbekannt ist) und zum anderen neben dem schrägen Inhalt damit ein künstlerisches Schmankerl aufweisen kann. Die Handlung selbst über die Rebellion im Umkreis eines bösen Konzerns ist prinzipiell Genre-Standardware und geht insbesondere gegen Ende bedauerlicherweise ein wenig die Puste aus. Viel spannender sind die illustren Figuren, die uns hier aufgetischt werden. Dabei tut sich neben einer noch jungen Naomi Watts mit ungewöhnlicher Haarfarbe logischerweise die titelgebende Person hervor. "Tank Girl" steht und fällt natürlich auch mit dieser punkigen Figur und wer sich an Lori Pettys von allen Regeln losgeeister Darbietung stört, wird logischerweise auch mit dem ganzen Film erhebliche Probleme bekommen. Ich hatte jedenfalls über lange Strecken große Freude an der punkigen Gangart, die man hier vorfindet. Wenn sich schließlich diese ungewöhnliche Lady in einer einträchtigen Szene mit Fluppe im Mundwinkel hängend am Steuer eines gekaperten Panzers durch die Wüstenlandschaft manövriert, dann ist das womöglich ziemlich bekloppt, aber zugleich auch ziemlich unterhaltsam. Netter Trash, wie es ihn in dieser poppigen Form wohl nur in den 90ern geben konnte.
Meistens reagiere ich gereizt oder gar genervt, wenn Filmcharaktere offensichtlich dumme Aktionen vollführen, um die Handlung in eine bestimmte Richtung zu manövrieren. Diese sind ohne Frage nicht nur in klassischen Horrorstreifen anzutreffen, sondern natürlich auch in anderen Genre-Abteilungen. Antonio Negret hat dieses Merkmal in seinem reifenqualmenden Actionthriller namens "Transit", ob freiwillig oder unfreiwillig, bis in die Spitze getrieben. Hier ist es nicht nur vermeintlich clevere Gangsterbande, die per Schnapsidee ihre Beute für eine Polizeikontrolle mal so eben heimlich bei einer Familienkarre bunkert, sondern auch die ahnungslose Familie selbst, dessen idyllische Urlaubsvorfreude sich nur als bröckelnde Kunstfassade entpuppt. Ein weiteres Indiz, das auf einen wenig erfreulichen Film schließen könnte, wäre die Hauptbesetzung durch Jim Caviezel, der schon seit längerem durch eine unglückliche Rollenauswahl auffällt. Doch auch wenn die Vorzeichen schlecht standen und das Drehbuch mit seinen Plotpoints kein sonderliches Glanzlicht darstellt, kaschiert Negret das ausgesprochen gut durch eine stets adrenalinhaltige Grundstimmung, die die verschiedenen Eskalationsstufen bei der Suche nach den Banknoten begleitet. Als waschechtes B-Movie, das zu Recht sein rotes FSK-Schildchen trägt, lässt "Transit" spätestens ab Mitte des Films inmitten der feuchten Louisiana-Landschaft seine moralischen Hüllen fallen und bietet ein sehr kurzweiliges und nicht gerade unsanftes Spektakel. Besser als befürchtet und damit durchaus für Fans von ungleichen Schlagabtausch-Szenerien zu empfehlen.
Die aufgeworfenen Themen des neuesten Hannoveraner Tatorts sind heikel: Zwangsprostitution, schlagkräftiges Rocker-Milieu, findige Anwälte und ein diffuses Netzwerk großer krimineller Energie, das in die unverdächtigsten Gesellschaftsschichten hineinreicht - etwaige Ähnlichkeiten mit der Realität offenbar nicht ausgeschlossen. Da ist es schon nachzuvollziehen, dass man daraus einen (losen) Zweiteiler spinnen wollte. Teil 1 zumindest kann mit mit den leise aufkommenden Ansätzen politischer Sprengkraft aufwarten, wenn Maria Furtwängler als engagierte Lindholm nach dem tragischen Müllfund einer Mädchenleiche ihren arbeitsreichen Weg innerhalb des schwer zu durchleuchtenden Beziehungsgeflechts beginnt. Ungewöhnlich ist, dass man entgegen vieler Kriminalgeschichten zwar die unmittelbaren Täter gezeigt bekommt, über die auf einer höheren Ebene vollzogenen Machenschaften aber ebenso rätseln muss wie die Ermittlerin. Dass als Spannungskiller zwischendurch erneut die überflüssige Privatliaison zwischen Lindholm und ihrem Freund Jan (Benjamin Sadler) aufgegriffen wurde, war natürlich zu befürchten. Immerhin ist dieser Nebenplot diesmal etwas besser in den eigentlichen Krimi eingeflochten als in den letzten Episoden, wobei es etwas bemüht wirkt, wie hier die Verbindungen gesetzt werden (und die allerletzte Szene total deplatziert ist). Diese Zeit wäre für die genauere Charakterisierung der kriminellen Gegenseite sicherlich noch besser investiert gewesen. Aber vielleicht spart man sich das ja bewusst für die Fortsetzung auf. Die Neugier darauf ist durch den sehr soliden Eindruck von "Wegwerfmädchen" zumindest nicht kleiner geworden.
Als jemand, der dem Science-Fiction-Genre sehr zugewandt ist, ist "John Carter" selbstverständlich ein spannendes Unterfangen - allen Unkenrufen zum Trotz, die diese Disney-Produktion begleitet haben. Denn die Vorlage von Edgar Rice Burroughs ist nicht nur zweifelsohne eine bedeutende Inspirationsquelle für nachfolgende Künstler-Generationen gewesen, sondern hätte schon längst eine entsprechende Filmadaption verdient gehabt. Dass sich gerade Disney mit riesigem Budget an dieses Projekt gewagt hat, löste bei mir gewiss keine Jubelsprünge aus, obwohl Regisseur Andrew Stanton zumindest in Sachen Animationsfilmkunst sein Gespür für gelungene Sci-Fi ("Wall-E") schon demonstrieren konnte. Dennoch hätte ich bei allen Misserfolgsmeldungen und negativen Stimmen mit Freude ein deutliches Veto zugunsten des Films eingelegt. Leider ist auch bei mir das Ergebnis tendenziell genauso ernüchternd ausgefallen.
Wirklich schlecht ist er bei der Inszenierung von John Carters Mars-Abenteuer zwar nicht, großartige Vorzüge, welche das Genre vielleicht noch bereichern könnten, kann er allerdings ebenso wenig hervorbringen. Inhaltlich hat "John Carter" natürlich das Problem, dass die Grundstruktur heutzutage durch die fortschreitende Filmgeschichte längst nicht mehr sonderlich innovativ erscheint. Es wirkt schon fast archetypisch, wenn der Held auf welche Weise auch immer in eine unbekannte Welt befördert wird, dort als Sonderling schnell zwischen die Fronten konkurrierende Völker gerät und für das Gute, in diesem Fall gegen die verstärkte Industrialisierung und Umweltzerstörung des Nachbarplaneten Mars, einstehen muss. Jedoch kommt nach und nach der Eindruck auf, dass die Macher nicht genau wussten, wie diese Geschichte erzählt werden solle. Vieles wirkt überladen bzw. hektisch in der Inszenierung, womit das offenkundig beabsichtigte Ziel, ein großes Science-Fiction-Epos zu kreieren, trotz teils beeindruckender Szenerien sowie einer einführenden Rahmenhandlung zur Person Carter nicht so richtig spürbar wird. Andererseits hätte es sich angeboten, bei der nicht sonderlich realen Vision mehr Witz und Ironie in die Erzählung hineinzubringen. Beide mögliche Richtungen werden nicht eingeschlagen, sondern man konzentriert sich lieber auf möglichst effektvolles Actionkino. Das unterhält sicherlich für diese zwei Stunden, sonderlich gehaltvoll bleibt das Geschehen dann aber nicht.
Ein Grund dafür ist auch die Besetzung von Carter. Taylor Kitsch mag zwar physisch den Anforderungen entsprechen, am nötigen Charisma mangelt es hingegen genauso wie bei Lynn Collins, der Darstellerin der Prinzessin, oder den CGI-Tharks. Mark Strong gibt indes als Matai Shang erneut den obligatorischen Antagonisten und macht seine Sache ganz solide für seine begrenzte Screentime. Immerhin sorgt diese Personenkonstellation dafür, dass das Finale deutlich gewitzter daherkommt als das Gezeigte zuvor (und da weitere Sequels unwahrscheinlich sind, zumindest für einen runden Abschluss sorgt). Den enttäuschenden Gesamteindruck kann das freilich nicht kaschieren. "John Carter" gesellt sich damit zu jener Art von Filmprojekten, die ich prinzipiell sehr gerne gemocht hätte, bei denen das Ergebnis allerdings eine andere Sprache spricht. Schade und zugleich durch die filmhistorische Carter-Odyssee fast schon symptomatisch.
Wenn man in die ersten Minuten von "Faces in the Crowd" schaut, bekommt man einen Eindruck ziemlich schnell: die Gesichtskrankheit (unter Experten Prosopagnosie genannt) ist für das Medium Film ein sehr willkommenes, weil wirkungsvolles Thema. Die Visualisierung dieser wenig bekannten Behinderung und der schwierige Umgang damit sind zugleich die Stärken des Films. Milla Jovovich versucht einerseits, durch ihr bisweilen hysterisch anmutendes Schauspiel diese Qual zu verdeutlichen. Andererseits ist es der Einsatz wechselnder Gesichter für die jeweils gleiche Rolle, die manchmal selbst einen zweifeln lässt. Das Gesicht sah doch eben noch etwas anders aus? Leider konzentrieren sich die Vorzüge von Julien Magnats Film auf die erste Hälfte, die noch eher in Richtung Psychodrama tendiert. Dumm nur, dass der Auslöser dieser Krankheit ja eigentlich ein Serienkiller war, dessen Verfolgung eine entsprechend hohe Priorität bekommt. Die zweite Hälfte läuft dann einem wenig fordernden Whodunit-Krimi hinterher, wie man es in unzähligen B-Filmen schon durchlitten hat. Die alberne Auflösung ist schließlich die negative Krönung und hinterlässt einen entlarvenden Nachgeschmack darüber, was hätte möglich sein können. Falls ein Filmemacher das Thema Gesichtskrankheit nochmals aufnehmen sollte, gerne. Einen verstörenden Neo-Giallo könnte ich mir hier sehr gut vorstellen.
Alle Fans von "Ziemlich beste Freunde" (und davon müsste es ja so einige geben) sollten heute unbedingt die ZDF-Reihe "37 Grad" im Auge behalten, denn da geht es um die reale Geschichte hinter dem Erfolgsstreifen. Ab 22:15 Uhr.
http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/web/ZDF.de/37-Grad/2942544/25435440/ba2a55/Ziemlich-beste-Freunde.html
Die Abkehr vom allwöchentlichen Standard - also der klassische Whodunit-Fall - ist im Tatort selten eine langweilige Angelegenheit. In "Todesschütze" scheint dies richtiggehend Methode zu sein: Zuerst ein erschreckender Überfall auf ein Ehepaar in der Nacht nach zuvor gescheiterter Zivilcourage, bei dem die jugendlichen Schläger für den Zuschauer bekannt sind. Zufällig speist nebenan die Polizeistreife in einem Imbiss, die die Tat beobachten und (vergeblich) eingreifen. Was im ersten Moment klar zu sein scheint, erscheint kurz danach in einem anderen Licht. Mittels einem persönlichen Dilemmas mit prekärem Ausmaß, kreativen Irreführungen der Beweislage und viel Wut und Tragik bei den Beteiligten entspinnt sich eine vielleicht an einigen Stellen überkonstruierte, jedoch keineswegs unspektakuläre Krimihandlung, wo mehrmals der Fall klar zu sein scheint und stets danach noch eine weitere kleine und große Wendung vollzieht. Regisseur Johannes Grieser entschied sich offenkundig für eine funktionierende Spannungskurve mit viel Effet als die aufgebotenen psychologischen und soziologischen Verwicklungen großartig zu vertiefen. Das gelingt auch über weite Strecken, da speziell Martin Wuttke als launiger Ermittler selten so überzeugend war und auch die Nebencharaktere nicht schlecht besetzt wurden. Einigen wird in dieser Hinsicht mit Tatort-Kommissar in spe Möhring und Nay sicherlich die Erinnerung an das diesjährige Mobbing-Drama "Homevideo" aufkommen, nur eben diesmal mit etwas anderen Vorzeichen. "Todesschütze" ist damit kein Überflieger, da an manchen Stellen weniger doch mehr gewesen wäre. Jedoch zeigt er deutlich auf, dass sich der Leipziger Tatort so langsam in die richtige Richtung entwickelt.
Interessante Rubrik. Dass horro hier natürlich wieder die altbekannte Genre-Aversion ins Spiel bringen muss, missfällt mir aber. :P Man kann auch beides gleichermaßen mögen, Sci-Fi und Western! Der angepriesene "Tank Girl" liegt übrigens schon ewig zur Sichtung bereit. Mal sehen, ob ich zur Pro- oder Contra-Fraktion gehören werde...
Thomas McCarthys drittes Regiewerk ist nicht nur für die darin agierenden Figuren eine Win-Win-Situation, sondern durchaus auch für den Zuseher. Dafür muss man nicht mal großer Fan des Ringens sein, das einen prominenten Platz im Film einnimmt. Wer alleine schon etwas für Paul Giamattis Schauspiel übrig hat, sollte "Win Win" keineswegs links liegen lassen. Eine ungemein sympathische und und an einigen Stellen herrlich unaufgeregte Tragikomödie wird hier geboten, die von lebensechten Problemen handelt und einen interessanten Einblick in eine scheinbar stinknormale Familie gibt, bei der eine womöglich verständliche, aber doch fragwürdige Handlung den Stein ins Rollen bringt. Der anschließende Auftritt des Teenagers Kyle ist ganz interessant: Nicht nur, dass es für den Darsteller Alex Shaffer sein erster Film ist und er selbst Erfahrung mit dem Ringsport hat; zudem ist seine authentisch gespielte Rolle entscheidend für die Beteiligten. Lustige und ernste Momente halten sich dem Genre gemäß durch ein gutes Timing gekonnt die Waage, wobei besonders für ersteres der hibbelige Terry (Bobby Cannavale) sorgen kann. Dem Genre entsprechend ist aber zugleich auch die weitere Entwicklung des Drehbuchs, das vielleicht etwas zu schemenhaft und damit leider auch vorhersehbar geraten ist. Die Darstellerleistungen wiegen diesen Malus jedoch auf, womit "Win Win" nach unterhaltsamen 105 Minuten locker als Gewinner vom Feld geht.
Nicht von ungefähr erfüllt "King of Devil's Island" eine unsagbar frostige Atmosphäre, die sich schnell auch auf den Zuseher überträgt. So kalt die norwegische Insellandschaft, so unmenschlich dieses streng beaufsichtigte Gefangenenlager für straffällige Jugendliche, welches vor fast 100 Jahren tatsächlich existierte. Regisseur Marius Holst nimmt den Zuschauer mit auf eine harte und gnadenlose Odyssee, bei der das Verständnis von Disziplin und Gehorsam perverse Züge angenommen hat, alles natürlich unter dem Deckmantel der nötigen Umerziehung. Nicht nur durch die historische Verankerung unterscheidet sich dieses Werk von anderen Gefängnisfilmen. Anhand der handwerklichen Idee, die Jugendlichen durch Laiendarstellern verkörpern zu lassen und nur die Rollen der Aufsichtspersonen etablierten Schauspielern zu überlassen, entspinnt sich eine ungemeine Natürlichkeit und Intensität im Personengefüge. Auch gibt es, obwohl Benjamin Helstad als rebellischer Erling deutlich in den Vordergrund tritt, nicht den obligatorischen Sympathieträger, was das Geschehen vielleicht unemotionaler macht, aber trotz der kühlen Distanz nicht weniger packend ist. Zwar ist die Handlung dem Subgenre entsprechend keineswegs komplett unkonventionell angelegt, spielt jedoch gekonnt mit Allegorien und allein durch die Bildkompositionen äußerst prägenden Momenten. Diese wird man so schnell nicht vergessen. "King of Devil's Island" ist damit auf jeden Fall einen Blick wert und aufgrund der düsteren Thematik womöglich gerade perfekt für die bald anstehende dunkle Jahreszeit.
Die Tatort-Gemeinde ist in Aufruhr. Neue Ermittlerteams stürmen das Land, vermeintlich Alteingesessenes und Bewährtes steht auf dem Prüfstand. Eines war aber immer ein Fels in der Brandung: die leichtfüßige Krimiunterhaltung von Thiel und Boerne pro Halbjahr, seit nunmehr einer Dekade. "Das Wunder von Wolbeck" sollte demnach zum Jubiläum offenbar etwas Spezielles bieten. Nur so kann der polizeiliche Ausflug auf's Hinterland von Münster erklärt werden, bei der eine Heilpraktiker-Leiche gefunden wird - und im Nachhinein hoffentlich als einmaliger Ausrutscher in den qualitativen Kuhfladen angesehen werden kann. Dass das Interesse nach einem spannungsgeladenen Whodunit-Plot in Münster selten bei Punkt 1 der Tagesordnung steht, ist hinreichend bekannt. Beim Wolbeck-Wunder fällt es jedoch schwer, das alles unter dem Deckmantel der üblichen Krimikomödienkost einzusortieren. Selten wurde so diffus inszeniert (Musik!), selten griffen die Pointen so daneben und selten war die Geschichte so desinteressiert an den Charakteren. Das belanglose Bauerntheater mag hier und da für den ersten Moment einen Schmunzler produzieren, die 90 Minuten adäquat zu füllen vermag dies aber nicht und nervt entsprechend nach einiger Zeit (Ziege, Kneipengäste, Witwe des Toten, usw.). Ergo: Runter von der Weide, dann klappt's hoffentlich auch wieder mit der liebgewonnenen Genremischung. Meh!
Ein unbarmherziges Duell zweier Ex-Soldaten, quälende Fragen nach der eigenen Schuld, starke Frauencharaktere und ganz viel Großstadttristesse in wunderbaren schwarzweißen Bildern: Falls jemand noch nicht von den Vorzügen des Film noir überzeugt ist, sollte vielleicht einmal zu "Akt der Gewalt" greifen. Fred Zinnemanns Werk wird zwar im Kanon der großen Meisterwerke dieser Stilrichtung immer wieder gerne übersehen, soll aber nicht über dessen enorme Qualitäten hinwegtäuschen. Die Prämisse ist so einfach wie intensiv und weiß, ähnlich wie Zinnemann es später in "12 Uhr mittags" gelang, durch eine klare und selten redundante Szenenabfolge ungemein an Spannung aufzubauen. Ein knorriger und wütender Robert Ryan aus weiter Ferne kommend verfolgt den vermeintlich harmlosen Familienvater Van Heflin mit großer Konsequenz, sodass zuerst das Gut-Böse-Schema klar abgesteckt zu sein scheint. Der Verlauf zeigt jedoch, dass die Vorurteile beim Zuschauer schnell aufgebrochen werden müssen. Auch in der harmonischen Nachkriegswelt verfolgen einen die schlimmen Zeiten. Kurz: Hier soll abgerechnet werden. Wie das Geschehen schließlich aufgelöst wird, ist nicht nur 'noir-würdig', sondern besitzt durch die Figurenkonstellation und der moralischen Komponente entfernt sogar typische Western-Elemente. Neben den beiden Hauptdarstellern und einem Auftritt der "Psycho"-Dame Janet Leigh in noch sehr jungen Jahren muss unbedingt auch ein Lob für die etwas ältere Mary Astor ausgesprochen werden, die trotz weniger Szenen ihre Rolle beeindruckend ausfüllt. "Akt der Gewalt" gesellt sich damit zu den besten Vertretern des Film noir und ist absolut wert, entdeckt zu werden. Schade nur, dass er nicht nur hierzulande so unbekannt geblieben ist.
Die Vermischung von Realität und Fiktion ist beim Medium Film eigentlich immer wieder aufs Neue reizvoll, da es zugleich auch auf die Verbindung zwischen Zuschauer und dargebotenen Bildern übertragen werden kann. Philip K. Dicks Kurzgeschichte von 1966 ist mit der Idee von einpflanzbaren Erinnerungen dabei geradezu prädestiniert dafür, genau diese Doppelbödigkeit zu provozieren. Regisseur Paul Verhoeven hat zwar zu einem gewissen Maße auch die enorm philosophische Note herausgearbeitet, doch vor allem das Actionpotential dieser interplanetaren Verfolgungsjagd erkannt. Und so ist "Total Recall" in allererster Linie ein großes und buntes Spektakel, passend besetzt mit einem Arnold Schwarzenegger in seiner Blütezeit. Neben Arnie können aber auch Michael Ironside als unnachgiebiger Fiesling und natürlich eine sehr sportliche Sharon Stone imponieren (Rachel Ticotin dagegen leider weniger). Zwar ist die Handlung keineswegs unkompliziert, doch weitestgehend der eher derben Tonart angepasst, um zuallererst als Unterhaltungsfilm zu funktionieren, der Verhoevens Stil folgend keinen Halt vor ekligen und blutigen Szenen macht. Besonders die Spezialeffekte wirken aus heutiger Sicht fast schon grotesk, machen den Film jedoch auf jeden Fall unverwechselbar. Ein schöner und rasanter Sci-Fi-Reißer, den man vielleicht nicht in totaler, aber in guter Erinnerung behält - ein nicht zu unterschätzender Wiederschauwert inklusive.
Leben mit dem Tod: Die vorher angekündigte Verquickung zwischen Tatort und der neuesten ARD-Themenwoche hat bei mir zumindest erstmal keine Jubelschreie ausgelöst. Doch obwohl natürlich dieses Thema bei einem Krimi immer auch irgendwie allgegenwärtig ist, erscheint hier die Implementierung dieses sensiblen Faktors in eine funktionierende Kriminalhandlung äußerst gut gelungen. Es ist dabei ganz sicher von Vorteil, so wenig über die Hintergründe zu wissen wie möglich (was bei den vielen detailreichen TV-Vorschauen kein allzu leichtes Unterfangen ist), damit gewisse Szenen ihre Wirkung behalten. Da es zu einem gewissen Teil in Richtung eines Sozialdramas geht, besteht immer auch die Gefahr, eine dicke Portion Gesellschaftskritik zu Lasten der nötigen Spannung auf den Tisch zu legen. In "Dinge, die noch zu tun sind" passiert das nicht. Interessanterweise geht man hier den vermeintlich geteilten Weg: Hier die Krimi-Handlung in der Berliner Drogenszene, da die Probleme einer diesmal dem Ermittler-Duo Ritter und Stark attestierenden Drogenfahnderin Mainhard mit Job und zwei pubertären Mädchen. Erst im Nachhinein erschließt sich diese clevere Zweiteilung. Besonders Ina Weisse glänzt in dieser undurchsichtigen Rolle und wertet diese Episode mit ihrer Präsenz deutlich auf. Dass man sich im Gegenzug ein träumerisches Stückchen Idealismus bewahrt hat, ist sicherlich nur ein kleines Übel. Sehenswert bleibt dieser Themen-Tatort allemal.
Selten haben die Anfangsminuten eines Films solch einen falschen Eindruck hinterlassen wie in "Sleepless Night". Wackelige und auffallend unedle Optik, eine wenig motivierte Ausgangsidee und schwach gezeichnete Charaktere haben die Lust auf diesen Thriller aus Frankreich nicht gerade verstärken lassen. "Largo Winch"-Darsteller Tomer Sisley verkörpert einen zuerst wenig sympathischen Cop namens Vincent, der sich zusammen mit einem Kollegen zu einer äußerst dumme Idee eines Drogenkurierüberfalls verleiten lässt und darüber hinaus kein allzu guter Vater für seinen Sohn zu sein scheint. So weit, so uninteressant. Doch allmählich erschließt sich auf gewisse Umwege der Sinn der ganzen Filmtitel (sei es die französische, englische oder deutsche Variante). Denn wenn sich der Ort des Geschehens für den Protagonisten eher unfreiwillig (Kind gegen Drogen) auf einen schillernden und stark verwinkelten Nachtclub samt Restaurant und anderen Etablissements verlagert, geht der Spaß so richtig los. Erst im Verlauf wird eine gewisse Figurenzeichnung erreicht, nimmt am Schicksal dieses Vincent irgendwie doch teil und fiebert anschließend dabei mit, wie er sich aus dieser unendlich dicken Patsche befreien will. Es entspinnt sich eine temporeiche Odyssee aus Unwahrscheinlichkeiten, Absurditäten und einiges an Situationskomik, obwohl der ernste Ton - schließlich geht es teilweise ziemlich blutig zur Sache - niemals so ganz abgelegt wird. Wenngleich die Thematik an sich nicht großartig neu ist, spricht besonders die ungewöhnliche Tonart für "Sleepless Night": immer nah dran an den Akteuren und in seinen Situationen immer für das Genre erträglichen Grenze zum Grotesken. Ein gewagter Balanceakt, der leicht daneben hätte gehen können, hier allerdings ein überraschend gutes Thriller-Erlebnis spendiert.
"Outbreak" ist oftmals der erste Name, der einem präsentiert wird, sobald die Rede vom Virus-Film ist. Die Beobachtung konnte man besonders vergangenes Jahr bei Soderberghs "Contagion" machen, als dieser sich quasi als dessen handwerkliche Antithese verstand. Aber nicht immer geht die Bekanntheit eines Films auch mit der entsprechenden Qualität einher. Wolfgang Petersen hat anno 1995 mit diesem Werk sicherlich mehr denn je nach der Klaviatur der gängigen Genrekonventionen gespielt, die das damalige Popcorn-Kino verlangte. Zudem wurde eine ziemlich prominente Darstellerriege aufgefahren, um jenen Anspruch zu unterstreichen. Immerhin vollzieht "Outbreak" zuerst eine sehr umfassende Exposition, um die erst schleichende, dann umso heftigere Gefahr eines bösen Erregers dem Zuschauer nahezubringen. Die benötigte Anspannung und Dramaturgie unterläuft "Outbreak" leider zunehmend, weil zuerst immer wieder lockere Sprüche über allerlei private Problemchen eingestreut werden (besonders Kevin Spaceys Figur ist da ganz vorne dabei) und später man sich immer mehr den innermilitärischen Konflikten zuwendet. Die Erkenntnis, dass solche rauen und verlogenen Debatten über das vermeintlich richtige Vorgehen in dieser brisanten Situation der Bevölkerung mehr schadet als nutzt, ist keineswegs neu. Mit Dustin Hoffman als Retter in der Not, Donald Sutherland in der Rolle des Bösen sowie Morgan Freeman als die Person dazwischen wird die typische Dreierkonstellation gezeigt, welches man interessanterweise so ähnlich - und eindeutig spannender - in Tony Scotts U-Boot-Thriller "Crimson Tide" (diesmal sind es Washington/Hackman/Mortensen) begutachten konnte, der im gleichen Jahr anlief. Hier vergisst man dagegen am Ende fast den eigentlichen Grund des ganzen Aufwands, da man irgendwann salopp gesagt nur noch von diversen Hubschrauber-Aktionen angeödet wird. Ein guter Virus-Film und auch überzeugendes Popcorn-Kino sehen da anders aus. Dass Petersen letzteres gewiss besser umsetzen konnte, zeigte sich ja zuvor und auch danach in seinem hollywood'schen Schaffen.
Wie schon zuvor in "Alter Ego" kann man Teil 2 des neuen 4er-Teams aus Dortmund als erweiterte Kennenlernphase einordnen. Das mag natürlich förderlich für den seriellen Charakter sein, für einen alleinstehenden Krimi allerdings können sich potentielle Problembereiche auftun. Immerhin ist man nach "Mein Revier" ein kleines Stückchen schlauer ob der Vor- und Nachteile dieses Gespanns. Faber beweist sich erneut als unberechenbarer Suff-Typ mit verstärktem Fokus auf dessen traurigen Ursachen, Bönisch gibt sich weitestgehend unbeeindruckt trotz privater Probleme und dann sind da eben noch die beiden Jung-Kollegen, deren Verhältnis noch immer brüchig und wechselhaft erscheint. Ganz schön viel privates Gewusel für 90 Minuten, wozu sich darüber hinaus noch eine Milieustudie über das Stadtviertel Nordstadt und ein undurchsichtiger Kriminalfall anschließt. Letzteres ist noch immer nicht von Spannungsmomenten übersät, erfüllt seinen Whodunit-Zweck jedoch auf nicht allzu üble Weise. Hier würden halb soviel Privates der Tatort-Ermittler sicherlich auch ihren Zweck erfüllen und dem Format Krimi mehr Raum geben, wobei außerhalb von Fabers Kosmos die Problemchen der Kollegen sowieso meist im Ansatz stecken bleiben bzw. offensichtlich als Aufhänger für die nächsten Episoden dienen. Ob die Idee dieses Teams damit wirklich so gut war, ist schon etwas zweifelhaft, denn zumindest in diesem Fall hätte es vielleicht auch ohne die Beteiligung etwa von Kossik oder Bönisch getan, ohne dass sich die Struktur dieses Krimis entschieden verändert hätte. Jörg Hartmann alias Peter Faber ist und bleibt die herausragende Figur und es wird interessant sein, wie lange er die extreme Linie eines zunehmenden Nervenbündels auf diesem Level wird fortführen können. Neben der vorbildlichen Dosis an Lokalkolorit ist dieser momentan das eindeutige Aushängeschild des neuen Dortmunder Tatorts - selbst ohne bedrohlichem Baseballschläger in der Hand.
Obwohl sich mit dem Namen Mike Nichols kein Unbekannter hinter dem Regieposten von "In Sachen Henry" versteckt, war vordergründig das Mitwirken eines Harrison Ford der entscheidende Anreiz, dieses etwas mit Patina belegte Drama (powered by Hans Zimmer) mal einer Sichtung zu unterziehen. Es ist aber auch die Grundidee, die vielversprechend erscheint: die per Kopfschuss unfreiwillige Katharsis eines eiskalten Anwalts zum liebenswerten Familienpapa. Das klingt in seiner charakterlichen Schwarz-Weiß-Malerei auf den ersten Blick wie ein rührseliges Klischee inmitten der rauen, harten Welt. Doch wenn schon ein Manifest auf das Gutmenschentum, dann aber auch richtig, mag man meinen. Nichols selbst versucht allerdings, die Geschichte so nah an der Realität zu halten wie möglich - und so zerfließt die Dramaturgie und das Drehbuch umso mehr, je länger die Laufzeit voranschreitet. Trotzdem der Film sich für seine Geschichte Zeit nimmt, überraschen die auf diesen Reset-Knopf des Protagonisten aufbauenden Plotpoints nur selten. Manche Wendungen sind entweder zu knapp abgehalten oder verpuffen schlicht. Viel herausreißen kann jedoch wie erwartet Harrison Ford mit seiner unnachahmlichen Präsenz, womit "In Sachen Henry" zumindest zur einer ganz soliden Nummer verhilft. Eine Frage stellte ich mir danach aber dann doch: Was hätte wohl ein Frank Capra aus diesem Stoff gemacht?
Trotz der visuellen Verbindungen ist es gewiss schwierig, "Amer" vollständig in die Position der oft kokettierten Giallo-Hommage zu drücken. Man merkt zwar an allen Stellen die Begeisterung des Regieduos Hélène Cattet und Bruno Forzani für das ein wenig in Vergessenheit geratene Metier an, doch eine 1:1-Übertragung von gestern zu heute darf man nicht erwarten. "Amer" wirkt viel eher wie eine fragmentartiges Filmexperiment aus verschiedensten Stilmitteln, die mehr dem Kunstfilm zugehörig als nach den typischen Genrekonventionen des Giallo handelnd zu einer dreiteiligen Geschichte verwoben wird - wobei Geschichte schon fast zuviel gesagt wäre, da narrativ äußerst wenig über die Laufzeit hinweg passiert. Eigentlich ist es die konsequente Fortführung ihres 2002er Kurzfilms "Chambre jaune", nur eben jetzt auf Spielfilmformat. Zumindest war ich nach Sichtung dieses acht-minütigen Leckerlis sozusagen 'vorgewarnt' ob der extremen Herangehensweise von Cattet und Forzani. Nicht von der Hand zu weisen ist die assoziative, surreale Stimmung, die "Amer" von Beginn an ausstrahlt. Besonders der erste Teil über die verstörende Kindheit unserer Protagonistin ist meisterlich intensiv in Bild und Ton. Dieses ganz hohe Level kann der Film allerdings nicht immer halten, was sich auch am etwas abrupten Auslaufen des Geschehens manifestiert. Von einer Enttäuschung danach zu sprechen wäre dennoch übertrieben, denn insgesamt ist das selbst für Giallo-Kenner so sinnlich und berauschend umgesetzt, dass man um eine persönliche Entdeckung dieses kleinen Films nicht herum kommen sollte. Jedenfalls weniger als um so manch erlesenes Spätwerk der hier adressierten Giallo-Meister von einst.
"Skyfall" wirkte im Vorhinein wie eine Weggabelung über die weitere Zukunft von 007. Geht es eher gen "Casino Royale", wo die Frischzellenkür in der Post-Brosnan-Ära noch so wunderbar funktionierte oder in Richtung des unliebsamen "Ein Quantum Trost", dem verunglückten Actionfilm nach Bourne-Rezept ohne eigenem Esprit? Immerhin wurde mit Sam Mendes nach Marc Forster erneut ein Genre-ferner Regisseur genommen, womit man nachhaltig die künstlerischen Ambitionen betonte, wenn man die jeweilige Filmografie heranzieht. Und genau diese auf dem Papier riskante Wahl wie auch die weiteren Besetzungen vor und hinter der Kamera waren diesmal goldrichtig. Was die starken Trailer und Werbe-Materialien schon anklingen ließen, sollte der finale Film schließlich in der ganzen Pracht zeigen: ein großartiges Bondabenteuer, der mit seinem Drehbuch die Lust nach Action und Intellekt zugleich anspricht und für das scheinbar festgelegte Verständnis eines Bondfilms ein endgültig für diese Jahrzehnt tragfähiges Fundament eröffnet hat, ohne dessen kultigen Wurzeln verkennen zu wollen. Für Letzteres braucht es zwar u.a. ein etwas antizyklisches Finale, der Dramatik tut dies jedoch keinen Abbruch. Schon zuvor war eigentlich alles da, was man so lange vermisst hatte, seien es die fulminanten Actionsequenzen, die wunderschöne Titelanimationen, exotische Drehorte oder die feine Ironie, die den Rohdiamanten Daniel Craig immer geschliffener in der Person des 007-Agenten erscheinen lässt. Die gewisse Prise obendrauf erbringt dann noch der herrliche Bösewicht Raoul Silva, der wie gewöhnlich außergewöhnlich gut von Javier Bardem porträtiert wird (ohne dabei auch nur entfernt an seine andere berühmte Antagonisten-Rolle in "No Country for Old Men" zu erinnern) und dessen Potential im Film stets in der richtigen Dosierung eingesetzt wird. Kurzum: Die zuletzt wieder aufgekommene 'Bond-Geilheit' wurde vollkommen befriedigt. Falls die geplanten Zwei-Jahres-Abstände eingehalten werden, darf es gerne so weitergehen.
Etwas seltsam, dass ein altbekannter Asterix-Film für den TV-Tipp gewählt wurde, gibt es doch gleich drei sehr interessante Produktionen heute zu sehen, die sogar dt. TV-Premiere haben, falls ich mich nicht irre:
- "Amer" (ZDFkultur, 22:30 Uhr) - Thriller/Horror/Drama/Kunstfilm; eine schöne Überraschung, ist doch ansonsten alles, was mit dem Thema Giallo zu tun hat, sehr, sehr rar gesät im TV-Programm.
- "Joy Division" (arte, 22:55 Uhr) - selbsterklärend eine Band-Doku
- "Bessere Zeiten" (NDR, 23:25 Uhr) - Drama mit Noomi & Ola Rapace
Beim BR gibt's zudem ab 20:15 Uhr eine lange Westernnacht mit "Spiel mir das Lied vom Tod", "Mit eisernen Fäusten" (23:00 Uhr), "Red River" (0:40 Uhr) sowie "Die letzte Jagd" (2:45 Uhr, alternativ auch zuvor beim WDR um 13:35 Uhr).
Mein Recorder hat heute noch kein Wochenende...
"Fluß ohne Wiederkehr" beinhaltet schon allein durch den metaphorischen Filmtitel auf wunderbare Weise den eigentlichen Kern vieler Westernerzählungen: man schaut trotz aller Widerstände hoffnungsvoll in eine womöglich bessere Zukunft. Alte Rechnungen müssen allerdings nicht unbedingt unbeglichen bleiben. Otto Premingers Film erzählt dabei eine im Grunde sehr simple Geschichte, die allerdings durch diverse filmische Zutaten gekonnt aufgepeppt wird. Dafür sorgen neben einer epischen CinemaScope-Sicht auf kanadische Wälder und Flussgebiete besonders die Kombination Robert Mitchum sowie Marilyn Monroe, die gemeinsam mit Mitchums erst kurz zuvor kennengelernten Sohn eine illustre Schicksalsgemeinschaft bilden. Jeder dieser Charaktere handelt manchmal anders als vielleicht erwartet, womit keiner mit einer weißen Westen durch die Geschichte wandern wird, was dann schon ein kleines Stückchen weiter geht als bei vielen anderen Charakteren in diesem Genre. Natürlich bleibt alles aufgrund der ganzen Aufmachung wie etwa den nicht wenigen Auszügen von Monroes Gesangskunst harmlos gestimmt, so wild es zwischenzeitlich mittels eines Floßes auf dem Seeweg auch hergehen mag. Die bittersüße und in sich logische Wildwest-Moral gegen Ende ist nichtsdestotrotz umso einprägsamer und macht aus diesem Mix aus Abenteuergeschichte mit einem Schuss Romantik zu einem immer noch schön anzuschauenden Klassiker.